Psiana aus der Gegenwelt von True710 ================================================================================ Kapitel 36: Kämpfen, um zu siegen --------------------------------- Es war Samstag. Morgen würde das Finale stattfinden. Ich saß zusammen mit Hannah und Marek auf der Terrasse des Hotels. Marek? Marek war mein Halbfinalgegner. Außerdem war er auch der komische Kerl, der mich vor dem Achtelfinale ansprach, mich nicht antworten ließ und mit seinem Nachtara wieder verschwand. Es stellte sich heraus, dass dieser Marek gar nicht so komisch war. Dafür war er stark. Sehr stark. Dennoch konnte ich den Kampf gegen ihn gewinnen. Freitag. Tag der Halbfinals. Ich war auf dem Weg ins Hauptstadion. Endlich im großen Stadion kämpfen. Es war zwar noch nicht das Finale, doch in diesem Kolosseum zu kämpfen musste ein Erlebnis sein, dass man sein gesamtes Leben in Erinnerung behält. Da wir gerade vom Finale sprachen. Ich lief durch die Lobby, am großen Bildschirm vorbei, der die Kampfpaarungen anzeigte. Ich blieb stehen und rieb mir die Augen. Ich rieb sie mir nochmal, doch immer noch dieselbe Anzeige. Nelson aus Flori hatte soeben das erste Halbfinale gewonnen und stand im Finale. Der Nelson aus Flori? Der Nelson, den ich auf meiner Reise komplett geplättet hatte? Der, der keine Chance gegen mich hatte? Das Bild, das neben dem Namen stand, ließ keinen Zweifel zu. Er war es. Ich lief weiter und machte mir so meine Gedanken darüber. Das konnte nicht sein, dass dieser eingebildete, aber vor allem schwache Typ es ins Finale der Sinnoh-Meisterschaft geschafft hatte. Allerdings sollte ich mich lieber auf den bevorstehenden Kampf konzentrieren. Ich selbst stand ja noch gar nicht im Finale, zerbrach mir jedoch schon den Kopf darüber. Mein Kontrahent wurde aufgerufen und betrat unter der ausflippenden Zuschauermenge die Arena. Danach wurde ich vom Stadionsprecher angesagt und trat aus den Katakomben. Als Nicht-Sinnoh-Bewohner fiel der Jubel zwar etwas spärlicher aus, doch auch ich hatte mir schon eine gewisse Anzahl an Fans ‚erarbeitet‘. Wir standen beide in der Mitte des Feldes, während zuerst der Stadionsprecher und dann der Schiedsrichter noch etwas sagten. Nach den beiden kurzen Ansagen gaben wir uns fair die Hände. Als ich losgelassen hatte und auf meine anberaumte Position gehen wollte, ergriff Marek das Wort. „Ich bin froh, dass wir nun wirklich die Möglichkeit haben, gegeneinander zu kämpfen. Aber du musst wissen, ich kämpfe ausschließlich, um zu siegen.“ Zuerst war ich etwas überrascht von dieser Aussage. Doch dann musste ich schmunzeln. „Komisch … bei mir ist es nämlich nicht anders.“ Ohne eine Reaktion zu erwarten, drehte ich mich sofort um und begab mich auf meinem Platz. Psiana durfte sich nicht mehr außerhalb des Pokéballs befinden, weshalb ich das erste Mal allein in meinem Trainerbereich stand. Bei Mareks erstem Pokémon gingen bereits nach ein paar Minuten die Lichter aus. Sein Panzaeron hatte wenig gegen mein Frosdedje zu bestellen. Zuerst entwickelte sich ein kleiner Schlagabtausch, doch nach einer Aurasphären-Eisstrahl-Kombination war es um den stählernen Vogel geschehen. Dass der Kampf so weiterlaufen würde, glaubte ich jedoch nicht. Immerhin sind wir hier im Halbfinale der Sinnoh-Meisterschaft. Er rief als nächstes ein Voltenso, das meinem Frosdedje ordentlich zusetzte. Es war verdammt schnell und konnte vielen Attacken ausweichen. Doch wenn Frosdedjes Angriffe dann doch mal trafen, sah man dem Elektrowolf an, dass er nicht viel einstecken konnte. Er baute voll und ganz auf seine Geschwindigkeit. Somit schaffte es mein Eisgeist mit dem dritten Treffer, einem Spukball, das zweite Pokémon von Marek zu besiegen. Es schien alles nach Plan zu laufen. Ich dominierte meinen Gegner zwar nicht, doch Frosdedje hätte auch noch einen dritten Kampf verkraftet, ohne gleich nach einem Treffer K.O. zu gehen. Allerdings beschloss ich mein Pokémon zu wechseln. Während Marek ein unscheinbares Porygon-Z auf das Feld schickte, wählte ich mein Noctuh. Beide Pokémon standen sich in der Luft gegenüber. Noctuhs Flügelschläge sahen dabei wesentlich unästhetischer aus, als das anmutig in der Luft schwebende Porygon-Z, dessen Flügel- beziehungsweise Armbewegungen man kaum wahrnehmen konnte. Wenn man das Ganze am Fernseher vorfolgte, würde man bei dieser Kampfpaarung tendenziell eher umschalten, als an einen spannenden Kampf glauben. All jene, die die Fernbedienung nicht angerührt hatten, wurden jedenfalls belohnt. Denn beide Pokémon wuchsen in diesem Kampf über sich hinaus. Porygon-Z heilte sich zuverlässig mit seiner Genesung, während Noctuh es schaffte, seinen blau roten Kontrahenten einzuschläfern und sich ebenfalls mit der Traumfresser-Attacke heilen konnte. Das war auch dringend nötig, nachdem sich die Beiden mit Blitzkanonen, Tripletten, Himmelsfegern, Stahlflügeln und weiteren Attacken bombardiert hatten. Nachdem Porygon-Z wieder aufwachte, war es letztlich eine Blitzkanone zu viel für Noctuh, das kampfunfähig auf den Boden prallte und regungslos liegen blieb. Es lief eben doch nicht alles nach Plan, jedoch konnte ich das auch nicht in einem Meisterschafts-Halbfinale erwarten. Auch wenn diese Genesung von Porygon-Z ziemlich lästig war, so war ich der festen Überzeugung, Kabutops würde damit fertig werden. Ich sollte eines Besseren belehrt werden. Abgesehen von dieser Genesung, konnte diese kleine schwebende Kolibri-Ente extrem gut austeilen und war enorm flink. Es entwickelte sich ein ähnlicher Schlagabtausch wie zwischen Porygon-Z und Noctuh, doch mein Kabutops hatte leider keine Möglichkeit, sich zu heilen. Ich versuchte alles, doch dieses digitale Etwas weigerte sich aufzugeben. Gerade als ich dachte, ich würde mit einer Kraftkoloss-Attacke diesen Kampf beenden, schaffte es sich Porygon-Z kurz vor Kabutops Einschlag zu regenerieren, nur um danach mein prähistorisches Pokémon mit einem Donnerblitz zu besiegen. Ich war etwas ratlos. Nachdem ich mein Pokémon zurückgerufen hatte, suchte mein Blick das Publikum nach Hannah ab. Sie sagte, sie würde in der ersten Reihe sitzen, in der Mitte des Kampffeldes auf der linken Seite. Ich suchte und suchte, doch ich fand sie nicht. Der Schiedsrichter ermahnte mich, ich solle nun zügig mein nächstes Pokémon wählen. Hatte ich das Publikum wirklich so lange nach Hannah abgesucht? Egal. Ich entschied mich erneut für Frosdedje. Womöglich konnte es seine verbleibende Kraft etwas positiver einsetzen, da es bereits zwei Pokémon besiegt hatte. Würde mir ein solches Psychospielchen einen weiteren Seig bescheren? Konnte mein Pokémon mit seinem mental positiven Status etwas bewirken? Wie sollte die Antwort auch anders ausfallen? Ein klassisches Jain. Als beide Pokémon mit ihren Kräften am Ende schienen wurde einerseits eine Blitzkanone von Porygon-Z abgefeuert, andererseits fror Frosdedje mit einer Eiszeit-Attacke das gesamte Kampffeld inklusive unseren Gegner ein. Die Folge war ein Doppel-K.O., da die Blitzkanone traf und die Eiszeit Porygon-Z keine Zeit für eine Regeneration ließen. „Und dann kam der für mich entscheidende Knackpunkt des Kampfes.“ „Was meinst du mit ‚entscheidend‘, Marek?“ „Dein Tornupto ist einfach extrem stark. So ein austrainiertes Pokémon habe ich noch nicht gesehen. Es hat Galagladi, einem Kampftyp, dominiert. Und zwar nicht nur durch spezielle Attacken, wie die meisten Feuer-Attacken, sondern die Beinarbeit, wie es Hiebe und Schläge meines Kampf-Pokémon abgewehrt hat, eben diese kämpferischen Eigenschaften. Das ist unglaublich. Ich habe noch nie einen stärkeren Donnerschlag gesehen, und das von einem Feuer-Pokémon. Nach dieser Niederlage hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass ich diesen Kampf verlieren könnte.“ Wir saßen immer noch zusammen mit Marek auf der Terrasse des Hotels, während wir uns über unsern Kampf unterhielten. Ich nahm einen Schluck von meinem Getränk und dachte dabei über die Worte meines gestrigen Halbfinalgegners nach. Marek könnte Recht haben. Tornupto hatte so etwas wie eine Vorentscheidung hervorgerufen, wenn auch nur mental. Der Kopf entschied so manche enge Kämpfe. Galagladi wurde mit einem mächtigen Donnerschlag ausgeschaltet. Es hatte den gesamten Kampf über nur wenig gegen mein Tornupto ausrichten können. Dennoch wechselte ich mein Pokémon aus, da es erhebliche Nachteile gegenüber Mareks nächsten Pokémon hätte. Er schickte ein Nidoking in den Kampf. Auch Despotar hatte einen Typennachteil gegenüber Nidoking, doch ich hatte das Gefühl, es könnte womöglich etwas besser damit fertig werden, besonders da es noch frisch war und noch keinen Kampf bestritten hatte. Ohne jegliche Attacke befohlen zu haben, stürmten beide Pokémon aufeinander zu und maßen ihre Kräfte zuerst in einem Ringkampf. Abtasten auf Pokémonart eben. Nach einer Minute zähem Gerangel, schaffte es mein ein Kopf größeres Despotar Nidoking auf die Seite zu werfen. Mein Signal für den Startschuss. Ich befahl einen Drachenpuls, den Nidoking abbekam, als es sich wieder aufrichten wollte. Doch es konterte sofort mit einem Eisstrahl, der Despotar überraschte und ins Schwarze traf. Ich wusste, dass Nidoking sehr lernfähig waren und viele Attacken meistern konnten. Das machte es enorm schwierig dieses Pokémon richtig einzuschätzen. Aber wenn man sich Pokémon-Meister nennen möchte, dann musste man eben auch gegen solche Gegner bestehen. Und so entwickelte sich der wohl spektakulärste Kampf des gesamten Matches. Es war einfach alles dabei. Außergewöhnliche Nahkämpfe, in denen sich niemand etwas schenkte. Imposante Attacken aus der Ferne, bei denen keine Rücksicht auf Verluste genommen wurde. Explosionen aufeinanderprallender Attacken, Krater, Staub und Dreck, der durch die Luft flog und ein Ende, dass es im heutigen Match zwar schon einmal gab, das so aber niemand erwartet hätte. Despotar hatte sich mittlerweile einen Vorteil erkämpft. Nidoking stand keuchend in seiner Hälfte des Kampffeldes. Despotar musste zwar auch schon viel einstecken, doch bisher erwies es sich als der Kämpfer mit mehr Durchhaltevermögen. Ich wollte es beenden. Während Nidoking einen Steigerungshieb befohlen bekam, erwiderte ich mit Drachenpuls. Das geschwächte Nidoking sollte nicht mehr ausweichen können und besiegt werden. Allerdings unterschätzte ich seinen unbändigen Siegeswillen. Es konnte tatsächlich ausweichen und brachte den Steigerungshieb im Ziel unter. Die Vierfachschwäche war nicht zu unterschätzen, Despotar hatte an diesen Treffer zu knabbern. Ebenso musste ich den nun gesteigerten Angriff von Nidoking beachten. Also, alles oder nichts. Ich befahl einen Hyperstrahl. Er musste sitzen, sonst musste sich Despotar eine kurze Zeit erholen und würde wehrlos jeglichen Angriffen ausgesetzt sein. Hatte ich schon den unbändigen Siegeswillen von Nidoking erwähnt? Es schaffte es tatsächlich auch dieser Attacke auszuweichen. Nun hatte ich ein Problem. Doch Marek wollte meinen Nachteil anscheinend nicht ausnutzen und hatte vollstes Vertrauen in sein Pokémon. Er nutzte meine Zwangsunfähigkeit anzugreifen aus, um mit einem Power-Punch alles auf eine Karte zu setzen. Nidoking versank in eine Art Meditation. Ich hoffte, Despotar konnte wieder angreifen, bevor ich einen Treffer zu befürchten hatte. Denn ein Power-Punch konnte mich in ziemliche Bedrängnis bringen, wenn mein Pokémon diesen Treffer überhaupt noch etwas entgegenzusetzen hatte. Nidoking öffnete schlagartig die Augen und begann auf Despotar zu zustürmen, während sich seine Faust in eine Energiekugel hüllte. Panisch rief ich Despotar zu, es solle einen Feuerschlag einsetzen, sobald es wieder angreifen konnte. Doch jeden Schritt, den Nidoking meinem grünen großen Freund näher kam, ließ meine Hoffnung mehr und mehr schwinden. Nidoking holte aus, und … Despotar regte sich, hüllte seine Faust in Feuer und schlug zu. Jedoch kassierte es ebenso den Power-Punch. Es reichte leider nur zum Ansatz eines Ausweichmanövers. Der Feuerschlag traf dennoch, und somit mussten beide Pokémon ihren letzten Treffer einstecken. Ein erneuter Doppel-K.O. ließ Marek nur noch ein Pokémon übrig, während ich noch Tornupto und Psiana zur Auswahl hatte. Er hatte nur noch sein Nachtara, das ich bereits gesehen hatte, als ich mit Psiana früh morgens vor dem Frühstück unterwegs war. Natürlich wollte ich Psiana, trotz des Typennachteils, diesen Kampf gönnen. Ich sollte meine Entscheidung nicht bereuen. Obwohl Mareks Nachtara stark war, hatte man nie das Gefühl, es könnte Psiana besiegen. Eine Ampelleuchte gab der schwarzen Katze letztendlich den Knockout, wodurch ich als Sieger feststand und ins Finale vorrücken durfte. „Nathaniel, wieso hast du ausgerechnet Psiana in den Kampf gegen Nachtara geschickt, obwohl es einen Nachteil ihm gegenüber hat?“ „Dazu kennst du mein Psiana leider zu schlecht. Ich kann ihm jederzeit vertrauen. Es ist mein stärkstes Pokémon. Ich weiß, es kann jedes Pokémon schlagen“, gab ich wohlwissend zurück. „Genau diese Antwort wollte ich hören.“ Er lächelte mir zu und signalisierte mir somit die Ernsthaftigkeit seiner Aussage. Auch wenn ich diese nicht wirklich einordnen konnte. Ich wusste nicht, wieso er genau diese Antwort von mir hören wollte und was es damit auf sich hatte. „Weißt du, ich hab dich nur wegen Nachtara angesprochen, als du vor ein paar Tagen mit Psiana hier herumspaziert bist. Ich habe ebenfalls eine sehr enge Bindung zu meinem Nachtara. Es hat mir irgendwie signalisiert, dass das bei dir und Psiana ebenso ist, wenn nicht sogar noch stärker. Ich wünschte ich könnte mich mit meinem Nachtara telepathisch unterhalten, doch das kann ich leider nicht. Aber ich wusste, es wollte, dass ich dich anspreche. Wahrscheinlich wusste ich auch deshalb nicht wirklich was ich sagen sollte. Doch ich spüre, wie Nachtara zu deinem Psiana aufsieht. Weshalb weiß ich leider nicht.“ Komisch, dass er zufälligerweise von telepathischen Unterhaltungen sprach, genau das, was Psiana und ich die ganze Zeit taten. Diesmal war ich es, der nur etwas verlegen lächelte und das Ganze unkommentiert ließ. Jedoch schien es zu stimmen, was er sagte. Denn mein Blick fiel nun auf Nachtara, das aufrecht und gehorsam neben Marek saß, ihn jedoch kein einziges Mal ansah. Stattdessen fixierte es seinen Blick ausschließlich auf Psiana, das hinter mir auf dem Terrassengeländer lag und in der Sonne schlief. „Ich werde dann mal gehen. Ich drück dir die Daumen für das Finale. Hau diesen Nelson weg. Viel Glück!“ Er ließ weder Hannah noch mir die Möglichkeit uns zu verabschieden. Plötzlich war er weg und ging schnellen Schrittes Richtung Lobby. Nachtara blieb nochmal stehen, warf einen musternden Blick auf Psiana, um dann mit drei vier schnellen Sprüngen wieder seinem Trainer auf den Versen zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)