Schreibaufgabe 2016 von Felicity (Eine kleine Geschichte pro Tag) ================================================================================ Tag 56: Finger (Reborn! / Fantasy AU) ------------------------------------- Das Krachen war laut und erschütternd gewesen und ein eisiger Schauder war zusammen mit dem Adrenalin durch seine Adern gefahren, Bruchteile von Sekunden, ehe es wirklich los ging. Er hatte es gespürt, das Beben der Erde, den Druck der Erdmassen über sich, als sie sich in Bewegung setzten und die Explosion den alten Stollen unter ihrer Wucht in die Knie zwang. Innerlich hatte er sogar mit dem Leben abgeschlossen, als die ersten Gesteinsbrocken von der Decke fielen. Er versuchte nicht zu rennen, als die Druckwelle Staub und Sand in sein Gesicht schleuderte, wusste er, dass er keine Chance hatte, schlug die Arme vor den Kopf und wartete auf den Tod. Er hörte Schreie, die erstickt abbrachen. Die Geräusche des Kampfes, der noch immer tobte, waren lange verebbt und wer immer die Sprengladung angebracht hatte, hatte sich nicht um Freund oder Feind geschert, denn sie erfasste beide gleichermaßen. Ob überhaupt jemand überleben würde, war fraglich. Yamamoto kniff in all dem Chaos die Augen fest zusammen und versuchte nicht einzuatmen. Er hatte versagt. Sie hatten dem König versprochen, dass niemand hier jemals durch kommen würde. Es war ein Schock gewesen herauszufinden, dass ein alter Geheimgang direkt in den Thronsaal führte, aber sie hatten geschworen ihn zu verteidigen komme, was da wolle. Fast lachte Yamamoto in Gedanken ironisch auf. Ob Mukuro ihn gesprengt hatte, als er keinen anderen Ausweg sah? Zuzutrauen war es ihm genauso, wie Hibari, auch wenn der nicht sofort die Mittel zur Hand gehabt hätte. Nun, immerhin würde durch diesen Gang niemand mehr zu Tsuna durchkommen ... Etwas schweren traf ihn an den Beinen, riss ihn zu Boden, Ohren betäubendes Krachen und eine weitere Ladung Staub, Steine, die auf ihn fielen, Splitter von alten Holzstreben, die sich in seine Arme bohrten. Und dann endete es. Beinah genauso plötzlich, wie es begonnen hatte. Yamamoto verharrte, wo er war und bewegte sich bestimmt eine Minute nicht, ehe er langsam die Arme sinken ließ. Zu seiner Überraschung war es nicht komplett dunkel, von irgendwo weiter oben drang durch Risse ein wenig Licht nach unten und er stellte fest, dass er Glück gehabt hatte. Direkt über ihm hatten sich zwar Tragbalken verkeilt und ein Schutzschild vor den Trümmern gebildet. Vorsichtig bewegte er sich ein wenig, prüfend, nach Verletzungen suchend. Er wurde fündig. Unzählige Schrammen, Blutergüsse, eine kleine Platzwunde an der Schläfe und ein vermutlich verstauchter Fuß. Hätte schlimmer sein können. Ein Stöhnen neben ihm ließ ihn das aber vergessen und behutsam um ja nichts loszutreten schob er sich darauf zu, kletterte durch Holz und Stein. Keine zwei Meter weiter fand er schließlich einen weiteren größeren Hohlraum vor, in dem Gokudera lag und gerade seinen Arm aus den Trümmern zog, die ihn eingequetscht hatten. „Gokudera!“ Erleichterung durchströmte ihn und er vergas sogar die Abmachung sich nicht mehr bei den Nachnamen zu nennen, ließ sich vorsichtig neben ihm hinab sinken. „Bist du okay?“ Ein Schnauben und mürrisches Stöhnen war die Antwort. „Ich lebe“, knurrte er, aber der Tonfall und Blick verrieten ihm, dass es zumindest nichts kritischeres war. Yamamoto atmete aus und nickte langsam auf den fragenden Blick hin, der über ihn huschte. Er musterte Gokudera ebenso. Der andere saß aufrecht in der niedrigen Höhle und er schien sogar überraschend wenig zu bluten. Dann aber sah Yamamoto ein Rinnsal, dass sich langsam von der gerade befreiten Hand herunter zog und ... er zog scharf die Luft ein, griff nach der Hand. Dafür, dass sie gerade zwischen Felsen gesteckt hatte, sah sie zwar verhältnismäßig gut aus, aber ... der Zeigefinger war scheinbar abgerissen worden. Die restlichen Finger wirkten etwas geschwollen und rötlich, aber er bewegte sie normal und riss augenblicklich die Hand zurück und knurrte wieder. „Ich sagte, es ist okay.“ Aber das war es nicht. Yamamoto wusste nicht, wem er etwas vormachen wollte. Er war Rechtshänder und General der Bogenschützeneinheit. Und er hatte seinen Zeigefinger der Schußhand verloren, ganz zu schweigen davon, dass der Mittelfinger ein wenig deformiert wirkte und vermutlich gebrochen war. Yamamotos Lippen pressten sich zu einem schmalen Strich zusammen. Gokudera musste genauso wissen, wie er, dass es unwahrscheinlich war, dass er damit einen Bogen würde schießen können. Vielleicht konnte er das auch mit Links, aber sicher nicht mit der gleichen Sicherheit. „Du ...“, setzte er an, aber Gokudera fuhr ihm wütend über den Mund: „Ich lebe, das ist die Hauptsache. Und ich kann nicht nur mit dem Bogen umgehen.“ Also hatte er auch schon darüber nachgedacht. Yamamoto wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Das stimmte zwar, aber ... er war mit Leib und Seele Bogenschütze gewesen, stolz auf seine Zielsicherheit, einer der, wenn nicht sogar der beste der Einheit. Das war ein herber Schlag und den konnte man sicher nicht so einfach wegstecken. Ehe er aber dazu kam etwas zu antworten, bröselten wieder Brocken herab und automatisch schlugen beide Männer die Hände über den Kopf, als auf einmal mehr Licht durch die Decke brach und eine Stimme nach ihnen rief. Yamamoto verschob die Gedanken auf später, aber er wusste, das war noch nicht ausgestanden und er fragte sich, ob es das wohl sein würde. Ihn würde es schmerzen, wenn er sein Schwert aufgeben müsste, das wusste er ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)