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Experiment Mind Reader

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PRELUDE

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Yoshikis Lustlandschaft

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

INTERLUDE

Im ersten Moment glaubte Rena, das blaue Licht, welches in umfing, wäre Bestandteil einer neuen Traumepisode, doch so wie nach und nach sein Bewusstsein zurückkehrte, musste er feststellen, dass er wieder in der Realität angekommen war und sich somit in Yoshikis Labor befand. Noch etwas benommen blinzelte er und suchte mit den Augen nach dem anderen, welcher nach wie vor auf seinem Schreibtischstuhl saß, nur mit dem Unterschied, dass er geschäftig an seinem PC werkelte. Durch die wohlige Trägheit, die Rena umfing, beschlich ihn ein warmes Gefühl beim Anblick Yoshikis. Sein Lächeln mochte gequält wirken aufgrund seiner eingerosteten Gesichtszüge, aber es war dennoch eines von der echten Sorte. Schon immer hatte es ihn gewissermaßen fasziniert, Yoshiki in einem seiner beiden Elemente zu erleben. Wenn er mit großen Augen auf den Bildschirm starrte und hochkonzentriert wirkte, während seine so kundigen Finger flink wie Wiesel über die Tastatur huschten, bestätigte er Rena nur in seiner Behauptung, dass er ein absoluter Freak war. Ein Nerd sowie ein verrückter Wissenschaftler. Rena vermochte sich nur schwer an dem anderen sattzusehen. Besonders dann, wenn er nicht merkte, dass er ihn beobachtete, so wie im Augenblick. Noch immer spürte er die Nachwirkungen der Träume mehr als jene des injizierten Serums. Die Gefühle, welche Yoshikis Hirngespinste in ihm wachgerufen hatte, waren nach wie vor präsent, und vielleicht waren auch sie es, die die alte Vertrautheit zwischen ihnen wiederbelebte. Yoshiki war ihm nicht mehr nahe gewesen, als er hier eingetroffen war. Aber nun war er es wieder.

Yoshiki bemerkte wenig später, dass er wach war. Aus seinen großen, runden Augen blickte er ihn über den Bildschirm hinweg an. Hätte Rena nicht gewusst, was für ein perverses Gedankengut in jenem genialen Kopf schlummerte, er hätte wohl vermutet, dass Yoshiki kein Wässerchen trüben könnte. So unschuldig wirkte sein Gesicht, so harmlos, insbesondere dann, wenn er nicht gestylt war und seine Brille trug. Aber Rena kannte das, was sich in seinem Hirn abspielte, besser als jemals zuvor. Jetzt, wo er dessen Gedanken hautnah miterlebt hatte.

"Ah, du bist wach", stellte Yoshiki mit dem Anflug eines Lächelns fest und rückte sich seine Brille zurecht. Er löste sich von seinem PC und wandte sich Rena zu, dabei die Hände geduldig in seinem Schoß faltend, während er seinen Probanden erwartungsvoll anblinzelte. "Und? Hat sich die Reise für dich gelohnt?"

Im Grunde wusste Rena selbst nicht, wie die Antwort auf diese Frage lautete. Sein Hirn war nach wie vor leicht benebelt, die Wirkung des Serums ließ nur langsam nach. Verflucht viele Eindrücke waren auf ihn niedergeprasselt, und wahrscheinlich würde es seine Zeit dauern, bis er sie allesamt eingeordnet hatte. Und vor allen Dingen verarbeitet.

"Nun ja."

Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und bemerkte erst jetzt, dass sie schweißnass war. Beunruhigt verzog er die Augenbrauen. Hoffentlich hatte sein Körper nicht allzu offensichtlich mitgefiebert, während sein Geist sich im Land der Träume aufgehalten hatte. Immerhin besaß er keine Erregung. Immerhin etwas.

"Wie, 'nun ja'?" Yoshiki runzelte die Stirn, aber der Schalk blitzte nach wie vor in den Augen hinter seiner Brille auf. "Hast du denn nicht das Licht gefunden, nach dem du gesucht hast?"

"Nicht direkt."

Damit hatte er nun doch Yoshikis Erstaunen geweckt. Offenbar hatte er mit dieser Bekundung nicht gerechnet.

"Und indirekt?"

Rena hob die Schultern. Für lange Gespräche fehlte ihm schlichtweg die Energie. Selten hatte er sich derart ausgelaugt gefühlt. Als wäre er an seine mentalen Grenzen gestoßen.

"Du bist auf jeden Fall nicht so abgebrüht, wie du immer zu sein glaubst", deutete er mit erschöpfter Stimme an und lehnte seinen Hinterkopf gegen das Polster des Stuhls. "Obwohl du natürlich ganz eindeutig vollständig verdorben bist. Dein Licht mag diffus sein, aber ich habe es gesehen."

Yoshikis Mundwinkel zuckten, ohne sich zu einem Lächeln auszubreiten. Fast sah es schmerzlich aus, wie er das Gesicht verzog, und vielleicht lag dies daran, dass er ahnte, welches Licht Rena aufglimmen gesehen hatte. Er selbst kannte seine Sehnsucht schließlich am besten, auch wenn er sie stets zu verbergen wusste. Aber nun kannte Rena sie genauso gut. Er konnte ihm nichts mehr vormachen. Nicht, nachdem sie dieselben Träume geträumt hatten.

"Immerhin scheinst du keine Folgeschäden davongetragen zu haben", urteilte Yoshiki und rollte nun samt seinem Stuhl auf Rena zu, ein Stethoskop und ein Blutdruckmessgerät mit sich führend. "Lass mich nun deine Werte kontrollieren."

"Keine Sorge, ich bin hart, das weißt du." Rena ließ Yoshiki nicht für eine Sekunde aus den Augen, während dieser ihm die Manschette um den Arm schlang und den Kopf des Stethoskops knapp darunter an seine Armbeuge schob. Nun sah er wieder so extrem jung aus, wie er konzentriert den Blick gesenkt hielt und Renas Werte studierte. Und Rena kam nicht umhin, sich durch diese kleine Untersuchung abermals angeregt zu fühlen. Er versuchte, sich dagegen zur Wehr zu setzen, aber er mochte es nach wie vor, wenn Yoshiki den Doktor spielte und seinen Körper und dessen Funktionen in Augenschein nahm. Und jetzt, wo er wusste, in welch schillernd schönen Farben Yoshikis Gedanken Rena malten, hätte vielleicht ein kleines Kommando genügt, um seinen Widerstand zu brechen.

"Dein Herz rebelliert ganz schön", verkündete Yoshiki schließlich, als er die Manschette löste und sich die Ohroliven herauszog. "Ich kann nachvollziehen, dass das Ganze ziemlich aufwühlend für dich gewesen sein muss." Er tätschelte Renas Hand, die entspannt auf der Armstütze ruhte. "Ich weiß nicht genau, was du gesehen hast, aber wahrscheinlich überschreitet es selbst meine kühnsten vom Verstand gelenkten Vorstellungen. Das Unterbewusstsein tritt immer vollkommen unzensiert und unbeschönigend auf. Deshalb ist es mitunter gefährlich, darin herumzustochern."

Rena warf ihren sich berührenden Händen einen Blick zu und musste unwillkürlich an Yoshikis letzten Traum denken. Jenen, in denen er pure Entzückung empfunden hatte. Jenen, in dem sie sich so nahe gewesen waren und es sich so realistisch angefühlt hatte.

"Nichts davon hat mich wirklich überrascht", gab Rena zu, während er seine Hand endlich wegziehen wollte, es aber einfach nicht schaffte. "Jeder Traum hat deine Handschrift getragen. Ich habe dich wiedererkannt."

Yoshiki blinzelte ihn an.

"Und trotzdem rennst du nicht schreiend davon, sondern sitzt hier und lässt mich sogar an dich heran?" Nun schmunzelte er. "Obwohl du so gehofft hast, dass ich vielleicht doch kein so abnormales Schwein bin?"

Gewissermaßen kam sich Rena in Anbetracht dieser Fragen hilflos vor, weshalb er nichts anderes tat, als mit den Schultern zu zucken. Natürlich rannte er nicht schreiend vor Yoshiki weg. An seinen Gefühlen für ihn hatte sich durch die geteilten Träume nichts geändert. Ganz im Gegenteil - alles, was vorher vorhanden gewesen war, hatte sich noch intensiviert.

"Gut." Yoshiki nickte, anscheinend hatte er noch nicht einmal eine Antwort erwartet. "Dann ist es nun an der Zeit, dass du die Hosen runterlässt und deine ungeschönten Träume mit mir teilst."

Diese Tatsache freute ihn ungemein, das hörte Rena ihm an und er sah es auch in seinen aufblitzenden Augen. Eilig richtete er eine neue Spritze an, welche dieses Mal für ihn selbst sein würde, während Rena beklemmende Empfindungen beschlichen. Wenn es wirklich stimmte und noch nicht einmal Yoshiki wirklich wusste, was sich in seinem eigenen Unterbewusstsein abspielte, was würde er dann in Renas Träumen entdecken? Ja, Rena glaubte wirklich fest daran, dass er nicht mehr der dumme, risikofreudige und sexuell pervertierte Junge war, zu dem Yoshiki ihn vor vielen Jahren gemacht hatte. Nie mehr hatte er sich nach irgendwelchen Schweinereien gesehnt, nie irgendetwas in seinem Leben vermisst, seit Yoshiki kein Teil mehr von diesem war. Aber eine leise Furcht schlummerte dennoch in ihm. Was, wenn sein Unterbewusstsein ein Verräter war und seine Fantasien noch immer dieselben wie früher? Er hatte Angst davor, sich Yoshiki derart zu offenbaren. Nicht, weil er ihm nicht traute und ihm seine geheimsten Gedanken zu intim gewesen wären, um ihn mit ihnen zu konfrontieren. Er hatte Angst, dass die Sehnsucht ihn insgeheim ebenso zerfraß wie Yoshiki. Aber immerhin würde Yoshiki die Reise durch seine Träume ganz allein unternehmen. Er selbst würde nicht erfahren, was der andere erblickte. Es sei denn, er erzählte es ihm. Detail für Detail...

Doch wie er es auch drehte und wendete, es gab kein Zurück mehr für ihn. Yoshiki hatte sich ihm offenbart und nun galt dasselbe für ihn, so lautete der faire Deal. Er konnte von Glück reden, dass Yoshiki seinen Herzschlag nicht hören konnte, während er sich auf seinem Stuhl niederließ und sich darauf vorbereitete, sich die Spritze zu injizieren. Er ging ohne jede Hemmungen als Werk, so, als hätte er sich schon tausend Mal selbst etwas mittels einer Nadel verabreicht. Ob er sich Heroin spritzte? Rena wusste es nicht, und er wollte es auch gar nicht wissen. Er wusste nur, dass es wahrscheinlich viele Gedanken in Yoshikis Kopf gab, die es wert waren, betäubt zu werden.

Er wischte sich mit einem antiseptischen Tuch über seine Armbeuge und beäugte anschließend genauso fachmännisch seine Spritze wie jene, die er Rena vorhin verabreicht hatte.

"Ich kann es kaum erwarten, einzuschlafen und mich in deinem Hirn wiederzufinden", bekundete Yoshiki. "So nah wollte ich dir schon immer einmal sein. Die Verschmelzung zweier Geister ist noch einmal ein ganz anderes Kaliber als die Verschmelzung zweier Körper."

Renas Magen schien sich in Anbetracht dieser Worte regelrecht zur Faust zu ballen. Er wusste nicht, was genau er empfand, ob es Mitleid war; er wusste nur, dass sie ihn berührten. An einer sehr empfindlichen Stelle, die tief in seiner Seele verborgen lag.

"Na los, tus." Rena hatte keine Ahnung, woher er diese plötzliche Entschlossenheit nahm. Er rückte sich auf dem Stuhl zurecht und starrte an die stählerne Wand, ohne auch nur einmal zu blinzeln. "Bringen wir es hinter uns."

Aus den Augenwinkeln sah er, wie Yoshiki sich neu mit seinem PC vernetzte.

"Alles, was wir heute über den anderen herausfinden, bleibt unter uns", bekräftigte er noch einmal, und beinahe wünschte Rena sich, dass er noch einmal seine Hand auf die seine legen würde, denn dies hätte ihm vielleicht etwas von den mulmigen Gefühlen genommen, die ihn beschlichen und nicht mehr losließen. "Deine Geheimnisse sind bei mir sicher, Süßer. Ich werde sie hüten wie meine eigenen."

Weil er ohnehin niemand hatte, dem gegenüber er sie ausplaudern konnte. Er hatte eine Frau, die er nie würde lieben können und die garantiert keinen blassen Schimmer davon hatte, wie es in Yoshiki selbst aussah. Er hatte seinen Computer, und Maschinen taugten für gewöhnlich nicht als Gesprächspartner. Dafür aber waren sie äußerst geduldig und verurteilten einen nicht. Nicht einmal dann, wenn man ihnen doch seine perfidesten Gedanken anvertraute.

Noch immer wandte Rena seinen Blick nicht mehr von dem bläulich schimmernden Nichts ab. Nicht einmal, um hinüber zu Yoshiki zu schielen und herauszufinden, ob er bereits schlief, um Renas Träume zu empfangen. Wie lange würde eine solche Traumreise dauern? Minuten? Stunden? Er hatte Yoshiki nicht danach gefragt, und nun wagte er es nicht mehr, ihn anzusprechen. Schließlich war es äußerst wahrscheinlich, dass er sich bereits bei den Leichen in Renas Keller umschaute...

 

Renas Lustlandschaft

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

POSTLUDE

Das Gefühl der tiefen Erregung in seinen Lenden blieb omnipräsent. Sie mochte Rena gehören und nicht Yoshiki, war sie doch in seinem Hirn erwachsen, aber nun gehörte sie auch ihm, und sie ließ ihn auch nicht los, als Yoshiki allmählich wieder in die Realität zurückkehrte. Das blaue Licht stach ihm in die noch benommenen Augen, doch sein restlicher Körper war nicht müde. Sein Hirn arbeitete auf Hochtouren. Seine Hände waren schweißnass und seine Hose viel zu eng.

Rena verhielt sich so still, dass er hätte annehmen könnte, er wäre gar nicht da oder selbst eingeschlafen. Doch wäre dem so, hätte er sich nicht durch seine Gedanken bewegen können.

Als Yoshiki träge den Kopf drehte und zu ihm hinsah, erwidert er den Blick unverzüglich. In seinen dunklen Augen schwelte etwas Verletzliches, denn er fürchtete eindeutig das, was Yoshiki gesehen hat. Er wollte nicht erfahren, um was es sich gehandelt hat. Die Beule in seiner Hose sprach ohnehin Bände, und sie war es auch, die ihn rasch wegsehen ließ.

Doch der Wahrheit konnte er sich nicht länger entziehen. Dafür würde Yoshiki Sorge tragen. Vielleicht hätte er es ihm verschwiegen, wenn es nicht derart eindrücklich angemutet hätte. Aber es gab in Anbetracht von Renas intimsten Gedanken viel zu sagen. Sehr viel.

"Danke, dass du mich so vertrauensvoll in deine Seele hast sehen lassen."

Yoshiki nahm sich die Elektrode ab und legte sie beiseite. Rena beäugte ihn dabei argwöhnisch mit gesenktem Kopf und diskret gehobenem Blick. Wahrscheinlich rechnete er damit, dass Yoshiki sich nun seinem PC zuwenden würde, um irgendwelche Daten und Fakten festzuhalten, doch bei diesem Experiment ging es nicht um logische Schlüsse, sondern um rein persönliche Belange, welche sich nur schwer in Worte fassen ließen. Aber dies war natürlich trotzdem vonnöten, allerdings brauchte Yoshiki eine Weile, ehe er wieder so klar war, dass er Rena erzählen konnte, was er erfahren hatte. Doch dann überlegte er es sich anders.

"Du willst nicht, dass ich dir erzähle, was ich gesehen habe, nicht wahr?" Er schaute Rena aus großen Augen an und legte den Kopf dabei urteilend schief. "Du hast Angst davor."

Rena kämpfte gegen das mulmige Gefühl mit aller Macht, aber er schaffte dennoch nicht, es gänzlich vor Yoshiki zu verbergen. Der andere hatte mit seiner Feststellung ins Schwarze getroffen, und seine Augen schimmerten wie jene eines waidwunden Tieres. Wovon Yoshiki sich jedoch nicht beeindrucken ließ. Rena war ein harter Kerl, und es würde ihm eine Freude sein, an seiner rauen Schale zu kratzen.

"Du wirst trotzdem nicht drumherumkommen, zu erfahren, was du mir gezeigt hast", stellte Yoshiki klar und sah ihn fest an. "Denn es ist zu deinem Besten. Unterdrückten Gelüsten und Fantasien muss man irgendwann Raum verleihen, sonst erstickt man daran."

Er wusste, dass er zugleich auch sich selbst belehrte, aber er verdrängte die Gewissheit rasch. Im Moment zählte nur Rena. Rena, der so schön und begehrenswert war und solch ein wildes und äußerst unkonventionelle Sehnsüchte hegendes Herz besaß. Kein Wunder, dass es monatelang im selben Rhythmus geschlagen hatte wie das Yoshikis.

"Dann sags mir." Rena klang wieder so entschlossen wie kurz bevor Yoshiki in seinen Kopf eingedrungen war. Er hielt ihm regelrecht die Wange hin, damit er ihn darauf schlagen konnte. "Ich bin schrecklich verdorben, nicht wahr?"

Yoshiki hätte beinahe aufgelacht, allerdings nicht nur, weil er damit den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, sondern weil ihn seine Furcht vor der Wahrheit fast rührte.

"Sagen wir es so." Yoshiki schmunzelte genüsslich in sich hinein und rieb sich das Kinn, während er das eben Gesehen noch einmal Revue passieren ließ. "Ich komme in fast jedem deiner Träume vor. Und in jedem siehst du eine andere Facette von mir. Und gleichzeitig offenbarst du mir in jenem eine andere Facette von dir."

Rena schnaubte.

"Es war so klar."

"War es das?" Yoshiki zeigte sich reichlich erstaunt. "Suche ich dich etwa so oft in deinen Gedanken heim?"

Rena schwieg. Er kämpfte und kämpfte und würde am Ende doch der Verlierer sein. Und nur deshalb gleichzeitig der Gewinner.

Da er nichts dazu beizutragen hatte, obwohl Yoshiki seine elenden Geheimnisse nun ohnehin allesamt kannte, war es an dem anderen, weiterzusprechen. Er erhob sich und machte ein paar Schritte in Renas Richtung.

"Du hast ein paar äußerst interessante Fantasien", bemerkte er. "Im Nachhinein betrachtet könnte ich fast behaupten, du wärst noch verdorbener als ich." Noch ein Schritt folgte, sodass er nun direkt vor Renas Knien Halt machte. Der Junge wurde zunehmend unruhiger und rückte sich in seinem Stuhl zurecht, hielt aber weiterhin die Klappe. "Du fühlst dich von Ekel stimuliert genauso wie von Angst und Scham. Oh ja, insbesondere, wenn man dich in Verlegenheit bringt, geht dir einer ab."

Rena mimte den Unbeeindruckten, der er jedoch nicht wahr. Er schaute demonstrativ in eine andere Richtung und überließ Yoshiki nach wie vor das Reden, hörte nur widerwillig zu, wie er all die Dinge vor ihm ausbreitete, die er nicht hören wollte. Die Wahrheit in ihrer reinsten Form.

"Aber du kannst auch anders." Yoshiki schmunzelte. "Auch du hast ein Licht in dir, wenn auch eines, das von einer kaputten Lampe stammt." Er streckte die Hand aus und berührte Rena an der Stelle unter seinem Ohr. Der Junge zuckte abrupt zusammen. So empfindlich, wie er in seinen Träumen war, war er auch in der Realität. Yoshiki drehte Renas Kopf ein wenig, um einen Blick auf jene Stelle zu erhaschen, auf der sein Finger ruhte. "Schade, dass du es nicht wirklich trägst. Das kleine Sperma-Ypsilon. Es hat dir gestanden."

Renas Blick klarte sich kurz auf, wurde durchscheinend, doch im nächsten Moment verhärtete er sich schon wieder. Seine Lippen waren fest zusammengepresst, doch sie würden es nicht mehr lange sein.

Yoshiki ging zu seiner Theke und öffnete den obersten Schub, um etwas aus diesem zu entnehmen. Es war etwas Kleines, welches er mühelos in seiner Faust verbergen konnte, damit Rena es noch nicht gleich zu Gesicht bekam. So trat er wieder Rena gegenüber und beäugte ihn abschätzend. Er war noch nicht fertig mit seiner Auswertung der perfiden Träume des Jungen.

"Und es gab noch etwas, das dir gestanden hat." Er hielt das scharfe Metallstück so abrupt vor Renas Gesicht, dass der Junge große Augen machte, ansonsten jedoch nicht mit der Wimper zuckte. Ein Schnitt folgte, der Renas Lippe teilte, direkt in der Mitte. So, wie Yoshiki dies getan hatte, trat er einen Schritt zurück und betrachtete sein Kunstwerk, aus dem allmählich Blut quoll. "Jetzt. Genauso bist du komplett. Eine Symbiose zwischen Traum und Realität." Nein, das stimmte nicht. "Allerdings fehlt noch etwas. Etwas ganz Entscheidendes."

Er zögerte keinen Moment mehr. Rena hatte ihm genügend Signale gesendet, die ihm erlaubten, seinen Instinkten freien Lauf zu lassen. Rena wollte es auch. Und so setzte er sich auf den Schoß des Jungen und küsste heiß dessen Blut von den Lippen, bis er es auf seinen eigenen schmecken konnte. Metallisch. Ein seltsamer Geschmack für etwas, das nicht aus Eisen bestand. Vielleicht waren Menschen und Maschinen sich doch nicht so fern, wie man immer glaubte.

Im ersten Augenblick wirkte Rena wie erstarrt. Doch es brauchte nur einen einzigen Atemzug Yoshikis, um seinen Widerstand zu brechen. Die Träume, durch die Yoshiki gewandelt war, hatten in ihm ein seltsames Gefühl hinterlassen, etwas zwischen Sehnsucht und blanker Gier, was jedoch gegenstandlos in seinem Magen geschwelt hatte. Bis zu jenem Moment, in dem Yoshiki ihn getriggert hatte. Spermatattoo. Blutende Lippen. Er wusste, wie seine Träume aussahen, ohne es zu wissen. Er spürte es. Und er gab sich selbst nach, küsste Yoshiki begehrend gegen und schlang die Arme um seinen Rücken. Wie zwei Raubtiere, die ewig um ihre Beute herumgeschlichen waren, ohne sie erlegen zu dürfen, kosteten sie das Feuer aus, das in ihnen schwelte und das sie zum Ausbrechen gebracht hatten. Es gab nun kein Zurück mehr, für beide nicht. Sie waren eine Symbiose eingegangen, die man nicht mehr trennen konnte. Und all ihre Träume würden aufs Neue Gestalt annehmen, nun, wo sie aus den Tiefen des Unterbewusstseins aufsteigen durften und endlich frei waren.

 



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