Strange Things Can Happen von Sauron ================================================================================ Kapitel 1: Der Hauptmann ------------------------ Sachte umklammerten Draco's Finger seinen dunklen, glatten Zauberstab, während seine grauen Augen durch die Reihen verschiedener Gesichter streiften. Er scheute sich nicht, ein kleines Grinsen in seinen Mundwinkeln spielen zu lassen, während vor ihm, im dreckigen Sand auf den Knien liegend, eine Reihe von zitternden Muggelstämmigen saßen und alle, teilweise mit dicken Tränen in den Augen, auf den Boden starrten. Ein kleines Kind schluchzte. „So. ihr dachtet also, ihr überspringt die Kontrolle der Grenzen und versucht einfach mal mit etwas Glück zu entkommen. Muss ich euch jetzt noch sagen, wie dumm das von euch war?“, hallte Draco's kräftige Stimme über die bibbernden Gestalten; die Mutter, dessen Kind noch zuvor geschluchzt hatte, drückte das Kleine fest an sich. Sie wich Draco's Augen aus. „Das war wirklich nicht klug von euch. Ihr wisst doch, was mit Flüchtigen wie euch passiert, die wir an der Grenze auffangen.“ Er ließ seine Stimme in der kalten Tonlage, wie immer zutiefst befriedigt über die Wirkung, die sie so erzielte. Er schritt die Reihe der Gefangenen ab, während sein dunkler Zauberstab vorsichtig hin- und herschwang. Er setzte jedoch noch keinen Zauber an- er wollte dieses Spiel noch etwas weiter spielen. Er war der jüngste Hauptmann, der jemals über eine Truppe blutrünstiger Todesser befohlen hatte; mit Stolz wurde er damals in die Truppen des Dunklen Lords aufgenommen, nachdem sein ehemaliger Schulkamerade Harry Potter verstorben war. Seine harte Ausbildung hatte Draco mit Bravur bestanden, und der Dunkle Lord persönlich hatte keine Scheu davor gezeigt, ihm direkt einen Posten mit viel Macht und Eigenverantwortung zu übertragen. Nicht nur, dass er gewachsen und ein stattlicher junger Mann geworden war, er konnte die dunklen Ansichten des Lords auch aus vollem Herzen vertreten. Damals hatte er es bewiesen, als er einer jungen Frau einen Sprengfluch ins Gesicht gefeuert hatte, um sie von der Flucht abzuhalten. Er hatte einen Orden dafür bekommen, der auch jetzt an seiner breiten Brust schimmerte, neben den anderen Trophäen, die er sich hart erkämpft hatte. Am Ende der Reihe hielt er kurz inne; er drehte sich auf der Achse um und baute sich in der Mitte mit etwas Abstand vor den Geflüchteten auf. Die Arme verschränkte er vor der Brust, während sein Zauberstab lässig in seinen Fingern lag. Er grinste. „Ich weiß nicht, was ich zu so viel Dummheit noch zu sagen habe. Wollt ihr zusehen, wie ich als erstes eure Kinder töte, oder soll ich euch alle gleichzeitig kalt machen?“, raunte er, und spürte zugleich die steigende Erregung seiner 15 Männer hinter sich, die nur darauf warteten, sie alle zu töten. Es waren zwei ausgewachsene Werwölfe dabei. Draco konnte ihr Schnauben vernehmen, als er seinen Kopf leicht zur Seite neigte. „Herr, wir... wir waren dumm und wir wissen das. Gibt es denn keine Möglichkeit, dass sie uns eventuell... in Gefangenschaft nehmen? Ist es denn nicht so, dass es einen fairen Prozess gibt?“, stotterte ein ältlicher Mann mit einem braunen, sehr zerschlissenen Umhang. Tränenspuren zeichneten seine Wangen, die durch den Schmutz der scheinbar schon länger dauernden Flucht überzogen waren. Draco starrte den Mann lange an; er kannte ihn irgendwo her. Doch es konnte auch sein, dass er sich irrte; sie sahen doch im Endeffekt eh alle gleich aus. Wie kleine Hühner vor der Schlachtung. Draco reckte das Kinn; er lachte leise, bevor er sanft sagte: „Sie haben die Gesetze der neuen Welt gut studiert, und ja, eigentlich ist möglich, dass man vor seinem Tod in Gefangenschaft genommen wird und einem Verfahren unterzogen wird.“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause; einige der Menschen vor ihm hatten ihre scheuen Blicke gehoben und sahen Draco an; ihre Augen waren groß vor Angst, doch etwas Hoffnung schimmerte darin, vor allem in den kleinen Kinderaugen. Einen Moment lang herrschte noch Stille, so angespannt, dass man sie förmlich spüren konnte; bis Draco diese Stille unterbrach und erneut ansetzte, mit einem leisen, gewinnenden Tonfall: „Aber nicht an meiner Grenze. Tötet sie.“ Es dauerte keine halbe Sekunde, da ertönten die Flüche und das Gebrüll seiner Männer hinter ihm, und Draco sah zu, wie fast alle Muggelstämmigen gleichzeitig auf dem sandigen Boden zusammenbrachen und mit leeren, teilweise noch feuchten Augen starben. Draco selbst hatte seinen Zauberstab nicht berührt; er gab lediglich die Befehle, manchmal immer, manchmal tötete er auch selbst. Meistens suchte er sich seine Opfer jedoch genaustens aus. Diese hier waren nur einfache Flüchtige. Er rührte sie nicht an. Als er einen letzten Blick auf die Reihe warf, die nun kreuz und quer am Boden lag, leblos und kalt, ließ er keine Regung seines Gemütes zu, auch nicht, als er sah, wie die Mutter in den Augenblicken des Sterbens noch versucht hatte, ihr Kind zu schützen, das nun genauso tot war wie alle anderen. „Begrabt sie, ihr wisst ja, ein Massengrab genügt. Ich will nicht schon wieder so viele Gräber hier haben. Das schreckt die weiteren ab.“, tönte Draco und ließ seine Truppe aufräumen, während er selbst in Richtung Quartier ging. Ihr Quartier lag unweit versteckt am Waldrand der Grenze, die sie bewachten; ein kleines Haus aus Stein, in dem alle Platz hatten und in dem Draco sogar sein eigenes Zimmer hatte. Nach Hause kam er selten; doch das scherte ihn nicht. Er liebte seinen Job, seine Macht, die Quälereien. In dem Häuschen selbst nahm Draco sich seinen Umhang ab und warf ihn in eine Ecke; er ließ sich auf einen der knarzigen Stühle fallen und legte seine Beine hoch. Seine Finger fuhren durch sein blondes Haar, während er seinen Kopf in den Nacken legte und angespannt ausatmete. Mit geschlossenen Augen vernahm er das Trippeln kleiner Füße, das eindeutig von dem kleinen Hauselfen stammte, den sie hatten; er kochte und putze für die Männer, die selbst die Unordnung eines Kleinkindes in sich trugen. „Möchte Master Malfoy ein kühles Butterbier?“, quiekte die Elfe und verbeugte sich; Draco ließ die Augen geschlossen, murrte aber ein leises „Ja, bitte“, bevor er seine Augen öffnete und noch gerade mitbekam, wie die Elfe in die Küche tapste. „Hatte Master Malfoy einen erfolgreichen Tag?“ Die Reihe an nunmehr Verstorbenen schoss ihm durch den Kopf; ein kleines Bild, kleine Kinderfinger umklammerten den Mantelsaum der Mutter. Tränenverschleierte Gesichter im Dreck, so leer. Und kalt. „Ja, hatte ich jemals einen nicht erfolgreichen Tag?“, antwortete er müde, bevor er seine Beine vom Tisch nahm und das Bier empfing, dass der kleine Elf sodann auftrug. „Master Malfoy sieht müde aus.“ „Mein Job ist auch nicht gerade einfach.“ Der Elf nickte und marschierte erneut in die Küche, um das Essen vorzubereiten. Draco blieb eine Weile am Tisch sitzen und genoß die Ruhe; er wusste genau, dass in einer halben Stunde seine lärmende Truppe wieder da sein würde. Er ließ seinen Kopf etwas in den Nacken zurück und drechte ihn leicht von links nach rechts; seine Verspannung knackte leicht. Schon seit mehreren Wochen hatte er Probleme mit seinem Nacken und Rücken, und diese Schmerzen drückten ihm zwar nicht auf die Stimmung, aber auf das Gemüt. „Ich lege mich noch eine halbe Stunde hin, weck mich, wenn es Essen gibt.“, sagte Draco und stand auf; das leise „Ja“ der Elfe ignorierte er, und trat mit müden Schritten in sein kleines Zimmer. Obwohl er seine Stiefel noch anhatte, legte er sich trotzdem auf das weiche Bett, während seine Gedanken leicht kreiselten. Er unterdrückte sie, indem er sich mit seinen jeweils zwei Zeigefingern die Schläfen links und rechts massierte. Kapitel 2: Traue nie deinen Instinkten -------------------------------------- Der nächste Tag brach so grau und regnerisch an, wie es für den späten Herbst nur üblich sein konnte; Draco war gegen seine Gewohnheiten relativ früh erwacht und hatte schon mit dem Frühstück begonnen, bevor seine Truppe überhaupt aufgestanden war. Erst, als die gesamte Schar an blutrünstigen und morgens sichtlich ausgehungerten, düsteren Gestalten am Tisch saßen, übernahm Draco nach dem Essen das Wort. „Wie ihr alle wisst, hat der Dunkle Lord angeordnet, dass wir die Grenzen in den nächsten Tagen noch mehr sichern sollen als zuvor. Obwohl unsere Grenze hier die am besten bewachte und die mit der höchsten Quote ist, verlangt der Lord, dass wir die Bemühungen verstärken. In einem Schreiben, das heute Morgen kam, erklärte er, dass wohl Flüchtige aus dem Kerker vom Ministerium ausgebrochen seien und diese zwingend zu fassen seien. Er sagte, es handele sich um politische Gefangene, die etwas besitzen, dass er unbedingt braucht. Deshalb müssen wir alle Verdächtigen, die in das Profil passen, zunächst festnehmen und nicht direkt töten.“ Ein Raunen ging durch die Reihen der Todesser; einer der Werwölfe schnaubte angespannt, doch Draco nickte ihm nur kurz zu. „Es ist nicht mein Befehl, und ich kann ihn nicht verweigern. Wir müssen draußen Käfige bauen.“, erklärte Draco, während er sein Glas umklammerte, in dem die Kühle des morgendlichen Saftes sein Gemüt beruhigte. „Käfige?“, raunzte einer der Todesser, ein besonders Großer; Draco, der seinen wirklich Namen nicht kannte, nannte ihn „Corpus“, wie auch alle anderen der Truppe. Sein bärtiges und leicht verschmutztes Gesicht begegnete den grauen Augen Dracos ganz unverfroren. „Keine Käfige, die an der Decke hängen, ihr Schlauberger. Ich meine damit, dass wir kleine Zellen schaffen müssen. Holzgestrüppe, die wie eine Art Gefängnis dienen. Im Keller haben wir nicht so viel Platz, nur für die wichtigsten Verdächtigen. Der Lord hat betont, wenn alle Gefangenen sauber sind, dürfen wir sie töten.“, sagte er und grinste leicht, als Corpus anerkennend nickte. „Wie sollen wir sie erkennen, diese Verdächtigen?“ „Ich zeige euch nachher die schriftliche Beschreibung, zunächst macht ihr euch aber an die Arbeit. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Kaum hatte Draco diese Worte ausgesprochen, standen die Männer auf und machten sich direkt an die Arbeit, während er selbst sich noch einmal das etwas verwittert wirkende Stück Pergament ansah, auf dem die Botschaft stand. Er wusste, dass seine Männer die Aufgabe mit Hingabe erfüllen würden; die Aussicht auf sinnloses und wildes Töten ließ sie zu blanken und fleißigen Arbeitern mutieren, die jedem noch so absurden Befehl Dracos gehorchten. Er war stolz auf sich, dass er diese Männer unter Kontrolle hatte, denn noch bevor er diesen Job an der Grenze angetreten hatte, war ihm bewusst gewesen, mit welchem Schlag von Menschen oder Halbmenschen er hier arbeiten würde. Es waren Mörder, Vergewaltiger und Rachesüchtige, doch am schlimmsten waren jene, die ohne Rücksicht auf Verluste und aus blinder Blutgier töteten. Es war nicht einmal mittags, als Draco und seine 15 Männer die Posten am Waldrand bezogen; versteckt auf den Bäumen, manche am Boden in gut getarnten Höhlen, ganz ähnlich wie Springspinnen. Draco hatte einen Posten oben auf einer kleinen Holzplattform bezogen und hielt gekonnt ein Fernglas in seinen Händen, das im spätherbstlichen Tag ganz kühl war. Handschuhe trug er nie, selbst im Winter nicht. „Ich würde sagen, dass wir den Blick auf Osten halten“, grunzte ihm Balaam zu, einer der Werwölfe, der mit ihm auf der Plattform stand und begierig den Wald und die freie Fläche mit gelblichem Gras davor im Auge behielt. Im Gegensatz zu Draco brauchte er kein Fernglas; seine puren Instinkte genügten ihm. „Ich weiß nicht, geradeaus sehen wir zwar immer, aber du solltest die Seiten mehr im Auge behalten. Der nächste Grenzübergang ist etwas entfernt. Die meisten gehen uns zwar hier in die Finger, weil hier nichts Offizielles vermerkt ist... Jedoch weiß man nie, wozu diese Ratten in der Lage sind. Du erinnerst dich an Potter, hm?“, schnarrte Draco, den Blick immer noch auf das Feld vor ihnen gerichtet. „Ja, Master, der Widerling, der den Lord fast gestürzt hätte.“, antwortete Balaam ruhig, während ein Schnauben seine innerliche Unruhe kundtat,, die Draco nur mit einem Grinsen quittierte. „Ja, genau der. Der war die größte Ratte von allen, das kann ich dir sagen. Ich war mit ihm auf der Schule, bevor er getötet wurde. Er lief immer mit ganz widerlichem Pack herum, solchen Weasleys und anderen Blutsverrätern. Ich habe ihn einmal besucht, da, wo er begraben ist; ich habe auf seine Asche gespuckt.“ Balaam ließ ein kehliges und fast gurgelndes Lachen verlauten, während Draco nur weiter grinste. Die Erinnerung stimmte; er konnte sich so genau daran erinnern, als wäre es erst gestern gewesen. Sankt Potter, diese Ratte. Bei lebendigem Leib war er verbrannt worden, mit einem der schlimmsten Feuerflüche, die es jemals gegeben hatte, vom Dunklen Lord persönlich. Draco würde niemals vergessen, wie sich langsam und schmerzvoll die Haut von Potter's Gesicht gelöst hatte, das Fleisch von den Knochen kohlte, während er im Kreise der Todesser starb. Manchmal hörte er die Schreie noch nachts. „Master“, flüsterte Balaam, der seine Ohren gespitzt hatte; seine feurigen Augen waren auf etwas gerichtet. „Südost, eine Truppe von ca. 10 Menschen. Es müssen Flüchtige sein – siehst du ihre Angst?“ Draco richtete sein Fernglas auf die Flüchtigen, und tatsächlich: Nach kurzer Suche sah er die kleinen schwarzen Punkte, die sich auf direktem Wege zu ihnen in den Wald aufmachten. Sie schienen sich in dem hohen Gras sicher zu sein, denn sie duckten sich nicht. Draco biss sich auf die Lippen und gab Balaam einen kurzen Stoß mit der Schulter. „Verständige die andern. Sie sollen solange warten, bis sie angreifen können. Sage ihnen, alles, was diese Missgeburten nicht tötet, ist erlaubt, damit sie jeden kriegen. Ohnmächtige sollen sie im Dreck liegen lassen, bis wir alle haben.“ Balaam nickte und schlich sich von der Plattform herunter, um den anderen die Pläne mitzuteilen. Als 15 Minuten später die Gruppe vorsichtiger Menschen sich dem Wald näherte, war die Truppe bereits bis zum Anschlag bewaffnet und bereit. Sie warteten ein paar Sekunden, bis die Flüchtigen fast auf Augenhöhe waren; erst dann platzten sie mit einem wahnsinnigen Getöse hinaus und machten alles klein und nieder, was sich in ihrer Nähe befand und sich bewegte. Draco sah von der Plattform aus zu, er wusste, dass er jetzt noch nicht gebraucht wurde. Amüsiert betrachtete er die brutale Art und Weise, wie seine Leute die Menschen durch den Dreck schleuderten, sie traten, den Frauen an den Haaren zogen und die Kinder an den Gelenken hochzogen, als seien diese nur kleine Puppen in einem Theater. Alles lief nach Plan. Fast alles. Ein kleiner Seitenblick ließ Draco fast das Herz in die Hose sacken. Ein kleiner, dünner Schatten stahl sich von der Kampffläche davon und war drauf und dran, den Wald endlich zu erreichen und darin zu verschwinden. Draco handelte ohne nachzudenken. Er sprang mit einem gewaltigen Satz von der Plattform herunter, rannte der Schattengestalt entgegen und schleuderte einen Fesselfluch ab. Doch die Gestalt bemerkte ihn zu früh; als wären Hyänen hinter ihr her, rannte das, was Draco nun als junge Frau entziffern konnte, wild und entschlossen in den Wald hinein, mit Draco dicht auf den Versen. „Rennen ist zwecklos, du Tier!“, brüllte er ihr hinterher, während sie versuchte in aller Hast Haken zu schlagen und ihn so abzuschütteln. Draco, der schon weitaus schlimmeres kannte und auch für weitaus schlimmeres ausgebildet worden war, konnte locker mithalten. Selbst ihren nach hinten gefeuerten Flüchen wich er ohne Probleme aus. Mit einem gewaltigen Satz sprang er und erwischte die junge Frau an den Füßen, die sofort auf den Boden prallte, während ein spitzer Ast ihr ins Gesicht schnitt. „Mistkerl!“, kreischte sie, als sie sich auf den Rücken drehte und Draco ins Gesicht spuckte. „Na warte!“, fauchte Draco, doch mit etwas hatte er in diesen Sekunden vor Wut nicht gerechnet; die junge Frau trat ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Ihre Stiefel waren hart; Draco spürte, wie seine Lippe aufplatzte und ihn für eine Sekunde außer Gefecht setzte. Eine Sekunde, in der die junge Frau es schaffte, aufzustehen und sich wieder auf die Beine zu machen; sie humpelte etwas, doch sie konnte noch schnell genug für eine Flucht rennen, wenn Draco sich nicht beeilte. Doch er ließ nicht locker. Obwohl er spürte, wie ihm das Blut aus den Mundwinkeln rannte, setzte er einen Sprung an und war ihr wieder direkt auf den Versen. „Rennen bringt dir gar nichts, du Schlampe!“, raunte er ihr zu und sprengte einen Fluch nach dem anderen ab. Erst mit dem fünften Fluch traf er sie endlich, den Fesselfluch, und mit großem Verzücken sah er zu, wie sie zu Boden fiel und mit dem Gesicht hart aufschlug. So hart, dass sie ganz benommen war und leicht an der Stirn blutete, als Draco sich über sie beugte und lachte. „Ah, da ist die kleine Schlampe doch noch hingefallen. Du hast wohl gedacht, du entkommst mit deinen kleinen Flüchen und deiner Rennerei, was? Da hast du dich aber vertan. Niemand hat mich jemals abgehangen, also bilde dir niemals ein, du könntest es. Deine Flucht wird dir eine Menge Ärger einbringen, das weißt du hoffentlich.“, tönte er und sah mit einem Gefühl des Triumphs, wie sie sich langsam zur Seite drehte. Braune, mandelförmige Augen starrten ihn an; die braunen Haare waren nun mit Blättern und Schmutz verklebt und feine Tränenspuren waren ihre Wangen hinabgelaufen, vermutlich, als sie gerannt war. Sie hatte ein makelloses Gesicht und hohe Wangenknochen, die eine Spur Röte trugen. Doch anstatt ihm zu antworten, beugte sie sich leicht hoch und spuckte ihm ins Gesicht. Draco schnaubte; er hob seine Hand und wischte die kleinen und großen Tropfen langsam weg, während sich auf seinem Gesicht ein wildes Lächeln ausbreitete. Er ließ seine verschmutzten Finger kurz über seinen Umhang gleiten, bevor er langsam sagte, mit einem eher lieblichen Tonfall: „Jetzt bekommen wir beiden ein großes Problem.“ Bevor die Frau wusste, was ihr geschah, hatte Draco seine Finger in ihren Haaren vergraben und zog sie an diesen hoch; ihr schrecklicher Schmerzensschrei hallte durch den Wald und vertrieb einige Vögel. Draco bleckte in furchtbarer Wut die Zähne und riss sie mit sich; bis zum Waldrand ließ er nicht von ihr ab, taub für ihre Schreie und ihre Qualen, obwohl sie mit ihren Fingern versuchte, seine Hände zu zerkratzen. Doch jahrelanges Training hatten ihn hart gemacht und kühl wie Stein, wenn es um den eigenen Schmerz ging. Als er an der Lichtung ankam, standen die anderen Gefangenen in einer Reihe, hinter ihnen die Todesser. Einige der Gefangenen waren ohnmächtig; sie lagen blutend und verschmiert wahllos auf dem Boden. Draco trat seiner Gefangenen in den Rücken und drückte ihr Gesicht mit seinem Stiefel in den sandigen Boden, sodass sie nicht fähig war, sich zu bewegen; sie weinte nur stumm. Ein kleines Büschel Haare in der Hand von Draco fiel zu Boden, dass er ihr während des Marsches durch den Wald ausgerissen hatte. Seine Truppe grinste ihn an, und Draco erhob sich tief ausatmend; er sah in die Runde seiner treuen Diener und fauchte mit tiefer Stimme: „Die hier gehört mir.“ Kapitel 3: Zeiten ändern dich ----------------------------- Ein gellender, fast ohrenbetäubender Schrei ging durch den Keller der Hütte, der nur spärlich mit ein paar Kerzen und einigen Fackeln an der steinigen Wand beleuchtet war; dort, mit den Handgelenken an Ketten gefesselt und von der niedrigen Decke baumelnd, sodass ihre Füße gerade noch den Boden berührten, hing nun die junge Frau, die Draco vor etwa einer Stunde im Wald aufgehalten hatte. Ihr Schrei war von dem Schmerz gekommen, als Draco die Fesseln fest und gnadenlos um ihre eher zierlichen Handgelenke geschwungen hatte und sie leicht hochgezogen hatte; nun hing sie dort, während ihr Gesicht vor Schmerz verzogen war. Sie atmete heftig und versuchte immer noch, sich von Zeit zu Zeit ruckend zu befreien. Draco hatte seinen schwarzen Mantel abgelegt und seine Hemdärmel hochgekrempelt; er wusste genau, dass für ihn der nunmehr angenehme Teil kommen würde. Mäßig schritt er, zwei Meter von der jungen Frau, auf und ab, während seine Finger noch die letzten Drehungen des Krempelns übernahmen. Den Blick seiner tiefgrauen Augen hatte er noch auf seine Ärmel geheftet. Ein ersticktes Fauchen erfüllte den sonst ruhigen Raum, der nur von einem leisen Zittern erfasst wurde, wenn an die Fackeln ein schwacher Luftzug kam. „Lass' mich frei, du verdammter Bastard! Du hast kein Recht, mich hier gefangen zu halten wie ein Tier! Das ist barbarisch!“ Draco hob nur eine Augenbraue an; er war erstaunt, dass sie überhaupt noch sprach, denn die meisten Gefangenen schwiegen schon allein aus Angst vor dem, was in diesem Verlies alles mit ihnen passieren würde. Seicht strich Draco die Ansätze seines Hemdes am Unterarm glatt, und erst dann hob er langsam den Blick und sah seiner Gefangenen in ihr zerkratztes und verweintes Gesicht. Wut glänzte in ihren Augen, der Draco nur mit scheinbarer Langeweile begegnete. „Das ist alles rechtens so, wie es geschieht, Kleine. Ich erhielt den Befehl, Flüchtige zu fangen, die etwas sehr seltenes bei sich tragen. Ausgebrochen aus dem Ministerium sind diese Flüchtigen.“, schnarrte er, während sein Blick über ihre nunmehr geweiteten Augen glitten. „Ich denke, da ist mir eine von diesen Flüchtigen gerade in die Fänge gelaufen, meinst du nicht auch?“ Er trat einen Schritt an sie heran; sie zuckte nicht zurück, auch wenn die Ketten an ihren Handgelenken leicht klirrten. Sie erwiderte seinen Blick standhaft; in den braunen Augen konnte Draco vieles lesen, doch sie antwortete nicht direkt auf seine Worte. „Also ist es wirklich wahr, was man sich im Untergrund erzählt? Dass Voldemort alle Grenzen kontrolliert?“, stieß sie hervor, während sie sich fest auf die Lippe biss. Draco musterte sie einen Moment, bevor er leise zu einer Antwort ansetzte. „Die Grenzen sind gut bewacht, und falls du es wissen willst: Ihr habt euch heute eine der am besten gesicherten Stellen für eure missglückte Flucht ausgesucht. Aber das war nicht meine Frage. Ich fragte dich gerade, ob ich nicht recht damit habe, dass mir hier eine gesuchte Person in die Fänge gekrochen ist.“ Die junge Frau zog die Augenbrauen zusammen; die braunen Augen taxierten den hochgewachsenen Mann vor ihr genau. Sie legte den Kopf leicht in den Nacken, und dann lachte sie leise. Draco schnaubte; er verlor keine Sekunde und holte aus, um ihr eine kräftige Ohrfeige zu verpassen, die ihren Kopf zur Seite drehen ließ. Ein roter Fleck zeichnete sich direkt auf ihrer sonst so makellosen, wenn auch leicht zerkratzten Wange ab; ihr Lachen erstickte sie. „Du denkst im Ernst, du kannst mich mit Ohrfeigen dazu bringen, ein Wort zu sagen? Da hast du dich aber getäuscht. Ich dachte, ein Malfoy hat mehr drauf.“ Draco stutzte einen Moment; er wusste, dass er in seiner Welt bekannt war, jedoch so bekannt, dass minderwertige Muggelstämmige ihn kannten? Wutverzerrt langte er mit einer Hand in ihren Nacken und griff mit grober Gewalt einen Büschel brauner Haare; er zog ihr Gesicht so fest näher, dass ihr ein weiterer Schrei entglitt und ihr Körper sich leicht aufbäumte, da Draco diesen an den Haaren näher zu sich zog. „Was hast du Missgeburt von einem Schlammblut da gerade gesagt? Hat man dir kleiner Göre nicht beigebracht, dass man in Gegenwart der Obrigkeit nicht frech wird? Ich sollte dich auf der Stelle töten, und ich würde es, wenn ich dürfte.“ Er gab ihr einen groben Stoß, mit dem sie an den Ketten zurückgefedert wurde; obwohl sie sich wehrte, entwich ihr ein leises Jammern vor Schmerz. Die Handgelenke waren schon jetzt rissig und leicht blutig. Draco blieb stur vor ihr stehen und verschränkte die Arme vor der Brust, bevor er fortfuhr. „Aber leider ist es mir nicht erlaubt, dich zu töten, bevor ich nicht die Informationen habe, die ich brauche. Das ist dein Pech. Ein schneller Tod ist schöner als alles, was dir jetzt passieren wird. Du wirst dir wünschen, nie in deinen jämmerlichen Körper geboren worden zu sein, wenn ich mit dir fertig bin. Ich habe da oben eine ganze Menge hungriger Männer, die nicht gerade abgeneigt wären, einmal dein Gesicht zu zerfleischen.“ Mit einer groben Bewegung schloss er Daumen und den Rest der Hand so fest um ihre Wangenknochen, dass sie nicht zu einer Antwort ansetzen konnte; ihr Körper bebte, doch sie hielt seinem Blick stand. „Ich werde dir dein verdammtes Gehabe schon noch austreiben, du wertloses Stück Dreck. Wenn ich das habe, was ich brauche, werde ich dich auf einem Misthaufen verscharren, es wird mir eine Freude sein, dich persönlich umzubringen. Glaub' mir, die Ehre haben nicht viele.“, fauchte er und ließ sie los. Sie brauchte einen Moment, um ihren Kiefer von der Spanne von gerade zu erholen; als sie sich wieder etwas beruhigt hatte, stieß sie hervor: „Du kannst mich noch so sehr quälen, du wirst gar nichts aus mir herausbekommen. Du denkst, deine kleinen Spielchen bringen dich hier weiter? Dass ich nicht lache! Malfoy als der Folterknecht... Ich wusste, dass aus dir nie mehr werden würde als eine widerliche Marionette!“ Draco stieß ein wütendes Fauchen aus; er holte erneut aus und schlug ihr diesmal so fest ins Gesicht, dass ihr die Luft für mehrere Sekunden wegblieb und sie nur kläglich an ihren Ketten zappeln konnte. Er sah, dass sich die Ketten aus festem Metall weiter in ihre Haut bohrten. „Woher kennst du meinen Namen, du widerliche Schlampe?“ Die Wut über ihre Worte taumelte so heftig in seinem Kopf, dass er nicht umher kam, ihr nochmals ins Gesicht zu langen. Er schlug sie extra auf einen Riss, den ein Ast eine Stunde zuvor auf ihre Haut gerissen hatte. Sie keuchte nur. „Du...“, hauchte sie, und sie bäumte sich leicht auf, um ein leises Kichern hervorzubringen. „Du hast keine Ahnung, wer ich bin, oder? Ist das dein Ernst, Malfoy? Nach all den Jahren?“ Draco musterte sie so mit so geringer Wertschätzung, wie es ihm nur möglich war. Seine grauen Augen waren vor Wut und Hass verkniffen, und er stieß ein Schnauben aus, bevor er sich umdrehte und an einer kleiner Kommode am Rand des Raumes etwas zu suchen begann. Seine Finger waren zittrig, so sehr kochte es in ihm. Noch nie zuvor hatte eine Gefangene so mit ihm gesprochen – oder gar seinen Namen gekannt. Flüchtig streifte ihn die Erinnerung an eine Gefangene, die vor ihr hier gewesen war – Draco hatte sie fast bis zur Unkenntlichkeit gefoltert und ihr den Tod erst beschert, als sie nur noch röchelnd atmen und nichts anderes mehr konnte. „Verdammt!“, zischte er; denn der Gegenstand, den er suchte, befand sich nicht in der kleinen, hölzernen Schublade. Er bleckte die Zähne und drehte sich mit einem Ruck auf den Achsen um. Seine Augen fixierten ihr Gesicht, dass immer noch zu einem amüsierten Ausdruck verzogen war, auch wenn man ihr die Schmerzen ansah. „Nein, woher sollte ich Leute wie dich kennen? Mit Dreck gebe ich mich nicht ab – und habe ich auch noch nie. Du hast Glück, dass ich die Zange nicht finde, denn mit der hätte ich dir einen Zahn nach dem nächsten aus deinem frechen Mund gezogen.“, raunzte er sie an und trat nah an sie heran. Ihr Körper bebte und zitterte vor Anspannung und Schmerz, und Draco konnte ihren Schweiß riechen, so nah war er an ihr – seine Augen glitten ihren Hals hinab, und er bemerkte, dass sie schlucken musste. „Du weißt es wirklich nicht, oder?“, flüsterte sie mit einem leisen Wispern, während ihre braunen Augen fest an seinem Gesicht kleben blieben. Draco ließ den Blick nicht ab von ihrem Hals; er setzte ein leichtes Lächeln auf. Er streckte seinen Zeige- und Mittelfinger aus, um damit sanft über ihre Kehle zu streichen. Die junge Frau war so irritiert, dass sie sich nicht einmal wehrte. Verbissen schnappte sie nach Luft und versuchte, ein Stück von ihm wegzuschwingen, doch es gelang ihr nicht. Draco's Finger streiften die Kuhle ihres Schlüsselbeins, bevor er wieder sanft über ihre Kehle fuhr, bis seine Finger langsam einhielten. „Deine Kehle“, hauchte er ihr entgegen, während er tief und genüsslich einatmete; brennende Stille breitete sich zwischen den beiden aus, bevor Draco fortfuhr, in demselben, genüsslichen Ton: „Ich sollte sie durchschneiden.“ Er gab ihr einen heftigen Stoß in die Rippen und sah dabei zu, wie sie sich vor Schmerzen krümmte; erst dann ließ er von ihr ab und krempelte seine Hemdärmel wieder herunter. Sein Gesicht hatte alle Sanftheit verloren, während er sich wieder gesittet kleidete; stumm richtete er alles, bis es wieder an seinem gewohnte Platz war. Als er den Blick hob, sah er sie an, wie sie ihn verständnislos musterte. Etwas in ihren Augen verriet ihm, dass sie wirklich wusste, wer vor ihr stand, doch er ließ keine Regung zu. „Ich werde dem Hauself auftragen, dass er dir nur das nötigste an Verpflegung geben soll und deine Wunden nicht behandeln soll. Vielleicht haben wir ja das Glück und sie entzünden sich. Dann muss ich mir nicht so viel Mühe geben, deinen Körper von Hand zu verstümmeln. Auch wenn es mir ein Vergnügen wäre, glaub' mir.“, sagte er gelassen und warf ihr einen Blick zu, als er sich fertig angezogen hatte. „Draco Malfoy, wer hätte jemals gedacht, dass du innerlich wie äußerlich genauso hässlich bleiben wirst wie in deiner Kindheit und Jugend? Die Dunkelheit tut dir nicht gut.“, herrschte sie ihn an, während sie wieder leicht in ihren Ketten zappelte. Draco hob seine Augenbrauen an. „Ach, und du meinst zu wissen, wer ich in der Vergangenheit war? Ich kann mir schon denken, wer du bist. Eine von diesen unbedeutenden Gesichtern, die jeder vergisst, wenn er einmal auf Hogwarts war. Du warst sicher in den Jahrgängen unter mir und hast deshalb damals meinen Namen gehört, weil ich schnell an die Macht gekommen bin. Ein jeder kennt mich. Warum sollte ich mir also dein Gesicht merken? Es wird eh irgendwann tot vor meinen Füßen liegen.“ Sie lächelte, so gut sie es unter diesen Umständen konnte. „Du liegst wie immer falsch, genauso falsch wie mit der Wahl deines Berufes und deines Lebenslaufes. Erkennst du nicht einmal alte Bekannte? Ich bin es.“, sagte sie und hob ihr Kinn an, um dem Blick Draco's zu begegnen, der sie nunmehr mit Misstrauen musterte. Er wollte etwas sagen, doch sie kam ihm zuvor. „Ich bin es, Malfoy. Hermine Granger.“ Granger. Ein Beben ging durch seinen Körper, und er konnte nicht anders als sie einen Augenblick lang durchdringend zu mustern. War es wirklich wahr? Die Granger? Die Granger, die ihn seit der Schulzeit mit ihrer penetranten Art genervt hatte? Die er schon seit frühster Kindheit als Schlammblut abgestempelt und beschimpft hatte? Erinnerungen fuhren durch seinen Kopf; sie sah nicht einmal ansatzweise so aus wie damals. Obwohl er es nicht wahrhaben wollte, trugen ihre Züge eine geschmeidige Eleganz, ihr Gesicht wirkte weiblich und hatte alle Züge ihrer früheren Hässlichkeit abgelegt. Hätte er sie so auf der Straße gesehen, und auch hier, er hätte sie so niemals erkannt. Und er hatte sie gefangen. Er war sich sicher, dass sie diejenige sein musste, die das Verborgene trug, nach dem der Dunkle Lord so dringend suchte. Eine Reihe von Gefühlen brachen über ihn herein; doch er unterdrückte sie alle, indem er seinen Kopf kurz in den Nacken legte und lauthals begann loszulachen. „Granger? Dass ich nicht lache. Wer hätte das gedacht? Da sehen wir uns so viele Jahre später, und du hängst hilflos wie eine Fliege in meinem Netz. Oh, es wird mir eine Freude sein, dich zu töten, wenn ich mit dir fertig bin. Du hast dich nicht verändert. Die gleiche Schlampe wie früher.“ Granger verzog keine Miene; sie war es gewohnt, von ihm beleidigt zu werden, weswegen es für Draco mit einem Mal Sinn machte, warum sie so schroff reagierte und nicht kleinzukriegen war. Sie hatte ihre Sturheit anscheinend behalten. „Ich habe dich sofort erkannt. Du bist der gleiche, widerliche Bastard wie früher.“, sagte sie leise. Draco grinste. „Das wird nichts ändern, Granger. Für mich bist du jetzt nur noch weniger wert als vorher.“ Er betrachtete sie noch einen Moment, ihr zerkratztes Gesicht, was ihn mit Genugtuung erfüllte; erst dann wandte er sich ab und schloss die Kerkertür hinter sich. Den Schlüssel nahm er an sich. Als er in die Küche kam, gab er dem kleinen Hauself einen Zweitschlüssel. „Gib Acht, dass niemand außer dir den Raum betritt. Gib' ihr nur das Nötigste. Ich will, dass sie leidet. Und kette sie nicht ab.“, sagte er barsch, und der kleine Hauself nickte. Kapitel 4: Reue --------------- „Wo ist der Gegenstand?“ Ein Schrei hallte durch den Wald, als Balaam nach Dracos Frage mit einem Stück Rohrstock der Frau auf den blanken Rücken schlug; Draco verzog keine Miene, als er die ältliche Frau ansah; wie ihr Rücken sich unter dem Schmerz aufbäumte, wie sie weinte, wie sie immer wieder versicherte, dass sie keine Ahnung hatte, welcher Gegenstand gemeint war. Sie hatten die neun Gefangenen draußen seit dem frühen Morgen verhört und waren zu keiner Antwort gekommen. Die meisten von ihnen saßen noch in dem Provisorium, das Dracos Truppe gebaut hatte; einige waren zusammengesackt, andere schliefen, andere starrten apathisch vor sich hin. Auch die alte Frau fiel irgendwann in Ohnmacht; Draco schnaubte. „Schaff' sie mir aus den Augen.“, murrte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Es war ihm nicht geheuer, dass diese Gefangenen kein Wort sagten und er immer noch nichts herausgefunden hatte. Der Dunkle Lord drängte ihn zwar noch nicht, jedoch waren seine Aussagen in den schriftlichen Befehlen eindeutig und unwiderruflich: Findet den Gegenstand, dann tötet alle. Draco hob seine Hände zu den Schläfen und massierte diese sachte; er nahm aus den Blickwinkeln wahr, wie Balaam die alte Frau losband und sie zu den anderen in den Käfig warf. „Was ist mit dem Miststück im Keller?“ Ein Atemausstoß direkt neben ihm verriet Draco, dass der Werwolf sich direkt neben ihm aufgebäumt hatte; er brauchte einen Moment, bevor er den Blick des Halbmenschen erwiderte. „Ich kümmere mich gleich um sie.“, antwortete er leise und ließ seine Hände sinken. Balaam's Augen verengten sich. „Wieso ist sie im Kerker und nicht wie die anderen hier draußen?“, fragte er barsch; Draco grinste leicht. „Sie ist eine besondere Gefangene, wenn du so willst. Ich kenne sie aus meinen Schulzeiten noch. Es ist mir sehr wichtig, dass nur ich sie töten darf. Ich bin mir sicher, dass sie der Schlüssel zu unserer Misere ist. Sie weiß etwas. Sie ist nur zu stur, um es zu sagen.“ „Master, vielleicht ist der Schmerz zu gering. Der Rohrstock ist eigentlich ganz gut. Den schon einmal probiert?“, keckerte Balaam und hielt den Stock empor; es befanden sich kleine Blutspritzer daran, und die Spitze sah schon ziemlich ausgefranst aus von dem häufigen Gebrauch. Draco betrachtete den dicken Stock einen Moment; dann jedoch schüttelte er sachte den Kopf. „Nein, bei ihr muss ich andere Methoden einsetzen. Eventuell wird nur Magie helfen. Ich werde mich gleich um das Miststück kümmern.“ Eine Stunde später stand Draco in dem Kellerverlies und schloss die Tür hinter sich ab. Den Schlüssel ließ er lässig in seine Hosentasche gleiten, bevor er den Blick zu Hermine wandte. Sie hatte die ganze Nacht lang dort gehangen; Draco sah ihr an, dass es ihr nicht gut ging, und dass die Ketten in ihre Handgelenke schnitten und ihr rund um die Uhr Schmerzen bereiteten. Ihr Blick jedoch war stark geblieben. Obwohl sie erschöpft sein musste und hungrig, wich sie Dracos Augen nicht aus. „Na, Granger, hatten wir eine erholsame Nacht? Ich jedenfalls habe bestens geschlafen.“, sagte er ausgedehnt. Sein Blick fixierte sie; obwohl es in dem Kerker nicht besonders warm war, zog er seinen Umhang aus, unter dem er ein Sweatshirt trug, dass seine Brust betonte. „Was hast du mit den anderen Menschen gemacht?“, flüsterte sie, die braunen Augen streng auf Dracos Gesicht geheftet. Er antwortete ihr nicht sofort; mit langsamen Schritten ging er auf sie zu, bis er kurz vor ihrem baumelnden Körper stand. Amüsiert ordnete er seine Züge zu einem Grinsen. „Du riechst nach Angst, Granger.“ „Ich habe keine Angst vor dir oder vor dem Tod. Ich will wissen, was du mit den Leuten draußen machst! Sie haben nichts mit deiner komischen Mission zu tun. Sie haben einen fairen Prozess verdient und nicht dieses Quälen. Ich habe ihre Schreie bis hier hin gehört. Wir sind hier nicht im Mittelalter!“, blaffte sie ihn an, so mutig, wie sie nur konnte. Sie schien genau zu wissen, dass sie ihn provozierte; doch anscheinend war das genau ihr Ziel. Wie damals schon, dachte Draco kurz, als sie ihn in der Schule jeden Nerv gekostet hatte. „Ich mache mit deinen Leuten was ich will. Sie werden morgen wahrscheinlich eh umgebracht, weil sie nichts wissen... oder eher gesagt, weil sie etwas verschweigen. Ich nehme mal an, du möchtest dir dieses Schauspiel dann nicht entgehen lassen?“, raunte er ihr zu; er stand so nah bei ihr, dass sie seinen Atem auf ihrem Hals spüren konnte. Draco wusste, dass diese gefährliche Nähe manchmal psychologisch ganz schön auf das Gemüt drücken konnte. „Du wirst sie nicht töten! Das werde ich nicht zulassen....“ „Und ob ich das tun werde. Einen nach dem anderen werde ich umbringen und du, meine Liebe, wirst genau zusehen... Und wenn du merkst, dass ich sie alle wegen deiner Dummheit töte, wirst du mir schon geben, was ich haben will.“ Die grauen Augen musterten sie genau; ihre Regung im Gesicht deutete an, dass sie mit diesem Ausgang nicht einverstanden war. Sie lehnte sich ein wenig näher zu ihm, so weit, wie es ihre Ketten zuließen, ohne dass sie ihr noch mehr ins Fleisch drückten; dann hauchte sie ihm entgegen: „Du bist so ein unbeschreiblicher Bastard. Du wirst damit nicht durchkommen.“ Draco lachte leise; er wandte sich ab und nahm seine auf- und abgehende Position ein bis zwei Meter vor ihr wieder ein. „Du wirst nicht reden, wenn ich dir weh tue, ich weiß das wohl. Aber morgen wirst du reden, wenn ich einen nach dem anderen töte. Aber damit mein Gang in den Kerker nicht umsonst war, gönne ich mir noch etwas Spaß mit dir.“ Seine grauen Augen funkelten vor Erregung, bevor er mit einer blitzschnellen Bewegung seinen Zauberstab aus seiner hinteren Hosentasche zog und ihn auf sie richtete, während er laut schrie: „Crucio!“ Binnen Millisekunden bäumte sich Hermine's Körper so heftig auf, dass die Ketten sich fast verknoteten. Ihr Schmerz musste enorm sein, denn Draco legte seine ganze verhasste Wut in diesen Zauber. Von seiner Tante hatte er damals gelernt: wenn er seinen ganzen Hass in den Fluch legte, würde dieser dem Opfer solche Schmerzen bereiten, dass es kaum auszuhalten war. Und Draco sah auch, dass sie so heftige Schmerzen litt, dass sich sogar die Sehnen und Adern an ihrem zarten Hals abzeichneten. Jeder Muskel ihres Körpers war unter Spannung und Schmerz und ließ sie zucken, als sei sie in ein Becken mit unter Strom gesetztes Wasser gefallen. Er hörte auf; mit einem leisen Lachen löste er den Zauber von ihr. Ihr Körper sackte augenblicklich herab und regte sich nicht mehr. „Das hast du jetzt davon, Granger.“, sagte er mit einem zischenden Tonfall; er wartete kurz auf eine Regung, doch sie kam nicht. Einen Moment lang blieb er stehen; was brachte die Befragung, wenn sie in Ohnmacht gefallen war? Er kaute sich etwas auf seinen Lippen herum, bevor er näher an sie trat. Vielleicht war das auch nur eine Falle. Denn wenn er sie jetzt losband, würde sie ihn wahrscheinlich anfallen, ihm dem Zauberstab entreißen und auf der Stelle töten. Oder war sie wirklich komplett weggetreten? Draco wagte einen weiteren Schritt und hob vorsichtig und bedacht mit seinen Finger ihr Kinn an und neigte ihren Kopf leicht. Obwohl sie keinerlei Reaktion zeigte, wagte er es nicht, weitere Schritte zu ergreifen. Erst als er seine Finger vorsichtig auf ihre Halsschlagader legte und spürte, dass der Puls nur sehr langsam ging, wusste er, dass er sie gefahrlos abnehmen konnte. Mit einer geschickten Bewegung entfernte er die Ketten um ihre Handgelenke; der Stahl hatte sich fest in ihre Haut gedrückt und hinterließ einen etwas fleischigen Abdruck. Draco legte sie auf den kühlen Boden, hielt es jedoch für sicherer, ihr zusätzlich noch die Hände mit einem Stück Seil zu verbinden, damit sie sich nicht einfach davonmachen konnte. Denn bei ihrer Vergangenheit wusste er genau, wozu sie in der Lage war. Sie war gerissen, auch wenn er diese Tatsache nicht gern zugab. Sie war immer Jahrgangsbeste gewesen und hatte nie damit gescheut, ihren wahren Mut zu zeigen. Draco runzelte die Stirn und betrachtete sie einen Moment. Er hatte sie seitlich hingelegt und ihr das Haar ein wenig aus dem Gesicht aus dem Gesicht gestrichen, um nochmals ihren Puls zu prüfen, der sich zwar stabilisierte, sie aber nicht wieder aufweckte. Er wusste genau, dass er sie am Leben halten musste, damit er sie weiter ausquetschen konnte. Denn er wusste, dass sie der Schlüssel für alles war. Doch wie hielt er sie am Leben, ohne dass er sie zu sehr verpflegte? Grübelnd legte er ihre Haare wieder an ihre ursprüngliche Stelle und stand auf. Morgen würde er seinen Plan in die Tat umsetzen, ob sie nun wollte oder nicht. Nur die weinerliche und schwache Ader dieser Menschen mit ihrem Mitleid auszunutzen, das war der richtige Weg. Da Hermine immer zu dem Goldjungen Potter gehört hatte, wusste er, dass sie dieselben, mitleidigen Gefühle der Schuld gegenüber anderen Menschen zeigen würde wie Potter, vor allem, da sie diese Menschen von Anfang an beschützen wollte. Noch bevor Draco zum Schluss seiner Überlegungen kam, öffnete Hermine die Augen. Ihr etwas nebliger Blick richtete sich auf Draco, und er sah, dass sie für einen Moment nicht wusste, warum sie auf dem Boden lag. Bevor sie zu einer Frage ansetzen konnte, sprach Draco dazwischen. „Morgen wirst du reden, Granger. Wenn du nichts sagst, werde ich dich zum Dunklen Lord höchstpersönlich bringen. Und das wird dein Untergang sein. Ich kann dir versichern, dass du lieber tot sein willst als dass der Lord Hand an dich legt. Niemand überlebt seine Torturen, und du weißt genau, was ich meine. Also tu' dir selbst den Gefallen und gib' mir, was ich will. Dann schenke ich dir den Tod.“ Hermine drehte sich auf den Rücken und starrte für einen Moment an die Decke; Draco nahm an, dass ihr noch schwummrig zumute war. Sie brauchte einen Moment, bevor sie zu einer leisen und heiseren Antwort ansetzte: „Ich werde dir gar nichts sagen. Egal, ob du sie quälst oder nicht, sie werden sowieso von dir und deiner räudigen Bande von Hunden getötet. Ich werde dir nichts sagen, denn das Schweigen wird mehr Menschen das Leben retten als kosten. Du wirst mich schon bei deinem Clown von Boss abliefern müssen, bevor ich irgendetwas sage. Du verschwendest deine Zeit.“ Draco grinste leicht. „Nein, ich glaube nicht. Du weißt nicht, wie wir töten, deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass du reden wirst.“ Er warf ihr einen Blick zu; ihre Kleidung war zerschlissen und dreckig, und sie selbst roch, was nach der Tortur auch kein Wunder war. Für einen Moment streifte Draco der Gedanke, dass er ihr ein Bad erlauben würde; dann jedoch fiel ihm ein, dass es ihm eigentlich egal war, wie sie roch und aussah. Dass es ihm egal sein musste. Wer hier lag war nichts und niemand anderes als eines der verhassten Muggelstämmigen, seine alte Schulfeindin und ein lausiges, kleines Schlammblut. „Morgen fangen wir früh an.“, warf er barsch in den Raum, verärgert über seine Gedanken und ihr missmutiges und feiges Handeln. Er kramte in seiner Tasche nach dem Schlüssel und öffnete die Tür, ohne einen weiteren Blick auf ihre schwache Gestalt am Boden zu werfen. Mit einer grimmigen Miene stapfte er die Treppen hoch, nachdem er sich versichert hatte, dass er die Tür sicher und gut verschlossen hatte; als er in der Küche ankam, wackelte der Elf auf ihn zu. „Einen Wunsch, Master Malfoy?“, piepte er und sah ihn mit großen Augen an. Draco biss sich auf die Lippe; er war wütend und atmete gereizt aus, während er dem Blick des Elfen auswich. „Gib ihr Wasser und etwas zu essen, aber gebe Acht, dass sie dir nichts tut oder abhaut, sie ist nicht mehr angekettet, jedoch gefesselt. Aber bei solchen Leuten weißt man nie.“, antwortete er und ließ sich auf einen Stuhl sinken. „Jawohl, Sir.“ Draco setzte eine verbissene Miene auf und ließ den Blick kurz durch den Raum schweifen und aus dem Fenster hinaus; seine Truppe war bei der Kontrolle, wie jeden Tag, und einer bewachte das kleine Gefängnis aus Stämmen. Er zögerte einen Moment; sein Blick versteifte sich auf das kleine Gefängnis, vertiefte sich in einen Ast darauf, an dem noch ein Blatt hing, dass während des Herbtes goldig eingefärbt war. „... und wasche sie bitte. Ihr Geruch reizt meine Nase.“, fügte er so leise hinzu, dass er es selbst kaum hörte, doch die Elfe trat eilig ihren Dienst an. Draco blieb noch eine Sekunde so sitzen, bevor er aufstand und gegen den Tisch und den Stuhl trat, die beide polternd und klirrend umfielen. Verdammtes Schlammblut! Kapitel 5: In den Wald ---------------------- Auf seiner Unterlippe kauend, die Augenbrauen leicht verzogen, stand Draco vor der Kerkertür und dachte scharf nach. Er hatte ein seltsames Gefühl gehabt, heute morgen nach dem Aufstehen, und gewisse Gedanken zeigten ihm, dass dies nicht unbedingt sein bester Tag werden würde. In der Nacht war er öfters aufgewacht, plötzlich und ohne ersichtlichen Grund; erst als er aus dem Fenster geschaut hatte und die silberne Färbung der Nacht durch den Mondschein betrachtet hatte, dann erst war er beruhigt gewesen. Sein Blick streifte die hölzerne Tür, hinter der kein Laut zu vernehmen war. Ob sie sich von den Fesseln befreit hatte? Der Elf hatte abends nichts mehr dazu gesagt.Doch er war sich eigentlich sicher, dass er die Fesseln eng genug um ihre Handgelenke gebunden hatte. Ihm unterliefen niemals Fehler bei sowas. Sein Nacken kribbelte leicht. Er stieß einen tiefen Seufzer auf, bevor er ein grimmiges Gesicht aufsetzte und die Tür öffnete, indem er den alten Schlüssel hervorzog und die Tür aufschloss, die Klinke hinab drückte und eintrat. Der Raum roch etwas angenehmer als beim letzten Mal, es roch nach frisch gebadeter Frau. Doch Draco stockte, als er sie nicht an gewohnter Stelle liegen sah. Was war hier los? Panisch drehte er sich um; und bevor er sie hinter der Tür stehen sah, immer noch gefesselt, aber mit den Ketten von der Wand in der Hand, da spürte er auch schon einen harten Schlag mit den Ketten durch sein Gesicht; er war so überrascht, dass er fauchend zurückfiel und erst einmal den Schwindel im Kopf wegbekommen musste, doch sie ließ ihm kaum eine Chance: wie eine Raubkatze sprang sie auf ihn zu und versuchte weiter, mit ihren gefesselten Händen mit Ketten auf ihn einzuschlagen. Sie schrie dabei und schien ihre ganze Kraft anzuwenden; doch Draco fing sich schnell. Um Handumdrehen hatte er sich gegen sie aufgelehnt und ihr die Ketten entrissen; sie landeten mit einem lauten Klirren auf dem Boden. „Wie kannst du es wagen...?“, stieß Draco hervor, während er ihre Versuche, ihn niederzuschlagen, hart abwehrte. Er schlug ihr ein paar Mal so hart ins Gesicht, dass sie irgendwann zu Boden sank. Sie zitterte. Ihr Gesicht war zwar verweint, war jedoch sauber und frisch; ihre Haare waren nicht mehr klebrig und sie roch gut. Die Züge ihres Gesichtes wirkten nun viel reiner und schöner. Doch Draco tat, als wäre ihm dies nie aaufgefallen. „Du kannst mich hier nicht einsperren wie ein Tier! Meinetwegen bring mich zu den anderen, aber nicht so!“, fauchte sie und hielt sich ihre Wange, die sofort rot angelaufen war; Tränen standen ihr in den Augen, jedoch nicht aus Weichheit; Draco wusste, dass es Tränen der blanken Wut waren. „Du willst lieber nach draußen, Granger? Du kannst froh sein, dass du hier unten bist! Und du wirst noch hart dafür bestraft werden.. Was fällt dir ein, mich anzugreifen?“ „Ich bin es leid, gefangen zu sein! Töte mich doch direkt! Es ist mir sowas von egal! Lieber bin ich tot als in dieser kranken Welt weiterzuleben!“ „Ich werde dich noch nicht töten, und du weißt ganz genau, warum. Also hör verdammt nochmal auf zu jammern!“, stieß Draco aus; er gab ihr einen Tritt, damit sie sich in ihre alte Ecke verzog. Sie musterte ihn mit Geringschätzung; anscheinend brütete sie in ihrem Gryffindor-Kopf schon wieder die nächste List aus. „Ich gebe dir jetzt noch einmal die Chance, mit mir zu sprechen. Ansonsten muss ich tun, was ich sowieso tun muss. Aber du kannst ihr Leid verkürzen, Granger. Wenn du mir sagst, was der Dunkle Lord begehrt und wo ich es finde.“ Hermine schwieg eisern. Sie musterte Draco tonlos, und die braunen Augen taxierten ihn fest. Für einen Moment glaubte er, sie hätte wirklich keine Angst. Doch das lag dem goldenen Trio ja in den Adern: immer gute Miene zum bösen Spiel machen. „Du willst es immer noch nicht sagen, oder?“, schnarrte er und lehnte sich ihr entgegen. Seine grauen Augen ließen sie nicht aus dem Blickfeld. „Ich werde weder dir, noch Voldemort, noch sonst wem irgendetwas sagen. Ich habe keine Angst, und irgendwann werdet ihr mich schon töten müssen. Doch reden werde ich nie. Du denkst wirklich, ich würde irgendwann mit dieser lächerlichen, mittelalterlichen Folter einknicken und dir weinend alles sagen? Du hast sicher eine Menge Menschen dazu gebracht, dir alles zu geben, was du willst, und hast sie alle trotzdem getötet. Ich werde dir diesen Gefallen nicht geben, und wenn es das letzte ist, was ich tue.“, sagte sie, erfüllt mit einer drohenden Ruhe. Draco faltete seine Hände und stieß ein leises Lachen aus. „Dann, meine liebe Granger, kann uns beiden nichts mehr helfen. Ich habe dir diese Chance gegeben, weil ich dachte, du bist ein kluges Mädchen und machst endlich mal, was man dir sagt, weil du endlich weißt, wer deine Feinde sind. Aber dem ist nicht so. Ich muss schon sagen, ich hätte dir mehr Intelligenz zugetraut.“ „Intelligenz hat mit Mut nichts am Hut, Malfoy.“ „Doch, hat sie. Und wie sogar. Ich verspreche dir, am Ende des Tages wirst du wissen was ich meine.“ Ein kurzes Schweigen entstand, und die beiden sahen sich noch einige Sekunden an. Draco erinnerte sich an das dritte Schuljahr, indem sie ihm eine verpasst hatte. Sie wusste nicht, dass er sie eigentlich innerlich dafür immer bewundert hatte: der Obrigkeit so dermaßen frech entgegen zu treten, das konnte nicht jeder. Draco stand mit einem Mal energisch auf und packte den Schopf von Hermines Haaren; sie schrie auf. „Schluss mit der Freundlichkeit.“, bleckte er und zog sie die Tür hinaus und die Treppen hoch; Tränen des Schmerzes liefen ihr aus den Augen, doch Draco ließ nicht nach. Er zog sie den ganzen Weg bis vor den Käfig draußen, wo die Gefangenen ängstlich und zusammengepfercht standen. Er ließ von Hermine ab; drückte ihr jedoch seinen Zauberstab in den Nacken und hielt ihre Schultern wie in einem Schraubstock fest. „Balaam! Bring das erste Opfer.“ Balaam, der Werwolf, nickte und grinste. Er öffnete das selbst gezimmerte Türchen des Käfigs und riss eine junge Frau heraus. Er trat ihr so fest in den Rücken, dass sie mit einem lauten Keuchen auf die Knie fiel. Sie weinte bitterlich; Spuren von Dreck und Blut hatten ihr einst so schönes Gesicht zu einer gruseligen Maske gemacht. Hermine stieß ein Wimmern aus. „So, Granger. Möchtest du uns vielleicht jetzt etwas sagen?“, blaffte Draco sie an und verstärkte seinen eisernen Griff um ihre Schultern. Sie sagte kein Wort, auch wenn Tränen ihre Augen so massiv füllten, dass sie blinzeln musste, um etwas zu sehen. „Na gut, wie du willst. Balaam, töte sie.“ Es war nicht nur reines Töten; es war Folter. Der Werwolf konnte sich willkürlich verwandeln und war so ein Untier, dass Schreie aus den übrigen Gefangenen brachen. Balaam zerfleischte die Frau bei lebendigem Leib, und sie schrie so markerschütternd, dass selbst Draco eine Gänsehaut bekam. Doch er drängte diese Gedanken weg und sah Balaam bei seiner Arbeit zu, die Hände nie von Hermine ablassend. Die Überreste, blutig und nur eine Masse, nahm ein anderer Mann aus Dracos Gruppe. Er packte die Knochen und Fleischstücke und nahm sie in einem Karren mit. Draco wusste, dass sie am Rande des Waldes verbrannt wurden, denn zum Graben hatten sie nicht immer Lust. Hermine stieß ein weinerliches Keuchen aus, doch sie sprach immer noch kein Wort. Draco beugte sich zu ihr hinab, die Finger fester krallend: „Du kannst verhindern, dass sie wegen dir sterben. Du musst mir nur eine Kleinigkeit erzählen. Vielleicht lasse ich dann dich und die anderen alle frei.“ „Du lügst dir sogar selbst ins Gesicht?“, war die leise, flüsternde Antwort, die nur Draco wahrnehmen konnte; er sah einen Augenblick auf sie herab, bevor er das Zeichen für Balaam gab, eine weitere Frau aus dem Käfig zu holen. Hermine konnte das Töten gar nicht gut ab. Draco sah es ihr bei jedem Mord vor ihren Augen an, er sah ihre geweiteten, geröteten Augen, ihr Kopfschütteln, den Ausdruck des puren Schmerzes, der sich fest in ihren Zügen verankert hatte. Sie litt Qualen, ohne, dass Draco sie auch nur ansatzweise foltern brauchte. An ihren braunen Augen sah er, dass seine zwischenzeitlichen Sätze, dass es alles ihre Schuld war, sie mehr fertig machten und mitnahmen als alles andere. Sie wollte sich vor jedem Töten abwenden; doch Draco packte ihr Kinn mit einer so groben Art, dass sie gezwungen war, hinzusehen, wenn sie nicht wollte, dass er ihr den Kiefer brach. Es ließ Draco dennoch innerlich aufkochen, dass sie immer noch nicht redete; sie schwieg eisern und weinte nur in das Leid der anderen hinein, und bald waren alle neun Menschen, die sie gefangen hatten, tot. Keiner von ihnen hatte etwas gesagt, auch nicht, als Draco ihnen das Leben versprach. Das Ding, was auch immer es sein würde, musste so wertvoll sein, dass Menschen ohne zu zögern ihr Leben dafür gaben. Draco schnaubte, zog Hermine mit einem Ruck auf die Beine und gab ihr eine schallende Ohrfeige. „Du verdammtes Dreckstück! Du bist selbst schuld, was jetzt alles mit dir passiert! Du hättest dir so viel Leid ersparen können, und jetzt muss ich es tun. Balaam!“, fauchte er und drehte sich energisch zu dem Werwolf um, der ihn grinsend ansah. „Ja, Master?“ „Während ich weg bin übernimmst du das Kommando hier. Du weißt, dass wir das einmal durchgesprochen haben. Du wirst alles tun, wie ich es gern gehabt hätte, hast du verstanden? Mach mir keine Schande, solange ich weg bin, und du wirst reich belohnt werden, nicht nur mit Gold. Ich weiß ja, was du begehrst. Ich werde die Gefangene mit zum Dunklen Lord nehmen.“ „Einverstanden, ich werde keine Schande machen.“ „Ich muss sie persönlich wegbringen, denn sie ist gewitzter als ich dachte. Wenn du gute Arbeit leistest, werde ich dem Dunklen Lord persönlich meine Empfehlung aussprechen.“ „Ja, Master, mit Vergnügen!“, die Augen des Werwolfs glühten förmlich, nicht nur, weil sein Blutdurst für heute gestillt worden war. Eine Stunde später waren sie zum Aufbruch bereit. Da man in den Landen des Dunklen Lords nicht mehr apparieren konnte und durfte, es sei denn, es war von ihm selbst genehmigt, mussten sie die Reise zu Fuß antreten. Da Draco den Weg schon einmal gegangen war, wusste er genau, dass es ein Fünf-Tages-Marsch bis zu dem schwarzen Anwesen war. Er hatte Hermine die Hände gefesselt und es zusätzlich mit einem weiteren Seil vertaut, damit er sie ziehen konnte und sie nicht direkt andauernd anfassen brauchte. Ihn störte es, dass er trotz seiner harten Behandlung an ihrem Körper immer noch Weichheit und Wärme spüren konnte, sobald nur ein paar Finger ihre blanke Haut berührten. Sie waren schon eine Stunde durch den trockenen und etwas finster wirkenden Wald gestapft, als Hermine plötzlich redete. „Du bist erbärmlich, Malfoy. So erbärmlich. Was hat deine Mutter nur bei dir falsch gemacht?“ Draco lachte. „Dasselbe könnte ich dich fragen, aber da kenne ich die Antwort ja schon. Deine Eltern sind gottverdammte Muggel. Da kann ja nichts Gescheites bei rauskommen.“ „Du bist so ein verdammter Rassist, wenn ich könnte, würde ich dich auf der Stelle umbringen. Warte nur ab, eines Nachts, wenn du schläfst, werde ich dir deinen Zauberstab wegnehmen und dich umbringen.“, sagte sie ruhig und stapfte mit missmutiger Miene hinter Draco her. Draco drehte sich kurz zu ihr um und grinste. „Ich brauche nicht viel Schlaf, Granger. Und wenigstens bekomme ich genug zu essen, damit ich bei Kräften bleiben kann. Wie das mit dir aussieht, kann ich aber noch nicht sagen... du wirst die Nächte wahrscheinlich schon allein aus Kälte durchschlafen.“ „Du bist so ein...“ „Sprich dich ruhig aus!“ „Für dich müssen erst ein paar neue, schlimme Worte erfunden werden.“ „Und für dich ein Maulkorb. Würdest du wenigstens einmal über Dinge reden, die auch wirklich nützlich sind. Von denen wir beide profitieren können.“ „Wie zum Beispiel, dass du immer noch die gleiche, dämliche Frisur trägst wie in der Schule?“, schnarrte sie. Draco zog seine Stirn in Falten, sagte jedoch nichts dazu. Ihm war zu sehr danach, sie auf der Stelle umzubringen, doch er wusste genau, dass er es nicht konnte. Noch nicht. Doch er würden den Dunklen Lord anflehen, es selbst tun zu dürfen. Die Nacht brach irgendwann heran, und Draco, der Hermine bis jetzt gnadenlos weitergezogen hatte, machte Halt. „Wir müssen rasten, nachts sollten wir nicht weitergehen. Es gibt weitaus schlimmere Wesen als mich, die nachts durch die Bäume streifen.“, sagte er leise. Hermine nickte nur leicht. Ihr und auch ihm war es zuwider, dass sie die Nacht zusammen verbringen mussten, und zwar mit gar nicht mal so viel Abstand zueinander. Kapitel 6: Nur ein Mann ----------------------- Ein raues, furchterregendes Heulen schien die kühle Nachtluft zu zerreißen; es klang nicht gerade wie von einem Wesen, dass in der Nacht neue Freunde suchte. Draco hob nur eine Augenbraue an und fuhr fort. Er hatte sich ein Buch mitgenommen, etwas zerschlissen und rabenschwarz war es, um sich wenigstens ein bisschen von der Kälte und Einsamkeit abzulenken. Wobei Einsamkeit nicht ganz das richtige Wort war, denn immerhin saß sie noch bei ihm: Granger. Seitdem sie das Feuer gemacht hatten, hatten sie keine großen Worte gewechselt. Draco hatte ihr etwas zu essen gegeben, einen Schluck zu trinken und sich ansonsten wortlos hinter seinem Buch verkrochen, während sie sich neben ihm niedergelassen hatte und zusammengekauert in ihren Mantel gehüllt saß. Das Knistern des Feuers war laut in der sonst so stillen Nacht, die nur von dem Geheul gestört worden war. „Hier gibt es noch Wölfe?“ Draco zuckte fast zusammen, als er ihre leise Stimme hörte; das Geheul des Wolfes hatte ihn nicht so sehr verschreckt wie ihre Stimme, die er schon seit einigen Stunden nicht mehr gehört hatte – außer einmal kurz, als sie ihm ein weiteres Schimpfwort an den Kopf geworfen hatte. Er nahm sich einen Moment Zeit mit der Antwort; er las den Absatz der Seite zuende, bevor er mit einem seiner klammen Finger umblätterte. Er hob nicht den Blick, obwohl er spüren konnte, dass sie ihn ab und zu ansah. „Wölfe, Werwölfe... in diesen Wäldern gibt es viele Kreaturen.“, sagte er knapp und hielt die Augen weiter strikt auf sein Buch gerichtet. Er hatte keine große Lust, sich mit ihr zu unterhalten, zumal er schon so nah bei ihr sitzen musste. Sie war natürlich gefesselt – jedoch musste er sie straff bei sich halten. Bei ihr wusste man nie. Jedoch stieg ihm von Zeit zu Zeit ein Geruch in die Nase, der nur von ihr stammen konnte – süßlich und leicht. Die Fesseln hatte schon wieder die roten, nicht verheilten Striemen vom letzten Mal auf ihrer Haut erneut aufgerissen. „Werwölfe? Freilebende? Das kann nicht sein. Gemäß des Gesetzes zur Meldepflicht sind alle Wesen zumindest verpflichtet, sich bei der zuständigen Behörde registrieren zu lassen.“, schnarrte ihre helle Stimme durch die Luft. Draco verdrehte die Augen. Ihre besserwisserische Ader hatte sie also nicht mal mit Beenden der Schule abgelegt. „Granger, wo hast du denn bitte die letzten Jahre gelebt? Natürlich wurden die Gesetze geändert. Die Werwölfe unterstehen zwar zum größten Teil den Wünschen des Dunklen Lords, jedoch konnten sie wieder als Teil der Bedingung frei durch die Welt streifen.“ „Sie dürfen das? Aber diese Wölfe... sie töten Menschen!“ „Ach, das ist ja mal was ganz Neues. Du solltest das Ministerium darauf hinweisen. Die werden sicher ganz schockiert sein.“ Draco stieß ein leises Schnauben aus. Hermine fauchte leise. Sie löste sich ein wenig aus ihrer steifen Verklammerung und hielt ihre Hände gegen das Feuer, um sie etwas zu wärmen. „Halt die Klappe, Malfoy. Du weißt genau wie ich das meine. Es ist gefährlich, sich mit Werwölfen einzulassen. Das solltest du doch am besten wissen.“ „Die haben nicht viel mehr Mumm als du oder ich. Nur mehr Reißzähne.“ „Sie sind stärker als wir! Und wenn sie zudem auch noch die Magie beherrschen...“ „Sie sind nicht stärker, Granger.“ „Woher willst du denn das bitte wissen?“ Draco nahm sich erneut ein bisschen Zeit, bevor er antwortete: genüsslich blätterte er wieder um und fuhr sich mit der freien Hand durch seine blonden Haare. „Weil ich schon mal einen getötet habe.“, sagte er. Hermine zögerte einen Augenblick, dann jedoch flüsterte sie: „Mit dem unfairen Mittel der Magie, ja. Die Flüche richten natürlich...“ „Nein“, unterbrach er sie und hob endlich den Blick seiner grauen Augen. Sie starrte ihn ein wenig verwirrt an, die Augen leicht zusammengekniffen und die kleinen Hände immer noch gegen das Feuer gewandt. „Ich habe einen mit meinen bloßen Händen getötet. Es war ganz einfach: er oder ich. Einer musste sterben. Und ich wollte nicht sterben.“ Hermine schluckte hörbar. „Wieso?“ Draco seufzte; ihn reizte ihre Fragerei. „Weil es Teil meiner Ausbildung war. Man wurde in einem Stück Wald ausgesetzt und beobachtet. Verschiedene Kreaturen wurden auf dich losgelassen, eine ausgehungerte als die andere. Wenn es um Leben und Tod geht, denkst du nicht mehr an die Magie. Da kämpfst du nur noch mit deinem Körper. Mit deiner ganzen Kraft, mit allem, was du hast. Und dir ist egal, wen du tötest, weil du genau weißt, dass du nicht derjenige sein willst, der im Dreck liegend sterben wird.“ „Das ist barbarisch“, murmelte Hermine und zog ihre Knie wieder an ihre Brust heran. Ihr Blick war nun ins Feuer gerichtet. Draco sah eine Spur Trauer auf ihrem Gesicht. „Es ist nicht barbarisch, das ist die verdammte Natur. Meine Güte, Granger, das Leben besteht nicht nur aus Blumen pflücken.“ „Aber auch nicht daraus, Menschen zum Töten abzurichten! Wie du diese ganzen Menschen einfach niedergemetzelt hast...“ „Ich? Hast du mich irgendetwas anderes machen sehen als Befehle geben? Ich habe nicht auch nur einen angerührt.“ Das verschlug ihr die Sprache; Draco konnte sehen, wie ihre immer noch verkratzten Wangen eine durchdringende, rote Farbe annahmen. Sie wich seinem Blick aus. Draco grinste zufrieden und wandte sich mit dem Gewissen wieder an sein Buch, dass Granger vielleicht doch noch kleinzukriegen war. Der nächste Morgen brach rau und sehr kalt an. Draco hatte nur ein paar Stunden schlafen können, er war immer wieder mit leichtem Schweiß bedeckt aufgewacht, die Hände zitternd. Hermine hatte vor Erschöpfung durchgeschlafen. Er betrachtete sie einen Moment: die Hände waren nach wie vor gefesselt, die Haut rau und aufgerissen, an manchen Stellen fleischig. Er biss sich auf die Lippen und überlegte. Fünf Tage waren sie noch unterwegs, und sie mussten durchgehend laufen. Wenn ihre Hände sich infizierten und entzündeten, würde sie soweit ab vom Schuss sicher sterben. Er brauchte sie noch. Er gab ihr einen Tritt gegen die Rippen, nicht zu fest, jedoch fest genug, um sie aufzuwecken. Sie stöhnte und zuckte vor Schmerz zusammen; ihre Augen waren etwas glasig, als sie den Blick hob und direkt in das Grau seiner Augen starrte. „Steh' auf, verdammt, es wird Zeit. Wir haben heute einen weiten Weg vor uns.“ „Kannst du mich mal nicht mit Schmerzen wecken? Du Arschloch!“, fauchte sie und rieb sich, soweit sie konnte, den Rippenbogen mit ihren maletrierten Händen. „Halt's Maul Granger, und sieh zu, dass du aufstehst.“ „Was ist mit essen? Ich kann doch den ganzen Weg nicht ohne Nahrung laufen.“ Draco antwortete nicht sofort; er hatte ein paar Blätter aufgesammelt, die er am Wegesrand gefunden hatte, und hatte diese in einer kleinen Schale zu einer Paste zerstampft. „Malfoy!“, keifte sie und versuchte, ihm einen Tritt zu geben; Draco stand wortlos auf und schlug ihr hart ins Gesicht. Sie biss sich auf die Lippen und schluckte ihre weiteren Worte herunter. „Ich habe gesagt, halt dein Maul und sieh zu, dass du aufstehst! Du bekommst jetzt nichts zu essen und auch nichts zu trinken, wenn du nicht mal langsam lernst, wie du gefälligst mit mir umzugehen hast! Wir sind hier nicht mehr in der Schule, Granger! Ich könnte dich Schlampe einfach fesseln und im Wald liegen lassen, wenn es mir gefällt! Denk dran, es wird ein langer Weg, und den überlebst du ohne mich nicht.“ Tränen füllten ihre Augen, liefen auf der Mandelform und zogen feine Spuren durch den Dreck in ihrem Gesicht. Draco wusste, warum sie weinte. Hunger, Dehydration, Einsamkeit, Angst, Schock, Gewalt. Alles verursachte einen immensen Stress im Körper, und selbst eine harte Granger musste eines Tages mal an dem dauernden Stress brechen. Sie weinte ohne Laute, ohne Bewegungen, als Draco sich neben sie kniete und ihr einen Teil der Paste um die Handgelenke schmierte. Sie zuckte zunächst zurück, doch Draco hielt sie fest. „Das macht die Fesseln angenehmer. Wenn sich dein Fleisch entzündet, stirbst du.“ „Woher soll ich wissen, dass das keine giftige Paste ist?“, stieß sie hervor, gefolgt von einem wimmernden Schluchzen. Draco lachte leise auf. „Wirklich, Granger? Du glaubst, wenn ich dich töte, dann mit einer verdammten grünen Paste aus Blättern? Selten so einen schlechten Scherz gehört.“ Hermine's Wangen, die soweit noch nicht durch Schläge gerötet waren, färbten sich erneut. Sie zweifelte langsam an ihrem Verstand. Draco spürte, dass ihr die Paste gut tat, auch wenn sie keinerlei Worte darüber verlor oder geschweige denn ein Danke. Doch Draco scherte sich nicht darum. Er cremte auch ihre andere Hand ein, und als er fertig war, aß er einen Bissen und trieb sie dann vorwärts, weiter in den dunklen Wald hinein. Obwohl es Tag war, fiel nicht gerade sehr viel Licht durch die dichten Baumkronen. Die Zweige raschelten leise im Wind und so manche Blätter fielen aufgrund des Herbstes, der nun langsam auf den Winter zuging. Sie liefen drei Stunden, ohne dass sie Worte oder Blicke wechselten. Wenn Hermine trödelte oder vor Erschöpfung nicht mehr weit kam, zog Draco extra hart an ihren Fesseln, bis ihr ein seichter Schmerzensschrei entglitt, der die Stille des Waldes unterbrach. „Weißt du, nach dem Tod wirst du ganz schön leiden. Du wirst irgendwann für das bezahlen, was du anderen Menschen und Wesen angetan hast!“, fauchte sie ihm entgegen, als sie gerade einen kleinen Bach überquert hatten. Draco lachte. „Und wenn schon. Was danach ist, oder besser gesagt: angeblich sein sollte, interessiert mich wenig.“ „Noch.“ Draco zog an ihren Fesseln, bis sie schrie; er zog sie so nah an sich heran, dass er einen Arm fest um ihre Taille drücken konnte und mit der anderen hob er in einem festen, schmerzenden Griff ihr Kinn an. Es geschah so schnell, dass sie sich nicht wehren konnte. „Wenn du nicht mal langsam aufhörst, deinen verdammten Mund zu halten, muss ich dir deine Zunge rausschneiden. Glaub mir, das juckt mir schon in den Fingern, seitdem wir unterwegs sind.“ Sie atmete heftig, jedoch erwiderte sie seinen festen Blick mit einem Feuer, das ihm im Nacken kribbelte. Doch er ließ sich nichts anmerken, auch nicht, als ihre gefesselten Hände langsam seinen Hals hochkrochen. Ihre Augen wanderten geruhsam über sein Gesicht, die Augen, Nase, und blieben an seinen Lippen hängen, wanderten dann wieder hinauf, um seinem Blick zu begegnen. „Glaub mir, Malfoy, du wiegst dich schon in Sicherheit, aber wir sind noch lange nicht fertig. Du...“, stieß sie hauchend hervor, bevor sie sich auf die Zehenspitzen stellte und mit ihren Lippen so knapp an den seinen vorbeifuhr, dass Draco ungewollt schlucken musste. Ihre Lippen verweilten kurz vor den seinen, und sie hauchte leicht dagegen, sodass Draco ihre Wärme vernahm; „... du bist und bleibst auch nur ein Mann.“ Sie verharrte noch einige Sekunden in der Position, die Finger an seinem Hals, nahe seiner Halsschlagader, von der sie genaustens vernehmen konnte, wie sie pulsierte. Ihr Blick haftete sich fest an seinen. Draco schnappte kurz nach Luft, rang mit sich, rang mit seiner Vernunft, dann jedoch stieß er sie mit einem Ruck weg und zog an den Fesseln, damit sie nicht umfiel. Sie fauchte. „Ich bin ein Mann, ja. Aber kein Mann, der sich auf Dreck einlässt. Los, weiter, Schlammblut. Und fasst du mich nochmal so an, hacke ich dir deine widerlichen Hände ab!“, entgegnete er und gab ihr einen Stoß, um sie vor sich herzutreiben. Als sie ihn nicht mehr im Blick hatte, schluckte er. Er war froh, dass sie seine aufsteigende Erregung und Hitze, die ebenso in seinen Kopf als auch in seinen Schaft gewandert war, nicht bemerkt hatte. Kapitel 7: Feuchtigkeit ----------------------- Tropfen um Tropfen fiel, nässte ihre Kleidung, nässte die Nahrung, nässte alles, was sich in dem Wald befand und nicht unter einer dichten Krone verdeckt worden war. Draco hob den Blick gen Himmel; dunkle Wolken hatten sich zusammengezogen, manche fast schwarz und undurchdringlich. Ein fernes Grummeln war zu hören, noch weit entfernt, jedoch deutlich auf ihre Richtung zurollend. „Es wird ein Unwetter geben“, sagte Draco leise und richtete seinen Blick auf Hermine; sie war ebenso nass wie er und zitterte. Ihr Mantel war nur aus einem dünnen Stoff, und der Nahrungsmangel und die Kälte hatten ihr sichtlich zugesetzt. Die Nässe tat ihr deshalb noch weniger gut als Draco's immense Kraftakte, die er aufwandte, um sie stramm bei sich zu halten. Sie seufzte. „Malfoy, mir ist kalt. Ich bin nass bis auf die Knochen und ich kann nicht mehr laufen. Bitte, lass uns etwas suchen, wo wir rasten können. Ich kann nicht mehr. Bitte.“ Draco sah sie erstaunt an; seine Brauen hoben sich leicht an, und er biss sich auf die Unterlippe. Da sie tatsächlich heftig am zittern war, blass und kränklich aussah, beschloss er, nur dieses eine Mal ihrer Bitte nachzukommen. „Meinetwegen. Aber nur, weil ich glaube, dass das Wetter noch schlimmer wird. Du willst gar nicht wissen, welche Wesen sich bei solch einem Wetter im Wald herumtreiben.“ Sie nickte nur; als sicher war, dass sie nichts weiter zu sagen hatte, machten die Beiden sich auf die Suche nach einem Unterschlupf. Der Regen wurde immer heftiger und ließ auch nach zwanzig Minuten emsiger Suche nicht nach. Draco begann fast daran zu zweifeln, dass sie einen Unterschlupf finden würden, denn obwohl der Wald dicht war und so einige Stellen bot, die trocken waren, schien nichts windgeschützt zu sein. „Verdammt“, fluchte Draco und sah sich um; dichte Baumkronen, die im kräftiger werdenden Wind hin und herschwangen, waren alles, was er sah. „Da!“, keuchte Hermine auf einmal, und Draco drehte sich in die Richtung, in die sie deutete; ein kleiner Hügel war dort zu sehen, mit Sträuchern versperrt und dicht gestrüppt. Draco ahnte, das dies einmal eine Bärenhöhle gewesen sein musste; der Eingang, zwar verwuchert und struppig, war rund und groß und führte in ein dunkles Loch, das jedoch groß genug für beide schien. Einen Moment lang wägte Draco das Risiko ab, dass ein wilder Bär irgendwann wieder kommen und sie verspeisen würde gegen das Risiko, dass sie hier draußen von einem schlimmeren Wesen getötet werden würden. „Okay“, sagte er und zog Hermine näher zu sich; sie keuchte vor Anstrengung, sagte jedoch nichts, als sich die beiden der Höhle näherten und sich versicherten, das dort noch nichts anderes drin war. Draco kramte in seinem Umhang, bis er fand, was er suchte: ein kleines Messer, das scharf genug war, um sämtliche Zweige durchzuschneiden. Da er wusste, dass Hermine kaum in der Lage sein würde, sich selbst durch die Zweige zu drängen, nahm er ihr diese Aufgabe ab. Er hielt einige der Zweige zur Seite und ließ sie vorlaufen, soweit es die Fesseln zuließen; erst dann drängte er sich hinterher und stellte sicher, dass immer noch genug Zweige den Eingang verdeckten. Drinnen war es kühl, aber trocken und fast gemütlich; der Sand war fest, und trotz des abstoßendes Geruches eines wilden Tieres konnte man es hier während des Unwetters sehr gut aushalten. Hermine ließ sich seufzend gegen eine der sandigen Höhlenwände gleiten. Ihr Gesicht verzog sich, als ihr die Fesseln wieder ins Fleisch schnitten. Draco bemerkte es, tat jedoch, als hätte er es nicht gesehen. Er stellte seine Tasche ab und band Hermine's Fesseln an den austretenden Ausläufer einer dicken Wurzel fest, damit sie nicht weglaufen konnte. Sie zitterte immer noch. „M... mal.. Malfoy...“ Er seufzte. „Ja, ich weiß. Ich geb' dir sofort etwas.“ Sie musste halb ausgehungert sein, dass sie mittlerweile bibbernd um etwas Wasser und Nahrung bettelte. Draco genoss es, jedoch war er sich bewusst, dass er besser für sie sorgen musste, wenn sie die Tour überleben sollte. Gerade bei diesem Wetter war die Gefahr einer Krankheit oder Infektion nicht auszuschließen. Er kramte in der Tasche nach etwas essbarem; außer Brot und etwas Käse gab es jedoch nicht mehr viel. Er war davon ausgegangen, in diesem Wald weitaus besseres finden zu können, jedoch hatte er sich in dem Sinne wohl vertan. Er schnitt ihr eine dicke Scheibe Brot mit dem Messer ab, gab ein Stück Käse dazu und reichte es ihr; sie stieß ein zittriges „Danke“ hervor und schlang das Essen so schnell in sich hinein, als dachte sie, Draco würde es ihr wieder wegnehmen. Ein kleines Lächeln markierte seine sonst so ernst zusammengepressten Lippen, und er machte sich selbst auch eine Kleinigkeit. Als Hermine alles aufgegessen hatte, reichte er ihr das Wasser. „Hier. Du trocknest nämlich aus.“, sagte er leise und warf einen kurzen Blick auf sie: Sie war immer noch so nass, als wäre sie gerade aus einer frischen Dusche gekommen. Ihr braunes, langes Haar lag in nassen Wellen um ihre Schultern, und ihre Kleider waren so nass, dass sie die Kontur ihres schlanken Körpers umzeichneten. Draco wandte den Blick ab; er wollte nicht, dass sie sah, wie er angesehen hatte. Den Körper, den er eigentlich hasste und am liebsten zerstückeln wollte. Den Körper, der trotz aller Widerstände äußerst attraktiv wirkte. Hermine bemerkte seinen Blick jedoch. Sie sagte nichts, streckte jedoch ihre Beine etwas von sich und stieß ein Seufzen aus, bevor sie mehrere Schlücke Wasser nahm. „Bei dem Regen kann man nicht verdursten.“, stieß sie hervor, als sie die Flasche kurz absetzte und ihr Blick den seinen traf. Draco runzelte die Stirn. „Wenn das so ist, sollte ich dir demnächst etwas mehr Regenwasser zu trinken geben.“ Sie stieß etwas aus, das sogar nach einem leisen Lachen klang- doch vielleicht irrte er sich auch. Stille trat erneut ein, und Draco stand auf, um ein paar trockene Zweige zu suchen. Denn ohne Feuer würden sie die Nacht nicht überleben, so durchnässt wie sie waren. Er schaffte es tatsächlich, nach einigem Hin- und Her ein einigermaßen großes Feuer zustande zu bringen; in der Höhle, etwas weiter hinten in der Dunkelheit, hatte er ein paar große Äste gefunden, die zwar sandig, aber trocken gewesen waren. Da er keine Spuren von Zauberei in diesen Wäldern hinterlassen wollte, hatte er mit Hermine's kläglicher Hilfe ein Feuer zustande gebracht. Ihre Finger hatten so heftig gezittert, dass Draco sie nach einer Weile weggeschoben hatte. „Granger, lass – du kannst das in deinem Zustand nicht. Guck mal, du bringst es nicht einmal fertig einen Stock vernünftig zu hal...“ Ein durchdringender, markerschütternder Schrei durchbrach die Stille der Nacht. Beide versteiften sich sofort. Draco lauschte. Der Schrei kam ein zweites Mal, dieses Mal viel näher und lauter als vorher. Er begann hektisch zu atmen, während er spürte, dass Hermine sich neben ihm ängstlich an die Wand drückte. „Was war...“, begann sie, doch Draco hielt ihr mit einer schnellen und geschickten, festen Bewegung den Mund zu. „Sh!“, zischte er so leise, wie er wagte; doch er konnte es bereits hören. Schritte, die immer näher zur Höhle kamen, und ein Grollen, dass selbst durch den heftigen Regen nicht zu überhören war. Draco verlor keine Zeit, denn ihm lief es eiskalt den Nacken hinunter. Er wusste, was da in der Dunkelheit auf die Höhle zugelaufen kam. Er wusste, was da nachts hungrig durch den Wald streifte und sich alles nahm, was auch nur ansatzweise einen Herzschlag besaß. Er riss Hermine's Fesseln mit dem kleinen Messer durch und zog sie so leise er konnte tiefer in die Höhle, so tief, dass sie nichts mehr von dem Feuer mitbekamen. Es wurde kalt und so dunkel, dass sie einander nur noch als schattenhafte Schemen wahrnehmen konnten; doch Draco zog sie so lange weiter, bis die Höhle abrupt abbrach. Draco schluckte. Einmal war er in so einer Situation gewesen, und er wusste: offene Wunden lockten an. Er fasste Hermine bei den Schultern und drückte sie fest an die Wand der Höhle. Seinen Körper drückte er ebenfalls dagegen, so nah, dass er spüren konnte, wie ihr Brustkorb sich hastig hob und senkte. Sie stieß jedoch keinen Laut aus. Sie wagte genauso wenig wie er, die Nähe zueinander unterbrechen. Vielleicht spürte sie, dass Draco genau wusste, was er tat. Dass er einen kühnen Kopf behielt, bei was auch immer da dort den Wald schlich. Eine Weile vernahmen sie noch weitere Schreie und Gebrüll, und ein übler Geruch zog sogar bis hinten zu ihnen, in den letzten Winkel der bebenden und dröhnenden Dunkelheit. Doch dieser Geruch verflog nach einer Weile, ebenso die Geräusche. Erst als sie nur noch ihren gegenseitigen, heftigen Herzschlag wahrnahmen und ihr Atmen, da lockerte Draco seinen Griff und löste sich leicht von ihr. „Ich glaube, er ist weg. Wir sollten jedoch noch eine Weile hier verweilen, nur zur Sicherheit.“, flüsterte Draco und atmete leise aus. Er spürte, dass er stark geschwitzt hatte vor Angst, und einige seiner Haare klebten ihm an der Stirn. Hermine musste es nicht anders gehen: selbst nachdem er sich etwas gelöst hatte, zitterte sie immer noch und hielt Draco's Arm eisern umschlossen, um den sich ihre Finger aus purer Panik gewunden hatten. Er hörte sie schlucken. „Was war das...Malfoy?“, wimmerte sie so leise, dass Draco sie fast nicht gehört hätte. Er zögerte einen Moment, dann fuhr er sich mit einer stockenden Bewegung und klammen Fingern durch die nassen Haare. „Etwas, von dem du lieber nichts wissen möchtest. Du findest nichts in Büchern, nichts in den alten Sagen über dieses Geschöpf. Es kommt aus einer uralten Welt und es gibt ihn nicht mehr oft auf dieser Erde. Wir können froh sein, dass er uns nichts gewittert hat.“, zischte er leise, und nach einem Ausatmen fügte er hinzu: „Er ist der grausamste Schatten unserer Welt. Das letzte, was man vor seinem Tod sieht.“ Hermine stieß ein leises Keuchen aus; Draco spürte, wie ihre Fingernägel sich in seinen Arm bohrten. Als er seinen Arm wegziehen wollte, zog sie ihn mit einer überraschend starken Bewegung näher. Obwohl Draco nicht viel sah, wusste er, dass seine Nase fast an die ihre stieß; er spürte ihren warmen Atem, fühlte, dass ihr Gesicht nicht nur nass vom Regen war, und sie ihn ansah, so gut sie konnte. Draco schluckte, als er die leisen Worte gegen seine Lippen stoßen spürte: „Du hast mich nicht ausgeliefert.“ „Ich brauche dich noch, der Lord...“ Ein Finger fand seinen Weg auf seine Lippen und brachten diese sofort zum Schweigen; was sollte das?, schoss es ihm durch den Kopf, und obwohl sein Verstand dagegen arbeitete, so wehrte sein Körper sich aber nicht. Als wäre er gefroren. Geschockt. „Ich glaube nicht, dass du jemals einem Gefangenen so viel Zeit gegeben hast. So wichtig kann ich nicht sein. Ich weiß, was du brauchst.“, hauchte sie. Ihre Worte vernebelten seinen Kopf, vernebelten seine Gedanken. Er schloss die Augen kurz und stieß ein leises Keuchen aus; ihm war schwindelig. „Natürlich brauche ich dich nur für den Lord, du wertloses...“ Und da war es dann. Der Moment, den Draco seit ihrer Festnahme fürchtete, an den er nie gedacht, aber von dem er geträumt hatte; für den er sich gehasst und bestraft hatte. Der brennende Kuss war unschuldig, feurig und nass; ihre Lippen zitterten, ebenso wie Draco's, und die Dunkelheit schien jegliche Geräusche in diesem Moment zu absorbieren. Sie hielt ihre Lippen nur für einen Moment auf die seinen gepresst, fest aber willig, und sie ließ nach einigen Sekunden ab; Draco spürte, dass sie sich über die Lippen leckte und leise seufzte. Draco wusste nicht, was über ihn kam, jedoch umfassten seine immer noch klammen Hände ihr Gesicht und zogen es so nahe an sein eigenes heran, dass er den Kuss von eben wiederholen konnte, nur viel hungriger und gieriger als ihrer. Ihre Finger krallten sich in seinen Hinterkopf, doch sie erwiderte, erwiderte jeden festen, fast bissigen, atemlosen Kuss, den Draco ihr gab, und ebenso erwiderte sie den Druck seines Körpers, der sich drängend gegen sie drückte. Draco's Zunge tastete sich zunächst vorsichtig vor, wägte ab, doch ihre sanfte Zunge spielte so selbstverständlich mit der seinen, dass es für ihn kein Halten gab. Sie stieß ein Keuchen aus, als Draco ihr Kinn grob fasste, es nach oben drückte und ihren Hals mit leichten Bissen übersäte, die sich bis zu ihrem Schlüsselbein zogen. Dann ließ er abrupt und so plötzlich ab, dass Hermine gerade ein leises „Hey...“, keuchen wollte, als sie plötzlich und mit einem heftigen Nachdruck eine schallende Ohrfeige auf ihrem Gesicht spürte, die einen feuchten Streifen hinterließ. „Tu' das nie wieder, oder ich lasse dich das nächste Mal wirklich im Wald sitzen. Komm jetzt.“, fauchte Draco und packte sie mit einer so groben Bewegung, dass Hermine erschrocken aufkeuchte. Sie schluckte ihre Worte, ihre Tränen herunter, und zischte nur vor Wut, als Draco sie wieder an die Fesseln band und die Seile fester als nötig spannte. „Du verdammter Bastard!“, kreischte sie, doch ein zweiter, heftiger Schlag ins Gesicht ließ sie schweigen. „Sei still, wenn du das Wesen nicht wieder anlocken willst!“, giftete er sie an, und seine grauen Augen waren so voller Wut und Hass, dass Hermine nichts weiter tat als sich an die Wand zu drücken und schweigend ins Feuer zu starren. Draco setzte sich weit weg von ihr. Innerlich kochte er. Ein Todesser, auch noch ein Hauptmann, liebte nicht. Er begehrte nicht, er sah nicht an, er gab seinen Gelüsten nie nach. Ein Hauptmann tat nur seine Arbeit und ließ sich niemals auf Abschaum ein. Er schnaubte. Abschaum, der ziemlich gut küssen konnte.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)