Liebe ist nur der Anfang vom Chaos von Aphrodi ================================================================================ Aggressive Love --------------- „Das Bad ist frei“, sagte Kidou, als er zurück ins Wohnzimmer kam, ein kleines Handtuch noch um den Nacken gelegt dabei. Natürlich war er der erste, der sich in die Wanne verzogen hatte, der verwöhnte Prinz. Sie mussten schauen, wie sie überhaupt die Badezeit einteilten – bei sechs Jungs war das ziemlich schwierig. So wirklich zusammen ins Bad gehen, war für manch einen ein No-Go, so wie zum Beispiel für einen reichen Schnösel, bei dem ein Zimmer schon so groß war wie anderer Leute ganze Wohnungen. Und er hatte gleich zwei davon nur für sich, dazu noch ein ganzes Badezimmer. Allein bei dem Gedanken daran wurde Fudou garstig. Er bemerkte, wie Sakuma die Küchenzeile verließ und sich an seiner Tasche zu schaffen machte. Jetzt musste er wohl auch aufstehen, sonst war die Chance dahin. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Stürmer sich sein Badezeugs aus der Tasche fischte – natürlich tat Fudou vollkommen unbeteiligt, während er sich seinen eigenen Kram holte. Zum Glück brauchte er dafür nicht so lange, musste ja keine zehn Conditioner und zwanzig Körperpflegeprodukte suchen, so wie jemand anders. „Was soll denn das werden?“, fragte Sakuma giftig, als er bemerkt hatte, was gerade passierte – oder dabei war, zu passieren. „Ich wollte als nächster baden!“ „Oh?“, tat Fudou überrascht, grinste dann aber. „Zu blöd, das hab ich jetzt gar nicht mitbekommen.“ „Tu doch nicht so, das hast du doch genau gesehen!“ „Eh~? Du denkst doch nicht etwa, dass ich aus böswilliger Absicht verhindern will, dass du baden gehst. Will doch auch nicht, dass du hier die Bude vollmüffelst.“ Sakumas Gesicht wurde ein Stück weit rot. Ob das nun vor Scham oder vor Wut, Fudou hatte keine Ahnung. War ihm aber auch egal, der Anblick war so oder so verdammt lustig. Allein, wie er sich aufgeplustert hatte. Was war er, ein explodierender Hamster? Er klopfte Sakuma auf die Schulter. „Vergiss das Atmen nicht“, meinte er gelassen, dann ging er Richtung Badezimmer. „Wenn du so dringend baden willst, komm halt mit.“ „Vergiss es!“, schnaufte Sakuma – hey, immerhin atmete er wieder! Tat seiner Gesichtsfarbe sicher besser, wie Fudou fand. „Mhm, wusste gleich, dass du da unten was zu verbergen hast“, merkte Fudou noch gelassen an, lachte sich aber innerlich ins Fäustchen. Er konnte ja auch nichts dafür, dass Sakuma deutlich mehr feminine Züge aufzuweisen hatte, als ihre Managerinnen. War auch nicht so, als ob ihn das hässlich machte, aber die Schmach, trotz Pubertät immer noch als Mädchen durchzugehen, war sicher schwer zu ertragen. Oder auch nicht – schließlich benutzte er diese ganzen Beauty-Produkte doch freiwillig. Und wofür? Für nichts, Kidou wollte ihn trotzdem nicht. Die Tür hinter sich zuziehend legte Fudou sein Handtuch auf die Seite, stellte sein Duschzeug ab und begann, sich auszuziehen. Gewaschen war er schnell, dann ließ er sich in die zum Glück noch warme Badewanne gleiten. Das war noch ein Punkt, warum er genau jetzt baden wollte. Wäre er irgendwann als viertes dran, wäre das Wasser doch arschkalt. Wenn Genda und Sakuma schlau wären, würden sie sich gleich die Badewanne teilen, doch daran glauben, dass das passierte, tat Fudou nicht. Waren schließlich Genda und Sakuma. Der eine war viel zu verklemmt, um sich mit dem Kerl die Wanne zu teilen, der hart auf ihn stand. Der andere stand hart auf ihn – im wahrsten Sinne des Wortes. Mit einem genervten Seufzen schloss er die Augen. Irgendwann musste man schließlich mal von dem ganzen Chaos – an dem er nicht unschuldig war – abschalten. Oder sich überlegen, wie man ihre Probleme für sich selbst ausnutzte. Dann war da auch immer noch die Frage zu klären, wer wo schlief und wo es für ihn am meisten Sinn machen würde. Er hörte jetzt schon Sakumas Gemaule, weil er unbedingt bei Kidou schlafen wollen würde. Und das, obwohl er von ihm abserviert wurde, das musste man sich mal geben. Entweder war er hoffnungslos dumm oder verzweifelt – vielleicht beides. Wenn er Sakuma dazu brachte, sich mit ihm um den Schlafplatz bei Kidou zu streiten, würde der so genervt sein, dass er sie beide aussperrte. Es gab drei Zimmer. Eins mit einem Doppelbett, eins mit zwei Einzelbetten und das traditionell japanische Zimmer mit drei Futons. Kidou wäre sich viel zu fein, in einem Futon zu schlafen, daher gab es nur drei weitere Zimmerpartner: Endou, Gouenji und Genda. Genda fiel raus, weil er Sakuma niemals mit Fudou alleine lassen würde und darauf würde es in dem Fall mit Sicherheit hinauslaufen. Warum sollte auch einer von ihnen mit Endou oder Gouenji im Zimmer schlafen? Tja. In dem Fall würde Genda mit Sakuma ein Zimmer teilen und er mit Gouenji oder Endou... Nicht gut, wie er fand. Diese Möglichkeit wurde direkt verworfen. Stattdessen setzte er nochmal an Punkt X an. Wie beim Schach musste er sich seine Züge genau überlegen, sowie die Züge der anderen erahnen, damit das, was er haben wollte, am Ende sicher herauskam. Nur mit der richtigen Taktik gewann man ein Spiel schon vor dem Anpfiff – hier war es genauso. Und er hatte das Glück, dass er seine Spielfiguren in diesem Fall besser kannte als sie sich vermutlich selbst. Sakuma und Genda. Kidou und Gouenji oder Endou. Er würde den übrig gebliebenen kriegen. Fudou verzog das Gesicht bei dem Gedanken. Er war einfach nicht scharf drauf, sein Zimmer oder sogar sein Bett – sofern sie das Doppelbett bekämen – mit einem der zwei zu teilen. Er hasste sie nicht, aber er mochte sie eben auch nicht. Doch was könnte er im Fall X tun? Plötzlich riss ihn das Geräusch der Tür aus seinen Überlegungen. Fudou öffnete die Augen ein Stück, nur, um sie gleich wieder ernüchtert zu schließen. „Ach, du bist's.“ Er hörte, wie sich Genda die Kleidung abstreifte und begann, sich zu waschen, doch er öffnete nicht einen einzigen Moment die Augen dafür. Sich den Torwart nackt angucken brauchte er nicht. Sakuma wäre lustiger gewesen... Fudou hatte zwar schon geahnt, dass die zwei nicht zusammen ins Bad gehen würden, doch dass Genda nun bei ihm auftauchte, daran hatte er keinen Gedanken verschwendet. Sollte er halt sehen, ob er überhaupt noch in die Wanne passte, er würde ihm sicherlich keinen Platz machen. „Und? Hat sich die Dramaqueen wieder beruhigt?“ „Er sitzt mit Kidou auf dem Sofa, schaut irgendeine Soap und isst alle Snacks weg. Ich schätze also, nein, er hat sich nicht wieder beruhigt.“ Jetzt verstand Fudou auch, warum Genda hier war. Und umso weniger verstand er, warum Genda in erster Linie überhaupt so auf Sakuma stand. „Schlimmer als jedes echte Mädchen“, merkte Fudou genervt brummend an. „Ich versteh dich echt nicht. Was findest du überhaupt an ihm, so abgesehen von seinem Aussehen? Er ist zickiger als jedes Mädchen, er ist launisch, undankbar, unreif, verklemmt, ein peinlicher Groupie und ziemlich erfolgsgeil. Ich könnte jetzt noch ne ganze Weile so weiter aufzählen, aber nee...“ Genda antwortete nicht, weshalb Fudou die Augen öffnete und sich den irgendwie erbärmlich wirkenden Haufen Muskelprotz ansah, der wie ein begossener Pudel auf dem Hocker saß. Seine langen Haare waren ungewöhnlich platt, jetzt wo sie so übergossen an ihm herunterhingen. Dafür kamen seine breiten Schultern und sein Kreuz viel mehr zur Geltung. Die Pubertät meinte es gut mit ihm. „Du weißt es selbst, oder? Dass du was Besseres haben könntest? Bist ja nicht dumm – eigentlich. Bis auf die Nummer, bei der du Sakuma nachrennst.“ „Lässt sich leicht sagen, wenn man noch nie verliebt war“, merkte Genda an und irgendwie, so mit den hängenden Schultern und dem gesenkten Kopf, sah er dabei aus wie ein Häufchen Elend. Pure Verzweiflung am Ende eines langen Weges voller Abweisungen eben. Wenn das das Bild eines Mannes war, der verliebt war, dann war er froh drum, es noch nie gewesen zu sein. Und er wäre dankbar, wenn der Fall auch gar nicht eintreten würde. „Ich weiß, dass Sakuma nicht einfach ist, aber statt nur negative Punkte aufzuzählen, könnte ich dir genau so viel liebreizendes nennen.“ „Ist das eine Herausforderung? Ich finde zu jedem deiner liebreizenden Charakterzüge zwei abstoßende.“ „Kein Wettstreit, nur die Wahrheit.“ „Das sagst du, weil du ein verliebter Trottel bist. Dir hat sich die rosarote Brille total eingebrannt“, seufzte Fudou und hing müde von der Uneinsichtigkeit Gendas halb über dem Wannenrand. Jetzt ohnmächtig werden und dem Gespräch so zu entkommen, das wäre was. „Du versuchst ja nicht mal dich zu entlieben, dabei ist das die beste Möglichkeit, die ich für dich sehe. Dann kannst du dich auch endlich wieder auf deine Rolle als Ersatztorhüter kümmern. Weißt du eigentlich, wie leicht du es dem trainingsbesessenen Fußballfreak machst?“ Genda hob den Kopf, aufmerksam, wandte ihm das Gesicht zu. Fudou zog nur eine Augenbraue hoch – warum war doch gleich wieder Leben in den Torhüter gefahren? „Was?“, fragte er schließlich, klang dabei weder sauer noch verletzt, immerhin. Der Emo-Mode war Geschichte, so wie es aussah. „Soll ich das jetzt nochmal sagen?“ „Nein, schon gut. Du bist nur heute schon der Zweite, der das anspricht“, stellte Genda klar und fuhr sich mit der nassen Hand übers Gesicht, dann durch die Haare. Der Kerl sah echt fertig aus, musste Fudou feststellen. Dabei war Bankdrücken jetzt nicht das Schlimmste vom Schlimmen. Er selbst hatte öfter mal auf der Bank gesessen. Es wurmte ihn eigentlich nur dann, wenn die anderen elf Pfeifen auf dem Platz eine erbärmliche Leistung brachten und er genau wusste, dass er es besser können würde. Bei Genda allerdings... „Tja, muss wohl stimmen, würd ich sagen. Hör auf den Ratschlag von uns intelligenten Menschen.“ Es war klar, dass nur Kidou oder Gouenji dieses Thema angesprochen haben konnten. Endou war... Endou und Sakuma war viel zu selbstzentriert, um überhaupt zu merken, wie es Genda ging. Blieben also wirklich nur intelligente Menschen übrig. „Lässt sich leicht sagen. Endou ist der Torwart. Football Frontier gewonnen, die Football Frontier International gewonnen... Er ist Nationaltorhüter Nummer 1 und Kapitän. Ich bin nicht mal Nationaltorhüter, falls du es noch nicht bemerkt hast. Allein das Wissen darüber in den Köpfen des Trainers und der Mitspieler ist genug, um mich als zweite Geige zu sehen.“ „Bla, bla, hör auf zu heulen...“ Das war ja nicht auszuhalten. Erbärmlich. „So wird das sowieso nichts.“ Was waren seine ehemaligen Teikoku-Kollegen eigentlich für ein jämmerlicher Haufen? „Langsam verstehe ich, warum Kidou zu Raimon gewechselt ist. Hast du nicht selbst die Football Frontier gewonnen? Warst du nicht Teil eines Teams, das 40 Jahre am Stück Meister wurde? Wo ist dein Stolz geblieben? Sitzt da wie eine ausgesetzte Katze im Regen, die keiner mehr haben will.“ Fudou war übrigens kein Freund von nassen, ausgesetzten Katzen und er war auch nicht der Typ, der sie mit nach Hause nahm und aufpäppelte – auch in Gendas Fall nicht. Er war es nur einfach leid, dass diese Raimon-Freaks so hochgelobt wurden und immer allen die Show stahlen. Dagegen sahen die ehemaligen Teikoku-Spieler aus wie zweite Klasse. Er hasste das, weil er auch ein ehemaliger Teikoku-Spieler war und dieser Ruf auf ihn abfärbte. Genda und Sakuma trugen gerade ja richtig schön bei, sie in die Scheiße zu ziehen. Und das bei einer eigentlich elitären Schule. Genervt massierte sich Fudou die Stirn, bekam schon Kopfschmerzen von dem ganzen Mist – vielleicht war er auch einfach zu lang in der Wanne gewesen, aber egal. Genda trug in jedem Fall Mitschuld daran. Warum sah ihn der Torhüter jetzt an, als hätte er gerade erwähnt, die Erde sei eine Kugel, keine Scheibe? Große, ungläubige Augen fixierten ihn, er fühlte sich glatt angestarrt. „Nun glotz nicht so“, sagte Fudou genervt, während er sich hochdrückte und aus der Wanne stieg. Das Handtuch war schnell geschnappt und so trocknete er sich eher sporadisch ab, wickelte es dann um seine Hüfte. Genda fixierte ihn regelrecht mit dem Blick. Und er lächelte. Hatte er nicht gesagt, er solle nicht glotzen? „Wenn du weiterhin so abkackst, nehm ich das persönlich“, tönte Fudou noch, ehe er die Tür aufzog und hinaustrat. „Danke, Fudou.“ Als Reaktion bekam er nur ein Grummeln, dann schloss er die Tür hinter sich und ließ das verregnete Kätzchen allein zurück. „Ewwwwwwww, Fudou, zieh dir gefälligst was an!“ „Halt die Klappe, Sakuma.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)