Gib dich nicht auf von KatieBell ([Kai x Hiromi]) ================================================================================ Kapitel 8: Vorsicht 2.4 ----------------------- „Einen Latte Macchiato für Tischnummer acht, einen Espresso für Tisch vier und ein Milchkaffee mit Zucker für die neun.“, sagte eine junge Frau Anfang der Zwanziger und stellte die verschiedenen Tassen auf die Theke ab, „Hiromi? Wo bleibst du denn?!“ „Bin schon da, bin schon da.“, hetzte die Braunhaarige und kam an der Theke an. Gezielt und wie, als ob sie darin schon jahrelange Übung hätte, lud sie die bestellten Getränke auf ihr Tablett ab. Sie wollte gerade abdrehen, als die Frau hinter der Theke sie zurückpfiff. „Du hast den Zucker vergessen.“ „Oh.“, murmelte sie überrascht, balancierte mit einer Hand das Tablett, sodass sie sich aus einer Schüssel drei Zuckerbeutel herausnehmen konnte. Schon leicht aus der Puste kam sie bei den verschiedenen Tischen an und überreichte den Kunden ihre Getränke. Gerade, als sie den Milchkaffee auf Tischnummer neun abstellte, wurde sie vom Tischnachbarn gerufen. „Miss? Könnte ich noch ein Glas Wasser haben?“ „Aber natürlich.“, versuchte sie freundlich zu antworten und notierte sich sein Bestelltes auf einen Notizzettel. Wieder schritt sie zur Theke zurück und lehnte sich an die Bar. „Naomi, ich bräuchte ein Wasser für Tisch zehn.“ Die Frau wandte sich zu ihr um und nickte. Während sie das Glas befüllt kam Hiromi für einen Augenblick zur Ruhe. Zumindest versuchte sie es. Eigentlich hatte sie gedacht, dass es heute ein ruhiger Tag werden würde. Sonntags war normalerweise nie viel los im Café, aber heute schienen ihr alle die Bude einzurennen. „Hier das Wasser. Ach und, der Mann an Tisch zwei wollte zahlen.“ „Mache ich sofort.“, seufzte sie und nahm das Glas entgegen. Eilig ging sie zwischen den vielen Tischen und Stühlen vorbei, um zu Tisch zehn zu kommen. Stellte es im Anschluss auf den Tisch des Kunden ab, zusammen mit einer höflichen Floskel und trat dann den Weg zu Tisch zwei an. „Sie wollten zahlen?“ „Ja. Ich hatte die Schwarzwälder Kirschtorte und einen schwarzen Kaffee.“ „Okay, das macht dann… 470 Yen.“, sagte sie sicher, als sie die zwei Dinge schriftlich auf ihrem Notizzettel zusammenrechnete. Der Mann öffnete seine Geldbörse und gab ihr genau 500 Yen in die Hand. „Stimmt so.“ „Vielen Dank, Sir.“, lächelte sie, verstaute das Geld in ihren Geldbeutel und machte sich dann daran den Tisch abzuräumen, „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“ „Danke, gleichfalls.“, nickte er ihr zu, stand auf und ging direkt zur Tür hinaus. – Beim Austreten ertönte ein kleines Glöckchen. Voll beladen schritt sie zurück an die Theke und stellte das verschmutzte Geschirr darauf ab. Naomi nahm gleich darauf die Tasse und den Teller, um es in die Küche zu bringen, deren Tür sich hinter der Bar befand. Die Eingangstür ging erneut auf und das Glöckchen über der Tür erklang ein weiteres Mal. Hiromi wandte sich um und wollte den neuen Kunden freundlich begrüßen, doch ihr Lächeln verschwand auf Anhieb wieder. „Tagchen!“, rief ein blauhaariger junger Mann und grinste breit, als er zu der Braunhaarigen aufschaute. „Takao! Was zum Geier willst du denn hier?!“ „Na was sieht‘s denn aus?“, fragte er gespielt und setzte sich an die Theke, „Ich will dir Gesellschaft leisten. So wie jeden Sonntagnachmittag.“, grinste er weiterhin und sah dann zur Barchefin, „Naomi, schön dich wiederzusehen. Toll siehst du aus.“ Doch Naomi schüttelte nur lächelnd den Kopf, bevor sie Hiromi kurz zu sich rief. „Kommst du mal eben, Hiromi. Einen Moment bitte, Takao.“, lächelte sie dann doch noch zu ihm hinüber. Die Braunhaarige seufzte, aber beeilte sich hinterher zu kommen. Ihre Chefin und zugleich beste Freundin, ging durch die Tür in die Küche. Freundlicherweise hielt sie ihr die Tür sogar auf, bis sie vollständig im Raum stand. Hiromi konnte sich schon denken, wieso sie nun ein Einzelgespräch suchte. Das mit Takao war echt langsam nicht mehr tragbar. Es war zwar gut für den Umsatz, aber eher kontraproduktiv für ihre Nerven. „Es tut mir wirklich leid, Naomi. Ich kann auch nichts dafür, dass er hier ständig aufschlägt!“ „Darum geht es mir gar nicht.“, sagte sie und fuhr sich mit ihrer rechten Hand durch ihr schwarzes Haar, „Mich irritiert es nur gerade…“ „Wie meinst du das jetzt?“ „Ich meine, …seit wann hat er aufgehört dir hinterher zusteigen? Noch vor sechs Monaten hast du immer wieder um Überstunden gebettelt, nur damit du ihn nicht ertragen musst und nun kommt er hier rein und gräbt mich an?!“, lachte sie fast über diese Absurdität, „Ich frage das nicht, als deine Chefin, sondern als interessierte und neugierige Freundin.“ „Ach das…“, murmelte Hiromi und schien für einen Augenblick überfordert mit dieser Frage zu sein. – Vielleicht steckte auch einen Funken Scham dahinter. „Also? Was läuft bei dir so? Muss ich etwas wissen?“, grinste sie und deutete mit ihren Augenbrauen etwas Derartiges schon an. „Nicht so, wie du das denkst.“, nuschelte sie, „Ich hab‘… ihm nur… endlich klargemacht, dass das zwischen uns nie was werden kann. Ich sehe Takao mehr wie einen Bruder. Nicht mehr und nicht weniger.“ „Autsch.“, hustete Naomi gespielt, „Und er hat’s geschluckt?“ „Ich denke schon. Zumindest haben seitdem die Anmachsprüche aufgehört. Ich… ich weiß, dass der Korb ihm schwer auf den Magen liegt, aber ich kann eben auch nichts für meine Gefühle.“ „Na wenigstens, konntest du endlich über deinen Schatten springen.“, munterte sie die braunhaarige junge Frau auf und legte dabei eine Hand auf ihre Schultern, „Jetzt musst du nur noch deine Altlasten beseitigen.“ „Fang du bitte auch nicht damit an! Es reicht, wenn Taka mir damit schon ständig in den Ohren liegt.“ „Er weiß davon?!“, fragte sie überrascht. „Ja, …“, seufzte sie, „Er hat nicht lockergelassen und dann hab‘ ich eben gesagt, was Sache war. Seitdem nervt er mich, dass ich ihn anrufen und das Ganze klären solle. Aber ganz ehrlich…? Ich will nicht mehr. Das ist nun mehr drei Jahre her und er hat auch keinen Finger krumm gemacht. Wieso dann ich?“ „Hiromi…“ „Nein, nichts Hiromi!“, aufgebracht wirbelte sie ihre Arme in die Luft, „Mein Leben ist schon schlimm genug! Das Studium läuft beschissen, vermutlich werde ich dieses Semester überhaupt nichts schaffen, was wiederum dazu führt, dass ich das ganze Studium vergessen kann und dann Takaos ständige Sprüche über diesen… diesen… Eisklotz! Er kann mich das einfach nicht vergessen lassen und jetzt auch noch… das mit Mum und Dad. Irgendwann ist bei mir auch Schluss. Ich kann nicht mehr!“ Sie schnaufte laut aus, als sie geendet hatte. Es tat gut einmal ihren Dampf abzulassen. Auch wenn das nicht viel dazu beitrug, dass sich ihre Probleme in Luft auflösten. „Ich verstehe dich ja. Aber meinst du nicht, …dass dies auch deiner Seele guttun würde, wenn du endlich Klartext mit ihm reden würdest? Okay, ich kenne K-“ „Erwähne nicht seinen Namen!“, zischte Hiromi dazwischen und Naomi hob ihre Hände zur Verteidigung hoch. „Schon gut, schon gut. Ich kenne ihn nicht persönlich. Aber so wie du mir das immer geschildert hast, denke ich manchmal, dass er das damals nicht richtig einordnen konnte und-“ In diesem Moment wurde die Tür zur Küche leicht aufgeschoben und Takao streckte seinen Kopf durch den Spalt. „‘Tschuldige für die Unterbrechung, aber da will einer zahlen.“, meinte er zu den beiden Frauen und wollte wieder an die Bar verschwinden, als er noch einmal zu ihnen aufschaute, „Ach und… vielleicht solltet ihr euren Lautpegel ein kleinwenig runterschrauben. Man hört euch bis ins Café.“ – Dann fiel die Tür wieder zu. „Super.“, murmelte die Braunhaarige, bevor sie sich von der Schwarzhaarigen abwandte, „Ich fertige schnell den Kunden ab und dann mach ich Feierabend.“ „Mach das, aber darüber reden wir noch einmal.“, erwiderte sie, doch ihre Freundin winkte dies nur mit einem ‚Ja, ja.‘ ab… Geschafft und völlig fertig mit den Nerven machte sie sich auf den Heimweg. Zu ihrem Bedauern hatte Takao darauf bestanden, sie zu begleiten. Trotz der damaligen Abfuhr, schien er sich immer noch ein Bein für sie ausreißen zu wollen. Was auf der einen Seite löblich war, aber auf der anderen eben auch extrem anstrengend. Sie hatten schon über die Hälfte geschafft, als der Blauhaarige seine Arme hinter den Kopf zusammenschlug und sie ansah. „Wie geht’s dir eigentlich so?“ Hiromi schaute ebenfalls kurz zu ihm auf, wandte ihr Gesicht aber schnell wieder auf den Boden. „Gut.“ „Wirklich?“ „Ja, doch.“ „Weißt du, …wenn dir was auf der Seele brennt, dann kannst du es mir ruhig anvertrauen. Dafür sind Freunde doch da.“ Hiromi seufzte. Sie sollte wütend auf ihn sein, dass er einfach nicht von seinem Vorhaben abkam, aber es war auch schön zu hören, dass er sich immer noch Sorgen um sie machte. „Das ist nett von dir Taka, aber… im Moment ist mir nicht nach Reden.“ Diese Antwort brachte ihn offenbar zum Schweigen. Jedoch nur für einen kurzen Moment… „Morgen ist die Gedenkfeier, richtig?“ Sie nickte nur anteillos. „Hab gehört, Mr. Dickenson kommt auch und sogar Makkusu aus den USA zusammen mit seiner Mutter.“ Hiromi antwortete darauf nichts. Auch wenn seine Absichten wirklich nett gemeint waren, half es ihr in diesem Moment nicht weiter. Es tat zu sehr weh, auch nur darüber nachzudenken. Seit… diesem verhängnisvollen Freitag hatte sie versucht sich mit Arbeit abzulenken. Selbst die Uni hatte sie ausfallen lassen. Sie konnte die mitleidigen Blicke ihrer Mitstudenten nicht ertragen und erst recht nicht der, der Professoren und Tutoren. Naomi hatte ihr zwar auch angeboten einen bezahlten Urlaub zu nehmen, aber das kam für sie ebenfalls nicht in Frage. Was sollte sie denn auch schon tun? Zu Hause würde ihr nur die Decke auf den Kopf fallen. „Was hältst du davon?“ „Eh… was?“, schreckte sie aus ihren Gedanken hoch und sah Takao verständnislos an. „Ich hatte gefragt, ob ich dich morgen früh abholen soll?! Immerhin brauchst du doch einen Bodyguard. Die Presse wird sich auf dich stürzen, wenn du keinen an deiner Seite hast.“, grinste er breit. „Von mir aus. Aber wehe du bist unpünktlich!“, mahnte sie ihn. „Verlass dich auf mich. Wann geht’s los?“ „Um zehn Uhr. Das heißt, du solltest spätestens um neun aufkreuzen.“ „So früh?“, fragte er entgeistert nach, doch ergab sich seinem Schicksal offensichtlich, „Na gut…“ Mittlerweile waren sie an Hiromis Elternhaus angekommen und Takao verabschiedete sich schon am Gartentor von ihr. Sie winkte ihm noch hinterher, bevor er an der nächsten Ecke verschwand. *** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)