Zum Inhalt der Seite

Wolf & Nerz

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

„Varg?“

„Hm?“

„Wenn der alte Mann uns gehen lässt, machen wir dann deine Geschichte wahr?“

„Du meinst die mit der Weltreise?“

„Ja.“

„Okay. Versprochen, Mink.“

„Und wirst du ein Buch darüber schreiben?“

„Ja. Ich schreibe ein Buch über dich und mich und über die Reise.“

„Mit einem Happy End?“

„Ja, mit einem Happy End.“

Nerz (0)

Ich starre zu den Trümmern des Labors zurück, von denen immer noch dunkle Rauchschwaden in den Morgenhimmel steigen, und sehe noch einmal die Explosion vor mir, die gerade mein zu Hause zerstört und meinen Erschaffer getötet hat.

Dank der „Verbesserungen“ die Doktor Azar an mir vorgenommen hat, sind alle Wunden und Verletzungen, die ich mir bei der Explosion zugezogen habe, jetzt verheilt.

Mir tut nichts weh und ich spüre auch keine große Trauer. Trotzdem wüsste ich gerne, warum die Soldaten uns in die Luft gesprengt haben.

Ich war immer davon ausgegangen, dass Doktor Azar für die Regierung arbeitet, denn er hat mir einmal erzählt, dass ihm meine Erschaffung nur durch die finanzielle Unterstützung der Militärregierung möglich war, unter der wir leben.

Die Soldaten kamen vor wenigen Stunden, um das Labor zu stürmen. Zu diesem Zeitpunkt, hat der Doktor gerade mit einem neuen Experiment angefangen, für das er verschiedene Chemikalien vermischt hat, die schon bei einem winzigen Funken zu einer gewaltigen Explosion führen.

Leider ist genau das geschehen, als die Soldaten die durch eine elektronische Verriegelung fest verschlossene Tür zum Labor aufgesprengt haben, und der Doktor ist vor meinen Augen in einem Flammenmeer verschwunden.

Die Druckwelle der Explosion war so gewaltig, dass ich gegen die Glasfront des Panoramafensters des Labors geschleudert wurde, die allerdings wegen derselben Druckwelle zerbarst, sodass ich aus dem Labor in die Außenwelt katapultiert wurde.

Als ich wieder zu mir gekommen bin, habe ich auf dem kalten Steindach eines einige hundert Meter entfernten Gebäudes gelegen und mein Körper war gerade dabei, sämtliche Schäden eigenständig zu regenerieren. Diese außerordentlich praktische Fähigkeit lässt sich leider nicht auf meine Kleidung ausdehnen, weshalb ich neue Kleider von einer zwischen zwei Häusern gespannten Wäscheleine stehlen musste, da ich kein Geld bei mir habe.

Ratlos stehe ich da und beobachte, wie die Soldaten die Überreste des zerstörten Labors durchsuchen. Ich kann zwar sie, aber sie nicht mich sehen, denn ich stehe mehrere Straßen weiter auf dem Dach einer etwas höheren Ruine und nutze den Zoom meines Sichtapparates, um sie aus sicherer Entfernung im Auge behalten zu können.

Sie haben die Explosion ebenfalls überlebt, obwohl sie sich ganz in der Nähe ihres Kerns befunden haben müssten. Das verdanken sie dem silbernen Stoff, aus dem ihre Uniformen gefertigt sind, der sie vor allerlei Angriffen schützt und weder von Feuer noch Schuss- oder Stichwaffen durchdrungen werden kann.

Wonach sie wohl suchen? Und wofür sind sie überhaupt gekommen?

Anstatt sie zu fragen erscheint es mir klüger andernorts Informationen einholen zu gehen.

Am besten an einem Ort, wo viele Menschen sind, die sich unterhalten.

Also mache ich mich auf in die Stadt, die ich bisher nur als Kulisse vor dem Horizont vom Fenster des Labors aus gesehen habe.

Wolf (1)

Der Bildschirm über der Theke meiner Stammkneipe flackert und der Wirt versetzt ihm einen leichten Schlag, woraufhin die Gestalt der Nachrichtensprecherin wieder scharf wird.

„...nachdem es bei einer Razzia der Militärpolizei zu einer Explosion im selbigen kam. Der Besitzer des Labors, Doktor Azar, kam im darauffolgenden Brand ums Leben. Der Grund für die Razzia in dem Labor waren Azars Experimente mit einer Androidin.“

„Dieses Androiden-Pack fand ich schon immer widerlich“, ruft ein Typ neben mir dazwischen und verschüttet ungeschickt Bier über dem Tresen, während die nächsten Worte der Nachrichtensprecherin in seinem Lallen untergehen. Glücklicherweise ist er so betrunken, dass er vom Barhocker rutscht und seine Stimme nur noch gedämpft vom Boden herauf dringt.

Ich spitze die Ohren, um besser zu hören, was im Fernsehen gesagt wird.

„...Beschlusses der Regierung, sämtliche existierenden Androiden zu vernichten, sollen alle Personen, die eine solche Maschine noch beherbergen, festgenommen und die humanoiden Maschinen zerstört werden. In Azars Fall scheint die Androidin jedoch entkommen zu sein.

Die Regierung setzt die Fahndung nach ihr fort und hat auch ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt.“

Ein Bild wird vom rechten Bildrand her eingeblendet. Es zeigt ein schönes, weibliches Gesicht mit zarten Zügen unter einem blonden Bob mit Ponyfransen.

Ihre porzellanene helle Haut wird kontrastiert von langen dunklen Wimpern über eisblauen Augen und korallenroten Lippen.

„Für die Ergreifung und Auslieferung der Androidin mit dem Namen Ai wird eine Belohnung von 800.000.000 Pikon ausgeschrieben...“

Weitere Informationen gehen im Grölen der Kerle um mich herum unter.

Ich kann es ihnen nicht verdenken. Das ist eine ganze Menge Geld.

Damit könnte man sich fast ein ganzes Jahr lang erst mal zurücklehnen, wenn man sparsam lebte.

„Die Olle schnapp ich mir!“, brüllt ein Kerl direkt neben meinem Ohr und knallt seinen leeren Bierkrug auf die Theke. „Und bevor ich sie den Behörden übergebe, hab ich noch ein bisschen Spaß mit ihr!“

„Ey, Grizzly, ne Androidin is' 'ne Maschine durch und durch! Total steif und unbeweglich. Kuscheln is' nich und wenn du Pech hast, findest du nich' mal 'ne Öffnung um was in sie reinzustecken“, grölt jemand in meinem Rücken.

Ich höre nicht wirklich hin, nehme einen großen Schluck von meinem Bier und male mir aus, was ich mir von der Belohnung alles kaufen könnte.

Ein neues Buch wäre sogar dann noch drin, wenn ich die Miete der letzten drei Monate für meine sogenannte Wohnung nachzahlen würde. Ach, was sage ich, ein Buch. Hundert Bücher!

Langsam wird es langweilig, immer wieder das selbe zu lesen, auch wenn es sich dabei um mein absolutes Lieblingsbuch handelt. Dementsprechend sieht es nur leider inzwischen auch aus.

Ich verliere mich kurz in Tagträumen darüber, was sich mit 800 Millionen alles anfangen ließe, da schlägt mir jemand so fest auf die Schulter, dass ich fast das Gleichgewicht verloren und mich zu dem Säufer auf dem Boden gesellt hätte.

„Na, Varg. Meinst du, du wirst sie vor mir finden?“

Ich drehe den Kopf, obwohl ich längst weiß, wer da grinsend hinter mir steht.

Hunters schulterlanges, strähniges rotes Haar lugt unter seiner dunklen Kapuze hervor und seine unterschiedlich gefärbten Augen blitzen mich frech an.

„Kommt drauf an, wer von uns mehr Glück oder Hilfe hat“, brumme ich und versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass mir sein Auftauchen den Abend versaut.

Zu meinen besten Zeiten als Kopfgeldjäger haben wir in einem ständigen Kopf-an-Kopf-Rennen um die höchste Trefferquote beim Aufspüren von Gesuchten gelegen, aber seit einer ganzen Weile hat mich mein Glück verlassen und ich ziehe immer nur hin und wieder kleinere und ganz selten auch mal größere Fische an Land, während Hunter in der ganzen Stadt bewundert und gefürchtet wird. Mein letzter erfolgreich beendeter Job ist jetzt schon fast eine ganze Woche her. Danach ging jedes Mal irgendwas schief, sodass ich die letzten Tage nicht mal mehr auf die Jagd gegangen bin. Ich bin einfach zu entmutigt.

Aber so allmählich macht sich mein leerer Geldbeutel bemerkbar.

Hunter grinst breit und zeigt mir dabei seine weißen Zähne.

„Was soll dieses Gesicht? Du hast Geldsorgen, oder?“

Ich sage nichts, nehme lieber noch einen Schluck Bier.

„Was hältst du von einer Wette?“, schlägt er vor. „Wenn ich sie als erster finde, schreibst du meine Biografie und wenn du sie vor mir findest, kriegst du die gleiche Summe der Belohnung noch einmal von mir bar auf die Hand.“

Ich muss mich zusammennehmen, um ihn nicht mit weit aufgerissenen Augen anzustarren und verschlucke mich fast an meinem Bier.

So viel Geld! Bei dieser mehr als sonnigen Aussicht hätte ich die andere Bedingung fast vergessen. „Du willst, dass ich deine Biografie schreibe?“

„Na, du willst doch Schriftsteller sein, oder? Und ich bin berühmt berüchtigt. Meine Lebensgeschichte würde sich garantiert verkaufen, wie Handfeuerwaffen auf dem Schwarzmarkt.“

Da bin ich mir zwar nicht so sicher, behalte das aber für mich. Lust auf eine Diskussion mit diesem dauergrinsenden Quälgeist habe ich heute definitiv nicht. Die allgemeine Hochstimmung, die die Höhe des versprochenen Kopfgeldes für diese entlaufene Androidin hervorgerufen hat, muss wohl irgendwie an mir vorbei gegangen sein. Scheint so, als würden selbst positive Gefühle vor einem Versager wie mir sofort Kehrt machen.

„Was ist, Varg. Kein Selbstvertrauen?“, grunzt da der grobe Kerl namens Grizzly neben mir und sein Geruch, eine Mischung aus Schweiß, Alkohol und abgestandenem Zwiebelduft, steigt mir in die Nase. Er scheint bei dem Wort „Wette“ neugierig geworden zu sein. Mit einem schnellen Blick in die Runde, stelle ich fest, dass alle in Hörweite sich unserem Gespräch interessiert zugewandt haben.

Jetzt wäre es ein Zeichen von Feigheit abzulehnen. Ich knurre etwas und halte Hunter die Hand hin. Was habe ich schon zu verlieren? Zwar verstehe ich absolut nichts von der Androiden-Jagd, aber in beiden Fällen winkt mir eine ganze Menge Kohle.

Und die kann ich wirklich dringend gebrauchen.

Noch lässt Moth, der Wirt, mich anschreiben. Aber meine Rechnung wächst und wächst mit jedem Besuch hier und vor allem seit die Erfolge ausbleiben sind meine Besuche hier im Fuchsbau häufiger geworden.

„Okay, die Wette steht.“

Hunter hebt ebenfalls die Hand, drückt aber das rechte Auge zu und mustert mich nur aus seinem linken, grünen Auge, bevor er einschlägt. „Ich hoffe, du hältst dein Wort.“

„Klar, Wettschulden sind Ehrenschulden“, erwidere ich mit Nachdruck und schlage ein.

Hunters Händedruck ist stark, meiner aber auch.

Bevor sich aus dem Handschlag ein Kräftemessen entwickeln kann, wird meine Aufmerksamkeit auf Unruhe in einer Ecke der Kneipe gelenkt, als ein Krug zu Boden fällt und dabei zu Bruch geht. Gespräche verstummen und Hälse werden verdreht.

Alle richten ihre Blicke auf einen riesigen, glatzköpfigen Typen, der sich aufdringlich über ein Mädchen zu beugen scheint, das in der hintersten Ecke einer Eckbank kauert.

Ich erinnere mich, dass sie mir schon aufgefallen ist, als ich die Kneipe einige Stunden zuvor betreten habe. Normalerweise kenne ich die Gesichter der Gäste in diesem Schuppen – zur Hälfte grobschlächtige, wenig gepflegte Kerle mit Alkoholfahne, die meisten davon Kopfgeldjäger wie ich; die andere Hälfte setzt sich zusammen aus Bettlern, die nach etwas Wärme und Gesellschaft suchen, Ehemännern auf der Flucht vor ihrem Hausdrachen und Prostituierten.

„Was'n los? Biste nich dazu hier, um'n bisschen Spaß zu ham?“, fragt der hässliche Hüne, der sich so weit über das Mädchen gebeugt hat, dass er mit seinem Gesicht fast an ihrem klebt.

Nachdem ich sie eingehend gemustert habe, bin ich mir sicher, dass sie keine Prostituierte ist.

Sie trägt zwar eine kurze olivfarbene Puffhose und zeigt daher viel Bein, aber ihre Brust ist zuverlässig verdeckt von einem blassrosa Lederblouson, unter dem eine weiße Bluse hervorlugt. Dazu trägt sie feste Lederstiefel, eine weiße Ballonmütze, deren Krempe sie tief ins Gesicht gezogen hat, und ihr langes braunes Haar fällt ihr ins Gesicht und über den Rücken.

Sie ist schmal gebaut und wirkt nicht älter als vielleicht achtzehn.

Soweit ich das aus der Entfernung beurteilen kann, ist sie ungeschminkt. Nur ihre Lippen strahlen tiefrot und ihre Wangen sind ebenfalls gerötet. Sie fühlt sich offensichtlich nicht wohl in ihrer Haut und ich frage mich, was sie überhaupt an einem Ort wie diesem zu suchen hat.

Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat, aber ohne lange zu zögern, stoße ich mich vom Tresen hinter mir ab und gehe langsam zu den beiden hinüber. Ich habe keinen besonderen Grund dafür. Es passt mir nur nicht, wie der Kerl sich hier aufführt.

„Was'n los, Süße? Gefall ich dir nich? Muss ich mich vorher rasieren?“, grinst der Kerl und reibt sich mit der Hand über das stoppelige Kinn.

Das Mädchen denkt nicht daran zu antworten. Sie hat die Lippen fest auf einander gepresst, hält dem Blick des Mannes jedoch stand ohne mit der Wimper zu zucken.

Ich sehe wie sie langsam die rechte Hand hebt.

„Oder has du vielleich'n Freund?“, grinst der Kerl. „Ister hier?“

Er dreht sich um und sieht sich theatralisch in der Kneipe um. „Wenn dir die Kleine gehört, sachet jetz' oder ich nehm' sie mir!“

Vereinzelte Lacher im Publikum der immer noch schaulustigen Gäste. Niemand kommt auch nur auf die Idee, dem Mädchen aus seiner verzwickten Lage zu helfen.

Als niemand auf seine Aufforderung reagiert, wendet er sich wieder dem Mädchen zu.

„Tja, da hasse dir aber einen angelacht. So'n Waschlappen, der hat dich gar nich verdient“, grunzt er und streckt seine Pranke nach ihr aus. Ich habe die Eckbank fast erreicht, aber sie ist schneller.

Ihre Hand schnellt nach vorne und sein Kopf fliegt herum, als seine Wange von einer schallenden Ohrfeige getroffen wird. Polternd taumelt er zu Boden und nimmt dabei alle Gläser und Krüge mit, die noch auf dem Tisch gestanden haben und sich jetzt klirrend mit ihm auf dem Boden verteilen und seine Kleidung mit ihrem Inhalt tränken.

Gelächter erfüllt den Raum. Die Leute scheinen sich kaum einkriegen zu können.

Kein Wunder. Einen Riese, der von einem zarten Mädchen gefällt wird, sieht man auch nicht alle Tage. Ich verkneife mir ein Grinsen und beobachte das Mädchen mit verblüfftem Interesse, als es aus der Eckbank schlüpft und zum Ausgang eilt.

„Nicht so schnell, du kleines Miststück“, grollt die Stimme des plötzlich nüchternen Riesen, als der sich langsam und bedrohlich aufrappelt. Das Mädchen geht unbeirrt weiter auf die Tür zu.

„Das eben war doch nie im Leben ein normaler Schlag!“, knurrt der Riese. Erst jetzt bemerke ich, dass er auf der Stirn eine Tätowierung in Form eines Insekts hat. Es hat zwei Flügel, sechs Beine und einen plumpen Leib. Vermutlich soll es eine Schmeißfliege darstellen.

Aber wer würde sich so etwas schon tätowieren?

„So hart kann ein Püppchen wie du doch niemals zuschlagen. So viel Kraft kannst du doch gar nicht in diesen dünnen Ärmchen haben. Wer bist du? Oder besser: was?“

Das Mädchen erstarrt mit der Hand am Türknauf.

Auf dem Gesicht des Riesen breitet sich ein Grinsen aus und ich verstehe, warum sie so schnell wie möglich weg von ihm wollte. Wenn er grinst, hat sein Gesicht Ähnlichkeit mit einem Friedhofsacker, auf dem die Grabsteine kreuz und quer durcheinander stehen und entfernt ist ein Geruch von Verwesung wahrnehmbar.

„Ins Schwarze getroffen, was? Du bist eine Androidin, oder?“

Dieses Wort lässt die Leute im ganzen Laden die Luft anhalten und diejenigen, die der Tür und damit dem Mädchen am nächsten sind, weichen sogar zurück. Eine verständliche Reaktion.

Seit die Regierung das Militär die sämtlichen Labore der Stadt nach Androiden durchsuchen lässt, hört man in den Nachrichten immer wieder von entlaufenen Androiden, die wie aus dem Nichts auftauchen und alles in Schutt und Asche legen. Das gelingt ihnen so gut, weil sie oft sehr menschlich wirken sollen. Deshalb brechen die Leute regelmäßig in Panik aus, wenn sie glauben, einen Androiden vor sich zu haben, und es kommt zu großen Schlägereien, weil diese Stadt vor Kopfgeldjägern nur so überquillt, die es auf einen Fang mit möglichst hoher Belohnung abgesehen haben. Meistens stellen sich die vermeintlichen Androiden allerdings als ganz normale Leute heraus, häufig aber leider erst, wenn sie schon bewusstlos und schwer verletzt am Boden liegen.

Ich habe noch nie einen Androiden aus der Nähe gesehen, aber ich habe starke Zweifel, dass dieses Mädchen vor mir eine solche Kampfmaschine ist. Außerdem würde ich ihr das Schicksal der falschen Androiden gerne ersparen, wenn ich kann.

Ich halte mich weiter bereit, während ich beobachte, wie das Mädchen seinen Kopf in Richtung des Riesen dreht und seinen Blick eben so fest wie zuvor erwidert. „Nein, ich bin ein Mensch und mein Name ist Mink.“

Mink?, denke ich und höre entfernt etwas in mir Nachklingen.

Ich beschließe, mir diesen Namen zu merken.

„Erzähl doch keinen Scheiß!“, ruft da eine Frau dazwischen, die tatsächlich nach einer Prostituierten aussieht. In sicherer Entfernung zu dem Mädchen beugt sie sich in ihrem weit ausgeschnittenen Kleid vor, sodass alle Umstehenden ihr volles Dekolleté bewundern können, stemmt die Fäuste in die Hüften und erklärt: „Ich hab gesehen, wie du, als die in den Nachrichten von dieser Androidin geredet haben, deine Mütze tiefer ins Gesicht gezogen hast. Du sahst aus, als würdest du dich am liebsten unsichtbar machen. Findest du das nicht auch verdächtig?“

Jetzt haben sich wirklich alle Blicke auf Mink gerichtet und ich wäre jede Wette eingegangen, dass das nicht nur für menschliche Augen gilt. Auch sämtliche Ratten und Fliegen, die sich in den Ritzen und Fugen der Wände verstecken, müssen sie angestarrt haben, bis sich schließlich der Riese mit dem Fliegentattoo in Bewegung setzt.

„Komm schon, Mink. Gib doch zu, dass du wie das gesuchte Androiden-Mädchen bist, und wir bringen dich zumindest lebendig zu den Behörden.“

Ich bilde mir ein, einen Schatten des Zweifels über ihr Gesicht huschen zu sehen, aber dann stürzt der Kerl sich schon auf sie und alles geht unglaublich schnell.

Nerz (2)

Als der Mann auf mich zugerannt kommt, habe ich meine linke Hand längst erhoben und auch mehr als ausreichend Zeit, sein Herz anzupeilen, um den Stromstoß genau zu platzieren – Menschen sind ja so unglaublich langsam – aber da sehe ich im Augenwinkel, wie ein anderer Mann in einem dunkelroten Ledermantel Anstalten macht, dazwischen zu hechten und ich senke meine Hand schnell, um nicht den falschen außer Gefecht zu setzen.

Der Mann wirft sich zwischen mich und den Riesen und in nur einem Sekundenbruchteil liegt letzterer wieder am Boden zu meinen Füßen.

„Redet keinen Unsinn. Seht ihr vielleicht irgendeine Ähnlichkeit zwischen diesem Mädchen und dem auf dem Fahndungsfoto?“, fragt mein Retter in die Runde. „Der Kerl ist sturzbetrunken. Nur deshalb lässt er sich so leicht auf die Bretter legen.“

Sein Stunt scheint ihn weder außer Atem gebracht, noch ihm allzu viel Kraft abverlangt zu haben, obwohl der Riese fast doppelt so groß und mindestens drei mal so schwer ist, wie er selbst. Trotzdem hat er ihn mit einer geschickten Bewegung zu Boden geworfen.

Offensichtlich beherrscht er einige Techniken, für die man weniger Kraft als Geschick braucht, um einen Gegner außer Gefecht zu setzen, wie die, von denen ich mal in einem Buch über Kampfsportarten gelesen habe.

Er hat mir den Rücken zugewandt, deshalb sehe ich nur seinen Hinterkopf, dessen dunkelbrauner Schopf von einer schwarzen, etwas abgenutzt wirkenden Mütze verdeckt ist, aber seine Stimme ist angenehm und ich habe das unwirkliche Gefühl, sie schon einmal gehört zu haben.

„Androiden sehen doch ganz anders aus. Macht die Augen auf, das hier ist ein ganz normales Mädchen, das sieht man doch sofort.“

Sein Ton klingt nicht unbedingt leidenschaftlich, und ich kann kleine Unregelmäßigkeiten darin feststellen. Scheinbar hat er keine Ahnung, ob das, was er gerade gesagt hat, der Wahrheit entspricht. Aber das ändert nichts daran, dass er mich gerade verteidigt hat.

„Ach ja? Und wie kommt es, dass ich sie hier noch nie gesehen habe?“, fragt die Frau, die mich zuvor angeschrien hat. Ihr Teint ist irgendwie grau und ihr Blick ist verschleiert.

Ihre Gesundheit scheint nicht die beste zu sein, aber ich bezweifle, dass sie das Geld für einen Arztbesuch aufbringen kann.

„Das ist doch wirklich verdächtig, oder? Kaum fängt die Regierung an, Androiden zu jagen, taucht hier ein unbekanntes Mädchen mit unmöglichen Kräften auf?“

Mein Helfer, der sich schützend vor mir aufgebaut hat, zögert kurz. „Was weiß ich. Vielleicht ist sie ein Flüchtling aus einer anderen bewohnbaren Zone irgendwo weit weg von hier und vielleicht hat sie seit ihrer Kindheit viel Sport getrieben. Aber jedenfalls...“

Die Tür schnellt auf und ich mache einen Satz zur Seite, um nicht von ihr getroffen zu werden. Dabei rempele ich meinen Retter an, der kurz ins Schwanken gerät, sich aber schnell wieder fängt.

Männer in silbern glänzenden Anzügen stehen im Eingang. Ihre Gesichter sind hinter Helmen verborgen, aber natürlich weiß jeder, wer sich dahinter verbirgt.

Ich spüre, wie mein biologischer Teil in Panik gerät und alles in mir schreit, dass ich weglaufen soll, aber äußerlich bleibe ich ganz ruhig und lasse nicht zu, dass mein Gesicht mich verrät.

Die Soldaten sind gekommen.

„Wir sind Teil des Sondereinsatzkommandos der Abteilung für Bereinigung von humanoiden Maschinen. Bei uns ist ein Hilferuf von diesem Lokal eingegangen“, erklärt der zuvorderst stehende Soldat. Er hat eine tiefe Stimme, die durch seinen Helm blechern verzerrt klingt.

Mein Retter stolpert ein paar Schritte zurück, als er die Männer in Silber erblickt, und sieht sich nach dem Tresen um.

„Moth...!“

„Tut mir leid, Varg. Ich habe keine Ahnung, in was für einer Verbindung du mit diesem Mädchen stehst, aber ich kann keinen Ärger gebrauchen. Wenn sich herausstellt, dass sie wirklich so dringend gesucht wird, könnte es Schwierigkeiten geben“, erklärt der Wirt entschuldigend und ich sehe wie die Schultern des Mannes neben mir sich anspannen.

Varg, also.

Noch immer habe ich keinen Blick auf sein Gesicht erhaschen können, aber das ist jetzt auch nebensächlich. Ich will mich den Soldaten zu erkennen geben, denn Doktor Azar hat mir erklärt, dass ich den Befehlen von Menschen unter allen Umständen gehorchen soll. Und wenn die Regierung nach mir sucht, sehe ich das als indirekten Befehl, mich ihnen zu ergeben. Wenigstens weiß ich jetzt auch, warum die Soldaten gekommen sind und versucht haben, ins Labor einzudringen. Ich will mich dem Befehlshaber gerade vorstellen, aber da dreht Varg sich nach mir um und blickt mir ins Gesicht – und die Welt fängt an, sich zu drehen.

Ich kenne dieses Gesicht, schießt es mir durch den Kopf und ich spüre, wie eine heiße Welle meinen Körper überschwemmt. Ich kann mich nicht an die genauen Umstände unseres Treffens erinnern, aber ich sehe ihn vor mir, wie in einem vergangenen Traum. Und plötzlich kommt mir auch sein Name seltsam vertraut vor. Varg. Wo habe ich das schon mal gehört...?

Manche Menschen glauben an Liebe auf den ersten Blick. Ich denke nicht, dass es so etwas gibt.

Trotzdem ist mein erster Gedanke, als sich unsere Blicke jetzt treffen, dass ich noch nie zuvor etwas so schönes gesehen habe und mich durchströmt eine tiefe Zuneigung zu dem Besitzer dieses Gesichts.

Seit meiner Flucht aus dem brennenden Labor habe ich ungewohnt viele Gesichter gesehen und mich über ihre Unterschiedlichkeit und die versteckten, schönen Detail gefreut. Aber keines hat mich so verzaubert, wie es dieses gerade tut. Ein Gefühl, das ich nicht zuordnen kann, macht sich in mir breit und gleichzeitig höre ich Alarmglocken klingeln.

Das ist jetzt völlig unangebracht! Reiß dich zusammen und konzentriere dich auf die Situation!

Aber alles, was ich tun kann, ist ihn weiter anzustarren.

Flackernd legt sich die Erinnerung eines jüngeren Gesichts über das vor mir, aber das Bild verschwindet so schnell, wie es gekommen ist.

Woher kenne ich ihn?

„Wo ist die Androidin?“, höre ich den Soldaten irgendwo im Hintergrund ungeduldig fragen, während ich eine Reise durch Vargs Gesicht antrete. Nach einander bewundere ich seine in alle Richtungen abstehenden Haare, seine buschigen, ungleichmäßig wachsenden Augenbrauen, seine zarte Nase, die schön geschwungenen, weichen Lippen, sein schmales Kinn mit dem winzigen Bärtchen und den Bartstoppeln, die sich bis zu den Koteletten an seinen Schläfen hochziehen, seine kleinen, aber schön geformten Ohren – nur um wieder bei seinen klaren, graublauen Augen hängen zu bleiben, die meinen Blick starr erwidern.

Es ist schon eine Weile her, dass er das letzte Mal geblinzelt hat und meine Datenbank sagt mir, dass das für Menschen eher ungewöhnlich ist. Diese Information ignorierend betrachte ich fasziniert die dunklen Schatten unter seinen Augen, die die Farbe seiner Iris noch unterstreichen und das kühle Blau hervorheben.

„Sie steht genau vor Ihnen“, sagt da eine andere Stimme und versetzt mir einen Stoß in den Rücken, der mich vorwärts stolpern lässt, sodass ich plötzlich genau vor der Nase des befehlshabenden Soldaten stehe.

Auch wenn ich seine Augen durch das dunkle Visier seines Helmes nicht sehen kann, spüre ich, wie er mich prüfend mustert.

Was auch immer Schuld daran ist, mein Vorsatz, mich zu stellen, ist vergessen.

Plötzlich bin ich mir ganz sicher, dass ich mich nicht stellen, nicht sterben will.

Doktor Azars Anweisungen zum Trotz wünsche ich mich jetzt weit weg von allen Soldaten, die diese Stadt zu bieten hat.

„Passt zu keinem unserer Fahndungsfotos“, gibt der Soldat schließlich knapp zur Antwort.

„Sie wissen, was es kostet, eine Sondereinheit umsonst herzubestellen?“

„A-aber“, stottert der Wirt noch, doch ich nutze die Gelegenheit und stürze mich an den Soldaten vorbei ins Freie. Kaum bin ich über die Schwelle, nehme ich etwas Anlauf und springe auf das nächste höhere Gebäude, um über die Dächer zu fliehen.

Wolf (3)

<strong>Wolf</strong>
 

Ich lasse mich erschöpft auf mein Bett fallen, das unter meinem Gewicht besorgniserregend ächzt.

Nachdem dieses Mädchen aus der Kneipe geflohen ist, hat es einen riesigen Aufruhr gegeben und ich habe mich im Schutz des Chaos verdrückt. Um Moth, der mit dem Durcheinander zurückgeblieben ist, tut es mir ein wenig leid, aber wenn er nicht das Militär verständigt hätte, wäre es nie dazu gekommen.

Ich schließe müde die Augen, froh darüber, dem ganzen Wirrwarr entkommen zu sein, ohne festgenommen zu werden. Zwar trage ich aus reiner Vorsicht keine Waffen bei mir, denn diese zu besitzen ist nur den Soldaten der Militärpolizei erlaubt, aber ich bin als Kopfgeldjäger so trainiert, dass ich möglicherweise aus Reflex einen Soldaten auf die Bretter gelegt hätte, wäre es ihm eingefallen, mich nur so zur Sicherheit filzen zu wollen.

Und das hätte nach Widerstand gegen die Staatsmacht geschrien.

Auf dem Rücken liegend versuche ich einzuschlafen – immer noch voll bekleidet, denn es zieht und ich habe keinen Ofen – aber diese Sache in der Kneipe lässt mir keine Ruhe.

<cite>Wer ist diese Mink und wieso ist sie vor den Soldaten davon gelaufen?

Wenn sie keine Androidin ist, hätte sie doch keinen Grund gehabt, vor ihnen zu fliehen.

Oder wird sie etwa aus einem anderen Grund gesucht?</cite>

Ich versuche mich daran zu erinnern, ob ich ihr Gesicht vielleicht schon mal auf einem Steckbrief gesehen habe. Verärgert über mich selbst runzele ich die Stirn.

Warum habe ich auch unbedingt eingreifen müssen?

Wenn sie tatsächlich eine gesuchte Verbrecherin ist, habe ich demnächst doch noch Soldaten-Besuch, weil man mich möglicherweise für ihren Komplizen hält.

Ich setze mich auf und sehe mich in meiner schäbigen Einzimmerwohnung um.

Die Wände der Baracke sind aus billigem, groben Holzplatten, in denen teilweise breite Spalten klaffen, durch die ich nach draußen spähen kann. Ich habe die Fensterläden geschlossen, hinter denen der Blick auf die dunklen Straßen der Stadt liegt. Ein öder Anblick, der mich auch im Tageslicht nicht gerade reizt.

Meine spärliche Möblierung besteht vor allem aus alten Möbeln, die ich auf der Straße gefunden habe und die Wasserhähne in der Badewanne und den Waschbecken im Bad und in der Küche sind rostig. Wenigstens habe ich eine Toilette mit funktionierender Spülung, aber ich will gar nicht daran denken, was möglicherweise alles das Rohr heraufkriechen würde, wenn ich den Deckel der Klobrille nicht immer geschlossen hielte.

<cite>Jedenfalls sieht meine Einrichtung nicht gerade danach aus, als hätte ich erst kürzlich ne Bank geplündert</cite>, stelle ich fest und fahre mir dann mit beiden Hände durch meine Haare, wie ich es manchmal mache, um meine Gedanken wach zu kitzeln, ungeachtet dessen, dass ich danach meistens aussehe, als hätte mir jemand einen Elektroschock verpasst.

<cite>Wenn ich ohnehin nicht schlafen kann, kann ich auch versuchen, was zu schreiben...</cite>

Also setze ich mich an meinen Schreibtisch, der mir auch als Esstisch dient, und eigentlich nur eine Sperrholzplatte ist, die ich auf vier in etwa gleich lange Holzbalken genagelt habe, und greife nach Block und Stift, um beides im Schein meiner einzigen Öllampe missmutig anzustarren.

Wenn Strom nicht viel zu teuer wäre und es Normalos wie mir erlaubt wäre, einen Computer zu besitzen, könnte ich jetzt gemütlich tippen und alle Fehler, die ich mache, mit einem Knopfdruck rückgängig machen. Aber Papier ist viel strenger. Es lässt sich nicht unbegrenzt ausradieren und neu beschreiben. Es wird feucht und wellig oder es reißt und es neigt dazu sich zu verfärben und zu verknicken.

Ich beiße die Zähne zusammen, um nicht frustriert auf dem Ende des Bleistiftes in meiner Hand herumzukauen, der auch schon wieder sehr geschrumpft ist.

Nicht einmal neues Papier und Stifte kann ich mir mit den wenigen Reserven, die mir noch bleiben, leisten. Meine einzige Hoffnung ist jetzt die Wette mit Hunter.

Wieder schließe ich die Augen und stelle mir vor, mir von dem Geld eine Schreibmaschine zu kaufen und gutes Papier. Dann hätte mein Geschreibsel wenigstens äußerlich den Anschein, dass es die Veröffentlichung als gebundenes Buch wert ist. Aber wem mache ich etwas vor?

Als Bewohner der so genannten Unterstadt, die vor allem von Alkoholikern, Prostituierten und Analphabeten bevölkert ist, die schon kaum Geld für Essen und Unterkunft übrig haben, ist ein Traum wie meiner mehr als utopisch.

Diesen Einwand ignorierend, schüttele ich den Kopf und versuche mich darauf zu konzentrieren, etwas zu finden, über das ich schreiben möchte, aber mein Verstand scheint sich verabschiedet zu haben.

Also beginne ich, einfach alles aufzuschreiben, was mir fehlt und was ich mir wünsche:
 

<cite>Wäre ich kein armer Schlucker, der sich dem Kopfgeldjägerdasein verschrieben hat, weil ich keine Chance habe, meinen Traum vom Schriftstellerdasein zu verwirklichen, würde ich in einem schöneren Haus wohnen. Einem Haus, das vier massive Wände hat, durch die es nicht zieht und durch die man nicht hineinsehen kann. Ich würde eine Schreibmaschine besitzen und wenn ich es erst einmal zum meistgelesenen Schriftsteller der Stadt geschafft hätte,vielleicht sogar einen Computer genehmigt bekommen. Ich würde jeden Tag schreiben, bis mir nichts mehr einfällt und dann würde ich jedes Buch lesen, das in meiner Reichweite ist. </cite>
 

Ich halte eine Weile inne, schwelge in der Vorstellung und frage mich, woran es mir sonst noch fehlt. Als mein Magen laut knurrt, verziehe ich das Gesicht und schreibe weiter.
 

<cite>Ich hätte einen funktionierenden Kühlschrank, der niemals leer wird, und könnte auch endlich meine Zeche bei Moth bezahlen. Bestimmt hätte ich auch eine Menge Freunde, weil ich genug Geld hätte, um mehrere Runden im Fuchsbau auszugeben. Und ich wäre nicht mehr darauf angewiesen, Leute zu jagen und sie der Regierung zu übergeben.</cite>
 

An dieser Stelle halte ich kurz inne. Normalerweise kommt mir mein Job nicht sonderlich schlimm oder unangenehm vor. Ich bin höchstens unzufrieden, weil es nicht mein Wunschberuf ist und es mein wahres Ziel ist, Bücher zu schreiben. Darüber nachzudenken, was mit den Menschen passiert, nachdem ich sie überführt und die Belohnung kassiert habe, ist mir bisher nie in den Sinn gekommen, allerdings bin ich früher auch regelmäßiger beschäftigt gewesen.

In letzter Zeit haben mich mein Glück und mein Spürsinn im Stich gelassen und ich habe kaum Geld, nicht genug zu essen und zu viel Zeit, um ins Grübeln zu kommen.

Und all das nimmt mir die Motivation und den Antrieb, mit dem ich es geschafft habe, mich von einem armen Straßenjungen zu einem armen Kopfgeldjäger hochzuarbeiten, der wenigstens ab und zu etwas gutes zu essen bekommt und ein Dach über dem Kopf hat.

Ich lehne mich auf meinem klapprigen Stuhl zurück und stelle mir das Gesicht auf dem Fahndungsfoto vor, das sie in den Nachrichten gezeigt haben. Ein so schönes Gesicht habe ich vorher noch nicht oft gesehen. Sicher gibt es in der Stadt viele schöne Mädchen, aber die meisten von ihnen werden wohl nicht einfach so auf die Straße gelassen – verständlich, wenn man daran denkt, dass hier draußen Kerle wie der mit dem Fliegentattoo herumlaufen.

Mink tat mir leid. Das ist der Grund dafür, dass ich ihr geholfen habe. Sie hat so verloren vor dem Hintergrund der Kneipe gewirkt und der Riese war echt widerlich.

Von dem hätte ich mich auch nicht anfassen lassen, wäre ich an ihrer Stelle gewesen.

Ich lege den Stift hin, verschränke die Hände hinter meinem Kopf und starre an die Decke.

<cite>Wer ist diese Mink? Warum ist sie so stark?</cite>

Das Bild ihres Gesichts verdrängt das der gesuchten Androidin.

Irgendwas hat in ihrem Blick aufgeflackert, als wir uns gegenüber gestanden haben, aber was es war, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich hatte das Gefühl, dass sich ihr Blick in meinen bohrt. Ihr Gesicht war aus der Nähe betrachtet recht hübsch, nur leider ausdruckslos.

Die Müdigkeit senkt sich wie ein eiserner Vorhang über mein Gehirn und ich verwerfe jeden Gedanken an Mink oder ans Schreiben. Zeit für die Heia.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück