Jetzt oder nie? von Ruka17 ================================================================================ Kapitel 1: Alles verloren? -------------------------- PoV Michiru: Ich wusste es. Schon in dem Moment, in dem ich sie zu diesem Versprechen zwang, wusste ich, dass ich es selbst nicht würde halten können. Jede macht weiter, egal was der anderen passiert? Ich kenne meine Aufgabe und ich bin mir bewusst, dass das Schicksal der Welt auf meinen Schultern lastet. Und das habe ich auch akzeptiert. Ich habe meine Bedürfnisse nach hinten gestellt und mir in jeder Situation, in der vielleicht mehr zwischen Haruka und mir hätte sein können, vor Augen geführt, dass es verboten ist. Dass egal welches Band der Liebe uns damals verband, es in dieser Welt keine Chance hat. Nicht, wenn die Stille so bedrohlich nah ist, dass das Meer jeden Tag größere Gefahren ankündigt. Im Nachhinein könnte ich nun natürlich sagen, dass auch mein Opfer für Haruka mein Weg war, unsere Pflicht zu erfüllen. Wir wissen alle, dass Haruka die stärkere Kriegerin von uns beiden ist. Indem ich sie rettete, stieg die Chance, unseren Auftrag doch noch zu Ende bringen zu können. Ihr hätte es gelingen können, die Talismane auch ohne mich zu finden. Sie musste überleben. Aber egal wie sehr ich mir diese Sicht auf meine Handlungen auch würde einreden wollen, sie wird niemals wahr sein. Ich habe aus rein egoistischen Gründen gehandelt. Eine Welt ohne sie ist für mich nichts wert. Ohne sie könnte und wollte ich nicht weiterleben. Was wäre das Meer denn schon noch, wenn der Wind es nicht mehr sanft kitzeln und dann wieder ganz stürmisch bewegen würde? Ohne sie fehlt mir die Luft zum Atmen. Ich würde ersticken. Wird sie mir jemals verzeihen? PoV Haruka: Was hat sie das getan? Ich werde den Schmerz in ihren Augen niemals vergessen können. Ihre wunderschönen Augen, in denen zu versinken mir doch nicht gestattet ist. Niemals das Bild vergessen, wie sie Eugeal mit letzter Kraft von mir fernhalten konnte und dafür selbst zum Opfer wurde. Sie wartet in unserem gemeinsamen Apartment, während ich mit meinem Motorrad durch die Gegend fahre. Ich weiß, dass ich sie nach all den Ereignissen heute niemals hätte alleine lassen dürfen, aber ich konnte nicht anders. Mein Herz schmerzt, wenn ich sie sehe. Es blutet, weil sie all dieses Leid auf sich genommen hat, nur um mich zu retten. Aber wusste sie nicht, dass auch ich ohne sie verloren wäre? Anfangs habe ich sie abgewiesen, ja. Ich wollte nicht, dass sich mein Leben komplett verändert. Ich wollte einfach nur meine Rennen fahren und mit dem Schicksal der Welt nichts zu tun haben. Ich hatte Angst vor dieser schier unendlich scheinenden Verantwortung. Aber heute weiß ich, dass das nicht meine größte Angst war. Tief im Inneren spürte ich schon damals, dass Michiru Kaioh mir mehr bedeuten würde als jemals irgendetwas anderes in meinem Leben. Würde ich mich ihr öffnen, so riskierte ich gleichzeitig auch, dass mir alles genommen werden könnte. Mein Leben vor Michiru war nicht toll, aber wäre es nicht noch besser als ein Leben, in dem ich sie gekannt und wieder verloren hätte? Und deshalb habe ich mich ihr bis zum heutigen Tag niemals ganz geöffnet. Ja, wir sind ein unschlagbares Team, kennen die Gedanken und Bewegungen der jeweils anderen und verbringen nahezu unsere gesamte Freizeit gemeinsam. Und natürlich gibt es immer wieder Momente, in denen wir beide spüren, dass mehr zwischen uns ist und die Anziehung jedes Mal ein bisschen stärker wird. Aber da darf nicht mehr sein. Auf der einen Seite müssen wir uns vollständig auf unsere Mission konzentrieren. Eine Ablenkung und die Welt könnte verloren sein. Und auf der anderen Seite wollte ich auf keinen Fall erleben, welche Flut an Emotionen auf mich hereinstürzen würde, wenn ich die Trennlinie zwischen uns nur ein kleines bisschen einreißen würde. Ich wusste, dass ein einziger Kuss ausreichen würde, damit ich für immer verloren wäre. Ich wäre der Intensität meiner Gefühle nicht mehr gewachsen. Aber war es das wert? War unsere Zurückhaltung wirklich der richtige Weg? Als Sailor Kriegerinnen und als Menschen? Auch wenn wir beide unseren Gefühlen nicht nachgegeben haben, zeigt der heutige Tag nicht ganz deutlich, dass wir beide ohnehin schon vor unserer ersten Begegnung hoffnungslos aneinander gekettet waren? Unser Versprechen mag noch so heroisch angemutet haben – und vielleicht diente es auch als rettender Anker. Aber ich weiß jetzt, dass keine von uns beiden in der Lage gewesen wäre, es wirklich einzuhalten. Ich habe heute gespürt, wie es sich anfühlt, Michiru zu verlieren. Es war, als wäre ich ertrunken in einem Meer aus Hoffnungslosigkeit. Oft wird gesagt, dass die Welt nach manchen Schicksalsschlägen nur noch schwarz-weiß erscheint. Für mich war das nicht so. Für mich gab es einfach keine Welt mehr. Ohne Michiru bin ich nichts. Durch pures Glück sind wir jetzt wieder am Leben. Gemeinsam. Aber was sind wir, wenn ich wieder in unsere Wohnung zurückkehre? Kriegerinnen oder Liebende? Oder einfach nur Menschen? PoV Michiru: Sie ist schon Stunden weg. Was ist, wenn sie niemals wieder in diese Wohnung zurückkehren wird? Wenn ich ihr Vertrauen so sehr verloren habe, dass sie nicht einmal mehr als Kriegerin mit mir zusammenarbeiten will? Habe ich in dem Versuch, sie zu beschützen, alles zerstört? Ein Geräusch. Ich sehe, wie sich der Schlüssel langsam im Schlüsselloch bewegt. Mein Herz hat einen Aussetzer, sie ist wieder zurück. Auch wenn ich mir nicht allzu große Hoffnungen machen möchte, glaube ich nun wieder fester an unsere Chance. Sie weiß, wann ich nicht zuhause bin. Hätte sie ausziehen wollen, dann hätte sie ihre Sachen genau in dieser Zeit abgeholt. Haruka mag keine derartigen Konfrontationen. Vielleicht hätte sie einen Brief dagelassen. Die Tür öffnet sich und Haruka tritt in das Apartment, alleine. Das ist gut. Sie flirtet gerne mit anderen Frauen, hat es bislang aber immer nur als Spaß angesehen und sie hätte niemals eine davon mit nach Hause gebracht. Ein bisschen Angst hatte ich gerade heute aber trotzdem. Heute war ein Tag, wie wir ihn beide noch nie zuvor erlebt haben. Wir sind nicht nur körperlich über unsere Grenzen hinausgegangen, sondern vor allem emotional. Hätte ich es Haruka verdenken können, wenn sie zur Ablenkung ein hübsches Mädchen mit hierhin gebracht hätte? Es hätte mir das Herz gebrochen, ja. Aber ich hätte es verstehen können. Verzweifelte Zeiten erfordern verzweifelte Maßnahmen. Aber sie ist allein. Und sie sieht schrecklich aus. Nichts ist mehr da von ihrer sonst so kraftvollen und siegessicheren Ausstrahlung. Vor mir steht ein Mensch, der gebrochen und leer wirkt. Ich möchte sie einfach nur in die Arme schließen und ihr sagen, dass alles wieder gut werden wird. Aber wird es das? Ich unterdrücke meinen Impuls. Trotz ihrer Schwäche hebt Haruka ihren Blick und sieht mir fest in die Augen: „Ich kann das nicht mehr.“ Und meine Welt zerbricht heute bereits zum zweiten Mal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)