Beyblade N. G. von KradNibeid (Aktuell: Kapitel 15 - Garys Galzzly) ================================================================================ Kapitel 6: Unerwartete Hilfe ---------------------------- - 25. April, New York – Lustlos schob Kenny das Essen auf seinem Frühstücksteller hin und her, konnte sich jedoch nicht dazu überwinden, einen Bissen zu nehmen. Der Schock, den ihm das Treffen mit Max beigebracht hatte, steckte noch immer tief in seinen Knochen. Auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass Max es selbst gewesen war, der den Kontakt abgebrochen hatte, fühlte er sich mitschuldig daran, dass es so weit hatte kommen können. Wenn er sich nur etwas mehr Mühe gegeben hätte, wenn er Max nur besser im Auge gehabt hätte, als er noch die Chance dazu gehabt hatte – vielleicht hätte er ihn dann retten können. Vielleicht hätte er auch Tyson retten können, wenn er besser aufgepasst hätte, was auch immer mit ihm passiert war. Wenn er sich nur mehr um ihn gekümmert hätte… „Du siehst furchtbar aus, Kenny. Was hast du heute Nacht getrieben?“ Erschöpft blinzelte er, als jemand den Stuhl neben ihm zur Seite schob und sich zu ihm an den Tisch setzte. Besorgt lehnte sich Emily nach vorne, um ihm ins Gesicht sehen zu können (er hatte ganz vergessen, dass er sich an diesem Morgen mit ihr verabredet hatte). Es war eine Tatsache, dass er in den letzten zwei Nächten von trüben Gedanken geplagt wach gelegen hatte, und die Belastung durch die Besprechungen mit BeyWheelz tat ihr Übriges dazu – doch sobald er die Augen schloss sah er wieder Max vor sich, mit diesem verlorenen Gesichtsausdruck, und Tysons verlassenes Haus. An Schlaf war dabei einfach nicht zu denken. „Ich denke abends nur zu viel über die Meetings nach – es ist nichts weiter“, log er schnell und hoffte, dass Emily nicht weiter nachfragen würde. Nachdem sie nach wie vor Judys rechte Hand war, wollte er nur ungern mit ihr über Max‘ Geschichte reden – wenn sie die Details nicht schon kannte. Emily nickte langsam, bedachte ihn nochmals mit einem besorgten Blick und zog dann ein Tablet aus ihrer Tasche. Sie öffnete einige Anwendungen und hielt ihm den Bildschirm vor die Nase. „Ich habe mich ein wenig schlau gemacht wegen dieses Signals, von dem du mir erzählt hast. Und wenn du nicht so überzeugend gewesen wärest, dann hätte ich dich ehrlicherweise ausgelacht – denn bis vor ein paar Tagen habe ich absolut nichts in unseren Systemen finden können. Kein Bug, kein Virus, kein fehlerhaftes Patch; keine Anomalien in den Systemleistungen oder den Servern; keines der normalen Geräte war in der Lage, irgendein Signal zu finden, das nicht auch von uns kam und fehlerfrei lief“, Kenny wollte gerade widersprechen, als Emily seinen Einwurf unterband, „bis ich dann noch einmal mit den CM-Systemen der PPB alle Kanäle abgesucht habe – und fündig geworden bin.“ Sie tippte etwas auf dem Tablet ein, und einige Hüllkurven erschienen auf dem Bildschirm. „Hier, siehst du die oberen beiden Grafiken? Das sind die normalen PPB-Frequenzen, mit denen wir unsere AI-Systeme weltweit synchronisieren. Aber das hier“, sie deutete auf die unterste Anzeige, „das hier ist nicht von uns – zumindest nicht aus dem PPB-Programm. Aber siehst du, wie ähnlich sich die Signale sind?“ Mit einer einfachen Bewegung schob sie die drei Hüllkurven übereinander, und Kenny sah die Bestätigung für das, was er selbst schon herausgefunden hatte: bis auf marginale Unterschiede waren die Wellen identisch. „Die Struktur zeigt eindeutig, dass es eine Cyber-Mind-Sendung ist; allerdings habe ich ehrlicherweise noch keine Idee, wo sie herkommen könnte. Künstliche Bitbeasts sind nicht so einfach zu erschaffen, wie es scheint, und seit Zagart und die Biovolt gefallen sind ist die PPB die einzige Einrichtung der Welt, die es geschafft hat, stabile Cyber-Beasts zu programmieren und ihre neuralen Kapazitäten auch für Zwecke der Forschung, Wissenschaft und Datenverarbeitung zu nutzen. Außerdem sind die Firewalls der PPB quasi unüberwindbar – es ist unmöglich, dass sich jemand von außen in unsere Systeme gehackt und ein weiteres Signal eingeschleust hat. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass es unsere eigenen Sender sind, die das Signal verschicken.“ „Und was bedeutet das…?“ Kenny fühlte sich dumm, diese Frage stellen zu müssen, doch er hatte an diesem Morgen eindeutig zu wenig geschlafen und zu viele andere Dinge im Kopf, um bei Emilys Redeschwall nicht den Überblick zu verlieren. Mit einem Augenrollen packte Emily ihr Tablet wieder in die Tasche. „Das bedeutet, Kenny, dass wir jemandem in der PPB haben, der offensichtlich dieses Signal einschleust – warum auch immer.“ Nachdenklich ließ Kenny seine Gabel auf den Teller sinken. „Du meinst, es gibt einen Spion in der PPB?“ „Entweder das, oder jemanden, der einen Ego-Trip hat und versucht, irgendein tolles Projekt ohne mein Okay durchzuziehen. Bevor wir das herausfinden bleibt allerdings die Frage, was genau dieses Signal nun eigentlich tut – du meintest, dass Dizzi sich davon gestört fühlt, aber ansonsten konnte ich bisher keinerlei Zugriffe auf andere Programme oder Datenströme finden. Es ist auch merkwürdig, dass das Signal offensichtlich nur von den CM-Systemen gefunden werden kann.“ Mit einem Schulterzucken stand sie wieder auf und nickte Kenny zu. „In Jedem Fall wollte ich dir ein Update geben, was ich aktuell herausgefunden habe, und mich bedanken. Warum auch immer wer auch immer dieses Signal über unsere Satelliten laufen lässt, es ist mein Job, ihm gehörig in den hintern zu treten. Ohne dich hätte ich diese Chance fast verpasst!“ Mit einem vergnügten Grinsen zwinkerte Emily ihm zu, doch er konnte an ihrer verspannten Haltung sehen, dass es sie ärgerte, dass es in ihrer Abteilung eine solche Sicherheitslücke gab. „In jedem Fall werden wir uns hoffentlich noch sehen, bevor du wieder abreisen musst; es sind ja auch noch ein paar Tage, nicht wahr? Bis dann also!“ So schnell sie gekommen war, so schnell war sie wieder verschwunden, und Kenny blieb wieder alleine mit seinem Frühstück am Tisch zurück. - 27. April, New York – Der Himmel war schwarz, doch die Lichter der Stadt leuchteten unaufhörlich und drangen durch die Fenster in sein Hotelzimmer. In eine Decke gewickelt saß Kenny auf seinem Bett, Dizzi auf dem Schoß, und ging seine E-Mails durch. Er war nun schon eine Woche in den Staaten, und die Verhandlungen über seinen Prototypen zogen sich hin. Es war ihm gar nicht bewusst gewesen, wie viel Aufwand in der Abwicklung eines solchen Geschäfts steckte; bisher hatte er bei den meisten seiner neuen Entwicklungen einfach nur die Baupläne an die nächsthöhere Stelle weitergeleitet, die sich dann um alles andere gekümmert hatte. Nun, da er selbst an den Verhandlungen beteiligt war, empfand er tiefe Bewunderung für die Menschen, die so etwas ständig taten. Eine Brise wehte durch die offene Balkontür, und er zog die Decke enger um sich. Gerne hätte er einfach die Heizung aufgedreht, das Fenster geschlossen (und damit die Kälte ausgesperrt) und sich einfach schlafen gelegt, doch er hatte noch zu viel Arbeit vor sich. Am nächsten Morgen würden die abschließenden Details der Verhandlungen geklärt, und er hatte noch seitenweise Notizen zusammenzufassen. Die kühle Abendluft hielt ihn wach und am Arbeiten; und so konnte er auch den Schuldgefühlen entkommen, die ihn noch immer wegen Max und Tyson plagten. „Deine Liebste hat dir geschrieben“, flötete Dizzi auf einmal in hämischem Ton, und Kenny schnaubte mit einem schwachen Lächeln. „Du wirst mir wohl nie glauben, dass zwischen uns nichts läuft“, murmelte er gedankenverloren, während er die neuste E-Mail öffnete und den Text überflog. Ungläubig zog er die Augenbrauen zusammen. Emily hatte tatsächlich herausgefunden, woher das Signal kam – und die Wahrheit hatte sie wohl ebenso überrascht wie ihn. Offensichtlich hatte die PPB den mysteriösen Stein, der vor einiger Zeit aus dem Museum of Natural History gestohlen worden war, tatsächlich untersucht, bevor sie ihn an das Museum geleitet hatte (ohne diese Daten jedoch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, was Kenny sehr ärgerte; für seinen Aufsatz wären diese Aufzeichnungen sehr hilfreich gewesen). Die Daten hatten zwar die Existenz eines Bitbeast im Inneren des Steines bestätigt, allerdings war es in seiner weiteren Struktur für die Forschungsabteilung der PPB nicht interessant gewesen; daher hatte man den Stein ohne weiteren Vermerk an das Museum weitergereicht. Bei der Untersuchung war es allerdings wohl zu einem Zwischenfall gekommen (den man Emily zunächst verschwiegen hatte – Kenny empfand spontanes Mitleid für den Mitarbeiter, der dafür nun seinen Job verlieren würde), der es dem Bitbeast ermöglicht hatte, sich kurz mit den CM-Systemen zu verbinden: dem Netzwerk, das dafür verantwortlich war, die AIs der PPB und die Cyber-Minds ihrer künstlichen Bitbeasts zu kontrollieren und zu verwalten. Zwar war die Verbindung wieder unterbrochen worden, doch eine Kopie (oder eher: ein Echo) der Energiesignatur des Beasts war in den Systemen zurückgeblieben. Das war wohl auch der Grund, warum nur Dizzi und die Cyber-Mind-Systeme das Signal finden konnten – die Trägerwellen von Bitbeasts waren ohne die Technologie der PPB nach wie vor nicht mit üblichen digitalen Systemen kompatibel. Erleichtert seufzte Kenny auf. „Immerhin wäre damit eines unserer Probleme endgültig geklärt – Emily entfernt dieses Datenecho aus dem System, und du bist das Signal los. Damit löst sich alles in Wohlgefallen auf.“ „Was? Du gibst einfach so auf, Chef?“ Empörung schwang in Dizzis Stimme mit. „Wo ist dein Kampfgeist? Deine zweifelnde Natur, dass die Lösung für das Problem so einfach sein kann? Dass Tyson einfach in den Urlaub gefahren ist akzeptierst du nicht – aber diesen Unfug, denn Fräulein Superschlau dir geschickt hat, glaubst du? Wirklich, ich hätte von dem Verschwörungstheoretiker in dir mehr erwartet.“ Mit einem missmutigen Schnauben verdrehte Kenny die Augen und tippte eine schnelle Antwort an Emily, bevor er Dizzi antwortete. „Was erwartest du denn, Dizzi? Das Signal ist gefunden und wird behoben. Es ist jetzt klar, wie es entstanden ist. Soll ich jetzt etwa anfangen, zu behaupten, dass dieses Störsignal für Tysons Verschwinden verantwortlich ist, nur um dich glücklich zu machen?“ Ratlos warf Kenny die Arme in die Luft, und ein heftiger Windstoß durchfuhr den Raum. „Damit hättest du allerdings gar nicht so unrecht“, klang auf einmal eine kalte Männerstimme dicht neben seinem Ohr, und erschrocken schrie Kenny auf. Sofort legte sich eine Hand auf seinen Mund, und ein kräftiger Arm umschlang seinen Körper und hinderte ihn so effektiv daran, sich von der Stelle zu bewegen. „Sei gefälligst leise! Willst du, dass dich das ganze Hotel hört?“, zischte der Mann, und Dizzi kicherte vergnügt auf Kennys Schoß. „Ich habe genug hentai gesehen, um zu wissen, wohin das führt“, kommentierte sie mit fröhlichem Singsang, und Kenny wimmerte leise. Der Schraubstockartige Griff um seinen Körper verhinderte, dass er den Kopf drehen konnte – und da der Fremde mehr oder weniger hinter ihm stand hatte er daher keine Chance zu sehen, wer in sein Hotelzimmer eingebrochen war. Doch er konnte die Muskeln des Anderen durch seine Kleidung hindurch spüren, und er wusste, dass er verloren war; was auch immer dieser Mann mit ihm vor hatte, er würde sich nicht wehren können. „Dizzi, halt die Klappe“, hörte er hinter sich den Einbrecher genervt seufzen, dann wandte er sich an ihn. „Und du hörst mir zu, Kenny: ich werde dich jetzt loslassen, und du wirst nicht schreien. Kapiert?“ Zögerlich nickte Kenny, und nach einem kurzen Moment spürte er, wie sich der Griff des Mannes löste. So schnell er konnte brachte Kenny Abstand zwischen sich und den Eindringling und sog so viel Luft wie möglich ein, um laut zu Schreien – als er endlich sehen konnte, wer da in seinem Hotelzimmer stand. Dunkle Kleidung, deren ganzer Stil nach Gefahr schrie. Ein trainierter Körper, dessen Muskeln sich durch den Stoff abzeichneten. Und ein von blaugrauen Strähnen umrahmtes Gesicht, auf dessen Wangen selbst im Zwielicht des Hotelzimmers blaue Farbe zu erkennen war. Ungläubig starrte Kenny sein Gegenüber an, während Dizzi noch immer glucksend kicherte. „Nur damit ihr beiden es wisst, ich habe jede Sekunde eures Wiedersehens aufgenommen. Stellt euch nur vor, wie viele Likes das werden, wenn ich das poste! Ich werde berühmt!“ „Wenn du das postest, Dizzi, dann haben meine Hacker dein System zerstört, ehe du um Gnade winseln kannst“, knurrte der Mann, und Dizzi seufzte wohlig auf. „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Kai“, säuselte sie, und der Angesprochene rollte mit den Augen. „Was auch immer. Ich bin nicht ohne Grund hier, Kenny“, begann er, und Kenny erwachte aus der Schreckstarre, in die er für Sekunden gefallen war, und stieß langsam den Atem aus, den er angehalten hatte. Er war zu perplex, um etwas zu sagen, daher fuhr Kai einfach unbeirrt fort. „Ich bin momentan dabei, mich um einige Geschäfte zu kümmern, die dringend meiner Aufmerksamkeit bedürfen. Bisher habe ich mich bemüht, die Sache innerhalb der Mauern meines Unternehmens zu lassen, doch leider stößt meine Forschungsabteilung aktuell an ihre Grenzen.“ Mit einer fließenden Bewegung zog er einen Plastikbeutel aus seiner Hosentasche, in dem sich einige kleine Gegenstände befanden, und warf ihn vor Kenny auf das Bett. „Ich brauche deine Hilfe.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)