von Kathey ================================================================================ Prolog: M:\Booting.exe ---------------------- »People are more difficult to work with than machines. And when you break a person, he can't be fixed.« - Rick Riordan Die Reporter warteten wie immer vor den Türen der Botschaft und wie immer empfing ihn ein Blitzlichtgewitter, als er aus dem Gebäude trat. Kameras blitzten auf, Mikrofone wurden ihm entgegen gestreckt, sogar Drohnen überflogen den Vorplatz, um den Nachrichtensendern die bestmöglichen Bilder zu sichern. Dabei gab es nicht einmal Neuigkeiten zu verkünden, denn auch diese Besprechung war ausgegangen wie alle anderen zuvor. Es wurde viel geredet, aber gesagt wurde letztendlich nur sehr wenig, und die Mitglieder der Ausschusssitzung weigerten sich noch immer, Androiden vollständig als das anzuerkennen, was sie waren: Eine lebende, fühlende Rasse, die dem Menschen ähnlicher war, als sie sich eingestehen wollten. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sie auf der Stelle traten. Ein Jahr war ins Land gezogen, und ja, sie hatten viel erreicht, sehr viel, aber man hielt ihn noch immer an der kurzen Leine, machte ihm Versprechungen, die nicht eingehalten wurden und langsam wurde er es leid. Und wenn schon seine Geduld erschöpft war, dann war die vieler anderer Androiden schon lange verbraucht. „Markus, nur eine Frage…“ Eine Reporterin stieß ihm das Mikrofon beinahe ins Auge, und er blieb stehen, sah sie aufmerksam an, während sie entschuldigend zurückzuckte. Die meisten Menschen hegten noch immer ein reges Interesse an den Androiden, daran, wie sie funktionierten, was sie fühlten und meistens war ihre Neugier eher kindlicher, unschuldiger Natur. Sie hatten eine Menge Unterstützer gewonnen, aber wo Licht war, war bekanntlich auch Schatten. Und es war nicht das erste Mal, dass Markus in der Ferne eine Hand voll Leute entdeckte, die ihrem Unmut Luft machten, sobald er nach draußen trat. Er sah Schilder mit der Aufschrift „Detroit ist unsere Stadt“ und „Blut ist dicker als Thirium“. Mit einem leisen Seufzen wandte er sich wieder an die junge Reporterin, die sich nervös die Haare hinters Ohr strich und unsicher lächelte, als hätte sie innerhalb der letzten zehn Sekunden vergessen, was sie ihn hatte fragen wollen. „Ehm, gibt es…“ Sie räusperte sich, und dann, mit etwas festerer Stimme, begann sie erneut. „Gibt es Neuigkeiten zu den verschwundenen Androiden? Oder zu den beiden zerstörten Modellen?“ Die Fragen waren immer dieselben. Wie weit die Gesetze zur Gleichberechtigung gekommen waren. Welche Ziele er noch verfolgte, um den Status der Androiden zu verbessern. Und seit Kurzem waren Fragen wie diese hinzugekommen. Seit der erste zerstörte Android gefunden wurde. Man hatte ihn in seiner eigenen Wohnung entdeckt – seit gut sechs Monaten war es Androiden erlaubt, Eigentum zu erwerben – und es war offensichtlich gewesen, dass sein Tod kein Unfall gewesen war. Der Speicher des Androiden war mit einer Präzision entfernt worden, die das DPD und selbst Connor ratlos zurückgelassen hatten. Als kurz darauf ein zweiter Android gefunden wurde, dem der Speicher ebenfalls entwendet worden war, war klar geworden, dass jemand Jagd auf sie machte. Nur das Motiv war ihnen allen vollkommen unklar. „Ich denke, dass Sie diese Frage viel eher dem DPD stellen sollten“, meinte er leise, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und sein Schuh trommelte in regelmäßigen Abständen auf den Boden. Wieder kam die Frau ins Stocken, murmelte etwas davon, dass die für Androidenverbrechen zuständige Abteilung nicht sehr redefreudig war und Markus war sich auch darüber im Klaren, dass sein Verhalten sie ebenfalls verunsicherte. Viele Menschen begegneten ihm noch sehr reserviert, und er wusste nie mit Sicherheit, ob es an seinem Auftreten lag, an seinem Aussehen oder an irgendetwas Anderem. Gegen nichts davon konnte er wirklich etwas tun und so nickte er der jungen Dame nur entschuldigend zu, ehe er sich entfernte und durch die Masse von Reportern kämpfte, die ihn hier und dann noch einmal aufhalten wollten. „Wird gegen Humanity First vorgegangen?“ „Stimmt es, dass CyberLife die Entwicklung neuer Androiden erst einmal eingestellt hat?“ „Werden die Verbrechen gegenüber Androiden bald so hart bestraft wie die gegenüber Menschen?“ „Wann verschwindet ihr endlich aus unserer Stadt?“ Der Mann, der eine große Kamera auf den Schultern trug, begegnete seinem Blick und Markus bemerkte nach einem Moment den großen Button, der an seiner Mütze prangte. HF – Humanity First. Eine Gruppierung jener Menschen, die Androiden über alles hassten und die rasch an Popularität und Anhängern gewann. „Bedaure“, antwortete Markus mit Nachdruck und sah den Mann aus seinen verschiedenfarbigen Augen an. „Aber Detroit gehört uns allen.“ Er wandte sich ab, nachdem er festgestellt hatte, dass die Kiefer des Mannes zu mahlen begonnen hatten und ging weiter, ohne sich noch einmal zu der neugierigen Masse umzudrehen. Er würde noch einmal mit Connor in Kontakt treten, um mit ihm und dem Lieutenant über die Morde und auch Humanity First zu sprechen. Aber erst, nachdem er nach Hause zurückgekehrt war. Nach New Jericho. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)