Stonewall Lovers von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 1: Stonewall Lovers --------------------------- Es ist der 30. Juni 2019, ein herrlicher, sonniger Tag. Laut knatternd starten die Dykes on Bikes ihre Motorräder in der 26.th Street und führen damit, wie in jedem Jahr, die Gay Pride Parade in New York an. Es ist ein wichtiges Datum; fünfzig Jahre sind seit dem Aufstand in der Christopher Street vergangen. 1969 war das Jahr in welchem die Lesben, Schwulen und Transgender sich zum ersten Mal lautstark gegen die Willkür der Polizei gewehrt, Scham in Stolz verwandelt und damit eine Bewegung in Gang gesetzt haben, die sich wellenartig über den ganzen Planeten ausgebreitet hat. So vieles hat sich seit damals verändert! Am Straßenrand, unbeachtet von der feiernden Menge, stehen zwei alte Männer. Sie halten sich bei den Händen, beobachten das bunte Spektakel und sie lächeln. All diese schönen, jungen Menschen, die sich für diesen Tag fantasievoll zurecht gemacht haben, wie für eine Party; sie waren größtenteils noch nicht einmal geboren, als damals alles angefangen hat... Es war Anfang Juni in Greenwich Village, New York, ein warmer Tag ging zu Ende und der Abend dämmerte gerade herauf. Stiles hatte sich vor dem Kleiderschrank für die hellblaue Jeans mit dem Schlag entschieden, die am Arsch so schön eng saß; dazu hellbraune Stiefeletten und ein enges, weißes Hemd, das bis zum Brustbein aufgeknöpft war. Er war frisch rasiert und gefiel sich gut mit seinem leicht gewellten, beinahe schulterlangen, braunen Haaren. Stiles war wieder einmal knapp bei Kasse, aber er war jung und süß, die Kerle umschwirrten ihn, wie die Schmeißfliegen und dieses Outfit sollte ebenfalls seinen Teil dazu beitragen, dass er auch heute Abend wieder einmal ein paar Gratisdrinks abstauben würde. Eigentlich hätte er um diese Uhrzeit längst nichts mehr auf der Straße zu suchen gehabt und schon gar nicht an einem Treffpunkt für Homosexuelle wie dem „Stonewall Inn“ in der Christopher Street, aber er wirkte reif für sein Alter und war zudem ein Publikumsmagnet, also sagte niemand etwas, wenn er eintrat und wenn ihn dann wirklich einmal die Bullen aufgriffen, und das war schon einige Male vorgefallen, dann mussten sie ihn nach einer Nacht in der Zelle wieder freilassen, denn er war schließlich erst siebzehn. Er zog die hölzerne Eingangstür auf und im Inneren des Lokals empfingen ihn Zigarettenrauch, Enge, laute Musik und das muntere Geschnatter der Gäste. Es fühlte sich beinahe an wie Zuhause. Stiles war sich der Köpfe, die sich nach ihm umdrehten sehr wohl bewusst. Er marschierte selbstbewusst auf die Bar zu, begrüßte ein paar bekannte Gesichter und nahm auf einem der Hocker Platz. Es dauerte keine fünf Minuten, ehe sich so ein Kerl neben ihn setzte, ihm ungefragt ein Bier bestellte und ihm auch sogleich auf die Pelle rückte. Der Typ war etwa Mitte fünfzig, verschwitzt, strähniges, schütteres, halblanges Haar und an seinen Absichten ließ er nicht den geringsten Zweifel. Viele der Männer hier in diesem Laden hielten Stiles zunächst für irgend so ein leichtfertiges Ding, das sie einfach so mitnehmen konnten, wenn sie Lust darauf hatten, aber er war anders, als viele andere Jungs in seinem Alter, die hier herumstreunten. ER entschied, mit wem er mitging und er war sehr wählerisch. Dieser Typ heute begriff jedoch offensichtlich nicht, wenn man Nein zu ihm sagte, streckte immer wieder seine gierigen Finger nach Stiles aus, bot ihm schließlich sogar Geld an und es war ja auch nicht so, dass dieser es nicht hätte gebrauchen können, dennoch wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, auf so ein Angebot einzugehen. Schließlich musste sogar der Barkeeper Stiles zu Hilfe kommen. Er schaffte ihm diese Klette vom Hals, indem er ihn kurzerhand vor die Tür setzte. Eigentlich war der Abend für Stiles da schon gelaufen, seine Stimmung war mies und er dachte darüber nach, nun einfach wieder nachhause zu gehen. Warum er es dann doch nicht tat, hätte er selbst nicht sagen können, jedoch würde er sein Leben lang dankbar dafür sein, denn etwa eine Stunde später betrat ein Fremder die Bar und als Stiles ihn erblickte, stockte ihm schlagartig der Atem. Der Kerl war ein Soldat in Uniform, den schweren Rucksack mit seinem Marschgepäck trug er immer noch auf dem Rücken. Sein schwarzes Haar war militärisch kurz geschoren und der Blick aus den großen, grünen Augen war ernst und in sich gekehrt. Er war groß, breit, schön und stark, wie einer der Comic-Helden, die Stiles als Kind so geliebt hatte und nun, da er einmal einen Blick auf diesen Mann geworfen hatte, wollte er nur noch eines: Er wollte ihn haben! Dumm nur, dass der Fremde nicht das geringste Interesse zeigte, weder an Stiles, noch an sonst irgendetwas oder irgendjemandem. Er hockte sich einfach nur allein an einen der Tische und seine düstere Miene vermittelte eine eindeutige Botschaft: Kommt mir bloß nicht zu nahe! Dem Folge zu leisten war Stiles allerdings vollkommen unmöglich, denn es zog ihn wie magisch hinüber zu diesem Fremden. Zunächst beschränkte er sich noch darauf, ihn mit seinem Blick zu verschlingen, doch das reichte ihm schon sehr bald nicht mehr und schließlich schnappte er sich seine Bierflasche, trat an den Tisch des Unbekannten und fragte schnurrend: „Hey Schöner, hast du Lust auf Gesellschaft?“ Der Soldat hob seinen Kopf und starrte ihn überrascht an: „Ich fürchte, ich bin aber keine besonders interessante Gesellschaft, Kleiner.“ Seine Stimme klang matt. Das war kein Nein, richtig? Und so zog sich Stiles einfach einen Stuhl heran, nahm Platz und erwiderte: „Ich bin sicher, da irrst du dich. Du bist jetzt schon das Interessanteste, was ich in diesem Schuppen je gesehen habe. Ich bin Stiles!“ Er streckte dem Fremden seine Hand hin. „Derek!“ erwiderte der Fremde und griff danach: „Uhm... soll ich dir vielleicht etwas zu Trinken bestellen, oder so?“ Er klang unsicher, beinahe schüchtern und Stiles schlug vor Entzücken das Herz höher: „Gern!“ bestätigte er. Derek schaute in Stiles junges Gesicht, warf dann einen skeptischen Blick auf die fast leere Bierflasche in dessen Händen und fragte schließlich: „Wie wär´s mit einer Cola?“ Stiles lächelte gutmütig: „Cola ist fein.“ Der Soldat erhob sich, ging hinüber zur Bar und kam wenig später mit zwei vor Kälte schwitzenden Gläsern zurück. Stiles nahm das ihm zugedachte entgegen und fragte: „Sag mal, bist du vielleicht auf Heimaturlaub, Derek?“ Der Ältere schüttelte den Kopf: „Nicht direkt.“ „Warst du in Vietnam?“ bohrte Stiles weiter. Derek nickte, während seine Miene sich erneut verfinsterte, doch Stiles ignorierte das: „Und hast du schon einen neuen Marschbefehl?“ erkundigte er sich: „Der Krieg ist für mich vorbei.“ brummte der Soldat: „Wieso? Wurdest du verwundet?“ fragte Stiles geradeheraus: Der Ältere nahm den neugierigen Frechdachs ihm gegenüber fest ins Visier: „Unehrenhaft entlassen. Homosexuelles Verhalten, wenn du es wirklich genau wissen musst.“ knurrte er. Stiles verblüffte Derek, indem er nun einfach eine Hand auf die seine legte; eine vertrauliche Geste, zu vertraulich für zwei Fremde, die sich gerade erst begegnet waren, dennoch entzog der Ältere ihm seine Hand nicht: „Ist nicht deine Schuld!“ erklärte Stiles nun sanft: „Aber die Welt wird sich ändern, weißt du? Das muss sie ganz einfach und dann werden sie erkennen, dass Menschen wie wir genau so normal sind wie sie.“ Es war fast wie ein Wunder, doch plötzlich lächelte Derek, verschränkte sogar seine Finger mit denen von Stiles und forderte: „Erhalte dir diesen Optimismus, solange du kannst, Stiles.“ „Das ist kein Optimismus.“ erwiderte Stiles kämpferisch und nahm einen großen Schluck aus seinem Glas: „Wenn die Welt es nicht von allein begreift, dann werden wir sie eben dazu zwingen!“ „Du bist wirklich süß.“ stellte Derek fest und streichelte mit dem Daumen zart über den Handrücken des Jüngeren. Stiles lächelte: „Das bist du irgendwie auch, auf deine ganz eigene Art.“ versicherte er. Dann nahm er all´ seinen Mut zusammen und fragte: „Sag´ mal, willst du vielleicht, dass ich mit zu dir nachhause komme?“ Derek ließ den Kopf hängen: „Das geht leider nicht, denn ich habe hier noch keine Bleibe in New York gefunden. Ich bin quasi gerade erst wieder in der Stadt angekommen und habe noch keinen Plan, wie es nun weitergeht.“ „Warum kommst du dann nicht mit zu mir?“ schlug Stiles vor. Derek hob überrascht den Kopf und blickte ihn entgeistert an: „Im Ernst? Du kennst mich doch gar nicht. Und... lebst du nicht noch bei deinen Eltern, oder so?“ Stiles stieß ein freudloses Lachen aus: „Bin abgehauen. Hatte keine Wahl; entweder weglaufen, oder mich umbringen, aber ich wollte leben.“ Er sagte es leichthin, als sei es bloß ein Scherz, doch im Grunde war es genau so gewesen. Dann fügte er hinzu: „Ich lebe jetzt bei einer Freundin und die hat sicher nichts dagegen, wenn ich jemanden mitbringe. Sie nimmt gerne Streuner auf. Sie ist die gute Seele von Greenwich Village.“ Bei diesen Worten dachte Stiles zurück an seinen ersten Tag in dieser Stadt. Eine Reisebus, den er in jener kleinen Stadt bestiegen hatte, in der er aufgewachsen war, hatte ihn in New York wieder ausgespuckt. Er war daraufhin den ganzen Tag lang ziellos und hungrig herumgeirrt, mit nichts weiter bei sich, als dreiundzwanzig Dollar und den Kleidern, die er am Leib trug. Todmüde hatte er sich am Abend einfach in den erstbesten Hauseingang gelegt, um zu schlafen. Es war beinahe so etwas wie göttliche Fügung gewesen, denn dies war die Tür von Danielle gewesen. Jeder andere hätte Stiles womöglich zur Hölle gejagt, oder mithilfe der Cops entfernen lassen, doch Danielle hatte nichts dergleichen getan, als sie ihn bei ihrer Rückkehr so vorfand. Nein, sie hatte Stiles mit zu sich hinein genommen, ihn mit einer warmen Suppe und einem Kakao versorgt und ihm dann ein Bett in ihrem kleinen Gästezimmer bezogen. Danielle war schlank, elegant, schön, dunkelhäutig und sie besaß die würdevolle, aufrechte Körperhaltung einer in die Jahre gekommenen Tänzerin. Vor fünfundvierzig Jahren war sie in New Orleans/Louisiana als Richard Dubois auf die Welt gekommen, doch ein Mann war sie nie gewesen. Die Polizisten, die sie schon mehrfach festgenommen hatten, nannten sie einen Transvestiten, doch Stiles hatte sofort begriffen, was sie war. Er nannte sie Ma. Danielle ließ ihn mietfrei bei sich wohnen, doch Stiles hatte sich gleich am nächsten Tag einen Job bei einem Lebensmittelhändler gesucht und ließ es sich nicht verbieten, wenigstens hin und wieder Speisekammer und Kühlschrank von seinem Gehalt aufzufüllen, auch wenn Danielle aufgrund einer Erbschaft darauf nicht angewiesen war. Ihre Familie mochte sie seinerzeit wegen dem, was sie war verstoßen haben, aber nachdem sie nun alle tot waren, hatte sie dann doch noch das gesamte Familienvermögen geerbt und war finanziell unabhängig. Dafür habe sich der ganze Ärger gelohnt, behauptete sie stets, doch Stiles wusste, dass das nicht stimmte und wie tief die Wunden waren, welche ihre Familie in ihr Selbstwertgefühl geschlagen hatte. „Du hältst mich für einen Streuner?“ lachte Derek. Stiles grinste: „Jupp, irgendwie schon.“ „Und hast du keine Angst, ich könnte dich im Schlaf erwürgen, oder so, wenn du mich einfach so mit nachhause nimmst?“ wollte Derek wissen: „Du kennst mich schließlich gar nicht.“ „Ich habe keine Angst vor dir.“ versicherte Stiles und wollte dann wissen: „ Und was ist mit dir? Hast du vielleicht Angst vor mir?“ Da musste Derek schon wieder lachen, auch wenn das ganz und gar nicht seinem Naturell entsprach: „Also ich weiß nicht? Du siehst mir nicht allzu gefährlich aus, Kleiner: Stiles grinste: „Na worauf warten wir dann noch? Lass´ uns gehen! Du siehst nämlich aus, als könntest du etwas Schlaf gebrauchen, Soldat.“ Sie erhoben sich und Stiles griff galant nach Dereks Rucksack, den er sich dann unter Keuchen und Ächzen auf den Rücken schwang: „Gott was hast du da drinnen? Steine, oder was?“ fragte er: „Alles, was ich besitze.“ gab Derek schlicht zurück und erlaubte widerstrebend, dass der Jüngere sein Gepäck für ihn trug. Es war nur zwei Blocks weit bis zu Danielles Heim und die Hausherrin saß bereits in ihrem Morgenmantel da, bettgehfertig, einen Becher warmer Milch in den Händen: „Hey Ma! Kannst du mal wieder nicht schlafen?“ begrüßte Stiles sie mitfühlend und legte ihr sanft die Hände auf die Schultern. Die Angesprochene lächelte müde: „Nein, leider nicht. Aber ich lege mich gleich wieder hin. Wen bringst du denn da mit, Cherie?“ „Das ist Derek. Habe ihn in der Bar gefunden. Kommt direkt aus Vietnam. Ist es in Ordnung, wenn er über Nacht bleibt?“ erkundigte sich Stiles: „Da muss du doch nicht fragen.“ erwiderte Danielle, erhob sich und reichte dem Soldaten die Hand: „Enchaté.“ Rein äußerlich ging Danielle vielleicht als eine Frau wie jede andere durch, doch ihre Stimme verriet sie unmissverständlich. Derek wusste es nicht, doch er stand in dieser Minute unter Beobachtung. Es war vollkommen gleichgültig, wie sehr Stiles diesen Mann wollte, wenn dieser sich nicht nett und respektvoll seiner Freundin gegenüber zeigte, dann würde er kurzen Prozess machen und ihn sofort wieder vor die Tür setzen. „Ich freue mich auch! Es ist sehr großzügig, dass sie mir heute Nacht Obdach gewähren, Madame!“ erwiderte Derek höflich und nahm behutsam die schlanke, zerbrechlich wirkende Hand Danielles in seine eigene. Er hatte den Test bestanden und Stiles atmete heimlich auf. „Möchtet ihr auch?“ bot die Hausherrin den beiden Männern von ihrer warmen Milch an. Stiles lehnte für sie beide ab: „Ich glaube, wie gehen direkt ins Bett, Ma. Versuch´ du auch zu schlafen, ja?“ Er hauchte der Freundin einen sanften Kuss auf die Wange und nahm dann Derek mit in sein Zimmer. „Ich kann hier im Sessel schlafen.“ bot er sogleich an, als Derek überrascht auf das schmale Bett schaute: „Kommt überhaupt nicht in Frage. Es ist doch dein Bett. Ich werde den Sessel nehmen!“ entschied Derek: „Tut mir leid, aber das kann ich leider nicht zulassen. Du bist schließlich mein Gast“ bestimmte Stiles und schlang dem Älteren die Arme um den Hals: „Wie wäre es stattdessen, wenn wir uns beide in das Bett legen? Das passt schon irgendwie, wenn wir uns ein bisschen aneinander kuscheln. Hast du etwas dagegen?“ Derek legte Stiles sacht die Hände in die Seiten und bestätigte: „Nein, das klingt akzeptabel.“ Stiles zog sich komplett aus und schlüpfte dann in seine gestreifte Pyjamahose, während Derek lediglich seine Uniform ablegte unter welcher er Boxershorts und Unterhemd trug, beides in denselben Tarnfarben wie die Militärkluft. So standen die beiden Männer einander nun in dem Raum gegenüber. „Wow!“ machte Stiles und berührte mit den Fingerspitzen behutsam die definierte Brust, die sich unter dem engen Trägerhemd abzeichnete: „Wie soll ich da heute Nacht bloß ein Auge zu tun?“ Derek wirkte tatsächlich ein wenig verlegen. Er senkte den Kopf, trat dann schüchtern an Stiles heran und legte ein wenig ungelenk die Arme um dessen Taille. Als Stiles die Umarmung erwiderte, spürte er, wie Derek ihm förmlich entgegen schmolz, aufatmete und sich mit geschlossenen Augen an ihn schmiegte. In diesem Moment bekam der Jüngere eine kleine Ahnung davon, dass der Soldat offenbar einiges hinter sich hatte und er hielt ihn noch ein wenig fester. Nachdem sie sich wieder von einander gelöst hatten, führte Stiles seinen Gast zum Bett, schlüpfte selbst hinein und hielt als Einladung die Bettdecke in die Höhe. Es war eigenartig. Sie waren einander im Grunde fremd, doch es fühlte sich gleich ganz organisch, selbstverständlich und vertraut an, wie sie nun beieinander lagen. Stiles hatte die Nachttischlampe ausgeknipst, doch dank der Lichter von der Straße, welche durch das hohe Fenster hereinschienen, konnten sie einander immer noch betrachten Normalerweise war Stiles ein echtes Plappermaul, doch Dereks Schweigsamkeit steckte an. Er streckte die Hand aus und fuhr die markante Gesichtszüge seines Bettgefährten mit den Fingerspitzen nach. Irgendwann reckte er Kopf und legte einen zarten Kuss auf die Lippen des Älteren. Dieser reagierte, indem er den Mund leicht öffnete und so eine Einladung aussprach. Ab diesem Zeitpunkt war es beiden kaum noch möglich wieder von einander zu lassen. Durstig nach einander küssten sie sich, während ihr Atem schneller und schneller ging und ihre Körper immer enger zu einander strebten. Alles an ihnen beiden schrie nach Verschmelzung. Doch dann plötzlich bereitete Derek dem ein Ende, machte sich los und schob Stiles ein wenig von sich: „Warte!“ forderte er atemlos: „Das geht zu schnell!“ Das war wie ein Schwall eiskaltes Wasser für Stiles: „W-was? Was ist los mit dir. Gefalle ich dir plötzlich nicht mehr?“ Derek legte ihm eine seiner großen, warmen Hände an die Wange und versicherte: „Daran liegt es doch nicht. Aber... wie alt bist du Stiles?“ „Zweiundzwanzig.“ behauptete dieser. „Lüge!“ stellte Derek scharfsichtig fest und gab dem Jüngeren einen kleinen Kuss auf die Stupsnase: „Sag die Wahrheit!“ Stiles schnaubte enttäuscht und ärgerlich. Das hier kannte er schon. Soweit er das sagen konnte, gab es zwei Arten von Kerlen: den einen konnte er nicht jung genug sein und die anderen fanden ihn ZU jung und rührten ihn nicht an: „Die Wahrheit ist, dass ich alt genug bin, um zu wissen wissen, was ich will!“ knurrte er kämpferisch: „Und gerade will ich dich, verdammt, also mach´ kein Theater!“ „Sag mir eine Zahl, Stiles! Bitte, ich muss das wissen.“ forderte Derek sanft. Stiles seufzte: „Ich bin siebzehn. Na und?“ „Ich mache mich strafbar.“ stellte Derek fest. Stiles setzte sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust: „Ich habe in drei Wochen Geburtstag. Ändert sich dann plötzlich alles, oder wie? Das ist doch lächerlich!“ Derek hatte sich mittlerweile ebenfalls aufgerichtet und blickte den Jüngeren aus seine großen, aufrichtigen Augen an: „Ich könnte deswegen für eine sehr lange Zeit ins Gefängnis kommen.“ „Nur wenn irgendwer es erfahren würde, was nicht passieren wird, weil ich dich nicht verrate. Und denkst du etwa, du wärst der Erste für mich. Vergiss es! Ich hatte schon eine ganze Reihe Kerle vor dir, kapiert?“ knurrte Stiles: „Drei Wochen sagst du? Können wir nicht einfach bis dahin warten, Kleiner?“ erkundigte sich Derek vorsichtig: „Pft!“ machte machte Stiles, wie ein schmollendes Baby: „Vielleicht habe ich bis dahin ja längst genug von dir?“ „Das Risiko muss ich wohl eingehen.“ erwiderte der Ältere bedrückt: „Aber jetzt sollte ich wohl verschwinden, oder?“ Kaum war das gesagt, hatte Derek sich auch schon vom Bett erhoben und war im Begriff, sich wieder anzuziehen. „Hey, warte!“ forderte Stiles, denn das war ganz und gar nicht in seinem Sinne. Er war hinter Derek getreten und schlang ihm die Arme um die Taille: „Ein bisschen Küssen ist doch wohl drin, während wir auf meinen Geburtstag warten, oder nicht?“ Derek drehte sich in der Umarmung herum, blickte auf den Jüngeren hinab und murmelte: „Also eigentlich nicht, aber ich fürchte, ich werde nicht imstande sein, dazu Nein zu sagen, wenn du damit anfängst.“ „Gut!“ erwiderte Stiles mit einem bösen kleinen Lächeln und küsste ihn. Nein, Stiles bekam nicht genug von Derek. Er bekam sogar wortwörtlich niemals genug von ihm! Ja sicher, auf den Sex musste er warten und er war wirklich kein sehr geduldiger Mensch, aber er nahm in den folgenden Wochen alles, was er kriegen konnte, denn er war regelrecht süchtig nach Dereks Geruch, danach wie sich dessen Haut und das Brusthaar unter seinen Fingern anfühlten und nach den nicht enden wollenden Küssen. In manchen Augenblicken schien es, als würden sie nur von einander ablassen, um Luft zu holen und nicht zu ersticken. Mit früheren Liebhabern war es Stiles um die schnelle Triebbefriedigung gegangen. Oder vielleicht war es auch andersherum gewesen, dass es seinen Partnern darum gegangen war und er hatte sich lediglich darauf eingestellt? Jedenfalls hatte ihm scheinbar niemals etwas gefehlt und er hatte auch nicht den Wunsch verspürt, es mit irgendeinem von ihnen ein zweites Mal zu tun, auch dann nicht, wenn es im Grunde gut gewesen war. Es mochte daran liegen, dass Derek Stiles auf seine Befriedigung warten ließ, dass dieser von seinem Soldaten nie genug bekam, doch er glaubte es eigentlich nicht. Stiles und Derek verließen das Zimmer jedenfalls nur dann, wenn sie wirklich dazu gezwungen waren, zum Beispiel zum Essen, oder wenn Stiles morgens zur Arbeit musste. Aber es waren nicht nur die Küsse, die sie miteinander tauschten. Sie redeten auch miteinander, erzählten sich von ihrem Leben. Stiles berichtete von seinem religiösen Elternhaus, von Erwartungen, denen er einfach nicht genügen konnte und von seiner Flucht aus dieser engen, schwarz-weißen Welt. Von Derek hingegen erfuhr er, dass dieser vierundzwanzig Jahre alt war, zwei Schwestern gehabt hatte, doch dass diese gemeinsam mit seinen Eltern bei einem Unfall um´s Leben gekommen waren. Über Vietnam sprachen sie nie. In jeder Nacht lagen die Männer stets genau so eng umschlungen in dem schmalen Bett, wie beim allerersten Mal, doch keinen der beiden schien das auch nur im geringsten zu stören. Aber Stiles hatte einen leichten Schlaf und so erwachte er jedes Mal, wenn Derek im Traum etwas murmelte, unruhig zuckte und schließlich zu weinen begann. Eines Tages, wenn sie sich besser kannten, würde er den traurigen, schweigsamen Mann fragen, was er im Krieg gesehen hatte? Oder wen er verloren hatte? Der 28.06.1969 war endlich da, Stiles achtzehnter Geburtstag und er hatte beschlossen, an diesem Tag dort zu feiern, wo Derek und er sich kennengelernt hatten und so kehrten die beiden Männer in Begleitung von Danielle an diesem Abend um neun im Stonewall Inn ein. Es war ein schwüler Abend. Auf den Straßen waren viele Leute unterwegs gewesen und auch die Bar war sehr gut besucht. Dennoch gelang es den Dreien, sich einen Tisch zu organisieren. Stiles hatte einen ganzen Wochenlohn in seiner Hosentasche, der nur darauf wartete, verprasst zu werden und so orderte er eine Runde nach der anderen. Sie stießen miteinander an, lachten, tanzten ausgelassen und Stiles genoss es, Derek nun auch hier in aller Öffentlichkeit und nicht mehr nur hinter verschlossenen Türen zu küssen, so als seien sie Verbrecher. Die Stimmung war fantastisch. Es war der perfekte Geburtstag. Gegen halb zwei in der Nacht änderte sich dann jedoch schlagartig alles: Die Tür zur Bar wurde jäh aufgerissen und ein paar Dutzend uniformierte Polizisten stürmten herein. Offenbar hatten sie ihre Strategie geändert. Für gewöhnlich machten sie ihre Razzien am frühen Abend, warnten die Barbesitzer dabei sogar vor, verhafteten lediglich ein paar Leute und danach konnte das Geschäft ohne weitere Belästigung weitergehen. Scheinbar meinten die Cops es heute jedoch ernst. Sie wirkten entschlossen, dem Treiben ein Ende zu machen. Einige Beamte stürmten direkt in den hinteren Teil der Bar und in die Toiletten, wo sie einige der Männer auf frischer Tat ertappten und direkt abführten. Die Musik verstummte und die Anwesenden waren mit einem Mal wie erstarrt. Mit einer Aura der Selbstwichtigkeit und der unerschütterlichen Gewissheit, auf der richtigen Seite von Gesetz und Moral zu stehen, marschierten die Beamten herum und betrachteten die Anwesenden mit einer Mischung aus Häme, Mitleid und offen zur Schau getragenem Ekel. Und wie jedes Mal bei diesen Gelegenheiten standen die gesellschaftlich Geächteten einfach nur stumm und verschämt da, wie Lämmer im Angesicht der Schlachtbank und warteten bloß darauf, dass es vorüberging, immer in der Hoffnung, dass es einen anderen träfe, der heute mit auf´s Revier kommen mussten. Ausweise wurden kontrolliert, Menschen herumgeschubst, beleidigt, herumgestoßen und durchsucht. Schließlich war auch Danielle an der Reihe und der Beamte, der sie sich vorgenommen hatte, packte sie grob, musterte sie kritisch und fing dann damit an, sie unsanft zu betatschen. Stiles machte Anstalten dazwischen zu gehen, doch Derek hielt ihn zurück. Schließlich griff der Polizist zwischen Danielles Beine und brüllte dann seinen Kollegen zu: „Scheiße, Leute! Die Puppe hat einen Schwanz! Das müsst ihr euch anschauen!“ Hartes, obszönes Gelächter erscholl. Danielle dachte nicht daran, jene drei männliche Kleidungsstücke zu tragen zu denen sie verpflichtet war, denn sie war eine Frau, ganz gleich, was ihre Genitalien sagten. Damit verstieß sie jedoch gegen das Gesetz und darum würde sie nun wohl ein weiteres Mal festgenommen werden und wenn es ganz übel kam, dann landete sie dieses Mal vielleicht sogar in eine Anstalt für Geisteskranke, dachte Stiles verzweifelt. Er hatte seine Freundin immer nur als eine Südstaaten-Lady mit perfekten Manieren erlebt, als ausgeglichene, geduldige und langmütige Frau. Nun aber lag ein Ausdruck auf Danielles Gesicht, den Stiles noch nie gesehen hatte. Es war die blanke Wut! „Es reicht! Genug ist genug!“ rief sie aus und stieß den Beamten mit einer Wucht von sich, die Stiles der zarten Person niemals zugetraut hatte. Der Beamte war fassungslos. Er geriet ins Straucheln, fing sich dann jedoch wieder, richtete seine Uniform, ging auf sie los und brüllte: „Verdammte Schwuchtel! Dafür wirst du bezahlen!“ „Fahr´ zur Hölle!“ rief Danielle aus. Sie war in ihrem Leben einmal zu oft gedemütigt worden und nun endlich würde sie kämpfen, ganz gleich was es sie kostete. Sie nahm eine Bierflasche vom Tisch, warf sie nach ihrem Angreifer und traf ihn damit an der Stirn, wo sie zerschellte Der Beamte fasste sich an den Kopf, stellte fest, dass er blutete und sah aus, als könnte er nicht fassen, was gerade geschehen war. Damit war er jedoch nicht der Einzige! Alle, die Gäste und auch die anderen Polizisten standen da, beobachtete wie er erstarrt die Szene und es war mucksmäuschenstill. Nach einer Weile jedoch hatten die Beamten ihren Schock darüber überwunden, dass die einer von diesen Perversen es tatsächlich gewagt hatte, sich gegen sie zu wehren. Sie zückten ihre Schlagstöcke und stürmten auf Danielle los. Es war beinahe so, als habe jemand einige Tropfen Blut in ein Becken mit Piranhas gegeben. Stiles wusste, dass seine Freundin das hier ohne Hilfe nicht überleben würde und so stürzte er sich ohne nachzudenken in eine aussichtslose Schlacht. Derek seufzte und dann schloss er sich ihm an. Unzählige Knüppel gingen nun auf die Drei hernieder. Eine Gegenwehr war unmöglich. Sie drängten sich lediglich eng an einander und versuchten ihr möglichstes, mit den Armen ihre Köpfe zu schützen. Die Umstehenden blickten weiterhin fassungslos auf diese ungleiche, unfaire Auseinandersetzung, doch niemand unternahm zunächst etwas; zu groß war der Schock. Da plötzlich erhob sich eine Frau von ihrem Hocker am Tresen. Ana Garcia war eine Latina Mitte fünfzig. Sie gehörte im Stonewall Inn praktisch zum Inventar. Sie war meistens allein, sprach nicht viel, trank ihr Bier und beobachtete die Gäste. Auch sie war eine von denen, die sich weigerte, sich demütigenden Bekleidungsvorschriften zu beugen. Sie hüllte ihre kleine, üppige Gestalt stets in Herrenanzüge und hatte schon mehrfach einen hohen Preis dafür bezahlt. Polizisten hatten sie festgenommen, verprügelt, sexuell belästigt und einer der Cops hatte sie gar einmal mit vorgehaltener Waffe vergewaltigt; zu ihrem eigenen Wohl, wie er ihr hinterher versichert hatte Und sie war sich naiv vorgekommen, als sie versucht hatte, später gegen ihn Anzeige zu erstatten und dafür von den Beamten ausgelacht worden war. An diesen Tag musste sie denken, als sie in diesem Moment ihren Barhocker an den Stuhlbeinen nahm und ihm dem erstbesten knüppelschwingenden Polizisten ins Kreuz schlug: „Bastarde! Verdammte Bastarde!“ rief sie aus. Der alte Joe, der sechzehn Jahre hinter Gittern verbracht hatte für das was er war, kletterte hinter den Tresen und begann, mit allem nach den Polizisten zu werfen, was ihm in die Finger kam: Flaschen, Gläser, Kisten und schwere Aschenbecher. Und so erwachten nach und nach auch die anderen Gäste aus ihrer Schockstarre, bewaffneten sich mit allem, was zur Hand war, oder ballten schlicht auch bloß die eigenen Fäuste. Die Unterdrückten erhoben sich endlich, verteidigten ihr Revier und ihr Recht auf ihr Leben. Den überrumpelten Polizisten blieb gar nichts anderes übrig, als entsetzt den Rückzug anzutreten. Sie flüchteten auf die Straße, doch sie wurden dorthin verfolgt und draußen ging die Schlacht dann einfach weiter. Passanten bekamen mit, was vor sich ging und konnten es nicht fassen - die Tyrannen rannten davon! Und so schlossen sie sich dem Kampf. Jahrzehntelange Unterdrückung entlud sich endlich in Widerstand und dieser Widerstand verhielt sich beinahe wie ein lebendiges Wesen: Er wuchs, vermehrte sich und ernährte sich von Wut und Verzweiflung. Es dauerte nicht lange, bis die Polizei ebenfalls Verstärkung bekam: Mal waren sie Jäger und dann wieder Gejagte. Barrikaden wurden errichtet, Gegenstände flogen durch die Luft und Müllcontainer und Polizeiautos gingen in Flammen auf. Derek, dem seine Kriegserfahrungen noch allzu präsent waren, führte Stiles und Danielle zunächst einmal in Sicherheit, wo sie sich ein wenig von den Schlägen erholen konnten. Doch dann mischten sie sich wieder in Getümmel denn dies hier war ihre Schlacht und sie musste ganz einfach geschlagen werden. Sie verteidigten die Gejagten, starteten Ablenkungsmanöver, oder versorgten Verletzte. Es dauerte noch weitere drei Tage, bis der Aufruhr sich endlich wieder legte. Bis dahin hieß es immer wieder Angriff und Rückzug und wenn man nicht mehr konnte, ruhte man sich umschichtig aus, während andere Wache hielten. „Verdammt!“ murrte Stiles in diesen Tagen einmal, als Derek und er an der Reihe waren, aufzupassen: „So hatte ich mir meinen Geburtstag aber nicht vorgestellt! Ich wollte doch bloß, dass du und ich endlich zur Sache kommen, Mann.“ Da hatte Derek ihn in seine Arme gezogen und versichert: „Keine Sorge, Süßer! Dafür haben wie noch alle Zeit der Welt; ein ganzes Leben, wenn wir wollen!“ Am ersten Juli wurde es endlich wieder ruhig in Greenwich Village. Die Polizeipräsenz wurde weniger und viele der Aufständischen waren nachhause zurückgekehrt. Auch Derek und Stiles waren endlich wieder daheim in ihrem kleinen Zimmerchen. Sie hatten mit Danielle bloß noch etwas gegessen und waren dann duschen gegangen. Nun sperrten die Vorhänge die Morgensonne aus und die Tür war verschlossen. Eigentlich sollten sie nun endlich ein wenig schlafen, denn sie waren erschöpft und übernächtigt, doch sie fühlten sich fiebrig und rastlos von dem Adrenalin, welches durch ihre Körper jagte. Es mochte lediglich ein kurzer Moment des Aufbegehrens gegen erlittenes Unrecht gewesen sein, doch die beiden fühlten sich beinahe, als hätten sie die ganze Welt verändert. Sie würden es niemals vergessen, was sie erlebt hatten und sie würden dafür sorgen, dass die Welt es auch nicht vergass! Stiles streifte sich seine Kleider vom Leib und als er nackt vor Derek stand, fragte er beinahe schon verzweifelt: „Was ist denn jetzt? Bekomme ich nun endlich mein Geburtstagsgeschenk?“ Derek strich mit den Fingerspitzen sacht über Beulen, Schürfwunden und Hämatome am Körper des Jüngeren und fragte: „Aber geht das denn überhaupt? Du bist doch verletzt.“ „Jetzt mach´ mich aber nicht sauer!“ zischte Stiles: „Ich will dich jetzt endlich. Die paar Kratzer stören mich nicht die Bohne. Ich bin stark!“ „Ja das bist du!“ bestätigte Derek und zog Stiles an sich. Es ist der 30. Juni 2019, ein herrlicher, sonniger Morgen. Es ist Mittag und die Parade hat sich soeben in Bewegung gesetzt. Am Straßenrand, unbeachtet von der feiernden Menge, stehen zwei alte Männer. Sie halten sich bei den Händen und beobachten das bunte Spektakel. Sie lächeln und denken zurück an damals, als sie Widerstand geleistet und gewonnen haben. Sie haben auch nichts von dem vergessen und auch nicht von all´ dem, was danach kam. Genau ein Jahr nach den Unruhen waren sie auf ihren allerersten Pride-March gegangen; damals waren sie bloß ein paar hundert Leute. Und nun, fünfzig Jahre später feiern und demonstrieren viele Millionen Menschen weltweit für Freiheit, Gleichheit und Menschlichkeit! All´ die vielen Jahre des Kampfes. So vieles ist seither geschehen, Gutes und Schlechtes. Gesetze und Denkweisen haben sich gewandelt, Liebende sind aus dem Schatten ins Licht getreten. Was vormals noch eine Krankheit genannt und verfolgt wurde, feiert ein großer Teil der Welt heutzutage als „Diversity“. Diese beiden Männer haben erlebt, wie die Welt sich Stück für Stück gewandelt hat. Dann kamen die Achtziger Jahre, eine mysteriöse Krankheit war scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht und alles schien mit einem Mal verloren. „Schwulenkrebs“ hatte es in den Medien geheißen und all die religiösen Eiferer waren wieder aus ihren Löchern hervor gekrochen und postulierten „Die Strafe Gottes!“ Die Angst ging um und die beiden Männer mussten mit ansehen, wie viele ihrer Freunde ihr zum Opfer fielen. Ihre geliebte Freundin Danielle war eine von ihnen. Sie haben sie bis zuletzt zuhause gepflegt. Im Jahr 2016 haben die beiden Männer geheiratet, weil sie es da endlich durften, auch wenn sie bereits vor vielen Jahrzehnten Ja zueinander gesagt und ihr gemeinsames Leben begonnen hatten. Aber mit dieser neuen, gesellschaftlichen Legitimation hatten sie sich mit einem Mal sicher gefühlt und einen kurzen Moment lang hatten sie sogar geglaubt, sie hätten es endgültig geschafft und die Liebe hätten den Hass endlich überwunden. Wenige Wochen später war ein Mann, mit einer SIG Sauer und einer Glock 17 bewaffnet in einen queeren Nachtclub in Orlando gestürmt und hatte um sich geschossen. 49 Menschen verloren in dieser Nacht ihr Leben und 53 weitere wurden teils schwer verletzt. Ja, diese beiden Männer haben gesehen, wie die Welt sich verändert hat und vielleicht haben sie sogar selbst dazu beigetragen, doch noch ist das Ziel nicht erreicht. Und selbst dann, wenn diese beiden längst am Ende ihres Weges angekommen sind, werden sich auf dieser Welt immer noch Heranwachsende das Leben nehmen, weil die Menschen, die sie lieben und beschützen sollten, sie nicht als das akzeptieren können, als was sie geboren wurden. Auch dann werden religiöse Fanatiker immer noch Homosexuelle Beerdigungen stören, indem sie Plakate hochhalten auf denen steht "Fags go to hell!" Auch dann noch werden Jungendliche in Umerziehungskamps landen, werden lesbischen Frauen Opfer sogenannter "korrigierender Vegewaltigungen", werden Kinder gezwungen werden, eine sexuelle Identität anzunehmen, die nicht die ihre ist und werden Unschuldige in Gefängnissen sitzen, nur weil sie den falschen Menschen lieben. Der Kampf geht weiter! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)