Regen in der Wüste von konohayuki (Wichtel-OS "Frühlingsboten") ================================================================================ Kapitel 1: Regen in der Wüste ----------------------------- Lautes Kreischen und ein Windstoß empfingen Kankuro, als er den Trainingsplatz für die Genin betrat. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, es war doch immer das Gleiche: Wurden die Kinder warm mit ihnen, dann wurden sie übermütig und … „Das war gemein!“, schallte da eine beleidigt klingende Stimme über den Platz. Kankuro musste sich ein weiteres Grinsen verkneifen, als er sah, wie der Junge sich dank der Hilfe seiner Teamgefährten wieder aufrappelte. Offensichtlich hatte er versucht, einen Angriff auf eine Verteidigungslücke zu führen, die nicht da war. Und wenn er das Gesicht seiner Schwester richtig deutete, hatte diese genau darauf spekuliert. „Du solltest dich nie darauf verlassen, dass du einen Gegner komplett durchschaut hast, Yuito“, erwiderte Temari in diesem Moment ungerührt. „Und auch, wenn es durchaus lohnend sein kann, eine entdeckte Schwachstelle auszunutzen, deine eigene Deckung ist deutlich wichtiger.“ Immer noch belustigt lehnte sich Kankuro gegen die Steinwand des Trainingsplatzes, die Kühle in seinem Rücken war eine angenehme Abwechslung zu der Hitze um sie herum. Auch wenn er wusste, wie wichtig diese Lektion war – sie konnte einem im Ernstfall immerhin das Leben retten – so war die Art und Weise, die seine Schwester nutzte, um ihre Schüler mit der Nase darauf zu stoßen, eine etwas andere. „Hätte ich böse Absichten dir gegenüber gehabt, wärest du jetzt tot“, sprach Temari in diesem Moment weiter. Dabei war deutlich, dass es nur eine Feststellung war, nicht mehr und nicht weniger. Kein Tadel, aber die Schwere der Verfehlung schien plötzlich greifbar. Das Schweigen, welches sich daraufhin über die kleine Gruppe legte, hatte etwas Bedrohliches. „Gut, dass sie deine Schüler sind und sich um deine Absichten keine Sorgen machen müssen“, schaltete sich Kankuro nun ins Gespräch ein. Die Mienen der Kinder, die seiner Schwester gegenüberstanden, hatten doch etwas zu verängstigt gewirkt. Selbst Yuito, der augenscheinlich der Vorwitzige in der Gruppe war, hatte verunsichert gewirkt. Und auch wenn Temari Wert auf Respekt legte, so war sie nicht die Art Person, die Respekt aufgrund von Angst erzeugen wollte. Temari zuckte mit den Schultern, auch wenn Kankuro aus ihrem Gesicht herauslesen konnte, dass sie sich dem Grund seiner Intervention durchaus bewusst war. Tatsächlich schienen die drei Genin sich wieder zu entspannen, nun, da sie Zeuge des Austausches zwischen den zwei Geschwistern wurden. „Was führt dich denn her?“, fragte sie. Kankuro bedachte sie dafür mit einem leicht übertriebenen Seufzer. „Ich werde jawohl noch meine Schwester zum Mittagessen einladen dürfen“, sagte er, wohlwissend, dass sie sich durchaus daran erinnerte, dass sie genau das am heutigen Morgen ausgemacht hatten. „Du willst deine armen Schützlinge doch hoffentlich nicht in der Mittagssonne schuften lassen“, setzte er noch einmal nach. Er konnte sehen, wie Temaris Schüler allein bei der Vorstellung schon Unwillen entwickelten. „Damit müssen sie auch klar kommen“, erwiderte Temari. „Aber das machen wir dann nächste Woche. Für heute ist das Training beendet.“ Mit einem Grinsen auf dem Gesicht, welches nach Yuitos irritiertem Ausruf „Nächste Woche?!“ noch einmal ein wenig breiter wurde, stolzierte Temari mit großen Schritten zu ihrem Bruder herüber. „Es ist immer so herzerwärmend, wenn sie denken, dass sie dich durchschaut haben“, sagte sie vergnügt, als sie sich bei Kankuro unterhakte. „Aber sie sind motiviert, das muss man ihnen lassen.“ Kankuro schüttelte den Kopf, das Grinsen auf seinem Gesicht nicht weniger breit als das seiner Schwester. „Und du wirfst mir immer vor, ich wäre mit meinen Schülern zu streng“, scherzte er, während sie sich auf den Weg zu ihrem Stammrestaurant machten. Temari schnaubte unwirsch und knuffte Kankuro freundschaftlich in die Seite, was er mit einem gespielt verletzten Schmollmund quittierte. „Ich habe gesehen, es ist wieder eine Nachricht angekommen“, lenkte Kankuro das Thema beiläufig auf ein anderes Thema. Das verträumte Lächeln, welches beinahe augenblicklich auf dem Gesicht seiner Schwester auftauchte, ließ keinen Zweifel daran, von wem besagte Nachricht gekommen war. Nur eine Person auf dieser Welt war in der Lage, ein solches Lächeln auf das Gesicht seiner Schwester zu zaubern. „Er hat mir Blumen geschickt.“ Diese Aussage überraschte Kankuro nun doch. Normalerweise war seine Schwester nicht unbedingt empfänglich für blumige Geschenke und er fragte sich auch, wie diese den Transport von Konohagakure nach Sunagakure überstanden hatten. Aber vielleicht kam es da auch auf den Schenkenden an. „Nur Blumen?“, fragte er trotzdem, wer wusste, ob da nicht noch mehr gewesen war. Doch Temari nickte. „Mehr brauchte es auch gar nicht“, sagte sie, ihr Lächeln für Kankuro nun nicht mehr deutbar. Hatte er irgendetwas verpasst? „Das müssen ja ganz besondere Blumen sein, wenn sie dich in so einen Zustand versetzen“, stellte er fest, als sie das Restaurant betraten. Der Besitzer, ein freundlicher älterer Herr namens Arata, nickte ihnen freundlich zu. „Das Übliche?“, fragte er und Kankuro und Temari nickten beinahe synchron als Antwort. Mit einem herzlichen Lachen nickte Arata-san. „Euer Stammplatz ist noch frei.“ Ihr Stammplatz, das war ein etwas abgeschirmt liegender Balkon. Schon als sie das Lokal für sich entdeckt hatten, war ihnen dieser Tisch aufgefallen. Er eignete sich gut, wenn man etwas besprechen wollte, was nicht für jedermanns Ohren bestimmt war, gleichzeitig fühlte man sich aber auch heimisch und war dadurch, dass sie sich in der Öffentlichkeit befanden, weniger auffällig. Außerdem bot er eine wunderbare Aussicht über das Dorf, und das Essen war gut. Nachdem sie sich gesetzt hatten, musste Kankuro aber nun doch noch einmal nachfragen. „Was ist denn nun so besonders an diesen Blumen?“, wollte er wissen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Temari ihm nicht wirklich zuhörte, sondern sich in dem Restaurant umsah. „Ich werde es vermissen“, sagte sie unvermittelt, nun wirkte sie beinahe wehmütig. Er legte eine Hand auf ihre. Sie würde Sunagakure bald verlassen, vielleicht war ihr das gerade wieder bewusster geworden. Und auch wenn er wusste, dass sie sich darauf freute, bald mit Shikamaru zusammenleben zu können … „Du hast die richtige Entscheidung getroffen“, sagte er sanft. „Daran zweifele ich auch gar nicht!“, herrschte sie ihn an, um ihn dann entschuldigend anzusehen. „Das war nicht so böse gemeint, wie es klang. Aber … auch wenn ich mein Leben mit ihm verbringen will, das hier ist meine Heimat.“ Kankuro fragte sich, wie die Stimmung in einem Gespräch so einfach kippen konnte. Eben hatten sie sich noch über ein paar Blumen unterhalten, und jetzt ging es plötzlich um Heimat? Gleichzeitig konnte er aber auch verstehen, dass es ein großer Schritt war, die Heimat hinter sich zu lassen. Es war schon ein komisches Gefühl für ihn, wie war das nur für seine Schwester? Er war ja schließlich nicht derjenige, der alles hinter sich ließ und in einem anderen Dorf – in einem anderen Land – neu anfing. „Wenn jemand in der Lage ist, eine solche Umstellung zu meistern, dann du“, sagte er. Und er meinte jedes Wort. Seine Schwester war stark, sie würde noch mit jedem Problem fertig werden. So, wie sie es immer gemacht hatte. Bevor Temari etwas erwidern konnte, brachte Arata-san ihnen ihr Essen und ihre Getränke. Für eine Weile schwiegen sie, und auch wenn sie über das angeschnittene Thema sicher Stunden hätten reden können, so war die Stille doch nicht unangenehm. Als Temari erneut das Wort ergriff, war deutlich, dass das Thema für sie nun nicht mehr diskussionswürdig war: „Du wolltest wissen, was so besonders an den Blumen war, richtig?“ Kankuro nickte. Auch wenn er persönlich gerne noch weiter darüber geredet hätte, wie es seiner Schwester ging, so würde er doch ihren Wunsch respektieren und das Thema nicht weiter vertiefen. „Sagen wir es so … es ist nicht gerade ein typischer Strauß.“ „Oh, also keine Rosen?“, grinste Kankuro sie an. Er wusste, seine Schwester war nicht gerade ein großer Fan von übermäßig kitschigen Dingen. Und Rosensträuße gehörten definitiv zu dem, was sie als kitschig empfand. Shikamaru hatte das seinerzeit auch erst schmerzhaft lernen müssen, wenn er sich richtig erinnerte. „Keine Rosen“, bestätigte Temari. „Ich bin mir aber sicher, dass er Hilfe hatte. Yamanaka-san hat ein Händchen für so etwas, das muss man ihr lassen.“ Die Bewunderung in der Stimme seiner Schwester machte Kankuro immer neugieriger. „Was für Blumen waren das denn nun?“, fragte er. Temari aß das letzte bisschen ihrer Miso-Suppe auf, bevor sie ihm antwortete. „Pfirsichblüte, Gerbera, Salbei.“ Kankuro runzelte die Stirn. Natürlich war ihm bewusst, dass es da scheinbar irgendeine tiefergehende Bedeutung hinter gab, aber er hatte sich bis jetzt nicht wirklich damit beschäftigt, diese zu deuten. „Und was bedeutet das?“, fragte er, und seine Verwirrung war ihm scheinbar so stark anzusehen, dass Temari sich ein Lachen verkneifen musste. „Vielleicht lässt du dir das mal bei Gelegenheit erklären. Die Sprache der Blumen ist etwas, womit sich auch ein Mann einmal auseinandersetzen sollte.“ Sie grinste nun doch, vor allem, als Kankuro eine nicht ernst gemeinte beleidigte Miene aufsetzte. „Hab dich nicht so. Ich erkläre es dir später. Jetzt gibt es ein viel dringenderes Problem: Ich möchte ihm eine Antwort schicken. Meinst du, ich kann irgendwo hier im Dorf Dotterblumen auftreiben?“ Der Tag der Abreise war gekommen, und mit ihm war das dumpfe Gefühl in Kankuros Magengegend um einiges unangenehmer geworden. Schon der Anblick der sich in ihrem Haus stapelnden Umzugskartons, welche Gaara und er ihr mitbringen würden, wenn sie zu ihrer Hochzeit nach Konohagakure reisen würden, hatte sich so … komisch angefühlt. Es würde anders sein ohne Temari. Er würde ihre gemeinsamen Trainingseinheiten vermissen. Ihren Rat, wenn es um die Zusammenstellung eines Trainingsparcours für seine Schützlinge ging. Zwar konnte er diesen immer noch einholen, aber es war etwas anderes, nur ein paar Häuser weit laufen zu müssen, oder aber einen Vogel nach Konohagakure schicken zu müssen … Sie standen am Eingang von Sunagakure, nur er, Gaara, und Temari. Auch, wenn ihnen bewusst gewesen war, dass dieser Tag kommen würde, nun war es Realität. Und sie alle schienen das Unausweichliche noch ein wenig hinauszögern zu wollen. „Nun …“, begann Gaara, doch bevor er seinen Satz beenden konnte, ergriff Temari mit einem breiten Lächeln im Gesicht das Wort. „Ihr schaut alle beide, als ob ihr auf etwas Saures gebissen hättet. Ich bin doch nicht aus der Welt.“ Beinahe hätte Kankuro die Augen verdreht, ihnen war doch beiden klar, dass auch Temari diese Trennung nicht einfach fiel. Aber er verkniff sich eine solch unpassende Reaktion. Wenn er es recht bedachte, war dies Temaris Art, damit fertig zu werden. Selbstverständlich gab es einen Grund, warum sie ging, aber sie war die große Schwester. Und nun ließ sie ihre Familie zurück … „Ach, kommt her.“ Bevor Gaara oder er reagieren konnten, hatte Temari sie beide in die Arme geschlossen. Später würde Kankuro behaupten, dass er sich wegen der Überraschung nicht bewegt hatte, in Wahrheit war er jedoch mehr als froh darüber, dass Temari den Schritt gemacht hatte. Und er war sich sicher, dass es auch Gaara nicht anders ging. Die Umarmung war viel zu kurz, doch als Kankuro das Gesicht seiner Schwester sah, war er sich sicher, dass sie genau das gewesen war, was sie gebraucht hatte. „Ich sehe euch dann zu meiner Hochzeit“, sagte sie und lächelte ihnen noch einmal zu. „In sechs Monaten. Wehe, ihr vergesst es.“ „Als ob du uns den Termin vergessen lassen würdest“, gab Kankuro zurück, ein wenig von seiner Schlagfertigkeit war zu ihm zurückgekommen. Für den Kommentar erntete er ein verärgertes Schnauben von Gaara und ein Kopfschütteln von Temari. „Und als ob wir deinen großen Tag verpassen wollen würden.“ Für einen Moment hatte Kankuro das Gefühl, dass Temari noch etwas erwidern wollte. Doch dann blieb sie stumm, lächelte ihnen noch einmal zu, und machte sich auf den Weg. Es war ein befremdliches Gefühl, Temari nun endgültig das Dorf verlassen zu sehen. Kankuro brauchte gar nicht erst zu seinem Bruder herüberzuschauen um zu wissen, dass es Gaara genauso ging. Auch wenn ihre Beziehung untereinander lange von Kälte und Angst geprägt gewesen war, so waren sie doch eigentlich immer ein zusammengehörendes Ganzes gewesen. Und nun trennte sich dieses zusammengehörende Ganze. Sie beide wussten, es würde vieles anders werden, jetzt, da Temari nicht mehr bei ihnen war. Aber ihnen war genauso klar, dass Temaris Zukunft nicht hier in Sunagakure lag. Kankuro zweifelte keine Sekunde daran, dass seine Schwester in Konohagakure ihr Glück finden würde. Und trotzdem machte ihn der Anblick doch etwas wehmütig. Sechs Monate, bis sie sich wiedersehen würden. Sechs Monate waren eine lange Zeit. Als Temari Sunagakure verließ, kam der Regen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)