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Das schuldest du mir!

von

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Ich bin hier um deinen Arsch zu retten

Trafalgar Law seufzte tonlos auf. Die Worte, die seit geraumer Zeit den Mund seines Gegenübers verließen ermüdeten ihn. Vorsichtig versuchte er seine Arme zu bewegen. Nichts. Die Fesseln saßen zu fest. An Flucht war also vorerst nicht zu denken. Langsam ging es ihm auf die Nerven. Er hatte keine Lust noch mehr Zeit untätig in diesem Raum herumsitzen zu müssen. Gefangen und gefesselt in einem Zimmer im Königspalast in der Hauptstadt der Insel Dress Rosa. Irgendwie war sein Plan ganz und gar nicht so verlaufen, wie er es vorgesehen hatte.

Sein Kopf dröhnte. Er hatte im Kampf gegen den blonden Samurai gut was einstecken müssen. An seiner Schläfe spürte er das trocknende Blut. Sehr ärgerlich. Wirklich. Eigentlich hätte er es besser machen müssen. Aber immerhin hatte er der Strohhutbande auf diese Weise etwas Zeit verschafft, damit sie ihren Teil der Abmachung erfüllen konnten. So oder so, sein Ziel würde er auf jeden Fall erreichen.

Trotz schmerzendem Kopf fokussierte er seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Gegenüber, das immer noch auf ihn einredete. Noch einmal seufzte er tonlos. Wie er den Anblick des arroganten Mistkerls doch satt hatte. Don Quichotte de Flamingo war wirklich nicht gerade die Art von Mensch, mit der er noch Freund werden würde. Mit einem unwirschen Aufschnauben unterbrach er den Redeschwall des anderen, der für einen Moment irritiert inne hielt. Law musste sich ein triumphierendes Lächeln verkneifen.

„Hör zu Flamingo, ich hab es dir schon gesagt und ich sage es dir noch einmal. Zum letzten Mal: Ich habe KEINE Ahnung, was die Strohhutbande geplant hat oder was sie gerade tut. Unsere Wege haben sich getrennt, die Allianz ist beendet. Jetzt hör auf, mir auf die Nerven zu gehen.“ Er konnte beobachten, wie die Mundwinkel seines Gegenübers mit jedem Wort nach unten sanken und dessen Gesichtsausdruck immer ungehaltener wurde.

Wenn de Flamingo etwas nicht leiden konnte, dann war es unterbrochen zu werden. Kurz holte er Luft um seiner Wut freien Lauf zu lassen, als Geräusche von außerhalb des Zimmers seine Aufmerksamkeit weg von Law lenkte. „was zum Teufel ist da draußen los?“, zischte er an seine engsten Getreuen gewandt, doch die erwiderten die Frage nur mit unwissenden Blicken.

Law lauschte auf die gedämpften Stimmen, die von der anderen Seite der Wand zu ihm durchdrangen und sein Herz setzte einen halben Schlag lang aus, als er eine der beiden erkannte. Er wusste genau, wer durch diese Tür kommen würde und er wusste, dass es unangenehm werden würde.

Zu den leisen Geräuschen auf dem Flur mischten sich laute Schreie und Gepolter. Law konnte erkennen, dass bei de Flamingo ungehalten eine Augenbraue zuckte. Wütend zischte er einem der Anwesenden den Befehl für Ruhe zu sorgen zu. Dieser warf ihm einen unsicheren Blick zu, machte sich dann aber doch mit zögerlichen Schritten auf den Weg zur Tür.

Er hatte grade die Hand nach der Türklinke ausgestreckt, als von der anderen Seite ein lauter Rumms die Tür erzittern ließ. „Aber ich sagte doch schon, der junge Herr empfängt heute keinen Besuch.“, wimmerte eine Stimme gedämpft durch das Holz. Es folgte ein leises Knurren, ein Körper wurde unter ersticktem Aufkeuchen angehoben und beiseite geworfen. „Mich wird er empfangen.“ Zitternd legten sich die Finger wieder an die Klinke.

Der anschließende laute Knall, der die Tür aus den Angeln riss, beförderte den dahinter Stehenden Mann ein paar Meter in den Raum, wo er alle Viere von sich gestreckt auf dem Rücken liegen blieb. Auf seiner Stirn floss ein kleiner, roter Rinnsal vom Haaransatz Richtung Nase.

„Was zum Teufel…“ Doch weiter kam de Flamingo mit seinem Fluch nicht, denn als sein Blick den Verursacher des Chaos erfasste verstummte er. Eine junge Frau bekleidet mit einem leichten, dunklen Mantel, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt waren betrat den Raum. Das knielange Kleidungsstück war offen und ermöglichte so den Blick auf die kurze Hose und das Tanktop, die darunter lagen. Sie trug schwere Stiefel und Law ahnte, dass sie kurzen Prozess mit der Tür gemacht hatte und sie einfach eingetreten.

Sekundenlang starrte de Flamingo in ein Paar Augen, deren Iris weiß wie frischer Schnee waren und ihn kalt anblitzten. „DU?“ Einen leicht entsetzten Unterton konnte er nicht verbergen. Ein diabolisches Grinsen schlich sich auf die Lippen seines Gegenübers.

„Aber… aber. Mein lieber Don. Begrüßt man so alte Freunde?“ Der Spott in der Stimme war deutlich herauszuhören. Die junge Frau ging ein paar Schritte auf ihn zu, bevor sie den Blick durch den Raum schweifen ließ. Ihre Hände hatte sie lässig in die Manteltaschen vergraben. Ihr stechender Blick fiel auf den Gefangenen, der ihrem jedoch auswich. Er glaubte, dass sie auch für ihn einen spöttischen Kommentar übrig hatte, doch sie wandte sich schweigend wieder de Flamingo zu, der offenbar seine Fassung wieder gefunden hatte.

„Was willst du?“, fragte er ein wenig ungehalten. „Ihn.“, antwortete sie mit einem Kopfnicken auf Law schlicht. Ein empörter Laut ging durch die Reihen von de Flamingos Getreuen. Der Kapitän der Heart-Piraten wunderte sich ohnehin, warum noch keiner die junge Frau angegriffen hatte.

Sie bewegte sich auf den Stuhl, auf dem Law gefesselt war zu. Ein leichtes Grinsen bildete sich auf den Gesichtszügen des „So?“, fragte der selbsternannte König von Dress Rosa amüsiert. „Wenn du mit ihm fertig bist.“, setzte sie ernst nach. Ihr Gesprächspartner hob überrascht eine Augenbraue und Law wandte ihr nun doch den Blick zu. Ein sehr genervter Ausdruck stand in seinen Augen. Er wusste genau, worum es ihr ging.

„Deswegen bin ich hier. Um sicher zugehen, dass du den Guten am Leben lässt.“, beendete sie ihre Erklärung und der Samurai brach in schallendes Gelächter aus. „Keine überflüssigen Befreiungsversuche? Keine aussichtslosen Verhandlungen? Kein nutzloser Kampf?“ Die junge Frau grinste kurz und schüttelte den Kopf. „Nein.“ De Flamingo lachte erneut auf. „Wie amüsant. Aus welchem Grund sollte ich ausgerechnet dir den Gefallen tun?“ „Weil ich an deiner Stelle die Konsequenzen fürchten würde.“, war die schlichte Antwort.

Der blonde Piratenkapitän hielt in seinem Gelächter inne. Die junge Frau trat noch näher an Law heran und der gefangene Pirat spürte, wie sich die Getreuen des Samurais anspannten. Sie trauten der jungen Frau nicht. Zu recht wie er fand. „Weißt du mein lieber Don…“, begann sie seufzend und nahm während sie sprach elegant auf Laws Schoss platz. Dieser versuchte sich seinen Unmut darüber nicht anmerken zu lassen. Sie spielte mit de Flamingo und er war ihr Spielzeug.

„…der gute Law hier…“ Sie lehnte mit dem Rücken an seiner linken Schulter, hatte die Beine überschlagen und tätschelte dem Kapitän der Heart-Piraten jetzt mit der rechten Hand sanft die rechte Wange. „…hat etwas das mir gehört. Ich will es wieder haben. Dazu brauche ich ihn leider Gottes aber lebend. Wie du aus eigener Erfahrung wissen dürftest reden tote Männer nicht besonders gut.“ Während sie weiter gesprochen hatte, war ihre Hand irgendwann auf seiner Wange liegen geblieben und Law musste sich zusammen reißen sie nicht einfach zu beißen. Ihr Tonfall machte nur zu deutlich, was es bedeutete, wenn de Flamingo sich nicht an ihre Forderung hielt.

Der Samurai wandte sich von der jungen Frau ab, die jede seiner Bewegungen im Auge behielt. Sie war gefährlich und das war ihr bewusst, aber sie war auch in der Unterzahl, wenn es drauf ankam. Law warf einen skeptischen Blick auf de Flamingos Getreue. Er sah ihnen an, dass sie die Unverfrorenheit mit der die junge Frau ihren Kapitän behandelte nur zu gerne sühnen würden.

Er wandte ihr den Kopf leicht zu. „Was zum Henker tust du hier Charly?“, zischte er ihr so leise ins Ohr, dass nur sie die Worte verstand. Er hatte einen Moment warten müssen, bis sich de Flamingo wieder umgedreht hatte. Der wanderte unschlüssig durch den Raum. Law spürte erneut ein sanftes Tätscheln an seiner Wange. „Dir den Arsch retten mein Lieber.“, wisperte es zurück. Er konnte das amüsierte Grinsen deutlich heraushören und knirschte mit den Zähnen.

Der blonde Samurai drehte sich schwungvoll zu ihnen um und die rosafarbenen Federn seines Umhangs raschelten bei der Bewegung leise. Sein bewusstloser Untergebener war inzwischen wieder aufgewacht und hatte die Tür mühsam und mehr schlecht als recht wieder in die Angeln gehängt.

„In Ordnung. Ich tu dir den Gefallen, weil ich wirklich andere Sorgen habe. Also kann ich es jetzt nicht auch noch brauchen, dass du mir auf die Nerven gehst.“ Charly wusste, dass es ihn Überwindung kostete das zu sagen. Sie nickte. „Ich bin wirklich dein geringstes Problem.“, merkte sie nachdenklich an. Ein erfreutes Lächeln huschte ihr dennoch über das Gesicht. „Wunderbar. Eine Freude mit dir Geschäfte zu machen.“ De Flamingo verzog ungehalten das Gesicht, während sie sich schwungvoll erhob und noch einmal zu Law umdrehte. Neckisch gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Wir sehen uns.“ Der Kapitän der Heart-Piraten knurrte nur genervt auf. Er wusste genau, wie ihre nächste Begegnung aussehen würde.

Die Stimme des Samurais ließ sie sich wieder umdrehen. „Du bist mir was schuldig.“ Seine Worte hatten einen drohenden Unterton. Charly hob eine Augenbraue an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich fürchte mein lieber Don, das liegt nicht mehr in deiner Hand.“, erwiderte sie ernst. De Flamingos Braue zuckte ungehalten. „Was willst du damit sagen?“, fragte er vorsichtig. Es passte ihm nicht, dass die junge Frau mehr zu wissen schien, als sie preisgeben wollte. Er sah seinen Deal zu seinen Ungunsten ins Wanken geraten und hatte das Gefühl verarscht worden zu sein. Das konnte er absolut nicht leiden.

Charly grinste böse. „Siehst du deine Felle davon schwimmen?“, fragte sie. De Flamingo knurrte leicht. Sie reizte ihn. „Ich will dir damit nur zu verstehen geben, dass du dich beeilen solltest, wenn du noch was aus ihm rauskriegen willst. Deine schöne Insel versinkt im Chaos und über deinem Kopf braut sich ein Unwetter zusammen, dass du entweder nicht sehen kannst oder nicht sehen willst. Viel Zeit bleibt dir nicht mehr, bevor es losbricht.“ Auch wenn er wusste, dass über seinem Kopf nicht wirklich Wolken schwebten, brach der selbsternannte König von Dress Rosa dennoch in nervöses Gelächter aus und wandte sich von der junge Frau ab.

Law hatte ihr einen skeptischen Blick zugeworfen. Charly schien wirklich etwas zu wissen und er ahnte auch, was kommen konnte. Die Strohhutbande sorgte schließlich für ordentliche Verwirrung und Aufruhr auf den Straßen der Hauptstadt. Offensichtlich hatte sie Zeit schinden wollen. „Du siehst Gespenster.“, vernahm er de Flamingos Stimme und seinen abfälligen Tonfall. „Aber jetzt wieder zu dir.“ Der letzte Satz ließ Law ihm wieder den Kopf zu wenden. Der Kapitän der Heart-Piraten hatte die junge Frau eingehend gemustert, aber keinerlei Hinweise auf bevorstehende Ereignisse.

„Wenn du nicht reden willst, muss ich eben Gewalt anwenden.“ Man hörte de Flamingo an, wie diebisch ihn diese Aussichten freuten und er nahm wahr, wie sich die Getreuen bereit machten, ihre Pflichten zu erfüllen. „Ich hab dich gewarnt.“, entgegnete Charly mit den Schultern zuckend und trat ein paar Schritte von den Fenstern weg. Doch der Samurai achtete nicht länger auf die junge Frau. Irgendetwas würde gleich passieren, da war sich Law sicher.

Bevor de Flamingo auch nur in seine Nähe gekommen war, zerbarst hinter ihm an der Wand das Fenster samt Rahmen und Mauerstücke. Von dem erneuten Lärm irritiert und aufgeschreckt wandten sich alle dem Loch in der Fassade zu. Law konnte durch die dichte Staubwolke erkennen wie drei Gestalten den Raum betraten und er vernahm auch das Klicken eines Gewehrabzugs. Das Grinsen in Charlys Gesicht nahm er nicht wahr und in dem darauf folgenden Chaos aus Staub und Gebrüll bemerkte auch niemand, wie die junge Frau den Raum verließ und verschwand.

Zu gerne hätte sie das Spektakel, das jetzt folgen würde betrachtet, aber es war nicht ihr Kampf. Hier standen andere im Rampenlicht. Mit in den Manteltaschen vergrabenen Händen machte sie sich gemütlich auf den Weg in die Stadt. Sie würde wohl wieder vorbei kommen, wenn alles vorüber war um zu sehen, was von Don Quichotte de Flamingo übrig geblieben war. Bei dem Gedanken daran verzogen sich ihre Lippen zu einem dämonischen Grinsen.

Du treulose Seele

Charly kaute nachdenklich auf einer entkernten Kirsche herum, während sie den Blick über den großen Platz schweifen ließ. Sie hatte es sich im Schatten eines Kamins auf einem der Dächer gemütlich gemacht. In ihrem Rücken lag in einiger Entfernung der Königspalast, aus dem immer wieder Kampfgeräusche drangen. Die Erschütterungen waren hier auf dem Dach noch immer zu spüren. Der Kapitän der Strohhüte schien das Gebäude offenbar gerade auseinander zunehmen. Sie musste kurz grinsen, bevor ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Trubel zu ihren Füssen wanderte. Ab und an zuckten die Leute wegen einer besonders heftigen Erschütterung zusammen und blickten sich hektisch um. Aber kaum einer ahnte, dass nicht die Kampfarena dafür verantwortlich war.

Sie wartete seit geraumer Zeit auf den großen Knall. Seit leise diverse Schreie aus Richtung des Spielzeughauses an ihre Ohren geweht waren. Wenn sie sich richtig erinnerte, dann mussten mindestens drei Mitglieder der Strohhüte dort gerade für Chaos sorgen. Charly ahnte, was für einen Plan sie verfolgten und wartete jetzt darauf, ob ihre Ahnung sich bestätigte. Doch noch tat sich nichts unter den Menschen, die gut gelaunt und bunt gemischt mit dem Spielzeug über den Platz schlenderten. Ob sie sich doch geirrt hatte?

Die junge Frau hatte darüber nachgedacht in der Arena nach zuschauen, wer alles noch um die Teufelsfrucht mit den Kräften vom Bruder des Strohhuts kämpfte. Irgendwie schien es ihm gelungen zu sein Law zur Hilfe zu eilen und trotzdem am Turnier teilzunehmen. Allerdings langweilte sie schon der Gedanke daran, Raufbolden die maßlos von sich selbst überzeugt waren dabei zu zuschauen wie sie sich gegenseitig verprügelten. Das konnte sie viel gemütlicher auch bei jeder guten Kneipenschlägerei, dafür musste sie es nicht aufs Spiel setzen entdeckt zu werden.

Gedankenversunken griff sie in die kleine Papiertüte neben sich und holte noch eine entkernte Kirsche hervor. Sie drehte die kleine Frucht ein paar Mal zwischen den Fingern und freute sich kurz über die knallige Farbe, bevor sie sie zwischen ihren Lippen verschwinden ließ. Ein Geräusch zu ihrer Rechten lenkte ihre Aufmerksamkeit weg von dem Platz zu ihren Füssen. Ein junger Mann landete neben ihr auf dem Dachfirst und Charly seufzte leise. „Na, wenn das nicht die gute Blackeye ist.“, drang seine amüsierte Stimme an ihr Ohr. Charly sah zu ihm hoch. „Was willst du Kid?“, entgegnete sie kühl. Das Grinsen ihres Gegenübers wurde noch breiter, als er sich neben ihr niederließ. Er ließ sich nicht von dem eisigen Blick der jungen Frau beirren.

„Aber, aber… Begrüßt man so alte Freunde?“ Die junge Frau wandte sich dem Piraten zu und hob skeptisch eine Augenbraue. „Wir sind keine Freunde Kid. Also, was willst du?“ Enttäuscht, dass sie nicht auf sein Spielchen eingegangen war verzog er ein wenig das Gesicht. „Nichts. Ich bin nur auf der Durchreise. Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen.“ Charly hob eine Augenbraue und beobachtete, wie er eine Flasche aus dem Mantel zog, sie entkorkte und einen kräftigen Schluck nahm. Der beißende Geruch von Rum wehte ihr an die Nase. Er hielt ihr auffordernd die Flasche hin.

Charly schob sie mit der Hand beiseite. „Ich trau dir nicht Kid. Also, Gerüchte?“ Kid zuckte mit den Schultern über ihre Ablehnung und stellte die Flasche neben sich auf den Dachfirst. „Ja, Gerüchte. Der Strohhut soll sich mit den ganz Großen anlegen wollen. Ich wollte nur mal schauen, was für ein Chaos er und seine Leute auf Dress Rosa anrichten.“ Charly nickte. Das hatte sie nach dem Vorfall auf Punk Hazard auch gehört. Trotzdem war das noch immer keine Antwort auf ihre Frage. Langsam nervte es sie, dass er ihr ständig auswich. Da war doch was faul.

Sie bedachte den jungen Piratenkapitän mit den roten Haaren mit einem argwöhnischen Blick. „Du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet.“, knurrte sie leise. Kid sah kurz zu ihr rüber und lachte dann leise. „Hab ich doch schon gesagt. Nichts. Du bist viel zu misstrauisch Blackeye. Lass mich doch hier sitzen und ein bisschen Zeit mit dir verbringen.“ Er deutete auf den Platz. „Außerdem lass ich mir das Spektakel sicher nicht entgehen.“ Charlys Blick huschte zurück zu den Menschen. Aufgeregte Stimmen wurden laut und dann erkannte sie, was geschehen war.

Der große Knall war eingetreten. Leise, still und heimlich. Fast unauffällig hatten sich die ersten Spielzeuge zurückverwandelt in die Menschen die sie einst gewesen waren. Die Verwirrung unter den Menschen war beinahe greifbar. Ebenso wie der Cocktail aus Emotionen. Fasziniert beobachtete Charly war auf dem Platz vor sich ging. Diejenigen die ein Spielzeug besaßen verstanden nicht, warum es sich plötzlich in einen Menschen verwandelt hatte und vor allem verstanden sie nicht, wer der völlig Unbekannte war, der jetzt genau so verwirrt vor ihnen stand. Charly hatte davon gehört. Jedes Spielzeug war ein Mensch, der Freunde und Familie gehabt hatte. Aber er war vergessen worden. Sie war sich nicht sicher ob sich die Menschen wieder zurück erinnerte, wenn er in ein eigentlich bekanntes Gesicht schaute.

Auf jeden Fall bedeutete es, dass die Strohhüte im Spielzeughaus erfolgreich gewesen waren. Einen Schritt näher am Sturz des Samurai. Neben sich hörte sie es leise Kichern. Kid schien sich offensichtlich zu amüsieren. Auch das war nicht verwunderlich für die junge Frau. Der Piratenkapitän hatte gerne seinen Spaß und wenn es auf Kosten anderer war, amüsierte er sich noch mehr. Charly schüttelte leicht den Kopf und fragte sich unvermittelt wie lange es dauern würde, bis auf Dress Rosa wieder so was wie Normalität eingekehrt sein würde. So oder so, das Volk hatte viel zu verarbeiten. Die plötzliche Verwandlung von Spielzeug in Menschen, der Sturz von Don Quichotte de Flamingo und die Rückkehr der eigentlichen Königsfamilie an die Macht. Es war keine leichte Zukunft, auf die die Insel zusteuerte, aber vielleicht eine bessere. Das würde sich zeigen müssen.

Ein leises Krächzen und das Geräusch flatternder Flügel riss sie aus ihren Gedanken und sie wandte den Kopf Richtung Himmel. Sie erkannte sie Silhouette eines Vogels, die auf sie zu steuerte. Ein Papagei mit tiefblauem Gefieder landete auf dem Rand des Kamins, legte den Kopf leicht schief und sah sie erwartungsvoll an. Charly ahnte, was er wollte und griff in die Tüte mit den entkernten Kirschen. Viele waren nicht mehr drin. Sie warf die kleine Frucht in die Richtung des Vogels und dieser schnappte geschickt mit dem Schnabel zu, bevor er sie mit den Krallen umschlang und leise und zufrieden pfeifend daran knabberte. Charly lächelte kurz. „Das ist auch deine einzige Sorge.“, murmelte sie.

Kid bemerkte den Papagei ebenfalls und verzog das Gesicht. „Du solltest das fette Vieh lieber rupfen und grillen.“, meinte er abfällig. Die junge Frau warf ihm einen kalten Blick zu und der Vogel zischte drohend. „Pass auf was du sagst Kid, sonst grill ich dich.“, erwiderte sie düster. Der Pirat mit den roten Haaren seufzte theatralisch. „Gott bist du heute humorlos.“ „Woran das nur liegen kann.“, murmelte Charly sarkastisch. Kid grinste breit und erhob sich umständlich. Dass er jetzt für jedermann gut sichtbar war schien ihn nicht im Geringsten zu stören. „Na ja, ich glaube, ich sollte mich dann mal wieder auf den Weg zurück zu meiner Mannschaft machen. Nicht, dass man mich noch als vermisst meldet.“ Er musste über seinen eigenen Witz lachen.

„Da ist er! Da! Da oben auf dem Dach!“ Laute Rufe drangen an die Ohren der jungen Frau und sie biss wütend die Zähne zusammen. Man hatte Kid gesehen. Innerhalb weniger Minuten hatte sich eine Gruppe Marinesoldaten vor dem Haus versammelt. Charly fluchte leise. Sie hatte gewusst, dass der hinterlistige Pirat etwas im Schilde geführt hatte. Noch hatte man sie nicht bemerkt. Noch hatte sie Zeit zu verschwinden. Doch bevor sie reagieren und sich erheben konnte, hatte Kid dem Platz dem Rücken gekehrt, sich leicht zu ihr runtergebeugt und ihr die Hand auf die Schulter gelegt. „Wie gesagt. Ich mach jetzt auf den Weg. Grüß schön von mir.“, raunte er ihr zu und stieß sich kräftig an ihrer Schulter ab. Charly konnte den plötzlichen Schwung nach vorne nicht mehr ausgleichen und verlor das Gleichgewicht.

Sie fiel vom Dach und landete direkt vor den Füßen der Marinesoldaten. Wütend warf sie einen Blick aufs Dach. Kid war verschwunden. Natürlich. Lediglich der Papagei war noch da und vom Kamin auf den First geflattert und hatte den Schnabel in die Tüte mit den Kirschen gesteckt. „Kobalt du untreue Seele.“ Doch der Vogel pfiff nur leise und knabberte seelenruhig an einer der kleinen roten Früchte. Die junge Frau sah zu, dass sie auf die Beine kam und musterte skeptisch die verblüfften Soldaten vor sich. Sie schienen jetzt erst realisiert zu haben, dass sich noch eine zweite Person auf dem Dach befunden hatte. „Das ist Blackeye Charly.“, rief einer der Männer erstaunt. Vorsichtshalber brachte sie ein paar Schritte Abstand zwischen sich und die Marine.

„Gegen sie liegt ein Verhaftungsbefehl vor.“, stellte ein anderer Soldat fest, der offenbar der Ranghöchste der Gruppe war. „Festnehmen!“, befahl er seinen Untergebenen. Charly zischte einen unschönen Fluch zwischen den Zähnen hervor. So viel zum Thema unauffällig bleiben. „Kid du verdammter Bastard. Das wirst du bereuen.“, knurrte sie dem längst abwesenden Kapitän hinterher. Wie sie diesen Kerl doch hasste. Sie ärgerte sich, dass sie nicht besser aufgepasst hatte und sich von dem Trubel auf dem Platz hatte ablenken lassen. Jetzt musste sie zusehen, dass sie aus der unschönen Situation wieder herauskam. Diese Männer waren keine wirkliche Bedrohung, sofern kein Teufelskraftnutzer unter ihnen war. Dennoch waren sie eine lästige Zeitverzögerung und bedeuteten unnötige Aufmerksamkeit. Das konnte sie nicht brauchen.

Sie aktivierte ihre eigenen Teufelskräfte und merkte deutlich wie die Soldaten zurückwichen, als sie auf ihrem Rücken große mit lederner Haut bespannte Schwingen entfaltete. Betont langsam ließ sie ihre Hände zu Klauen mit scharfen Krallen werden und aus ihrer Haut schwarze, glänzende Schuppen wachsen, bis der gesamte Unterarm bedeckt war.

Normalerweise ließ sie die Veränderungen nicht so lange andauern, denn es war nicht angenehm, aber manchmal verunsicherte es Gegner so, dass sie gar keinen großen Wert mehr auf einen Kampf legten. Charly beobachtete die Reaktion der Soldaten und registrierte jede einzelne Bewegung. Die Männer die ihr am nächsten standen konnten ihre Unruhe nicht sonderlich gut verbergen beim Anblick der Teufelskräfte. Sie schloss daraus, dass sich unter ihren Gegnern keiner befand, der ebenfalls darüber verfügte.

Der Kommandant zwang sie mit Drohungen seinem Befehl folge zu leisten, woraufhin sie zu nächst ihre Waffen hoben und auf sie anlegten. Charly reagierte nicht auf den Befehl sich festnehmen zu lassen. Natürlich nicht! Sie grinste nur kampflustig. Der Kommandant gab sie mit verärgertem Gesichtsausdruck zum Abschuss frei und die Marinesoldaten luden ihre Gewehre durch. Jedoch zögerten sie den Abzug zu betätigen. Charly fixierte sie mit einem eisigen Blick, der die Männer allesamt innehalten ließ. „Worauf wartete ihr Feiglinge noch? Schießt endlich!“, blaffte der Kommandant seine Untergebenen an, aber auch ihm hörte man Unsicherheit an.

Charly reagierte so schnell auf das Klicken der Abzüge, dass man es mit bloßen Augen kaum wahrnehmen konnte. Ihre Schwingen breitete sie geschickt vor ihre Körper aus, sodass die Kugeln der Soldaten davon abprallten und mit einem leisen Klirren zu Boden fielen. Sie feuerten noch ein zweites und ein drittes Mal, bis sie eingesehen hatten, dass ihr mit Kugeln nicht beizukommen war. Charly wartete einen Moment ab, in dem sie das aufgeregte Gemurmel der Soldaten wahrnahm, bevor sie es wagte, die Flügel ein Stück zu senken und schließlich wieder auszubreiten.

„Seid ihr dann fertig?“, fragte sie amüsiert. „Darf ich dann jetzt?“ Die Männer vor ihr wichen erschrocken einen Schritt zurück und wandten sich Hilfe suchend an ihren Kommandanten. Der starrte die junge Frau mit gezogenem Schwert und unsicherem Blick an und bellte seinen Männern den Befehl endlich zu Angriff überzugehen zu. Die junge Frau spannte den Körper an und wartete nicht erst ab, bis die Marinesoldaten reagierten, sondern war mit wenigen Schritten bei dem Mann der ihr am nächsten stand. Sie setzte ihn mit einem gezielten Tritt außer Gefecht.

So arbeitete sie sich mit geschmeidigen Bewegungen durch die Gruppe, bis sie jeden einzelnen Marinesoldaten kampfunfähig gemacht hatte. Sie warf einen letzten zufriedenen Blick auf den Haufen bewusstloser Männer und wandte sich schließlich ab. Bevor einem in dem noch immer auf dem Platz herrschenden Chaos die Gruppe ausgeknockter Soldaten auffiel, deaktivierte sie ihre Teufelskräfte und die junge Frau verschwand im Schatten einer Gasse zwischen den Häusern.

Erst als sie im Hafen angelangt war und ein wenig belebtest Plätzchen gefunden hatte, verlangsamten sich ihre Schritte wieder. Nachdenklich ließ sie den Blick über das Meer schweifen und überlegte, wohin es sie als Nächstes ziehen könnte. Ob sie Laws Mannschaft mal einen Besuch abstatten sollte? Sie hatte die Heart Piraten schon lange nicht mehr gesehen. Das Geräusch flatternder Federn lenkte ihre Aufmerksamkeit auf einen Pfosten neben sich, auf dem soeben der blaue Papagei gelandet war. „Kobalt du treulose Seele. Jetzt tauchst du also wieder auf.“ Ein leises belustigtes Pfeifen war die einzige Antwort des Vogels und Charly seufzte leise.



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