Memories von Lina_ ================================================================================ Kapitel 9: Thunderstorm ----------------------- „Bis gleich dann, ja?“ Mit einem Wink verabschiedete sich der Sänger, konnte Toru dem Älteren noch ein „Pass auf dich auf!“ zurufen, ehe der dann doch die Tür hinter sich verschlossen hatte. Nachdem Takahiro sich freiwillig aus einer Laune heraus dazu bereiterklärt hatte, ihnen jeden Morgen aus dem kleinen Café, in dem er letztlich Takeru kennengelernt hatte - oder eigentlich besser gesagt nach längerer Zeit wieder begegnet war – ihr Frühstück von dort zu besorgen, war es doch Takas Intention, den für ihn neugewonnenen Freund etwas näher kennenzulernen. Kaum hatte der Lockenkopf die Straße betreten, musste er den Kragen seiner Jacke doch etwas höher ziehen, des kühlen Windes wegen, der an diesem Morgen durch die Straßen fegte. Auch die Wolkendecke hatte sich deutlich verdunkelt, so entschloss sich Taka den heutigen Ausflug ins Café zu kürzen, um nicht im völligen Regen nach Hause zu kommen, oder doch gar im Gewitter. Letzteres hoffe der Frontmann dann doch vermeiden zu können, so konnte er sich noch zu gut daran erinnern, eine gewisse Angst gegenüber derartigen Naturereignissen auszuleben. Für einen Rückzug war es jetzt aber ohnehin zu spät und der Weg ins Café erwies sich zum Glück des Sängers nicht mehr als allzu lang, sodass er binnen weniger Minuten sowieso dort sein würde. „Guten Morgen Taka. Ich habe dir bereits alles Nötige in die Tüte hier gepackt, da ich denke, du nimmst dasselbe wie die Tage zuvor auch?“ Ein freundliches Lächeln schenkte ihm der junge Mann, der sich natürlich als Takeru entpuppte. Die beiden Männer hatten sich bereits nach dem zweiten Wiedersehen im Café das Du angeboten, zumal sie sich ja so oder so schon vorher kannten; war dies jedoch in Takas Gedächtnis vorerst noch verloren gegangen. Nickend nahm der Lockenkopf schließlich die kleine Tüte entgegen, ebenso wie die kleine Palette mit den darin georderten Koffeingetränken und bedankte sich bei seinem Freund. „Vielen Dank.“, richtete der Ältere der beiden dann noch an den Anderen, bekam von diesem nur einen freundlichen „Guten Appetit“ gewünscht, bevor er den Sänger schließlich auf die Wolkenwand hinwies, die sich in der kurzen Zeit deutlich dichter zugezogen hatte und wollte ihn damit daran erinnern, sich nun doch lieber wieder auf den Heimweg zu machen. Eigentlich hatte sich der Lockenkopf vorgenommen, sich an diesem Morgen ein wenig mit dem Brünetten zu unterhalten, mehr über dessen Leben herauszufinden, über das er womöglich vor dem Unfall bestens Bescheid gewusst hatte, jedoch war die Vorstellung, dass er deswegen im Gewitter zurück zu Torus Wohnung musste, alles andere als angenehm, weswegen er dieses Vorhaben wohl oder übel auf einen anderen Zeitpunkt verschieben musste. „Ich würde dich ja gerne fahren, aber morgens ist hier doch recht viel los und die brauchen hier jede Hilfe. Beeil dich am besten und melde dich, wenn du Zuhause bist, ja?“, bat Takeru schließlich noch, sorgte jedoch damit für ein verwirrtes Stirnrunzeln in Takas Gesicht. „Ach ja, hab ich ganz vergessen. Du wirst meine Nummer wohl nicht mehr haben, nachdem dein altes Handy doch kaputt gegangen ist.“, merkte Takeru an und zückte bereits einen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche, der normalerweise dazu diente, Bestellungen aufzunehmen. Flink kitzelte der junge Mann eine Zahlenfolge auf Takas Handrücken, schenkte ihm zum Abschluss noch ein breites Lächeln, ehe er sich der nachfolgenden Kundin zuwandte und sich Taka dann doch auf den Weg machte. Sein Herz klopfte wie wild, als er die Nummer auf seinem Handrücken immer wieder durchlas und sie wohl bald auswendig kennen würde. Wahrscheinlich war es dieses kleine Kunstwerk auf seiner Hand, das den Sänger von dem über sich zusammenbrauenden Unwetter ablenkte, bevor er schließlich doch wieder in Torus unmittelbarer Nähe war. Die Augen wieder auf den Weg richtend, erblickte der Lockenkopf schon die Tür, hinter der sich nach einigen erklommenen Treppen die Wohnung des Gitarristen verbarg. „Bin wieder da!“, flötete der Sänger, musste jedoch nach einigen Sekunden der Stille feststellen, dass Toru scheinbar nicht hier war. Etwas geknickt, oder vielmehr besorgt war der Ältere dann schon, da sich der Blonde nicht bei ihm über sein Fortgehen gemeldet hatte, aber wie sollte er auch? Taka hatte noch immer kein Handy, einfach aus dem Grund, dass er es momentan nun mal nicht benötigte. Doch nicht mal einen Zettel mit der nötigen Information hatte Toru ihm auf einem Tisch hinterlassen, stellte Taka fest, als er die Küche betrat und dort Brötchen und Kaffee auf dem Tisch abstellte. Nur um ganz sicher zu gehen, verkroch er sich ins Wohnzimmer, um auch dort nach einer möglichen Nachricht zu suchen. Ein lautes Donnern, was viel mehr nach einer Explosion klang, sowie der darauf folgende, grelle Blitz, der das Zimmer erleuchtete, ließen Taka reflexartig zusammen zucken, sank der zierliche Frontmann die Hände über dem Kopf ablegend panisch schreiend auf die Knie. Wahrscheinlich hatte das Gewitter irgendwo eine Stromleitung lahmgelegt, da plötzlich jegliche Lichter und sonstige Stromquellen in der Wohnung, und auch sonst wo in den Straßen Tokios ausfielen. „T...t...to...o…ru...“, zitterte der Sänger mit leiser Stimme, verzog das Gesicht in ängstliche Züge, wobei er die Augen so sehr zusammenkniff, dass es wehtat. Ein weiterer lauter Knall; Taka dachte nicht einen Moment weiter darüber nach, sondern verkroch sich schnellstmöglich unter den Tisch im Esszimmer, kauerte sich darunter zusammen und begann, sich zu verkrampfen. In kurzen Zügen zog der Sänger immer wieder die Luft ein, atmete diese ebenso schnell wieder aus, sodass Taka, wenn er sich nicht bald beruhigte, wohl ohnmächtig werden würde. An die Tabletten hatte er, als er das Gebäude verlassen hatte, nicht gedacht und in dieser Panik würde er auch nicht darauf kommen, wo er sie jetzt finden würde und so kam es ihm jetzt auch nicht in den Kopf, sein vermeidliches sicheres Plätzchen zu verlassen, um nach ihnen zu suchen. „Toru...“, wimmerte Taka nun deutlich verzweifelter als zuvor, hielt sich die Ohren mit den Händen zu und biss die Zähne krampfhaft zusammen. Bitterlich weinte der zierliche Mann, schrie schon praktisch, doch es kam niemand. Keiner war da, der ihn hörte. Niemand war da, der ihn tröstete und um ihn herum tobte noch immer dieses Unwetter, das mit jedem Donner das laute, Schluchzen, die verzweifelten Hilferufe verschluckte. „TOORUU!!!“, schrie Taka mit aller Kraft, die er jetzt noch aufbringen konnte, ließ sich schließlich ergeben gegen das Tischbein hinter sich fallen, war er doch so schwach und enttäuscht darüber, dass seine Hilferufe einfach kein Gehör fanden. Die Tür würde lautstark aufgerissen, sodass eine Konfrontation mit der dahinterliegenden Wand vorherzusehen war, ignorierte dies Toru, der soeben die Wohnung betreten hatte, jedoch und stürmte panisch ins Innere. „Taka?? Taka, wo bist du?!!“, rief Toru verzweifelt durch die Zimmer, schenkte den Tränen, die sich bereits der in ihm aufsteigenden Panik in seinen Augen ansammelten keine Beachtung. Zwar bekam er keine Antwort, vernahm aber trotz dessen ein deutliches Schluchzen aus dem Esszimmer. Auf leisen Sohlen schlich der Bandleader in den besagten Raum und konnte sofort eine zusammengekauerte Person unter dem darin positionierten Tisch vorfinden. „Taka, ganz ruhig. Ich bin ja hier, okay?“ Federleicht legte er die Hände von hinten auf den Schultern des Sängers ab, versuchte ihn nicht zu erschrecken, konnte Taka allerdings ein schreckhaftes Aufzucken nicht vermeiden. „Komm her, hier bei mir bist du sicher.“, wisperte Toru, hatte er sich hinter dem Frontmann niedergelassen und zog ihn nun vorsichtig unter dem Tisch hervor und auf seinen Schoß. Da der zierliche Körper kaum Gewicht aufwies, hatte Toru damit herzlich wenige Probleme und Taka würde sich auch nicht dagegen wehren. Zärtlich strich er dem kleinen Mann immer wieder beruhigend durch die Locken, drückte ihn dicht an seine Brust und wiegte ihn durch eine Bewegung, ausgeführt von Torus eigenem Körper, doch tatsächlich leicht vor und zurück. Zwar war Taka erleichtert darüber, den Blonden endlich um sich zu spüren, weinte er nun aber um einiges mehr, schrie immer wieder verkrampft auf, endete allerdings jeder Schrei in einem heiseren Kratzen im Halse des Schwarzhaarigen. Weitere Tränen sammelten sich an und nun konnte auch Toru diese nicht länger unterdrücken, nicht langer zurückhalten, und ließ sie endlich laufen, Taka würde sie vermutlich ohnehin nicht bemerken. Unendliche Schuldgefühle machten sich in seinem Körper breit. Er war doch gefühlt nur einige Minuten fort gewesen und doch saß Taka jetzt hier bitterlich weinend in seinen Armen mit einer Panikattacke, ausgelöst vom draußen wütenden Unwetter, dabei hätte er es doch besser wissen müssen. Schon immer hegte Takahiro eine schreckliche Phobie gegenüber Gewittern, gerade der Blitze wegen und doch hatte Toru leichtsinnig gehandelt und ihn zum ersten einfach auf die Straße gehen lassen und zum zweiten, alleine in seiner Wohnung zurück gelassen, anstatt auf seine Rückkehr zu warten, dabei war er doch nur in den Keller gegangen, um die Wäsche aufzuhängen, da er sich seither davor sträubte, sie einer Wäscherei auszuhändigen, hatte Taka in zu jener Zeit dazu bewegt, die Dinge selbst zu erledigen und seinen häuslichen Pflichten nachzukommen und jetzt hatte er die Quittung für sein Handeln bekommen. „Kleiner, jetzt bin ich hier und nichts kann dir mehr passieren. In meinen Armen bist du ganz sicher, versprochen.“ Enger drückte er sich gegen den zitternden Körper, um seinen Worten Bedeutung zu schenken. Sofort konnte der junge Bandleader spüren, wie sehr sich Taka in den Stoff seines Shirts am Rücken krallte, sich dabei mehr als verängstig gegen den Kontakt lehnte und herzzerreißend weinte, was jedoch abgedämpft wurde, da er sein Gesicht fest an Torus Brust presste. „Lass mich nicht los, Toru...bitte nicht...“, flehte Takahiro leise gegen den dünnen Stoff, der durch die Tränen an einem Fleck nass geworden war. Stumme Tränen rannen über Torus Wangen, versuchte er sein Bestes den Kleinen zu beruhigen, indem er ihm langsam über den Rücken strich. „Das werde ich ganz bestimmt nicht tun, Taka. Ganz sicher nicht. Bitte verzeih' mir, dass ich nicht sofort hier war, als du mich brauchtest.“, wisperte Toru leise, fanden diese warmen Worte doch endlich Gehör bei dem Kleineren. Langsam beruhigte sich dessen Atmung, sein Körper lockerte sich und heißer Atem traf auf die durchnässte Stelle an Torus Brust. Die Gänsehaut, welche dem Jüngeren drohte aufzusteigen, musste er mit aller Kraft versuchen zu unterdrücken, ebenso ein schweres Schlucken, da ihm die Nähe zu dem Sänger deutlich zusetzte, seinen Herzschlag schwerer werden ließ. „Es tut mir so leid...“, flüsterte Toru, bahnte sich noch eine letzte, dicke Träne den Weg über seine nasse Wange. Wieder begann er leicht hin und her schaukeln, schien es den kleinen Sänger dieses Mal deutlich besser zu beruhigen. Das Gewitter dauerte zwar noch immer an, Torus beruhigende Gesten und vor allem dessen Nähe konnten Taka allerdings so weit beruhigen, dass dieser zumindest nicht wieder einer Panikattacke verfiel. „Danke.“ Fast hätte der Gitarrist dieses kleine Wort überhört, war es doch so leise und beinahe stumm gewesen und doch erwärmte es das Herz des Blonden. Doch noch immer löste sich Takahiro nicht von dem Größeren, auch wenn sich sein Griff in dessen Shirt deutlich lockerte. Flüchtig wischte sich der Bandleader mit dem Handrücken jene Rinnsale von Tränen fort, legte seine Hand danach sofort wieder auf dem schmalen Rücken ab und verweilte dort eine kleine Ewigkeit, bis das Gewitter vorüberzog. „Kann ich noch irgendwas für dich tun?“, erkundigte sich Toru schwach lächelnd beim Älteren, als sich dieser etwas von ihm löste, um Blickkontakt zu suchen. „Ich denke nicht...glaube ich..“, murmelte Taka noch immer etwas abwesend vor sich hin, waren seine Augen vom vielen Weinen noch immer ganz rot, so war auch eine gewisse Müdigkeit in ihnen zu erkennen. „Wie wäre es mit ein bisschen Schlaf? An Frühstück ist jetzt wohl erstmal nicht zu denken. Ich werde auch nicht weggehen, sondern die ganze Zeit über neben dir liegen, in Ordnung?“, bot der Blonde um die Verfassung des Älteren besorgt an. Ein schwaches, dennoch zunächst zögerliches Nicken gewehrte dem Toru schließlich, zusammen mit dem Lockenkopf auf den Armen aufzustehen. „Ich will lieber auf der Couch schlafen.“ Noch bevor Toru einen Schritt getan hatte, erreichten ihn diese Worte mit niedlich gesprochener Stimme, woraufhin er sich ein sanftes Lächeln nicht verkneifen konnte. Ohne Weiteres setzte er sich also auf die Couch, krabbelte Taka sobald er saß stillschweigend und vorsichtig von seinem Schoß herunter, um sich auf besagtem Möbelstück lang zu machen, seinen Kopf zuletzt einfach auf Torus Oberschenkel ablegte, ohne Weiteres die Augen schloss und sich nur noch einmal nach außen hin auf die Seite drehte, dann nicht mehr lange brauchte, ehe er tatsächlich eingeschlafen war. Auch Toru nahm es sich heraus, eine Weile zu ruhen, ließ den Kopf gegen die Rückenlehne fallen, schloss seufzend die Augen und streichelte den Arm des Sängers schon unbewusst, wollte er ihm so dennoch zeigen, dass er bei ihm war. Sich dermaßen um den Kleineren kümmern zu müssen, zerrte allmählich an den Kräften des Jüngeren, doch wollte er nur zu gerne für den Lockenkopf da sein, vor allem, weil er ihn noch immer mit jeder Faser seines Körpers liebte... Ein nervöses Winden von Takas Kopf auf seinem Schoß rief Toru zurück aus seinem Halbschlaf, hatte er doch eindeutig gehört, wie Taka gesprochen hatte, da die Worte aber unverständlich gewesen waren, machte Toru bereits Anstalten, noch einmal nachzufragen, als er dann aber den noch immer schlafenden Körper ausmachte, unterdrückte Toru seine Neugierde, zumal Taka die Worte, oder wie sich jetzt herauskristallisierte, den Namen widerholte. Doch auch wenn er das tat, so konnte der junge Bandleader noch immer nicht ausmachen, um wen es sich in Takas Traum handelte. Der Name begann wohl mit einem T, den Rest konnte der Gitarrist vorerst aber immer noch nicht verstehen. Eigentlich sollte er sich schämen, den Älteren derartig zu belauschen und irgendwo tat er das auch tatsächlich, nur die Tatsache, dass es sich hierbei um ihn selbst handeln könnte, der da in den Träumen des Kleineren herumhuschte, ließ sein Herz doch einige Takte schneller schlagen, wenn es sich hierbei auch bloß um den verzweifelten Drang danach handelte, endlich wieder so mit dem Lockigen leben zu können, wie er es vor dem Unfall getan hatte. Wieder vernahm er Takas nuschelndes Seufzen, hinter dem sich eindeutig ein Name verbarg und es zerbrach Toru beinahe das Herz, wie er die linke Hand des Sängers an dessen Gesicht erblickte, die er im Schlaf dort positioniert hatte und auf der in schnörkeliger Schrift eine Zahlenreihe notiert worden war. Einer Kettenreaktion gleichend, fügte sich so einiges in Torus Kopf zusammen. Den Namen, den er plötzlich meinte deutlich verstehen zu können in Verbindung mit der Handynummer, die er anhand der ersten Ziffern als solche identifizieren konnte, welche offensichtlich nur von einer Person stammen konnte, sorgten dafür, dass sich das bereits schon viel zu oft beanspruchte Herz in Torus Brust bis aufs Kleinste zusammenzog. Es war Takeru, von dem Taka da auf seinem Schoß liegend träumte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)