Lost in Blue von shadow-queen ================================================================================ Kapitel 3: Inselerkundungen --------------------------- Um mich herum war alles schwarz. Verwirrt drehte ich meinen Kopf hin und her, doch ich konnte nichts erkennen. Ich wollte etwas rufen, doch meine Stimme war verschwunden. Da hörte ich etwas wie ein leises Flügelschlagen hinter mir. Ich drehte mich um und sah zwei rot glühende Punkte, die schnell näher kamen. Etwas schoss haarscharf an meinem linken Arm vorbei. Der Schmerz war unerträglich. Ich schrie auf, und diesmal konnte ich auch schreien. Ich fuhr hoch und donnerte mit meinem Kopf irgendwo gegen. Blinzelnd sah ich mich um, dann erkannte ich Seiran neben mir, die sich mit verzerrtem Gesicht die Stirn rieb. "Meine Güte, hast du einen Dickschädel!", lachte sie. Anscheinend nahm sie es mir nicht übel, dass ich ihr (wahrscheinlich) eine Kopfnuss gegeben hatte. "Sorry...", murmelte ich ein wenig velegen. Dann fiel mir auf, dass der Schmerz in meinem Arm fort war. Während Seiran erzählte ("Du hast dich die ganze Zeit hin und her gewälzt, und irgendetwas gemurmelt. Dann hast du plötzlich angefangen, zu schreien und bist mit dem Kopf hoch geschossen!"), wickelte ich meinen Verband ab, um meine Wunde zu begutachten. Doch da war nichts, außer einer kleinen Narbe. Nun beugte auch Seiran sich interessiert vor. "Was hast du denn gemacht, dass deine Wunde so schnell verheilt ist? Sie war schon nicht ohne...", fragte sie verwirrt. "Ich weiß es nicht. Bei mir waren schon immer Wunden recht schnell verheilt. Kratzer oder Schürfwunden waren nach einer Nacht komplett verschwunden und als ich mir einmal am Bein was gebrochen hatte, konnte ich nach wenigen Tagen wieder laufen.", erzählte ich. Trotzdem wunderte es mich leicht. Schon immer hatte ich bei Verletzungen diesen Traum, immer eine Nacht, bevor es verheilt war. Immer waren diese beiden leuchtend roten Punkte da, die haarscharf an der Wunde vorbeisausten und jedesmal war am Morgen alles geheilt. Seiran lächelte. "Das ist ja super!", freute sie sich. "Dann können wir heute ja ein wenig weiter ins Landesinnere gehen!" Ich nickte. Als ich hinter Seiran aus der Höhle in die Sonne trat, musste ich erst einmal mehrmals blinzeln. Es dauerte ein wenig, bis ich mich an das Licht gewöhnt hatte. "Kommst du?", rief Seiran nach mir. Sie stand bereits vor einer leichten Anhöhe, auf der man weiter hinten den Eingang zu einer weiteren Höhle sehen konnte. Ich folgte ihr schnell. ,,Kommst du denn da hoch?", fragte ich sie neckend. ,,N...Natürlich!", stotterte sie. ,,Schon verstanden. Komm, ich helf dir!" Seiran stand vor der Anhöhe. ,,Als erstes legst du deine Unterarme auf die Anhöhe. Siehst du? Etwa so...", erklärte ich und machte es ihr vor. Seiran zögerte erst, bevor sie es mir nachmachte. ,,Und jetzt... Holst du ein wenig Schwung, springst und ziehst dich hoch!" Seiran tat wie ich es ihr vorgemacht hatte. Doch sie blieb halb stecken, also gab ich ihr von unten ein wenig Abhilfe. Sie schaffte es. Ich kletterte ihr flink hinterher. ,,Ich kann tatsächlich noch was von dir lernen...", murmelte sie. ,,Hab ich doch gesagt!", grinste ich und lief vor. ,,Kommst du?" Fragend drehte ich mich um. Seiran stand immer noch an Ort und Stelle. Ihr Blick war gesenkt. Ich kam zurück. ,,Seiran?" Seiran blickte auf. ,,Hm? Was ist denn?" Sie schüttelte ihren Kopf leicht, als wäre sie in Gedanken versunken gewesen. ,,Ich glaub... ich bleib besser hier... Geh du alleine. Ich warte in der Höhle auf dich. Vielleicht finde ich hier noch ein paar nützliche Sachen. Ich bin dir nur ein Klotz am Bein...", meinte sie entmutigt. ,,Seiran? ...Na gut. Aber du musst mir versprechen, dich nicht zu weit zu entfernen, okay? Wir treffen uns dann in etwa zwei Stunden wieder hier, einverstanden?", fragte ich. Seiran nickte und sprang wieder hinunter. ,,Aber lass dir nicht zu viel Zeit!", lachte sie. Gut. Sie war wieder fröhlich. Ich atmete einmal tief durch und sah ihr noch ein paar Sekunden nach, bevor ich mich umdrehte und weiterging. ***S Nachdem Toki verschwunden war, ging ich erst einmal zum Strand, um vielleicht was Gutes zu finden. Ich steckte meine Hand in die Tasche und fand einen geraden Zweig. Da hatte ich eine Idee. Ich lief zum Strand und steckte den Zweig in die Erde. Es war ziemlich genau Mittag, denn die Sonne stand im Zenit. Ich nahm einen weiteren Stock und malte eine zwölf dahin, wo der Schatten des Zweiges jetzt war: Eine Sonnenuhr! Auf die gegenüberliegende Seite malte ich eine Sechs, rechts und links in der Mitte zwischen zwölf und sechs schrieb ich eine drei und eine neun. Jetzt wusste ich, wann ungefähr Toki wiederkommen würde. Ich hatte gesehen, dass er eine Armbanduhr umhatte, also weiß er immer die genaue Zeit. Ich grinste über meinen guten Einfall und fing an, am Strand nach Muscheln, Steinen und ähnlichem zu suchen. ***T Nachdem ich eine Weile gelaufen war, kam ich an eine Höhle. Vorsichtig ging ich hinein, mit allem rechnend. Die Höhle war lang. Ziemlich lang. Ich kam an einer kleinen Wasserstelle vorbei. Da ich ziemlichen Durst hatte, trank ich erst einmal was. Nachdem ich mir den Mund abgewischt hatte, ging ich weiter. Nach einiger Zeit kam ich wieder an die Sonne. Sie blendete mich, also schirmte ich mit einer Hand die Sonnenstrahlen ab und sah mich um. Ich war auf einer weiten Wiese gelandet. Das Gras war ziemlich hoch, bestimmt einen halben Meter. Am Ende der Wiese fing ein kleiner Wald an. Einige Felsen standen in dem Grasmeer. So nannte ich es einfach mal. Da sah ich plötzlich ein Reh grasen. 'Wunderbar! Unser Mittagessen!', dachte ich mir. Ich zückte mein Taschenmesser, welches ich immer dabei hatte. Leise schlich ich auf das Reh zu, mich im Gras versteckend. Doch auf einmal spürte ich ein Stechen in der Brust. 'Was zum...!', dachte ich, als mir auch noch furchtbar heiß wurde. Die Welt um mich herum verschwamm. Mir fiel das Atmen schwer. Wieder dieses Stechen! Es tat furchtbar weh! Immer wieder kam dieses Stechen! Ich versuchte, den Schmerz zu ignorieren, doch es war sehr schwer. Keuchend hielt ich mich an einem der Felsen fest. Das Reh sah auf und rannte davon. Doch das war mir egal. Ich ging in die Knie. Schweißtropfen rannen mir über das Gesicht. Der Schmerz wurde unerträglich! Ich schrie auf, bevor die Welt um mich herum schwarz wurde und ich in Ohnmacht fiel... ***S Ich war gerade dabei, einige Himbeeren vom Strauch zu pflücken, als ich einen Schrei hörte. Erschreckt fuhr ich auf. Das war Toki! Irgendetwas musste passiert sein...! Ich ließ die Himbeeren fallen und lief zu der Anhöhe. Ich befolgte genau das, was Toki mir beigebracht hatte, und schaffte es tatsächlich auf die Anhöhe! Kurz lobte ich mich selber, doch dann erinnerte ich mich an Toki. Ich lief den Weg entlang und kam an eine Höhle, in die ich ohne zu zögern hinein ging. Selbst wenn hier ein Bär leben würde, Toki war in Gefahr und ich musste ihm helfen! Doch kein Tier kam mir entgegen. Ich kam an einer Wasserstelle vorbei, wo ich doch kurz etwas trank, da ich ein wenig außer Atem war, weil ich den ganzen Weg über gerannt war. Doch dann lief ich schnell weiter. Ich konnte Licht sehen: Der Ausgang der Höhle! Als ich hinausging, blendete mich erst die Sonne ein wenig, doch ich gewöhnte mich schnell daran. Ich stand am Rand einer großen Wiese. Das Gras war ziemlich hoch. In der Höhle war Toki nicht, also musste er hier sein, denn weiter kann er noch nicht gekommen sein. Auf der Wiese standen einige Felsen. Da er auf keinem dieser Felsen zu sehen war, musste er im Gras sein! Was, wenn er wegen irgendetwas zusammengebrochen war? Oder wenn ein wildes Tier ihn angegriffen hat? Ich beschloss, auf einen der Felsen zu klettern, um einen besseren Überblick zu haben. Ich rannte zu dem Nächstbesten und zog mich mühselig hinauf. Dann sah ich mich um. ,,Toki! Toki!!", rief ich, so laut ich konnte. Wenn er antwortete, war er hoffentlich noch wohlauf. Doch nichts war zu hören, außer der Wind, der durch das Gras wehte. Da sah ich zwischen den Grasbüscheln bei einem anderen Felsen etwas hellblaues. Hoffnungsvoll sprang ich vom Felsen und lief in jene Richtung. Tatsächlich! Toki war bei dem Felsen anscheinend aus irgendeinem Grund in Ohnmacht gefallen. Das Blaue, was ich gesehen hatte, war sein Hemd gewesen. ,,Toki! Toki, wach auf!!", schrie ich ihn an. Da bemerkte ich, dass er in seiner Hand ein Taschenmesser hatte. Also hatte ihn anscheinend etwas angegriffen. Aber er hatte keinerlei Wunden, also musste es einen anderen Grund haben. Ich schüttelte ihn kräftig. ,,TOKI! JETZT WACH AUF, DU VOLLIDIOT!!", schrie ich ihm ins Ohr. Er stöhnte. Ich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Wenigstens war er nicht tot, doch seine Augen waren immer noch geschlossen. Er regte sich auch gar nicht, bis auf sein Bauch, der sich kaum hebte und senkte. Ich holte tief Luft:,,TOOOOKIIII!!" Er zuckte zusammen. ,,JETZT WACH ENDLICH AUF!!!" Seine Augen öffneten sich ruckartig und er schnellte hoch. Zum zweiten Mal an diesem Tag bekam ich eine Kopfnuss verpasst. ,,AU!", stieß ich aus. Ich rieb mir die schmerzende Stirn. Toki jedoch jaulte einmal kurz auf und versteckte sich dann plötzlich im Schatten des Felsens. ,,Toki...?", fragte ich verwirrt. Vorsichtig sah ich um den Felsen herum. Toki schnaufte leicht. Er hatte sich im tiefsten Schatten verkrochen und funkelte mich mit blutroten Augen an. Irgendwie... wirkte er... hungrig. ,,Toki... Was...?", wollte ich anfangen, doch dieser kam hervorgeschnellt, zog sich jedoch schnell wieder zurück, als er aus dem Schatten herauskam. Er fauchte mich wieder an und ich konnte zwei spitze Eckzähne sehen. 'Ein Vampir?!', dachte ich erschrocken. 'Toki ist... ein Vampir?!' Diesmal kam er langsamer angekrochen, immer darauf achtend, im Schatten zu bleiben. Ich kam ein Stück näher. Wie erwartet schnellte Toki wieder vor, sobald ich innerhalb des Schattens war. Ich packte ihn bei den Schultern. Er versuchte, sich loszumachen, auch, zuzuschnappen, war aber nicht in der Lage dazu. Ihn mit einer Hand an dem Hemd etwas von mir haltend, holte ich aus und gab ihm eine heftige Ohrfeige. ,,WACH ENDLICH AUF, DU VOLLPFOSTEN!!!!", schrie ich ihn an, während Toki nun mit dem Gesicht von mir weggedreht, auf dem Boden lag. Oh Gott, ich hatte ihn doch nicht K.O. geschlagen?! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)