Umwege einer Liebe von Iwa-chaaan ================================================================================ Kapitel 11: Der Kuss -------------------- Dienstag, 01.05. Wie vor den Kopf gestoßen, stand Iwaizumi im Wohnungsflur und starrte Torus Zimmertür an. Hatte er etwas Falsches gesagt? Und wenn ja, was? Überrascht hörte er hinter sich, wie die Tür aufgeschlossen wurde und Makki und Mattsun grinsend und quatschend mit Einkaufstüten hereinkamen. Er drehte sich zu ihnen um und Makki hob eine Augenbraue. Einen winzigen Augenblick herrschte Stille zwischen ihnen, dann wollte der Rosahaarige wissen: „Hey Iwaizumi! Ihr seid ja schon zurück. Wie geht es unserem Verletzten?“ „Es ist nur eine leichte Verstauchung. Zwei Wochen darf er keinen Sport machen, dann kann er langsam wieder einsteigen. Entschuldigt mich, aber ich muss nochmal los …“ Schnellen Schrittes verschwand er in seinem Zimmer, griff seine fertig gepackte Sporttasche und rannte beinahe aus der Wohnung. Da drinnen würde er keinen klaren Gedanken mehr fassen können und reden wollte er jetzt auch nicht. Um diese Uhrzeit war die Sporthalle der Uni leer und das würde er für sich ausnutzen. Die letzte Vorlesung hatte bereits begonnen, also war es sinnvoll, sich da noch reinzusetzen. Er würde späterhin Kaori fragen, was heute alles besprochen wurde. Aus dem Sekretariat besorgte er sich den Schlüssel und verschwand in der großen Halle, die jetzt – ohne andere Menschen – noch gewaltiger wirkte. Und er kam sich noch kleiner vor. Was hatte Oikawa nur für ein Problem? Es war doch seine Sache, wenn er schwul war und sich nach einem männlichen Partner sehnte. Ihre Freundschaft hatte bisher doch auch nicht darunter gelitten, obwohl er schnell diese Schlüsse gezogen hatte, als sie an der Uni angefangen hatten. Er verstand einfach nicht mehr, was im Kopf seines besten Freundes vor sich ging. Wann war ihr Verhältnis so verdammt kompliziert geworden? Frustriert stopfte er seine Kopfhörer in die Ohren und wärmte sich auf. Als er damit fertig war, legte er das Handy mitsamt den Kopfhörern auf die Bank und begann Aufschläge zu trainieren. Er wollte sie unbedingt verbessern, um seinen Stammplatz zurückzuerobern. Dafür hatte er sich auch von Yamaguchi den Sprungflatteraufschlag zeigen lassen. Zwar verband er mit diesem Aufschlag schon ein kleines Trauma, seit der Karasuno ihn so perfekt gegen sie eingesetzt hatte, aber sie waren sehr effektiv. Und wenn er zwei verschiedene Arten Aufschlag beherrschte, konnte er so für den Gegner noch unberechenbarer werden und eine Menge Punkte für das Team holen. Zwischendurch trank er immer wieder etwas und wischte sich mit seinem Handtuch über das Gesicht. Es waren die Momente, wo seine Gedanken sofort wieder bei dem violetthaarigen Geheimnis waren. Eigentlich hatte er gedacht, dass er seinen besten Freund mittlerweile gut kennen würde, aber anscheinend lag er da falsch. Kam Oikawa vielleicht selbst nicht mit der Erkenntnis klar, dass er schwul war? Hatte er sich deswegen noch an keinen Mann gewandt? Und er hätte dann nicht einmal registriert, wie schlecht es ihm eigentlich ging … Verdammt, was war er denn für ein Freund, wenn er das nicht einmal merkte? Wenn das tatsächlich so war, musste er ihm helfen. Sonst wäre er doch all die Jahre kein richtiger Freund gewesen! Oder hätte er ihn schon früher darauf ansprechen sollen, dass er diese Vermutung hatte und ihm versichern, dass er kein Problem damit hatte? Aber Toru wusste doch, dass er mit allem zu ihm kommen konnte. Außerdem lebten sie mit einem schwulen Pärchen zusammen. Da musste ihm doch klar sein, dass er auch kein Problem damit hätte, wenn er sich auch für Männer interessierte. Egal, welcher von beiden Gründen es war. So oder so musste er noch einmal mit dem Setter sprechen. Beim Trainieren vergaß er komplett die Zeit und wunderte sich, als er die Tür hörte und Bokuto und die anderen in der Halle auftauchten. Dennoch machte er seinen Sprungflatteraufschlag zu Ende, den Hayato blocken wollte, doch er wurde einfach immer länger, ehe er gerade noch im Feld auf den Boden fiel, ohne dass der Libero es hatte verhindern können. „Yes!“, rief Iwa zufrieden und reckte seine Faust in die Luft. Endlich hatte es geklappt! Nach knapp drei Wochen Training war es der erste Aufschlag, der ihm gelungen war. Wenn er es weiter fleißig trainierte, würde er ihn bald beherrschen. Grummelnd schaute der Libero zu ihm rüber und er grinste breit. „Na sowas. Will da etwa jemand wieder aufs Feld?“, neckte Kuro ihn. „Fühlt euch nicht zu sicher mit euren Plätzen in der Startelf.“ „Hey! Hey! Hey! An uns kommst du nicht vorbei!“, rief Bokuto grinsend und stemmte die Hände in die Hüfte. „Ge-genau! Wir werden am längsten auf dem Feld stehen!“, mischte sich Hinata ein und Kageyama nickte wild zustimmend. „Da ihr netterweise meinen Kampfgeist wieder geweckt habt, wäre ich da an eurer Stelle nicht so sicher!“ „Na dann finden wir das doch bei einem kleinen Trainingsmatch heraus. Bokuto, Hinata, Tsukki, Kageyama, Hayato und ich gegen Hanamaki, Komi, Yamaguchi, Akaashi, Matsukawa und dich“, schlug Kuro vor. „Alles klar. Dann wärmt euch auf und wir starten. Ich hole Kaori, damit wir auch eine Schiedsrichterin haben.“ Iwaizumi ignorierte die Blicke der anderen, die viel zu vergnügt aussahen und trabte zur Nebenhalle, in der die Frauen trainierten. Wie sie festgestellt hatten, hatten sie immer zu den gleichen Zeiten Training. „Hey Kaori! Wir brauchen eine Schiedsrichterin, hast du Zeit?“ „Hajime! Ähm ja klar, kann ich machen. Wir haben heute kein richtiges Training, weil der Trainer krank ist.“ Sie wandte sich an die anderen Frauen, die da waren und wie er feststellte, waren das wirklich nicht alle. Anscheinend waren hier nicht alle so motiviert, immer ihr Bestes zu geben. „Wollt ihr nicht mitkommen und euch ein Match der Männer anschauen?“ „Auf jeden Fall!“, rief Mako und die anderen nickten. Sie liefen zu ihm und gemeinsam betraten sie die Halle, wo die anderen noch mit aufwärmen beschäftigt waren. „Was ist eigentlich beim Arztbesuch von Oikawa herausgekommen?“, wollte Kaori wissen und hatte so laut gesprochen, dass sich alle Blicke auf ihn richteten. „Gott sei Dank kein Bänderriss oder Ähnliches. Er wird zwei Wochen ausfallen und kann dann langsam wieder ins Training einsteigen. Ist ja auch nicht seine erste Verstauchung …“ „Das klingt gut! Als Setter ist er echt ne Wucht!“, meinte Bokuto grinsend und schaute sofort entschuldigend zu Akaashi, der nur mit den Achseln zuckte. Gleichgültig wie eh und je ließ er den Kommentar an sich abperlen und dennoch beschlich Iwa das Gefühl, dass ihn das doch verletzt hatte. Aber vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet. Sobald alle warm waren, bildeten sie zwei Gruppen und die anderen beriefen Iwaizumi als ihren Captain. Sie bildeten einen Kreis und er motivierte sie, alles zu geben, um den anderen zu zeigen, was sie alles drauf hatten. Kuro tat auf der anderen Seite mit seiner Mannschaft das gleiche und Kaori pfiff danach einmal. Wie bei einem richtigen Match traten Kuro und Iwa an sie heran, schüttelten die Hände und sie warf eine Münze. Iwaizumis Team hatte den Aufschlag und so konnte es losgehen. Knapp musste er sich Kuro 2:1 geschlagen geben, aber es war sehr eng gewesen. 25:23, 26:28 und 25:22. Vollkommen fertig, aber trotzdem glücklich, weil das Trainingsmatch so viel Spaß gemacht hatte, drehte sich Iwaizumi um und wollte zur Bank, als er dort Oikawa sitzen sah. „Assikawa! Was machst du denn hier!?“, fuhr er ihn überrascht an. Immerhin hatte er sich hingesetzt und ein Kissen unter seinen Fuß gelegt. „Iwaizumi! Nicht in diesem Ton!“, erschallte die Stimme des Coaches hinter ihm und er zuckte kurz zusammen. Seit wann war der denn hier? „Ich wollte mir anschauen, wie ihr euch so ohne mich schlagt und ich muss sagen, ich bin beeindruckt. Du kannst den Sprungflatteraufschlag, Iwa-chan?“ Er lächelte ihn zuckersüß an und am liebsten hätte er ihm einen Ball an den Kopf geworfen, aber erstens war der Trainer anwesend und zweitens trat er bei Verletzten nicht weiter nach. Auch wenn Oikawa das gerne mal provozierte. „Entschuldigung, Trainer!“, murmelte er und trank einen Schluck aus der Flasche, die sein bester Freund ihm reichte. „Ja, ich habe ihn in den letzten Wochen trainiert. Zusammen mit meinem normalen Aufschlag und meinen Angriffsschlägen bin ich breit aufgestellt, um mir meinen Stammplatz zurückzuholen.“ „In der Tat war das ein beeindruckendes Match von euch allen. Wenn ihr weiter so gute Leistungen in den Trainings zeigt, wird es schwer, ein festes Team zu finden. Besonders Tsukishima, Akaashi, Yamaguchi und Iwaizumi haben mir gefallen. Eure Entwicklung ist deutlich zu erkennen und ich hoffe, dass ihr euch weiter so ins Zeug legt. Dann sind die Meisterschaften auch dieses Jahr keine Unmöglichkeit.“ Zufrieden nickte der Trainer ihnen zu und ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Ein Stammplatz war also in greifbarer Nähe. Na wenn das mal keine gute Nachrichten waren! „Tsukishima. Ich möchte, dass du mit Iwaizumi, Bokuto und Hanamaki Blocks übst. Wir müssen weiter am Timing arbeiten. Kuro, Kageyama, Akaashi und Matsukawa, ihr werdet sie angreifen. Der Rest trainiert Aufschläge. Komi, Hayato, ihr versucht jeden Ball anzunehmen. Los! Los! Los!“ Zweimal klatschte der Trainer in die Hände und Iwa drückte Oikawa die Flasche wieder in die Hand und trabte zum Spielfeld zurück, um sich von Tsukishima das Timing erklären zu lassen. Schon beim Match gegen Shiratorizawa damals hatte er überragend geblockt und entscheidend zum Sieg beigetragen. Während des restlichen Trainings verbannte er alle Gedanken an Oikawa in seinen Hinterkopf und konzentrierte sich darauf, dass seine Blocks besser wurden. Aber es war schwierig, den richtigen Zeitpunkt zum Abspringen zu finden. Er war nicht wie Tsukishima jemand, der stur analysierte und alles andere ausblenden konnte. Und je später es wurde, desto mehr spürte er, wie sein Körper auf den Ball reagierte und er zu früh hochsprang. Wie machte die Brillenschlange das nur!? Erschöpft, aber froh nahm er zur Kenntnis, dass der Coach das Training beendete und trottete wieder in Richtung der Bank, wo sich Oikawa mit Yukie, einer sehr engen Freundin von Kaori, angeregt unterhielt. Wahrscheinlich über Volleyball, so wie seine Augen leuchteten. So wie er ihr zugewandt war und seiner Haltung nach zu urteilen, war er ihr gegenüber keineswegs abgeneigt. Während der Mittel- und Oberschulzeit hatte er einen Blick dafür bekommen, wann Toru an Frauen interessiert war und wann nicht. War er vielleicht doch nicht schwul? Aber hatte er das heute Vormittag nicht zugegeben? Was war denn jetzt Phase bei ihm? „Hey Iwaizumi! Wir wollten noch was essen gehen! Willst du mitkommen?“, rief Kuro hinter ihm und Iwa dachte einen Moment lang nach. Er hatte nichts weiter vor heute Abend und morgen wäre die erste Vorlesung erst um 10 Uhr. „Klar, warum nicht?“ „Super! Dann bis gleich! Oikawa kann natürlich auch mitkommen, wenn das mit dem Fuß geht?“ „Ich frag ihn …“, antwortete Iwa und griff sein Handtuch und seine Flasche und trank den letzten Rest der 1,5 Liter Flasche aus. Dann stellte er sie wieder auf die Bank und nachdem er sich den Schweiß vom Gesicht gewischt hatte, legte er es sich in den Nacken. Da Oikawa noch ins Gespräch vertieft war, wandte er sich ab und ließ den Blick schweifen, als Kaori an ihn herantrat und lächelnd schaute er zu ihr. „Das war wirklich ein beeindruckendes Training! Ich glaube auch, dass ihr die Meisterschaft holen könnt! Wenn Oikawa dann auch wieder fit ist, werdet ihr gar nicht mehr aufzuhalten sein.“ „Ja, das wäre schon echt cool, wenn wir das schaffen. Aber die Konkurrenz, gerade in Tokyo, ist groß. Einfach wird das bestimmt nicht.“ „Aber ihr habt im Notfall zwei komplette Spitzenmannschaften. Da werdet ihr das schon hinkriegen!“, erwiderte sie euphorisch und lächelte ihn so bezaubernd an. Iwaizumi schmunzelte. Sie war so süß, wenn ihre Augen so leuchteten und wie sehr sie sich für ihn und das gesamte Team freute. Vielleicht sollte er es doch einfach mit ihr wagen? Ehe irgendwelche Zweifel ihn erreichen konnten, beugte er sich zu ihr runter und legte seine Lippen sanft auf ihre. Überrascht riss sie ihre Augen auf, ehe sie sie genießend schloss und sich an ihn lehnte. Er zog sie in eine enge Umarmung und genoss den zärtlichen Kuss und diese vollen Lippen, die leicht nach Erdbeeren schmeckten. Sie hatte ihm einmal verraten, dass sie Erdbeereis über alle liebte. Nach dem ersten Staunen fingen einige an zu johlen und genervt seufzte er in den Kuss, bevor er ihn schließlich löste. Warum hatte er das auch ausgerechnet hier getan? Die anderen würden ihn ewig damit aufziehen, diese Kindsköpfe. „Mr. Grumpy hat es endlich geschafft! Herzlichen Glückwunsch!“, rief Kuro grinsend und empfing dafür einen Schlag auf den Hinterkopf von Tsukishima, der ihn tadelnd anschaute. „Danke, der Schlag tat gut anzusehen.“ Tsukki nickte ihm kurz zu und beglückwünschte sie höflich und die anderen taten es ihm – mehr oder weniger höflich – gleich. Kaori und ihm war das wiederum furchtbar unangenehm, aber jetzt war es eh zu spät. „Na dann haben wir ja einen super Grund zum Feiern heute!“ „Bokuto, wir haben Dienstagabend …“ „Ja und, Akaashi? Sei kein Spielverderber! Gute Neuigkeiten müssen gefeiert werden!“ „Aber morgen früh haben wir Uni! Wir können das doch auch noch am Freitag oder Samstag feiern, oder? Heute Essengehen und am Wochenende feiern“, feilschte Akaashi genervt und Bokuto war sofort Feuer und Flamme für die Idee. Iwaizumi schüttelte leicht lächelnd den Kopf und hatte noch immer beide Arme um Kaori gelegt, die ihren Kopf an seine Schulter lehnte. „Idioten“, nuschelte er leise und sie kicherte. „Also komm. Lass uns duschen und dann los. Sonst kommen wir wahrscheinlich gar nicht mehr hier weg.“ „Ja, du hast recht.“ Iwaizumi löste sich von Kaori und schaute zu Oikawa, der hinter seinem Rücken noch immer auf der Bank saß, sich allerdings nicht mehr unterhielt. „Wo ist sie hin?“ „Sie hat noch einen Termin. Ich werde mir dann auch ein Taxi rufen.“ „Wir wollen gleich noch essen gehen. Willst du nicht mitkommen?“ „Nein, ich lege lieber meinen Fuß zu Hause hoch. Euch dann noch viel Spaß, ja? Und iss für mich mit!“ „Bist du sicher, dass du das allein schaffst?“ „Ja, ja, alles gut. Genieß den Abend und wir sehen uns spätestens morgen“, entgegnete Oikawa lächelnd und winkte ab. „Also gut. Bis dann und falls du schon im Bett sein solltest, gute Nacht.“ Irrte er sich oder wirkte das Grinsen etwas traurig? Wahrscheinlich weil seine Begleitung schon los musste. Anders konnte er sich das einfach nicht erklären. Entspannt folgte er den anderen in die Umkleide und stellte sich unter die Dusche. Nach dem anstrengenden Training gab es einfach nichts Besseres, als sich den ganzen Schweiß vom Körper spülen zu lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)