Lost in Blue von shadow-queen ================================================================================ Kapitel 7: Rettung? ------------------- ***S Als ich aufwachte, sah ich als erstes die kalte, graue Decke über mir. Ich richtete mich auf. Als ich Toki schlafend daliegen sah, kamen meine Erinnerungen zurück. Ich hatte jemanden getötet...! Allerdings, hätte ich es nicht getan, hätte sie wahrscheinlich Toki umgebracht. Dies wurde mir noch deutlicher bewusst, als ich seine Wunde an der Hüfte sah. Ich stand auf, ging leicht wackelig zu ihm und kniete mich neben ihm nieder. Aus irgendeinem Grund wusste ich, was zu tun war. Ich formte meine Finger zu einer Hellebarde und fuhr sanft Tokis Wunde entlang. Dabei schloss ich meine Augen. In dem Moment klimperte er mit einem Auge. ,,Seiran...? Was... machst du da...?", fragte er noch leicht verschlafen, doch ich antwortete ihm nicht. Meine Fingerspitzen, die an seiner Wunde entlang-strichen, begannen, zu leuchten. Ein bläulicher Schimmer, unter dem, je öfter ich an der Stelle entlangging, die Haut Stück für Stück verheilte. Toki bemerkte dies und wollte sich erstaunt aufsetzen, doch ich drückte ihn wieder runter. ,,Bleib liegen. Sonst funktioniert es nicht richtig!", wies ich ihn an. Er tat, wie ich es gesagt hatte und blieb unten. Jedoch nicht, ohne mir einen verwirrten Blick zuzuwerfen. Mittlerweile war die Haut komplett nachgewachsen. Ich nahm meine Finger runter und seufzte. ,,Geschafft.", murmelte ich. Toki richtete sich auf und betastete die übriggebliebene Narbe. ,,Wow! Woher kannst du das?", fragte er erstaunt. Ich zuckte mit den Schultern. ,,Ich weiß nicht, ich wusste instinktiv einfach, was ich tun musste.", entgegnete ich. ***T Also echt, Seiran war wirklich Wahnsinn! ,,Das ist echt... erstaunlich! Hast du noch weitere Tricks auf Lager?", fragte ich neugierig. Seiran sah mich nachdenklich an. ,,Du willst ein Mensch werden, oder?", hakte sie dann nach. Verdutzt nickte ich nur. Sie nickte. ,,Gut.", dann drehte sie sich um und holte eine kleine Tasche mit Tabletten aus ihrem Beutel. Sie gab sie mir. ,,Alle zwei Stunden musst du einen Tag lang diese Tabletten nehmen. Sie sind mit einem speziellen Pulver gefüllt, das deinen Hunger nach Blut stillt und deine Zähne schrumpfen lässt, sodass du ein normaler Mensch wirst. Allerdings... haben diese Tabletten einen miesen Beigeschmack. Willst du es trotzdem versuchen...?", fragte sie. Ich nickte. ,,Auf jeden Fall. Mir ist es egal, wie sie schmecken, hauptsache, ich habe nicht alle paar Minuten das Verlangen, dir an die Kehle zu gehen!", scherzte ich. Seiran lächelte. ,,Sag bloß, du hast diesen Auftrag nur unterdrückt, um mich zu schützen." Ich nickte. Sie wurde rot. Schnell drehte sie den Kopf weg. ,,Entschuldigung...", murmelte sie. Ich legte fragend den Kopf schief. ,,Warum entschuldigst du dich?" Sie schüttelte den Kopf. ,,Ich musste es grad einfach tun..." Ganz leise sagt sie das, als sollte ich es nicht hören. Ich atmete leicht hörbar aus, dann legte ich ihr meine Arme um die Schultern. Sie zuckte zusammen. ,,Toki, was...?", keuchte sie. Ich ließ wieder los. Sie drehte sich um. Ihr Gesicht war knallrot. Ich grinste. ,,Ich musste es grad einfach tun. Du wirktest irgendwie verzweifelt." Sie gab mir einen Knuff. Ich lachte, dann sah ich auf die Tabletten in meiner Hand. ,,Die muss ich also alle zwei Stunden nehmen?", hakte ich nochmal nach. Sie nickte, nun wieder ernst. ,,Es kann sein, dass sie Phantomschmerzen verursachen. Bist du dir wirklich sicher...?" Ich nickte. ,,Natürlich. Mir ist das alles egal, hauptsache, ich werde ein Mensch." ***S Toki meinte es wirklich ernst. Er nahm eine Tablette aus der Packung und schluckte sie. Gleich darauf verzog er das Gesicht. ,,Uäh! Die schmecken ja schlimmer als Lebertran!", keuchte er. Ich musste lachen. ,,Hab ich dir doch gesagt! Glaub mir, du willst nicht wissen, was da drin ist!" Er sah mich verwundert an. ,,Wie? Weißt du das denn?" Ich grinste. ,,Nicht direkt, aber ungefähr. Und dabei dreht sich einem der Magen um!", erklärte ich. ,,Naja, wollen wir eigentlich heute nochmal raus? Wir haben den hinteren Teil der Insel noch gar nicht erkundet!", schlug er vor. Ich nickte. ,,Vielleicht finden wir dann auch etwas, womit wir entkommen können! Vielleicht wurde ja ein Boot angespült oder so. Ist zwar unwahrscheinlich, aber man weiß nie!" Er lachte. ,,Ja, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt!" Wenigstens war die Stimmung ein wenig aufgeheiterter. Ich stand auf. ,,Wollen wir los? Und vergiss die Tabletten nicht, du musst alle zwei Stunden eine nehmen!", mahnte ich ihn. ,,Jetzt hast du es angefangen, wenn du es jetzt beendest, wird das keine guten Folgen haben!" Er lachte nur und stand ebenfalls auf. Dann ging er nach draußen. ,,Die Sonne ist heute recht kräftig! Auf jeden Fall haben wir klare Sicht!", meinte er und schirmte mit einer Hand vor den Augen das Licht ab. Ich seufzte, hob die (natürlich!) vergessenen Tabletten auf und reichte sie ihm mit einem vorwurfsvollen Blick. Er sah erst auf die Tabletten, dann auf mich, dann lachte er verlegen. ,,Ups! Die hätte ich jetzt echt vergessen!" Ich seufzte. ,,Bist du sicher, dass du das ernst meinst, mit dem 'Mensch werden'?", hakte ich nach. Er nickte entschlossen. ,,Natürlich! Bisher musste ich allerdings noch nie Tabletten nehmen, daher bin ich bei sowas etwas vergesslich!" Ich sah ihn schräg an. ,,Noch nie?" ,,Noch nie.", bestätigte er. ***T Seiran zog mich plötzlich am Hemd. ,,Na komm, sonst ist der Tag um, bevor wir überhaupt bei dem Wald da hinten sind!", lachte sie. Ich musste lächeln. Ich gab zu, ich mochte ihr Lachen. Okay, ich liebte es! Sie war einfach zu süß, wenn sie glücklich war! Ich folgte ihr. Nach etwa einer Stunde kamen wir an dem Wald mit dem Vorfall von gestern Abend an. Vianne's Körper war fort. Anscheinend hatte ein anderer Vampir ihn gefunden und ins Lager gebracht. Ich deutete zu einer Stelle, von der die Sonne in den Wald leuchtete. ,,Dahinten scheint es wieder rauszugehen. Kommst du?", forderte ich sie auf. Seiran nickte. ,,Klar! Ich habe das Gefühl, wir müssen nicht mehr lange hierbleiben!", meinte sie und lief los. Tatsächlich kamen wir auf der anderen Seite der Insel an. Vor uns erstreckte sich eine saftige, grüne Wiese. Und dahinter lag ein Strand. ,,Toki! Sieh nur!", rief Seiran plötzlich aufgeregt und deutete auf eine Stelle am Strand, an der etwas orangenes leuchtete. Ich riss die Augen auf. ,,Das ist jetzt nicht wahr, oder...?!", keuchte ich. Aber es war wahr, und deutlicher zu erkennen, als wir näher kamen. Am Strand lag tatsächlich ein kleines Boot. Ein Rettungsboot, welches mit Luft aufgefüllt war, doch es war noch prall. ,,Woher kommt das...?", überlegte ich. Seiran war bereits mit Inspizieren beschäftigt. Dann sah sie plötzlich hoch in die Sonne und dann zu mir. ,,Nimm deine Tablette.", sagte sie nur, dann wandte sie sich wieder dem Boot zu. Ich sah auf meine Uhr. Tatsächlich war es schon wieder Zeit! Schnell kramte ich in der Tasche nach der Packung und nahm eine Tablette. Kurz verzog ich das Gesicht, dann ging ich zu ihr und betrachtete ebenfalls das Boot. ,,Du hattest Recht...", meinte ich. Seiran sah auf. ,,Womit?", fragte sie nach. ,,Na, du meintest doch, dass wir nicht mehr lange hierbleiben. Ich glaube, wenn wir jetzt noch Proviant sammeln, können wir spätestens heute Abend los. Sieh mal, da hinten liegen sogar Paddel.", erklärte ich und deutete auf eine Stelle am Rand des Grases. ,,Tatsächlich!", rief Seiran freudig aus und holte die beiden Holzpaddel. Sie legte sie ins Boot. ,,So. Dann lass uns Proviant sammeln. Sammelst du ein paar Kokosnüsse und ich hole Himbeeren aus dem Wald?", schlug sie vor. Ich nickte. ,,Klar. Bis gleich!" Seiran nickte mir noch einmal zu, dann lief sie zurück in den Wald. In der Zeit sammelte ich einige Kokosnüsse, die am Boden herumlagen und fand sogar einen Bananenbaum mit einigen reifen Früchten, die ich ins Boot legte. Gefühlte Stunden kam Seiran wieder. Sie hatte eine große Tasche aus riesigen Blättern bei sich. ,,Ich bin wieder da! Ich habe auch Brotfrüchte und Ananas gefunden!", rief sie glücklich aus und hob ihre Tasche hoch. ,,Und eine riesige Tasche aus Blättern gebastelt, wie ich sehe!", entgegnete ich lachend. ,,Dann steht unserer Abreise ja nichts mehr im Wege!" ,,Nimm erstmal deine Tablette. Die Zeit ist schon wieder um!", forderte sie mich auf. Ich sah auf die Uhr. Verdammt, es war ja schon beinahe zwei Uhr nachmittags! Ich tat, wie befohlen, dann nahm ich ihr die Tasche ab und legte sie ins Boot. ,,Ich habe auch noch Bananen von da drüben eingepackt. Hoffen wir, dass das Boot nicht sinkt!", lachte ich und schob genanntes ins Wasser (Also das Boot, nicht die Bananen!). ,,Bist du bereit?", fragte ich und drehte mich zu Seiran um, halb im Wasser stehend und das Boot festhaltend. Seiran hatte mir den Rücken zugewandt und sah in die Ferne. ,,Ich werde diesen Ort irgendwie echt vermissen. Hier ist so viel schöne Natur, die wir in Japan teilweise gar nicht mehr haben.", meinte sie. Ich sah ebenfalls zurück. ,,Hmhm...", machte ich nur. Seiran seufzte. Dann drehte sie sich plötzlich ruckartig zu mir um. Sie hatte Tränen in den Augen. ,,Wer sagt uns, dass wir diese Reise überleben?! Wer sagt uns, dass wir ein Schiff, oder geschweige denn Land finden?!", rief sie dann. Ich war geschockt. Stimmt, so gesehen war das gar nicht so abwegig. Ich sah zu Boden. Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Bisher hatte ich nur gedacht 'Sobald wir von dieser Insel erst mal runterkommen, kriegen wir den Rest irgendwie hin!', aber jetzt war ich mir gar nicht mehr so sicher. Dann lächelte ich. ,,Hey, wer sagt uns denn, dass es gleich aus ist? Wie kannst du es wissen, wenn du es nicht probierst?", munterte ich sie auf. Sie sah ebenfalls zu Boden. Dann hob sie ihren Kopf. Sie lächelte. ,,Du hast Recht. Lieber sterbe ich bei dem Versuch, von dieser Insel zu fliehen, als hier einfach zu verrotten!", meinte sie. 'So genau hatte ich das jetzt nicht gemeint, aber in Ordnung!', dachte ich mir nur. ,,Dann komm! Eure Kutsche wartet, Milady!", forderte ich sie scherzhaft auf, einzusteigen. Seiran machte gleich mit. ,,Vielen Dank, Diener. Ich werde gleich da sein!", meinte sie mit gespielt hochnäsiger Stimme und watete durch das Wasser zum Boot. Ich stieg ebenfalls ein, dann sahen wir beide uns an und begannen, herzhaft zu lachen. ,,Weißt du, Toki?", fragte Seiran dann, nachdem wir einige Minuten gepaddelt waren. Sie drehte sich um und sah zurück zur Insel, die bereits in der Ferne verschwand. Ich sah sie abwartend an. ,,Mir ist es egal, wann und wo ich sterbe. Ich wollte nie alleine sterben, und jetzt bist du ja bei mir. Ich danke dir dafür!", meinte sie und lächelte mich an. Ich lächelte ebenfalls. ,,Ja... Ich glaube, das Schlimmste, was einem passieren kann, ist, alleine zu sein, wenn man stirbt. Es wird gleich angenehmer, wenn jemand bei einem ist, den man mag." Seiran nickte, dann paddelte sie weiter. Ich tat es ihr nach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)