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Der Sonnenbrand

Geschichte geht zu Ende.
von

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Prolog

Der Sonnenbrand
 

Vorab sage ich einfach mal: alles meines ;-)
 

Zum anderen geht es in dieser Geschichte um Inzest. Also jeder, der solche Vorgänge etc. für abnormal(was im allgemeinen nun ja auch stimmt) hält, sollte sich spätestens hier ausklicken. (Nicht das ich euch nicht gewarnt hätte!)
 

Prolog:
 

Langsam drehte ich mich Richtung Sonne. Sie war sehr grell und ich hob schützend meine Hand, um dann doch wieder Licht zwischen die geöffneten Finger zu lassen. Ich weiß, dass so etwas blind machen kann, aber ich habe schon immer gerne mit dem Feuer gespielt. Ich atmete tief ein und schloss die Augen wieder. Allmählich wurde mir doch warm. Ich stöhnte auf und drehte mich langsam wieder auf den Bauch. Ich betrachtete die rotkarierte Decke unter mir, die nun komplett in der Sonne lag. Vor zwei Stunden war dies noch nicht der Fall gewesen und obwohl er mich gewarnt hatte, wegen meiner leichten Sonnenallergie, hatte ich doch darauf bestanden, hier unser Picknick abzuhalten. Ich gab es nicht gerne zu, aber er hatte definitiv erneut Recht behalten. Ich fing langsam an zu grinsen und starrte weiter gedankenverloren auf die Picknick-

decke. Ein kleiner schwarzer Käfer krabbelte langsam über die rechte Ecke der Decke und bildete einen schönen Kontrast zu dem Rot. Allmählich wurde ich schläfrig und gähnte einmal herzhaft. "Bist du schon wieder müde." meinte er an meinem rechten Ohr. Bei seiner Stimme bekomme ich auch heute noch oft eine Gänsehaut. Ich fand es nur seltsam, dass ich nicht sofort seine Anwesenheit gespürt habe wie sonst meist und schloss daraus messerscharf, dass er sich angeschlichen haben musste. Plötzlich fühlte ich etwas Eiskaltes im Rücken. "Huh." kreischte ich. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass es sich lediglich um eine Flasche Limo handelte. Er hockte jetzt vor mir und grinste mich frech an. "Erst hatte ich ja überlegt dir direkt die Flasche auf den Rücken zu stellen, aber wie ich meinen kleinen Tollpatsch kenne, landet dann die teure Limonade schön auf dem Boden und das klebrige Zeug zieht dann in unsere neue Decke ein." Ich streckte ihm die Zunge raus und tat beleidigt, obwohl er wiederum im Recht war. Außerdem brauchte ich nur in seine schönen grünblauen Augen zu schauen, und ich verzieh ihm eh alles. Ich nahm ihm die Flasche ab und merkte beim Aufsetzen, dass mein Rücken derbe brannte. "Autsch!" Sofort war der verschmitzte Ausdruck aus seinem Gesicht verschwunden und ehe ich bis drei zählen konnte, inspizierte er meinen Rücken wie die Amis den Irak nach Kampfstoffen. "Süße, das sieht jetzt aber nach einem üblen Sonnenbrand aus." Wieder seine Stimme an meinem Ohr und das Brennen schien zumindest für kurze Zeit wie weggeblasen. Trotzdem wollte ich jetzt nicht komplett klein beigeben und kommentierte seine Untersuchungen: "Jawohl Herr Doktor!" Er packte mich und obwohl ich mich spielerisch wehrte trug er mich langsam aus unserem Garten Richtung Veranda. "Tztz. Immer musst du widersprechen und außerdem.. du hast ein paar Kilo zugenommen, oder? Uff.." Ich wuschelte ihm in den braunen Haaren herum. "Du bist echt doof." Ich war nicht wirklich schwer, aber der Weg durch unseren Garten war bestimmt nicht gerade kurz. Er grinste und setzte mich an der Veranda wieder herunter. "Noch einen Wunsch, My Lady? " Er macht vor mir einen tiefen Diener. "Aftersunlotion wäre jetzt klasse." Ich spielte das Spiel mit und setzte mich sehr vornehm auf einen der blauen Gartenstühle. "Und wenn Sie schon dabei sind, hätte ich gerne meinen Cocktail und wenn ich mir das Wetter so recht betrachte James, fände ich es besser, wenn Sie die Picknickutensilien auch noch ins Schloss tragen könnten." Bei dem letzteren Wunsch sah er in Richtung Himmel und nickte zustimmend. "Finde ich auch. Aber zuerst hole ich die Lotion. Sie sind in größerer Gefahr als das Picknickgeschirr. Glauben Sie mir, My Lady." Er küsste mir zärtlich die Hand und war auch schon im Haus verschwunden. Der Himmel wurde immer dunkler. Nach wohl etwas längerer Suche hatte er anscheinend wirklich die Lotion gefunden und stellte sie vor mich auf den Tisch. In diesem Augenblick kam ein ziemlich derber Wind auf. Er sprintete los und holte alle wichtigen Dinge, die noch im Garten verstreut lagen und ich sah ihm belustigt dabei zu.

"Boah.. du hättest mir ruhig helfen.. können." muffelte er etwas außer Atem. Ich grinste nur zurück. "Habe ich Ihnen das DU angeboten, James?! Außerdem bin ich schwer gefährdet, wie Sie selbst gerade feststellten." Ich deutete auf meinen geschundenen, roten Rücken. "Walten Sie Ihres Amtes." Er schmunzelte und begann vorsichtig die Lotion auf dem Rücken zu verteilen. Sie war sehr kalt und brannte auch etwas. "Aua!" knurrte ich. "Nun ja, wer sich in die Sonne begibt, wird auch verbrennen." Er schien fertig zu sein und begann an meinen Ohrläppchen zu spielen. Ich liebe das. Auf dem Vordach fielen die ersten dicken Tropfen. Ich liebe den Geruch und das monotone Geplätschers des Regens. Ich lehnte mich entspannt in meinem Stuhl zurück. "James, was tun Sie denn da!" meinte ich fast schon zahm, aber noch nicht ganz bereit, sein angefangenes Spiel zu beenden. Er umarmte mich fast stürmisch von hinten und ich hörte wieder seine Stimme an meinem Ohr. "Jule, irgendwann machst du mich noch wahnsinnig." In diesem Augenblick war die Luft wie zum schneiden und ich konnte wirklich nicht sagen, ob dies an dem schwülen Küstensommerregen lag oder daran, dass seine Hände langsam die Umarmung lösten und begannen unter mein Bikinioberteil zu wandern. Unter seinen Händen wurden meine Brustwarzen sofort steif. Wir standen auf und ich drehte mich um und endlich spürte ich seine Lippen auf meinen. Ich stöhnte erregt auf. Dieses Gefühl gab mir noch heute mehr als alles andere. Er setzte mich vorsichtig auf den Tisch und löste hinten, sehr geschickt, meinen Bikinioberteilverschluss. Er schaute mir erst tief in die Augen und ließ dann seinen Blick langsam über meinen Mund, meinen Hals bis hinunter zu meinen Brüsten gleiten. Ich hatte die Augen geschlossen und folgte seinem Blick im Geiste. Er hielt plötzlich inne, obwohl ich wusste, dass er auch mehr wollte, denn er roch sehr würzig. Er küsste mich wieder innig und diesmal schob er vorsichtig seine Zunge zwischen meine Lippen. Mitten in diesem wunderschönen Zungenkuss hörten wir beide dieses nervtötende Piepsen. "Oh nein. Nicht jetzt!" Mir war zum Heulen zumute. Er küsste mich schnell auf die Nase und war mit einem Schlag wieder von Wolke Sieben zum Alltag übergegangen. "Julchen, du wusstest doch, dass ich heute Notdienst habe und obwohl wir nun schon ne gewisse Zeit da sind, muss ich mir noch viele Freunde machen!" Er lächelte mich entschuldigend an und sah mir noch einmal tief in die Augen. Am liebsten wollte ich sofort in diesen Augen versinken. So gut auszusehen sollte verboten werden! Ich seufzte auf. "Ach Schatz, vielleicht ist es ja nur die alte Frau White, die wieder einen "akuten" Rheumaschub hat." In dieser Sekunde hätte ich besagte nette alte Lady am liebsten dahin gewünscht, wo der Pfeffer wächst.

Er schien meine Betroffenheit zu merken. " Schatz, wir holen das alles heute Abend nach. O.K.?" Er hob mein Kinn und blickte mir direkt in die Augen. "Es wird nicht das gleiche sein. Weißt du, es hat mich an unser erstes Mal erinnert." Er zuckte zusammen und ließ mich los, als hätte ich plötzlich einen ansteckenden Virus. In dieser Sekunde schoss der erste Blitz durch die Luft. Ich erschrak darüber, dass ich den Gedanken laut ausgesprochen zu haben schien, denn ich wusste, dass er sich ungern an diese Zeit zurückerinnerte und auch für mich barg sie sehr schmerzhafte Erinnerungen. Er wuselte etwas herum und hob dann mit einer geschickten Handbewegung mein zu Boden gefallenes Bikinioberteil auf. Ich schluckte.

"Sorry, ich wollte es nicht sagen. Aber ach.." Ich hätte am liebsten geheult. Er sah mich immer noch nicht an, sondern blickte wie hypnotisiert auf meinen Blumenbikini. "Haben sich Suse Und Mona in der letzten Zeit eigentlich gemeldet." Er fragte sonst nie danach und ich vermied es darüber zu reden. "Ja, Mona. Ist keine zwei Wochen her. Sie hat nur gesagt, das Papa immer noch fragt wo wir sind und das uns alle tierisch vermissen. Besonders Mama." Es herrschte Totenstille. Leider konnte ich nicht sehen, was er dachte oder fühlte, denn es war einfach zu dunkel geworden. "Lars?" Meine Stimme klang merkwürdig erstickt. Er reagierte nicht und ich begann zu weinen. Ich hasse es noch heute, wenn wir irgendwie über die Vergangenheit sprechen. Manchmal rede ich mir ein, das dass alles nur ein schlimmer Albtraum gewesen war. Doch wir wussten es beide besser. In diesem Augenblick donnerte es in der Ferne und Lars schien aus seinem Tagtraum zu erwachen und nun erst zu bemerken, dass mir dicke Tränen über die Wangen kullerten. "Jule ..ach scheiße." Er ließ die ausgestreckten Arme kraftlos sinken. "Ich muss los." Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte förmlich ins Haus. Ich kauerte mich auf einem der Gartenstühle zusammen und fühlte wie Kälte in mir aufstieg. Es vergingen einige Minuten bis er dann doch noch einmal in den Garten trat. Er nahm mich fest in die Arme. "Ach Julchen. Egal was alle denken und sagen. Ich liebe dich und an dem Tag als ich das erkannte, hab ich mich für immer in der Sonne der Erkenntnis verbrannt." Ich lächelte ihn ziemlich erbärmlich an und ich wusste nichts zu antworten als ihn innig und gierig zu küssen. Er verabschiedete sich und hetzte davon. Ich wusste, dass er in diesem Moment genauso verwirrt war wie ich. Und ich fühlte mich genau wie damals. Ich folgte ihm ins Haus und sah wie sein Auto von der Einfahrt abbog. Der Regen wurde immer fester und es blitzte nochmals. Ich legte meinen Kopf gegen die kühlende Scheibe. ,Du hast Recht Lars. Nur haben wir uns damals beide verbrannt, mein Bruder.'
 

Soo, das solls erstmal von meiner Stelle gewesen sein.

Wenn ihr es gut (oder auch schlecht) findet, schreibt mir ne ENS und/oder nen Kommi und wenns gewünscht wird, setz ich dann nach und nach die bereits fertigen Kapitel (Prolog+4 Kapitel) Online und schreib weiter.
 

Mfg eure Time1981

Kapitel 1

Kapitel 1
 

Wie alles begann, kann ich euch heute nicht mehr sagen. Vielleicht mit Lars Umzug nach Münster und meiner daraus resultierende Einsamkeit in unserem spießigen Dorf. Niemand hat mich je besser verstanden und gekannt als Lars. Als er damals wegging um Medizin zu studieren, war ich gerade im vorletzten Jahr der Oberstufe. Vielleicht war es aber auch, als ich wegen meines damaligen Freundes Marc auch nach Münster gewechselt habe. Heute bin ich mir manchmal nicht mal sicher ob ich es in Wirklichkeit nicht auch schon wegen Lars getan habe und das obwohl wir in den 5 Jahren davor immer versucht hatten uns tunlichst aus dem Weg zu gehen. Nein, wenn ich ehrlich sein soll hat es wohl schon viel früher angefangen, dass ich merkte, welche Gefühle mein eigener Bruder in mir weckte. Doch wie auch er habe ich es erfolgreich verdrängt bis auf diesen einen schicksalhaften Abend kurz bevor er endgültig weggezogen war. Später hat er mir erklärt, dass er unbedingt in Münster studieren wollte, weil er nicht weiter mit mir zusammensein konnte, ohne dass etwas passiert war. Ich selbst habe damals noch nicht wirklich gewusst, dass ich nicht fühlte wie man eigentlich für einen Bruder fühlt.

Mit dem schicksalhaften Abend meine ich seinen Tag X. Ich hatte gerade meinen Führerschein gemacht, und mitten in der Nacht klingelte bei mir mein Handy. Ich sah verschlafen auf die Uhr. 3.00 Uhr. ,Egal welcher Spinner das jetzt ist, aber ich glaube ich kriege gleich eine Krise!' Erst wollte ich es Klingeln lassen, doch als es ewig weiterschellte, guckte ich dann doch einmal auf das Display. Als ich den Namen Lars erkannte, war ich fast erschrocken. Es war überhaupt nicht die Art meines Bruders, nachts Leute aus dem Bett zu holen. Schnell ging ich dran und ich erinnere mich noch heute, dass mein Herz mir bis zum Halse schlug. " Lars was ist denn?" "Jule ..bis du das.." Mein Bruder schien schwer zu lallen. Ich erinnerte mich an das Datum und wurde schlagartig stinksauer. "Lars spinnst du! Es ist 3.00 Uhr nachts! Ich will pennen!" Es gab eine etwas längere Bedenkpause und mir tat es schon fast leid, dass ich ihn so angefahren hatte. "Jule..bitte..ich..boah..mir geht's voll mies..und *hick*.. wenn ich Pa wachklingle..töten.." Er schien seiner Stimme nicht mehr ganz mächtig zu sein. Ich saß jetzt senkrecht im Bett. "Lars hörst du mich?! Wo bist du?" Und ohne weiter nachzudenken, denn ich kannte meinen Dad wenn er wirklich richtig sauer war, fügte ich hinzu: "Ich hol dich ab." Wieder eine endlose Pause. "Jule..an alte Scheune..danke..ich..ich.." Er brach wieder ab und legte einfach auf. Ich sprang sofort aus dem Bett und schmiss mich schnell in die Sachen vom Vortag. Ich war zwar stinksauer usw. aber ich hatte auch Angst um meinen Bruder, denn die Gegend lag direkt an einem Hang und bei seinem Zustand könnte das ganz böse enden. Ich beeilte mich noch mehr. Es gab plötzlich nur noch Lars. Ich schnappte mir meine Jacke, zog Schuhe an und griff nach meinem Autoschlüssel, den Paps mir vor ein paar Tagen gegeben hatte. Dann huschte ich langsam die Treppen hinunter und schlich vorbei am elterlichen Schlafzimmer. Meine Mutter hatte schon immer einen sehr leichten Schlaf, und so bemühte ich mich, auch die Tür sehr leise ins Schloss fallen zu lassen. Das Auto starten ging natürlich nicht ganz ohne Geräusche ab, doch ich atmete auf als ich merkte, dass bei meinen Eltern nicht sofort das Licht anging. ,Glück muss man haben.' jubelte ich innerlich. Die nächsten 15 endlosen Minuten gurkte ich ein paar Landstrassen lang. Als ich an der Scheune ankam schien niemand da zu sein und mein Herz schlug mir wieder bis zu Hals. Zum einen weil ich Lars nicht finden konnte und zum anderen weil ich mir meiner einsamen Lage sehr wohl bewusst war. Alle anderen schienen schon abgerauscht zu sein und nur Lars Wagen stand noch neben der Scheune. ,Toll, haben ihn seine "tollen" Freunde mal wieder vergessen.'

Plötzlich hörte ich ein Geräusch hinter mir und meine Knie begannen zu zittern. Dann fasste jemand nach meiner Schulter und ich war kurz davor zu schreien. "Jule..ich..*hicks* wusste das kommst." Ich drehte mich um, gerade noch rechtzeitig um ihn zu stützen. Ich schleppte ihn fast alleine zum Auto und schimpfte die ganze Zeit mit ihm. Es war sonst nämlich überhaupt nicht seine Art, sich so hemmungslos vollaufen zu lassen. Auf der Landstrasse mussten wir noch dreimal anhalten, weil ihm schlecht wurde, und ich betete inständig, dass er nicht in Vaters Auto kotzen möge. Zuhause half ich ihm in seinen Keller und stellte fest, dass er augenscheinlich nicht gerade stehen konnte. "Da hilft wohl wirklich nur noch die nasse Variante." grinste ich, denn ein wenig Strafe, neben den Kopfschmerzen morgen, sollte er doch haben. Ich half dem torkelnden Lars ins Bad und stellte ihn in voller Montur unter die Dusche. Als er sich immer noch nicht wirklich rührte, drehte ich das Wasser auf eiskalt und sofort begann er verächtlich zu schnauben. Aber es half und er wurde allmählich etwas klarer. Alles andere wäre bei unserem Vater am nächsten Tag auch nicht gut angekommen. Sein Sprichwort lautete immer: "Wer bis spät feiern kann, muss auch früh hochkommen können." Und ich war mir ziemlich sicher, dass mein Bruder lieber von mir gepiesackt werden wollte, als von unserem Vater. "Danke Jule." brachte er nun hervor. Ich grinste ihn schief an und drehte das Wasser ab. "Ist das alles?" Ich meinte das damals eher als Witz, doch für Lars muss es in dieser Sekunde wie ein Vorwurf geklungen haben. Lars sonst meist verschlossener, leicht verträumter Gesichtsausdruck versteinerte. Mühsam richtete er sich auf und guckte mir dabei tief in die Augen. Sein Gesicht kam meinem immer näher. Ich kann mich heute nicht mehr daran erinnern, warum es mich nicht total ekelte, denn er hatte sich bis kurz vorher noch mehrmals übergeben und er muss sehr nach Alk gerochen haben. Ich glaube, das war der Augenblick in dem ich verstand, dass es nie einen anderen Jungen für mich geben würde. Er strich mir etwas unbeholfen über die Wange und flüsterte: " Julia, ich danke dir." Ich spürte seinen Atem an meiner Wange und ich schloss die Augen. Mich hatte vorher noch nie jemanden geküsst, außer Lars als wir noch Kinder waren und Heiraten gespielt hatten. Tausend Dinge gingen mir durch den Kopf. Erinnerungen, Gefühle und vor allem Angst vor dem, was jetzt passieren würde. "Julia..ich.." Ich dachte erst, dass seine Stimme wieder abbrach, doch dann sprach er weiter." Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Bitte verlass mich nicht." Er nahm mein Gesicht in seine Hände und es fühlte sich unheimlich warm an. Ich öffnete die Augen und bemerkte das erste Mal, dass er blaugrüne Augen hatte. Ich war schrecklich verwirrt und begann zu weinen. Ich verstand selbst nicht, aber der Abschied schien plötzlich so nahe zu sein. "Aber Lars, du gehst doch soo weit weg!" Das war nun wirklich ein Vorwurf, aber ich nahm seine rechte Hand in meine, die sofort zu glühen begann. Lars nahm mich in den Arm und wir beide vergaßen, dass er noch ganz nass war. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir so gesessen haben. Irgendwann stützte er sich etwas von mir ab, um mir ins Gesicht gucken zu können. "Geht es wieder?" Im Nachhinein betrachtet, war seine Frage äußerst süß, denn eigentlich hatte er ja das Gefühlschaos bei mir erst ausgelöst. Damals war ich aber zu verwirrt, um das zu erkennen. Ich nickte und schniefte kurz auf. In diesem Augenblick muss ich wohl sehr schlimm ausgesehen haben und ich sah die Angst und Fragen in Lars Augen. Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch ich legte ihm meinen Zeigefinger darauf. "Nichts sagen, bitte." Und er sagte nichts, denn in diesem Augenblick beugte sich mein Bruder vor und gab mir einen langen, leidenschaftlichen und innigen Kuss, der mir den Atem raubte. Erst war ich geschockt, doch dann öffnete ich sogar meinen Mund für seine Zunge, die um Einlass bat. Mein Herz pochte so laut, dass ich dachte, es würde gleich zerspringen. Doch nichts geschah, außer das sich der Kuss in die Länge zog. Sein Kuss wurde immer fordernder und seine Hände verfingen sich in meinen langen braunen Haaren. Irgendwann begann er in meinem Mund zu stöhnen und in der nächsten Sekunde erschrak er schrecklich. Ich wollte fragen was los ist, doch er sprang auf und zog mich aus seinem Bad und schloss sich dann ein. Nun war ich vollends durcheinander und als er auf meine Fragen nur irgendwann mit einem: "Ich will dich nie wiedersehen!" antwortete, war ich tief verletzt und lief auf mein Zimmer. Später hat Lars mir erzählt, das er sonst über mich hergefallen wäre.
 

Soo, das erste Kapitel, wie versprochen. ;-) Und wieder fleissig Kommis schreiben..

Kapitel 2

Zweites Kapitel
 

An den Morgen danach kann ich mich nur noch sehr verschwommen erinnern. Lars kam den halben Tag nicht aus seinem Keller, und ich fühlte mich so hundselend, dass ich im Laufe des Nachmittags derbe Kopfschmerzen bekam und mich in mein Bett legte. Alles um mich herum schien sich zu drehen. Irgendwann fiel ich in einen traumlosen Schlaf. Plötzlich berührte mich etwas am Oberarm und ich schreckte auf. Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte ich, dass der Störenfried mein Bruder Lars war. Er saß leicht geknickt am Rand meines Bettes. Sofort drehte sich wieder alles in meinem Kopf und mein Hals wurde trocken. In Zeitlupentempo schaltete ich meine Nachttischlampe an, denn inzwischen war es draußen bereits dunkel. Ich warf einen schnellen Blick auf meinen Radiowecker. 0.30. "Sag mal, wird das jetzt Mode bei dir andere Leute mitten in der Nacht aus dem wohlverdienten Schlaf zu holen?" maulte ich rum. Er sah nun auf. "Nein, ich wollte mich noch mal für gestern Abend bedanken und dafür, dass du Paps nichts gesagt hast. Ich habe heute mit Freddy noch den Wagen abgeholt. Gott sei Dank hat Dad nichts davon gemerkt, weil ich ihn immer auf der Rückseite des Hauses parken muss. Meist ist das ja echt nervig, aber diesmal war's echt praktisch." Ich war mehr als verwundert. "Und um mir das zu erzählen weckst du mich mitten in der Nacht?!" ,Und ich dumme Pute hatte echt gedacht, dass er mit mir wegen gestern Abend reden will!' Er sah mich weiter unverwunden an. "Nicht nur. Ich wollte mich auch für mein ganzes Benehmen gestern entschuldigen." Schnell fügte er hinzu. "Ich kann mich zwar an nichts erinnern, aber ich hab mich bestimmt nicht so wirklich gut aufgeführt." Mir schossen fast die Tränen in die Augen und ich schluckte hörbar. Ich fühlte mich ziemlich dreckig und sogar etwas benutzt. Erst küsst er mich und dann erinnert er sich an nichts mehr. ,Wie praktisch!' dachte ich sarkastisch. "Naja, ging wohl. Aber jetzt würde ich gerne schlafen, weißt du. Ich muss echt Schlaf nachholen." Ich glaube es klang sehr ungehalten und er sprang sofort auf und meinte nicht weniger patzig: "Na schön. Ich wünsche Madame noch eine geruhsame Nacht!" Er stapfte aus dem Zimmer und knallte ziemlich laut die Tür hinter sich zu. Ich kann mich nicht erinnern auch nur noch eine Sekunde kostbaren Schlaf in dieser Nacht bekommen zu haben.
 

Der Regen wurde immer derber und ich entschloss mich schnell auch noch die anderen Sachen unter die Veranda zu stellen.

Danach wollte ich noch in meinem neuen Buch weiterlesen, doch ich fand nicht wirklich Ruhe. Nachdem ich den ersten Satz seit Beginn ungefähr das 10te Mal anfing, akzeptierte ich diese Tatsache und wendete mich dem Fernsehen zu. Auch nach Jahren in England kann ich auch heute noch sagen, dass die Briten, zumindest was ihre Comedy betrifft, den Deutschen immer noch haushoch überlegen sind. Es lief eine Wiederholung von Fowlty

Towers aus den 70ern und ich war wirklich für einige Minuten abgelenkt und sah Herrn Fowlty beim Abdrehen zu und musste sogar herzhaft lachen. Mein Gefühlswirrwarr legte sich langsam wieder, auch wenn ein gewisses Unwohlsein blieb. Ich denke mal, dass ich dieses Gefühl immer habe und hatte, doch es gibt eindeutig Tage und Wochen wo es weniger ausgeprägt zu sein scheint und doch steckt es in mir wie ein Splitter, den ich in mir trage. Ich nenne das mein Gewissen. Es sagt mir immer wieder, wie falsch das alles ist und das sowohl einfach, als auch besser wäre, sofort meine Sachen zu packen und zu verschwinden. An solchen Punkten weiß ich, dass wir bis an's Ende der Welt flüchten könnten und trotzdem wüssten wir immer noch, wie falsch dies alles doch ist. Suse sagt zwar, dass allmählich alle akzeptiert hätten, das wir zusammen waren, aber haben wir oder vielmehr habe ich es akzeptiert? Lars ist mit diesem Gefühl immer besser fertig geworden und doch weiß ich, wie sehr es ihn trotzdem quält. Ich stöhnte auf. ,Ablenkung wäre jetzt wirklich das Richtige!' Ich überlegte nicht lange und entschloss mich den liegengebliebenen Abwasch zu erledigen. Eigentlich war Lars dran, doch durch die Unterbrechung war er wohl nicht mehr dazu gekommen. Ich ließ langsam Wasser ein.
 

Die Wochen vor Lars' Abitur zog ich mich immer mehr in mein Schneckenhaus zurück und ging ihm aus dem Weg. Das war freilich nicht wirklich schwer, denn Lars lernte wie ein Besessener für sein Abi und wenn er mich sah, kam eh nicht mehr als ein muffliges Hi. Ich wurde nicht einig mit mir ob ich mich nun freuen sollte, dass er von seiner perversen Schwester wegkam oder ob ich ihm nicht einfach sagen sollte, warum ich mich so verhalten hatte. Meine Mutter verstand die komplette Situation falsch und dachte an einen derben Streit der wegen dem Spüldienst, den ich während seiner Klausurenzeit übernommen hatte, ausgebrochen war und zwang ihn und mich zu einer Aussprache bei genau dieser Tätigkeit. Keiner von uns beiden schien wirklich glücklich über diese Zusammenkunft und ich fühlte mich äußerst unwohl neben ihm in dieser kleinen Küche zu stehen. Man musste sich schon fast berühren. Auf der einen Seite klopfte mein Herz bis zum Hals, dass ich ihn so "ganz aus Versehen" berühren könnte und zum anderen gab es nichts mehr wovor ich Angst hatte. Nach dem Abendessen verabschiedeten sich meine Eltern und ich konnte durch das geöffnete Küchenfenster hören, wie sie draußen selbstsicher zu meinem Vater sagte: " Siehst du Herbert, die beiden spülen jetzt etwas und sprechen sich nebenher mal richtig aus." Mein Vater nickte nur, als beide ins Auto stiegen und langsam wegfuhren. Ich hörte die Schwingtür hinter mir, und ich hätte am liebsten die Flucht ergriffen. "Na, hat sie wieder über ihre überaus pädagogischen Wege zur Kindererziehung gesprochen?" grinste mein Bruder und deutete auf das geöffnete Fenster. Ich freute mich darüber, dass er bessere Laune zu haben schien und lächelte. "Schön, dass du nicht mehr auf mich sauer zu sein scheinst." Mein Bruder musterte mich von oben bis unten und ich lief rot an. "Mhmm.." grummelte ich etwas verlegen und drehte mich schnell Richtung Spülbecken und begann den Abwasch zu machen. Er nahm neben mir Stellung ein, um Abzutrocknen und obwohl ich mir sicher war, das er gemerkt haben musste, dass ich mich fühlte wie eine Tomate kurz vor der allgemeinen Erntezeit, sprach er mich nicht darauf an. Lars stellte Musik an und wir begannen uns ganz normal zu unterhalten, was wir in den letzten Wochen so erlebt hatten und dass er am nächsten Dienstag seine Bio-LK-Klausur schreiben müsste. Allmählich entspannte ich mich auch innerlich, indem ich mir erfolgreich einredete, dass das neben mir mein Bruder Lars war, den ich schon mein ganzes Leben kannte. Ungefähr nach dem zehnten Glas wurde im Radio plötzlich "Maniac" gespielt, und eigentlich wäre ich bei diesem Lied sonst nicht zu halten gewesen, doch an diesem Tag hatte ich logischerweise große Hemmungen vor Lars zu tanzen. "Hey Jule, das ist doch eins deiner Lieblingstanzlieder. Komm tanzen." Ich hielt mich am Becken fest und schaute starr nach draußen in die Dunkelheit. "Mhmm, ich weiß nicht.." Lars gab sich aber nicht so einfach geschlagen. "Nun komm schon. Was ist denn los mit dir? Sonst hast du doch auch immer mit deinem großen Bruder getanzt. Außerdem bin ich echt schon eingerostet und für den Abiball muss ich doch wieder fit sein, Schwesterlein. BITTE!" Er machte vor mir einen Kniefall, und obwohl ich es besser hätte wissen müssen, ließ ich dann doch erweichen und von ihm ins Wohnzimmer schieben. Schon als kleine Kinder hatten wir hier immer getanzt, aber das letzte Mal musste mindestens sechs Jahre her gewesen sein. Die nächsten zwei Minuten verbrachte ich fast wie in einem Rausch und ich denke, Lars ging es nicht anders. Erst tanzten wir noch ganz normal, doch irgendwann nahm er meine Hände und wir drehten uns sehr schnell im Kreis, wie wir es schon als Kids getan hatten. Irgendwann fiel ich über Dads unachtsam hingestellter Aktenkoffer und landete etwas unsanft auf dem Boden.
 

"Jule, Jule. Tollpatschig wie eh und je." Er streckte mir eine Hand entgegen und wollte mir aufhelfen. In dieser Sekunde tat ich etwas, was ich lieber nicht gemacht hätte, denn ich zog ihn zu mir runter. "Wer ist denn hier der Tollpatsch, hehe?!" witzelte ich zurück. Wir begannen eine wilde Balgerei auf dem Boden und irgendwann lag ich aussichtslos festgenagelt unter meinem Bruder. "Hey, lass mich raus!" maulte ich etwas ungehalten und außer Atem. "Nix da! Erst wenn du sagst, dass ich gewonnen habe!" Auch er keuchte ein wenig. Ich ließ nur ein verachtendes "Tz" von mir hören, um dann nichts mehr sagen und einfach die Augen zu schließen. Mir fiel in diesem Augenblick auf, dass er mit seinem Becken direkt auf meinem saß, und diese Tatsache ließ mich definitiv nicht kalt. Plötzlich begann er mir über meine rechte Wange zu streichen und ich öffnete schnell die Augen. Sein Mund war nur noch ein paar Millimeter von meinem entfernt, und ich spürte wie vor ein paar Wochen seinen Atem an meiner anderen Wange. Wie in Trance starrte ich auf seinen halbgeöffneten Mund und fragte mich wie, es sein würde ihn jetzt zu küssen. Er setzte dazu an etwas zu sagen, doch ich war schneller und küsste ihn vorsichtig auf den Mund. Mein Bruder zuckte zwar im ersten Moment zurück, aber dann küsste er mich aus voller Leidenschaft zurück. Erst ganz vorsichtig und dann immer fordernder. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, und ich ließ langsam meine Hände über seinen Körper wandern. Erst über den Rücken, dann über den Po und dann langsam am Becken entlang Richtung Oberschenkelinnenseite. Er stöhnte mehrmals laut auf und küsste mich immer gieriger. Ich berührte ihn daraufhin ganz zart an seinem Geschlecht, das sich unter den engen Jeansstoff abzeichnete. Er stöhnte laut und riss die Augen weit auf. Vor lauter Schreck nahm ich sofort meine Hand zurück und starrte ihn verängstigt an. "Alles OK mit dir?" Diese Frage schien ihn wieder zur Besinnung zu bringen und er sprang auf. "Ob alles O.K. ist?! Ich mache hier mit dir rum und du fragst mich ob alles O.K. ist?!" Er rannte durch das Zimmer wie ein Irrer und wiederholte immer wieder meine Frage. Ich blickte ihn geschockt an und zitterte am ganzen Leib, denn ihn so aufgelöst zu sehen machte mir wirklich Angst. Irgendwann blieb er dann doch stehen und sah zu mir auf. "Nichts ist mit mir, O.K.?! Gar nichts!" Die letzten Worte waren eher geschrieen. In dieser Sekunde schossen mir die Tränen in die Augen, und ich fühlte mich tierisch alleine und verletzt. "Weißt du was?! Du weißt auch nicht mehr was du willst!" Ich stand schnell auf, rannte an ihm vorbei und sah mich erst am Türrahmen noch mal um. Mein Bruder starrte immer noch wie versteinert auf die Stelle, an der wir uns gerade noch geküsst hatten. "Ich hasse dich!" Ich brüllte es mit aller Kraft, die mir noch geblieben war, aber es klang eher wie ein sehr erbarmungswürdiges Krätzen. Er drehte sich schnell um und versuchte mich in den Arm zu nehmen, doch ich riss mich los und stolperte in Richtung Treppe. Dort holte er mich ein und versuchte noch mal mich am Arm festzuhalten, doch ich schlug ihm mit aller Kraft mit der flachen Hand ins Gesicht und er ließ von mir ab. Heute weiß ich, dass es falsch war, denn er war eigentlich genauso verwirrt wie ich auch, doch in dieser Sekunde wollte ich einfach nur noch weg von ihm. Ich nahm die Beine in die Hand und stürzte in mein Zimmer, wo ich direkt die Tür verschloss.

Ich zitterte am ganzen Leib und taumelte zum Bett. Dort legte ich mich hin, zog die Beine an und heulte hemmungslos. Unten blieb es eine sehr lange Zeit still, bis jemand begann abzuwaschen. Ich vermutete Lars, denn den Wagen meiner Eltern hatte ich noch nicht gehört.
 

Draußen donnerte es wieder. Ich zuckte zusammen, zog die letzte Tasse durch das Spülwasser und trocknete sie dann ab.

Bei einem Blick durch das Fenster musste ich feststellen, das es immer noch in Strömen goss und die Küchenuhr zeigte mir 19.00 Uhr an. Sein Job in der Notaufnahme nahm nun mal keine Rücksicht auf die Beziehung. Ich stöhnte auf und überlegte, wie ich noch die Zeit totschlagen könnte. Im Geiste ging ich unser kleines Cottage ab. Die Küche war nun fertig, das kleine Wohnzimmer war zwar etwas unaufgeräumt, aber ich fühle mich in diesem geordneten Chaos wohl. Das Gäste-WC und das Bad hatte ich erst gestern gründlich geputzt. Egal wie unordentlich man ist, ein Badezimmer sollte immer sauber sein. Diesen Spruch hatte meinen Mutter immer gebracht, wenn sie uns beide zum Badsaubermachen verdonnerte. Ich schmunzelte bei dem Gedanken, schüttelte ihn aber sofort wieder ab. , Ich könnte den Kleiderschrank mal aufräumen!' schoss es mir durch den Kopf. Gesagt, getan. Im nächsten Augenblick öffnete ich meinen alten Kleiderschrank, den ich seit Kindertagen besaß. Nach dem letzten Umzug waren noch einige Abschürfungen mehr dazugekommen. Damals waren wir so schnell aufgebrochen, dass alle Gegenstände etwas gelitten haben. Ich fuhr gedankenverloren über eine Schramme, als wollte ich den Schrank trösten, vielleicht aber auch mich selbst. Irgendwann begab ich mich dann doch noch ans Ausräumen und Ausputzen. Nebenher räumte ich wieder mal einige Klamotten aus, die ich schon seit Jahren nicht mehr getragen hatte. Ich lasse mir dabei immer sehr viel Zeit, denn es macht mir jedes Mal aufs Neue klar, dass ich weniger Sachen benötige, doch bis zur nächsten Shoppingtour sind alle guten Vorsätze wieder vergessen. Lars lacht oft über mich. Plötzlich fiel mir mein Abiballkleid in die Hände und mein Lächeln erstarb. Ich hatte es nur zweimal getragen. Einmal auf meinem eigenen Abiball, dessen Erlebnisse immer mehr verblassten, zumal Lars nicht angereist war und dann auf seinem Abiball. Meine Finger zitterten bei diesem Gedanken, ich hielt mir das Kleid an und guckte verträumt in den Schrankspiegel.
 

Sooo..das ist dann das zweite Kapitel. Naja, ich finds gut, das ich mit so'ner schwierigen Story so viele Leutchen anspreche, aber nun werd ich nur noch halbwöchig oder so die Kapitel reinsetzen können, weil ich ziemlich viel arbeiten muss und noch eine Unihausaufgabe auch mich wartet.;-/ Bin jetzt bei Kapitel 5 angefangen zu schreiben und dann wird es eh länger dauern. Aber nicht traurig sein, die Kapitel werden immer länger. Gehört zum Stil dieser Geschichte. Nähere Vergangenheit= mehr Erinnerungen.;-) Ich hoffe ihr findet die beiden Handlungstränge nebeneinander nicht zu kompiziert.

Kapitel 3

Hi!

Ich habe 2 gute und eine schlechte Nachricht für euch:
 

Die schlechte Nachricht: Ich kann die nächsten 1 1/2 Wochen nichts On stellen, weil ich arbeiten muss und nichtmal hier bin.
 

Die guten Nachrichten:

1.) Dieses Kapitel ist sehr sehr lang.

2.) Fänd ich es klasse, wenn die Leute unter euch die Zeichnen können, mal Lars und Jule zeichnen könnten und mir es zuschicken würden. ;-) Imogen_@web.de ist meine Addy.
 

Das Kapitel widme ich mal meinem Freund, weil der arme Junge in der letzten Zeit soviel Korrektur lesen musste.;-)
 


 

3. Kapitel
 

"Jule, bist du bald fertig?" rief meine Mutter ungeduldig von unten. ,Ja, fix und fertig!' murmelte ich leise und schluckte hörbar. Seit der Spülaktion waren 3 Wochen vergangen, und wir hatten seither kein Wort mehr miteinander gewechselt, sowohl meine Mutter als auch mein Vater uns andauernd fragten, was los sei. Einmal hatte Paps Lars sogar angeschrieen, aber mein Bruder war stur geblieben und schob vehement alles auf den Abistress. Mama hingegen versuchte ihr Glück dann eher bei mir, doch auch bei mir biss sie sich die Zähne aus. Das letzte was ich wollte, war eine Moralpredigt von meiner Pädagogenmutter. Sie hing meist in ihrem Arbeitszimmer und schrieb ihre schlauen Bücher über Kindererziehung, doch bei ihren eigenen Kinder lief sie mit Scheuklappen durch die Gegend. Ein Blick auf meinen Radiowecker verriet mir, dass es schon kurz nach 18.00 Uhr war. Ich hatte nicht mal angefangen mich umziehen und hockte mit nassen Haaren auf meinem Bett. Ich hatte mehrmals versucht, mich aus der Sache mit dem Ball rauszureden, doch wegen spontanen pädagogischen Bemühungen meiner Mutter, war nichts daraus geworden. Irgendwann raffte ich mich dann doch auf und begann mich zu stylen. Ich entschied mich für mein neues, schwarzes bodenlanges Kleid, legte meine Goldkette an und warf mich dann doch noch so richtig in Schale. ,Wenn ich schon mit muss, dann soll er genauso leiden, wie ich!' dachte ich trotzig, als ich mich zufrieden im Spiegel besah. Mein Blick fiel beim Rausgehen noch einmal auf die Kette. Lächelnd dachte ich daran, wie Lars sie mir zu meinem sechszehnten Geburtstag geschenkt hatte.
 

Damals hatte er mich grinsend von meinen Onkeln und Tanten weggezogen und als wir im Garten standen, bat er mich die Augen zu schließen. Damals hätte ich schon merken müssen wie viel ich für ihn empfand, dass sich in meinem Körper eine wohlige Wärme ausbreitete. Als ich die Augen öffnete stand er schmunzelnd vor mir und blickte mich mit einem seltsamen Ausdruck in seinen Augen an. Ich hielt diesem Blick nicht lange stand und fummelte aus Gewohnheit an meinem Hals herum. Nun bemerkte ich erst, dass ich etwas um besagtes Körperstück trug. Ich rannte ins Bad und sah im Spiegel die Goldkette. Erst war ich etwas skeptisch und nuschelte mir in den nicht vorhandenen Bart: " Mhmm.. sieht vielleicht etwas prollig aus.." "Warte ab bis du zum Achtzehnten noch 'nen Anhänger dran bekommst, dann wird das bestimmt super süß aussehen." Ich zuckte zusammen, denn ich hatte nicht bemerkt, dass er im Türrahmen stand. Ich drehte mich um und drückte ihn innig. Mein Bruder erwiderte die Umarmung, küsste mir auf die Stirn und wie versprochen bekam ich zu meinem Achtzehnten einen kleinen tropfenförmigen Anhänger.
 

Ich fasste mir über die Kette und mir zitterten die Beine. Wir hatten so viele schöne Erinnerungen und nun war alles irgendwie anders geworden. Ich strich mir schnell über die Haare und wirbelte die Treppe herunter, wo mich meine ungeduldigen Eltern erwarteten. "Schön, dass es die Dame auch geschafft hat zu uns zu stoßen!" stellte mein Vater sarkastisch fest. "Aber dein werter Bruder toppt alles! Immerhin geht es hier um seinen Abiturball!" Diesmal brüllte er lautstark in Richtung Kellertreppe, auf der in der nächsten Sekunde mein Bruder erschien. Alle meine Vorsätze, ihn von oben herab zu behandeln, waren wie verraucht als ich ihn von oben bis unten musterte. Er trug einen modischen Nadelstreifenanzug und ein langes weißes Hemd, welches er außerhalb der Hose trug. "Bist du immer noch nicht ganz angezogen?!" fragte mein Vater gereizt. "Herbert, Schatz, das muss so." versuchte meine Mutter die gereizte Stimmung etwas zu entschärfen und schritt Richtung Tür. Ich hingegen starrte einfach nur noch meinen Bruder an. Dieser wurde unter meinem Blick sichtlich nervös und für sich durch seine halblangen Haare. "Passt irgendwas nicht?" Nun konnte ich erst wieder meinen Blick abwenden. "Nein, nein.. mhmm.. du siehst wirklich gut aus." Schnell senkte ich den Blick. Er hingegen schien sich wieder gefangen zu haben und kommentierte mein Kleid nur sehr knapp: "Sieht auch ganz nett aus." Das Nett bohrte sich tief in meine Magengegend. Mein Vater riss mich aus meinen Gedanken. "Schön das ihr euch diesen Moment zum Wieder-Miteinander-Reden ausgesucht habt, aber wir müssen wohl leider los Leute!" Lars lief vor mir her und ich schielte schon fast, um ihn nicht zu auffällig anzuhimmeln. Der Anzug umschmeichelte sanft seine Schwimmerfigur. ,Wieso muss gerade mein Bruder Aussehen wie ein männliches Unterwäschemodell?!'

überlegte ich im Stillen. Mein Vater haute ungehalten auf das Autodach seines BMW. "Jule, nun träum nicht rum und steig endlich ins Auto!" Mein Bruder machte einen Diener und half mir in den Wagen. Sonst hätte er mich jetzt angelächelt und wir hätten unseren Heidenspaß gehabt. Doch nun war alles anders und die Fahrt bis zum Festsaal würde ich mit außerordentlich bedrückend umschreiben.
 

Lars würdigte mich keines Blickes und vermied es auch nur, mich am Arm zu berühren während mein Vater in einem Affenzahn über eine kurvige Landstrasse fuhr. Meine Mutter versuchte ihn zu beruhigen, doch mein Vater murmelte die ganze Zeit etwas a la: "Nicht zu Fassen, diese Blagen von heute!" und "Kleine Kinder, kleine Sorgen.." ,Wenn du wüsstest wie groß die Sorgen wirklich sind!' kommentierte ich seinen Spruch stumm und atmete tief ein. Mein Vater fasste dies als stillen Protest seine Sprüche auf, blickte mich wütend im Rückspiegel an und fauchte: "Julia, halt dich ja zurück! Wegen euch haben wir nun diesen Stress!" Plötzlich hörte ich von der Seite: "Papa, nun lass sie doch in Ruhe! Wir sind nicht wegen ihr so spät dran, sondern wegen mir!" Ich merkte wie mein Erzeuger langsam rot im Gesicht anlief. "Lars, halt dich mit deinen Kommentaren zurück, sonst.." Er hob drohend den Finger. " Aber Papa.." versuchte Lars wieder anzusetzen. Schnell kniff ich ihn in die Seite. Lars verstummte augenblicklich und blickte vorsichtig in meine Richtung. Ich kann heute noch nicht beschreiben, wie dies mich in diesem Moment elektrisierte. Doch dann schaute er schnellstmöglich wieder weg und behandelte mich erneut wie Luft.
 

Am Festsaal angekommen, sprang Lars sofort aus dem Auto und war in der Menschentraube verschwunden. Mir schossen die Tränen in die Augen, als Paps meine Mutter und mich jeweils bei sich einhakte. Sonst hatte mein Bruder mich immer zu solchen Anlässen begleitet. Vater kommentierte seinen Auftritt mit unmöglicher Bengel und bezahlte an der Kasse. Meine Mutter

redete währenddessen mit einer Nachbarin und ich fühlte mich sehr einsam und verschränkte die Arme am Körper. " Hallo

Julia. Du siehst ja richtig verloren aus." hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir sagen. Ich drehte mich widerwillig Richtung der Stimme um. Vor mir stand Martin, ein guter Freund von Lars. Ich quälte mir ein Lächeln ab." Hi Martin. Wie geht es dir?" Er verstand das Lächeln aber leider falsch und startete dann einen verbalen Grossangriff auf meine Person.

Ich nickte ihm die ganze Zeit zu, obwohl ich eigentlich gar nicht zuhörte. Plötzlich sah ich wie Lars ein paar Meter entfernt lächelnd eine lockige Blondine an sich drückte. Mein Gesichtsfeld schrumpfte augenblicklich auf diese zwei Personen zusammen. "Hallo, noch da?!" wedelte Martin mit der Hand vor mir her. "Willst du nun mit mir reingehen, oder nicht?" Ich nickte stumm und bemerkte, dass plötzlich Lars neben mir stand. In seinem Arm immer noch diese blonde Oberzicke. "Hi Martin." Die Jungs begrüßten sich mit Handschlag. "Miriam kennt ihr ja." stellte er den Lockenstab vor. "Klar, wir hatten Kunst zusammen." meinte Martin. Meine Gedanken fuhren in dieser Sekunde Dauerloopings und mir zitterten die Knie. Am Liebsten hätte ich ihr hier und jetzt die Augen ausgekratzt. Als hätte sie meinen Gedanken lesen könnte, fragte diese Miriam schnippisch: "Und das ist also deine kleine Schwester Julia?" Das Klein betonte sie extra noch einmal. Zu dumm nur, dass mir in diesem Moment leider gar nichts einfiel, nicht einmal ein kleiner Konterangriff oder auch einfach nur ein leises Hi. Mein Hirn schien immer noch mit Achterbahnfahren beschäftigt zu sein. Doch es war anscheinend ohne größere Bedeutung, denn die anderen drei schienen sich dafür um so mehr zu erzählen zu haben. Als ich endlich aufsah, blickte ich direkt in Lars Augen. Sie schienen mich zu verspotten. ,Jule, reiß dich zusammen. Er ist dein Bruder, er tut das Richtige.' Ich atmete einmal tief ein und drehte mich abrupt in Richtung Martin. "Komm lass uns reingehen. Mir wird langsam kalt draußen. Und außerdem, wenn du heute mit mir tanzen willst, müssen wir uns jetzt echt beeilen, weil's ja vorher noch Essen gibt." Die Stimme, die sich aus meinem Mund ihrem Weg bahnte, war definitiv nicht meine Eigene, doch das war mir in diesem Augenblick, gelinde ausgedrückt, scheißegal. Ich schaffte es sogar zu lachen und zog den überrumpelten Martin hinter mir her. Als ich einen Blick über die Schulter riskierte, bemerkte ich, wie Lars mir nachschaute. Leider war ich bereits zu weit entfernt, um seinen Blick genauer deuten zu können.
 

Der größten Teil des restlichen Abends saß ich stumm wie ein Fisch neben meinen Eltern und ließ alles einfach wie einen Film an mir vorbeispulen. Irgendwann kam Lars noch einmal mit Miriam im Schlepptau an, um sie meinen Eltern zu präsentieren. Dabei verkündete sie, mit einem Seitenblick auf meine Wenigkeit, dass sie auch nach Münster gehen würde wollen, um dort Jura zu studieren. ,Das passt zu dieser alten Gewitterhexe.' dachte ich im Stillen. Meine Eltern hingegen waren begeistert von Miriam. "Endlich schleppt der uns mal ein nettes Mädchen an." meinte mein Vater anerkennend, als die beiden, wie so oft an diesem Abend, das Tanzbein schwangen.

Ich hingegen lehnte jede Aufforderung zum Tanz ab, selbst als Martin kam. Ich war einfach nicht in Stimmung für so etwas.

Meine Mutter sah solch ein Verhalten gar nicht gerne: " Kind, was ist bloß mit dir los?! Sonst tanzt du doch eigentlich immer und kannst keine Minute still neben uns sitzen." Ich kämpfte mir ein Lächeln ab. "Aber heute geht's mir irgendwie nicht so gut." In dieser Sekunde stand plötzlich Lars hinter mir, diesmal sogar ohne Miriam. ,Toll, er hat tatsächlich bemerkt, das es uns auch noch gibt.' meinte eine böse Stimme in mir. "Alles O.K. bei euch? Ich wollte nur sagen, dass ihr heute nicht auf mich warten müsst. Ich fahre mit Miriam und den anderen nachher noch einen draufmachen." "Ist gut Sohn." grinste mein Vater und machte dann einen folgenschweren Vorschlag. "Aber bevor du gehst, tanz noch mal mit Julia. Sie hat heute jeden Tanz ausgelassen, dabei hatte sie nicht mal wenige Angebote." Lars warf mir einen unsicheren Blick rüber, fing sich aber dann wieder und entgegnete schnell: "Paps, ein anderes mal gerne, aber wir wollen echt gleich los!" Ich fühlte mich wie ein überflüssiger Regenschirm, über den man sich ärgert, wenn beim Ausflug dann doch die Sonne scheint.

Ich biss mir auf die Zähne um nicht loszuheulen. Nun stimmte allerdings auch noch meine Mutter in diesen Kanon ein. "Komm Lars, als Kinder habt ihr doch pausenlos zusammen getanzt und ich will doch noch ein schönes Foto von meinen beiden Grossen machen." Sie schwenkte zur Untermalung dieser Worte mit ihrer Kamera herum. Lars drehte sich kurz zu den anderen um, die sich anscheinend auch noch nicht ganz hatten loseisen können, zog mich hoch und sprintete fast mit mir zur Tanzfläche. Ich wischte mir schnell über die feuchten Augen, denn er sollte nicht sehen, wie mies es mir wirklich ging. ,Gott sei Dank spielen sie wenigstens ein schnelles Lied.' Doch als ob jemand meine Gedanken verstanden hätte, stimmte die Band in diesem Moment "Runaway" von "The Corrs" an. Wir blickten uns unsicher an, doch ein Zurück gab es nicht mehr, denn meine Mutter stand bereits am Rande der Tanzfläche und zeigte uns mit wilden Gestiken, wo sie uns am besten aufnehmen können würde. "Bringen wir es hinter uns." hörte ich meinen Bruder murmeln, als wir uns in Tanzpose stellten. "Das muss ja ein schlimmes Opfer für dich sein, mit deiner blöder kleinen Schwester tanzen zu müssen, anstatt mit der tollen Miriam!" zischte ich ihn an. Lars sah mich wütend an. "Rede nie wieder so von ihr!"
 

Das hatte gesessen und mir schossen wie auf Kommando wiederholt die Tränen in die Augen. Ich wollte in dieser Sekunde einfach weg von allem, egal was meine Mutter oder sonst wer auch denken würde und versuchte mich loszureißen.

Lars schien erst geschockt über meine Tränen zu sein, doch dann griff er nach meiner Hand und machte mit mir eine schnelle Drehung. Aus den Augenwinkeln sah ich meine Mutter, die wohl aus der Entfernung dachte, dass wir eine kleine Showeinlage eingebracht hätten und hielt fleißig drauf. ,Reiß dich zusammen!' ermahnte ich mich selbst und schluckte schwer. Augenblicklich zog mich Lars fester an sich, was mir wohlige Schauer über den Rücken laufen ließ. "Nicht weinen, Julchen."

Seine Stimme wirkte sehr beruhigend. Ich legte meinen Kopf an seine Brust. "Ich wollte nicht, das du down bist, meine Kleine, aber was soll ich denn machen?!" hörte ich ihn über mir fragen. Er hatte mich noch nie meine Kleine genannt und ich blickte erstaunt zu ihm hoch. Er lächelte zärtlich. Am liebsten hätte ich ihn sofort geküsst, doch das wäre fatal gewesen, auch wenn meine Mutter sich angeregt mit Jemanden zu unterhalten schien, waren immer noch genug Leute da um das zu beobachten. Vorsichtig lächelte ich aber zurück und flüsterte fast lautlos. "Ich weiß, aber so ist es auch scheiße." Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. "Wenn ihr eh anscheinend nur noch auf der Tanzfläche rum steht, dann könnte mein Freund ja auch endlich mit uns aufbrechen." Miriams Stimme klang noch kälter als vorher. In mir schien alles zu zerbrechen, als hätte jemand einen Ball in eine kostbare Vase gepfeffert und ich starrte sie wie in Trance an. "Und?!" meinte sie ungeduldig. Ich schaute ungläubig von einem zum anderen. Die Musik war für mich nur noch entfernt zu hören und alles schrumpfte wieder nur auf diese Beiden zusammen. Sie waren ein Paar und er hatte es mir nicht einmal erzählt. ,Das ist zuviel!' schrie irgendetwas in mir, doch äußerlich fing ich mich wieder und meine fremde Stimme meinte absolut ruhig: "Natürlich, hier hast du ihn." Ich drehte mich in Zeitlupentempo um ohne beide auch nur noch eines Blickes zu würdigen und ging langsam Richtung Ausgang. Ich hatte das Gefühl keine Sekunde länger mit ihnen in einem Raum sein zu können. Es war als würde ihr irgendjemand die Luft abschnüren. Ich öffnete den Notausgang, lief an den beiden ehrenamtlichen, rauchenden Türstehern vorbei und versuchte tief ein und aus zu atmen. Ich hatte kein Ziel und doch ging ich immer schneller, bis ich schließlich rannte.
 

Irgendwann kam ich an einem kleinen Bachlauf an, wo wir als kleine Kinder immer gespielt hatten und brach kraftlos zusammen. Mir war einfach alles egal, mein Kleid, meine Eltern, was alle denken würden. Ich sah nur Lars und diese Miriam in meinen Gedanken. Ich zog mich an einem Baum hoch und schlug dann wütend mit der Faust gegen den Stamm. Unerwartet hielt jemand meine ausschnellende Hand fest und wirbelte mich um. Ich erschrak tierisch, als ich sah, dass es Lars war, auf dessen Gesicht sich das Mondlicht widerspiegelte. "Hör auf, sonst verletzt du dich noch!" schrie er mich an. "Beruhige dich endlich!" Ich wand mich wie eine Furie, doch er ließ meine Handgelenke nicht mehr los. "Kann dir doch egal sein. Geh zu deiner Miriam." In diesem Moment schlug er mir mit der flachen Hand gegen die Wange. Nicht sehr fest, aber spürbar. Ich zuckte zusammen, sah ihn starr an, weil ich nicht begreifen konnte, was er da gerade getan hatte. Der Boden unter mir schien nachzugeben und ich sackte in mir zusammen. Lars hielt mich geistesgegenwärtig fest und drückte mich an sich. "Jule, es tut mir leid, aber du warst wie wild. Scheisse.." Seine Stimme wurde immer leiser, wie durch Watte und mein Blick begann zu flackern. Er schien mich zu schütteln, doch das war alles weit entfernt. Plötzlich spürte ich einen Druck auf meinen Lippen und dann eine Stimme an meinem Ohr. "Keine Miriam dieser Welt könnte dir das Wasser reichen, aber was soll ich denn machen?! Soll ich leben wie ein Mönch?!" Augenblicklich öffnete ich die Augen und riss mich von meinem Bruder los. "Du kotzt mich so an, du notgeiler Bock!" schrie ich so laut, dass ich einen Schwarm Krähen aus ihrer Nachtruhe riss, so dass sie aufflogen und kurz den Mond verdeckten. Er stolperte zu mir und krallte sich im Kleid fest. "Boah Julia, komm runter! Weißt du wie schwierig das ist, dich jeden Tag zu sehen, aber dich nie haben zu dürfen. Ich mag Miriam nicht mal, aber wenn ich mit ihr schlafe, mache ich immer die Augen zu und denke das seist du." Seine Wangen blitzen verräterisch. Er schien wirklich zu weinen, doch das war mir so egal. Ich wollte das alles nicht hören. Schnell hielt ich mir die Ohren zu und drehte mich weg. Er umarmte mich von Hinten und küsste vorsichtig meinen Hals. In mir zog sich alles zusammen. "Hör sofort auf." murmelte ich leise. Er vergrub seinen Kopf auf meiner Schulter und fuhr mir durch die langen Haare. "Du riechst einfach unbeschreiblich. Bitte Julia, weis mich nicht schon wieder ab." Etwas Feuchtes tropfte auf meine blanke Schulter. ,Er weint wirklich.' durchfuhr es mich wie ein Schlag und ich drehte mich zu ihm um. Er sah wirklich genauso erbärmlich aus, wie ich mich fühlte. "Wer weist hier wen ab?!" meine Stimme zitterte verräterisch. Plötzlich fing er laut an zu lachen und fuhr sich durch die Haare. "Liebe kleine Jule, du hast überhaupt keine Ahnung was ich seit längerer Zeit durchmache."
 

Er nahm meine Hand und zog mich zum Bachlauf, der wie eine goldene,

glitzernde Strasse wirkte, und setzte sich hin. "Weißt du wie es ist, dich morgens mehr schlecht als recht angezogen zu sehen oder ertragen zu müssen, wie dir alle Jungs im Sommer hinterher stieren?! Ich könnte die Typen ausnahmslos verprügeln!" Er ballte die Faust, öffnete sie aber sofort wieder und fuhr sich in typischer Larsmanier nervös durch die Haare. "Letzten Sommer hast du doch immer die Blumen gegossen, weil Ma soviel mit ihren letzten Buch zutun hatte und weil es so warm war, hattest du nur dein berühmtberüchtigtes kurzes Blümchenkleid an. Ich wäre jedes Mal fast durchgedreht und trotzdem stand ich immer hinter meinem Fenster und hab zugesehen." Er lächelte sanft. "Und ich fühlte mich so was von pervers. Das hatte nichts mehr von Geschwisterliebe, was ich zum Beispiel nachts geträumt habe. Manchmal war ich kurz davor einfach über dich herzufallen, aber du warst so..so..ach du warst einfach Julia. Ich wollte dich nicht verletzten und da hab ich beschlossen wegzugehen."

Nun verstand ich auch, warum er plötzlich nicht mehr bei uns um die Ecke studieren wollte. "Na ja, und ich wusste halt, dass Miri schon ewig auf mich stand. Und dann haben wir zusammen fürs Abi gelernt und sie hat so von Münster geschwärmt und..manno.. "er brach kurz ab und blickte dann zu mir hoch. "Ich.. ich hab es als eine Chance für uns beide gesehen, denn mir wurde an dem Morgen nach dem Tag X klar, dass ich es nicht mehr lange vor dir verbergen würde können und dann war da noch die Abwaschgeschichte. Du warst auch nicht mehr die kleine unschuldige Julia, aber ich wollte dich doch einfach nur vor mir beschützen." Er wedelte hilfesuchend mit den Armen. Ich setzte mich zu ihm, nahm seine Hand und legte sie auf meine Wange. "Vor dir beschützen? Und wenn ich das gar nicht will?!" presste ich hervor. Er blickte mir tief in die Augen und küsste mich im nächsten Moment wie wild. Langsam sanken wir in das feuchte Gras zurück. Und obwohl ich den Moment sehr genoss ging mir Miriam einfach nicht aus dem Kopf. "Was hat Miriam eigentlich gesagt, als du gerade so plötzlich weg bist?" Er guckte genervt Richtung Himmel. "Ist doch egal, ich hab sie einfach stehengelassen. Sie ist mir anscheinend egaler als dir." Nun schmunzelte er. Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen und kitzelte ihn gehörig durch. Ich hatte das unheimlich vermisst. Noch lange saßen wir an diesem Bach und küssten uns, bevor wir endlich nach Hause kamen.
 

Ende 3 Kapitel
 

Bitte weiter fleissig Kommis schreiben, denn ich gucke trotzdem immer mal kurz bei Animexx rein.;-)

Kapitel 4

Hi ihrs!
 

Ich will Bilder sehen..LOL;-) Naja, würd gerne Charakterbeschreibungen On setzen, aber net ohne Bilder.
 

Aus Absätze nicht soo achten..die wollen das hier so.
 

Mfg Time1981
 


 

4. Kapitel
 

Der Regen hatte nachgelassen und ich ging langsam auf die Veranda. Überall stand das Wasser bereits in großen Pfützen und ein prüfender Blick Richtung Himmel deutete auf einen weiter Schauer. "Manchmal ist das Wetter hier echt zum Mäusemelken." murmelte ich vor mich hin. Ich schnappte mir provisorischer Weise einen Regenschirm und zog mir meine Gummistiefel an, griff mir noch die Taschenlampe, um schnell zu schauen, ob in Hitze des Gefechts etwas im Regen liegen geblieben war. Doch ich konnte nichts finden. Der Boden roch an der Stelle einfach nur noch nach modrigem Holz, denn ein paar Meter weiter rechts hatte Lars vor einigen Wochen einen alten Apfelbaum gefällt. Er musste zwar wegen seines hohen Alters, und seinen doch recht morschen Ästen wirklich weg, aber er hatte doch eine ziemlich große Lücke hinterlassen, und mit ihm sähe mein Rücken nun auch nicht aus, wie ein Streuselkuchen. Ich setzte mich auf den Stumpf und blickte eine lange Zeit einfach auf den Boden vor mir. ,Wie bringe ich ihm das nur bei?!' dachte ich verzweifelt und zuckte zusammen, als abermals ein Blitz den Himmel aufhellte. Nun wurde es mir hier draußen doch etwas ungemütlich und ich nahm die Beine in die Hand. Weit kam ich allerdings nicht, denn plötzlich verlor ich den Halt unter den Füßen.
 

"Du kleiner Tollpatsch." meinte mein Bruder, als er mir schmunzelnd wieder auf die Beine half. "Irgendwie bist du schon immer gerne hingefallen." Ich muffelte vor mich hin. "Anstatt hier deine Erinnerungen abzuspulen, sollten wir uns beeilen nach Hause zu kommen. Es sind immerhin noch 2 Kilometer und du weißt was Papa mit uns macht, wenn ICH nicht morgen früh lieb und brav in meinem Bettchen liege?" Er half mir über ein großes Dreckloch zu hüpfen. "Na ja, ich würde sagen.." Er tat so, als wäre er in einem schwierigen Denkprozess, um die Relativitätstheorie neu zu berechnen. "Er würde viele Fragen stellen. Wird ja so schon schwierig genug werden ihm das alles zu erklären, oder?!" Er schaute mich fragend an. "Mhmm, ich bin mit euch feiern gefahren." erklärte ich kurz entschlossen. Wie allerdings zu erwarten gewesen war empfing uns mein Vater bereits an der Haustür und brüllte fast die halbe Nachbarschaft zusammen. Und leider war die Reaktion auf meine Aussage nicht wirklich gut. Ich bekam drei Wochen Hausarrest und Lars eine dicke Standpauke über Verantwortung gegenüber meiner Wenigkeit. Aber egal wie viel er schrie, wir sahen uns die ganzen Zeit heimlich an und grinsten uns verliebt an. Egal wovor was mein Vater mich beschützen wollte, dies hier war viel schlimmer und er schien wie ein Blinder durch die Gegend zu laufen.
 

Nach der Standpauke sollten wir sofort auf unsere Zimmer gehen, doch auf der Treppe blieben wir nochmals stehen und küssten uns innig. Uns war beiden bewusst, das er jeden Augenblick aus dem Wohnzimmer kommen konnte, doch dass war uns beide gelinde sagt sehr egal. Wir verstanden uns das erste Mal seit langem wieder ohne große Worte und ich war einfach nur glücklich. Ich denke Lars ging es nicht anders. Wir hatten uns schon gute Nacht gesagt, als er mir nochmals nachrief. Als ich über's Treppengeländer zu ihm runterschaute, flüsterte er: "Würdest du mit mir weggehen." Ich schaute ihn verdutzt an. "Nach Münster oder was?" Meine Gedanken begannen sich wieder zu drehen wie ein Karussell. Er lachte leise und überwand schnell die paar Stufen zum mir hoch. "Quatsch meine Kleine. Es müsste schon etwas weiter weg sein. Sonst werden sie uns früher oder später trennen." Nun wurde sein Blick sehr ernst. "Und was meinst du?" Er begann nervös an einer meiner Haarsträhnen zu spielen. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Ich war doch erst 18 und einfach so weggehen konnte ich mir einfach nicht vorstellen. ,Was sage ich ihm nun?!' Ich biss mir auf die Unterlippe. Ich wollte ihn ja auch nicht schon wieder verlieren. Bevor ich etwas sagen konnte riss jemand die Wohnzimmertüre auf. Schnell sprangen wir auseinander. "Lars, Julia! Wenn ihr nicht in zwei Sekunden in euren Betten liegt, kriegt ihr beide Autoverbot." Das erste Mal war ich meinem Vater dankbar, dass er uns trennte. Ich winkte beiden nochmals matt zu, rannte ohne Lars noch eines Blickes zu würdigen auf mein Zimmer und legte mich, komplett angezogen, auf mein Bett.
 

Lars versuchte die letzten Wochen vor seiner Abreise alles, um mich davon zu überzeugen mitzukommen, doch ich wich ihm jedes Mal wieder aus. Das war alles so neu und es ging so verdammt schnell. Dadurch dass Lars seinen Zivildienst in sein Studium integrierte, brauchte er kein ganzes Jahr zu warten, um nach Münster zu gehen. Er verlangte jetzt und hier eine Entscheidung, die ich zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht bereit war zu fällen. Lars reagierte mit absolutem Trotz und war kaum noch zu Hause, oder wenn nur in Begleitung von Miriam. Ich hingegen schloss mich fast die komplette Zeit in meinem Zimmer ein, da ich eh Stubenarrest hatte. Und den beiden beim Rumturteln und Zukunftsplänen schmieden zuzusehen, wäre einfach zuviel für mich gewesen. Am Abend vor seinem Abschied gab er für alle eine große Fete in unserer alten Scheune, die schon damals eigentlich nur noch als Geräteschuppen diente. Miriam kam an dem Tag sogar extra früher um ihm bei der Deko zu helfen. Von meinem Zimmerfenster konnte ich in den Hof gucken und als ich ihre Stimmen hörte, konnte ich nicht anders und schaute ihnen zu. Sie feixten herum und küssten sich. Ich spürte wie sich mein Magen langsam umdrehte, doch was sollte ich tun. Plötzlich hörte ich Miriam sagen: "Kommt deine Schwester heute Abend auch? Letzte Zeit hat man sie kaum noch zur Gesicht bekommen." Sie umarmte ihn von hinten, während er eine Girlande aufhängte. "Vielleicht ist es besser so. Vor ein paar Wochen konnte sie es ja auch nicht ertragen, dass du keine Zeit für sie hattest, aber daran wird sie sich wohl gewöhnen müssen." Lars drehte sich um und küsste Miriam. "Ach Quatsch. Sie war an dem Tag einfach nicht gut drauf. Außerdem kann ich dich beruhigen. Ich kann mir nicht vorstellen, das sie auf die Feier kommen wird." Dann machte er eine abwertende Handbewegung. "Ist ja auch nichts für kleine Kinder." Ich ließ die Gardine kraftlos zurück in ihre ursprüngliche Stellung fallen und taumelte auf mein Bett.

Mein Kopf schmerzte und meine Augen brannten, als hätte ich mir aus Versehen etwas Zwiebelsaft in die Augen gerieben.
 

"Huh, ich hasse Zwiebelschneiden." stellte ich heulend fest und wischte sie mir mit einem Küchentuch aus. Immer noch halbblind ging ich zurück ans Schneidebrett und verletzte mich prompt am scharfen Gemüsemesser. Ich nahm entkräftet auf einem der 4 Stühle Platz und drückte das Blut aus meiner Wunde. Es quoll rot aus meinem rechten Zeigefinger. Schon als kleines Mädchen hatte ich mir meine Verletzungen interessiert angesehen, während Lars für mich angefangen hatte zu heulen.

Ich warf der Küchenuhr einen schnellen Blich zu. 20.30 Uhr. Ich stöhnte leise auf und ließ mich noch tiefer in den Stuhl sinken. Wieder erst Essen um 22.00 Uhr oder so. Das konnte doch nun auch nicht gesund sein. Ich verharrte einige Augenblicke in dieser Position, bis ich merkte, dass mein Blut langsam aber stetig auf den Küchenfußboden tropfte. Ich schnaufte entnervt auf, ging zur Spüle und hielt meinen Finger einige Zeit unter Wasser. Danach packte ich mir etwas Küchenkrepp um besagte Stelle und versuchte wieder mein Glück beim Zwiebelschälen, doch schon bald war mein Verband mit Blut getränkt und der Zwiebelsaft drang seinerseits in die Wunde und brannte höllisch. "Verflucht noch Eins. Nie ist der Arzt im Manne da, wenn man ihn braucht!" murmelte ich halb im Ernst, halb im Spaß. Das Brennen und der Saft trieben mir die Tränen in die Augen und ich entschloss mich, meinen Finger erstmal ordentlich zu verarzten. Aus diesem Grund ging ich, immer den Finger mit neuem Krepp umschließend ins Bad im ersten Stock, wo unsere kleine Hausapotheke neben dem Spiegelschrank hing. Lars hatte auf die Anschaffung von Anfang an bestanden, und ich war im in diesem Moment außerordentlich dankbar, dass er sich gegen den Sparfuchs in mir durchsetzen konnte. Allerdings war es wirklich schwierig als Rechtshändlerin besagten Kasten mal eben so zu öffnen, wenn man die rechte Hand die ganze Zeit absolut nicht einsetzen kann. Ich arbeite fast mir Mund und Füßen, bis ich endlich alles vor mir liegen hatte. Schnell wusch ich die Hand noch mal ab und guckte mir im Licht die Verletzung mal genauer an.

Es war wirklich ein relativ tiefer Schnitt. Schnell desinfizierte ich die Wunde, was natürlich noch mal stark brannte und wickelte mir dann einen dicken Verband um den Zeigefinger, obwohl ich zugeben musste, dass ich mir vorkam wie ein Bewegungslegastheniker. Danach betrachtete ich fasziniert, wie sich mein restliches Blut im Waschbecken seinen Weg zum Abfluss bahnte.
 

"Kommst du irgendwann auch mal wieder aus dem Bad raus?!" Ich zuckte zusammen." Ich will mein Bier wegtragen und unten in meinem Bad knutschen sich Ute und Jens. Paps hat gesagt, dass ich das Bad hier oben ausnahmsweise mitbenutzen darf!" hörte ich die Stimme von meinem Bruder schon leicht angeheitert sagen. Schnell drückte ich den Abflussknopf und suchte fieberhaft nach Verbandszeug, doch dann fiel mir ein, das Mutter es meist unten in der Küche aufbewahrte. Plötzlich donnerte es an der Türe. "Jule, alles in Ordnung?!" Nun klang er eher besorgt als ungeduldig. Schnell warf ich die Rasierklinge in die Toilette, zog nochmals ab und wischte das restliche Blut auf. Doch leider tropfte es weiter aus meiner Wunde am Unterarm und ich war einem Heulkrampf nahe. Lars seinerseits donnerte von draußen weiter an die Tür. "Julia, wenn du nicht sofort aufmachst, stemme ich die Türe ein."

Ich fing mich wieder und ließ noch mal kurz den Wasserhahn laufen. "Nein, nein. Mir war nur schlecht, ich komm sofort!" stammelte ich schnell. Schnell nahm ich Klopapier und drückte es auf meinen Arm und legte mein Handtuch drauf. Dann öffnete ich schnell die Tür. "Da bin ich schon." Ein schwacher Versuch eines Lächelns meinerseits, doch Lars konnte ich nicht täuschen. Er hielt mich am anderen Handgelenk fest und zog mich mit ins Bad und sperrte ab. Er bat mich auf dem Klodeckel Platz zu nehmen und stützte sich selbst am Waschbecken ab. "Wieso warst du nicht einmal unten." Bevor ich antworten konnte meinte er noch schnell: " Und komm mir jetzt nicht mit dem Stubenarrest. Papa meinte, dass er dir erlaubt hätte rüber zu kommen." Ich starrte an ihm vorbei und kämpfte schwer mit den Tränen. "Ich fühle mich nicht besonders wohl, weißt du." flüsterte ich fast tonlos. Plötzlich fiel sein Blick auf das Handtuch. "Und was ist damit?" Ich versuchte so gelassen wie möglich zu klingen: "Och, das ist nur für die Wäsche." Ich wich seinem Blick immer noch aus, doch dann zog er blitzschnell das Handtuch weg. "Oh mein Gott." Sofort stand er neben mir und schaute sich die Wunde genauer an. "Das muss sofort desinfiziert werde! Warte ich hol eben was." Schon stand ich wieder alleine im Bad. Ich ging zum Spiegel und fixierte meinen Arm. ,Hoffentlich stellt er keine Fragen, wie ich das gemacht habe.' schoss es mir durch den Kopf.
 

Längere Zeit zum Nachdenken hatte ich nicht, denn dann erreichte Lars auch schon wieder unser Bad. Ich musste mich wieder auf den Klodeckel setzen, während er vor mir kniete und meinen Arm erst desinfizierte und dann verband. Er sagte kein Wort dabei, aber ich fühlte seinen Blick auf mir ruhen. Ich selber schaute kein einziges Mal von unseren beigefarbenen Badezimmerfliesen auf. Gerade als ich durch den Ausgang verschwinden wollte, zog er mich wieder herein und versperrte mir den Weg. "Wie ist das passiert Julia?" Ich zitterte am ganzen Körper. "Ich hab mich beim Apfelschälen geschnitten." Entgegnete ich schnell. Er kaum auf mich zugestürzt und hielt meinen Arm hoch. "Wenn das ein Küchenmesser war, dann sollte ich nicht Medizin studieren!" Er schaute nun nicht mehr böse, sondern einfach nur noch betrübt. "Du hast dich geritzt, oder?!" Meine ganze Verteidigung war mit einem mal eingebrochen und ich fing an zu weinen. Danach folgte eine ziemlich verheulte Erklärung und er hörte mir einfach nur zu. "..und als du dann auch noch so über mich vor Miriam geredet hast, hab ich mich so scheiße gefühlt." Ich traute mich immer noch nicht ihm direkt ins Gesicht zu schauen, doch er hob mit seiner Hand mein Kinn nach oben. "Es tut mir leid, aber ich war so sauer auf dich, weil du nicht mit mir kommen wolltest. Aber vielleicht habe ich einfach zuviel auf einmal von dir erwartet." Mit diesen Worten nahm er mich einfach in den Arm und alles um uns verschwamm. "Aber bitte versprich mir, dass du dich nie wieder wegen mir verletzt. Das könnte ich einfach nicht ertragen, meine Kleine." Ich nickte stumm. In diesem Augenblick hörte ich hinter der Tür Miriams Stimme: "Hat einer von euch Lars gesehen?" Schnell küsste ich meinen Bruder auf den Mund und schob ihn nach draußen. "Lass deine Gäste nicht so lange warten." Er warf noch einen prüfenden Blick über die Schulter.

"Versprochen?" Ich nickte erleichtert. "Versprochen."
 

Lars und ich redeten danach wieder miteinander, doch er behandelte mich ab diesem Tag wieder einfach nur wie seine Schwester, was mir trotz allem sehr wehtat. Am Tag seiner Abreise hatten wir über 30 Grad und ich hab mich geweigert mit zum Bahnhof zu kommen. Ich war oben in unseren Spielbaum geklettert und heulte mir die Augen aus, während alle anderen im Haus geschäftig an Lars Abreise feilten. Ich hatte wohl jedes Zeitgefühl verloren und bemerkte nicht einmal, dass sich jemand neben mich setzte. "Hier oben ist es immer noch schön." Ich fiel vor Schreck fast vom Baum und konnte mich gerade noch so in Lars' T-Shirt festkrallen. "Man ist soweit weg von allen Problemen." stimmte ich zu und schaute in die Ferne. Und dann hockten wir beide eine ganze Zeit da oben, bis plötzlich Mutter nach ihm rief. Er blickte mich vorsichtig von der Seite an. "Ich muss langsam los, Jule. Bekomm ich noch 'ne Umarmung von meiner Schwester?" Er breitete die Arme aus und ich umklammerte ihn mit soviel Elan, dass wir beide fast vom Ast gefallen wären. Ich hörte sein Herz an meinem Ohr schlagen und fühlte mich unglaublich geborgen. Ich konnte nicht anders und küsste ihn vorsichtig. Er schmunzelte leicht und schob seine Zunge zögernd in meinen Mund. Es wurde der schönste Zungenkuss, den ich bis dato je von einem Jungen bekommen hatte, denn er war weniger feucht, sondern vielmehr sehr ruhig und bedächtig. Irgendwann lösten wir uns wieder und er sprang mit einem Satz vom Baum. Er drehte sich beim Rennen noch einmal um und schrie: "Ich liebe dich. Ich schreibe dir!" "Ich liebe dich auch." murmelte ich. Wir hatten schon oft Ich liebe dich gesagt, aber ab diesem Tag wirkte es plötzlich ganz anders als sonst.
 

Das Essen köchelte vor sich hin, und immer noch keine Spur von Lars. ,Das ist doch sonst nicht seine Art.' ,dachte ich beunruhigt. Vielleicht war ja ein schlimmer Unfall passiert und die Notaufnahme platzte mal wieder aus allen Nähten. "War ja schon immer so, wenn wir 'nen gemütlichen Abend zu Zweit planen." muffelte ich herum. Ich warf nochmals einen prüfenden Blick in den Kochtopf und pflanzte mich abermals vor den Fernseher. Doch anstatt besser, war das Programm jetzt noch mieser geworden. Ich zappte gelangweilt durch die Kanäle, doch in Gedanken war ich wieder meilenweit entfernt. Heute dachte ich wirklich viel über unsere Vergangenheit nach. Vielleicht lag es einfach daran, dass ich immer noch so unsicher war, wie er reagieren würde. Irgendwie kroch jetzt doch langsam die Angst in mir hoch. Damals hatte er auch so negativ reagiert. Ich musste schwer schlucken. ,Ich halte das nicht länger aus!' schrie eine Stimme in mir und ich griff instinktiv zum Telefon und wählte schnell seine Handynummer. Ich musste es ihm jetzt sagen, sonst würde ich definitiv noch platzen durch die ganzen aufgestauten Gedanken und Empfindungen, die ich nun schon Tage mit mir rumschleppte. Es fing an zu piepen. Ich hielt vor lauter Aufregung die Luft an. PIEP. PIEP. Plötzlich hörte ich Lars Stimme, erkannte im gleichen Augenblick aber auch den Anrufbeantworter: "Hi, hier ist Lars. Bitte hinterlasst eure Nummer, ich rufe dann zurück."
 

Ich drückte frustriert Beenden und fühlte mich plötzlich so klein. Es waren nun schon fast 2 Monate und Lars hatte sich nicht ein einziges Mal bei mir gemeldet. Ich lehnte mich gegen die kalte Steinmauer. Er schien auch absichtlich immer nur bei uns zu Hause anzurufen, wenn er wusste, dass ich arbeiten musste oder einfach nur die Schulbank drückte. Und an sein Handy ging er auch nie oder rief mich zurück. Inzwischen musste er mindestens zehn wütende bis traurige Anrufe auf seinem Display blinken gesehen haben. Auch meine Briefe blieben unbeantwortet, doch selbst meine Eltern schienen dies nicht zu bemerken, denn beide waren zur Zeit mehr als eingespannt in ihren jeweiligen Jobs und verbrachten ihre kostbare Zeit lieber miteinander. "Boah, bläst du immer noch Trübsal?!" Mona war ungemerkt aus der Toilette gekommen und wusch sich neben mir im Waschenbecken die Hände. "Dein Bruder hat bestimmt viel um die Ohren." meinte sie allwissend, während sie sich ein Stück Papier schnappte und dieses unterm rechten Auge hin und her rieb. "Blöder Mascara. Nächstes Mal kauf ich mir die wasserfeste Variante." Dann blickte sie in meine Richtung. "Guck mal, da ist die neue Stadt, die Uni, neue Leute und natürlich Miri. Das muss der arme Junge erstmal alles unter einen Hut kriegen." Beim Namen Miri fühlte ich, wie meine Beine zitterten und ich starrte konzentriert auf einen dicken Wasserfleck an der gegenüber liegenden Wand.

Plötzlich fuchtelte Monas Hand vor meinem Gesicht herum und als ich aufsah blickte sie mich ernst an. "Süße, glaube mir, er tut das Richtige." Ich zuckte zusammen, versuchte dann aber so cool wie möglich zu reagieren. "Wie meinst du das denn nun schon wieder." Ich war erschrocken, dass ich so gelangweilt klingen konnte. Sie nahm mich unvermittelt in den Arm. "Das sieht doch ein Blinder mit dem Krückstock, dass du in Lars verliebt bist." Ich verkrampfte mich regelrecht in ihren Armen und sie stützte sich etwas von mir ab. Ich schaffte nicht einmal zu dementieren und fing einfach an zu weinen. Sie strich mir über die Haare und wiegte mich wie ein kleines Kind.
 

Nach Minuten ließ sie mich wieder los und lehnte sich gegen ein Waschbecken. "Jule, Jule. Was machst du bloß für Sachen. Vielmehr ihr." Ich wurde leicht rot, lehnte mich gegen sie und fragte leise: "Seit wann weißt du es?" Ich fühlte, wie sie leicht mit den Achseln zuckte. "Nun ja, kann ich dir nicht mal genau sagen. Ich mochte Lars früher auch mal sehr gerne, aber als ich merkte, wie du reagiert hast, als Sanne sich an ihn ran gemacht hat, hab ich lieber ganz schnell die Finger von ihm gelassen." Sie begann zu lachen. "Du hast ihr doch nicht aus Versehen die Haare mit dem Bunsenbrenner in der Achten angezündelt, oder?! Und ich wollte meine langen Haare noch etwas länger behalten." Ich war verwundert, dass Mona mich anscheinend besser verstand, als ich mich selbst. Damals hatte ich mir doch wirklich immer eingeredet, dass es rein gar nichts damit zu tun hatte, dass Sabine etwas von Lars wollte. Ich musste unvermittelt schmunzeln. "Komm, das sah doch wirklich heiß aus, als unsere Oberschnepfe wie wild mit dem brennenden Haar durch die Gegend sprang." Nun pusteten wir beide laut los. Danach ging es mir schon etwas besser, da ich nun wirklich jemand hatte, dem ich vorbehaltlos alles erzählte, weil ich wusste, dass Mona mich nicht dafür verurteilen würde. Irgendwann schaute sie auf die Uhr und sah mich erschrocken an, denn wir hatten bereits die erste Stunde Mathe-LK verquatscht. Kurzerhand beschlossen wir, uns selbst frei zu geben und gingen zusammen in die Stadt. Dies war einer der wenigen Tage, an denen ich weniger an Lars dachte als sonst.
 

Leider hielt der gute Vorsatz, ihn zu vergessen, nie wirklich lange an. Einmal stellte ich mich sogar krank, nur damit ich ihn wenigstens einmal sprechen würde können, denn er rief anscheinend immer Dienstagfrüh bei meiner Mutter an. Am Morgen musste ich nicht mal wirklich flunkern, denn es ging mir, wie so oft in der Zeit, sehr schlecht. Meine Mutter warf ihre typische "Mein-Kind-ist-krank-Sorgenfalte" und wollte sogar fast ihren wichtigen Termin mit ihrem Verleger wegen mir verschieben. Davon konnte ich sie dann gottlob doch noch abhalten. "Mama, ich bin doch kein Kleinkind mehr." erklärte ich ihr fast vorwurfsvoll. "O.K. Jule. Aber wenn was ist, meine Handynummer hast du ja." Sie legte mir das tragbare Telefon neben das Bett. Im Türrahmen drehte sie sich dann nochmals um. "Ach noch was. Lars müsste heute Morgen eigentlich anrufen. Ich hab ihm vergessen zu sagen, dass ich einen Termin mit Herrn Möller habe. Na ja, dann könnt ihr zwei Hübschen ja mal wieder miteinander reden. Bis dann also." Und schon fiel die Tür meines Zimmers ins Schloss, kurz darauf hörte ich dann auch ihr Auto vom Hof fahren. Ich atmete tief durch und ließ mich ins Bett zurückfallen. Irgendwann gegen 11.00 Uhr ging endlich das Telefon. Mein Herz fing augenblicklich an zu rasen und meine Handflächen wurden feucht. Ich griff schnell nach dem Hörer, ließ es dann aber doch noch zweimal schellen. Beim dritten Mal nahm ich schließlich ab. "Julia Möller, guten Tag." Keine Antwort.

"Hallo?" fragte ich jetzt weniger resolut nach. Am anderen Ende räusperte sich jemand. " Hi Julia, ich bin's, Lars." Er klang soweit weg und vor allem baute seine Stimme eine noch größere Distanz auf, als es die Kilometer zwischen uns jemals tun könnten. "Ich wollte eigentlich Ma sprechen. Ist sie gar nicht da?" Mir schossen Tränen in die Augen vor Enttäuschung, dass er mich nicht einmal fragte, wie es mir ging. Fast tonlos meinte ich: "Sie hatte heute einen wichtigen Termin beim Verleger und lässt sich entschuldigen. Ich bin übrigens krank." Er schien einige Sekunden zu überlegen, was er nun sagen sollte und sagte dann ziemlich teilnahmslos: "Ach so. Na ja, das erklärt, warum du nicht in der Schule bist. Gute Besserung. Könntest du Ma ausrichten, dass ich bis weiteres immer für den Wochenenddienst eingeteilt worden bin. Ist zwar blöd für meine Freizeitplanung, aber gut fürs Studium. Das heißt aber leider, dass ich die nächste Zeit nicht wirklich nach Hause kommen kann." In mir zog sich alles zusammen. "Ist gut, mache ich." erklärte diese fremde Stimme in mir. "Gut, ich muss jetzt gleich wieder weg, denn ich wollte Miri in der Mensa treffen. Bis dann, Julia." "Dir ist wohl wirklich alles egal. Du bist so ein verdammter Heuchler, Lars!" platzte es nun doch noch aus mir heraus und dann legte ich schnell auf.
 

Ich legte mich matt zurück ins Bett und zog die Beine an den Körper. Plötzlich klingelte es noch mal. Schnell nahm ich den Hörer ab, sagte aber nichts. "Julia..bist du es?" hörte ich Monas Stimme am anderen Ende der Leitung. "Heulst du? Mensch Jule, was ist los?!" "Er hat gerade angerufen. Mona, er war kalt wie Eis." heulte ich. Sie holte hörbar Luft. "Ich hab dir doch gesagt, dass du ihn endlich vergessen sollst. Er ist dein Bruder. Er versucht es anscheinend so einfach wie möglich für dich zu machen." Sie wollte einfach nicht verstehen, wie kompliziert es trotzdem war. Sie sprach währenddessen unbeirrt weiter: "Bist du deswegen zu Hause geblieben?" "Ja." antwortete ich fast schnippisch. "O.K., ich komm trotzdem nachher mal vorbei und dann reden wir ein bisschen, denn ich muss jetzt wieder in den Unterricht." Ich stimmte ihr zu und dann legten wir beide auf. Sie hat es wahrlich nicht einfach gehabt mit mir in dieser Zeit.
 

Die Monate bis zu meinem Abitur zogen sich hin und Lars ließ sich kein einziges Mal bei uns blicken. Nicht mal zu den Weihnachtstagen oder zum Semesterende. Es war das schlimmste Weihnachten meines Lebens, denn Lars war immer da gewesen und ohne ihn fühlte ich mich unheimlich einsam. Mein Vater ärgerte sich maßlos darüber und in unserer kompletten Familie herrschte absolutes Unverständnis über sein Verhalten, denn Lars fand immer neue Ausreden, warum er nicht nach Hause kommen konnte. Ich hingegen versuchte mich jetzt jedenfalls halbwegs auf mein Abitur zu konzentrieren und Lars aus meinen Gedankengängen zu verdrängen. Ich lehnte sogar ab, als meine Eltern sich kurzfristig entschlossen, ihn in Münster zu besuchen. Ich blieb standhaft, auch wenn die Sehnsucht ihn wenigstens einmal wieder zu sehen, unbeschreiblich groß war.

Mona und ich lernten oft zusammen und sie half mir, dass ich wenigstens das Abi halbwegs gut bestand. Wir entschlossen uns, nach unseren letzten Sommerferien, gemeinsam in München zu studieren. Sie wollte Lehrerin für die Oberstufe werden. Ich mochte zwar Kinder, konnte mir aber nicht vorstellen sie zu unterrichten und begann lieber Journalistik zu studieren.

Wir zogen auch gleich zusammen in eine sündhaft teure WG, die mir Paps finanzierte, denn München ist ja bekanntlich nicht gerade das, was man günstig nennen könnte. Klar dachte ich öfters an Lars, vor allem, wenn meine Eltern erzählten, dass er mal wieder zu Hause war, doch wie auch er versuchte ich, jeden Kontakt zu vermeiden. Unsere Eltern reagierten zwar mit Unverständnis, dass sich ihre Kinder auf einmal nicht mehr verstanden, doch sie schienen es irgendwann zu akzeptieren.
 

So, das war erstmal kapitel 4. Fein weiter Kommis schreiben.;-)

Kapitel 5

Hi Leute!

Endlich gehts weiter. Hab in den letzten Tag doch recht fleissig geschrieben. Ich kann nur sagen, das wir noch nen neuen Charakter dazubekommen.;-)

Ansonsten wird das Kapitel wie versprochen länger.(Is jetzt nur 45 Prozent oder so) und handelt von Jules Studium in München. Lars wird aber auch noch vorkommen und es wird richtig heiss..;-)

Mehr verrate ich noch nicht.
 

5. Kapitel
 

Mein Gedanke, einfach mal wieder in meine Uniunterlagen zu gucken, entwickelte sich automatisch. Schnell öffnete ich den Schreibtisch und holte einige alte Mappen hervor. Alles war dort wild hineingeworfen worden. Mona hatte sich oft über meine Zettelwirtschaft aufgeregt. "Bei dir weiß man nie, ob es sich um Klopapier oder wichtige Dokumente handelt." Das war ihr absoluter Leitspruch. Ich lehnte mich zurück und blätterte in den alten Unterlagen. Vieles erinnerte mich an früher und an die schöne Zeit in der WG. Endlich normal sein, auch wenn es nur für kurz war. Sicherlich handelte es sich um eine Illusion, dass ich Lars wirklich vergessen könnte. Fast ein eineinhalb Jahre lang lebte ich fast unbehelligt vor mich hin und blühte allmählich wieder auf. Dies lag nicht zuletzt an den hervorstechenden therapeutischen Fähigkeiten, die Mona im Laufe der Zeit entwickelte. Selbst wenn ich total deprimiert in meinem Zimmer hockte, fand sie immer einen Weg, mich aus meiner selbst auferlegten Isolation zu reißen und mir zu zeigen, dass es ein Leben ohne meinen Bruder da draußen gab. Ich begann wieder Spaß an Kinogängen und Kneipenbesuchen zu finden. Nur an Jungs traute ich mich einfach nicht heran, obwohl ich nicht einmal wenige Verehrer hatte. Mona wusch mir deswegen öfters den Kopf, weil ich allen Männern in meiner Umgebung, die mich anscheinend sehr mochten, mit meiner doch recht unsensiblen Art ziemlich schnell vergraulte.
 

"Du musst wirklich allmählich über die Sache mit deinem Bruder hinwegkommen." meinte sie wieder einmal, als wir zusammen am WG-Küchentisch saßen. Ich hasste diese Art von Frauengesprächen und tat so, als ob ich nichts gehört hätte. Sie zog noch einmal an ihrer Zigarette und stieß dann den blauen Dunst durch die Nase wieder aus. "Boah Jule, das kann doch alles gar nicht sein. Wie lange hast du dich schon nicht mehr mit einem Jungen getroffen?!" fragte sie mich angenervt. Ich rollte mit den Augen und blickte sie dann angriffslustig an. "Und wie lange sage ich dir schon, dass Rauchen tierisch ungesund ist?!" Sie murmelte etwas vor sich hin und stand vom Tisch auf. Auch ich erhob mich und half ihr schnell den Tisch abzuräumen. Danach schnappte ich mir ungestüm meine Uniutensilien und stürmte zur Tür, denn ich war schon wieder reichlich spät dran. "Wir sehen uns dann um 13.00 Uhr in der Hauptmensa." schrie ich über die Schulter. Ich glaube, dass ich noch ein muffeliges Ja vernahm, bevor sich die Tür endgültig hinter mir schloss. Das neue Semester hatte gerade erst begonnen, doch ich hinkte immer ein Stück hinterher.
 

Draußen war es wieder einmal bitterkalt. Ich zog meinen Schal etwas fester und schwang mich auf mein Fahrrad. Ich trat zügig in die Pedale, denn es war noch eine längere Strecke bis zur Universität. Ich rügte mich innerlich und stellte fest, dass ich meine Prioritäten neu ordnen sollte. Immer noch kam Lars in meinen Gehirnwindungen definitiv zu oft vor. Ich seufzte schwer und der kalte Wind raubte mir deswegen fast meinen kompletten Atem. Mona hatte schon irgendwie Recht. Immerhin war nicht einmal zu Weihnachten ein Anruf gekommen. Ich wusste von meinen Eltern, dass er sogar zu Hause gewesen war, kurz nachdem ich wieder nach München zurückgefahren bin. Außerdem hätte er mich ja in den Semesterferien auf dem Hin- oder Rückweg besuchen können. Ich schüttelte nun den Kopf. ,Das war wohl das Letzte, was gut für uns beide gewesen wäre.' Wieder einmal versuchte ich mir erfolglos einzureden, dass es so für uns beide besser sein würde. Inzwischen konnte ich die Uni am Ende der Straßen schon sehen und war froh, dass ich gleich wieder, wenigstens für ein paar Stunden, mein Grübeln einstellen würde können. An der Uni angekommen schloss ich schnell das Rad ab und rannte in meinen Hörsaal.
 

Natürlich waren alle guten Plätze schon besetzt und so nahm ich weiter vorne Platz. Der Dozent war auch schon da und versuchte mit aller Gewalt das Mikro in seine Lieblingsposition zu verschieben. Ich lächelte nur gelangweilt und warf noch einen schnellen Blick auf meine Aufzeichnungen vom letzten Mal. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass sich ein Junge aus der ersten Reihe erhob und dem älteren Herrn half. Ein Raunen ging durch die Mädchengruppe neben mir und ich schaute nun doch von meinen Unterlagen auf und verstand sofort was sie meinten. Der Junge, nein vielmehr der Mann, sah blendend aus. Neben mir wurde jetzt fast schon Beifall geklatscht, was dem blonden Jungen vorne sichtlich peinlich war. Schnell setzte er sich wieder in die erste Reihe und der Dozent begann mit der Vorlesung. Wie immer ging die Vorlesung sehr schleppend voran und er musste mehrmals auf seinem riesigen Spickzettel nachlesen. Neben mir ging nach kurzer Zeit, auch wie immer, das allgemeine Geschnatter los. "Ist die neue persönliche Hilfskraft von dem Hagen nicht süß?" schmolz die erste dahin. Das Thema schien interessanter als sonst und aus irgendeinem Grund spitzte ich ab diesem Augenblick die Ohren. "Kennst du den Typen etwa schon?" wollte ihre Freundin nun wissen. "Ja. Er soll der neue Tutor sein." Ihre Freundin fing an zu kichern. "Na ja, ich merke schon. Ich sollte mich in diesem Semester wieder einmal im Tutorium blicken lassen, auch wenn man es für diese laue Veranstaltung nicht wirklich benötigt." Plötzlich guckte Herr Hagen böse in ihre Richtung und beide vergruben sich wieder hinter ihren Ringbüchern. Der Rest der Vorlesung lief ohne nennenswerte Zwischenfälle ab. "Und denken sie daran, sich noch mal die Absätze 34 bis 75 anzuschauen." beendete Herr Hagen seine Schlafvorlesung. Es ging ein genervtes Raunen durch den Saal, und dann war es endlich wieder für eine Woche vorbei. ,Im Nachhinein betrachtet kann dieser Typ ja nur ein totaler Langweiler sein, wenn er schon für diesen Hagen einen auf Tutor macht.' dachte ich bei mir und ging Richtung Mensa.
 

Ich sah von den Unterlagen auf und streckte mich. Es war wirklich alles in allem eine sehr schöne Zeit in München gewesen. Ich lehnte mich zurück und bemerkte bei einem Blick auf die Uhr, dass sich der Minutenzeiger kaum nach vorne verschoben hatte. Ein erneuter Versuch, Lars auf dem Handy zu erreichen, blieb erfolglos und allmählich machte ich mir ernsthafte Sorgen. Sonst hätte er sich schon längst gemeldet. Ich wollte schon fast im Krankenhaus anrufen, doch nachher war er nur in einer Not-OP und ich würde als total neurotisch und überempfindlich eingestuft. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas mit Lars nicht stimmen konnte. Dennoch ging ich dann in die Küche und holte mit ein Glas Cola. Ich setzte mich wieder auf's Sofa und blätterte weiter in den alten Unterlagen. Plötzlich stieß ich gegen das Colaglas und verteilte damit den Inhalt über mehrere Schnellhefter. "So ein Mist!" entfuhr es mir und ich sprang auf.
 

"Ist nicht so schlimm." meinte die gleiche männliche Stimme, die mich vor 2 Minuten noch gefragt hatte, ob sie mir gegenüber Platz nehmen dürfte. Ich hatte nicht einmal aufgeblickt, sondern einfach nur stumm genickt. Nun war ich erst mal damit beschäftigt, die Cola mit den mitgebrachten Servietten großzügig einzudämmen. Das Schlimmste war, dass es auch langsam auf seine Hose tropfte. "Warte, ich wisch es eben weg." Meine Stimme überschlug sich fast, denn ich erkannte die dunkelblaue Jeans sofort wieder. Ich hatte niemand anderen, als meinem neuen Tutor die Hose eingesaut. Er blickte mich amüsiert an, als wäre das alles nur ein Sketch, in den er bereits im Vornherein eingeweiht gewesen war und ließ meine notdürftigen Versuche, die Cola großflächig auf seiner Jeans zu verteilen, ohne Widerworte zu. Als ich später mein Werk begutachtete, musste ich leider feststellen, dass die Hose noch schlimmer aussah als vorher und schüttelte traurig den Kopf. "Dir passiert so was wohl öfter?" guckte er mich leicht schief an. Ich bekam große Augen. "Ja, woher weißt du das denn?" Er schmunzelte belustigt. "Nun ja, wenn man sieht wie viele Servietten hier schon gebunkert wurden und mit welcher Routine du es breit gewischt hast." Ich wurde rot und stotterte: "Also die Reinigung der Hose übernehme ich natürlich." Er winkte lächelnd ab. "Mir wäre es lieber, wenn du etwas mehr lächeln würdest. Du lachst ziemlich wenig." Ich schluckte hörbar. ,Hat er mich etwa die ganze Zeit beobachtet?!' schoss es mir durch den Kopf. Er schien meine Gedanken lesen zu können und winkte abermals ab. "Nein, nein. Hab dich nur schon öfters hier in der Mensa mit deiner Freundin gesehen und es sieht oft so aus, als würdest du den Kopf etwas hängen lassen. Du wirkst immer so total eingeschüchtert. Dabei bist du doch sehr hübsch." Ich war ziemlich platt über soviel Offenheit und setzte mich zurück auf meinen Stuhl. Er sprach währenddessen unbeirrt weiter:

"Ich denke, dass dich ein Junge mal sehr verletzt hat. Zumindest umgibst du dich meist mit Frauen." Allmählich fing ich mich wieder. "Sag mal, studierst du im Nebenfach Psychologie und betreibst an Drittsemestlerinnen deine Feldstudien?" Er musste lachen und auch ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Ich gebe zu, dass du mir schon ins Auge gefallen bist und ich dich Kennenlernen wollte, aber ich bin was Frauen betrifft eher schüchtern und warte lieber einen guten Moment ab. Und da dich heute anscheinend deine Freundin versetzt hat, sah ich meine Chance gekommen." Er schaute mir tief in die Augen. In mir flogen das erste Mal seit langer Zeit wieder Schmetterlinge. "Was machst du gleich noch?" wollte er jetzt wissen. "Nicht mehr viel. Ich habe nachher ein Tutorium zu meiner Vorlesung von heute morgen." Nun strahlte er übers ganze Gesicht. "Sag bloß, du willst in mein Tutorium? Das ist ja großartig! Na, dann hoffe ich mal, das ich unserer Jungjournalistin überhaupt noch etwas beibringen kann." Er schien sich zu freuen wie ein kleines Kind, wurde dann aber plötzlich wieder ernst. "Wenn du mir wirklich einen Gefallen tun willst, dann gehst du mit mir einen Kaffee in der Innenstadt trinken." Ich nickte wie hypnotisiert und ließ mich von ihm mitziehen. Kurz vorm Ausgang blockierte ich aber seinen zügigen Lauf. "Wie heißt du eigentlich?" "Oh entschuldige." Er schien peinlich berührt und gab mir seine Hand. "Mein Name ist Marc. Und deiner?" Ich nahm die gereichte Hand gerne an und merkte wie die Funken nur so flogen. "Julia, aber du darfst mich Jule nennen."
 

Marc entpuppte sich als waschechter Münchener und wir nahmen uns beide fest vor, dass er mir noch so einige interessante Ecken dieser Stadt zeigen sollte. Ich merkte schnell, dass man mit ihm unheimlich einfach auskommen konnte und er trotz allem alles und jeden vor sich lesen konnte wie ein offenes Buch. Für ihn war das notwendig um ein wirklich guten Reporter zu sein. Im Gegensatz zu mir, die bis jetzt vielleicht einige Artikel im Dorfblatt geschrieben hatte, konnte er schon fast auf eine lange Karriere zurückblinken. Bei einem Kaffee schilderte er mir mit einem gewissen Strahlen in den braunen Augen, dass schon seine Eltern Journalisten waren beziehungsweise sind und er sich für sein Leben auch nie etwas anderes hätte vorstellen können. Während ich ihm so zuhörte, stellte ich auf einmal fest, dass das Leben doch so einfach sein konnte. Ich saß hier mit einem intelligenten, gutaussehenden jungen Mann, der sich augenscheinlich für mich zu interessieren schien. ,Und der nicht mein Bruder ist.' Augenblicklich musste ich automatisch wieder an Lars denken und fühlte mich schlagartig mies. "Langweile ich dich etwa?" wollte Marc wissen, der schnell bemerkte, dass ich kaum noch etwas sagte. "Nein, mir wird nur immer so schnell von Kaffee schlecht." versuchte ich mich rauszureden, denn es lag ja definitiv nicht an ihm. "Wenn das so ist, gehen wir natürlich sofort. Frische Luft wird dir gut tun." stellte er fest, winkte den Kellner ran und bezahlte die Rechnung, wobei er sich von mir kein Geld geben lassen wollte. "Hey, ich wollte den Kaffee, nicht du!" Damit war die aufkommende Diskussion für ihn auch schon beendet. Draußen atmete ich erleichtert auf und wir gingen, dick eingepackt, wegen dem kalten Wetter, langsam wieder zurück zur Uni.
 

An den Rest des Unitages kann ich mich kaum noch erinnern und wenn, dann sehe ich nur noch das Gesicht von Marc vor mir. Im Tutorium taten wir beide dann, aus Spaß und weil er nun ja immer noch mein Tutor sein sollte, so als würden wir uns nicht kennen, obwohl es sowohl ihm als auch mir schwer fiel, uns nicht die ganze Zeit anzulächeln. Am Ende des Tutoriums tat ich so, als wolle ich ihm noch eine Frage stellen und wir beide warteten geduldig, bis auch der letzte Fan von Marc hinter der nächsten Flurecke verschwunden war. "Boah, war die aber hartnäckig!" meinte Marc verwundert und kratzte sich am Kopf. Ich lachte nun laut los. "Na ja, die meisten Mädels sind nur in diesem Tutorium, weil sie auf dich stehen." Er wurde sichtlich rot. "Nun ja, ich hab mich auch schon über die hohe Frauenquote gewundert." Dann kam er langsam auf mich zu und legte seine Hand auf meine Wange. "Das ist mir aber auch alles ziemlich egal. Denn es gibt hier nur ein Mädchen, was mich wirklich interessiert." Nun wurde wiederum ich rot wie eine reife Tomate. "Darf ich dich nach Hause begleiten?" fragte er jetzt mit großen Augen. Irgendwie war das schon wie ein Traum. Der tollste Typ in meinem Fachbereich schien wirklich auf mich zu stehen! Als wir durch das dämmerige München liefen und ich mein Fahrrad mit blanken Händen durch die Gegend schob, hätte ich mich am Liebsten selber geschlagen, dass ich meine Handschuhe heute morgen vor lauter Eile auf dem Küchentisch hatte liegen lassen. Marc bemerkte es sofort, nahm mir das Rad ab und legte den Arm um mich. Mein Herz schlug bis zum Hals. Das erste Mal seit längerer Zeit fühlte ich mich wirklich geborgen. Irgendwann waren wir dann auch vor meiner Haustür angekommen und wir wussten wohl beide nicht so genau, wie wir reagieren könnten. "Willst du.." ,fingen wir dann plötzlich beide gleichzeitig an zu reden. Er ließ mir dann ganz Gentleman den Vortritt. "Ich würde dich gerne wiedersehen." stotterte ich rum. Er grinste nur und küsste mich dann einfach. Es war ein sehr schöner und intensiver Kuss, obwohl ich bis dato dachte, dass meine Lippen bereits vor zehn Minuten eingefroren wären. Nach einer ewig langen Zeit, vielleicht aber auch schon nach fünf Minuten, ließ er mich langsam los. Ich war immer noch völlig in Trance, als er mir leise ins Ohr flüsterte, dass er mit mir morgen Abend ins Kino gehen würde. Ich erwachte nun endlich. "Ja gerne. Bis denn, du." Ich küsste ihn kurz zum Abschied.
 

Oben angekommen, warf ich mich übermütig aufs Bett. Unerwartet wurde meine Zimmertüre aufgerissen und Mona stürmte rein. "Sorry Süsse, dass ich heute Mittag nicht konnte. Ich hab ganz vergessen, dass ich 'ner Kommi noch die Unterlagen von der Einführungsvorlesung geben wollte. Kannst du dir vorstellen, dass wir in drei Gebäuden keinen einzigen funktionsfähigen Kopierer gefunden haben?" labberte sie los, legte sich neben mich aufs Bett und schien jetzt erst zu bemerken, dass ich in ganz anderen Sphäre schwebte. "Und wie war dein Tag so?" Sie drehte sich langsam in meine Richtung, damit sie mein Gesicht sehen konnte. Ich begann zu schmunzeln. "Ich habe heute einen supersüßen Jungen kennengelernt." "NEIN!" quiekste sie vor Begeisterung. Schlagartig richtete sie sich auf. "Du musst mir alles erzählen!" Nach meinen Ausführungen schlug sie mir freundschaftlich auf die Schulter. "Das ist gut. Endlich hast du auch mal jemanden." Sie drehte meinen Kopf in ihre Richtung, so das ich ihr tief in die Augen schauen konnte. "Ich will den Jungen, der mir die beste Freundin wegschnappt aber schnellstmöglich treffen! Muss ja erst mal gucken, ob der dich überhaupt verdient!" Ich lachte laut los, sprang auf und machte vor ihr einen tiefen Diener. "Ja, meine Königin." "Na warte du!" Sie zog mich aufs Bett und wir balgten eine gewisse Zeit herum. Plötzlich stoppte sie abrupt. "Ach, hätte ich fast vergessen. Du sollst deine Ma anrufen. Geht wohl um das kommende Wochenende." berichtete sie brav. Ich war zwar immer noch sehr außer Atem, aber ich schnappte mir doch das Telefon und wählte die Nummer meiner Eltern. Als abgenommen wurde, meinte ich fröhlich. "Hallo Mama. Ich muss dir was ganz tolles erzählen. Ich hab einen ganz tollen Jungen kennengelernt und kann wohl deswegen auch dieses Wochenende wirklich nicht kommen. Frage doch Lars ob er sich auch mal wieder bei euch blicken lässt." sprudelte es nur so aus mir heraus. Am anderen Ende der Leitung wurde jetzt hörbar geschluckt. "Hallo?" Plötzlich hatte ich Angst, aus versehen die falsche Nummer gewählt zu haben. "Ja, hier ist Lars." Ich glaube in dieser Sekunde krampfte sich alles in mir zusammen. Ich blickte unsicher in Monas Richtung und flüsterte tonlos. "Hallo Lars. Wie geht es dir?" Meine Freundin machte nun auch große Augen und versuchte mir mit Gestiken anzudeuten, was ich jetzt am Besten tun konnte, doch irgendwie konnte ich ihre Zeichen in diesem Augenblick nicht entschlüsseln. Wieder entstand eine quälend lange Pause. "Mama ist gerade nicht da. Aber ich werde es ihr ausrichten." meinte Lars Stimme ziemlich frostig. "Danke. Und wie geht es dir so? Wieso bist du schon zu Hause?" versuchte ich die Situation zu retten. "Als ob dich das wirklich interessieren würde. Bye Julia." Dann legte er auf. Ich hatte Tränen der Wut in den Augen. Mona kam zu mir und nahm mich in den Arm. "Was will er eigentlich?" fragte ich, während ich vor weichender Anspannung und Zorn zitterte. "Ich denke mal, dass er das selber nicht so genau weiß. Bis jetzt hat er die Grenzen gezogen und nun hast du das Ruder übernommen. Männer kommen im Allgemeinen mit Abweisung sehr schlecht zurecht." Ich glaube, dass ich die komplette Nacht keine Sekunde wirklichen Schlaf gefunden habe. Ich fühlte mich von Lars hin und her geschubst.
 

Am nächsten Morgen erkannte ich mich selbst in der fahlen, alten Frau, die mich im Spiegel anschaute. Mona versuchte mich fast die ganze Zeit zu betuddeln, doch ich wich ihr aus. Ich war sogar so fertig, dass ich mein Date mit Marc platzen lassen wollte. Das schlug nun die sonst so ruhige Mona auf den Küchentisch. "Das darf doch wohl gar nicht wahr sein! Wie kann dein blöder Bruder jetzt noch so eine Macht über dich haben?! Er meldet sich kein einziges Mal bei dir. Jetzt triffst du dich das erste Mal mit einem anderen Jungen, er probt den Aufstand und du gibst sofort klein bei! Hat er für dich Miriam aufgegeben?! NEIN! Warum auch? Immerhin seid ihr Geschwister." Ich hatte Tränen in den Augenwinkeln. Ich war zwar sonst nicht so nahe am Wasser gebaut, doch der Gedanke und der mangelnde Schlaf taten das Übrige. Jetzt schien es Mona schon fast wieder Leid zu tun und sie umarmte mich von hinten, als sie mich wie ein Häufchen Elend auf einem der Küchenstühle kauern sah. "Ich mein doch nur, dass er überhaupt kein Recht hat, sauer zu sein. Und wenn, weiß er inzwischen bestimmt selbst, dass sein Verhalten nicht das eines guten Bruders ist." Ich wusste, dass Mona im Recht war, doch ich fühlte mich trotzdem mies. Ich wollte ihn nur noch einmal sehen, um ihm alles sagen zu können. Ich wurde das schale Gefühl nicht los, dass alles wieder hinter mir zusammenbrach, was ich vorher mühsam aufgebaut hatte. Trotzdem konnte ich mich nach einer endlos langen Diskussion mit Mona doch noch dazu durchringen, das Date mit Marc am Abend stehen zu lassen. Punkt 19.00 Uhr holte er mich ab und obwohl er merken musste, dass es mir offensichtlich nicht wirklich blendend ging, gab er sich alle Mühe mich wieder aufzuheitern und mir einen schönen Abend zu bescheren. Als es im Kino dunkel wurde, schlug mein Herz dann wieder wie wild. Irgendwann begann er über die Außenseite meiner linken Handseite zu streichen und ich drehte meinen Kopf in seine Richtung. Er lächelte mich im Dunkeln an und ich konnte nicht anders als ihn zu küssen. Der Kuss wurde von ihm wiederum gerne erwidert und plötzlich stupste seine Zunge keck gegen meine Lippen. Ich öffnete den Mund und es endete in einem sehr langen und erregenden Zungenkuss. Mein Körper schien aus einem langen Dornröschenschlaf zu erwachen und ich reagierte auf jede seiner Berührungen, als ob dort plötzlich ein herrlich warmes Feuer brennen würde. "Du schmeckst verdammt gut. Besser als ich es mir vorstellen konnte." hauchte mir Marc ins Ohr und begann dann an Selbigem vorsichtig rumzuknabbern. Ich hingegen musste jetzt schnell Luft einziehen und drehte mich ziemlich abrupt in seine Richtung. Prompt haute ich meinem Nachbarn von der anderen Seite den Eimer Popcorn aus der Hand. Der war darüber nicht sonderlich begeistert. Marc hingegen fuhr sich durch seine mittelangen Haare, lachte und reichte dem wütenden Mann fünf Euro für einen neuen Eimer. Danach versuchten wir uns wenigstens während des Films zusammen zu reißen.
 


 

Bei mir im Treppenhaus sah das dann schon wieder ganz anders aus. Wir knutschten so lange herum, bis plötzlich das Licht ausging. Nun gingen seine Finger auf große Wanderschaft. Irgendwann kam dann die ältere Dame von gegenüber mit ihrem Hund die Treppe hoch und ich zog Marc schnell in meine Wohnung. Mona war Gott sei Dank nicht da, denn nach Frage- und Antwortspielen war mir in diesem Moment wirklich nicht der Sinn. In meinem Zimmer angekommen, landeten wir zielstrebig auf meinem Bett, und er begann mir langsam die Bluse aufzuknöpfen. In diesem Augenblick legte sich ein Schalter bei mir um und ich sah in meinem Geiste einen traurigen Lars in meinem Türrahmen stehen. "Warte!" meinte ich atemlos und hielt seine Hand davon ab, einen weiteren Knopf zu lösen. Er blickte mich irritiert an. "War ich zu schnell?" Sofort nahm er eine gewisse Distanz ein und es tat mir schon fast wieder leid, ihn zurückgewiesen zu haben. "Ich wollte dir nicht zu nahe treten." Ich richtete mich nun auch auf, knöpfte meine Bluse langsam wieder zu und küsste ihn dann auf die Stirn. "Das hat nichts mit dir zu tun. Aber ich habe noch nie." Er sah mich entgeistert an. "Oh, dann tut es mir noch mehr leid. Ich dachte du hättest mit dem Jungen geschlafen, der dich dann so tierisch enttäuscht hat." Ich lachte tonlos und versuchte eine abwertende Handbewegung. "Nein nein. Das war einfach nur eine kindische Schwärmerei, mehr als Küssen war da nie." Ich strich dem total verdatterten Marc über die Wange. "Aber ich möchte dass du der Erste bist. Nur nicht so schnell." Nun sprang er auf, zog mich mit auf die Beine. "Verstehe ich und werde mir dann, wenn du bereit dazu bist, die größte Mühe geben. Aber jetzt gehe ich lieber, denn gerade bin ich so heiß auf dich, dass ich für nichts garantieren könnte." Er schmunzelte, zog mich an sich und küsste mich zum Abschied nochmals innig.

Kurz darauf hörte ich die Wohnungstür ins Schloss fallen. ,Gottlob war er nicht sauer gewesen.' Trotzdem rügte ich mich innerlich. ,Wäre es Lars gewesen, hättest du sofort mitgemacht.' huschte es mir durch den Kopf. Ich ließ mich kraftlos ins Bett fallen. Klar hatte ich Marc abgewiesen, weil ich noch Jungfrau war, aber auch weil ich immer gedacht hatte, schon als Kind, das Lars derjenige sein würde. Ich stöhnte leicht auf und drehte mich auf den Bauch. ,Ich muss ihn endlich vergessen!' schrie mich meine innere Stimme an.
 

Plötzlich klingelte das Telefon neben meinem Bett und ich nahm es lustlos vom Nachtisch ohne zu gucken, wer dran war. " Julia Möller.." Weiter kam ich gar nicht. "Julia, ich bin's, Lars. Ich muss dich sehen! Bitte!" Er schien zu heulen. In mir drin zog sich alles zusammen. "Alles in Ordnung mit dir?" fragte ich vorsichtig, jetzt aber hochkonzentriert. "Mann, nichts ist O.K. Ich krieg dich einfach nicht aus meinem Kopf raus, Jule. Ich hab vorgestern sogar mit Miri Schluss gemacht." Ich schluckte schwer. Wieso machte er so was, wo ich gerade all das akzeptiert hatte?! "Bitte Jule. Ich steh unten vor deiner Wohnungstür. Mam und Dad haben mir deine Addy gegeben." Die Erde unter mir schien langsam nachzugeben. "Warte, ich lass dich eben rein." Schnell eilte ich zum Flur und drückte den Knopf zum Öffnen der Haustür unten. Ich öffnete die Türe wie in Trance und dann stand er auch schon vor mir. Er wirkte wie immer, nur total zerzaust und aufgebracht. Ohne ein Hi legte er mir ohne Vorwarnungen seine kalten Hände in meinen Nacken und umarmte mich so innig, dass ich kaum Luft bekam. Dann küsste er mich endlich und ich zerrte ihm den Schal und den Mantel aus. "Wo ist dein Zimmer?" flüsterte er mir ins Ohr, als wir eine kurze Pause zwischen den Küssen eingelegt hatten.

Ich konnte nur noch stumm mit dem Zeigefinger in Richtung meines Zimmers weisen. Er drückte mich zu meiner Tür, ich fühlte hinter mich und fand letzten endlich auch die Klinke. Ich vergaß sogar abzuschließen und wir ließen uns langsam auf mein Bett sinken. Kurz schwebte nun Marc in meinen Gehirnwindungen, doch ich verdrängte ihn schnell wieder. "Ich will dich jetzt und hier." hörte ich meinen Bruder sagen, als er mir förmlich die Kleider vom Leib riss. Ich tat es ihm gleich und dann lagen wir nackt nebeneinander.
 

Plötzlich hörte ich immer wieder die Worte von Mona in meinem Kopf hämmern und ich stieß ihn weg. Ohne Vorwarnung stiegen mir die Tränen in die Augen. "Scheiße, was willst du hier?!" Ich setzte mich auf und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Er rollte sich auf die Seite und streichelte mir den Rücken."Es war alles langsam wieder normal. Das wolltest DU doch so!" schrie ich ihn jetzt an, obwohl ich wusste, dass ich nun etwas unfair wurde. Er ließ sich wieder zurück in Bett sinken und fasste sich mit beiden Händen ins Gesicht. "Nun ja, ich konnte wirklich nicht mehr anders. Ich wollt' eigentlich auch nach dem Kurztrip zu Mum und Dad direkt wieder nach Münster, doch dann hat mir Mama die Adresse von dir gegeben und nachdem du plötzlich diejenige von uns beiden mit Partner warst, fühlte ich mich noch beschissener. Ich musste dich einfach sehen." Nun schob er die Hände wieder weg und guckte mich mit seinem Dackelblick an. "Ich dachte, du hättest mit ihm geschlafen. Alleine die Vorstellung und ich hätte kotzen können." Mein Bruder war manchmal einfach unmöglich! Vor Wut sprang ich auf. "Was bildest du dir eigentlich ein?! Erst meldest du dich ewige Zeiten nicht bei mir und jetzt stellst du Besitzansprüche. Wahrscheinlich nur, weil dich deine Miri verlassen hat und du dir jetzt 'nen Notnagel suchst!" Langsam stand er auf und versuchte mich in den Arm zu nehmen, was sich allerdings als sehr schwierig für ihn herausstellte, denn ich wehrte mich mit Leibeskräften. "Ich hab dir damals doch schon gesagt, wie das mit Miriam geartet ist oder vielmehr war und daran hat sich auch überhaupt nichts geändert. Im Gegenteil. Ich hatte dir gegenüber die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen." meinte er mit ruhiger Stimme. "Na toll. Da kann ich mir auch nichts von kaufen!" Meine Stimme zitterte verdächtig. Ich war unheimlich verletzt, dass es ihm anscheinend eher um verletzten Stolz als um mich ging und dann sagte ich etwas, was ich gleich sofort wieder bereuen sollte. "Und ich hab auch gar keinen Bock mehr auf dich. Du bist mein Bruder und hast überhaupt keine Rechte an mir. Kapiere das doch endlich! Und wenn du es genau wissen willst: Ich habe vor einer halben Stunde mit Marc, meinen neuen Freund, das erste Mal in diesem Bett geschlafen. Du bist also zu spät, Lars. Wie schon so oft in deinem Leben!" Lars starrte mich einige Sekunden einfach nur mit großen Augen an. Ich wusste, dass ich jetzt aus dieser Lüge nicht mehr raus kam und hackte weiter auf ihm herum. Ich sagte alles wie ich fühlte, nur genau anders herum. Dass er doch niemals die Liebe meines Lebens hätte sein können. Dass es für mich nur eine Liebelei gewesen sei und es mir sehr leid tun würde, wenn er im Gegenzug mehr für mich empfinden würde. Ich sagte es leicht hin und lachte manchmal sogar fast hysterisch. Irgendwann stand Lars einfach wortlos auf, packte seine Sachen zusammen und zog sich wieder an. Er blickte sich nicht einmal um, als er meine Zimmertüre hinter sich schloss. Kurz darauf hörte ich die Wohnungstür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen. Ich sackte in mich zusammen, umarmte meine Knie und heulte wohl mehrere Stunden lang. Mein Bruder hat mich wieder einmal verlassen. Man hätte fast denken können, dass ich alles nur geträumt hätte, wenn nicht immer noch sein Duft im Zimmer hängen würde.
 

Die nächsten Tage lief ich herum wie in Trance. Marc dachte, dass es an ihm liegen würde und Mona redete mir in dieser Zeit mehr als einmal in Gewissen, dass ich wirklich richtig gehandelt hätte. Natürlich verschwieg ich ihr meine wahren Beweggründe. Ich hätte sofort mit Lars geschlafen, wenn es ihm offensichtlich nicht nur um seine Ehre gegangen wäre. Ich sprach mich dann aber doch mit Marc aus, denn er konnte wirklich gar nichts dafür. Kurz spielte ich sogar mit dem Gedanken ihm alles von Lars und mir zu erzählen, doch ich hatte Angst, dass er mich für pervers oder ähnliches halten würde. Nach einer gewissen Zeit versuchte ich dann abermals mit mittelprächtigem Erfolg einzureden, dass ich in Lars inzwischen wirklich nur noch meinen Bruder sehen würde und stürzte mich mit vollem Elan in die Beziehung mit Marc. Dieser gab sich auch redlichste Mühe und gab alles um mir mein Leben zu versüßen. Er verstand sogar meine Angst vor dem ersten Mal und versprach zu warten.
 

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Das ist nun das Kapitel 5. Nun kam Lars doch noch drin vor. Mehr wollte, ich aber noch(!) nicht passieren lassen.;-) Überigens finde ich es stark, dass innerhalb von 1 Monat über 600 Zugriffe auf mein Geschichte vorgenommen worden sind. Bitte schreibt fleissig weiter Kommis, ich freue mich immer sehr darüber und dann hab ich auch immer etwas mehr Elan weiterzuschreiben.;-)

Natürlich freue ich mich auch weiterhin über konstruktive Kritik..

Mfg Time1981

Kapitel 6

Hi Leute!
 

Irgendwann die nächste Zeit wollte ich doch auch mal Charakterbeschreibungen + Bilder reinhauen. Leider hat mir keiner ein Bild geschickt *muffel* und so muss ich dann ran. Mal gucken wie das so wird. Ich warne euch lieber schonmal vor. Und jetzt viel Spass bei Kapitel 6.1 (Der Rest folgt die nächsten Tage..ich hoffe noch vor Weihnachten..;-))
 


 

6. Kapitel
 

Ein halbes Jahr später waren wir immer noch ein Paar und langsam schien ich Lars wirklich zu vergessen. Zwar redete meine Mutter oft davon, dass sie einfach nicht verstand, was zwischen meinem Bruder und mir passiert war, doch inzwischen wurde die dumme Rumbohrerei immer seltener. Nicht ganz unschuldig daran war Marc. Meine Eltern fanden ihn einfach klasse und er war bei ihnen immer ein gern gesehener Gast. Irgendwann an einem Wochenende Anfang Mai standen meine Mutter und ich in der Küche und bereiteten das Essen vor, während mein Freund mit meinem Vater eine hitzige politische Debatte auf der Terrasse führte. Besonders mein Vater war nicht zu überhören und sowohl meine Ma, als auch ich mussten Schmunzeln. "Paps hat sich in den zwei Jahren überhaupt nicht verändert." stellte ich gedankenverloren beim Zerschneiden einer Paprika fest. "Nun ja, aber Lars und du." meinte meine Mutter während sie die Sauce abschmeckte. Bei dem Thema rollte ich mit den Augen. Meine Mutter winkte lachend ab, als sie mein genervtes Gesicht wahrnahm. "Nein, ich fang nicht wieder mit dem ,Geschwisterzusammenhalt' an. Das müsst ihr selbst wissen." Ihr Gesicht nahm einen ernsten Gesichtsausdruck an. "Nun, früher haben wir immer gedacht, dass du dich mit deinem Berufswunsch derbe aus dem Fenster lehnst und du früher oder später Probleme bekommen würdest. Der Markt an Journalisten ist ja bekanntlich mehr als ausgeschöpft. Gute Leute müssen über Kaninchenzüchtertreffen schreiben." Ich wollte gerade protestieren, doch dann legte meine Mutter mir beruhigend den Arm auf die Schulter. "Aber wenn ich sehe, was heute aus dir geworden ist. Ein sehr gutes Studium und einen Freund, der dir bestimmt später mit seinen guten Beziehungen unter die Arme greifen wird." Ich begann zu lachen. "Na toll! Eigentlich will ich das alleine schaffen." brummelte ich. "Glaub mir Kind! Seine Verbindungen sind aber schon stabil. Sei klug und profitiere davon. Guck mal, mein Vater und ich haben uns alles hart erarbeiten müssen." Sie nahm matt am Küchentisch Platz.

,Oh nein. Bitte fang nicht wieder diese alte Leier an!' dachte ich zähneknirschend. Doch dann stöhnte sie schwer. "Na ja, aber dein Bruder. Zwar zieht er das Studium durch, doch ihm fehlt diese partnerliche Stütze. Ich kann immer noch nicht verstehen, warum er sich von Miriam getrennt hat und vor allem, warum sie dann noch vorübergehend bei ihm in der WG wohnt. Das setzt beide doch unter enormen Stress!" Bei dem vorletzten Satz wurde ich hellhörig und ich musste zugeben, dass es mir auch einen kleinen Stich in der Herzgegend versetzte. Doch ich versuchte so cool, wie möglich zu reagieren. "Wieso wohnt sie denn dann noch da?" fragte ich so beiläufig wie möglich, während ich mich jetzt mit Inbrunst dem Zerteilen einer Gurke widmete. Meine Mutter fuchtelte wild mit ihrem scharfen Messer in der Gegend herum. "Nunja, angeblich findet sie da so schnell keine neue Wohnung und er meinte letztens, dass sie sich sonst ja noch ganz gut verstehen würden." Das Messer schnellte in die vor ihr auf dem Schneidebrett befindliche Tomate. "Wenn du mich fragst, haben die eh eine ganz seltsame Beziehung. Kurz vor deren Trennung waren beide noch mal hier gewesen und aus Lars' Mund war das Wort Hochzeit gekommen. Ich war zwar etwas überrascht über die plötzliche Eile deines Bruders, aber du kennst ihn ja. Manchmal ist er wie das Wetter. Und als dann die Trennung kam, waren wir zwar überrascht, aber er muss seine Entscheidungen alleine treffen." Die kleine Tomate bestand jetzt nur noch aus kleinen Fetzen. Ich schluckte schwer. ,Er hatte sogar Heiraten wollen.' raunte es bösartig immer und immer wieder durch meinen Kopf. Meine Mutter riss mich mit einem spitzen Schrei aus meinen Gedanken. "AHHHHH..Jule das Essen ist übergekocht!"
 

"Mist!" fluchte ich laut und zog den Topf von der Kochstelle. Meine Tagträume waren manchmal wirklich total unpassend. Nun musste ich murrend die Hälfte der Kartoffeln aus dem Topf fischen, weil sie bereits am Boden stark angebackt waren. ,Na toll! Ich kann doch aber nicht hellsehen, wann er dann endlich nach Hause kommt.' Ich beschloss, zugunsten meines knurrenden Magens und der fortgeschrittenen Uhrzeit, doch etwas zu essen.

Vielmehr stopfte ich es lustlos in mich herein. Egal ob er nun bald kommen würde oder nicht, wollte ich doch schnellst möglich alles hinter mich bringen. Langsam ging ich die Treppe zu unserem gemeinsamen Schlafzimmer hoch. Oben angekommen nahm ich Lars alten braunen Stoffaffen vom Bett und nahm ihm fest in meine Arme.
 

"Gib ihn sofort wieder her!" schrie mein Bruder aus Leibeskräften und zog an dem Affen. "Papa hat mir den Braunen geschenkt!" "Nö, kriegste aber nich!" erwiderte ich frech. Schmollend setzte sich mein Bruder auf sein altes Kinderbett. "Du bist gemein. Eigentlich sollte ich dich ärgern. Immerhin bin ich ein Jahr älter." Er streckte mir die Zunge raus und guckte ganz traurig. Ab dem Zeitpunkt merkte ich, dass es mir überhaupt keinen Spaß bereitete, Lars zu ärgern. Ich setzte mich neben ihn auf das Bett. "Hier haste ihn wieder!" flötete ich und hielt ihm den Affen unter die Nase. Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und nahm das Stofftier fest in seine Arme. Ich schmunzelte in mich rein und blickte gedankenverloren Richtung Boden. Plötzlich umarmte mich mein Bruder und blickte mich so komisch an, dass ich sofort rot anlief. "Wenn wir mal gross sind, will ich dich heiraten." stellte er bestimmt fest. Ich schüttelte wild mit dem Kopf. "Jungs sind Bahh. Ich will nie heiraten. Ausserdem hat uns Paps doch letztens gesagt, dass wir uns nicht heiraten dürfen." Mein Bruder ließ sich in sein Bett zurückfallen und kuschelte mit seinem Affen. "Vielleicht hast du recht." Aus irgendeinem Grund war ich jetzt wirklich traurig. Langsam legte ich mich neben ihn und wir guckten uns tief in die Augen. Ich war in diesem Moment total von der Nähe zu meinem Bruder eingenommen. "Hast du schon mal 'nen Jungen geküsst?" wollte Lars jetzt von mir wissen. "Nee, das ist doch ekelig." stellte ich bestimmt fest und verzog angewidert das Gesicht. In diesem Augenblick legte Lars vorsichtig seine Lippen auf meine und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Kurz darauf ließen wir voneinander ab und waren beide peinlich berührt. "Na ja, sooo toll is Küssen ja wirklich nicht, oder?" fragte mich mein Bruder nervös. Unter seinem Blick wurde ich rot wie eine Tomate und nickte nur stumm. Das war mein erster Kuss.
 

"Ach hier steckst du. Ich muss dir unbedingt was erzählen!" flüsterte Marc, als er mich vorsichtig von Hinten umarmte. "Ist das hier dein Zimmer?" Ich zuckte zusammen und fühlte mich ertappt. Ich tat belanglos. "Nein, das war das alte Kinderzimmer von meinem Bruder und mir." "Stimmt, du hast ja einen. Du hast es echt gut. Ich habe ja keine Geschwister. Als Kind war das manchmal echt öde." Dann kratzte er sich aber am Kopf. "Sag mal: Wieso ist dein Bruder eigentlich nie da, wenn wir hier sind. Ist ja echt merkwürdig." Ich hustete nervös und schob Marc aus dem Zimmer. "Na ja, irgendwann hatten wir beiden mal einen derben Streit und das hat sich nie wieder so richtig eingerenkt." Ich suchte schnell nach einem Themenwechsel. "Was wolltest du mir eigentlich erzählen?" fragte ich neugierig. "Gerade saß ich draußen mit deinem Dad, als plötzlich jemand anrief. Das ist echt der Hammer. Ich hab die Volentäriatsstelle!" Nun wurde sein Gesicht finster und er nahm mich fest in den Arm. "Sag mal, steht dein Angebot noch, dass du mit mir zusammen umziehen würdest?" Ich war von der plötzlich auf mich einstürzenden Flut an Informationen etwas überrumpelt. "Ja.." Er hob mich hoch und wirbelte mich lachend durch die Luft. "Ich hab 'ne Stelle in Münster angeboten bekommen!" Er umarmte mich stürmisch. Mir wiederum blieb nun das Lachen im Halse stecken. "Und, was sagst du dazu?" wollte der ahnungslose Marc wissen. "Ja, was soll ich sagen..." "Na, was schon Kind! Geh mit!" grinste mein Vater, der das ganze Gespräch von der Treppe aus verfolgt hatte. "Unseren Segen hast du. Denk alleine mal, was das für eine große Chance für Marc ist und für dich vielleicht auch. Immerhin habt ihr dann schon ein Bein im Zeitungswesen. Außerdem kannst du dann mal ein Äugchen auf deinen Bruder haben." meinte meine Mutter, die nun ihren Kopf hinter meinem Vater herausstreckte. "Dein Bruder wohnt in Münster? Das ist ja großartig, dann kennst du ja wenigstens eine Person da oben." freute sich nun auch Marc. Ich versuchte zu Lächeln, doch eigentlich fühlte ich mich unglaublich mies. ,Wieso muss es ausgerechnet Münster sein? Will mich da oben vielleicht irgendjemand andauernd auf die Probe stellen?' stellte ich im Stillen für mich fest. Nebenbei fand ich es überhaupt nicht gut, von allen so übergangen worden zu sein. Es schien fast so, als ob sich die ganze Welt gegen mich verschworen hätte.
 

"Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?!" wollte Mona wissen und blickte mich von der Seite an. "Ist das irgendein perverses Spiel? Willst du dich immer wieder selber geißeln?"

Ich schüttelte traurig den Kopf. "Warum, verdammt noch eins, sagst du Marc nicht, dass du hier weiterstudieren möchtest. Was meinst du, was passieren wird, wenn du Lars wieder häufiger sehen könntest." Bei diesem Gedanken liefen mir warme Schauer über den Rücken. "Ich weiß nicht. Wahrscheinlich gar nichts. Münster ist ja auch nicht Kleinkleckersdorf. Ich muss ja nicht zwingend bei den Medizinern essen." versuchte ich die Angelegenheit herunterzuspielen. "Ach jetzt hör aber auf!" schnauzte meine Freundin und haute mit der geballten Faust auf den Tisch. Vor Schreck zuckte ich zusammen. "Julia, das glaubst du doch selbst nicht einmal!" Ich fing an zu weinen. Die Anspannung der letzten Tage hatte ihre Spuren hinterlassen. "Und was soll ich deiner Meinung nach tun?! Immerhin hab ich Marc auch tierisch lieb." flüsterte ich tränenerstickt. Mona nahm nicht vorsichtig in den Arm. "Und wenn du Marc die Wahrheit sagst?" Ich blickte sie erstaunt an und winkte dann entnervt ab. "Was? Dass ich mich in meinen eigenen Bruder verliebt habe?! Das kann nicht dein Ernst sein, Mona!" Diese zuckte gedankenverloren mit den Achseln und meinte dann: "Warum eigentlich nicht? Vielleicht versteht er das ja." Ich riss mich von ihr los und lief wie ein eingesperrter Tiger durch die Küche. "Tolle Idee. Ich denke eher, dass er mich dann sofort eiskalt fallen lassen würde. Wenn er wüsste, dass meine erste große Liebe mein Bruder gewesen wäre..." Ich brach ab und schüttelte den Kopf. "Ich kenne ihn. Daran würde unsere Beziehung zerbrechen." Mona nahm entkräftet auf einen der Küchenstühle platz und streckte alle Viere von sich. Lange Zeit sagte sie gar nichts, doch dann richtete sie den Kopf in meine Richtung und entgegnete: "O.K. Irgendwie hast du recht. Gut, meinen Segen hast du. Aber pass gut auf dich auf." Sie sprang auf und drückte mich stürmisch. "Und wehe mir kommen Klagen..." Ich lachte, doch dann fingen wir beide wie aus einem Guss zu Heulen an. Mir würde Mona schrecklich fehlen. Ohne sie würde mir dieses Geheimnis schwerer auf dem Herzen liegen, weil ich dann niemanden mehr hatte, mit dem ich hätte drüber reden können.
 

Die letzten drei Monate in München vergingen wie im Flug und irgendwann war der Tag des Umzuges gekommen. Überall standen die gepackten Kisten herum und Marc machte sich bereits eifrig daran, meine erste größere Zimmerpflanze Richtung LKW zu schleppen. An der Türe fing Mona ihn ab. "Findest du nicht, dass die Pflanzen lieber ganz zum Schluss verladen werden sollten?!" Er blickte sie leicht genervt und auch etwas verwirrt an. "Und wieso, Frau Pädagogin?" Sie grinste wissend und meinte fachmännisch. "Immer diese Journalisten." Sie hustete gekünstelt. "Ob die Pflanze vielleicht auf der Fahrt mal gegossen werden sollte. Und wenn du sie weiter hinten stehen hast, gestaltet sich das wohl eher schwierig." Er ließ augenblicklich von dem Gewächs ab und grinste. "Jawohl Madame. Da haben sie wohl recht." Er blickte in meine Richtung und zwinkerte mir belustigt zu. Ich saß derweil über einer Kiste und machte die Inventarliste. Ich lächelte zurück. Zwei Sekunden lang, sah ich fast Lars in diesem Augenzwinkern, doch ich fing diesen Gedanken sofort wieder ab und blickte wieder auf die Liste. Derweil stritten die Beiden weiter über die korrekte Art des Einladens. Später am Abend aß ich das letzte Mal in meiner über alles geliebten WG zusammen mit den Beiden. Die Wogen hatten sich inzwischen geglättet, doch Marc musste sich noch einen langen Vortrag über meine kleinen Schrullerein und Gewohnheiten anhören. "Und wehe, ich höre, dass du sie schlecht behandelst. Dann komm ich die paar Kilometer nach Münster gefahren und mache dich eigenhändig zur Schnecke." Marc und ich guckten uns an und fingen lauthals an zu lachen. "Wie hast du das bloß so lange mit dieser Frau ausgehalten?" witzelte Marc mit einem Seitenblick auf Mona. "Noch grüne Tarnkleidung und Springerstiefel und sie könnte glatt mein UFFZ aus meiner Bundizeit sein." Plötzlich kam aus Monas Ecke ein Trockentuch geflogen und es landete zielsicher auf Marcs Haupt. "Findest du nicht, dass er mit dieser Kopfbedeckung noch einen Tacken besser aussieht?!" wollte Mona glucksend wissen, bevor er sie packte und mir ihren rechten Fuß hin hielt. "Los, kitzele sie mal so richtig durch." Daraus entstand eine riesige Balgerei und ich bereute einmal mehr, dass ich München verlassen würde.
 

Später abends lagen Marc und ich zusammen auf einer Doppelluftmatratze in meinem alten, inzwischen absolut leeren, Zimmer. Wir waren beide so aufgekratzt, dass wir nicht sofort einschlafen konnten. Irgendwann merkte ich, dass Marc sich zu mir drehte. "Sag mal, warum rufst du nicht deinen Bruder an. Vielleicht weiß er zufällig was von 'ner freien Wohnung oder kann uns zumindest beim Auspacken helfen. Ich will nicht immer in diesem Wohnheim bleiben. Dünne Wände und 'ne Gemeinschaftsküche. Na ja, ich weiß nicht..." Er blickte mich auffordernd an. Ich räusperte mich. "Mhm, du weißt doch, dass er und ich derbe im Clinch liegen, oder? Er ist die letzte Person, die ich über meinen Umzug in Kenntnis setzen will." Ich blickte nervös zu Decke und hoffte inständig, dass ihm das als Antwort genügen würde. Natürlich war das bei Marc nicht der Fall. Er bohrte immer solange bis ich ihm restlos alles erzählt hatte. Nur bei dieser Sache war ich bis jetzt standhaft geblieben. "Was ist damals denn vorgefallen?" Ich schluckte hörbar. "So schlimm?" wollte er nun wissen und nahm mich fest in den Arm. Ich nickte stumm. "Man könnte glatt meinen, dass er deine verflossene Liebe ist." Zwei Sekunden lang blieb mir das Herz stehen. Dann fühlte ich ihn glucksen. "Sorry, das war natürlich jetzt ein Scherz." Ich versuchte mitzulachen, obwohl mir gar nicht danach zu Mute war. Marc nahm mich fest in seine Arme. "Na ja, wenn du nicht drüber reden willst, muss ich das wohl akzeptierten. Lass uns etwas anders machen." Seine Hände gingen unvermittelt auf Wanderschaft und mir war gar nicht so wohl dabei, denn Lars schwebte immer noch wie eine böse Vorahnung über unserem Kopf. "Noch nicht, Marc. Lass uns bitte warten, bis wir endlich unsere Ruhe haben." Inzwischen war er manchmal schon etwas beleidigt, weil er nun schon mehr als ein halbes Jahr wartete. Ich fühlte mich hingegen wie eine riesige Lügnerin, denn eigentlich hatte ich auch mehr als Lust, doch irgendetwas oder vielmehr irgendwer spukte immer wieder dabei in meinen Gehirnwindungen herum. "Na toll. Im Wohnheim willst du dann bestimmt auch nicht. Du weißt ja, wie dünn die Wände da sind." Ich lächelte ihn im Dunkeln versöhnlich an und streichelte über seinen Oberarm. "Schatz, dann sollten wir uns schnell eine eigene Wohnung suchen." Er wuschelte mir grinsend durch die Haare und schien damit erstmal einverstanden zu sein. Kurze Zeit später hörte ich Marcs gleichmäßiges Atmen neben mir, doch aus irgendeinem Grund war ich noch viel zu aufgewühlt um einzuschlafen.
 

Ich drehte mich unruhig auf dem Bett hin und her. Es war nun schon kurz nach 22.00 Uhr und immer noch kein Lebenszeichen von Lars. Ich robbte zu Lars Betthälfte und sog seinen Geruch aus dem Kopfkissen auf. ,Es sollte verboten werden, dass jemand so gut riecht und nicht mal anwesend ist.' stellte ich im Stillen fest und versenkte den Kopf noch weiter in das weiche Federkissen. Heute war es für mich absolut unbegreiflich wie ich jemals denken konnte, dass ich ohne diesen Geruch leben könnte. Ich drehte mich nun auf die Mitte des Bettes und streckte alle Gliedmassen von mir, so dass ich nun das komplette Doppelbett einnahm. Ich schloss die Augen und lauschte dem Ticken der alten Wanduhr, die ich Lars letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte, nachdem er wochenlang immer wieder am Schaufenster des Antiquitätengeschäftes in unserem Örtchen stehen geblieben war. Trotzdem hatte er dann am Heiligabend so getan, als ob er diese Uhr das erste Mal sehen würde und war fast den ganzen Abend damit beschäftigt mir von dieser Uhr vorzuschwärmen oder mich als Dankeschön zu küssen. Lars war schon immer begeisterungsfähiger für so etwas gewesen als ich.

Er war nun zwar schon einige Stunden weg, doch ich vermisste ihn schon fast so sehr, als wäre er Jahre fortgewesen. Gedankenverloren strich ich mir mit der rechten Hand vorsichtig über den Bauch. Lange würde ich dieser Anspannung nicht mehr standhalten können.
 

"Kommst du jetzt mit Essen oder willste jetzt die ganze Zeit hier liegen bleiben?" fragte Marc etwas entnervt. Ich reckte mich noch einmal und blickte ihn belustigt an, ohne mich jedoch einen Zentimeter zu bewegen. "Komm du faule Socke." Schnell fasste er nach meiner Hand und zog mich ohne Vorwarnung hoch. Das Semester war sehr gut angefangen. Münster gefiel mir sehr gut. Besonders hier an der Unibibliothek konnte man wunderbar entspannen, denn es gab einen kleinen verwunschenen Gang an der Aa entlang und eine grüne Wiese, auf der sich an schönen Tagen viele Studenten tummelten. Insgeheim hoffte ich, dass ich Lars hier irgendwann mal zufällig über den Weg laufen würde. Das war natürlich falsch, aber es zog mich immer wieder hierher. "Kommst du endlich?" riss Marc mich unsanft aus meinen Gedanken. Ich nickte stumm und wir schwangen uns auf die Fahrräder. Ca. eine Viertelstunde später konnte ich den Aasee schon sehen. Marc strich mir im Vorbeifahren leicht über die Schulter und mir lief dabei ein wohliger Schauer über den Rücken. In dieser Sekunde wünschte ich Lars in meinen Gedanken ans Ende der Welt. Am Aasee angekommen, beugte ich mich vor um mein Fahrrad abzuschließen. Durch meine Speichen sah ich nun Kopfüber Lars an uns vorbeilaufen. Mein Herz schlug mir sofort wieder bis zum Hals, was mich mehr als ärgerte. ,Na toll. Er schafft es immer wieder mich aus der Fassung zu bringen!' schimpfte ich wütend mit mir selbst. "Sag mal, hat dir der Fahrradsattel irgendwas Bestimmtes getan, oder warum krallst du dich darin fest?!" Marc war unbemerkt neben mich getreten und guckte mir belustigt über die Schulter. "Och nichts. War nur ganz in Gedanken." Ich versuchte vergnügt auszusehen, doch Marc merkte immer sofort wenn ich ihm etwas vorspielte. "Dir gefällt es hier nicht, oder? Ist es wegen dem Studentenwohnheim?" Ich schob ihn Richtung Eingang. "Ach Blödsinn, obwohl so eine ruhige gemeinsame Wohnung sicherlich etwas für sich hätte." Während Marc sich rein darauf konzentriert das Essenangebot zu durchforsten, blickte ich mich nervös nach Lars um. Ich wollte ihm nun wirklich nicht in die Arme laufen, auch wenn Mutter ihm inzwischen bestimmt erzählt hatte, dass Marc und ich hierher gezogen waren. ,Nur nicht wegen ihm!' versuchte ich mir, wie so oft in der letzten Zeit, einzureden. Schließlich saß ich Marc gegenüber in einem kleinen Speisesaal und aß. Er redete für uns beide, dass ihm seine neue Schaffensstelle mehr als zu gefallen schien. Irgendwann bemerkte er dann aber doch, dass ich nur lustlos in meinem Essen herumstocherte. Er lehnte sich nach vorne und küsste mich unvermittelt. "Schatz, du hörst mir ja gar nicht zu." stellte er vorwurfsvoll fest. Ich fühlte mich ertappt und blickte runter zu meinem Essen. "Und warum isst du gar nichts?" Manchmal hasste ich Marc für seine Rumbohrerei. "Och, ich hab mir vor meiner letzten Vorlesung noch ein belegtes Brötchen geholt." log ich schnell und beugte mich vor um ihn zu küssen. Plötzlich spürte ich ein Augenpaar auf uns Ruhen. Schnell blickte ich in die Richtung, die ich vermutete. Dort stand mein Bruder mit einem Tablett in der Hand und hatte einen Blick an sich, denn ich nicht einmal wagte näher zu deuten. "Hast du einen Geist gesehen?" wollte der total verblüffte Marc nun wissen, während er mit einer seiner rechten Hand vor meiner Nase herumwedelte. Widerwillig drehte ich meinen Kopf in die Richtung meines Freundes und versuchte ein Lächeln. "Ach quatsch. Ich hab manchmal nur so komische Aussetzer." Schnell küsste ich ihn auf die Nase. Der ahnungslose Marc begann sofort herzhaft zu lachen. "Manchmal wüsste ich wirklich gerne, was in deinem süßen Köpfchen so rumspukt." Nun beugte er sich noch etwas mehr über den Tisch, strich über meine rechte Wange und küsste mich innig. Als ich mich wieder unaufmerksam zu Seite drehte, war Lars in den Massen verschwunden. Marc traf vor dem Ausgang auf einen ehemaligen Kommilitonen. Schnell drückte ich ihm einen kurzen Kuss auf und zeigte Richtung Ausgang. Er nickte nur und dann lief ich nach Draußen.
 


 

Dort angekommen holte ich einmal tief Luft. Mir war tierisch übel. Ich wusste zwar die ganze Zeit, dass ich Lars irgendwann mal begegnen würde, doch trotz allem war ich innerlich total aufgewühlt. Ich lehnte mich gegen einen Baum auf der anderen Straßenseite und blickte über den Aasee, der golden glänzte. Mein Blick verschwamm und ich hielt mich krampfhaft am Baum fest. Plötzlich spürte ich zwei Hände im Nacken und ich wirbelte herum. Als ich Marc erkannte, war ich fast enttäuscht. "Ist dir nicht gut?" fragte mein Freund besorgt. Ich nickte geknickt. "Mhm...die Luft da drin war heute auch wirklich denkbar schlecht. Immer diese Raucher!" wetterte er nun und stützte mich leicht. "Soll ich dich zu deinem Wohnheim bringen?" Er warf mir einen besorgten Blick zu. Ich biss mir auf die Unterlippe. "Ach Quatsch. Ich hab nachher noch 'ne Übung. Da will ich echt nicht fehlen. Außerdem wird's schon wieder besser. War wohl nur ein kleines Kreislaufproblem." erwiderte ich schnell. Er blickte mich erleichtert an. "Das ist gut. Ich hab nämlich eine kleine Überraschung für dich." Er grinste geheimnisvoll und das machte mich jetzt natürlich mehr als neugierig. "Komm sag schon." Ich setzte meinen Rehblick auf, dem die meisten Jungs hoffnungslos ausgeliefert waren und auch Marc war davor nicht gefeit. "Na, O.K." Er strich sich nervös durch die Haare. "Ich hab ein großes Zimmer in einer WG auftun können." "'Ne WG?!" wiederholte ich leise. Er nahm mich in den Arm. "Ich weiss ja, dass du in keine Wohngemeinschaft ziehen wolltest, aber der Wohnungsmarkt gibt einfach nicht mehr her. Guck mal, ich arbeite an der Quelle und zur Zeit sieht es wirklich mehr als mau aus."
 

Aus irgendeinem Grund war mir bei der ganzen Sache mehr als unwohl. "Worauf willst du denn jetzt hinaus?" fragte ich etwas ungeduldig. "Na ja, ich sah da gerade einen Aushang am schwarzen Brett und ich dachte mir: Ruf da doch mal eben an, denn das klang alles supergut." Er holte kurz Luft. "Der Typ am anderen Ende klang auch ganz nett und wenn wir wollen, können wir uns heute um 16.00 Uhr mal die Wohnung etwas genauer anschauen." Er schaute mich erwartungsvoll an. Ich fühlte mich etwas überrumpelt, da ich aber das Wohnheim ziemlich satt hatte, freute ich mich doch irgendwie auf die Wohnung.
 

Nach der letzten Vorlesung am Nachmittag wollten wir uns dann vor dem Haus treffen. Wie immer war Marc noch nicht da und irgendwie hatte ich inzwischen doch wieder ein flaues Gefühl in der Magengegend, denn in dieser besagten Strasse wohnte meines Wissens auch mein Bruder. Plötzlich tippte mir jemand unerwartet auf die Schulter. Schnell drehte ich mich um und erkannte zu meiner Erleichterung Marc. "Hi Süße." Er küsste mich und schaute mich dann etwas besorgt von der Seite an. "Immer noch nicht ganz wieder auf dem Damm?" Ich lächelte matt. Zwei Minuten und ca. 50 Treppenstufen später standen wir vor einer Wohnungstür. Marc klingelte und erstmal tat sich nicht wirklich etwas in der besagten Wohnung. Marc und ich wurden langsam ungeduldig und mein Freund drückte nun mehrmals hintereinander auf die Klingel. "Das verstehe ich nicht. Jetzt is gar keiner da. Dabei klang der Typ am Telefon zuverlässig." Nun tat sich doch endlich etwas in der Wohnung. "Jaja, komm ja schon. Ich bin wohl eingepennt..."muffelte es hinter der Tür. Ich konnte mir nicht helfen, aber irgendwie kam mir die verschlafene Stimme mehr als bekannt vor. Als dann die Türe aufging, erkannte ich dann auch den Grund. Vor uns stand niemand anderes als ein ziemlich verpennter Lars mit verwuschelten Haaren und einem zerknitterten T-Shirt. Die Hose war ohne Schuhe etwas zu lang und er stand förmlich darauf. Er blickte nun verschlafen auf und mein Herz setzte kurz aus. Zwei Sekunden lang wollten wir wohl beide rufen: "Was machst du denn hier?" Doch dann riss er sich als erster wieder zusammen und meinte muffelig: "Hallo Schwesterlein. Kommst du auch mal vorbei um mich zu nerven." Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich biss mir auf die Unterlippe. Marc streckte seine Hand zwischen Lars und mich und meinte ruhig:"Kein Grund deine Schwester so anzufahren. Wir sind eigentlich nur gekommen, um uns die Wohnung anzuschauen. Hi erstmal, mein Name ist Marc, ich bin Julias Freund." Er streckte Lars die Hand hin, der nach einigem Zögern die Hand entgegennahm. "Hi Marc. Sorry, aber die Wohnung ist leider schon vergeben." Lars lächelte zuckersüß. "Tut mir also Leid ihr zwei." "Was labberst du denn da für einen gequirlten Blödsinn?!" erwiderte plötzlich eine weibliche Stimmeböse hinter mir. "Das große Zimmer ist doch schon seit Wochen frei, weil deine feine Miri nicht rechtzeitig Bescheid gegeben hat, als sie dann endlich ausgezogen ist." Ein junges Mädchen, ungefähr in meinem Alter, stand auf dem Treppenansatz und trug einige schwere Einkaufstüten mit sich herum. "Wäre übrigens nett, wenn sich Herr Miesmuschel mal bequemen würde, mir etwas abzunehmen..."Sofort nahm Marc ihr ungefragt eine Tasche ab und folgte ihr in die Wohnung. "Das ist aber nett." meinte das Mädchen. "Guck mal, das Lob hättest du bekommen können." Ein verachtender Blick wurde auf Lars geworfen, der sich aber nur minder dafür zu interessieren schien. Ich hingegen blieb wie in Trance im Türrahmen stehen. Das konnte doch alles gar nicht real sein. Plötzlich fühlte ich eine Hand, die mich unsanft am Arm in die Wohnung zog. "Reiß dich zusammen, Julia." hörte ich die Stimme meines Bruders an meinem Ohr.
 

In Zeitlupe lief ich in die Küche, wo sich das fremde Mädchen und Marc gut zu unterhalten schienen. "Ach unser Lars ist manchmal etwas grimmig. Das ist aber alles nur Schau. Eigentlich ist er ein ganz Lieber." Mir standen immer noch die Tränen in den Augen. Ich lehnte mich gegen eine Wand und rieb mir meinen immer noch schmerzenden Arm. Er hatte sehr stark zugepackt. Ich warf ihm einen unsicheren Blick zu, doch er blickte konsequent in eine andere Richtung. "Na ja, aber etwas freundlicher hätte er seine eigene Schwester schon empfangen können, finde ich." stellte Marc, während er dem Mädchen half die Taschen auszuräumen. Diese hielt inne und blickte erstaunt zu uns beiden. "Du hast seine Schwester?!" Sie fixierte mich etwas genauer. "Aber wenn man genau hinsieht, kann man die Ähnlichkeit auch erkennen. Wieso hast du denn nie was erzählt?" Sie lief zu ihm und stupste ihn leicht in die Seite. Dann kam sie zu mir und reichte mir die Hand. "Mein Name ist Susanne. Meine Freunde nennen mich aber alle Suse." Ich versuchte ein Lächeln, obwohl es mir gar nicht behagte, dass sie seine neue Freundin sein könnte, denn sie schien unheimlich nett zu sein, was es schwerer machen würde, sie zu Hassen. Susanne riss mich aus meinen Gedanken. "Wollt ihr euch nicht einfach mal genauer in der Wohnung umgucken? Wenn sie euch gefällt, kriegen wir das sicher irgendwie hin, nicht war Lars?" Sie warf meinem Bruder einen ermahnenden Blick zu. Der schüttelte nur mit den Achseln und verschwand muffelnd hinter einer der vielen Türen. "Boah, der kann manchmal wirklich ein alter Brummbär sein!" Suse stemmte die Hände in die Seiten. "Dann machen wir unsere Führung halt alleine." Gesagt, getan. Sie führte uns fachmännisch durch alle Zimmer, bis auf das, in dem Lars gerade verschwunden war. Ich musste zugeben, dass mir sowohl Suse als auch die Wohnung mehr als sympathisch waren und ich auch nicht sonderlich abgeneigt gewesen wäre, trotz meines Bruders, hier einzuziehen. Marc schien es nicht anders zu gehen und er wirkte, so wie er durch die hellen und luftigen Räume wirbelte, wie jemand, der gerade im Lotto gewonnen hatte. Irgendwann zog er mich zur Seite und blickte mich fragend an. "Könntest du dir denn vorstellen hier zu Wohnen. Auch, wenn ich dir zustimmen muss, dass dein Bruder ein ziemlicher Muffel zu sein scheint?" Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, doch trotz allem nickte ich stumm mit dem Kopf. "Dann ist ja alles geritzt!" freute sich mein Freund überschwänglich. "Nichts ist geritzt. Ich bin nämlich dagegen!" stellte jetzt Lars' Stimme hinter uns fest. Er lehnte lässig in seiner Zimmertüre. "Jetzt reicht es aber, Lars! Was soll denn der Blödsinn?! Das sind doch nette Leute und außerdem ist sie deine Schwester. Ich finde du könntest ruhig etwas höflicher sein." gab Suse nun ihren Senf dazu. Lars drehte entnervt mit den Augen. "Eben weil sie meine Schwester ist, will ich sie hier nicht haben! Ich hab die schon lange genug ertragen müssen." Er grinste fies und verschränkte die Hände vorm Körper. "No Chance!" "Mir reicht's jetzt! Was bildest du dir eigentlich ein?! Sie ist supernett und außerdem brauchen wir auch die Kohle. Ich kann es mir keinen weiteren Monat leisten, die Miete für eine weitere Partei mitzutragen und ich denke mal, Herr Großkotz, dass es bei dir nicht wirklich besser aussieht!" griff sie ihn an. Lars grummelte verächtlich, nickte und schloss sich dann wieder in seinem Zimmer ein. Kurze Zeit später hörte man lautstarke Musik aus seinem Raum. Suse ballerte noch mal mit den Fäusten gegen die Zimmertür. "Sehr erwachsen Lars!" stellte sie schon fast schnaubend fest.
 

Danach war sie sofort wie die Alte und fragte uns, ob wir erst einmal einen Tee haben wollten. "Vergesst Lars," meinte sie, als sie vorsichtig den ersten Schluck Tee versuchte. "Seit der sich von seiner Ex getrennt hat, ist der so komisch." Mir versetzte es sofort wieder einen Stich in die Magengegend. "Und irgendwie hatte er dann wohl vor 'nem halben Jahr oder so ziemlichen Stress zuhause. Seither kannste den echt zu nichts mehr wirklich gebrauchen. Weißt du vielleicht, was da war?" wollte sie nun von mir wissen. Ich krallte mich an meiner Tasse fest und erwiderte so ruhig wie möglich: "Keine Ahnung. Meine Eltern haben mir nichts erzählt. Ich weiß nur, dass er z.Z. eher ihr Sorgenkind ist, als ich. Vielleicht ist er einfach nur eifersüchtig." Suse nickte bedächtig und schien dieser Aussage Gott sei Dank Glauben zu schenken.
 

Man einigte sich dann doch noch auf unseren Einzug und ich denke einmal, dass Suse viele Debatten mit Lars führen musste, bis er endlich zugestimmt hatte, denn mein Bruder war und ist von Hause aus sehr stur. Keine Woche später hatten sowohl Marc, als auch ich jeweils einen Nachmieter für unsere Studentenwohnheimzimmer gefunden und dem Umzug stand nichts mehr im Wege. Die ganze Zeit versuchte ich mir einzureden, dass das alles nicht soo schlimm war und schon nichts passieren würde, weil ja mein Freund dabei war. Außerdem ließ sich mein Bruder weder während des Einzuges noch in den ersten beiden Wochen blicken. Entweder war er unterwegs oder er verbrachte seine Zeit schmollend auf seinem Zimmer. Mir war das ganze mehr als peinlich, doch konnte ich beiden nicht sagen, warum er sich wirklich so verhielt. Suse hingegen wurde trotzdem eine meiner besten Freundinnen, besonders als sich herausstellte, dass sie meinen Bruder zwar mochte, aber nicht in ihn verliebt war. Eines Abends beschlossen wir, einen reinen Frauenabend zu machen. Mein Freund nahm sich daraufhin vor, mal einige klare Worte mit meinem Bruder zu wechseln. Ich war natürlich nicht besonders erfreut von diesem Gedanken, wusste aber in dieser Sekunde auch nichts, was dagegen sprach außer der Wahrheit. Während Susanne und ich uns gemeinsam im Bad zurechtmachten, klopfte er an Lars Tür, um ihn zu fragen, ob sie nicht zusammen ein Bier trinken gehen wollten. Ich spitzte die Ohren und bekam Lars Abfuhr mit und war deswegen mehr als erleichtert. "Hörst du mir überhaupt zu?!" wollte Suse nun vorwurfsvoll wissen. Ich lächelte sie seelig an. "Natürlich tue ich das." Sie stand am Spiegel und zog sich einen präzisen Lidstrich, während ich auf dem Wannenrand hockte und ihr dabei zuschaute. "Sag mal, wieso hat Lars eigentlich keine neue Freundin?" lenkte ich nun ab. Es war eine Frage, die mir insgeheim schon lange auf der Zunge lag. Suse blickte mich im Spiegel an. "Keine Ahnung. Ich studiere zwar Psychologie im Nebenfach, aber das kann ich dir wirklich nicht beantworten. Vielleicht hat Miri ihn so enttäuscht, obwohl ich das eher weniger glaube." Sie schüttelte die Wimperntusche und trug sie dann geschickt auf beide Augen auf. "Wieso?" wollte ich nun interessiert wissen. "Nun ja, er wirkte schon immer so, als ob Miriam nicht wirklich seine Traumfrau war. Ist auch ein Grund, warum ich mich nie an deinen Bruder rangemacht habe, obwohl er einfach ein süßer Typ ist. Aber er wirkt immer so, als wäre der Platz in seinem Herzen schon für jemand anderes reserviert. Komisch ist nur, das immer wenn ich ihn darauf anspreche, er mir konsequent ausweicht." Sie schüttelte mit dem Kopf. "Komm lass uns nicht mehr über deinen Bruder reden." Ich nickte stumm, doch am liebsten hätte ich geschrieen.
 

Der Abend verlief leider nicht wirklich wie geplant, denn kaum waren wir in einer Kneipe angekommen, befiel Susanne ein schlimmer Mirgäneanfall und wir fuhren wieder Richtung Heimat. Dort angekommen verabschiedete sich die reichlich blasse Suse von mir und ich überlegte, ob ich meinen Freund überraschen sollte. Einige Sekunden spielte ich sogar mit dem Gedanken, einfach in Lars' Zimmer zu poltern, doch ich konnte mich gerade noch davon abhalten. Plötzlich hörte ich Stimmen in der Küche und ich vermutete Marc mit einem Freund, doch schnell merkte ich, dass es Lars war, der sich doch noch aus seinem Zimmer bequemt hatte. Beide schienen sich gerade über mich zu unterhalten und ich entschloss mich, draußen im Flur zu warten, was passiert. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. "Sag mal, du kennst ja deine Schwester schon etwas länger..."stellte mein Freund gerade fest. "Na ja, in den letzten Jahren haben wir uns ziemlich auseinandergelebt." hörte ich die Stimme meines Bruders vorsichtig antworten. "Warum?" "Mhmm, wie soll ich sagen..." Das Ganze schien meinem Freund mehr als peinlich zu sein. "Ich liebe deine Schwester, aber manchmal verstehe ich sie echt nicht. Wir sind jetzt seit über 'nem Dreivierteljahr zusammen, doch mehr als Petting will einfach nicht passieren. Ich spüre, dass sie eigentlich auch will, doch immer wenn es soweit sein könnte, hat sie wieder eine neue Ausrede. Hat sie da mal schlechte Erfahrungen gemacht oder so?" Es entstand eine endlos lange Gesprächspause. "Ihr habt also noch nie?" bohrte mein Bruder nach. Die Antwort schien ein Kopfschütteln zu sein. Ich lehnte mich gegen die Wand und ballte die Fäuste. ,So ein Mist. Jetzt weiß er, dass ich ihn angelogen habe. Was mache ich denn nun?' Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Ich taumelte in Richtung Bad und schloss mich dort erst einmal ein. Als keine Geräusche mehr aus der Küche kamen und die Wohnungstür in Schloss fiel, vermutete ich, dass die beiden noch auf die Piste gegangen waren. Schnell schloss ich die Tür auf und huschte in unser Zimmer.
 

Dort atmete ich tief durch und lehnte mich gegen die Tür. "Schon wieder da?!" fragte eine Stimme aus der Dunkelheit. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich eine männliche Silhouette auf unserem Schlafsofa erkennen. Ich schluckte schwer, denn es war niemand anderes als Lars. "Schön habt ihr es hier. Ich hätte es mir schon viel früher mal angucken sollen." Seine Stimmlage war überhaupt nicht zu deuten und ich wurde sichtlich nervös. "Wo ist denn Marc?" fragte ich beiläufig, während ich versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen. "Dein geliebter Marc ist los, um mal zu gucken, wie es bei euch so läuft. Du hast einen netten und sehr verständnisvollen Freund, Julia." Langsam stand er auf und steckte die Hände in die Hosentaschen. Ich ging rückwärts und suchte hinter mir im Dunkeln die Türklinke. "Ich weiß. Deswegen sollte ich jetzt zu ihm gehen." flüsterte ich ängstlich. "Findest du?" fragte er mich leise und kam immer weiter auf mich zu. "Ja." Ich versuchte so bestimmt wie möglich zu klingen. Er hatte mich nun erreicht und beugte sich zu mir herunter. "Also ich finde das nicht." Lange hatte ich seine Stimme nicht mehr an meinem Ohr gehört, doch wie immer verfehlte sie nicht ihre Wirkung. Ich ließ meine Hände wie fremd gesteuert nach unten sinken. Ich schluckte schwer. "Wieso hast du mich angelogen, Jule?" fragte Lars während er mit einer meiner Haarsträhnen spielte. Nun fing ich mich wieder und wollte nur noch weg. Er drückte mich nun bestimmt gegen die Tür. "Was willst du?" fragte ich fast tonlos. "Die Wahrheit, Julia." Er blickte auf und sah mir in der Dunkelheit in die Augen. Ich konnte nicht alles erkennen, doch ich vermutete, dass er weinte. "Welche Wahrheit?" Ich tat absolut ahnungslos. "Verdammt, Julia! Ich weiß alles. Du hast noch nie mit Marc geschlafen. Wieso hast du mir damals so einen Mist erzählt?!" schrie er mich jetzt an. Ich begann am ganzen Körper zu zittern, sackte fast in mich zusammen und fing an zu schluchzen. "Lass mich doch einfach nur in Ruhe!" brüllte ich ihn an. Er sah mir unverwunden ins Gesicht und strich mir dann mit dem rechten Handrücken über selbiges. "Du weinst ja." stellte er leise fest. Er lehnte sich vor und begann vorsichtig die Tränen wegzuküssen. Ich versteifte mich augenblicklich. "Lass mich los." wimmerte ich fast. "Ich will das alles nicht!" Er schien zu lächeln. "Ach Jule. Hör auf zu kämpfen. Das hat doch alles keinen Sinn mehr. Irgendjemand da oben will das doch anscheinend genauso wie wir." Ich schüttelte energisch den Kopf. "Doch sonst hätte er uns nicht immer wieder zusammengebracht." In dieser Sekunde war mein Widerstand wohl komplett gebrochen und ich wartete nur noch darauf, das er mich endlich küssen würde.
 

Plötzlich machte jemand die Zimmertür auf und wir fuhren reflexartig auseinander. Als sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, erkannte ich eine schlaftrunkene Susanne. "Sagt mal ihr zwei, ich finds ja schön, dass ihr eure Probleme endlich klären wollt, aber könnt ihr das vielleicht etwas leiser machen?!" sagte sie entnervt, um sich dann nur mir zuzuwenden. "Sag mal, hast du noch eine Aspirin für mich? Ich habe gestern meine letzte Tablette genommen und vergessen mir heute neue zu besorgen." Ich lächelte etwas nervös und zog sie dann etwas unsanft aus meinem Zimmer. "Aber klar doch." Mir war die ganze Situation äußerst unangenehm, weil ich auch noch das untrügliche Gefühl hatte, dass sie irgendetwas mitbekommen haben könnte. Doch lange Zeit darüber nach zu denken, hatte ich nicht, denn kurz darauf kam Marc nach Hause. Lars hatte sich wie immer wieder in seinem Zimmer verkrochen und ich fühlte mich mehr als mies. Mein Freund ahnte von nichts und nahm mich erstmal fest in den Arm. "Tztz. Da such ich dich in der Kneipe und dann muss ich hören, dass ihr schon wieder abgezogen seid. Was haben wir denn die ganze Zeit so gemacht?" Meine Hände wurden schwitzig. "Sie ist wegen mir eher gegangen. Mich quält schon wieder meine Migräne und gerade wollte sie mir hier eine Kopfschmerztablette geben." Kam mir Suses Stimme aus dem Bad zu Hilfe. Ich war ihr mehr als dankbar und schlüpfte wieder zurück ins Badezimmer. Sie sagte kein Wort, doch ich konnte ihren fragenden Blick ganz deutlich in meinem Nacken fühlen.
 

Am nächsten Morgen fühlte ich mich schrecklich krank und Marc befand, dass ich auch blass wirkte. "Dein Bruder sollte mal ein Blick auf dich werfen." Ich richtete mich im Bett mühsam auf und schaute meinem Freund zu, wie er sich anzog. "Ich frag ihn mal gleich. O.K.?" Ich kam gar nicht mehr so schnell zum Nein sagen, wie er bereits aus dem Zimmer geschneit war.

,Mist, Mist, Mist!' dachte ich innerlich, ließ mich ins Bett zurückfallen und schloss müde die Augen. Ich war gerade wieder dabei Einzuschlafen, als meine Zimmertür aufgerissen wurde und Marc seinen Kopf rein steckte. "Ich muss jetzt los, Süße. Hab gleich 'nen wichtiges Treffen mit meinem direkten Vorgesetzen. Der hat gestern einen auf tierisch geheimnisvoll gemacht. Ich erzähle dir nachher mehr dazu." Er wollte gerade seinen Kopf zurückziehen, als ihm anscheinend noch etwas einfiel. "Ach bevor ich's vergesse. Dein Bruder wollt gleich noch nach dir gucken, bevor er zur Uni muss. Hat wohl erst um 11.00 Uhr die erste Vorlesung. Na ja, manchmal möchte man echt gerne wieder Student sein." Er lachte herzlich und warf mir noch eine Kusshand zu. "Ich liebe dich, Schatz." "Ich dich auch." presste ich hervor. Mir war mehr als unwohl dabei, jetzt wieder alleine mit Lars zu sein, da Suse Dienstag immer schon ab dem frühen Morgen in einer Bäckerei arbeite. Ich stöhnte auf und richtete mich erneut auf. Plötzlich wurde die Tür erneut geöffnet. "Hast du was vergessen..." Ich unterbrach mich selbst, denn das war nicht Marc, sondern Lars. Er balancierte ein Tablett auf dem Arm. "Morgen Lars." meinte ich leise. Er ging langsam auf das Bett zu. "Morgen, kleine Schwester. Hier bitte, dein Frühstück." entgegnete er freundlich und grinste mich an. Ich musste zugeben, dass er sich mit dem Frühstück mal wieder selbst übertroffen hatte. Neben einem Ei lagen noch duftende Pfannekuchen und mehrere Brötchen vor mir und ich fühlte mich sofort an früher erinnert, wo er mich öfters am Sonntagmorgen mit so einem Frühstück überrascht hatte. Ich seufzte schwer. "Geht's dir so schlecht?" wollte Lars besorgt wissen, während er sich ungefragt einfach auf Marc's Bettseite setzte. "Es ging schon mal besser." antwortete ich matt. Er blickte nun etwas ernster drein und ließ sich in die Kissen zurücksinken. Es war so vertraut, genau wie früher. ,Ja, wie früher!' verhöhnte mich eine böse Stimme in mir. Es war einfach zum wahnsinnig werden! Er lag hier in abgekauten Jeans und Tennissocken in dem Bett von meinem Freund und mir und tat einfach so, als ob nie irgendetwas gewesen wäre. Ich lachte erstickt. "Alles O.K. bei dir?" Mein Bruder drehte sich langsam in meine Richtung. Dabei rutschte ihm eine Haarsträhne ins Gesicht. Instinktiv griff ich danach und schob sie hinter sein Ohr. Er hielt meine Hand fest und wir schauten uns tief in die Augen. Ich glaube, mein Herz setzte einige Sekunden aus. Er führte sie langsam Richtung Mund und küsste meine Fingerspitzen. Es war nicht mehr, als hätte mich ein Schmetterling berührt, aber ich fühlte mehr als ich es jemals zuvor bei einer Berührung von Marc erlebt hatte und zog sofort meine Hand zurück, als hätte ich mich verbrannt. Er räusperte sich und legte sich wieder auf den Rücken. Mit den Händen im Nacken blickte er einige Minuten starr in Richtung Zimmerdecke. "Du hast wirklich einen sehr netten Freund, Jule. Ich will das nicht zerstören. Immerhin scheinst du mit dieser Situation ansonsten gut klar zu kommen. Besser, als ich es jemals konnte und man merkt dir an, das du Marc auch wirklich liebst. Da kann ich dir einfach nicht länger im Weg stehen. Vielleicht können wir uns einfach wieder verhalten wie ganz normale Geschwister." Er lächelte mich hoffnungsvoll ab und nahm mich brüderlich in den Arm. ,Natürlich liebe ich Marc, aber leider nicht so sehr wie dich!' Doch ich wusste, dass es das Beste für alle Beteiligten war.
 

Trotzdem nahm sich Lars den Rest des Tages frei und wir redeten viel über die letzten zwei Jahre. Das Gespräch baute mich auch soweit wieder auf, dass ich am Abend bereits wieder so fit, war um ihm beim Essen kochen zu helfen. Zur Feier des Tages gab es seine berühmte Lasagne. Kaum hatte er die Form in den Ofen geschoben, stand Marc in der Küchentür. Er wirkt sehr ernst und winkte mich Richtung Schlafzimmer. Beim Rausgehen warf ich Lars einen fragenden Blick zu, doch der zuckte nur mit den Schultern. In unserem Zimmer angekommen, bat er mich auf dem Bett Platz zu nehmen und schaute immer noch so ernst aus. "Was ist denn los?" wollte ich nun wissen. "Ich habe eine Festanstellung angeboten bekommen." Erwiderte Marc leise. Ich sprang auf und freute mich tierisch für ihn, obwohl ich sehr wohl merkte, dass er weniger begeistert schien. Trotzdem umarmte ich ihn stürmisch. "Ach Julia. Das ist ja eigentlich schön, aber ich muss dafür erstmal für ein Vierteljahr ins Ausland. Mein Vorgesetzter ist der Meinung, dass mir nur noch etwas Auslandskorrespondenz fehlt, bevor ich endlich ein vollwertiger Journalist bin. Ich soll dann in die USA gehen." Ich schluckte und drückte ihn noch etwas fester. "Ein Vierteljahr." wiederholte ich leise. Er ließ den Kopf auf meine Schulter nieder. "Kannst du dir vorstellen, 3 Monate, alleine mit den anderen hier zu wohnen. Ich verdiene dann genug um die Miete weiterhin zu bezahlen, denn in Amerika wird mir ein Zimmer gestellt. Nur das Essen muss ich selber bezahlen. Dann müsstest du trotzdem nicht im Semester nebenher arbeiten gehen und könntest dich voll auf dein Studium konzentrieren." Ich nickte gedankenverloren. Drei Monate ohne Marc wären alleine schon schlimm gewesen, aber da war zusätzlich noch die Sache mit Lars. Der reagierte auf die Neuigkeiten beim Essen äußerst neutral. "Keine Sorge, ich werde schon die paar Monate auf mein Schwesterchen aufpassen können." Lars knuffte mich vorsichtig in die Seite. Suse warf uns einen komischen Blick zu. "Außerdem bin ich ja auch noch da." meinte sie schnell. Mein Verdacht, dass sie einfach etwas bemerkt haben musste, schien sich immer mehr zu bewahrheiten. Später auf dem Weg zum Bad hatte ich das Gefühl, die komplette Last der Welt auf meinen Schultern zu tragen. Im Flur begegnete mir Lars. "Hey Kleine. Jetzt guck nicht so bedröppelt. Er kommt ja bald wieder." sagte er locker. Ich fixierte die Wand neben ihm. "Das ist es nicht, was mich beunruhigt." stellte ich leise fest. Lars nahm mich vorsichtig in den Arm und küsste mich auf die Stirn. "Keine Angst. Ich werde nichts tun, um irgendetwas ins Rollen zu bringen." ,Das tust du aber gerade schon.' dachte ich im Stillen und drückte mich traurig noch etwas dichter an meinen Bruder.
 


 

Soo, das wars erstmal für dieses Jahr. Ich werd in meinen wohlverdienten Ferien aber trotzdem weiterschreiben.
 

ich wünsche Euch allen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
 

Eure Time1981

Kapitel 7.1

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

7.2

Hi ihrs!
 

Das nächste Kapitel ist teilweise on. Die ist die entschärfte Version 7.2. Vorab gleich zwei Sachen, falls ihr mich jetzt mit ENS zuschüttet.
 

1.) Ich verschicke eh ungern meine Kurzgeschichte per Mail.
 

2.) Fühle ich mich ans Jugendschutzgesetz gebunden. Was ihr untereinander macht, kann ich natürlich nicht einsehen. Bedenkt aber, dass das meine Story ist, und wenn es auffliegt, ich dafür verantwortlich bin. Ich persönlich hab damals im euren Alter etwas mir alles vorgestellt... Warum wollt ihr eigentlich alle so schnell alles? :-/ (Ich bin jetzt wohl die Buhfrau und altmodisch, aber da steh ich zu.)
 

Der zweite Teil des Kapitels ist wieder für alle gleich.

Und ich hab auch noch ne Idee zu den Charaktern gehabt..lasst euch überraschen.

;-) (Ich sag nur "Footloose-Fan. Aber was soll ich machen, wenn mein Freund mit dem Kev Ähnlichkeit hat.;-)) Nur tanzen will der einfach net..LOL
 

Also wieder viel Spass beim Lesen(Korrektur wird noch überarbeitet..)
 


 

7. Kapitel
 

Die zwei Monate zogen schneller vorbei, als uns lieb war. Plötzlich waren es nur noch ein Tag bis zu Marc's Abreise. Lars und ich versuchten so normal wie möglich miteinander umzugehen, was uns wohl auch weitestgehend gelang. Nur Suse beäugte uns manchmal etwas komisch, doch sie sprach weder Lars noch mich darauf an und ich war ihr mehr als dankbar dafür. Marc und ich verbrachten viel Zeit alleine in unserem Zimmer. Je näher der Abschied kam umso, mehr Angst hatte ich davor. Was würde dann passieren? Würde doch wieder etwas zwischen meinem Bruder und mir laufen? Als ob Lars meine quälenden Fragen kennen würde, tauchte er jeden zweiten Abend mit einem neuen Mädel im Arm in der WG auf. Auf der einen Seite verstand ich sein Verhalten nur zu gut, doch etwas in mir hasste ihn dafür. Entweder hätte ich ihn am Liebsten umarmt oder ich würgte ihn innerlich. Es gab einfach kein Bisschen mehr, was einfach nur seine Schwester sein wollte.
 

"Alles O.K. bei dir, Schatz?" fragte mich Marc, streichelte mir über den Bauch und zog mich mit sanfter Gewalt wieder zu sich. Wir lagen in unserem Doppelbett und redeten über seinen baldigen Abschied. "Du bist ja total steif. Ist dir etwa kalt?" Schnell schob er die Decke noch etwas höher und küsste mich zärtlich auf die Stirn. Ich schaute ihm tief in die Augen und dachte darüber nach, wie das alles weiterlaufen sollte, wenn er weg war. Die einsamen Nächte und immer im Bewusstsein, dass mein Bruder drei Türen weiter wieder ein Mädchen um den Verstand vögelte. ( Anmerkung der Autorin: Alles andere klang total künstlich an dieser Stelle..sorry*) Langsam liefen mir einige Tränen die Wangen hinunter. Marc bemerkte es und wischte sie mir sofort weg. "Och Süsse. Es ist doch nicht so lange. Guck mal, Suse ist da und dein Bruder hat mir auch versprochen einen Blick auf dich zu werfen. Du bist also nie wirklich alleine." Innerlich verachtete ich mich zutiefst, dass ich Marc niemals so lieben könnte, wie es dieser tolle, liebe und leider auch total unwissende Junge verdient hätte. Ich wusste, dass mich viele um meine Beziehung zu Marc beneideten und ich konnte mich noch zu gut an die neidischen Blicke einiger Damen auf dem letzten Presseball erinnern, wo er mich als seine Partnerin vorgestellt hatte. ,So eine junge Göre verdient so einen tollen und gut aussehenden Mann doch gar nicht!' Ich konnte immer noch ihre flüsternden Stimmen in meinen Ohren hören. Das Schlimmste daran war, dass es genau der Wahrheit entsprach. Ehe ich mich versah, fiel ich in einen traumlosen aber tiefen Schlaf.
 

Am nächsten Tag stand Marc im Flur vor gepackten Taschen und nahm mich noch einmal feste in den Arm. Wieder stiegen mir die Tränen in die Augen. Diesmal auch weil, ich Marc trotz allem tierisch vermissen würde. Er war neben Suse und Mona zu einem der wichtigsten und ausgleichensten Personen in meinem Leben geworden. Irgendwann löste sich mein Freund von mir und nickte noch einmal in die Runde. "So, mein Flieger geht in 2 ½ Stunden. Und wenn ich noch einchecken will und das Ganze, ... muss ich langsam los." Suse drückte ihn auch noch mal feste und auch Lars ließ sich zu einem kurzen Knuffer hinreißen. So komisch das klang, aber die beiden Jungs waren nach verständlichen Anlaufschwierigkeiten zu echten Kumpels geworden. Wir halfen ihm alle noch die Koffer runter zum wartenden Taxi zu schleppen und winkten ihm traurig hinterher. Als das gelbe Auto hinter der nächsten Straßenecke verschwunden war, musste auch Suse los, die an diesem Tag noch einige Bücher aus der Zentralbibliothek für ein bald anstehendes Referat ausleihen musste. "Rechnet heute nicht zu früh mit mir. Ich muss danach noch das Referat mit 'nem Kommi durchsprechen." Sie verdrehte die Augen, hängte sich ihre überdimensionale, braune Cordtasche um und schwang sich auf ihr Fahrrad. "Das könnte spät werden." Ich war total verwirrt. "Und was ist mit unserem Videoabend?!" fragte ich tonlos. Suse sah mich bedauernd an. "Oh Scheiße, Süße. Den hab ich jetzt voll vergessen. Ich sollte dich ja ablenken. Kann Lars das nicht ebenso gut?!" Sie blickte ihn schief von der Seite an. Der lief wie auf Kommando leicht rot um die Nase an. Ich übrigens auch und hoffte inständig, dass Suse das nicht so genau erkennen konnte. "Nunja, ich geh heute mit Lea in die Disse. Also keine Zeit." krächzte mein Bruder schnell und wandte sich Richtung Hauseingang. "Ich versuche mich zu beeilen, O.K.?!" wollte Suse von mir wissen, als sie sah, dass ich nun noch geknickter zu sein schien. "Hey, komm schon. Lass den Kopf nicht so hängen." Sie drückte mich und fuhr dann entgültig los.
 

Es war ein relativ warmer, wenn nicht sogar schon fast schwüler Sommerabend und draußen strahlte die Sonne. Ich lag aber trotzdem missmutig in meinem Zimmer und hörte laut aufgedreht Tatu. Gerade hatte ich versucht, nochmals ein kurzes Gespräch mit meinem Bruder zu führen, doch der schien lieber mit seiner neusten Flamme zu telefonieren. Genervt schloss ich die Augen und versuchte mich auf die Musik zu konzentrieren. Gerade lief "Show me Love" und langsam begann ich mich im Rhythmus der Musik zu bewegen. Immer wenn ich stark down war, tanzte ich mir meine Probleme von der Seele. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Als ich die Augen öffnete blickte ich direkt in Lars' Gesicht. Sein Blick wirkte fast einschüchternd. "Ich wollte dich fragen, ob du heute Abend nicht einfach mit in die Disco kommen willst." Ich lächelte ihn an, doch er wich mir sofort wieder aus. "Nunja, ich weiß nicht. So als drittes Rad am Wagen?" murmelte ich vor mich hin. Er schlug mir geschwisterlich auf die Schulter. "Da kommen ja noch Freunde von Lea mit. Also keine Sorge. Ich will ja nicht, dass du hier eingehst. Immerhin hab ich deinem Süßen versprochen, mich um meine kleine Schwester zu kümmern." Er drehte sich um und ging aus dem Zimmer. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass zwischen uns eine tiefe Schlucht herrschte und Lars jede meiner oder seiner Brücken sofort wieder einriss.
 

Eigentlich hatte ich schon gar keine Lust mehr, doch so konnte ich wenigstens die sagenumwobene Lea, die Lars nun schon seit einigen Wochen datete, endlich mal treffen. Nach einem einstündigen Beautyprogramm fühlte ich mich wieder halbwegs gut genug um der neusten Errungenschaft von meinem Bruder ins Gesicht schauen zu können. Ich gefiel mir sogar halbwegs gut in meinen dunkelblauen engen Jeans und auch der schwarze Top passte zu meinem Gesamtbild und meiner Stimmung. "Julia. Biste denn endlich mal fertig?!" Mein Bruder klopfte an die Badtür. "Ich hab Lea versprochen, dass wir sie in 15 Minuten abholen. "Jaja." muffelte ich und öffnete schnell die Tür. Doch was ich sah, ließ mir sofort den Atem stocken. Nicht nur ich, sondern auch mein Bruder hatte sich mächtig in Schale geschmissen. Er konnte sich ein kurzes Pfeifen wohl auch nicht verkneifen. "Ich find's echt klasse, dass du deine Haare mal wieder offen trägst. So kennt man dich ja fast gar nicht mehr." Unter seinem Blick wurde ich sichtlich nervös. "Mhmm... ich hab gerade Suse nicht erreichen können. Ich leg ihr 'nen Zettel hin, dass wir zusammen losgeschossen sind." versuchte ich die Situation zu entschärfen. "Hat sich Marc eigentlich schon gemeldet?" Ich lief neben ihm vorbei und blieb kurz stehen, bevor ich mich Richtung Küche wendete. "Quatsch. Der hockt noch im Flieger. Weißt doch, dass da keine Handys erlaubt sind."
 

"Boah, wieso hast du immer noch dein Handy aus?" grummelte ich und drehte mich im Bett um. Draußen wurde es langsam wieder schwüler. So ein Wetter hatte ich hier in England bis jetzt eigentlich noch nie erlebt. Ich sah bereits den nächsten Sturm am Horizont aufkommen, als ich mich ans Fenster stellte um nach Lars Ausschau zu halten.
 

"Das ist Lea." Mein Bruder deutete auf die zierliche Brünette im Türrahmen. "Das ist meine Schwester." Lea streckte mir die Hand entgegen. "Freut mich, dich Kennen zu lernen, Julia." hauchte sie fast. Lars hatte nur erzählt, dass sie als Photomodell arbeitete. Als wir dann alle in Lars kleinen Uraltpolo einstiegen, fühlte ich mich wieder mehr als unwohl. Die beiden saßen vorne und schienen sich glänzend zu amüsieren. Ich hingegen blieb die komplette Zeit bis zum Jovel, unserer Stammdisse, stumm wie ein Fisch. Manchmal sah ich, dass mir mein Bruder einen verstohlenen, fragenden Blick im Rückspiegel zuwarf, doch ich ignorierte das. Kaum am Jovel angekommen, brauste Lea schon ab, um die ersten Leute zu begrüßen. "Die kennt wohl halb Münster, oder?!" fragte ich leicht sarkastisch, als Lars und ich die Jacken abgaben. "Schon möglich. Hast du ein Problem damit?" war seine prompte Gegenfrage. Gekränkt hielt ich wieder meinen Mund. Ich setzte mich sofort an die Bar und bestellte einen Wodka-O und schaute beiden missmutig beim Flirten und Tanzen zu. Während ich ein paar Salzstangen mümmelte überlegte ich angestrengt, warum mir ihr Gesicht irgendwie bekannt vorkam. Doch ich konnte mir keinen Reim daraus machen und schüttete den Inhalt meines Glases in eins herunter. Plötzlich standen beide wieder neben mir. "Julia, kommst du dich mit nachschminken?" bettelte Lea und mit einem entnervten Blick Richtung Lars, der wiederum nur mit den Schultern zuckte, folgte ich ihr aufs Damenklo.
 

Ich stand nur sauer neben ihr, als sie ihren Lippenstift nachzog und eigentlich zu nichts kam, weil sie die ganze Zeit laberte. Als ich dann aber auch mein Make-up kurz checken wollte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sie hatte große Ähnlichkeit mit mir. Unbewusst krallte ich mich am Waschbecken fest. "Wir könnten Schwestern sein, oder?" Lea schien meine Gedanken zu lesen und warf mir einen schnellen Blick von der Seite zu. "Sag mal. Ist dir etwa nicht gut? Du siehst so blass aus." Der Boden unter mir schien nachzugeben. "Nein. Alles O.K. Geh ruhig schon mal vor. Ich muss noch mal wohin." Kaum war sie aus dem Waschraum verschwunden, rannte ich in eine Toilette und schloss schnell die Tür hinter mir. Ich setzte mich entkräftet auf den Klodeckel. ,Sie sieht aus wie ich. Nur noch viel hübscher.' Tausend Sachen spukten mir im Kopf herum. ,Vielleicht wollte er mir heute Abend nur zeigen, dass er mein Nachfolgemodell aufgetan hat.' Irgendwann taumelte ich doch aus der Toilette und stellte zu meiner Erleichterung fest, dass sich niemand weiteres mehr im Waschraum aufhielt. Ich drehte den Hahn auf und ließ einen derberen Strahl kaltes Wasser auf meine Armgelenke niedergehen. Irgendwann war ich dann doch wieder in der Lage halbwegs gerade die Damentoilette zu verlassen.
 

In der Disco war die Luft ziemlich verraucht und laute Musik dröhnte mir entgegen. Ich kämpfte mich durch die Massen zurück an die Bar und bestellte mir noch einen Wodka-O. Inzwischen hatte ich mir vorgenommen, dass ich mich heute richtig zukippen wollte. Ich wollte gerade ansetzen, als Lars neben mir stand. "Lea meinte es ginge dir nicht so gut." Ich schluckte schwer und schaute auf mein Glas. "Hey, ich rede mit dir." Er nahm mir einfach das Glas aus der Hand. "Findest du es gut, dir dann auch noch einen hinter die Binde zu gießen?" Trotzig sah ich zu ihm hoch. "Und selbst wenn, würde es dich gar nichts angehen!" fauchte ich ihn sauer an. "Immerhin bin ich dein Bruder und ich hab Marc versprochen, auf dich aufzupassen, wenn's dir wegen ihm schlecht geht." konterte mein Bruder nicht minder leise. Ich lachte bitter. "Dein Kumpel Marc. So ein Blödsinn!" "Was gibt es da zu lachen?" Ich gluckste immer noch. "Du hast mich nicht zur Ablenkung mit hierher gebracht sondern, nur weil du mir dein Modell unter die Nase reiben wolltest!" Ich sprang auf und griff nach meiner Tasche. Instinktiv griff mein Bruder nach meinem Handgelenk. "Was faselst du da für einen Mist?!" schrie er mich nun ungehalten an. "Das ich nicht lache. Sie sieht doch aus wie ich, nur noch besser. Du bist so leicht zu durchschauen, Lars!" Plötzlich begann er fies zu grinsen. "Was grinst du so blöd!" Fast leise kam seine Antwort. "Du bist ja doch eifersüchtig zu kriegen, Jule." In mir drehte sich alles und für einige Sekunden starrte ich ihn nur wütend an, bis ich mich endlich wieder fing. "Du spielst nur mit uns beiden, oder?! Du bist so ein Schwein!" Mit der freien rechten Hand schlug ich ihm mit aller Gewalt auf die Wange, wobei er sofort meinen anderen Arm freigab. Ich wollte einfach nur noch weg von hier. Von Lea, von Lars, von der ganzen Situation.
 

Draußen angekommen atmete ich tief durch und fühlte, wie ein leichter Sommerregen auf mich einprasselte. Ich lief um die nächste Ecke und streckte die Arme aus um mich abzukühlen. Im nächsten Augenblick fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Abrupt drehte ich mich um. Natürlich stand niemand anderes als mein Bruder vor mir und hielt mir meine Jacke hin. "Die haste drinnen vergessen." Wütend nahm ich die Jacke ab drehte mich sofort wieder weg. "Lass mich bloß in Ruhe, mir ist schon schlecht!" murmelte ich. Probeweise ging ich ein paar Schritte, doch dann spürte ich, dass mich jemand von hinten umarmte. Drinnen wurde gerade "All the things she said" gespielt. Lars sang an meinem Ohr leise mit und in mir zog sich alles zusammen. "Du weißt aber schon, das dieses Lied von lesbischer Liebe handelt, oder?" Meine Wut war auf einmal wieder verraucht. Plötzlich fühlte ich mich einfach nur glücklich. Er drehte mich zu sich um und ich ließ ihn gewähren. "Jein. Es handelt eigentlich von verbotener Liebe und wenn ich es singe passt es auch." lachte er und strich mir vorsichtig über die Wange. Dann beugte er sich zu mir runter und küsste mich innig. Gierig erwiderte ich den Kuss, den ich mir insgeheim schon so oft wieder gewünscht hatte. Dieser Kuss veränderte einfach alles und wir verstanden uns sofort ohne Worte. Schnell zog er mich hinter sich her und drückte mich im verlassenen Fabrikgebäude neben dem Jovel an eine kahle Wand und bedeckte mein Gesicht mit Küssen. Immer noch konnten wir die Musik hören, doch sie war ganz leise und ich fühlte mich meilenweit von der Realität entfernt. Lars begann langsam meinen Hals zu liebkosen und ich sog daraufhin schnell die Luft ein. Sie roch nach Rauch und doch würzig durch den Regen. Er vergrub sein Gesicht tief in meiner Jacke und öffnete diese. Schnell ließ ich die Jacke von meinem Körper gleiten und zog ihn wieder zu mir. "Weißt du, wie lange ich davon schon geträumt habe, Jule?" fragte er leise. Ich schüttelte stumm den Kopf. "Tausendmal, aber kein einziges Mal war es so schön wie jetzt." Ich lächelte, schaute ihm tief in die Augen und küsste ihn. "Es ist ja auch real." Er lächelte. Schnell zogen wir uns gegenseitig aus. Es war uns beiden egal, ob uns jemand sehen könnte oder nicht. Ich wollte ihn einfach nur noch spüren.
 

(Zensiert!!! Aber ich denk mal, das ihr euch es trotzdem vorstellen könnt. Ausserdem ist es mein erster Versuch in diesem Bereich gewesen...also kann auch ganz übel sein.;-))
 

Langsam sackten wir zusammen und er küsste mich, wobei sowohl mein Bruder als auch ich noch total außer Atem waren. "Das war besser, als alles was ich mir je vorgestellt habe." meinte er leise, während er mir zärtlich durch die Haare fuhr. Ich war immer noch nicht fähig etwas zu sagen, doch ich fühlte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten und sie mir langsam die Wangen runterliefen. Trotz des Regens schien Lars dies zu bemerken und sah mich erschrocken an. "War das doch falsch?" Ich schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, es war einfach perfekt." Flüsterte ich leise. Er küsste mich nochmals innig. "Du bist ja schon ganz durchnässt." stellte er jetzt fest, suchte meine Sachen zusammen und reichte sie mir. "Du aber auch. Wir sollten nach Hause fahren, aber was ist mit Lea?" wollte ich nun doch vorsichtig wissen, während wir uns beide anzogen. "Wer ist Lea?!"
 

Im Auto waren wir dann beide schon nicht mehr so souverän. Ich zitterte und Lars fischte wortlos eine Decke vom Rücksitz und hielt sie mir unter die Nase. "Und du?" wollte ich wissen, als ich mich in die kuschelige Decke hüllte. Er winkte ab. "Geht schon." Danach blickte er wieder auf die Strasse. Ich fühlte mich hundselend. Plötzlich drehte er seinen Kopf in meine Richtung. "Nimmst du eigentlich was?" Ich schaute ihn mit erstaunt an. "Was nehmen?" Er drehte genervt mit den Augen. "Na, die Pille. Immerhin haben wir nicht wirklich verhütet." "Kann man denn beim ersten Mal auch schon schwanger werden?!" fragte ich, um ihn etwas zu ärgern, denn ich hatte nicht gedacht, dass er mich für so dumm und naiv einstufen würde. Er biss vor Entsetzen fast ins Lenkrad und wäre beinahe auf die Gegenspur gerutscht vor Schreck. "Jule, das meinst du jetzt nicht ernst, oder?!" stöhnte er. Ich begann zu lachen. "Doch. Was ist denn die Pille?" Ich versuchte so ernst wie möglich zu klingen. Nun schien er erst zu bemerken, dass ich ihn veräppelte und er drückte spielerisch seine Faust auf meinen Kopf. "Du bist manchmal so eine blöde Kuh, echt!" Er grinste mich an und küsste mich, mit einem Auge immer noch die Straße im Auge, schnell auf die Nasenspitze. Ich streckte mich auf meinem Beifahrersitz. "Sag mal Brüderlein, für was hältst du mich denn?! Immerhin bin ich schon über 20. Ich nehm schon seit zwei Jahren die Pille. Glaubst du, dass ich Bock hab ungewollt ein Kind in die Welt zu setzen?" Ich sah, dass sich Lars Miene schlagartig verfinsterte. "Du nimmst sie seit zwei Jahren, warum?" "Immerhin hab ich einen Freund?!" stellte ich trocken fest. Er umklammerte das Lenkrad, als ginge es um sein Leben. "Stimmt..." sagte er fast nicht hörbar. Ich bemerkte, dass ich ihn anscheinend verletzt hatte und beugte mich zu ihm, um ihn zu umarmen, doch er blockte mich zaghaft ab. "Hey, was ist denn los. Komm, ich hab doch auf dich gewartet. Und guck mal, Marc ist eigentlich der Betrogene hier, oder?" Lars bremste, denn wir standen vor unserer Wohnung. "Marc..."wiederholte er den Namen meines Freundes.
 

Ich fuchtelte vor seiner Nase herum. "Hallo, noch jemand zu Hause?" Plötzlich fasste Lars mein rechtes Handgelenk und schaute mir ernst in die Augen. Der Blick machte mir schon fast Angst, denn er war mehr als durchdringend. "DAS war eine einmalige Sache, hast du verstanden! Das ist pervers! Komm mir nie wieder zu nahe. Bleib bloß bei deinem Marc. Der kann dir all das geben, was ich dir nicht geben kann!" Er drückte mich mit aller Gewalt gegen sich und drückte seine Lippen auf meine und zwar so hart, dass mir diese wehtaten. Dann löste er sich von mir, zog mich am Handgelenk aus dem Auto, schleifte mich zum Rücksitz und drückte mir meine restlichen Klamotten in die Hand. "Ich werd ausziehen!" schrie er nun wütend. Ich zuckte erschrocken zusammen, wagte aber doch einen Schritt in seine Richtung und streckte meine Hand aus. "Was ist den los..." Er wich einige Schritte zurück, als hätte ich plötzlich die Beulenpest. "Fass mich nicht an. Verpiss dich!" Ich konnte Tränen in seinen Augen schimmern sehen, doch das war mir dann auch egal. ,So behandelt mich niemand!' dachte ich entschlossen und machte auf dem Absatz kehrt und rannte Richtung Hauseingang. Ich spürte, das mir auch die Tränen über die Wange liefen, doch das war mir in dieser Sekunde mehr als egal.
 

Leise schloss ich die Tür auf, doch ich kam keine drei Meter, als Suse ihren Kopf aus der WG-Küche steckte. "Da bist du ja. Lars Tussi hat schon dreimal angerufen. Was war denn los?" fragte sie besorgt, besonders als sie meine derangierte Aufmachung sah. Schnell fuhr ich mir mit dem Handrücken über die Augen und meinte trotzig. "Keine Ahnung. Da musst du den Herren Lars fragen!" Ich wollte schon in mein Zimmer verschwinden, als Suse mich zaghaft an der Schulter berührte. "Und wieso hat Lars gerade da unten die halbe Strasse runter geschrien?" "Weiß nicht. Sorry, aber ich bin so müde." Nun wurde es Susanne anscheinend doch zu bunt und sie drehte mich um. "Guck mir in die Augen Kleines!" Widerwillig hob ich den Kopf. "Ihr seit ineinander verliebt, oder?" Fast hätten meine Beine nachgegeben und ich musste mich gegen die Wand lehnen. Schnell wich ich ihrem Blick wieder aus, doch das schien sie nicht davon abzuhalten weiterzubohren. "Ja oder nein!" Ich war viel zu müde um zu dementieren. "Ja..."flüsterte ich heiser. Sie ließ mich wieder los und starrte mich erschrocken an. "Wie lange schon?" fragte sie nun leise. "Schon Ewigkeiten, richtig seit Lars Abi. Deswegen sind wir uns auch so aus dem Weg gegangen." Ich vergrub mein Gesicht zwischen den Händen. "Aber es hat alles nichts genutzt wie du siehst!" Schnell drehte sie sich wieder um und blickte mich unverwunden an. "Und heute habt ihr miteinander geschlafen, oder?" Als ich nicht antwortete schüttelte sie mich unsanft. "Ja." War meine knappe Antwort. "Das kann doch alles gar nicht wahr sein. Weißt du, vielmehr wisst ihr, was ihr da macht?! Das ist verboten, mal ganz davon abgesehen, das ihr viele liebe Menschen sehr damit verletzen werdet, auch euch selbst." Ich schaute trotzig auf. "Glaubst du, dass ich das nicht weiß. Ich hab keine Ahnung wie ich meinen Eltern oder Marc jemals wieder unter die Augen treten kann. Und Lars hat mich gerade auch noch stehen lassen." Ich begann wieder zu weinen und Suse nahm mich in den Arm.
 

Ein paar Stunden und einige Kamillentees später hockten wir auf meinem Bett und ich hatte ihr alles erzählt. "Ich könnte mich in der Arsch beißen, das ich euch nicht schon vorher mal darauf angesprochen habe, nach dieser einen komischen Geschichte. Ich dachte mir schon, dass da was im Busch ist, aber andererseits schienst du mit Marc so glücklich zu sein." Ich nickte. "Ja und nein. Ich liebe Marc, aber nicht so sehr wie ich Lars liebe. Ich bin so eine Bitch." Ich umschlang meine Beine und schaukelte langsam hin und her. "Nein, das bist du nicht. Niemand kann beeinflussen in wen man sich verliebt. Aber ihr müsst da beide gegensteuern." Ich versuchte zu lächeln. "Und wie soll das gehen?!" "Klär das mit ihm. Solange Marc nicht hier ist, könnt ihr hier tun und lassen was ihr wollt, denn ich bin weiß Gott kein Moralapostel, doch am Besten beendet ihr es bevor es richtig anfängt wehzutun. Selbst wenn ICH nichts gegen eure Liebe habe, andere werden Probleme damit haben." Meine Augen füllten sich aber wieder mit Tränen. "Aber es tut doch jetzt schon so weh."
 

Zwei Tage später war Lars immer noch nicht wieder aufgetaucht und ich machte mir tierische Gedanken. "Der kommt schon wieder." meinte Suse trocken, als sie am dritten Morgen nach Lars Verschwinden, über ihren Zeitungsrand linste. Trotzdem wollte ich wissen wo er steckt und schlussendlich konnte ich Susanne dazu überreden mit nach ihm zu suchen. "Ich denke mal, das er wieder trainiert. Er hat mich irgendwann ja mal mit hingeschleift. Aber mein Motto ist und bleibt: Sport ist Mord!" rief sie mir zu, als sie nach der Uni am Schlosseingang auf mich wartete. "Ich wusste gar nicht, dass er wieder angefangen ist. Obwohl dann wundert es mich nicht, das er wieder soviel an Oberkörper zugelegt hat." Mich schüttelte es leicht bei dem Gedanken an Lars Proportionen. "Na ja, ich hab ihn ja auch schon einmal oben ohne im Bad gesehen. Nicht, dass ich dich nicht verstehen würde, Süße." zwinkerte mir Suse zu und wir machen uns auf den Weg in das Fitnesscenter. Ich fand es schon immer schön mein Bruder beim Turnen zuzusehen. Zu Beginn des Studiums hatte er es ja nach eigenen Angaben ziemlich schleifen lassen. Früher hatten wir oft zusammen trainiert. Er turnen und ich Ballett. Irgendwann war er sogar mal auf die Idee gekommen, beides etwas zu mixen und ich sollte ihm dabei helfen. Damals hatte ich mich schon sehr gewundert, warum ich es so toll fand mit meinem Bruder zu tanzen. Als wir das Center betraten, war mir schon wieder ganz anders. Meine Befürchtung war, dass er mich immer noch nicht sehen wollte. "Ist der Lars da?" fragte Suse die Thekentussi.
 

"Der ist da, wieso?!" erwiderte das Mädchen etwas schnippisch. "Willste was von dem?" Die Frage klang fast scharf. Susanne begann zu grinsen und beugte sich über die Theke rüber. "Wieso? Biste etwa eifersüchtig?!" Das Mädchen schüttelte schnell den Kopf. "Ach Quatsch. An den kommt man doch eh nicht dran wenn der trainiert. Außerdem steht der wohl eh nur auf Männer." Am Liebsten hätte ich dieses Tussi die Augen zerkratzt, doch Suse konnte mich gerade noch davon abhalten. "Trainiert er in der großen Halle?" wollte meine Freundin nun ganz ruhig wissen. "Japp, denn um die Uhrzeit kommt ja kaum jemand und er hat die ganzen Geräte für sich und kann seine Musik volle Kanne aufdrehen. Der Typ ist ja echt klasse." schwärmte die Thekenaufsicht. "Aber wie du selber schon festgestellt hast, stockschwul." vollendete Suse grinsend ihren Satz. Das Mädchen rümpfte die Nase und drehte sich ab. "Na komm schon. Lass uns zu ihm gehen, Kleines!" Susanne musste mich fast über den Gang schleifen, denn plötzlich versagten meine Beine ihren ordnungsgemäßen Dienst zu gehen. "Hey, stört den ja nicht!" brüllte uns die Thekentussi noch hinterher. Susanne strahlte übers ganze Gesicht und meinte zuckersüß. "Hey, das ist seine Schwester, ja?!" Sie konnte sich allerdings ein kleines Zwinkern nicht verkneifen. Wir waren inzwischen an der Tür angekommen und zaghaft drückte ich die Klinke herunter. Uns dröhnte laut ein Lied aus dem Footloose Soundtrack entgegen und mir stockte der Atem. Es wurde gerade Never gespielt.
 

Wir waren damals 15 und 16. "Ich find den Film klasse." stellte ich entschlossen fest und ließ mich wieder zurück in mein Bett fallen. "Na ja, ich weiss nicht. Die Handlung war schon etwas dürftig, oder?!" harkte Lars grinsend nach. "Wiederhol das noch mal und du bist tot, denn das ist zur Zeit mein absoluter Lieblingstanzfilm." Lars schaute mir tief in die Augen und sagte:" Die Handlung ist äußerst schwach." "Na warte!" Ich stürzte mich mit einem Kissen auf ihn und in der nächsten Sekunde waren wir in eine wilde Kissenschlacht vertieft. Plötzlich lag er auf mir und ich hatte das Gefühl, das ich schweben würde. Er strich mir zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Aber ich muss zugeben, dass der Kevin Bacon echt gut tanzen kann. Besonders die Kombi von Tanzen und Gymnastik find ich gut. Du musst mir unbedingt Tanzunterricht geben." Er legte seinen Kopf auf meine Brust und ich lief sofort rot an. "Wieso denn das." flüsterte ich. Er blickte lächelnd zu mir hoch. "Warum nicht?" "Nun ja, 'nen guten Body hast du schon und Ähnlichkeit hast du auch mit ihm." "Findest du den Film deswegen so gut?" zog mich mein Bruder auf. "Ach Blödsinn!" wehrte ich schnell ab, obwohl er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. "Findest du ihn nicht etwas ALT für dich." witzelte er weiter rum. "Willst du nicht lieber etwas Frischfleisch." Langsam zog er sein T-Shirt über den Kopf. "Fändest du z.B. meinen Body ansprechend?" Ich blickte ich Lars Richtung und musste schwer schlucken. Schnell wendete ich meinen Blick wieder ab. "Ist dir das jetzt etwa peinlich?" Lars grinste von einem Ohr zum anderen. "Ach Quatsch." muffelte ich. "Wann willst du denn mit dem Training anfangen?"
 

Nun konnte ich da die Früchte meines Unterrichtes sehen. Er hatte das Lied aufgelegt, wozu auch Kevin im Film in einer Fabrik tanzte. Und was ich da sah war mehr als beeindruckend. Sein Turnerkörper war der Wahnsinn. Durch das dünne T-Shirt konnte man alle Muskelbahnen erkennen. Er war so ins Tanzen vertieft, dass er gar nicht bemerkte, dass wir den Raum betreten hatten. Damals hatte er den einarmigen, eingesprungenen Handstand nicht geschafft, doch inzwischen schien er genug Kraft in den Armen zu besitzen. Und auch das eingesprungene Rad war kein Problem. "Wie gesagt: nicht das ich dich nicht verstehen würde. Dein Bruder ist definitiv heiß." flüsterte mir Susa leise zu, doch ich nahm ihre Stimme nur verschwommen war, denn ich ging komplett in diesen einen Moment auf. Ich sah aber auch, dass Lars seinen ganzen Frust in dieses eine Lied legte. Irgendwann machte er noch einen fetten Satz über den Bock und sprang dann zu der Stange hoch und drehte sich einige Male um die eigene Achse. Im Endrefrain ließ er dann die Stange los und flog im hohen Boden Richtung Erde. Plötzlich sah er mich im Sprung und knallte dann, durch diesen unachtsamen Moment, sehr hart auf die ausgelegten Matten. Mir blieb mein Herz stehen und ich stürmte zu ihm. Sofort kniete ich neben ihm und rief seinen Namen. "Lars! Kannst du mich hören?!" schrie ich vor Angst. In diesem Augenblick öffnete Lars die Augen und im nächsten Moment saß er auch schon wieder. Er blickte nicht einmal in meine Richtung. "Du hast mich da gerade ganz schön aus dem Konzept gebracht. Erste Grundregel: Nie den Sportler von seinem Training ablenken!" erklärte er dumpf. "Was soll das? Ich hab doch noch nicht einmal was gesagt!" stellte ich fest. Er schnaufte und erhob sich schnell. Er ging Richtung Bank und fuhr sich mit dem Handtuch übers Gesicht. "Was willst du hier?" fragte er gelangweilt durch die halbe Halle, als er sich das Tuch über die Schultern gelegt hatte. Allmählich wurde ich sauer. "Sag mal! Vielleicht haben wir uns Sorgen gemacht, wenn du tagelang weg bist." Lars blickte in Suses Richtung. "Hast du dir etwa auch Sorgen um mich gemacht." Beim Wort Sorgen tat er so, als würde er das Wort Sorgen mit den Händen einklammern um es gesondert zu betonen. "Jein. Aber ich finde ihr solltet mal miteinander reden. Deine Süße ist seit Tagen nicht mehr sie selbst und dir seh ich doch auch an der Nasenspitze an, dass es dir schön dreckig geht." Mit diesen Worten drehte sich Susanne um und verließ den Raum.
 

Lars starrte ihr nach und drehte sich dann nur ganz langsam in meine Richtung. "Meine Süße..."wiederholte er gedankenverloren. Plötzlich sprang er in meine Richtung und hielt mich am Oberarm fest. Durch seine schnelle Aktion war ich zu keiner Gegenwehr mehr fähig. "Sie weiß es, oder?" fragte er mich bedrohlich. Meine Lippen formten ein nicht zu hörendes Ja. Er nahm augenblicklich seine Hand weg, als hätte er sich verbrannt und schlug dann wie von Sinnen auf einen Sandsack neben mir ein. Ich zuckte zusammen und meine Augen füllten sich mit Tränen. "Willst du es gleich nicht noch in der Mensa ans schwarze Brett hängen. Vor allem: was wird dein toller Marc dazu sagen, dass seine Freundin pervers ist?" Er lachte fies. Ich ballte die Fäuste. Wie konnte eine sonst so nette Person nur so gemein sein. "Ich hab es nur ihr und Mona erzählt." "Na toll! Ruf doch noch Ma und Pa an. Die wissen es vielleicht noch nicht, du dämliche Kuh!" schrie er mich an und schlug weiter wie ein Besessener auf den Sack ein. "Ich hab denen beiden nichts verraten. Die sind da von ganz alleine drauf gekommen." Ich sprach ganz leise. "Es sieht doch ein Blinder, dass wir uns lieben, Lars. Jeder mit gesundem Menschenverstand." Ich konzentrierte mich darauf, nicht sofort loszuheulen. "Ja, bis auf deinen Freund. Der checkt gar nichts in der Hinsicht!" erwiderte Lars. Immer noch preschte er auf den armen Sandsack ein. "Ja, weil er viel zu gutmütig ist um es zu bemerken. Aber in einem Punkt hast du recht: Wir sollten wieder normal sein. Ich hab auf dein ewiges Hickhack keinen Bock mehr, Lars." stellte ich nüchtern fest und ging langsam Richtung Tür.
 

Plötzlich hielt mich jemand an den Schultern fest und drehte mich mit sanfter Gewalt in seine Richtung. "Verdammt nocheins. Ich kann einfach nicht normal sein, Jule. Immer wenn ich in deiner Nähe bin, hab ich sowohl das Gefühl sofort wieder zu verschwinden als auch dich zu küssen müssen. Ich liebe dich." Er hauchte mir einen flüchtigen Kuss auf. "Warum bist du abgehauen?" Er blickte mich traurig an und ab diesem Moment konnte ich schon nicht mehr böse auf ihn sein. "Du wolltest mich wieder beschützen, oder?!" fragte ich und strich zärtlich über seine Wange. Er nickte stumm, beugte sich vor und küsste mich. Irgendwann stellte ich mich auf die Zehenspitzen und flüsterte an sein Ohr. "Ich liebe dich doch auch, du Dummkopf. Lass uns einfach noch ein bisschen abnormal sein." So beschlossen Lars und ich im Hier und Jetzt zu leben, ohne darüber nachzudenken, was passieren würde, wenn Marc aus den USA wieder da sein würde.
 

Bis bald.;-)

Kapitel 8.1

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 8.2

Hi Leute!
 

Endlich komm ich mal wieder etwas zum Weiterschreiben. War in den letzten Wochen etwas stressig bei mir. Ich stelle auch, selbst wenn das wenig ist, ne jugendfreie Version rein.
 

Mfg Time1981
 

8. Kapitel
 

Ich lehnte mich gegen das Fenster und atmete die warme Sommerluft ein. Sie roch immer noch nach Regen, aber das störte mich nicht weiter. Sie ordnete etwas meine Gedanken. Es ging nun auf 0.00 Uhr zu und noch immer hatte er keine Nachricht hinterlassen.
 

"Kommst du wieder ins Bett?" fragte Lars Stimme verschlafen hinter mir. "Warum bist du eigentlich noch auf?" Für die Dauer bis Marcs Rückkehr hatten wir ihn einfach in mein Zimmer einquartiert. Ich drehte mich langsam in seine Richtung. "Du weißt, dass er morgen wiederkommt." Sein Gesicht, welches das Mondlicht reflektierte, verfinsterte sich augenblicklich. "Wir haben doch gesagt, dass wir erst morgen daran denken wollten. Diese Nacht gehört nur uns alleine. Komm her!" Seine Stimme nahm fast einen befehlenden Ton an. Widerwillig hockte ich mich ans andere Ende des Doppelbettes. "Hey komm, sei wieder lieb." Ich spürte, wie er mich von Hinten umarmte. Und alleine das sorgte schon für ein Kribbeln in der Magengegend. Er begann mich langsam am Hals zu küssen und wanderte mit seinen Händen vorsichtig über meine Oberarme. Die Stellen, die er vorsichtig mit seinen Fingerspitzen berührte, brannten wie Feuer und ich bibberte leicht. Obwohl es relativ dunkel um uns herum war und ich ihm den Rücken zudrehte, spürte ich, dass er grinste und sich bestätigt fühlte. "Du willst doch auch..."flüsterte er verführerisch in mein rechtes Ohr und begann ganz leicht daran zu Knabbern. Nun zitterte ich erst recht und merkte, wie so oft in der letzten Zeit, dass ich mich in seiner Nähe kaum kontrollieren konnte. Er hingegen würde mutiger und begann langsam über meine Schultern zu meinen Brüsten überzugehen. Ich merkte, dass sein Atem schon wieder stoßweise ging. Wie ich in der letzten Zeit feststellen durfte, war das ein eindeutiges Zeichen für seine Erregung. "Sag bloß, dass du schon wieder willst?" tat ich irritiert. Er begann wieder meinen Hals zu küssen und hauchte, nachdem er die Haare vorsichtig zur Seite gestrichen hatte: "Und was wenn?!" Ich drehte mich schnell um und sah ihm direkt in die Augen. "Aber wir haben heute doch..."Weiter kam ich gar nicht, denn er begann mich vorsichtig zu küssen. Das ganze endete in einem leidenschaftlichen Zungenkuss.
 

Irgendwann fuhren wir wegen Atemnot auseinander. (Outtake) "Ich würde gerne noch mal mit dir schlafen. Sag, dass du auch möchtest, sonst vergehe ich." Er setzte seinen Dackelblick auf. "Naja, schauen wir mal..." Er begriff sofort am Zittern meiner Stimme, dass ich längst nicht so kühl war, wie ich gerade tat. Er legte sich vorsichtig auf mich und bedeckte mein Dekolleté mit Küssen, worauf ich leicht seufzte. Plötzlich hielt er inne. Als ich die geschlossenen Augen unwillig wieder öffnete, stützte er sich mit den Ellebogen leicht von mir ab, um meinen Körper bewundern zu können. Langsam begann er mit den Fingern meine Konturen abzufahren. "Ich werde nie wieder eine Frau so begehren wie dich." Es klang kitschig ohne Ende, doch seine ernste Tonlage ließ darauf schließen, dass es sein voller Ernst war. Ich begann leise zu weinen. Er bemerkte es sofort und küsste die Tränen weg. "Hey, nicht weinen, Jule. Was ist denn? Hab ich was Falsches gesagt? Wenn ja, dann tut es mir leid." Er streichelte zaghaft über meine Wange. "Ach Quatsch. Ich habe gerade nur genau das gleiche gedacht." Ich beugte mich vor und berührte Lars Lippen. Sofort kam er mir entgegen und unsere Zungen verfingen sich wieder ineinander.
 

(Outtake )
 

"Wir passen nahtlos zusammen." flüsterte er leise. Ich nickte stumm. In diesem kostbaren Moment war es egal, dass wir eigentlich Geschwister waren, denn in dieser Sekunde waren wir einfach nur ein Mann und eine Frau, die sich über alles liebten. Trotz Erregung stiegen mir wieder die Tränen in die Augen, diesmal aber eher vor Freunde. Man hat nur wenige vollkommene Sekunden im Leben und das war so ein Moment. Wir glitten langsam in eine Extasse ab.
 

(Outtake)
 

Er riss die Augen auf und atmete schwer. Langsam und erschöpft ließ ich mich auf seinen Oberkörper fallen. Er küsste meine verschwitzte Stirn. Ich legte mich langsam neben ihn und sah Richtung Fenster. "Schau mal, die Sonne geht schon auf." flüsterte ich leise und mir lief eine einzelne Träne aus dem Augenwinkel. Als keine Antwort kam, blickte ich zu meinem Bruder und stellte fest, dass er bereits ins Land der Träume abgedriftet war. Er wirkte, so wie er da lag, wie ein kleiner Engel. Früher hatten wir oft in einem Bett geschlafen und so war es mir schon oft aufgefallen, das er immer total unschuldig wirkte, wenn er schlief. "Nein, das kann einfach kein Verbrechen sein, einen so liebenswerten Menschen zu lieben." Ich küsste ihn nochmals sacht auf den Mund. Lars murmelte etwas Unverständliches und zog mich an sich. Ich wünschte, dass es nie wieder Morgen werden würde, doch die ersten Sonnenstrahlen durchfluteten bereits den Vorhang.
 


 

Plötzlich rüttelte etwas an meinem Arm. "Hey, Aufwachen!" hörte ich Suses alarmierende Stimme. "Dein Schatzi hat gerade vom Flughafen angerufen. Er will dich überraschen und hat extra eine Maschine früher genommen." Ich saß sofort senkrecht im Bett. Lars neben mir murmelte etwas Unverständliches und umarmte meine Taille. Wir beiden Damen schmunzelten, nickten uns zu und begannen ihn durchzukitzeln. Lars, seines Zeichens kitzelig ohne Ende, begann zu lachen und zog uns dann aber doch nacheinander gegen seine Brust. Er hatte so viel Kraft uns beide fest zu umklammern, dass wir uns nicht befreien konnten. Irgendwann gaben wir auf und ich drückte ihm schnell einen entschuldigenden Kuss auf: "Sorry, Bruderherz, aber Marc wird mich gleich überraschen." Der liebevolle Blick meines Bruders erstarrte und er gab mir wortlos einen Kuss auf die Stirn. "Hast ja Recht, Schwester." Dann sprang er auf, suchte seine Sachen zusammen und blickte sich einen kurzen Augenblick um. Sein Blick sprach Bände und ich fühlte mich schlagartig richtig mies. "Du wusstest von Anfang an, dass es ein Gastspiel auf Zeit war." stelle Susanne leise neben mir fest, nahm mich aber trotzdem in den Arm. Ich wischte mir schnell über die Augen. "Muss ja irgendwie weitergehen. Dann sind wir eben halt wieder nur Bruder und Schwester." flüsterte ich. Ich wollte mich wohl eher selbst von meinen Worten einlullen lassen, als das sie für Suse gedacht waren.
 

Schnell begann ich mich anzuziehen. Als ich beim Haare bürsten war, hörte ich auch schon, das im Flur die Türe geöffnet wurde. Suse, die die ganze Zeit teilnahmslos auf meinem Bett gesessen hatte, fragte mich vorsichtig: "Soll ich ihn erstmal abfangen?" Ich drehte mich um und versuchte zu lächeln. "Ach Quatsch. Das wird schon alles schief gehen." Suse öffnete den Mund um zu erwidern, doch in dieser Sekunde öffnete sich meine Zimmertür und ein freudestrahlender Marc kam mit dem Ausruf Überraschung auf mich zugestürmt. Ich tat so, als wäre ich erschrocken und er küsste mich stürmisch. "Oh Jule. Ich habe dich total vermisst!" "Ich dich auch, Schatz." Ich fühlte mich mehr als mies. In dieser Sekunde sprang Susanne wie von der Tarantel gestochen auf. "Ich merk schon. Ich werd hier nicht mehr benötigt." Sie grinste breit, doch ich konnte über Marcs Schulter sehen, dass sie eine sehr besorgte Miene aufgesetzt hatte als sie unser Zimmer verließ und innerlich fühlte ich, dass ich ähnlich besorgt war, wie das alles weitergehen sollte.
 

Doch es ging weiter. Marc lebte sich schnell wieder ein und schien verliebt in mich wie eh und je. Lars wiederum ging uns total aus dem Weg, doch da Marc dieses Verhalten schon von meinem Bruder kannte, fragte er nur einmal, ob wir uns wieder einmal gezofft hätten und ich verneinte das. Daraufhin hakte er nicht mehr nach und schob es auf den Prüfungsstress, da er auch bei Susa und jedem anderen extrem aggressiv reagierte. Beim Kuscheln wurde mir immer mehr klar, dass ich es nicht mehr lange würde hinauszögern können. Eines Abends sagte ich dann schlussendlich zu das erste Mal mit ihm zu Schlafen, doch wollte ich mich im Bad eben nochmals frisch machen und warf mir schnell einen Bademantel über. Dort angekommen holte ich erstmal kurz Luft, denn obwohl ich Marc sehr mochte, beschlich mich immer mehr das Gefühl, dass ich Lars betrügen würde, wenn ich wirklich mit Marc schlafen würde und auch diesem gegenüber verhielt ich mich unfair. Ich machte das Licht aus und hockte mich auf den Wannenrand und begann zu weinen. Der ganze Druck der letzten zwei Wochen schien auf einmal aus mir heraus zu brechen. Ich bemerkte gar nicht, dass sich die Türe langsam öffnete und sich eine Gestalt leise ins Badezimmer schlich. Erst als dieser Person mich umarmte, schreckte ich hoch. Im Halbdunkeln ich konnte Lars Gesicht erkennen. "Hey, was hockst du hier im Dunkeln, Schwesterchen." Ich blickte ihn mit ausgeheulten Augen an. "Nenn mich nicht so! Deine Schwester ist tot! Verstehe das doch endlich!" Er starrte mich geschockt an. Ich sprach noch etwas leiser: "Sie ist an deinem Tag X gestorben, für immer!" Plötzlich fühlte es sich so an, als könne ich nicht mehr in diesem engen Bad atmen und ich wollte zur Tür rennen.
 

Lars griff aber nach meinem Arm und zog mich zurück. Ich blickte ihn nicht mal an. "Was ist denn los Jule?" Ich schaute immer noch zu Boden. "Du ignorierst mich seit Marc wieder da ist und der liegt jetzt in meinem Zimmer und will mit mir schlafen. Ich kann einfach nicht mehr!" Meine Stimme begann zu zittern, wie schon der Rest meines Körpers. Er drückte mich wortlos an sich, machte einen Schritt nach vorne und verschloss das Bad. Dann drückte er mich gegen die Tür und begann mich zu küssen. "Das dürfen wir nicht." flüsterte ich zwischen zwei gierigen Küssen. "Wir wollten doch aufhören." Er drückte mir seinen rechten Zeigefinger auf den Mund. "Mach es nicht kaputt!" wisperte er mahnend bevor seine Hände auf Wanderschaft gingen. Irgendwann schob er den Bademantel über meine Schultern und er glitt langsam zu Boden. Ich legte die Arme überkreuzt an meine Brüste, obwohl er sie schon so oft gesehen hatte. Mein Bruder trat einen Schritt zurück und betrachtete mich im Halbdunkeln, denn durch das kleine Dachfenster schien der Vollmond ins Bad. Es kam mir vor wie Stunden, als er mich von Oben bis Unten fixierte. "Was tust du da?" Er lächelte und strich mir mit den Handaußenseiten über die Oberarme, was meine Knie zu noch stärkerem Zittern veranlasste. "Ich will dich so in mein Gedächtnis einprägen." meinte er leise, als er begann meinen Hals zu küssen. "Wieso willst du mich einprägen, ich bin doch da." murmelte ich. Er sah mir tief in die Augen. "Du ja, aber ich hab eine AIPler-Stelle (Erläuterung: AIP= Arzt im Praktikum) im Ausland angeboten bekommen." Ich hielt seine Hände fest, die schon wieder dabei waren, meinen Körper total durcheinander zu bringen und schaute ihn mit großen Augen an. "Was?" Ich fühlte, wie die Farbe aus meinem Gesicht schwand. Er begann mit seinem Zeigefinger meine Lippen nachzuziehen. "Es ist besser so, Süsse. So kann das doch alles gar nicht weitergehen." Lars lächelte mich versöhnlich an. Mir schossen die Tränen in die Augen. "Bitte bleib." flehte ich leise und begann nun wirklich zu weinen.
 

Er öffnete langsam seine Hose und ich verstand nun gar nichts mehr. Er drückte seine Stirn gegen meine. "Bitte, schlaf noch einmal mit mir, bevor du zu ihm gehst." Eigentlich wollte ich das jetzt nicht, eigentlich fühlte ich mich unendlich alleine, doch dann übernahm einfach mein Körper das Ruder. Ich riss ihm fast die Klamotten vom Leib und umschlang, wie bei unserem ersten Mal, mit beiden Beinen seine Hüften. (Outtake) Ich schloss die Augen, denn ich wollte mir dieses unglaubliche Gefühl einprägen. Heute weiß ich, dass sich so etwas nicht einmal in den intensivsten Gedanken wieder aufwärmen lässt. Irgendwann öffnete ich die Augen wieder und ich konnte seine ganze Liebe förmlich spüren. Es war Sex, aber es war auch unendliche Liebe zwischen uns. Irgendwann erhöhte er seine Geschwindigkeit, doch kurz bevor er kam, hielt er nochmals kurz inne. Ich blickte ihn erstaunt an und er küsste mich noch einmal zart auf den Mund und ich fühlte mich an den ersten unschuldigen Kuss aus Kindertagen erinnert. Dann stieß er noch einmal kräftig zu und ich fühlte wie er sich in mir ergoss. Er umarmte mich noch einmal und löste ich dann blitzartig von mir. Nun liefen mir die Tränen einfach wie ein Bach über die Wangen hinunter. Er hob mein Kinn und guckte mir tief in die Augen. "Ich verfluche die Welt dafür, dass du gerade meine Schwester sein musst." Ich drückte mich nochmals an ihn, im Wissen, dass es das letzte Mal für immer sein sollte. Kurz darauf stand ich alleine im Bad, als wäre das alles nur ein Traum gewesen und doch machte ich mich aus verständlichen Gründen zum wiederholten Male frisch und versuchte mein verheultes Gesicht zu kaschieren.
 

Keine fünf Minuten später schlief ich dann das erste Mal mit einem anderen Jungen als Lars. Ich tat alles ganz mechanisch und es war wahrscheinlich nicht einmal schlecht, aber ich konnte einfach nichts mehr fühlen, denn die ganze Zeit schwebten Lars' Worte über mir. Marc hingegen wunderte sich zwar etwas darüber, das ich nicht blutete, doch fühlte er meine Angespanntheit, die er als Angst vor dem ersten Mal auslegte. Danach lagen wir schweigsam nebeneinander. Er griff nach meiner Hand und führte sie in seine. Als er mein trauriges Gesicht sah, meinte er im Flüsterton. "Hey, beim ersten Mal ist das ganz normal. Und es ist auch normal, dass es nicht geblutet hat. So was kann auch beim Schulsport schon mal gerissen sein. Ist meiner ersten Freundin damals auch so passiert, da musst du dich nicht für Schämen." Er lächelte mich verständnisvoll an. "Bei ihr war es beim Sprung über den Bock." Er begann zu grinsen. "Und glaub mir, beim ersten Mal hab ich auch am laufenden Meter gepatzt. Erst ging's zu schnell, dann ging erstmal gar nichts mehr vor lauter Aufregung..." Er unterbrach sich selbst wohl, als er mich schluchzen hörte. Er schloss mich tief in seine Arme. "Hey, hey...was ist denn los, mein Schatz?" fragte er besorgt und reichte mir vom Nachtisch Taschentücher. "Hab ich was Falsches gesagt? War es gar nicht schön für dich? Ist dir doch mal was passiert, was du mir sagen solltest? Hat der Typ von damals was damit zu tun?" Zwei Sekunden spielte ich mit dem Gedanken ihm alles zu erzählen, doch dann drehte sich mein Magen um. Ich lief schnellstmöglich in Richtung Bad und übergab mich dann mehrmals. So mies wie an diesem Tage, hatte ich mich bis dato noch nie gefühlt.
 

Marc machte nach dem Geschehenen erst einmal keine weiteren Versuche in Richtung Sex, sondern versuchte mich eher auszuhorchen. Selbst vor Susa machte er keinen Halt und wollte wissen, ob mir was passiert sei, doch diese tat ahnungslos. Lars hingegen verkündete einige Tage später am Frühstückstisch, dass er schon in einem Monat sein Praktikum in England antreten würde wollen und das wir nun für ihn schleunigst einen Nachmieter finden sollten. Ich zog aschfahl ab und schob Kopfschmerzen vor, als er freudestrahlend mit den Details anfing. Schnell taumelte ich Richtung Schlafzimmer und legte mich hin. Plötzlich klopfte es an der Tür. "Herein," meinte ich tränenerstickt. Ich spürte, dass sich ein warmer Körper an mich schmiegte. "Alles O.K.?..."hörte ich die Stimme meines Bruders an meinem Ohr. Erst zuckte ich zusammen, denn eigentlich hatte ich Marc erwartet, doch langsam entspannte ich mich wieder. "So ist schon besser, Schwesterlein." Er streichelte mir leicht über den Kopf. Ich drehte mich im Zeitlupentempo zu ihm um. Er lächelte mich aufbauend an und einige Zeit lagen wir einfach wortlos nebeneinander. Plötzlich beugte ich mich vor und küsste ihn vorsichtig und ganz zaghaft auf den Mund. Erschrocken zog er den Kopf zurück. "Hey, und was ist, wenn jetzt gleich dein Freund hier reinplatzt." Ich legte ihm den Zeigefinger auf den Mund. Er sollte jetzt nicht sprechen, nicht diesen Moment zerstören. Mir war es egal ob Marc hineinschneien sollte oder nicht, denn bald wäre Lars weg und es würde keine Gelegenheit mehr geben, seine warmen Lippen zu küssen. Er schien meine Gedanken lesen zu können und legte sanft seine Hand in meinen Nacken und zog mich wieder zu sich. "Ich liebe dich." Flüsterte er und küsste mich auf die Stirn. "Und genau deswegen sollte ich jetzt gehen, denn sonst vergesse ich mich wieder." Er sprang auf und ging Richtung Tür. Dort angekommen drehte er sich nochmals zu mir um und fragte: "Kannst du mich irgendwie verstehen?" Ich nickte stumm und er verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
 

Der darauf folgende Monat war grau, doch nach Lars' Abreise war der Himmel schwarz. Er hatte sich nicht einmal verabschiedet, sondern sich klammheimlich abends aus dem Haus geschlichen. Ich war tief zutiefst verletzt darüber. Hinzukam, dass ich mich eh seit Tagen morgens immer übergeben musste und mich allgemein mies fühlte.
 

Boah, war mir wieder schlecht. Mühevoll richtete ich mich auf und suchte im Dunkeln den Lichtschalter meiner Nachttischlampe. Es war schon 1.30 Uhr und von Lars immer noch keine Spur. Ich taumelte in unser Badezimmer und wühlte in meinem Schrank. Endlich fand ich diesen dummen Test. Zittrig setzte ich mich auf den Badewannenrand und las mir die Anleitung durch.
 

"Was hockst du denn hier rum?" fragte Suse, die unaufgefordert einfach ins Bad gepoltert kam. Sie erkannte sofort die Situation und nahm mich stumm in den Arm. "Wie lange weißt du es schon?" wollte sie leise wissen. "Seit ca. zwei Wochen ist meine Periode jetzt schon überfällig und andauernd muss ich mich übergeben." Sie strich mir beruhigend über die Schulter. "Vorschlag zur Güte: Soll ich dir bei dem Test zur Seite stehen? Oder weiß Marc davon?" Ich lächelte schief und starrte auf meine Füße. "Natürlich nicht. Ich bin mir ja nicht mal sicher, dass er wirklich der Vater ist, denn..." Ich sprach nicht weiter, doch wir beide wussten, wer noch in Frage kam. "Ich fühle mich wie eine Schlampe." Ich umarmte mich selbst und bewegte mich langsam vor und zurück. Suse nahm mir ungefragt den Test aus der Hand. "Erstmal machen wir den dummen Test." Sie grinste mich an. "Hey, vielleicht ist ja auch alles in Ordnung."
 

Ich führte also den Test nach Vorschrift durch und dann folgten mehrere quälende Minuten voller Ungewissheit. Keiner von uns beiden sagte etwas, doch kaum waren die Zeit verstrichen, welche Suse in ihrer Armbanduhr eingespeichert hatte, stürzten wir förmlich zum Test, der auf dem Waschbecken lag. Suse war als erstes am Ziel und stierte drauf. "Mhmm, ein rosa Balken ist O.K. oder?" Ich nickte, denn es war wohl nur das Zeichen, dass der Test einwandfrei funktionierte. "Erst wenn in dem großen Kästchen ein rosa Balken entsteht bin ich schwanger." Einige Sekunden atmeten wir durch, doch dann begann sich im Hauptfeld immer deutlicher ein Strich abzuzeichnen. Ich musste mehrmals tief Luft holen, um Suse nicht umzukippen. Ich hörte kaum, wie sie beruhigend auf mich einredete und irgendetwas von einem endgültigen Test beim Frauenarzt erzählte. <<Was würde passieren, wenn ich von Lars schwanger wäre? Hätte ein Kind überhaupt eine Chance gesund zu sein? >>
 

Wie gebannt starrte ich auf den kleinen Test in meinen Händen. Genau wie damals begann sich nun auch langsam das zweite Kästchen rosa zu färben, doch im Gegensatz zu früher überwiegte jetzt die Freude. Angst hatte ich nur um die Gesundheit des Kindes und wie Lars, als Arzt, auf diese Sache reagieren würde. Plötzlich hörte ich unten die Türklingel. Ich war beunruhigt über die späte Störung und zog mir meinen Bademantel über als ich langsam Richtung Treppe schritt.
 

"Komm zieh erstmal den Mantel aus." forderte Suse mich auf, als wir wieder in der WG ankamen. Leider hatte der Arzt das Testergebnis bestätigt und auch konnte ich keinen der Jungs ausschließen, da ich zu dem Zeitpunkt mit beiden etwas gehabt hatte. "Hey, vielleicht wird er sich darüber freuen." Sie sprach keinen Namen aus, obwohl ich wusste, dass ihr Marc lieber wäre. Wenn ich ehrlich war, wäre mir das in diesem Augenblick auch wesentlich sympathischer gewesen. "Ein Kind ist doch kein Weltuntergang." Stellte Suse bestimmt neben mir fest. Unerwartet hörte ich Schritte aus der Küche. Schnell drehte ich mich um und sah in das total erstaunte Gesicht meines Freundes. "Echt, wir bekommen ein Baby?" Ich nickte kraftlos. So wollte ich es ihm nun wirklich nicht beichten. Marc begann wie ein Irrer in der Wohnung herum zu hüpfen und umarmte abwechselnd Susanne und mich. "Klasse!" brüllte er das halbe Haus zusammen. Als er doch mein betrübtes Gesicht sah, nahm er mich erstmal fest in den Arm. "Das wird schon alles. Wir kriegen das hin. Dann setzt du halt ein Semester aus und wir suchen uns 'ne neue Wohnung wenn es erstmal da ist. Und dann gehst du einfach wieder zur Uni. Das mit dem Babysitting kriegen wir auch irgendwie hin. Glaub mir, finanziell wird's vielleicht zu Beginn nicht gerade einfach, aber das ist doch alles noch im Rahmen." Er startete mit einem immensen Redeschwall und ich erkannte, dass er sich jetzt schon riesig auf das Kind zu freuen schien. Suse und ich warfen uns einen verstohlenen Blick zu und sie schüttelte leicht den Kopf. Ich wusste, was es bedeuteten sollte. An diesem Tag entschied ich mich dafür, dass Marc der Vater meines Kindes war.
 

Die nächsten zwei Monate verbrachte ich in einer Art Trance. Ich spielte die freudige werdende Mutter und innerlich hatte ich oft das Gefühl laut schreien zu müssen. Zu Beginn war bei mir die Angst auch sehr groß, wie meine Eltern auf das Babyglück reagieren würden, doch wider erwarten waren sie mehr als erfreut darüber. Marc wollte mich eigentlich noch vor der Geburt des Kindes heiraten, doch ich war erst einmal dagegen. Einerseits fühlte ich mich noch nicht reif für eine Ehe und zum zweiten hätten wir Lars Bescheid geben müssen. Diese Sache mit Lars gestaltete sich sowieso immer schwieriger, denn mein Freund war immer öfters der Meinung, das der zukünftige Patenonkel darüber in Kenntnis gesetzt werden sollte, doch aus verständlichen Gründen blockte ich da voll ab und vertröstete Marc jedes Mal damit, dass ich es ihm zu einem späteren Zeitpunkt sagen würde, den ich natürlich absichtlich immer wieder verstreichen ließ.
 

Einige Wochen später, wir fuhren gerade vom Supermarkt mit Marcs neuem Auto, das wir extra für die Zeit mit dem Baby gekauft hatten, nach Hause, als dieser wieder auf mich einredete, es endlich meinem Bruder mitzuteilen, doch wie immer winkte ich ab. "Oh, das habe ich schon wieder vergessen. Ich werds bei unserem nächsten Telefonat einbringen." Mein Freund blickte mich still von der Seite an und ich biss mir in die Unterlippe. Ich musste mir schleunigst etwas einfallen lassen, denn ich bemerkte, dass mir Marc inzwischen anfing zu misstrauen, was natürlich absolut verständlich war. Zuhause angekommen wollte er noch den Wagen parken und setzte mich, mit nur einer Einkaufstüte bewaffnet, ab, da er mich als werdende Mama trotz Protest meinerseits, nicht mehr tragen lassen wollte. Fröhlich fast leichtbeschwingt lief ich die Treppen hoch, denn morgen begann das Wochenende und da wir schon den Einkauf erledigt hatten, freute ich mich auf die bevorstehende Ruhe, die in der letzten Zeit doch etwas zu kurz gekommen war. Mein Lächeln erstarb allerdings, als ich meinen Bruder Lars auf der Treppe vor meinen Füßen hocken sah. "Findest du nicht, dass du als Schwangere etwas vorsichtiger sein müsstest?" fragte er bissig ohne zu mir hoch zu schauen. Ich schluckte hörbar und meinte plötzlich heiser. "Möglich." Ich versuchte ein Lächeln. "Was machst du denn hier?" tat ich trotz allem ahnungslos. Er sprang auf und blitzte mich böse an. "Als ob du das nicht genau wüsstest!" brüllte er quer durchs halbe Treppenhaus. Ich starrte ihn erschrocken an und wollte gerade den Mund aufmachen, um ihn zur Ruhe zu ermahnen, doch er war schneller. "Es war ganz toll von Ma zu erfahren, dass ich Onkel werde! ONKEL!" Das letzte Wort schrie er wieder und bekam fast einen hysterischen Lachkrampf.
 

Ich war unfähig etwas zu sagen und ließ langsam die Einkaufstüte sinken. Meine Eltern hatte ich natürlich vergessen, darum zu bitten ihm noch nichts zu erzählen. Trotzdem versuchte ich mich zu beruhigen. "Und was ist so schlimm daran Onkel zu werden?" wollte ich wissen. Er packte mich etwas grob am Arm und zog mich zu sich hoch. "Oh Jule. Ich kann auch rechnen. Unter Umständen komme doch auch ich in Frage, oder?! Sonst hättest du mich längst angerufen und es mir gesagt. Dachtest du echt, dass du damit durchkommst?!" Mir schossen die Tränen in die Augen. Langsam wurde sein Griff lockerer. "Weißt du, dass das Kind schwerstbehindert sein kann?! Bist du dir über die Folgen im Klaren?" Ich schaute zur Seite und mir rannen die Tränen über die Wange. Deswegen hatte ich Angst gehabt. Angst davor, wie er als Arzt auf diese Tatsache reagieren würde. Schnell nickte ich mit dem Kopf. Nun ließ er die Hände komplett sinken. "Das erklärt alles hier!" hörte ich jetzt eine andere Stimme vom Treppenabsatz zwischen der letzten Etage und der in der wir standen. Schnell drehte ich den Kopf in Richtung Stimme. Dort stand Marc mit den restlichen Einkaufstüten. Am Liebsten wäre ich in dieser Sekunde im Erdboden verschwunden.
 

Marcs Gesichtsausdruck war undefinierbar. "Ich war so blind." brüllte er wütend und schlug sich mit der Hand vor die Stirn. "Jetzt verstehe ich erst: Er ist deine erste große Liebe. Deswegen wart ihr beiden immer so komisch! Ich hab mir ja einiges gedacht, aber das hier toppt echt alles. Ihr seit ja beide krank!" Da war er, dieser Satz vor dem ich mich immer so gefürchtet hatte. Jetzt war es raus. Unser Geheimnis. "Die Spitze ist aber wirklich, dass du mir auch noch sein Kind andrehen wolltest! Warst du wirklich so naiv zu glauben, dass das nie auffliegen würde. Na, falsch gedacht! Ihr seit echt das Allerletzte!" Ich blickte wie in einem Traum auf seinen Mund. Es war alles so unwirklich, fast grotesk. Die Worte erreichten mich fast nicht mehr. Ich fühlte mich wie in einer riesigen Seifenblase. Marc drehte sich wie in Zeitlupe um und wollte gehen. "Warte!" hörte ich mich rufen und ich machte einen Schritt nach vorne. Die Seifenblase platzte und ich fühlte, dass der Boden unter mir nachgab.
 

Instinktiv griff ich nach dem Geländer und konnte den Sturz gerade noch abfangen. In der Eile hatte ich vergessen das Licht anzumachen und wäre beinahe die Treppe runter gefallen. Endlich erreichte ich die Tür und öffnete sie.
 

"Na, endlich wach?" hörte ich Lars' leise Stimme bevor ich ihn sah. Schnell schlug ich die Augen auf. Erst sah ich alles nur ganz verschwommen, doch allmählich fügte es sich zu einem Bild zusammen. Ich lag in einem kleinen Raum. Lars hockte neben mir und Marc stand am Fenster. Ruckartig setzte ich mich auf. "Wo bin ich?" Marc drehte sich zu mir um, sagte aber nichts. "Du bist im Krankenhaus. Erinnerst du dich nicht daran, dass du die Treppe heruntergefallen bist?" Ich schüttelte entgeistert den Kopf. Jetzt erst merkte ich, dass mein ganzer Körper schmerzte. "Gott sei Dank hast du dir nichts gebrochen." sprach Lars sanft weiter und nahm meine blasse Hand. "Was ist mit dem Baby?" Die Jungs warfen sich einen viel sagenden Blick zu. Ich sackte erschöpft in die Kissen zurück. "Es ist tot, oder?" Marc setzte sich jetzt auf die andere Bettseite. "Ja." Ich begann hemmungslos zu weinen. Ich weiß nicht wie lange wir drei so gesessen haben, doch irgendwann stand Marc langsam auf. "Wo willst du hin?" fragte ich vorsichtig. Er lächelte fast freundlich. "Gehen. Ich habe übrigens deine Eltern verständigt. Sie wollen morgen schon hier sein. Ich wusste einfach nicht was ich tun sollte, aber ich habe ihnen von all dem nichts erzählt. Ich finde, das solltet ihr selber machen." Ich setzte mich vorsichtig auf und streckte meine Hand aus. "Bitte bleib." Er drehte sich im Gehen noch mal halb um, sah mich aber nicht an. "Das könnte ich jetzt nicht, selbst wenn ich wollte. Es tut mir leid, was dir passiert ist, aber ich kann zur Zeit nichts mehr für dich tun, denn eigentlich hast du dich schon entschieden."
 

Ich habe Marc seit diesem Tag nicht wieder gesehen. Suse meinte, dass er am gleichen Abend noch stumm seine Sachen aus der Wohnung geschafft hatte. Er wollte nur einmal von ihr wissen, ob sie es auch gewusst habe und sie hatte es nicht gewagt ihn anzulügen. Er nickte und verließ ohne ein weiteres Wort die Wohnung. Lars nahm mich in den Arm und küsste mich auf den Kopf. "Das wird schon alles wieder." Ich drückte ihn etwas weg, um ihn in die Augen gucken zu können. "Er hat recht. Ich kann das alles hier einfach nicht mehr. Ich hab fast das Gefühl immer weiter ungewollt einen Berg hochzulaufen und ich habe kaum noch Raum zum Atmen. Ich will Mama und Papa nicht so unter die Augen treten!" stellte ich fest. Lars nickte stumm. Noch bevor meine Eltern kamen, ließ ich mich auf eigene Verantwortung entlassen und wir liefen davon, denn endlich war ich bereit dazu. Nur Suse und Mona nannten wir unsere neue Adresse, da ich wusste, dass sie vertrauenswürdig waren und niemanden hinter uns her schicken würden. So konnte Susanne uns zum Beispiel einen Teil unserer Sachen nachschicken, die bei der Flucht natürlich liegen geblieben waren.
 

"Sind Sie Mrs. Brunner?" fragte mich ein Mann in Uniform. Ich nickte stumm und zog meinen Bademantel etwas fester zu, denn der Wind blies mir kalt von der See entgegen. Der Sturm hatte anscheinend doch noch nachgelassen. "Bitte kommen Sie mit. Der Wagen ihres Mannes ist auf der kleinen Seitenstrasse von Fowey verunglückt. Er ist trotz Sturmwarnung dort lang gefahren und einige gelöste Steine von der Felswand neben der Strasse sind in sein Auto gekracht."

Epilog 1( Traurige Fassung)

Epilog (Fassung I /traurig)
 

Lars starb noch in derselben Nacht. Nichts hielt mich mehr in England und so ging ich nach München zurück. Inzwischen lebe ich wieder mit Mona in einer kleinen Wohngemeinschaft. Vor einigen Wochen brachte ich einen kleinen gesunden Jungen zur Welt. Ich nannte ihn Lars. Er ist mein Sonnenschein, auch wenn ich jetzt noch nicht weiß, wie ich ihm seine Entstehung und das ganze Drumherum jemals erklären sollte. Ohne den Gedanken an ihn hätte ich die letzten Monate kaum ertragen, vor allem, weil mein Vater mich immer noch zutiefst verachtet. Meine Mutter telefoniert öfters heimlich mit mir und einmal haben wir uns sogar schon im Cafe getroffen, weil sie ihren Enkelsohn sehen wollte. Sie begann zu weinen, als sie ihn sah. Ich legte meine Hand auf ihre. "Was ist denn Mama?" Sie zog ein Foto aus ihrer Handtasche und gab es mir. Da verstand ich. Ich hielt Lars das Bild hin. "Guck mal. Das ist dein Papa, als er noch ganz klein war."
 

Ende
 

(Anmerkung der Autorin: So hatte ich es zur Beginn der Geschichte geplant, doch während ich sie schrieb, nahm die Geschichte eine immer grössere Eigendynamik an..LOL. Ist keine schlechte, aber nicht meine Liieblingsfassung.)

Epilog 2 ( Happy-End)

Epilog (Fassung II / Happy-End /Kitsch pur)
 

Trotz aller negativen Prognosen der Ärzte zeigte Lars einen unglaublichen Lebenswillen und überstand diesen Unfall. Kaum ging es ihm etwas besser, gestand ich ihm die Sache mit dem Baby. Anfänglich war er gegen das Kind, doch als er es das erste Mal auf dem Ultraschall sah und auch noch hörte, dass es dank einer neueren ungefährlichen Fruchtwasseruntersuchung zur 100 % gesund sein würde, fasste er neuen Lebensmut und machte unheimlich Vorschritte in seiner eigenen Genesung. Einige Monate später brachte ich einen gesunden Jungen zu Welt. Bald wird Taufe sein an der sowohl meine Freundinnen Suse und Mona, als auch meine Eltern teilnehmen wollen, da sie inzwischen unsere Liebe akzeptiert haben. Lars überlegt, eine gut bezahlte Stelle in einem Krankenhaus in München anzunehmen, um wieder dichter an dem restlichen Geschehen zu sein und ich in Teilzeit mein angefangenen Studium zu Ende bringen kann. Wie wir dem Kleinen allerdings seine Entstehung erklären, wissen wir noch nicht genau, doch das ist ja erst einmal noch nicht so wichtig, oder?
 

Ende
 

(Anmerkung der Autorin: Ein von vielen Seite gewünschtes Ende. Naja..lass ich mal so stehen. ;-))

Epilog 3 ( Times Lieblingsfassung)

Epilog (Fassung III / realistischste Lieblingsfassung der Autorin)
 

Entnervt schaue ich auf meine Armbanduhr. Lisa wird langsam unruhig, denn sie ist immer noch nicht soviel Menschen gewöhnt, außerdem ist dieses Cafe verqualmt. Früher ist mir das gar nicht so aufgefallen, aber für so eine kleine Lunge muss es eine unheimliche Belastung sein. Plötzlich sehe ich ihn reinkommen. Schnell winke ich ihm zu, damit er weiß, wo wir sitzen. Lars bleibt einige Sekunden vor uns stehen und setzt sich dann stumm hin. "Das ist sie also." Stellt er ohne eine ordentliche Begrüßung fest und beugt sich zu ihr rüber. "Sie ist perfekt." Ich grinse schief. "Und wider deiner Erwartungen absolut gesund." Er zuckt zusammen und bewegt sich unruhig auf dem Stuhl hin und her. "Ich habe eine Stellung in München angeboten bekommen, Julia." Er redet, als ob das Jahr, das wir uns seit der Trennung nicht mehr gesehen haben, nicht existieren würde, doch für mich war bzw. ist es allgegenwärtig. Ich verschränke die Arme vor dem Körper. "Das ist schön für dich." Ich freue mich wirklich, doch kann und will ich es ihm nicht zeigen. "Dann kannst du dich also auch einmal um deine Tochter kümmern." Ich merke, dass er immer unruhiger wird, doch das ist mir irgendwie egal. "Es tut mir leid, dass ich damals nach dem Unfall so ruppig reagiert habe, aber ich musste erst einmal verkraften, dass mein Kollege in meinem Wagen verunglückt ist, weil er unbedingt nach Hause wollte und ich seine letzte OP freiwillig übernommen habe. Ich hätte an seiner Stelle sein können." Mich nervt diese theatralische Ader von meinem Bruder manchmal doch etwas, denn er verlässt gerade wieder den Diskussionsansatz. "Es tut mir leid. Das hat aber nichts damit zu tun, dass du mir gleich eine Abtreibung andrehen wolltest, nur weil du die Untersuchung meiner Frauenärztin nicht abwarten konntest." Er nickt stumm, wurschtelt in seiner Jackentasche herum und zieht eine Schachtel Zigaretten hervor. "Du rauchst?" frage ich entsetzt und mache ihn dann darauf aufmerksam, dass sich ein kleines Kind neben ihm befindet. Er steckt eine herausgenommene Zigarette zittrig wieder in die Packung und nickt. "Ja, seit letztem Herbst. Bringt der hektische Job eines Arztes so mit sich." Wir schweigen uns einige Zeit an und ich schaue ihn von oben bis unten an. Er ist mir so fremd geworden. "Und wie geht es dir sonst so?" sucht er ein Gesprächsthema. "Gut. Ich wohne wieder mit Mona in einer WG. Obwohl du das sicher schon von Ma weißt, denn sie hat dir ja die Rufnummer gegeben. Außerdem studiere ich weiter und letztens hab ich zufällig Marc wieder getroffen." Ich sehe, dass mein Bruder schwer schlucken muss. "Und, wie geht es ihm?" Noch kenne ich ihn gut genug um zu wissen, dass das nicht seine eigentliche Frage ist. "Gut. Er hat inzwischen richtig Karriere gemacht. Wir treffen uns manchmal." Er nickt und spielt wieder an seiner Kippenpackung. "Mhhmm. Hat er dir denn verziehen?" Ich lächele. "Weiß ich nicht. Wir reden kaum von früher. Ich habe ihm nur erzählt, dass wir uns vor Lisas Geburt getrennt haben." Plötzlich blickt er mir in die Augen und meint unvermittelt: "Jule, ich vermisse dich. Gib uns noch eine Chance." Ich wende mich zu Lisa und streichle ihr über die Stirn, denn obwohl ich auf alles gefasst gewesen war, schlägt mein Herz mir trotzdem wieder kurz bis zum Hals. "Ich weiß nicht, Lars. Ich hätte keine Ahnung, wie ich es unserer Kleinen je alles erklären sollte." Er greift nach meiner linken Hand, die sich unwillkürlich ins Glas gekrallt hat und streichelt sie vorsichtig. "Da hast du recht."
 

Ende
 

(Anmerkung der Autorin: Mein absolutes Lieblingsende. Dieses Ende hat sich zum Schluss bei mir im Kopf immer deutlicher rauskristallisiert. Dank einer Freundin (Grüsse und Dank von dieser Seite aus nochmal an die Ela) bin ich hier etwas weitergekommen. Ich finde dieses überraschende Ende einfach besser als die anderen. Hier konnte ich Jule aus der "Mimosen-Rolle" rauswachsen und zu eine selbstbewusste junge Frau werden lassen, ohne dass es unglaubwürdig wird.)



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Kommentare zu dieser Fanfic (88)
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Von: abgemeldet
2004-05-10T11:52:35+00:00 10.05.2004 13:52
mmmmh...joa, net schlecht.
Schreib bitte weiterhin so gut^^
Und das mit den verscheidenen enden haste wirklich gut gemacht^^

Bye Messi/Shi/Kyo
Von: abgemeldet
2004-05-10T11:46:32+00:00 10.05.2004 13:46
*klatsch*
Suer...aber es ist trotzdem ...KURZ *seufz*
Also bisher gefällt mir das Happy End am besten, ma gucken wie das andere ende is^^

Bye Messi/Shi/Kyo
Von: abgemeldet
2004-05-10T11:44:14+00:00 10.05.2004 13:44
Traurig *snüff*
Und...KURZ *flenn*
*lieber schnell zum Happy end spring*

Bye Messi/Shi/Kyo
Von: abgemeldet
2004-05-02T13:24:35+00:00 02.05.2004 15:24
ok, das hab ich jetzt als zweites Ende gelesen...ist wirklich ziemlich gut geworden...macht sich fast besser als das kitschige, aber es bleibt immer noch ein wenig ein offenes Ende...
Konntest doch nicht wirklich entscheiden, ob Sohn oder Tochter, wie? *g* Das traurige Ende spar ich mir mal für irgendwann auf wenns mir nicht gut geht...
Bin mal gespannt, was als nächstes von dir kommen mag!
LG
Selene
Von: abgemeldet
2004-05-02T13:24:26+00:00 02.05.2004 15:24
ok, das hab ich jetzt als zweites Ende gelesen...ist wirklich ziemlich gut geworden...macht sich fast besser als das kitschige, aber es bleibt immer noch ein wenig ein offenes Ende...
Konntest doch nicht wirklich entscheiden, ob Sohn oder Tochter, wie? *g* Das traurige Ende spar ich mir mal für irgendwann auf wenns mir nicht gut geht...
Bin mal gespannt, was als nächstes von dir kommen mag!
LG
Selene
Von: abgemeldet
2004-05-02T13:20:33+00:00 02.05.2004 15:20
*lol* Man merkt förmlich wie ungern du dieses Ende geschrieben hast...stimmt, ist fast zu kitschig, aber mir gefällts trotzdem
LG
Selene
Von:  Red_Ops
2004-04-30T19:33:48+00:00 30.04.2004 21:33
hmmmmmmm joaaaaaa is dir sehhr gut gelungen. Jetzt mag ich zwei und zwar das traurige und dieses Kapi. So ich will mich verabschieden von dir, denn leider ist ja hier ende *Snief* doch ich hab mich immer gefreut mehr von deiner Story zu lesen!! Also machs gut und bleib gesund (klingt als würden wir uns nie mehr wieder sehen)
BYE oder besser gesagt SAYONNNNNNAAAARRRRRRRRRRRRRRAAAAAA

yvonne
Von:  Red_Ops
2004-04-30T19:20:59+00:00 30.04.2004 21:20
hmm das wär uch nciht schlecht. Gefallen tut mir doch eher daweil noch das Sad ende, aber egal ich schau mal eh lese sicher schauen. Also ich lese jetzt weiter und dann bist du mich eh schon los!
Von:  Red_Ops
2004-04-30T19:18:39+00:00 30.04.2004 21:18
*snief* dsa ist wirklich ein trauriges ende. Doch irgendwie ist es auch süß frag mich nciht warum. So jetzt lese ich noch die anderen zwei
Von:  Red_Ops
2004-04-30T19:16:38+00:00 30.04.2004 21:16
Ohhh mannnnnnnnn is das traurig. Doch deine Story ist noch immer einfache Spitze!!!!!!!!
Ich möchte mir jetzt noch alle Varianten durchlesen damit ich nciht ganz in tränen untergehe *ggggg*


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