Rivals In Friends von Writing_League ================================================================================ Prolog: What's wrong, Endou? ---------------------------- Kidou staunte nicht schlecht, als er in der Mittagspause einen total in sich gekehrten Endou auf dem Schulflur traf, als er sich gerade auf den Weg zu Gouenjis Klassenzimmer gemacht hatte. Sein Mittagessen hatte er dabei, um gemeinsam mit seinen Freunden zu essen, doch der Torhüter hatte scheinbar andere Pläne, denn er entfernte sich von ihrem inoffiziellen Treffpunkt. Und zu allem Überfluss bemerkte Endou ihn nicht einmal, so tief in seine Gedanken versunken war er. Kidou zog eine Augenbraue hoch, sah ihm einen Moment skeptisch nach und betrat den Klassenraum, nachdem er ihn erreicht hatte. Sonst wirkte alles normal. Endous Mitschüler saßen an ihren Tischen und waren in lebhafte Gespräche vertieft, die eine positive Laune ausstrahlten. Sein Blick zu Gouenji verriet ihm, dass auch der weder betrübt, noch in sich gekehrt seinen Blick aus dem Fenster gerichtet hatte. Eher wirkte er aufmerksam, während seine Augen das Geschehen außerhalb der Schule verfolgten.   „Ich hab Endou auf dem Flur gesehen. Kommt er nicht?“, fragte Kidou ihn immer noch skeptisch nebst des Anblicks, der sich ihm geboten hatte. Seine Bentobox stellte er auf Gouenjis Tisch ab und lehnte sich gegen die Fensterbank, während er ruhig den Deckel abnahm.   Gouenji hob den Blick und sah selbst für einen Augenblick fragend drein, dann zuckte er die Schultern. „Mir hat er nichts gesagt“, stellte er klar und jetzt, wo Kidou anwesend war, warf er einen Blick auf sein eigenes Bento vor seiner Nase. Vermutlich ging es ihnen beiden ähnlich – sie hatten Hunger und auf Endou zu warten, wenn der womöglich gar nicht kommen würde, weil er sich mit Matsuno, Handa und Someoka verabredet hatte, wirkte gerade alles andere als attraktiv.   „Er wird nichts dagegen haben“, merkte Kidou an und nickte in Richtung von Gouenjis Bento, dann nahm er selbst seine Bentobox und seine Essstäbchen in die Hände und begann zu essen. Gouenji nickte mit einem zarten, ertappten Lächeln und tat es ihm gleich.   Einen Moment lang schwiegen sie beide. Die gesprächigsten Burschen waren sie schließlich noch nie gewesen. Kidou ging Endous ernstes, angespanntes Gesicht allerdings nicht aus dem Kopf. Er machte sich keine Sorgen, aber der ungewohnte Anblick ließ ihn grübeln, es passierte ganz automatisch. „Endou hat mich nicht mal bemerkt, als ich an ihm vorbei gelaufen bin. Er war in sich gekehrt. So hab ich ihn das letzte Mal gesehen, als er über dem Notizbuch seines Großvaters gehangen hat. Mit diesem verbissenen Blick, es verstehen zu wollen.“   „Das ist selten“, stellte Gouenji mit verblüfftem Blick fest, hoch zu Kidou gerichtet. „Aber falls du dich das fragst: Ich weiß nicht, was mit ihm los ist. Da wir kein wichtiges Spiel anstehen haben, kann ich mir nicht mal denken, was es ist.“   „Bisher habe ich diesen Blick auch nur in Verbindung mit Fußball gesehen.“   „Er liebt Fußball. Vielleicht hat er noch etwas gefunden – oder jemanden.“   „Mach keine Scherze!“, merkte Kidou amüsiert an, die Augenbrauen hochgezogen und mit einem verkniffenen Grinsen. Die Vorstellung war so absurd, dass er nicht wusste, ob sein Gehirn sie einfach so verarbeiten konnte. Resignierend schüttelte er den Kopf. Nein, konnte es nicht. Und er beschloss, dass es besser war, sich nie wieder über Endous nicht existentes Liebesleben Gedanken zu machen.   Gouenjis Schmunzeln wurde mit einem „Mach das nie wieder.“ quittiert. Kidous geistige Niederlage ausradieren konnte der Befehl allerdings nicht, ebenso wenig wie das Bild in seinem Kopf, das sich dort hartnäckig festgesetzt hatte – alles nur dank Gouenji, der ihn offensichtlich gefoppt hatte. Das war das Problem an einem gut funktionierenden Gehirn, manchmal arbeitete es besser als es einem lieb war.   Wieder herrschte einen langen Moment Stille zwischen ihnen, der dank vieler Schnattereien im Hintergrund nicht unangenehm wurde. Dieses Mal war es Gouenji, der zuerst das Wort erhob. „Wir können später mal rüber zu Endous Klasse gehen und Someoka fragen, ob er etwas weiß.“   „Genau den gleichen Gedanken hatte ich auch gerade.“   ***   Die Mädchen aus Klasse 1-1 staunten nicht schlecht, als Gouenji seinen Kopf durch die Tür reckte. Es war unübersehbar, dass sie ihre Köpfe zusammensteckten und zu tuscheln begannen. Ohne drauf zu achten ließ Gouenji seinen Blick durch den Raum schweifen und konnte tatsächlich nur Someoka ausmachen, aber keinen Endou. Gemeinsam mit Kidou betrat er den Klassenraum und wurde schon von einem überrascht dreinblickenden Stürmer begrüßt, der wie immer viel grimmiger aussah als er war.   „Hey“, begrüßte ihn Gouenji lässig. „Weißt du, wo Endou hin ist?“   „Ich dachte, er wäre bei euch, wie immer.“   „Endou ist heute nicht aufgetaucht“, erklärte Kidou und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hast du nichts bemerkt? Ist irgendetwas vorgefallen? Als er mir im Flur begegnet ist, war er regelrecht abwesend mit seinen Gedanken.“   Gouenji wäre definitiv etwas aufgefallen, bei Someoka war er sich dagegen nicht so sicher. Er war keiner dieser analytischen Menschen, die Veränderungen in ihrem Umfeld wahrnahmen und bewerten konnten. Auch sonst setzte er weniger darauf, einen Menschen zu analysieren, sondern handelte impulsiv und von seinem Bauchgefühl gelenkt. Dass die Chancen gering waren, bei Someoka eine Antwort zu finden, wusste Gouenji, aber er war ihre einzige Chance soweit, denn nur er hatte die letzten Stunden mit Endou verbracht.   Someoka hatte seine Augenbrauen tiefer gezogen und sah grimmiger aus als er war, während er offensichtlich die letzten Momente mit Endou Revue passieren ließ.   „Jetzt wo ihr es sagt. Endou war den ganzen Tag schon so still, seit der ersten Stunde.“   „Was war denn in der ersten Stunde?“   „Wir haben über das Schulfest gesprochen und überlegt, was unsere Klasse machen könnte.“   Das Schulfest. Gouenji wusste, dass es bevor stand, auch wenn sie selbst noch nicht mit der Planung begonnen hatten, aber das als Grund für einen in sich gekehrten Endou konnte er sich nicht vorstellen. Kurz tauschte er einen Blick mit Kidou, der ebenso wenig überzeugt aussah, dann sah er zu Someoka zurück.   „Noch irgendwas?“, hakte Kidou noch einmal nach, aber Someoka schüttelte nur den Kopf. „Dass Endou sich wegen einem Schulfest Gedanken machen soll, überzeugt mich nicht.“   Gouenji ging es ähnlich. Bevor sie allerdings noch weitere Zeit und Energie mit herumfragen verschwendeten, beschlossen die zwei wortlos, dass sie sich Endou persönlich vornehmen würden.   ***   „Huh?“, machte Endou nur als ihn Gouenji und Kidou mit ernsten Gesichtern ansahen. Sie hatten ihn tatsächlich gefragt, was los sei und der Torhüter konnte sich keinen Reim drauf machen, was sie meinten. Überhaupt fühlte er sich ein wenig überfallen von ihnen, was in einem irritiert gezwungenen Grinsen seinerseits endete. „Ich weiß nicht, was ihr meint.“   „Du wirkst in dich gekehrt, da haben wir uns gefragt, was los ist“, erklärte Gouenji, aber auch das half nicht so richtig, um zu verstehen. Endou war nicht bewusst, dass er in sich gekehrt gewesen war und tat es mit einer Handbewegung ab, dann grinste er.   „Es ist nichts. Mir geht es bestens!“   „Ich hab deine Miene selbst gesehen, Endou.“   „Meine Miene?“   „Als du nachgedacht hast, so verbissen.“   Endou stutzte, dann musste er verlegen lachen und sein Unverständnis war wie weggeblasen. Er sah in die Gesichter seiner Freunde, die von ernsthaft zu fragend wechselten. „Ich hab darüber nachgedacht, was unser Fußballclub bei dem Schulfest machen kann. Es muss etwas sein, das für Aufsehen sorgt. Aber mir fällt nichts ein, egal wie lange ich darüber nachdenke.“   Es war aber auch wirklich blöd. Schon den ganzen Tag hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, aber jede seiner Ideen schien zu unspektakulär. Ein Torwandschießen war eine tolle Mitmachaktion, aber weder spannend noch fesselnd. Ein Testspiel gegen eine andere Mannschaft oder mannschaftsintern wäre ebenfalls eine Möglichkeit, aber bezog keine anderen Schüler mit ein. Dafür war es spektakulär genug, wenn sie ihre Spezialtechniken auspackten. Bevor er weiter resümieren konnte, wurden seine Gedanken von zurückgehaltenem Kichern unterbrochen.   „Und du dachtest, er hätte mal etwas anderes im Kopf als Fußball“, stellte Kidou fest, dann hielt er sich den Mund, wobei sein Körper verdächtig bebte.   Endou wusste nicht so ganz, was sie vorher besprochen hatten, grinste aber schließlich schief und begann selbst zu lachen. An das Schulfest dachte er einen Moment lang nicht mehr, jedenfalls bis ihm etwas auffiel. „Schade, dass wir nicht alle in einer Klasse sind. Mit euch zusammen an einem Stand zu arbeiten wäre viel toller. Und gerade deswegen müssen wir die Aktion für den Fußballclub ganz besonders toll machen!“   „Wir können es ja beim Training ansprechen und dann im Team überlegen, wie wir das Schulfest angehen wollen“, bot Gouenji an. Wie immer waren seine Ideen gut, wie Endou fand. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht sah er zu ihm und nickte dann, sein Einverständnis gebend. Gemeinsam Ideen zu sammeln war aber auch viel erfolgversprechender als alleine darüber zu grübeln. Und am Ende müssten sie sich sowieso auf etwas einigen, mit dem alle irgendwie einverstanden waren.   „Ich finde es spannend“, stellte Kidou schließlich klar und sah mit einem herausfordernden Grinsen zu seinen Freunden. Hinter seinen Goggles war zwar nichts zu erkennen, aber Endou bildete sich ein, ein Funkeln seiner Augen hindurch zu sehen. „Um gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, haben wir den Fußballclub. Ich möchte mit meiner Klasse aber den vom Direktor versprochenen Preis bekommen, der für die Klasse mit dem höchsten Gewinn reserviert ist. Das bedeutet dann, dass wir dieses Mal Rivalen sind.“   „Ich wusste nicht, dass es einen Preis gibt! Aber wenn das so ist – ich werde nicht verlieren!“   „Das dürfte dem Schulfest einen Touch Spannung verleihen. Ich werde es euch nicht leicht machen“, stellte Gouenji klar und sah dabei so cool aus wie immer, wenn er sich des Sieges sicher war.   Endou konnte es gar nicht erwarten, sich an die Arbeit zu machen. Success doesn't just happen. It's planned for. ---------------------------------------------- Kidou zog die Augenbrauen zusammen und hing nachdenklich über seinem Notizbuch. Er spielte nebenbei mit dem Kugelschreiber in einer Hand, viel zu konzentriert darauf, seine Gedanken zu sortieren. Er hatte viele Ideen, aber nur wenige davon kamen in die engere Auswahl. Seine Ansprüche an eine Schulfest-Aktivität waren sehr hoch. Überraschend war dies nicht, schließlich wollte er gewinnen und dafür musste er nicht nur Endou und Gouenji besiegen, sondern eben auch alle anderen Schulklassen. Zwar trat er diese Herausforderung nicht alleine an – seine Klasse würde ihm helfen und ihn unterstützen -, aber Kidou wollte so wenig wie möglich dem Zufall überlassen. Er als ehemaliger Kapitän von Teikoku und Lenker des Nationalteams war es gewohnt, für Entscheidungen und Ideen zu sorgen, die den Sieg sicherten. Es passierte also ganz automatisch, dass er sich schon vor der Besprechung im Klassenkreis seinen Favoriten heraussuchte, den er seinen Mitschülern dann nur noch gut verkaufen musste. Und wenn dann doch noch ein Vorschlag beim Brainstormen im Klassenverband genannt wurde, der ihn spontan mehr überzeugte, dann konnten sie den ja immer noch nehmen.   Sie brauchten etwas, das in erster Linie viel Geld einbrachte. Dabei durfte aber nicht vergessen werden, dass es nicht ebenfalls teuer in der Anschaffung war, denn sonst wäre ihr Gewinn viel zu klein, als dass sie sich Chancen auf den Sieg ausmalen könnten. In solchen Fällen war es möglich, wenige Dinge für viel Geld zu verkaufen, oder viele Dinge für wenig Geld und da sie es hier mit High School Schülern zu tun hatten, war letzteres angebrachter.   Eis war das erste, das ihm einfiel. Oder Crêpes. Beides mochte schließlich nahezu jeder und süßes Essen würde sich auf jeden Fall gut verkaufen. Womöglich würden sie damit sogar andere Konkurrenz ausstechen, die ebenfalls etwas zu Essen anboten, aber das war der erste Kritikpunkt. Zwar waren sie bestenfalls einzigartig mit ihrer Idee, aber es gab immer viele Essensstände und die Konkurrenz barg eine Gefahr in sich: Sie nahmen sich gegenseitig die Kunden weg. Noch dazu brauchten sie für beides noch eine Gefriertruhe, beziehungsweise einen Kühlschrank, von dem Kidou noch nicht wusste, wo sie herzuholen wären. Und auch die Crêpe-Platten mussten sie erst einmal besorgen.   „Verzeihung, Kidou-kun“, hörte er eine zarte Stimme an sein Ohr dringen, woraufhin er schließlich den Kopf hob und in das Gesicht seiner Klassenkameradin Ikeda Kanoe schaute. Ihr Lächeln wirkte nervös und ein wenig verkrampft. Auch ihre Finger wirkten angespannt, so wie das Papier in ihrer Hand leicht knitterte an den Stellen, wo sie es festhielt. Kidou verstand schnell – in mehrerlei Hinsicht. Trotzdem tat er auf unwissend.   „Ja?“   „Ich wollte fragen, ob... ich mir vielleicht deine Unterrichtsmitschriften ausleihen könnte“, begann sie vorsichtig. Dann wurde ihre Stimme allerdings energischer und ein Hauch Verzweiflung schwang mit. „Du bekommst sie auch gleich morgen zurück. Unversehrt!“   Kidou nickte. Er hatte kein Problem damit, auch wenn er glaubte, dass das Mädchen womöglich aus anderen Gründen fragte. Die Anzeichen sprachen immerhin dafür und trotzdem spielte er ihr Spiel mit, weil es einfacher war. „Welche Fächer möchtest du denn?“   „Nur Mathematik“, sprach sie leise und blickte dabei auf den Tisch. Offenbar konnte sie ihn nicht ansehen. Kidou beugte sich herunter und schon konnte er ihren Blick auf sich spüren. Als er das Heft aus seiner Tasche zog und wieder hoch kam, sah sie längst wieder woanders hin.   „Bitteschön.“   „Vielen Dank, Kidou-kun“, sagte sie und Kidou konnte hören, wie sich ihre Stimme einen Moment fast überschlug. Sie war heller als sonst und ihre Hände zitterten kaum merkbar, während sie nach seinem Heft griff. Kidou fiel es trotzdem auf. Doch etwas anderes an ihr zog seine Aufmerksamkeit auf sich.   „Ikeda, wo hast du dieses Armband her?“   „Hm? Oh, das? Das hab ich selbst gemacht. Es ist ein Freundschaftsarmband. Minami hat auch eins.“   „Ein Freundschaftsarmband, verstehe. Wie lange hast du an dem gearbeitet?“     ***     „Ihr macht einen Wettstreit?“, fragte Kazemaru irritiert und sah doch recht überrascht aus. Gouenji nickte nur, doch sein Klassenkamerad schien das Thema nicht so einfach abtun zu können. Er konnte es ihm nicht verübeln, denn irgendwie war Kazemaru ja indirekt genauso betroffen. Wenn Gouenji den Wettstreit gewann, dann nur, weil seine Klassenkameraden mit angepackt hatten und alles gaben, um ihren Raum auffällig und passend zu gestalten. Und nicht nur das, sie würden auch mit viel Einsatz dafür sorgen, dass ihr Stand möglichst alles verkaufte, was da war.   „Endou ist nicht zu unterschätzen. Ich glaube kaum, dass unsere Klasse gewinnen wird.“   Gouenji hob den Blick von seinen Unterrichtsmitschriften, ein wenig überrascht von der Aussage. Natürlich unterschätzte er Endou nicht, aber Gefahr sah er eher woanders.   „Endou? Ich mache mir mehr Sorgen um Kidou.“   „Kidou ist sehr intelligent und wird sicher eine gute Taktik austüfteln, aber Endou... Du weißt doch, wie er ist. Er schafft es leicht, einen zu fesseln. Egal was er und seine Klasse machen werden, ich bin sicher, Endou wird ihren Verkauf in die Höhe schnellen lassen.“   Wenn man es so betrachtete, musste Gouenji feststellen, dass Kazemaru leider Recht hatte. Kidou war zwar taktisch gewieft und analysierte ein Problem bis zur Wurzel, aber Endou hatte Charisma, das nicht zu unterschätzen war. Gouenji hatte es so oft gesehen, er hatte es sogar selbst zu spüren bekommen, genau wie seine Hartnäckigkeit. Ohne Endou würde er heute wahrscheinlich immer noch kein Fußball spielen.   „Dann müssen wir etwas machen, was für sich allein schon genug Aufmerksamkeit erregt.“   Es wurde still, während Gouenji und Kazemaru grübelten, was spektakulär und auffällig genug wäre, um zwischen all den anderen Klassenräumen aufzufallen. Auf die Schnelle fiel ihm allerdings nichts ein. Nur ihren Klassenraum auffällig bunt zu schmücken war jedenfalls keine Option für ihn.   „Vielleicht könnten wir auf etwas nicht-japanisches setzen. Damit dürften wir ziemlich herausstechen, gerade wenn es um Essen geht“, schlug Kazemaru vor. Gouenji war noch nicht ganz überzeugt. Er wollte eigentlich kein Essen anbieten, aber der erste Gedanke von einem Casino wurde schnell wieder verworfen. Glücksspiel würden sie niemals durchgewunken bekommen. Aber wo er schon einmal bei Amerika war...   „Ein Diner.“   Kazemaru zog seine Augenbrauen hoch und versuchte, ihm zu folgen. Gouenji dachte sich schon, dass Kazemaru keine Ahnung hatte, wie so ein Diner üblicherweise aussah. Also begann er, sein Smartphone zu zücken und ein passendes Bild zu suchen. Schnell wurde er fündig und so konnte er Kazemaru zeigen, warum es gerade ein Diner sein musste.   „Das sieht wirklich sehr auffällig aus. Wenn wir so etwas hinbekommen würden... Aber wie soll das gehen? Wir können schlecht eine ganze Diner-Einrichtung organisieren.“   „Es reicht, wenn es nur so aussieht. Es gibt ein paar Dinge, die wir dafür beschaffen müssen – hier und da müssen wir improvisieren – und wahrscheinlich werden unsere Kosten höher sein als die der anderen Klassen. Wenn wir dafür auch mehr verkaufen, haben wir eine Chance. Und für Kunden sorgt schon allein der Look.“   „Es klingt nach viel Arbeit, aber die dürfte sich lohnen“, stimmte Kazemaru zu und lächelte Gouenji zuversichtlich an.     ***     „Endou!“   Der Angesprochene drehte den Kopf irritiert herum und begann schnell danach zu lächeln, als er sah, wer da auf ihn zugerannt kam. Er war gerade auf dem Weg nach Hause, den er alleine bestreiten musste, weil Gouenji noch etwas im Einkaufsviertel zu tun hatte und Kidou meinte, er würde nach dem Training nicht direkt zurück gehen. Auf wen er vor der Schule noch wartete, wusste Endou nicht, aber er machte sich auch keine weiteren Gedanken darum.   „Max, Handa! Was macht ihr denn hier? Ihr müsst doch in die ganz andere Richtung“, stellte Endou überrascht fest, aber er war immer glücklich, wenn er seine Freunde noch etwas länger um sich hatte und genau so sah er gerade auch drein.   „Wir wollten mit dir reden, Endou.“   „Wir haben Ideen für das Schulfest!“, fügte Matsuno hinzu und sie beide sahen sehr enthusiastisch aus dabei, sodass Endou schnell davon angesteckt wurde. Er selbst hatte sich ja längst ausführlich Gedanken darüber gemacht und ihm war immer noch nichts eingefallen – zumindest nichts, was ihn wirklich zufrieden stellte.   „Wirklich? Erzählt!“   „Wir können ein Torwandschießen veranstalten! Es wäre natürlich auch cool, wenn du und Genda im Tor stehen würden, aber so viele Stunden ist das eher unmöglich. So eine Torwand ist ja auch leicht gebaut, die stellen wir dann vor das Tor! Auf die Holzplatte können wir dann noch einen Torhüter malen – wäre das nicht cool?“, fragte Handa und sah dabei sehr überzeugt von seiner Idee aus. Bevor Endou allerdings reagieren konnte, mischte sich Matsuno ein.   „Ich wäre für einen Wettbewerb im Ballhochhalten! Wir bauen eine Tafel auf und da wird der aktuelle High Score draufgeschrieben, mit Name und Klasse eben. Jeder kann sich daran versuchen und wenn jemand den High Score knackt, kommt dessen Name eben auf die Tafel. Am besten gibt es für den Gewinner dann noch einen Preis vom Fußballclub. Vielleicht ein Ehrentrikot.“   „Das sind beides tolle Vorschläge!“, ermutigte Endou sie und grinste breit zu ihnen herüber. Matsuno und Handa sahen für einen Moment selbstzufrieden rein, dann blickten sie sich gegenseitig an, wodurch ihr Blick schnell wieder eisern wurde.   „Aber welcher ist der bessere?“, fragten sie beinahe im Chor und schauten Endou so fest an, dass er einen Schritt zurück wich. Sein Grinsen verzog sich ein wenig hilflos und er hob die Hände an. Er mochte die Vorschläge wirklich, aber so ganz das, was er sich vorgestellt hatte, waren sie noch nicht. Er wollte mehr.   „Hey, hey, ich finde sie beide gut und- Wir können beide machen. Dann kann sich jeder aussuchen, woran er teilnehmen will. Vielleicht kann jemand besser schießen als hochhalten oder umgekehrt. Oder man nimmt sogar an beiden teil.“   „Oh.“   „Das wäre natürlich auch möglich.“   Matsunos und Handas Blicke trafen sich, dann lachten sie auf und wirkten so, als wäre es ihnen ein bisschen unangenehm. Endou wusste allerdings, dass die zwei sehr eng befreundet waren und so war klar, dass jeder Kleinkrieg schnell wieder vergessen war. Er war froh drum, dass sie sich alle so gut verstanden. Auch mit den Zweit- und Drittklässlern im Fußballclub kam er gut zurecht und er wollte, dass sie als Team so schnell wie möglich zusammenwuchsen.   „Danke, Endou!“   „Dann schlagen wir das morgen beim Training vor“, erwähnte Handa noch, dann stutzte er allerdings einen Moment. Endou wollte gerade weitergehen, um seine Sachen nach Hause zu bringen – eigentlich stand heute noch eine Einheit Extratraining am Stahlturm an –, da fiel Handa wohl noch was ein. „Was macht eure Klasse eigentlich? Gouenji hat offenbar großes mit uns vor.“   Endou blinzelte kurz, dann kratzte er sich am Hinterkopf. Es war ihm ein bisschen peinlich, wenn er ehrlich war. „Die Mehrheit unserer Klasse war für ein Horrorhaus. Ich weiß noch gar nicht, wie das aussehen soll, aber wir müssen uns alle verkleiden.“   „Das klingt doch cool!“, stellte Matsuno mit Begeisterung fest und lachte dann so laut, dass Endous und Handas Blick auf ihm hängen blieben. Jetzt war es Endou noch mehr peinlich.   „Was ist daran so lustig, Max? Ich bin ehrlich neidisch.“   „Es ist nur...“, gackerte Matsuno und hatte Mühe, sich wieder einzukriegen. Er kämpfte sichtlich hart mit sich, um weitere Worte deutlich genug herauszukriegen, dass man ihn verstehen konnte. „Someoka- Someokas grimmiges Gesicht ist schon alleine gruselig genug. Das ist genau das Richtige für ihn!“   Und schon stimmte Handa in Matsunos Gelächter mit ein. Endou stand bedröppelt daneben und rang sich ein gequältes Grinsen ab. Der Witz ging irgendwie an ihm vorbei. Aber er ließ ihnen ihren Spaß, schließlich war es ja nicht böse gemeint, da war er sich sicher.   „Wir sehen uns dann morgen. Der Stahlturm wartet.“   „Bis dann, Endou!“, japste Handa und Matsuno rang sich ein „Bis Morgen!“ ab, dann schleppten sie sich gackernd in die andere Richtung davon. Sich beeilend fing Endou an zu laufen, damit er noch vor dem Abendessen genug Zeit für sein Spezialtraining hatte.   Vielleicht bekam er ja über Nacht noch eine Idee für den Fußballclub. It's not a date. ---------------- Kidou sah sich ein wenig im Eingangsbereich der Wohnung um und wartete geduldig. Sie war klein, vielleicht drei Zimmer, und damit nichts, was er gewohnt war. Aber für eine kleine, normale Familie reichte der Platz sicherlich. Vermutlich hatten seine zwei Zimmer so viele Quadratmeter wie die gesamte Wohnung. Er hätte auch mit hinein kommen können, aber allein dass er hier im Eingangsbereich stand, war genug, wie er fand. Kidou wollte sogar eigentlich draußen warten. Das Mädchen sollte bei all ihrer Hilfe nichts Falsches denken und je mehr Abstand er wahrte, desto besser.   Es dauerte nicht lange, da kam Ikeda mit einem dünnen Buch in der Hand zurück, das sie ihm entgegen hielt. „Das ist es. Es hat viele verschiedene Bänder mit Anleitung und erklärt auch die Grundlagen verständlich“, begann sie, dann blätterte sie ein wenig in dem Buch und stellte sich dafür näher an ihn, damit Kidou ebenfalls etwas sehen konnte. „Bei jedem Motiv ist eine Angabe über den Schwierigkeitsgrad und- Die Farben kann man natürlich variieren.“   Kidou achtete zwar auf das Buch und die Abbildungen, die darin zu sehen waren, aber die nervöse Stimme von Ikeda drängte sich ihm förmlich auf. Er konnte es gar nicht nicht merken. Trotzdem konzentrierte er sich wieder auf das, weswegen er hier war.   „Das eröffnet uns viele Möglichkeiten. Es gibt mehrere Muster, von denen ich glaube, dass sie sich sehr gut verkaufen lassen.“   „G-genau. Und wenn wir dann verschiedenfarbige davon machen, ist bestimmt für jeden was dabei. Ich finde zum Beispiel die Herzen ganz niedlich, genau wie die Pfötchen.“   „Ein paar der normalen Musterungen sind auch brauchbar, sei es als Freundschaftsarmband oder als Glücksbringer. Die Katzen und die Fußbälle. Von den Herzen gibt es sogar drei verschiedene Varianten, so können wir die Armbänder etwas individueller machen. Und dann verkaufen wir sie als Liebesarmbänder ganz klassisch in Rot und in Blau.“   „Wie die Amulette, die man am Tempel kaufen kann?“   „Genau, es ist dasselbe Prinzip“, stellte Kidou fest und stutzte dann. Die Verbindung setzte sich in seinem Kopf fest und er war sich sicher, sie würde das Gesamtbild gut abrunden. Ein Tempel war der perfekte Ort, um Glücksbringer zu verkaufen, warum also nicht ihren Klassenraum zu einem Tempel machen? Wie sie den dann designen würden, würde er den Mädchen überlassen, genau wie das Herstellen der Misangas – der Armbänder.   „Das klingt toll“, murmelte Ikeda und zwang Kidou zum ersten Mal wieder dazu, zu ihr zu sehen. Sie lächelte erst sanft, dann wurde ihr Blick entschlossen und sie sah Kidou das erste Mal fest ins Gesicht. „Überlass die Armbänder mir. Ich und die anderen werden die Materialien besorgen und Tag und Nacht daran arbeiten, bis wir genug haben. Du wirst uns doch sicher eine Mindestanzahl errechnen oder? Ich weiß, dass du gut in so etwas bist.“   Kidou lächelte schwach und nickte dann. „Ich kümmere mich um die Zahlen. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch gucken, was zeitlich machbar ist. Während ihr die Bänder herstellt, werde ich ein Auge auf euch haben und gegebenenfalls die Zahlen abändern.“   Er wollte nicht länger bleiben als nötig und machte einen Schritt zurück. In einer leichten Drehung seines Oberkörpers griff er die Türklinke und öffnete die Tür. Indessen wurde das Misanga-Buch zugeklappt und von Ikeda an ihre Brust gepresst. Kidou hatte ihr längst den Rücken zugedreht, da durchbrach ihre Stimme noch einmal die Stille.   „Bis morgen, Kidou-kun.“   „Bis morgen.“   Als Kidou die Eingangstür des großen Wohnungskomplexes hinter sich ließ, sah er eine hektische Bewegung an der Straße. Obwohl es so schnell ging, hatte er genau gesehen, was sich da hinter dem nächstbesten Auto versteckte. Gelassen ging Kidou über die Steinplatten und drehte seinen Kopf nicht einmal in die Richtung der beiden Jungs, die sicher immer noch hofften, ungesehen zu bleiben.   „Ich weiß, dass ihr mich verfolgt. Schon seit dem Schulgebäude.“   Die Worte kamen trockener als Wüstenboden, dann drehte Kidou zur Seite ab und machte sich auf den Rückweg. Hinter ihm richteten sich zwei Körper auf, es wurden Blicke getauscht, dann eilten sie ihrem Freund nach und reduzierten die Distanz zwischen ihnen, bis sie neben ihm gingen.   „Dir kann man wirklich nichts vormachen“, stellte Sakuma mit einem Hauch Frust in der Stimme fest. Dann lächelte er allerdings ergebend. „Wieso hast du nichts gesagt, wenn du es von Anfang an wusstest?“   „Das Mädchen war so schon nervös genug. Wenn sie gewusst hätte, dass ihr uns verfolgt, hätte sie das nur unnötig aufgewühlt.“   Genda warf Sakuma einen strengen Blick zu, der mit einem verzogenen Gesicht quittiert wurde. Dann verschränkte der Stürmer seine Arme vor der Brust. Kidou verstand sofort und ehrlich gesagt hatte er es sich selbst schon gedacht. Genda war dagegen gewesen, dass sie ihn verfolgten, aber Sakuma hatte drauf beharrt. Vermutlich war Genda nur mitgekommen, um ihn von Dummheiten abzuhalten und hatte bis zum Ende versucht, ihn von dem Irrsinn abzubringen.   „Wo wir gerade davon sprechen!“, begann Sakuma, dann landete Gendas Hand allerdings auf seinem Mund und hinderte ihn daran, weiterzusprechen. Kidou konnte es trotzdem in seinem Kopf hören. Was wolltest du überhaupt mit diesem Mädchen? Dass Sakuma ein Eifersuchtsproblem hatte, war Kidou schließlich schon länger bekannt. Und es hatte lange gedauert, bis er Endou und Gouenji überhaupt an seiner Seite akzeptieren konnte.   „Ich war nur wegen dem Schulfest bei ihr. Kein Grund, da zu viel hinein zu interpretieren.“   „Von meiner Seite aus wurde da gar nichts hinein interpretiert.“   „Weiß ich, Genda“, merkte Kidou an und sah zu seinen Freunden, wo Sakumas Mund wieder freigegeben wurde, nachdem er Genda in die Hand gekniffen hatte. Kidou entschied sich, den Blick wieder von den beiden zu nehmen, nachdem Sakuma angesäuert das Gesicht verzog.   „Ist doch nicht verkehrt, dass deine Freunde wissen wollen, wenn du ein Date hast“, rechtfertigte sich Sakuma. Kidou ließ seine Genervtheit nicht die Kontrolle über sein Gesicht ergattern. Aber er hatte doch eben erklärt, dass-   „Es war kein Date.“   „Das weiß ich jetzt auch. Aber vorhin nicht. Ich hoffe für dich, deine Klasse ist nicht so anstrengend und eure Vorbereitungen laufen gut. Fudou bringt alles durcheinander“, klagte Sakuma und schüttelte seufzend den Kopf. Kidou musste schmunzeln. Natürlich brachte Fudou alles durcheinander, aber wenn er etwas gelernt hatte, dann, dass Fudou Akio trotz all seiner Nicklichkeiten gute Ideen hatte. Kidou wusste, dass das auch Sakuma tief innen drin klar war, aber das hielt die zwei nicht davon ab, doch immer wieder zu streiten. Fudou verkaufte sich absichtlich schlechter, um Sakuma zu provozieren und der sprang drauf an.   „Lass dich nicht von Fudou ärgern. Er will nur dein empört-aggressives Gesicht sehen. Wenn du ihn ignorierst, hört er automatisch damit auf.“   „Ich hab auch schon versucht, ihm das klar zu machen, aber Sakuma schafft es nicht, ruhig zu bleiben.“   Dass Genda Sakuma bei seinen Worten den Kopf tätschelte, half dem auch nicht dabei, ruhig zu bleiben.   „Ja, weil er dann nur noch schlimmer wird. Ich hab's versucht! Dann hat er mir an den Haaren gezogen!“, knurrte Sakuma und war sichtlich verstimmt. Und Kidou wusste genau, warum Fudou seine Freude daran hatte, den Jungen zu piesacken. Der regte sich nämlich einfach viel zu schön auf. Nicht, dass Kidou selbst Spaß an dem Anblick und seinen Reaktionen hätte, aber Fudou war für ihn eben genau so leicht zu durchschauen in der Hinsicht wie jeder seiner Freunde. Und eigentlich machte er ja nicht einmal einen Hehl daraus.   „Ich bin sicher, Fudou bereichert eure Klasse. Du musst es nur zulassen.“   Und trotzdem würde Kidou gegen ihre Klasse gewinnen, genauso wie er gegen Endous und Gouenjis siegreich hervorgehen würde, davon war er überzeugt.  Gouenji-kun is the hottest! --------------------------- Sie alle arbeiteten hart dafür, dass das Schulfest ein Erfolg wurde und sie ihre Klasse bestmöglich präsentierten. Jeder von ihnen gab alles und war mit Fleiß und Mühe dabei. Sie wollten nicht nur ihren Mitschülern präsentieren, was sie leisten konnten, sondern auch ihren Eltern. Und sie wollten den Preis gewinnen. Gouenji sah sehr zufrieden aus, als er einmal durch den Raum blickte und überschaute, wie weit sie waren. Es gab noch sehr viel zu tun, der Klassenraum sah noch nicht einmal mit Fantasie aus wie ein amerikanisches Diner, aber er konnte die kleinen Erfolge sehen und deuten. Seine Klasse lag gut in der Zeit und er war sich sicher, dass sie es schaffen würden, sowohl zeitlich gesehen als auch ihre Fertigkeiten berücksichtigend.   Zwei der Mädchen arbeiteten daran, rote Hussen aus Stoff zu nähen, die sie über je zwei Stühle legen würden, damit sie den Bänken aus einem Diner gleich kamen. Sie waren zwar nicht aus Leder, aber sie mussten reichen. Ein paar andere um Handa und Matsuno waren damit beschäftigt, die Tische auszumessen, die sie mit alten Sperrholzplatten zu einer langen Bar verkleiden wollten, die sie später noch in schwarz, weiß und rot bepinseln würden. Für die Tische kamen nur ihre Schulpulte in Frage, deren Tischflächen mit Ausschnitten einer roten Gummitischdecke umspannt werden würden, sobald sie die Zeit dafür fanden.   Das kleine Grüppchen, das sich neben Gouenji niedergelassen hatte und Kazemaru mit einschloss, plante die Angebotskarte – sowohl ihr Design als auch den Inhalt. Er selbst zerbrach sich den Kopf darüber, wie sie den Boden in ein schwarz-weißes Schachbrettmuster verwandeln könnten, ohne ihn ernsthaft zu beschädigen. Fliesen waren keine Option und PVC ebenfalls zu teuer für eine einmalige Benutzung. Es war sein größtes Problem und erforderte zu viel Kreativität von ihm. Gouenji seufzte. Ihm fiel wirklich nichts ein, was nicht nach zwei drüber laufenden Personen wieder zerstört oder lädiert wäre.   „Tut mir leid, es gibt da ein Problem“, tönte es plötzlich von der Tür und eine Gruppe Köpfe wandte der Stimme ihre Aufmerksamkeit zu, ebenso wie Gouenji. Er kannte das Mädchen gerade so weit, wie er über sie Bescheid wissen musste. Sie war in einer Parallelklasse und betätigte sich am Schulfest-Komitee. So ein Satz aus ihrem Mund ließ ihn daher Böses ahnen.   „Was für ein Problem?“, fragte Ogawa Namiko, die Klassensprecherin, und sprach damit Gouenjis Gedanken aus.   „Wegen eurem Diner. Ihr könnt keine warmen Speisen anbieten. Leider gab es einen Fehler in unserer Liste und die zwei Küchen sind schon von anderen Klassen besetzt worden. Tut mir leid.“   Das Mädchen aus dem Komitee verbeugte sich tief und Gouenji konnte ihr ansehen, dass sie ihre Worte ernst meinte. Es tat ihr wirklich leid. Doch das half ihnen jetzt nicht weiter. Wenn sie nicht in die Küche konnten, war es kaum möglich, Burger anzubieten. Und ob sie überhaupt eine Genehmigung bekommen würden, einen Kontaktgrill oder ähnliches im Klassenzimmer aufzustellen, war so unwahrscheinlich wie überhaupt einen auftreiben zu können. Und für viele Burger brauchten sie mehr als nur einen. Dazu entsprechend viele Toaster.   Ogawa sprach noch mit dem Mädchen, bevor es sich noch einmal verbeugte und den Klassenraum verließ. Gouenji hatte nur mit einem Ohr zugehört, war viel zu sehr damit beschäftigt, ihr Konzept zu überdenken.   „Gouenji“, hörte er Ogawas Stimme neben sich, schließlich setzte sich das Mädchen neben ihn auf den Boden und verschränkte ihre Beine im Schneidersitz. „Was machen wir jetzt?“   „Die Burger aufgeben.“   „Aber das ist so schade! Irgendwie fehlt dann doch etwas. Ein Diner ohne Burger – das geht doch nicht.“   Gouenji zuckte mit den Schultern. Sie konnten es eben nicht ändern, also mussten sie jetzt das Beste draus machen. „Wir müssen uns jetzt nunmal auf Kaffee, Kuchen und Milchshakes beschränken. Wenn wir den Kaffee und die Kuchen nach amerikanischer Art anbieten, ist es hoffentlich noch interessant genug“, schlug Gouenji vor und sah das als ihre einzige Möglichkeit, um das Diner überhaupt noch umzusetzen. Er wusste, dass es einen Kaffee gab, der Americano hieß. Der kam also schon einmal in Frage, sie mussten nur noch herausfinden, wie man ihn machte. Bei den Kuchen sah er ebenfalls kein Problem. Zur Not half ein Name, der irgendwie nach Amerika vermuten ließ, sicher zusätzlich dabei, das Flair ihres Diners aufzufangen.   „Dann machen wir das so“, stimmte Ogawa seufzend zu, es war ihr anzusehen, wie enttäuscht sie war. Gouenjis sonst so cooles Gesicht wurde mitfühlend, sogar ein flüchtiges Lächeln legte sich darauf. Er hätte ihr aufmunternd zusprechen können, aber die guten Worte blieben aus. Nicht zuletzt, weil wieder zwei Köpfe durch die Klassenzimmertür gereckt wurden, die ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkten.   „Gouenji-kuuuun~“, singsangten die beiden Mädchen im Chor, dann winkten sie ihn zu sich, doch alles, was sie damit bewirkten, war ein skeptisch dreinblickender Gouenji, der sich keine Mühe machte, von seinem Platz aufzustehen. Die Mädchen hielt das nicht davon ab, seinen Klassenraum zu betreten und zu ihm zu gehen, um weiter zu nerven.   „Wir haben eine Nachricht für dich.“   „Genau. Fudou, den kennst du doch, der aus deinem Fußball-Club. Der braucht deine Hilfe.“   Gouenji hob nur ein kleines Stück skeptisch und überrascht zugleich eine Augenbraue. Er konnte sich nicht vorstellen, dass das, was die Mädchen sagten, mit dem übereinstimmte, was wirklich der Fall war. Ein Fudou Akio bat niemanden um Hilfe, das sah man schon, wenn man ihn nicht einmal gut kannte.   „Sicher, dass er das so gesagt hat?“   „Jaja!“, kam es energisch von dem größeren der beiden Mädchen, dann deutete sie mit dem Kopf zur Tür und lächelte Gouenji breit an. Das nahm ihm leider absolut keinen Funken Skepsis. „Komm mit und frag ihn selbst! Oh und der Schnuckel mit den blauen Haaren kann auch gleich mitkommen.“   Gouenjis Blick fiel bei den Worten auf Kazemaru, der peinlich berührt aussah – erst mit geweiteten Augen starrend und dann zur Seite wegguckend. Er konnte schon die ersten Anzeichen von Schamröte in seinem Gesicht erkennen. Da Kazemaru so auch keinen Blickkontakt zu Gouenji hielt, kostete die Aufforderung ihm noch ein paar Worte, bevor er aufstand. Zögerlich tat der Blauhaarige es ihm gleich. Die Mädchen quietschten aufgeregt auf, dann gingen sie dem vorangehenden Gouenji nach, Kazemaru trottete schließlich zögernd hinter ihnen her, bis hin zum Klassenraum der 1-4, in dem Fudou sich befand.   Sie wurden von einem breiten Grinsen begrüßt, das so aufgesetzt und unehrlich war, das Gouenji automatisch das Gesicht ernster verzog. Er hatte es schon einmal gesehen, damals in Ehime, als er sie zu dem U-Boot der Shin Teikoku Gakuen gelockt hatte. Und auch dieses Mal waren Genda und Sakuma an seiner Seite, genau wie damals. Die zwei allerdings sahen immerhin so aus, als ob sie etwas Sinnvolles täten, indem sie in eine hitzige Diskussion vertieft waren.   „Gouenji! Da bist du ja~ Ich hab dich schon erwartet. Und Kazemaru hast du auch dabei, wie schön~“   Die zwei Angesprochenen tauschten kurz Blicke, Gouenjis skeptischer als der verwunderte seines Klassenkameraden. „Warum sind wir hier?“, fragte Kazemaru schließlich und sprach damit aus, was Gouenji dachte, er selbst verschränkte allerdings nur die Arme vor seiner Brust und schwieg vorerst.   „Weil ich euch ein Angebot machen will“, erklärte Fudou und reckte dabei das Kinn ein wenig höher, sodass er sie so gut er eben konnte von oben herab ansehen konnte. Gouenji verzog einen Moment die Mundwinkel nebst dieser arroganten Haltung. Er wusste nicht, ob sich Fudou gerade wie ein Mafiaboss oder ein König verhalten wollte, aber beides beschrieb den Größenwahn in seiner Haltung sehr gut. „Eigentlich wollte ich nur mit dir sprechen, Gouenji, aber wenn die Mädchen der Meinung sind, dass Kazemaru auch geeignet ist, bitte. Ich will, dass ihr bei uns mitmacht.“   „Was soll das heißen?“   „Kazemaru... Streng doch mal dein Köpfchen an~ Nimm dir ein Beispiel an Gouenji, der hat es sicher begriffen und stellt keine dummen Fragen.“   Kazemaru knurrte, dann drehte er beleidigt ab und wandte seinen Blick zu Gouenji. „Lass uns wieder gehen“, forderte er und machte sich schon wieder auf zur Tür, während Gouenji Fudou noch eines ernsten Blickes würdigte, die Arme lockerte und Kazemaru schließlich folgte, ohne ein einziges Wort gesagt zu haben. Er hatte es nicht begriffen, wenn er ehrlich war. Seine einzige Vermutung war abstrus und wurde schnell aus Gründen der Unmöglichkeit verworfen.   „Nun lauft doch nicht weg“, stöhnte er genervt und Gouenji konnte förmlich aus seiner Stimme erahnen, dass der Kerl mit den Augen rollte. Was hatte er denn erwartet? Dass sie ihm mit gespitzten Lippen um den Hals fielen? Dass sie ihm aus der Hand fraßen? Sie waren nicht die zwei kichernden Mädchen, die sie hergelockt hatten. „Gouenji, ohne mich wirst du gegen Kidou nicht gewinnen. Schließ dich mir an und du hast eine gute Chance. Vergiss nicht, ich kenne ihn viel besser als du. Ich weiß, wie er tickt. Ich weiß alles über ihn.“   Weil sie gleich tickten – abgesehen von Fudous sadistischer Ader.   Gouenji wusste das. Ihm war selbst klar, dass es sehr schwer war, sowohl Kidous Mastermind als auch Endous Charisma zu schlagen, denn er selbst hatte irgendwie von beidem nicht mal vergleichbar viel. Er war intelligent, aber er war kein Kidou. Und andere anzutreiben, zu motivieren oder zu ködern war absolut nicht das Ding des ruhigen und coolen Typen, der er nunmal war.   „Wenn ich es nicht alleine schaffe, dann hab ich einen Sieg nicht verdient.“   „Ohooo~ So große Worte~ Pah!“, spottete Fudou nur unbeeindruckt, brachte Gouenji damit aber nicht dazu, sich umzudrehen. Immerhin stand er an der Tür. Er stand. Den Raum verließ er nicht und erntete dafür einen erst fragenden, dann ungläubig werdenden Blick von Kazemaru. Und Fudou setze noch einen drauf, wohl um die letzten Prozent Standhaftigkeit in ihm auszulöschen: „Du siegst so oder so nicht alleine, immerhin hilft dir deine Klasse dabei, genau wie Kazemaru. Wo ist der Unterschied, ob du nun mit mir oder mit denen gewinnst? Oh, abgesehen davon, dass du mit denen eben nicht gewinnen wirst natürlich.“   Es war nicht das übermütige Getöne von Fudou, dass Gouenji einknicken ließ, genau so wenig wie der aufgesetzt gleichgültige Blick. Der Burger-Rückschlag ließ ihn ernsthaft darüber nachdenken, mitzumachen. Gouenji war so schon im Nachteil gewesen und konnte nur mit einer guten, auffälligen Idee punkten, aber die Einschränkungen machten seine Chancen wieder schlechter. Trotzdem wollte er nicht mit Fudou gewinnen. Nicht, weil es Fudou war, sondern weil es eben doch einen Unterschied gab zwischen einem Sieg mit ihm oder einem mit seiner Klasse gemeinsam. Sie waren ein Team, die Ausgangsbedingungen waren für sie alle drei gleich gewesen – keiner konnte sich seine Klasse aussuchen. Es war Teil ihrer Aufgabe, aus diesem Team das Beste rauszuholen. Mit Fudou würde er taktisch eingreifen, um zu gewinnen. Es wäre einfach nicht dasselbe.   Gouenji wusste aber auch, dass Kidou an seiner Stelle nicht zögern würde. Vorausgesetzt er käme in die Situation, wo eine Niederlage wahrscheinlicher war als ein Sieg.   Bisher hatten Gouenjis Beine geruht, doch jetzt setzten sie sich wieder in Bewegung, nicht um zu gehen, sondern nach einer halben Drehung erneut Halt zu machen. Er schaute zu Fudou, die Augen fest auf ihn gerichtet, die anderen Leute um sie herum, die ihn ansahen – die Mädchen, Genda und Sakuma, die ihre Diskussion abgebrochen hatten und ein paar weitere Mitschüler, die sie mitfiebernd beobachteten – nicht genauer beachtend.   „Warum ich?“, fragte er schließlich wie es oft in Filmen zu sehen war, wenn die Hauptfigur in etwas verwickelt wurde, womit sie nichts zu tun haben wollte. Und obwohl es klischeehaft war, fand er die Frage furchtbar berechtigt. Normalerweise war es doch Kidou, den sich Fudou schnappen würde, wenn er gewinnen wollte. Er wusste schließlich selbst, dass Kidou sich ihm sogar angeschlossen hätte und trotzdem versuchte er es bei ihm.   „Weil du der Einzige bist, der es tun kann“, gab Fudou todernst zurück, dann musste er aber lachen, weil es so albern war. Gouenji verzog keine Miene dabei. „Im Ernst, die Mädchen fahren total auf dich ab. Ich sagte ihnen, wir brauchen ein paar Jungs, die sie heiß finden und du stehst auf ihrer Liste ganz oben.“   „Und ich sagte, wir brauchen so etwas nicht“, mischte sich Sakuma von der Seite ein und sah nicht begeistert aus. Gouenji konnte es ihm nicht einmal verübeln. Er hatte zwar von Fudous Plan bisher nur diesen Fetzen mitbekommen, aber der war schon fragwürdig genug. „Wir können unser Café auch ohne Hosts führen.“   „Du bist doch nur beleidigt, weil du nicht als Host taugst, Baka-chan. Nimm den anderen nicht ihren Spaß. Aber mach dir keine Sorgen, du wirst eine ganz besondere Rolle bekommen – hab ich schon rausgehört. Du musst also nicht in der Küche versauern.“   „Dieser ganze oberflächliche Mist ist ätzend! Und macht nicht einmal Sinn, denn ich bin jawohl nicht hässlich!“, zickte Sakuma zurück und es war unübersehbar, dass seine Laune schlechter wurde, je länger er mit Fudou darüber stritt. Schließlich mischte sich Genda ein und versuchte die beiden ruhig zu stellen, indem er anmerkte, dass es nicht helfen würde, wenn sie immer wieder über dieselbe Sache stritten. Sie waren beide viel zu stur.   „Ihr habt eine der beiden Küchen zur Verfügung?“, mischte sich Gouenji ein, denn das war die einzig interessante Information, die er aus ihrem Streitgespräch gefiltert hatte. Es ärgerte ihn. Er war nicht neidisch, aber er musste sich eingestehen, dass er es einer anderen Klasse mehr gegönnt hätte, denn Fudous Idee war absurd. Noch dazu konnte sich Gouenji kaum vorstellen, dass der Direktor ein Host-Café erlauben würde, wenn Maid-Cafés schon verboten worden waren.   Fudou löste seinen provokanten Blick augenblicklich von Sakuma und sah Gouenji aufmerksam an, dann bekam auch er eines dieser Grinsen gewidmet. „Gut erkannt, du Genie.“   „Dann bin ich zu einem Handel bereit.“   Er konnte sehen, wie Fudous Augen für einen Moment überrascht größer wurden, aber viel zu schnell verflog dieser Blick wieder und die altbekannte Mimik kehrte zurück. Er stemmte eine Hand in die Hüfte, mit der anderen strich er sich über das Kinn. „Lass hören!“   „Deine und meine Klasse teilen sich die Küche. Dafür mache ich am Tag des Schulfests bei euch mit.“   „Siehst du, deshalb stehen die Weiber auf ihn. Er geht viel cooler an die Sache ran als du Zicke“, stellte Fudou grinsend klar, während er den Kopf in Sakumas Richtung drehte und erntete dafür ein Knurren, das beinahe in dem Quietschen der Mädchen unterging, das mittlerweile mehr als nur zwei Stimmen umfasste. Sie feierten sich, genauso wie Fudou sich feierte, dann hielt er Gouenji die Hand hin.   „Abgemacht.“   Sie schlugen ein – Fudou drückte seine Hand unnötig fest und versuchte wohl, ihn einzuschüchtern –, wurden aber von Kazemaru unterbrochen, der sich durch die Tür mogelte und hinter Gouenji hervor trat.   „Dann bin ich auch dabei.“ We will win – fair and square! ------------------------------ Es war womöglich einer der letzten, sonnig warmen Tage im Jahr. Endou stand vor der großen Torwand, die sie schon mit Standfüßen und zwei ausreichend großen Löchern versehen hatten. Er und ein paar seiner Mannschaftskollegen mussten sie nur noch bemalen, damit sie nicht so langweilig aussah. Der erste Versuch, einen vernünftigen Torhüter zu zeichnen, war gescheitert, weshalb sie schließlich einen mit einem Trikot bekleideten Bären auf die Spanplatte brachten. Sakuma war damit beschäftigt, dem tierischen Torhüter Farbe zu verleihen, während Kidou und Endou sich dem Hintergrund zuwendeten.   Eigentlich hätte er ja lieber noch eine Weile trainiert, aber sie mussten schließlich ihren Beitrag zum Schulfest fertig bekommen.   „Ich hab jetzt schon keine Lust mehr auf das Schulfest, Kidou“, brummte Sakuma und verlieh dem Bären gefühlt nicht nur Farbe, sondern auch Stimme. Endou hob stutzend die Augenbrauen und hielt in seiner Bewegung inne.   „Lass dir von Fudou doch nicht die Stimmung verderben“, merkte Kidou an und Endou musste gestehen, dass er gar nicht folgen konnte. Was hatte Fudou jetzt damit zu tun, dass Sakuma keine Lust auf das Schulfest hatte? Ehrlich gesagt wusste er nicht, was da passiert war, aber Kidou scheinbar schon. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Kidou erstaunlich gut darin war, Dinge zu wissen und herauszulesen, die an Endou einfach so vorbei zogen. Er begann wieder, den Pinsel auf der Spanplatte zu bewegen, doch der skeptische Blick lag immer wieder auf seinen Kameraden.   „Wie könnte ich das nicht? Er... Er bringt alles durcheinander! Wir wollten ein Café machen, aber jetzt ist das halbe Prostitution.“   „Ich verstehe, dass du aufgebracht bist, aber du übertreibst. Genda hat mir erzählt, was ihr macht. Dass der Direktor lediglich Maid-Cafés verboten hat, liegt wahrscheinlich auch nur an den aufreizenden Uniformen der Mädchen. So lange eure Jungs ausreichend bekleidet sind, dürfte es kein Problem geben. Und was tut so ein Host schon, als sich aufmerksam mit einem Mädchen zu unterhalten?“   „Gegen Geld und Umsatz“, merkte Sakuma angesäuert an. Endou verstand nicht einmal, was ein Host sein sollte. Mit Maid-Cafés dagegen konnte er etwas anfangen, schließlich war er selbst schon in einem gewesen, auch wenn es furchtbar peinlich und unangenehm gewesen war. Wie überhaupt jemand daran Gefallen haben konnte, verstand er nicht. Wenn das mit dem Host genau so war, konnte er verstehen, dass es Sakuma nicht gefiel. Er würde an so einer Aktion auch nicht teilnehmen wollen.   „Das ist genau der Grund, warum Fudou euer Café abgeändert hat, würde ich sagen. Er will gewinnen. Etwas anderes habe ich von ihm auch nicht erwartet, du etwa, Sakuma?“   Endou wollte gerade etwas sagen – hatte schon den Mund geöffnet, doch die Worte blieben aus, denn Sakuma war schneller und die Worte, die er sprach, ließen ihn für einen Moment sprachlos werden.   „Deshalb hat er auch Gouenji und Kazemaru angeheuert.“   „Gouenji und Kazemaru machen bei Fudou mit?“, kam es völlig perplex und sichtlich überrascht von Endou, der im selben Augenblick einen dicken blauen Pinselstrich über den schon ausgemalten Teil Bären zog und es viel zu spät merkte. „Wah, sorry!“   Sakuma seufzte laut, dann wurde er aber überraschend ruhig und war scheinbar nicht einmal sauer. Kurz hatte Endou gedacht, er bekäme dafür was zu hören – nichts. „Ich mal gleich nochmal drüber, wenn es trocken ist“, war vorerst alles, was Sakuma sagte und hätte er nicht nach kurzer Pause weitergesprochen, hätte Endou wohl für den Moment schon wieder vergessen gehabt, was ihn so aus der Bahn geworfen hatte. „Unser Café brauchte mehr Hosts, weil laut Fudou in unserer Klasse nicht genug gutaussehende Jungs sind. Dafür hat er Gouenji und Kazemaru angeheuert.“   „Aber die haben doch ihre eigenen Klasse? Und was heißt das überhaupt, dass sie Hosts sind?“   „Sie kümmern sich um weibliche Kunden intensiver als normale Kellner. Sie flirten mit ihnen und unterhalten sie, damit an den Frauen möglichst viel Geld verdient werden kann“, erklärte Kidou schließlich und so war auch Endou klar, weshalb Fudou so etwas machte, aber auch warum Sakuma sich darüber so aufregte. Ein derartiges Geschäft mit Frauen war schließlich echt gemein – man nutzte sie aus, um an ihr Geld zu kommen. Dass Gouenji und Kazemaru da mitmachten, konnte er nicht begreifen. Aber sie mussten ihre Gründe haben, da glaubte Endou fest dran. Sie waren keine schlechten Menschen und würden nie jemanden ausnutzen für ihre Zwecke.   „Kidou“, begann Sakuma und Endou war erstaunt von dem verbissenen Gesicht, dass der dabei machte. „Lass mich bei deiner Klasse mitmachen.“   „Ich weiß nicht einmal, ob das erlaubt ist. Wenn wir wegen so etwas am Ende den Sieg aberkannt bekommen, weil wir gegen die Schulfest-Regeln verstoßen haben, dann wäre das ärgerlich. Das darf nicht riskiert werden. Willst du denn wegen Fudou wirklich deine Klasse im Stich lassen? Explizit Genda?“   Sakuma schwieg und Endou hätte an seiner Stelle auch erst einmal nichts erwidern können. Es war nie gut, seine Kameraden im Stich zu lassen und sicher fiel es Sakuma nicht leicht. Und trotzdem konnte Endou es verstehen. Manchmal musste man auch seinen Freunden zeigen, wie man ehrlich gewann, wenn sie vom rechten Weg abgekommen waren. Er hatte es selbst erlebt, damals, als seine Freunde die Macht des Aliea-Meteoriten genutzt hatten, obwohl es falsch war. Ein aufrichtiger Sieg aus eigener Kraft – ohne faule Tricks oder unmoralische Entscheidungen – war viel mehr wert! Schnell fand sich Endous freie Hand auf Sakumas Schulter wieder und drückte leicht zu. Ernst sah der Torhüter in das Gesicht seines Teamkameraden, das von betrübt zu überrascht wechselte.   „Mach dir keinen Kopf, Sakuma! Unterstütze du dein Team! Kidou und ich werden ihm zeigen, wie man ehrlich gewinnt. Wir werden gewinnen und dann wird Fudou sehen, dass sich sein Verhalten nicht auszahlt.“   „Endou...“   Der Angesprochene grinste zuversichtlich, im Augenwinkel konnte er sehen, wie Kidou seinem Freund zunickte. Dann lächelte auch Sakuma ergebend.   „Danke.“   ***   Endou dachte erst einmal nicht mehr darüber nach. Viel zu beschäftigt war er damit, am Stahlturm zu trainieren, während der Himmel in ein tiefes Orange getaucht wurde von der untergehenden Sonne. Mit einem harten Aufprall kollidierte der schwere Autoreifen mit seinen Händen, von Handschuhen geschützte Finger pressten sich an ihn und Endou musste sein ganzes Gewicht entgegen stemmen, um ihn zum Stehen zu bekommen. Er war sehr kräftig geworden im letzten Jahr, aber er hatte auch dafür gesorgt, dass seine Übungen mit ihm mitwuchsen und ihn immer forderten.   Wieder und wieder fing er mit viel Mühe und Kraft den auf ihn zurasenden Autoreifen auf, wischte sich nach langer Zeit mit dem Trikotärmel übers Gesicht, um es vom Schweiß zu befreien, der sich unter der Anstrengung gebildet hatte. Aber Endou hatte noch nicht genug. Wegen des Schulfests und den damit verbundenen Vorbereitungen war sein Trainingsdrang täglich nach der Schule nicht mal ansatzweise gestillt – das musste er jetzt also wie jeden Abend nachholen.   „Ich wusste, dass du hier bist“, hörte Endou eine Stimme feststellen und er wusste sofort, wer es war. Gouenjis Stimme war eine derer, die er überall erkennen würde – sie waren schließlich die besten Freunde. Für einen Moment hatte der blonde Junge seine volle Aufmerksamkeit bekommen, sogar den Kopf hatte Endou zu ihm gedreht und so war kurzzeitig vergessen, dass er noch einen Reifen aufzuhalten hatte. Mit einem kräftigen Stoß prallte das Profil hart gegen sein Gesicht und riss ihn zu Boden.   Der Schmerz stach fest und unangenehm in seiner Wange. Schnell allerdings raffte sich Endou vom Boden auf, zog sich den Torwarthandschuh aus und rieb sich über die rote Stelle im Gesicht. Seine Mimik wurde kurz schmerzerfüllt, doch dann lachte er schon wieder und sah heiter zu seinem Freund. „Gouenji!“   „Tut mir leid“, entschuldigte sich der Angesprochene und sah dabei mitleidig drein, nebst Endous rotem Abdruck im Gesicht, an dem er irgendwie mit Schuld war. Er ging auf den Torhüter zu, der sich auch den zweiten Handschuh auszog und zielgerichtet zu seiner Wasserflasche ging, die sich an einer nahegelegenen Bank befand, genau wie seine Tasche. Endou lachte.   „Ist nicht deine Schuld. Ich hätte den Fokus nicht verlieren dürfen.“   Gouenji schien das schweigend hinzunehmen und setzte sich auf die Bank, den Blick über das ferne Gitter Hinweg gerichtet auf Inazuma Town. Endou nahm ein paar große Schlücke aus seiner Wasserflasche, dann seufzte er erleichtert und setzte sich schließlich zu ihm. „Morgen ist es so weit“, stellte er fest, die Vorfreude sprudelte aus seiner Stimme.   „Ja. Der Tag der Entscheidung.“   „Ich bin so gespannt, was die anderen Klassen so machen. Sicher werden alle ihr Bestes geben!“   „Wir werden es jedenfalls. Und dasselbe erwarte ich auch von dir und deiner Klasse, Endou“, sagte Gouenji und Endou erwiderte sein Lächeln deutlich breiter als das seines Gegenübers war. Er war bereit, alles zu geben. Nicht nur, weil er sich diesen Wettstreit mit seinen Freunden leistete, sondern auch, weil er es Sakuma versprochen hatte. Endou wollte Fudou zeigen, wie man ehrlich gewann. Ansprechen tat er das allerdings nicht vor Gouenji, denn er wusste, dass der seine guten Gründe haben würde und wollte nicht, dass er sich verurteilt fühlte.   „Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass wir mittlerweile gleich denken, oder ob es mir Sorgen machen soll“, mischte sich schließlich Kidou ein, der die letzten Treppenstufen auf den Berg überwand und offenbar zumindest die letzten Worte mitgehört hatte. Oder was meinte er sonst?   „Kidou!“, stieß Endou überrascht und erfreut zugleich aus, Gouenji neben ihm konnte er schmunzeln sehen – gewohnt cool natürlich. Kurz schloss er die Augen, während Endous Blick wieder zu dem Neuankömmling wanderte. „Ich würde mir Sorgen machen, Kidou“, sagte Gouenji schließlich mit einem seltsamen Unterton, den Endou nicht ganz verstand, aber das war ja egal, denn Kidou war hier und sie waren ein letztes Mal zusammen vor dem großen Schulfest.   „Ich fürchte auch. Am Ende kennt ihr noch meine tiefsten Geheimnisse.“   Gouenji und Kidou tauschten einen Blick. Endou runzelte nur die Stirn, dann sprang er von der Bank auf und grinste Kidou an, der mittlerweile bei ihnen angekommen war. „Du kommst genau richtig, Kidou. Wir stimmen uns gerade auf morgen ein und ehrlich gesagt bin ich jetzt schon ganz heiß auf einen kleinen Wettkampf. Wie wäre es mit einem Aufwärmen für morgen?“   „Typisch Endou“, kommentierte Gouenji amüsiert, sah zu Kidou und als ob sie sich gegenseitig absprechen mussten, nickten sie schließlich beide.   „Klasse! Lasst uns Fußball spielen!“   Selbst als die Sonne längst untergegangen war und der Aussichtspunkt um den Stahlturm in Laternenlicht gehüllt war, waren sie noch immer in ihren Wettstreit vertieft, bei dem Gouenji und Kidou immer wieder einen Zweikampf um den Ball austrugen, mit dem Ziel, Endou in seinem durch Wasserflasche und Tasche abgeteilten imaginären Tor zu überwinden.   Sie schenkten sich nichts. I'm not going to wear this! --------------------------- Gouenji hob erst einmal nur die Augenbrauen an, als er den Klassenraum von Fudou und Co. Betrat. Sein Blick schweifte durch den Raum, der doch sehr anders aussah, als er es sich vorgestellt hatte und ihrer Diner-Aufmachung nicht im Ansatz ähnlich war. Gouenji hätte nur zu gerne dort geholfen, aber es ging nicht. Er musste sich darauf verlassen, dass seine Klassenkameraden alles alleine hinbekamen, denn erst einmal saß er hier fest und würde nur für seine Schicht beim Fußball-Club abgestellt werden. Und Gouenji stand zu seinem Wort.   Eigentlich sah alles aus wie in einem teuren, europäischen Restaurant. Die Tische waren mit hellen Tischdecken überzogen, die Gouenji als verfärbtes Weiß bezeichnet hätte – jedes Mädchen wäre zu Farben wie Eierschale oder Champagner geneigt. Es befanden sich massiv aussehende Kerzenständer auf den Tischen, die dem Raum noch mehr Flair verleihen sollten. Wo sie die großen, üppig bewachsenen Zimmerpflanzen her hatten, wusste Gouenji nicht, aber sie taten ihr Übriges, um dem Klassenzimmer einen Prinzessinnencharme zu verleihen. Langsam ahnte Gouenji, woher diese Idee stammte. Während ihrem Aufenthalt auf der Insel Liocott hatte er ein sehr ähnliches Ambiente erlebt, als sie von Edgar und dem englischen Team zu einer Dinnerparty eingeladen worden waren.   Er ahnte, was noch kommen würde. Und er mochte die Vorstellung nicht.   „Gouenji, wurde auch Zeit, dass du auftauchst“, merkte Fudou an und packte dabei wohl die höflichste Begrüßung aus, die er überhaupt auf Lager hatte. Er war nicht wirklich spät dran, aber er war eben nicht so früh da, wie der Rest der Klasse – schließlich hatte er noch eine Teambesprechung mit seinen eigenen Klassenkameraden hinter sich zu bringen, bevor er hier auftauchen konnte. Gouenji kommentierte den Spruch von Fudou nicht, grüßte ihn lediglich wortkarg, genau wie den Rest der Klasse und ging schließlich weiter in den kitschigen Raum. In der hinteren Ecke konnte er Genda und noch ein paar andere Jungs ausmachen, die sich umzogen.   Es war, wie er erwartet hatte – Anzüge mit Fliege oder Krawatte. Wonach ausgewählt wurde, wer was trug, wusste er allerdings nicht.   „Nicht so schüchtern. Auf dem Tisch liegt für jeden ein Outfit bereit. Da du und Kazemaru die letzten seid, dürfte es leicht für dich sein, deins zu finden. Aber damit auch jeder Pavian das richtige trägt, haben die Mädels euch Namensschilder dran gemacht“, erklärte Fudou, der seine Hand auf Gouenjis Schulter legte und ihn wenig diskret vorwärts schob. „Beeil dich mit dem Anziehen, dann erkläre ich euch, wie's läuft.“   Mit einem wenig entzückten Gesichtsausdruck bewegte sich Gouenji unter dem Antreiben von Fudou zu den anderen Jungs, die wohl als besonders attraktiv galten. Er verstand nicht bei jedem, was der ausschlaggebende Punkt sein sollte, aber das war ja egal. „Woher kommen diese Klamotten eigentlich?“, fragte er Genda, als er sich das Jackett griff und es erst einmal nach einem Schild darin absuchte, welches die Größe angab.   „Die Mädchen waren dafür verantwortlich“, merkte der an und zuckte dann unwissend mit den Schultern. Es reichte ja scheinbar auch, dass die Klamotten da waren und passten. Schließlich zog auch Gouenji Jacke und Hose seiner Schuluniform aus und ersetzte sie durch Jackett und Hose, die ihm bereitgestellt wurden. Zum Glück war die Krawatte schon gebunden, denn er wusste nicht, wie dieser komplizierte Knoten entstand. Komplett fest zog er sie allerdings nicht, genauso wie er auch die ersten zwei Knöpfe seines Hemdes offen ließ.   „Gouenji-kuuuuuuun!“, kreischte es im Chor. Als Gouenji den Kopf drehte – immer noch mit seiner Krawatte beschäftigt, um die richtige Länge seiner Krawattenkette auszutüfteln –, sah er mehrere Mädchen auf sich zu stürmen, die ein Kleid dabei hatten, wenn er es richtig erkannte.   „Er passt dir, bin ich froh!“ - „Und ich erst! Wer hätte gedacht, dass mein Bruder und du die gleiche Größe habt! Er wirkt gar nicht so muskulös wie du!“ - „Und er sieht leider auch nicht so gut aus...“ - „Wie wahr...“   Bei dem Gespräch der Mädchen verzog Gouenji keine Miene. Jetzt wusste er immerhin, wo der Anzug herkam. Dass hier aber jeder einen Verwandten haben sollte, der einem der Jungs seinen Anzug geliehen hatte, bezweifelte er. Wieder fiel sein Blick auf den großen Berg aus dunkelrot-weißem Stoff. Die Mädchen folgten seiner Aufmerksamkeit und waren nach einem Sekundenbruchteil Stille wieder völlig aus dem Häuschen.   „Oh! Stimmt ja!“ - „Sakuma-kuuuuun~!“   Bevor sich Gouenji versah, hatten sie sich schon ihrem neusten Opfer genähert, das ziemlich irritiert das Gesicht verzog. Neben sich konnte er Fudou dunkel kichern hören, der das Ganze mit großem Interesse verfolgte, wie sich bei einem Blick zur Seite offenbarte.   „Tadaaaa~ Das ist dein Schulfest-Outfit! Du bist die Prinzessin des Host-Clubs!“, verkündete eines der Mädchen stolz, während ein anderes ihm das ausgebreitete Kleid entgegen hielt, das knapp bis zum Boden reichen dürfte. Es bestand aus mehreren gerüschten Lagen weißen Stoffes, über denen sich ein glänzendes, dunkelrotes Trägerkleid befand, welches stark ausgestellt und zu einer Wellenkante hochgerafft war. Im oberen Bereich wirkte es wie eine Corsage, wie man sie oft in Filmen über ältere, westliche Epochen sah. Gouenji war sich sicher, dass es eine Theater-Requisite war. Und trotzdem war es ein Kleid. Für Sakuma.   Gouenji konnte nicht erkennen, welches Gefühl in dessen Gesicht gerade überhand nahm. Zum einen war er furchtbar entsetzt und offenbar auch getroffen von der Tatsache, dass man ihm ein Kleid vor die Nase hielt, welches er anziehen sollte. Zum anderen wirkte er aber auch furchtbar empört und wütend über diese Geste.   „Fudou, du mieser-!“, knurrte er und konnte sich nicht zurückhalten, auf den anderen loszugehen.   „Es war nicht meine Idee“, wehrte sich Fudou nur halbherzig und versuchte es sicher nicht einmal, sich ein Lachen zu verkneifen. Er fing Sakumas Handgelenke ein, noch bevor der ihn hätte schlagen können und bevor sie ihr Gerangel weiter fortführen konnten, schritten Genda und ein paar andere Jungs schon ein, um sie auseinander zu bringen.   „Erzähl keinen Mist!“   „Nein, ehrlich! Die Mädchen hatten die Idee ganz alleine. Sie meinten, es würde dir stehen und ich muss gestehen, dass sie Recht haben~“, sagte Fudou provokant grinsend und hob die Nase noch ein Stückchen an. „Ist doch gar nicht so anders als der weibliche Kram, den du sonst trägst. Diese langen T-Shirts, die wie Kleider aussehen oder diese riesigen Oversized-Shirts, die dir beim Sitzen immer mal wieder über die Schulter rutschen.“   Sakuma schnaufte laut hörbar und begann wieder kräftig zu zappeln, sodass Genda es schwer hatte, ihn noch festzuhalten und ihn weiter von Fudou wegzuzerren. Fudou selbst war längst wieder losgelassen worden, da von ihm keine Gefahr ausging.   Als Kazemaru den Raum schließlich betrat, staunte er nicht schlecht nebst dem Tumult, der in begrüßte. Gouenji fing seinen fragenden Blick ein, schüttelte daraufhin nur den Kopf und kommentierte die Situation knapp mit einem „Nicht so wichtig. Bringen wir es hinter uns.“ Die ständigen Streitereien zwischen Fudou und Sakuma gingen sie in erster Linie nichts an. Allerdings war Gouenji schon vor Wochen aufgefallen, dass es zwischen den beiden wieder viel weniger harmonierte als noch vor einem Jahr. Er wusste nicht genau, woran es lag, aber dass es einen Auslöser geben musste, war klar. Gouenji wollte nicht, dass sie mit diesem Verhalten das Team und das damit verbundene Wir-Gefühl auf Dauer zerstörten. Vermutlich würde er sich mit Kidou mal genauer darüber unterhalten, immerhin kannte der Stratege sie dann doch besser als er.   Diesen einen Tag voller Zankerei überstand Gouenji hoffentlich auch ohne Kidous Hilfe.   ***   Endou fand das alles total verrückt. Noch immer war er nicht so begeistert davon, dass sie ein Horrorhaus aufgebaut hatten. Die Verkleidungen waren tatsächlich weitestgehend okay und nicht so abgedreht, wie er sich das am Anfang vorgestellt hatte. Er musste sich nicht als Dracula, Frankenstein oder Geist verkleiden.   Trotzdem war es seltsam, seine Mitschüler erschrecken zu müssen und sich gruselig zu verhalten. Endou konnte es nicht, wenn er ehrlich war. Wahrscheinlich war das der Grund, warum er dazu eingeteilt wurde, sich zwischen die mit schwarzer Folie überklebten Labyrinth-Wände zu stellen. Und trotzdem war sein Job wohl noch der gruseligste Part, denn wann immer eine neue Gruppe vor ihnen auftauchte, streckten sie ihre Blut überlaufenen oder pelzigen Arme aus ihrem Versteck und griffen nach Unterschenkeln, Handgelenken oder Schultern, wenn ihre Opfer abgelenkt waren. Die Jungs erschreckten sich meist immerhin ebenfalls, doch die Mädchen fingen fürchterlich an zu kreischen, sodass es Endou immer wieder in den Ohren klingelte. Es war wirklich kein angenehmer Job.   Es gab Gruppen, die sich ganz gut schlugen und wirklich nur bei ihren Überraschungsangriffen zusammenzuckten, nach Luft japsten oder tatsächlich einmal aufschrien, die sie kaum hätten sehen können vor lauter Finsternis – schließlich waren die Fenster komplett abgeklebt. Nur ein paar kleine Lampen setzten seine verkleideten Mitschüler in Szene, deren Kleidung und nackten Körperteile sie zuvor großzügig mit Kunstblut gefärbt hatten. In der Regel lagen sie erst einfach nur da, lehnten regungslos mit gesenkten Köpfen an Wänden, oder hingen über einen Tisch gebeugt auf einem Stuhl – völlig still. Bis sie sich plötzlich in Zombies verwandelten, die ihre Mitschüler anfielen.   Zu Endous Leid gab es aber auch immer wieder Gruppen mit Mädchen, die schon von Beginn an schrien wie am Spieß. So wie zwei Mädchen, die mit ihren Freunden in das Horrorhaus gingen und sich schon zu Anfang an die Jungs klammerten, als hätten sie Klebstoff am Arm. Sie waren schon panisch, als sie die vermeidlich leblosen Körper sahen, aber als eines der Mädchen von einer fremden Hand berührt wurde – es war nicht Endous, denn der traute sich gar nicht, bei denen überhaupt etwas zu machen und sie in zusätzliche Angst zu versetzen – und laut aufschrie, stimmte das andere Mädchen panisch mit ein und ab da hörten sie gar nicht mehr auf. Jedenfalls nicht, bis sie wieder raus waren.   „Oh mein Gott, ihr wart so laut!“, hörte Endou eine erstaunte und bekannte Stimme am Eingang, die zu einem seiner Klassenkameraden gehörte. Er verkaufte die Karten am Eingang.   „Ihr habt es sehr viel gruseliger gemacht, als es eigentlich war!“, lachte eine andere männliche Stimme und noch ein Junge gab seinen Senf dazu: „Das war nicht gruselig. Trotzdem habt ihr geschrien wie am Spieß...“   „Ich hatte eben Angst! Und du hast mich nicht einmal beschützt, Satoshi!“   Langsam wurden die Stimmen schwächer, sodass Endou nicht mehr viel verstehen konnte, bis sie schließlich vollkommen außer Hörweite waren. Dafür grummelte Someoka neben ihm und steckte sich den kleinen Finger ins Ohr. „Jetzt hab ich einen Hörsturz. Mädchen, hmpf...“   Endou konnte ihn sehr gut verstehen und lächelte grimassenhaft. Nicht lange, bis die nächste Gruppe kreischender Mädchen auftauchen würde, da mussten sie ihren ruhigen Augenblick genießen.       Mit einem erleichterten Seufzen verließ Endou das Klassenzimmer, als er seine Schicht beendet hatte. Bevor er damit dran war, am Stand des Fußballclubs zu arbeiten, hatte er noch genug Zeit, um sich anzusehen, was das Schulfest noch so alles bot. Und es war kurz gesagt beeindruckend. Endou hatte seinen Spaß daran, sich von Klassenraum zu Klassenraum vorzukämpfen und Eindrücke zu sammeln.   Manches war einfach nur unterhaltend und lustig, so wie der Spieleraum, der Endou stark an sein letztes Sommerfest erinnerte, das noch gar nicht lange her war, wo er so drüber nachdachte. Die Schüler hatten Laternen aufgehängt und mehrere kleine Buden aufgebaut, bei denen man verschiedene Spiele spielen konnte. Endou hockte sich zu ein paar Mitschülern vor ein mit Wasser und Spielsachen gefülltes Planschbecken und schaffte es sogar, mit seinem Papier-Kescher etwas heraus zu fischen.   Aus anderen Räumen roch es furchtbar lecker, sodass er sich daran erinnerte, dass er dringend etwas zu Essen gebrauchen könnte. Schon von draußen konnte man kleine Karten am Eingang hängen sehen, die anzeigten, was man kaufen konnte. Vieles war japanisch – egal ob warm oder kalt, süß oder herzhaft –, aber es gab tatsächlich auch das ein oder andere ausländische Essensangebot. Vor einem verrückt aussehenden Klassenraum blieb er schließlich stehen. Es war der erste, bei dem Endou bewusst auffiel, dass der Boden anders aussah. Ein schwarz-weißes Karomuster zierte den ganzen Raum und ein Mädchen in einer süßen Uniform begrüßte ihn mit einem lässigen „Hi!“. Ein Blick auf die Karte verriet ihm, dass es sich um amerikanisches Essen handelte. Dies und die interessante Aufmachung brachten ihn schließlich dazu, einzutreten und sich einen Cheeseburger zu bestellen. Auch als Sportler konnte man schließlich in Maßen Fast Food essen und irgendwie fühlte er sich in diesem Raum Ichinose und Domon so viel näher, obwohl die Distanz zwischen ihnen riesig war. Er stellte sich vor, dass auch sie gerade einen Burger aßen und kam nicht drum herum, dass sich Vorfreude in ihm breit machte auf den Tag, an dem er sie wiedersehen würde. Sie müssten dann auf jeden Fall mal wieder gemeinsam Fußball spielen!   Gestärkt und ein bisschen wehmütig machte sich Endou schließlich wieder auf und verirrte sich tatsächlich zu dem Host-Club, den Fudou auf die Beine gestellt hatte. Sein erster Eindruck war: Es war voll. Sehr voll sogar und eigentlich waren da überall nur Mädchen, die sich am Eingang und im Klassenraum tummelten. Offenbar warteten die, die draußen standen darauf, dass sie reingelassen wurden, sobald ein Platz frei wurde, denn als Endou dabei war, einzutreten, wurde er doch tatsächlich beschimpft.   „Heeeey! Nicht vordrängeln!“   „Warte, bis du dran bist!“   Endou zuckte zusammen und machte wortlos, aber peinlich berührt und eingeschüchtert ein paar Schritte vom Eingang weg. Alles, was er erhaschen hatte können, waren Genda, der kein einziges Wort rausbekam und sich stattdessen von einem Mädchen geduldig anhörte, was sie in einem nicht endenden Schwall heraus plapperte, und Gouenji, der an einem Tisch mit drei Mädchen saß und sich mit ihnen unterhielt.   Mit einem Eis bewaffnet, das er in einem bunt dekorierten Raum mit Pandastatue ergattert hatte, ging er weiter über den Flur. Eigentlich war es frustrierend, dass keiner seiner Freunde zur selben Zeit Pause hatte wie er, aber da konnte man eben nichts machen. Mit ihnen wäre es allerdings sicher noch lustiger. Der mit zwei Bambusbäumchen verzierte Klassenraum, an dem Endou als nächstes vorbei kam, zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Da lagen sogar echte Kieselsteine auf dem Boden, die 4 Steinplatten einfassten, welche hinein führten. An seinem Eis schleckend ging Endou über diese und staunte nicht schlecht, als er sich plötzlich an einem Tempel wiederfand.   „Kauft Misangas, sie bringen euch Glück“, sagte ein Mädchen in einem Miko-Outfit, das hinter einem Tisch voller bunter Armbänder stand. Es befanden sich noch viele anderen Leute im Raum, die sich um den Tisch tummelten und teilweise diskutierten, was für ein Armband am besten zu ihnen passen würde. Endou runzelte die Stirn ein wenig planlos, aber neugierig schaute er sich diese Misangas mal genauer an.   „Rot steht für die Liebe“, sagte eine der Mikos zu zwei Mädchen, die ein Armband ins Auge gefasst hatten. „Wenn ihr es anbindet, dann müsst ihr fest an euren Wunsch denken und wenn das Armband schließlich von alleine wieder abfällt, dann erfüllt sich dieser Wunsch.“ Die Mädchen wurden aufgebrachter und erzählten Dinge, die Endou nicht wirklich verstand. Auf jeden Fall quietschten sie plötzlich erfreut und kauften sich beide ein Armband.   Endou ließ seinen Blick wieder über die bunten Misangas schweifen, bis seine Augen an einem stoppten. Wenn Herzen für Liebe standen, dann...   ***   Kidou saß ruhig auf einem der Stühle und checkte seine Nachrichten. An ihrem Verkaufstempel lief es gut, das hatte ihm zumindest Ikeda geschrieben. Er lächelte einen kurzen Augenblick zufrieden, dann hob er den Blick wieder von seinem Handy und sah in das Gesicht ihres nächsten Kandidaten. Ein Zweitklässler, wie am Kragen seiner Schuluniform zu erkennen war, legte sich den Ball an der Torwand zurecht, den Sakuma ihm gereicht hatte. Eine ihrer Managerinnen wünschte dem Jungen viel Erfolg und drückte die Daumen, aber die meiste Unterstützung bekam er von seinen Kumpels, die ihm gut zuriefen und ihn liebevoll neckten.   Der erste Schuss unten rechts prallte mit einem stumpfen Laut hart von dem Holz ab.   Kidou schlug ein Bein über das andere und lehnte sich weiter nach hinten. Es war langweilig, musste er zugeben, Leuten beim Torwandschießen zuzusehen. Wenn er die Ballberührungen beim Ballhochhalten zählen musste, erforderte das weitaus mehr Aufmerksamkeit von ihm. Aber das hier... Es war halt ein Job und bis jetzt war nicht einer dabei, der Potenzial gehabt hätte, für Kidou interessant zu sein.   Tatsächlich schaffte der Junge einen Treffer rechts unten und keinen einzigen links oben und blieb damit ziemlich blass. Zum Glück für den Fußball-Club schaukelten sich er und seine Freunde so weit hoch, dass jeder von ihnen sich an der Torwand maß, um einen gruppeninternen Sieger zu küren. Es brachte immerhin Geld und so lange die Jungs ihren Spaß hatten – umso besser.   Sakuma entfernte sich von ihrem Stand und machte sich erneut auf, ein bisschen Werbung zu machen. Kidou überließ ihm das Ansprechen von anderen freiwillig und raffte sich auf, um ebenfalls Werbung zu machen, aber auf seine Art. Er griff sich den Fußball und begann, ihn immer wieder mit der Pike, dem Hacken oder den Oberschenkel in die Luft zu stupsen, ohne ihn dabei auf dem Boden aufkommen zu lassen. Trotz seiner Konzentration bemerkte er, wie ein paar Leute stehen blieben, und ihm zusahen.   „Yo, Kidou! Sieht gut aus!“   Kidou hob den Blick vom Ball und sah einen ziemlich auffälligen rosa Haarschopf und neben dran noch ein bekanntes Gesicht. „Guten Tag, Kidou-san!“   Er schmunzelte, als er den Ball unter seinem Fuß zum Stillstand brachte und war tatsächlich überrascht. Mit einem Besuch von Tsunami und Tachimukai hatte er ehrlich gesagt nicht gerechnet. Da war einer von Aphrodi und seinen Freunden wahrscheinlicher, denn deren Schule lag immerhin in der Nähe.   „Lange nicht gesehen“, stellte Kidou fest und Tsunami bestätigte die Aussage mit einem „Viel zu lange!“   „Weißt du, wo Endou-san steckt? Wir haben uns schon ein bisschen umgeschaut, aber ihn nicht gefunden.“   „Wenn er nicht bei seinem Geisterhaus ist, dann nicht. Aber er hat die Schicht nach mir, also wird er auf jeden Fall noch herkommen.“   Tachimukai lächelte zufrieden und nickte dann einmal. „Vielen Dank! Dann warten wir hier, oder Jou- … Tsu-Tsunami-san?“   Kidou konnte deutlich einen roten Schleier auf Tachimukais Gesicht sehen, als der peinlich berührt nach unten blickte und seine Finger knetete. Er sparte es sich, einen Kommentar dazu abzugeben, denn er musste Tachimukai nicht noch mehr beschämen oder verunsichern. Offenbar hatte der Junge sich nicht verändert, obwohl er mittlerweile ein Drittklässler war und der Kapitän seines Fußball-Clubs – hatte ihm Endou jedenfalls erzählt.   „Klar! Warten wir hier auf Endou!“, bestätigte Tsunami energisch und warf einen Blick auf die bunt bemalte Torwand. „Und das ist euer Stand, ja? Der Panda ist cool!“   „Also eigentlich ist das nur ein normaler Bär.“   „Was auch immer, wie wäre es mit einem Duell? Das ist längst überfällig!“   Die Energie, die Tsunami besaß war wie immer beeindruckend. Kidou beneidete ihn darum, auch wenn er sie selbst nicht so nach außen tragen würde. Auf dem Platz war die viel besser aufgehoben. Umso besser also, dass sie hier eine Torwand stehen hatten. „Wie wäre es, wenn ihr beide euch duelliert? Wir haben schließlich noch die Chance dazu auf dem Platz bei der nächsten Meisterschaft. Aber gegen Tachimukai kannst du erst nächstes Jahr spielen.“   Tsunami blinzelte, dann grinste er breit und hatte offenbar verstanden. Er stemmte die Hände in die Hüfte und plusterte sich regelrecht auf. „Alles klar! Das wird ein ganz besonderes Duell!“   Kidou spielte ihm den Fußball in die Arme und sah zu, wie sich Tsunami den Ball zurechtlegte und sich positionierte. Ein angespannt-konzentriertes Gesicht visierte das Loch rechts unten an. So einen Blick sah man selten bei dem ausgelassenen Surfer, musste er feststellen. „Drei unten, Tsunami“, kündigte Kidou schließlich noch an, um sicher zu gehen, dass er die Regeln auch kannte.   „Klar, klar! Guckt genau hin! Ich mach sie alle rein!“   Er glaubte nicht dran, genau so wenig wie Tachimukai scheinbar, der sich neben ihn gesellte und einen eher skeptisch-angespannten Blick auf Tsunami richtete. Niedlicherweise sah es so aus, als ob der Torhüter wirklich die Daumen drückte, während er die Lippen zusammenpresste.   „Du schaffst das, Tsunami-san!“   Der erste Schuss traf allerdings nur auf Holz und ließ Tsunamis Gesicht ungläubig entgleisen. Es stachelte ihn an. Doch es half nichts, denn auch Schuss zwei und drei schafften es nicht durch die runde Öffnung, obwohl Kidou zugeben musste, dass einer davon schon halb drinnen war.   „Ich schieß mich gerade erst warm“, tönte Tsunami, räumte das Feld und zupfte sich dabei an einer Haarsträhne. „Beim nächsten Mal triffst du bestimmt“, baute ihn Tachimukai fast liebevoll auf, bevor er an ihm vorbei ging und sich nun selbst den Ball zurechtlegte. Dann stutzte er.   „Stimmt etwas nicht?“   „Ah, nein“, stellte Tachimukai etwas durcheinander fest. „Es ist nur so lange her, das ich mal an einer Torwand geschossen habe. Seitdem ich Torwart geworden bin, halte ich eigentlich nur noch Bälle.“   „Du schaffst das schon, Yuuki!“   „... Ich versuche mein Bestes.“   Kidou musste feststellen, dass Tachimukai immer noch den eingeschüchterten Blick besaß, den er viel zu oft bei ihm gesehen hatte. Es lag ein Stück Ehrgeiz darin, das ihm bestätigte, dass er sich Mühe gab und nicht versagen wollte. Aber seine Unsicherheit war nicht zu übersehen. Als Folge dessen traf er den Ball nicht richtig, der schließlich rechts neben der Torwand vorbei ging.   „Ah, mach dir nichts draus! Das ist gar nicht so leicht, wie es aussieht!“, rief Tsunami aufmunternd und joggte dem Ball hinterher. Tachimukai sah trotzdem verunsicherter aus als zuvor. Doch der nächste Schuss und der damit verbundene Treffer hellten sein Gesicht auf und so schaffte er es sogar, den dritten ebenfalls zu versenken.   Tachimukai war erleichtert, Tsunami überrascht, aber gleichzeitig begeistert, so wie er den Jungen feierte und Kidou fühlte sich bestätigt in seiner Annahme zu wissen, wer die besseren Chancen bei diesem Duell hatte. Es endete genau so, wie er es erwartet hatte: Tachimukai gewann, nachdem er sogar oben noch einmal traf und Tsunami schaffte immerhin den Ehrentreffer.   „Der Wahnsinn, Yuuki! Ich wusste nicht, dass du so gut bist! Aber du hast dich total in den Flow geschossen und die Torwand gerockt!“ Tsunami ließ seine ganze Begeisterung heraus. Er legte Tachimukai den Arm um den Hals und strubbelte ihm kräftig durch die Haare, sodass es eher aussah, als hätte er ihn im Schwitzkasten als eine liebevolle Geste.   „Ich bin nicht überrascht“, stellte Kidou klar und erntete damit die Blicke zweier Augenpaare, sogar Tsunami hielt in seiner Bewegung inne und war sichtlich überrascht. „Tachimukai hat vielleicht kaum Erfahrung darin, aufs Tor zu schießen, aber er würde vermutlich sogar gegen einen Stürmer einen Vorteil haben. Ein Verteidiger wie du hat es da doppelt schwer.“   „Hä? Verstehst du das, Yuuki?“   „Ich bin mir nicht sicher... Aber vermutlich geht es um gezielte Schüsse, wie bei einem Abstoß, statt um harte Torschüsse, die normalerweise von einem Stürmer ausgeführt werden.“   Kidou nickte zufrieden. „Genau. Die langen Abstöße, die Tachimukai täglich passgenau in den Fuß seiner Mitspieler spielt sind die Ursache dafür, dass er besser zielen kann. Er kann die Flugbahn des Balls viel sicherer einschätzen, auch auf längere Distanz.“   „Jetzt verstehe ich das! Kein Wunder, dass er mich besiegt hat, da hatte ich ja gar keine Chance!“, lachte Tsunami heiter auf und knuddelte Tachimukai noch einmal.   Die beiden so zu sehen ließ Kidou noch einmal schmunzeln unter der Erkenntnis, dass es vielleicht doch möglich war, in seinem besten Freund auch einen Liebhaber zu haben. Epilog: Oh, I nearly forgot! ---------------------------- Mit einem dumpfen Knall wurde der Ball in Bewegung gesetzt und schnellte auf Endou zu. Es war ein normaler Schuss – keine Spezialtechnik – und trotzdem war er hart und eindrucksvoll geschossen, sodass er ihn gerade so mit den Händen stoppen und an seiner Brust sichern konnte, bevor er am Boden abrollte. Von Gouenji hatte er aber auch gar nichts anderes erwartet.   „Guter Schuss, Gouenji! Weiter so!“, rief Endou und rollte den Fußball wieder zurück zu seinem Freund. Kidou allerdings signalisierte ihm etwas, sodass der Blonde Platz machte und ihn statt seiner selbst schießen ließ. Endou störte sich nicht daran. Er klatschte energiegeladen in die Hände und ging dann ein Stück in die Knie voller Vorfreude auf das, was folgte.   Auch Kidous Schuss war wie erwartet gut. Er war so platziert, dass Endou sich furchtbar lang machen musste, um ihn noch mit der Faust abzublocken, bevor der Ball im oberen rechten Eck einschlagen konnte.   „Klasse, Kidou!“, rief er und drehte auch schon ab, um dem Ball hinterher zu laufen. Irgendwer musste ihn schließlich holen und Endou war am nächsten dran. Als er sich nach dem Aufheben wieder aufrichtete und über seine Schulter schaute, bemerkte er, dass sich Kidou und Gouenji scheinbar eine Pause genehmigt hatten, um etwas zu trinken. Nicht zu dehydrieren war aber auch verdammt wichtig! Endou lief zu ihnen, legte den Ball zur Seite und Griff selbst nach seiner Trinkflasche. Aber mit den Torwarthandschuhen ließ die sich einfach nicht öffnen, weshalb er sich erst ins Gras der Böschung fallen ließ und dann begann, seine schwitzenden Hände zu befreien.   „Endou brennt heute besonders fürs Training“, stellte Gouenji amüsiert fest und erntete dafür ein Nicken von Kidou.   „Das liegt an der Kampfansage, die er vorhin von Tsunami bekommen hat.“   „Von Tsunami?“   „Er und Tachimukai waren beim Schulfest“, erklärte Kidou und ziemlich schnell mischte sich ein breit grinsender Endou ein, in dessen Augen förmlich ein Feuer loderte. „Tsunami sagte, er würde mir seine neue Schusstechnik zeigen, wenn wir im nächsten Meisterschaftsspiel aufeinander treffen! Ich bin schon so gespannt drauf! Die wird sicher der Wahnsinn, aber dafür muss ich noch viel mehr trainieren und selbst besser werden! Ich muss ihm doch was entgegen setzen können!“   „Die Teams, die uns in der High School erwarten, dürften sehr harte Brocken werden. Gerade für uns, die ab jetzt wieder die jüngsten im Team sind“, stellte Kidou fest. Endou wusste genau, was er meinte. Die Zweit- und Drittklässler waren ihnen in ihrer Entwicklung voraus und möglicherweise hatten sie auch viel mehr Spielerfahrung als sie selbst. Und dann hatten sie intern auch noch mit ihren Mitspielern zu konkurrieren, die bis jetzt Stammspieler gewesen waren.   „Dann hoffe ich, dass du dir noch nichts vorgenommen hast, Kidou. Klingt, als würden wir heute noch länger hier bleiben.“   Das coole Schmunzeln auf Gouenjis Gesicht steckte an. Erst lächelte Kidou, und als sich Endou seine zwei Freunde so ansah, musste er ebenfalls grinsen. Er war zuversichtlich, dass sie es schaffen würden – gemeinsam. Alles. Stammspieler werden, die Meisterschaft gewinnen und damit die besten High School Fußballer in Japan besiegen. Er hatte einen neuen Traum, den er zusammen mit seinen Freunden leben wollte.   „Ah! Da fällt mir ein-“, begann Endou und sprang wieder auf die Beine, um hastig zu seiner Tasche zu stürzen. Unter skeptisch-fragenden Blicken seiner Freunde kramte er darin. Schnell hellte sich sein angestrengtes Gesicht auf, als er schließlich fand, was er gesucht hatte. Und der wertvolle Fund wurde Gouenji und Kidou auch gleich entgegen gehalten.   „Sind die von unserem Stand?“, fragte Kidou ein Stück weit überrascht klingend. Endou musste zugeben, dass er die Antwort darauf gar nicht kannte. Er hatte nicht drauf geachtet, wessen Klasse die Armbänder verkauft hatte und wusste nicht einmal, was Kidou mit seiner geplant hatte. Das zu erfragen hatte er in der ganzen Woche völlig vergessen. Was Gouenjis Klasse gemacht hatte, wusste er übrigens auch nicht.   „Ein paar Mädchen in Miko-Outfits haben die verkauft. Eigentlich wollte ich nur mal gucken, aber dann dachte ich – warum nicht? Sie hat gesagt, dass man sich was wünschen soll, wenn man sie anbindet, deshalb hab ich noch gewartet. Ich weiß nicht, ob das funktioniert, aber selbst wenn nicht, dann ist es doch ein Zeichen, das uns immer an unseren Traum erinnert. Und an uns drei“, erklärte Endou verlegen und behielt die Hand weiter offen, abwartend und hoffnungsvoll.   „Okay, lasst es uns probieren“, willigte Gouenji ein, griff sich eines der blauen Misangas mit Fußballmusterung und legte es sich über das Handgelenk. Kidou tat es ihm gleich. Endou war froh, dass seine Freunde es nicht so albern fanden wie er vermutet hatte.   „Also Endou, was wünschen wir uns?“, fragte Kidou schließlich und brachte ihn zum Blinzeln. Er sah die erwartungsvollen, treuen Blicke seiner Freunde und begann glücklich zu grinsen.   „Dass wir die Fußball High School Meisterschaft gewinnen, natürlich!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)