Madness Returns von kaprikorn (Tales of the Dark Lord) ================================================================================ Kapitel 5: Ruled by Secrecy --------------------------- .RULED BY SECRECY repress and restrain still the pressure and the pain wash the blood off your hands this time she won't understand 1943 BIS 1944 Nein. Das wollte er nicht - das war so nicht geplant gewesen. Aber nun gut, was geschehen ist, ist geschehen und er musste sich irgendwie mit den Konsequenzen arrangieren. Zu dumm nur, dass Tom bei seinem ganzen Forscherdrang irgendwie vergessen hatte, was eigentlich auf dem Spiel stand. Hogwarts ist nicht mehr sicher, die Schule steht vor der Schließung. Nein. Riddle schauderte, riss sich dann mit aller Macht zusammen und trat aus seinem Schatten heraus, um den Heilern dabei zu zu sehen, wie sie die Barre mit dem leblosen Körper die Stufen hinunter trugen. Myrte war tot. Und es war seine Schuld. Tom schluckte schwer. Tatsächlich hatte er mehr Gefühle erwartet, mehr Reaktion, mehr Reue. Doch alles was er empfinden konnte war: nichts. Da war nichts, nichts was ihn ermahnt hätte, mit Ausnahme der Angst. Tom hatte Angst. Er wollte nicht, dass Hogwarts geschlossen werden würde, das wollte er nie. Er wollte nicht zurück nach London und am Wenigsten wollte er für Myrtes Tod verantwortlich gemacht werden. Wie konnte ihm nur so ein Fehler unterlaufen? Riddle war geblendet von seinem kurzweiligen Erfolg die Kammer des Schreckens gefunden zu haben und übermannt von dem Spielplatz, der sich dort unten für ihn aufgetan hat (es hatte sich heraus gestellt, dass es noch einen weiteren, weit angenehmeren Eingang im Sinne einer versteckten Türe in dieser Toilette gab, die mit einer Kombination aus magischen Steinen versiegelt worden war und durch Mithilfe des Basilisken zur Rätsels Lösung beitrug). Aber der Slytherin hatte die Bestie unterschätzt. Klar, sie hörte auf ihn - nur nicht so, wie er es gerne gewollt hätte. "ICH KANN SIE RIECHEN" "Was? Wen?", hatte der Schwarzhaarige gefragt, ob der tonlos gezischten Aussage des Basilisken. "SCHLAMMBLÜTER" "Ist es das, was du willst?", erkundigte sich Riddle weiter und musterte die Riesenschlange, die weder wusste wie viel Zeit vergangen war, noch wann ihr Meister überhaupt das letzte Mal bei ihr gewesen war. Genau genommen war sie irritiert, dass Tom sich nun als ihr neuer Meister vorstellte und beugte sich nur widerwillig. Immerhin verstand er sie, das war ein Pluspunkt; aber er roch anders. Er roch irgendwie ein wenig nach Schlamm. Verdammt sei das Chaos seiner Geburt! Ob das der Grund dafür war, dass der Basilisk seine Befehle missachtet hatte? Dass er unter Tage durch die Rohre der Schule geglitten war, um sich Nahrung zu suchen? Es hatte einige Unfälle gegeben, die Tom vermeiden wollte. Unfälle, nichts weiter. Zwischenfälle - nicht der Rede wert. Doch Myrtes Tod war kein Zwischenfall, das war Mord. Nun, das Mädchen war selbst schuld: sie war zur falschen Zeit, am falschen Ort. Sie hatte ihn bemerkt und dass sie deshalb gestorben war, geschah ihr ganz Recht. Was Riddle nicht ahnen konnte, war die dumme Bestätigung, dass Myrte eine Muggelgeborene war. "Einer weniger von diesen Dieben!", war das erste, was Tom bei seiner Rückkehr in den Gemeinschaftsraum hören würde. Es war grotesk. *** {R} *** Selbst die Furcht meiner Mitschüler über das Monstrum in den Untiefen des Schlosses konnte mich nicht amüsieren. Normalerweise ergötzte ich mich gerne an ihrem Bild, ihrer Idiotie und den wilden Phantasmen, welche sich wie Lauffeuer in der Schule verbreiteten. Dieses Mal musste ich jedoch froh sein, wenn ich mit dem Schrecken davon kam, ja wenn sich Dumbledores Worte über eine Schulschließung nicht bestätigten. "... wenn man den Verantwortlichen fassen würde", hatte ich so lapidar wie möglich vermutet, um den Lehrer zu beschwichtigen und ihm zu zeigen, dass mir der Ernst der Lage durchaus bewusst war. Aber Dumbledores Blick irritierte mich, mir war fast so als würde er unlängst wissen was geschehen war und dass ich gerade vehement versuchte, eine Lösung zu finden um meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das behagte mir nicht; und nicht zum ersten Mal nahm ich an, dass Dumbledore Gedanken lesen konnte. Das war natürlich Unsinn oder? Oder nicht? Ich war mir nicht sicher und ich fragte mich nebensächlich, ob es wohl eine Möglichkeit gab, um seine eigenen Gedanken vor anderen zu schützen. Ich würde das Aufarbeiten - doch zuerst musste ich die Schule vor ihrem Untergang durch mich bewahren. Und das tat ich. Dieser Schwachkopf Rubeus Hagrid, ein Gryffindor aus der dritten Klasse, war bekannt dafür, dass er einen Hang zur Pflege seltsamer Untiere hegte. Hagrid nahm es nie sehr genau mit den Schulregeln - ich wusste das, weil ich den Tölpel selbst oft genug darum ermahnt hatte. Wie ich in meiner leisen Verzweiflung um die nahende Katastrophe erfuhr, war der Halbriese nach wie vor nicht so unschuldig, wie er tat und ergab für mich binnen weniger Wochen das perfekte Ziel. Rubeus hielt sich in einem Kämmerchen unweit des zweiten Stocks ein Tier, dessen bloße Existenz im Schloss verboten war; ihn zu überrumpeln und zu stellen war daher keine Schwierigkeit für mich und ihn auch zu dem Geständnis zu zwingen, dass er an Myrtes Tod Schuld trug erwies sich als Leichtigkeit. Hagrid war ein Dummkopf, naiv und leichtgläubig - ein Kind eben. Ihm wurde in Azkaban der Prozess gemacht, kam allerdings mit Hilfe von Dumbledore frei; das alles änderte nichts daran, dass Myrte seit dem Vorfall in dem verhängnisvollen Mädchenklo als Geist hauste, mit der einzigen Erinnerung, die ihr zustand: "... und alles nur wegen Olive Hornby." *** {R} *** Armando Dippet zeichnete meine falsche Heldentat aus. Er sagte, einen Schüler wie mich zu haben sei beinahe eine Ehre für Hogwarts. Ich war nicht nur intelligent, ich war auch mutig: und ich setzte mich für die Schule ein. Ich konnte kaum verbergen, wie stolz ich auf meinen eigenen Intellekt war; die Arroganz hatte mich wieder und deutlich erleichtert, schaffte ich es sogar eine Weile die taxierenden Blicke meines Verwandlungslehrers geflissentlich zu ignorieren. Die Kammer des Schreckens war jedenfalls vorerst tabu; die Mühen sollten trotzdem nicht völlig umsonst gewesen sein - denn wie erwartet hatte ich Antworten bekommen. Klar, ich hatte lange danach suchen müssen, aber das machte nichts. Inzwischen war ich mir mehr als nur sicher, dass ich ein Nachfahre Salazar Slytherins war und mit meiner zerknitterten Geburtsakte in der Tasche machte ich mich nun daran, diese Vermutung zu untermauern - und ich verbachte ganze Nächte in der Bibliothek. Schließlich stieß ich in einer Aufzeichnung über ein Verzeichnis von reinblütigen Familien in England und erwischte prompt einen Namen, der mir geläufig schien, wo er doch groß in der Akte von meiner Mutter und mir mit fein säuberlicher Schrift eingetragen worden war: Gaunt. Ich war also ein Gaunt, ein Parselmund und fürwahr aus einem Geschlecht der Reinblüter. Ich hatte endlich einen Namen. Das Dorf war so unscheinbar wie alles, was mit Toms Verwandtschaft zu tun hatte; schlimmer war noch, dass es sich bei Little Hangleton um ein Muggeldorf handelte, welches so weit von der Zivilisation entfernt lag, dass es einem Wunder gleich kam, dass dort überhaupt noch Menschen existierten. Nun, Tom war in gewisser Weise ein Besucher; ausgerissen aus dem Waisenhaus nutzte er seine neu erlernten Apparier-Künste und begab sich auf den Weg zu der Adresse, die in den Akten hinter dem Namen seiner Mutter vermerkt worden war. Es war ein kluger Schachzug der schwachen Frau gewesen, dass sie ihm, ihrem Sohn, die Anschrift des nach wie vor lebenden Vaters zuspielte, obgleich Mrs. Cole ihm dieselbe so viele Jahre lang vorenthalten hatte. ("Du hast kein Geld, um dort hin zu fahren, Tom, mach dich nicht lächerlich." - "Ich habe deinem Vater geschrieben, er hat nicht reagiert. Gott allein weiß, ob er überhaupt den Krieg überlebt hat") Er war nicht sonderlich erpicht darauf seinem Vater gegenüber zu treten; nach allem was er nun wusste, handelte es sich eben um einen Muggel und das vertrug sich absolut nicht mit dem anderen Teil seiner Herkunft, der Slytherins Blut durch seine Adern pumpte - es war annähernd ein Paradoxon und ein schlechtes noch dazu. Als Riddle in Little Hangleton eintraf und vehement das Gefühl niederkämpfte auf den Fersen kehrt zu machen und das ganze Vorhaben sofort abzublasen, war ihm der schwache Hauch von Magie nicht entgangen, der sich durch die staubigen Straßen des Dorfes schlängelte und ihn anzog, wie eine Motte das Licht. Es war für einen einfachen Muggel sicherlich nicht spürbar; ja, es war gar undenkbar, dass irgendjemand aufmerksam auf dieses Häuflein Elend geworden wäre, wo er es selbst kaum wahrnahm. Doch zu seiner Überraschung trugen Toms Füße den Slytherin geschickt durch verwinkelte Gässchen, vorbei an alten Häuserfronten wo der Putz unlängst herab geblättert war hinaus zum Dorfrand, wo ein Haus stand, dass den hoch Gewachsenen an einen schäbigen Schuppen erinnerte. Weil es bereits dämmerte, zwar noch nicht recht finster war, doch trotzdem trüb genug, um das Sehvermögen unter Dach einzuschränken, brannte hinter den schmutzigen Scheiben ein kleiner Funken Licht, der von einem Zauberstab, oder einer einzelnen Kerze kommen konnte. Die Stirn in Falten gelegt, bewegte sich Tom zielstrebig auf die Veranda zu und stockte flüchtig in seinem Schritt, als er die tote Schlange wahrnahm, die man über die Türe der Längs nach angenagelt hatte. Na, wenn das kein herzlicher Empfang war? Die alten Stufen des Auftaktes knirschten spröde bei jeder Bewegung und kündigten Riddles Besuch an, ehe er Zeit hatte sich zu überlegen, was er überhaupt sagen wollte. Die Türe sprang auf und gab einen verfilzten, ungepflegten Streicher preis, dessen verschrobenes Augenpaar erschreckend auffällig schielte; die Bosheit saß darin und gerade, als Tom den Mund öffnete, stürzte sich der Mann auf den Schüler. Ich spürte meinen Onkel auf - und was ich sah, empörte mich. Was hatte ich nach all den Erzählungen meiner Mitschüler wirklich erwartet? Was hatte ich mir nur dabei gedacht so naiv zu sein und zu glauben, dass eine reinblütige Familie ausgesprochen reich sein musste? Dass sie angesehen war? Dass sie ... nun, dass sie eben nicht zwischen Muggel hausten! Enttäuschung war nicht das richtige Wort für das, was ich empfand. Morfin war ein alter, kranker Bastard, der mir nur deshalb nicht an die Gurgel ging, weil ich Parsel sprach. Er sagte fortwährend, ich sähe aus wie dieser Nichtsnutz mit dem seine ältere Schwester durchgebrannt sei; wie dieser Muggel, dem er die Eingeweide am Liebsten Stück um Stück aus dem Leib gerissen hätte. Doch meine magische Kunst beschwichtigte diesen Irren immerhin so weit, dass ich mehr über die Gaunts in Erfahrung bringen konnte, dass ich erfuhr, dass mein Großvater Marvolo unlängst tot und er alleine war - und nicht nur das; dieser Narr wies mir auch den Weg zu dem Haus meines vermeidlichen Vaters, das ich am selben Abend aufsuchen wollte. "Ich kann nicht zulassen, dass jemand davon erfährt", erklärte ich meinem Onkel, bevor ich ging und überrumpelte den Tunichtgut mit einem Zauber, bevor ich mir seinen Zauberstab zu Eigen machte, um dem Rest meiner Familie einen Besuch abzustatten. Auch dort hielt sich die Begeisterung über mein Auftauchen in Grenzen. Die Riddles behaupteten, keinen Enkel oder einen Sohn zu haben, obschon es so offenkundig war, dass ich meinem Vater glich, wie ein Ei dem anderem. Man verhöhnte mich, man beleidigte mich und zu guter Letzt forderten die Muggel sogar meine Geduld heraus: und das war der entscheidende Moment, wo ich überreagierte, wo ich meinen Gefühlen, die ich in all den Jahren welche ich im Waisenhaus zu bringen musste, freien Lauf ließ. Ich tötete in dieser Nacht alles, was von den Riddles übrig war und machte meinen Onkel dafür verantwortlich. "Besser Du, als ich", dachte ich, als ich ihm den goldenen Ring vom Finger klaute, der das Wappen der Peverells trug. "Besser Du, als ich". *** {R} *** "Schulsprecher! Mann, Tom, du bist wirklich ein Streber", Abraxas grinste bis über beide Backen auf das Abzeichen, das an der Brust seines Freundes prangerte. Riddle wirkte zufrieden mit sich; es war zwar nicht so, dass er den verheißungsvollen Tag in den Sommerferien vergessen konnte und auch der Ring an seinem Mittelfinger war stummer Zeuge davon, dass etwas mit ihm seit jeher nicht ganz stimmte. Doch den Beifall, welchen er von Malfoy und den anderen Slytherins erntete, ließ sich der Schwarzhaarige schließlich dennoch nicht entgehen; und so erwiderte er das Grinsen seines besten Freundes mit ähnlicher Heiterkeit. Tom lenkte den Blick wieder zurück aus dem Fenster, die Ländereien zogen in einer stetigen Geschwindigkeit an ihnen vorbei und das Rappeln des Zuges hatte etwas Ermüdendes an sich; trotzdem war dem neuen Schulsprecher klar, dass er seinen Pflichten nachkommen musste und so unterdrückte er ein schwaches Seufzen, als er sich aus dem weichen Polster des Abteilsitzes erhob. "Es war übrigens ein Reinfall." Der Blonde sah von seinem Buch auf und blinzelte zweimal, dann legte er den Kopf zur Seite und furchte die Stirn. Tom musste sich nicht erklären; Abraxas war der Einzige der wusste, wonach der Andere suchen würde und der Hauch von Niederlage, der in der Stimme des Älteren mitschwang, machte dem Reinblüter klar, dass etwas nicht ganz nach Plan verlaufen sein musste. "Das tut mir leid", reagierte er deshalb schlicht und wartete ab, ob Riddle weiter sprechen würde. Wenn es um Familien ging, war der Klassenbeste stets verhältnismäßig geheimnisvoll und auffällig ruhig. Zur Antwort hob Tom die Hand, an welcher der Ring prangerte. "Ein Familienerbstück ist das Einzige, was ich in Erfahrung bringen konnte. Aber es ist insofern hilfreich, dass sich das Zeichen darauf befindet, das Grindelwald als Erkennungsmerkmal nutzt." Abraxas Augenbrauen schossen an seiner Stirn empor. "Deine Eltern waren also mit Grindelwald im Bunde?" Riddle wog die Lüge auf seiner Zunge ab, entschloss sich am Ende aber nur, knapp die Schultern zu zucken."Sie waren auf alle Fälle keine Muggel, wenn sie so etwas besaßen... aber ja, gut möglich.Dieses Mal lachte der Malfoy-Spross kurz, wobei Tom die Besorgnis entging, die seine Züge streifte. "Du hast Recht mein Freund, Muggel würden so etwas nicht besitzen. Pass gut darauf auf - alles in allem eine gute Nachricht, oder?" Der Schwarzhaarige überlegte einen Moment und zuckte die Schultern dann erneut. "Es ist ein Anfang", sagte er und verließ das Zugabteil. *** {R} *** Mein Besuch in Little Hangleton hatte deutliche Spuren hinterlassen. Ich schämte mich, mit einem Mann wie Tom Riddle verwandt zu sein, und mit ihm gar in Verbindung gebracht zu werden. Mir war bereits im Kindesalter klar gewesen, dass "Tom" völlig ordinär war und nicht zu einem Zauberer passte. Der neu erwachte Hass auf meinen Vater machte diesen Umstand nun nicht unbedingt besser. Hinzu kam, dass der reinblütige Teil meiner Familie zwar von Salazar Slytherin abstammte, aber ebenso gut unter den Teppich gekehrt werden konnte - die Idee, die sich dazu in meinem Kopf bildete, nämlich zu behaupten dass meine Eltern beide Kämpfer für die Reinblutideologie waren und im Krieg an Grindelwalds Seite ihr Leben verloren haben, gefiel mir indes immer mehr und so wurde ich nicht einmal rot bei der Behauptung, mein Muggel-ähnlicher Name fiel mir im Waisenhaus zu und hatte absolut nichts mit meiner Abstammung zu tun. Dieses Märchen kam besser an, als ich dachte und trotzdem änderte es nichts daran, dass ich meinen Geburtsnamen verfluchte und es mir zur Aufgabe machte, einen völlig neuen Namen und eine ebenso völlig neue Identität zu gründen, um meine Umgebung davon in Kenntnis zu setzen, dass ich die Schandtat der Muggel ablegen und endlich zu meiner wahren magischen Größe finden würde. Ich gebe zu, ich verlor ein wenig die Kontrolle über meinen Verstand. Hätte ich im Vornherein geahnt, was für eine Paranoia das Aufeinandertreffen mit meiner Familie auslöste - und was für einen Zwang gleichermaßen - wäre ich in jenem Sommer mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nach Malfoy Manor aufgebrochen, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte. So verbrachte ich nun meine Zeit unter Professor Binns Unterricht (Geschichte für Zauberei) damit, aus den einzelnen Buchstaben meines Namens ein Anagramm zu bilden, das die Welt so schnell nicht mehr vergessen sollte. Zwischen Pergament, Federkielen und einem Hauch von Wahnsinn erschuf ich Lord Voldemort. Vergänglichkeit war etwas, das er fürchtete. Es war ein seltsames Gefühl, das er zuließ, aber es war präsent. Tom spielte gerne mit Gedanken, die weit über die Grenzen der Vernunft hinaus gingen und er musste nicht selten von seinen Lehrern ein wenig gebremst werden. Schnell hatte der Slytherin begriffen, dass man über gewisse Dinge einfach nicht sprach und sie auf eigene Faust erkundete. Vergänglichkeit war ein solches Thema; Zauberer hatten zwar grundsätzlich eine höhere Lebenserwartung als so manch einfacher Muggel (und bei Merlin, Schulleiter Dippet war mit Sicherheit gefühlte 200 Jahre alt, so langsam wie er sich mit seinem schildkrötenartigen Gebärden bewegte), ewig leben wollte keiner von ihnen. Tom verstand das nicht. Wieso untersuchten die Hexen und Zauberer ihrer Zeit nicht die Möglichkeit des ewigen Lebens? War das ewige Leben, der Jungbrunnen, nicht das, was jeder normale Sterbliche sich mit der Macht der Magie zu eigen machen würde? Ewiges Leben bedeutete tun und lassen zu können was man wollte ohne an einen Fluch gebunden zu sein, wie Vampire es waren. Und weil er der letzte lebende Erbe Slytherins war und Riddle auch wusste, dass er die Reinheit von Slytherins Blut durch den Fauxpas seiner Mutter nicht mehr korrigieren konnte & war es da nicht seine Aufgabe, sein Erbe fortan zu tragen und der Welt zu zeigen, dass die Blutlinie von Salazar Slytherin unbesiegbar war? Der Gedanke keimte erst langsam, setzte sich aber schon bald fest und forderte Toms Neugierde; so kauerte er auch an diesem Abend in der Verbotenen Abteilung zwischen Büchern eingepfercht und steckte seine Nase in Skripte und Aufzeichnungen, die für Schüler mit einem Wissensdrang wie dem seinen einfach nicht gemacht worden waren. Er las von vielen Ideen, sich ewig am Leben zu halten: eine irrer wie die nächste. Keine von ihnen zeugte von wahrhaftiger Glaubwürdigkeit, bis er auf eine Methode stieß, die nicht nur viel-umstritten war, sondern die er auch nicht wirklich verstand. Ein Horcrux war ganz einfach ein Seelenkern. Soweit so gut. Die Abbildungen des Buches waren zwar alles andere als vertrauenserweckend, ganz zu schweigen von den Warnungen, die am Rande des Textes prangerten und teilweise sogar mit Hand hinein gekritzelt worden waren, erschien Riddle diese Art der Unsterblichkeit jedoch beinahe zu einfach in seiner Gesamtheit. Er las weiter und erfuhr, dass ein Horcrux ein beliebiger Gegenstand war, in welchem er einen Teil seiner Seele verstecken konnte; doch wie dieser Umstand funktionierte, wollte ihm das Buch nicht verraten. Stattdessen ermahnte es ihn, die Finger von derlei schwarzer Magie zu lassen, die vielen bereits einen grausamen Tod beschert hatten. Denn eine Seele, so hieß es, entzweite man nicht einfach. *** {R} *** Ich brauchte eine Antwort, einen Tipp, ein Rezept: irgendetwas. Meine Neugierde war allein schon bei der Vorstellung geweckt, dass das ewige Leben im Prinzip in mir selbst schlummerte und nur darauf wartete, frei gesetzt zu werden. Über Konsequenzen machte ich mir dabei keinen Kopf; ich hatte nicht einmal ein Problem mit der Tatsache, meine Seele, meine Persönlichkeit, in gewissem Sinne dafür zu opfern. Nein, diesen Preis war es mir sogar wert und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, orientierte ich mich an einer magischen Zahl - einer mächtigen, magischen Zahl. Ich wollte sieben Teile von meiner Seele sicher in von mir bestimmten Horcruxen wissen. Sieben Mal vor dem Tod gefeit, was wollte man mehr? Was konnte man mehr? Es war völlig realitätsfremd, doch es war perfekt. Und wer mich kannte wusste, dass ich nach Perfektion strebte. Eine Chance ergab sich beim folgenden Slug-Club; Ich hatte eine gute, annähernd väterliche Beziehung zu meinem Hauslehrer Horace Slughorn, der mir selten einen Wunsch ausschlug. Obgleich ein wenig tattrig, durfte man den alten Zaubertrankmeister in seinem Wissen nicht unterschätzen: ich war mir sogar sicher, dass der "alte Sluggy", wie ihn viele nannten, tiefer in der schwarzen Magie drin steckte, wie er vermuten ließ. Ich wartete also den rechten Moment ab und fragte gerade heraus, was es mit Horcruxen auf sich hatte. Wie vermutet, war die Reaktion des Alten von Zurückhaltung geprägt, gepaart mit einem Hauch von Neugierde, wie ich wohl auf ein so absonderliches Thema käme; aber meine Ausrede, ich bräuchte diese Informationen für ein Schulprojekt, tat ihr übriges und mein Hauslehrer gab mir alle Details, die ich wissen wollte und nicht in diesem vermaledeiten Buch aus der Bibliothek ausfindig machen konnte. Was ich hörte, überraschte mich nur milde. Slughorn fragte mich, ob ich mir vorzustellen im Stande war, was es für eine Seele bedeutete, zu morden; ich fand diesen philosophischen Ansatz in dem bevor stehenden Experiment recht faszinierend, habe ich schließlich bereits gemordet: begonnen mit Myrte und vor wenigen Wochen meinen eigenen Vater, einen Teil meiner Familie. Hatte mich das verändert? Ich musste mir diese Frage nicht selbst beantworten, es war offensichtlich. Doch anstatt Reue fühlte ich nichts. *** {R} *** "Diese Art von Magie ist so schrecklich, dass Sie in diesem Vorwort keine Erwähnung findet", hatte Godelot ("Gar böse Zauberey") den Inhalt seines Wälzers erläutert. Und er hatte Recht; dieser schwarz-magische Tölpel hatte so Recht gehabt mit dieser simplen Warnung, dass sich Tom gerade fragte warum er nicht darauf hören wollte. Es hatte ihn Wochen der Arbeit und Recherche gekostet, heraus zu finden wie man einen einfachen Mord mit einem Horcrux verknüpfte; als erstes Fallbeispiel hatte der Slytherin dafür sein altes Tagebuch gewählt, das er im Sommer zuvor in London erstanden hatte, um darin in der Tat seine Erlebnisse der letzten beiden Schuljahre festzuhalten. Da man alles zu einem Seelenkern machen konnte, erschien Tom das Tagebuch schließlich als ganz kluge Entscheidung, weil es mit Sicherheit wenige, bis gar keine Leute gab, die darauf hätten aufmerksam werden können. Denn niemand wusste, dass er je vorgehabt hatte Tagebuch zu führen - so war dieser Gegenstand in gewissem Sinne nicht einmal existent und schon gar kein Hinweis auf die verbotene Magie, die er darauf ausüben wollte. Sein Glück in diesem Selbstexperiment endete dann just mit dem Ausführen des Zaubers. Es war ein kompliziertes Unterfangen und erforderte einen abnehmenden Halbmond, weshalb er die Mondphasen über den Mondkalender im Auge behalten musste, zwei Runen wovon die eine für Seele und die andere für Tod stand und letzten Endes eine Formel, sowie den einen Gedanken an den Mord, den er verursacht hatte; Voraussetzung für das Gelingen des Zaubers war, dass er sich selbst gestand, wie wenig ihm das Leben bedeutete, das er genommen hatte - und er hätte lügen müssen, wenn er für Myrte seinerzeit etwas empfunden hatte. Nein, ihr Tod war nun einmal geschehen und damit konnte er sich hinsichtlich seines eigenen Vorhabens sogar ganz gut arrangieren; Myrte wäre der perfekte Grund für einen ersten Horcrux: ein unschuldiger Mord. Die Ironie hinter dieser Idee ließ ihn müde schmunzeln. Der Teufel hätte keinen besseren Vertrag für die Unsterblichkeit aufsetzen können. Tom hatte also alles exakt geplant. Er wollte und würde sich nicht von einem Mann wie Dumbledore in seine Pläne pfuschen lassen, weshalb er als Ort der Ausführung nicht etwa die Kammer des Schreckens, sondern den Da und Fort-Raum, den Raum der Wünsche wählte. Nun hatte er sich den Zauberstab an die Brust gesetzt, den Griff darum so sehr verstärkt, dass seine Finger darunter schmerzten und seine Knöchel weiß aus dem Fleisch hervor traten. Vor ihm war ein Tisch aufgebaut, der mit Kreide bemalt worden war, wobei das nutzlose Buch von Godelot zusammen mit einigen persönlichen Notizen und dem Tagebuch großzügig darüber ausgebreitet dalag. Mit der freien Hand stützte sich Tom auf der Tischplatte ab; er hatte den notwendigen Zauber vitam pro vitam unlängst gesprochen und versuchte nun angestrengt, nicht die Fassung zu verlieren, als diese unerschütterliche schwarze Macht seine Persönlichkeit versuchte zu entzweien. Zuerst war eigentlich gar nichts geschehen und Tom vermutete schon, einen Fehler gemacht zu haben. Der Zauber war schwierig, und das nicht ohne Grund - doch noch bevor er sich hätte besinnen können, spürte er die Antwort der Magie, die sich wie eine kalte Klaue gemächlich um sein Herz schloss und es mit aller erdenklicher Macht zupackte, es quetschte und ihm einen schmerzerstickten, wie überraschten Aufschrei entlockte. Der Schwarzhaarige japste wild nach Luft und klammerte sich an sein Gleichgewicht, sowie sein Bewusstsein, das panisch alarmiert Adrenalin durch seine Adern pumpte und ihn unter weichen Knien taumeln ließ. Langsam und stetig löste sich etwas von seinem eigenen Selbst, etwas worauf er mit dem Finger nicht hätte zeigen können, das aber da war - und so präsent, dass es ihm die Nackenhaare aufstellte. Wie ein Wurm wandte sich dann etwas durch seinen Brustkorb, rot und leuchtend, bis es Halt an der Spitze seines Zauberstabes fand, dass er das Seelenstück endlich mit einem beherzten Ruck von seinem Leib trennen konnte. Tom schaffte es gerade noch, den Seelensplitter in seinen Kern zu betten ehe ihn seine Kräfte verließen, sein Brustkorb taub wurde vor Schmerz und seine Besinnungslosigkeit die Überhand ergriff. Sein magisches Holz fiel mit einem donnernden Poltern zu Boden, Riddle stolperte rücklings über seine eigenen Füße und verlor den Halt auf seinen Beinen; den Aufprall bekam er dabei schon gar nicht mehr mit. *** {R} *** "Du siehst blass aus", stellte Malfoy am nächsten Tag fest und musterte seinen Freund eindringlich. Tom mied den Blick des Blonden, konzentrierte sich auf seine Suppe und widerstand dem Drang sich an die pochende Brust zu fassen. "Es geht mir nicht besonders gut"Ein wahrhaftes Geständnis, welches den Schwarzhaarigen ein wenig irritierte, ließ er in der Gegenwart seiner Kumpanen kaum Gefühle zu. Der Schulsprecher schob es auf seinen allgemeinen Zustand, auf die Taubheit in seinem Körper und dem währenden stechenden Schmerz unweit seines Herzens. Es war seltsam, dumpf und völlig unerwartet und trotzdem war er noch am Leben. Tom hatte es geschafft, der Horcrux pulsierte in der Brusttasche seines Umhanges wie ein wildes und ungezähmtes Tier und ja, er hatte es geschafft, er war nun in gewisser Weise unsterblich. "Bist du sicher, dass du den Nachmittag nicht lieber im Bett verbringen willst?" "Kommt nicht in Frage!", reagierte Tom prompt und scharf, was Abraxas die Augenbrauen über die Stirn und unter den Haarschopf trieb. Riddles Ehrgeiz war allgemein hin kein Geheimnis, doch selbst der Malfoy sah, wenn sich jemand quälte und gerade kam ihm der Zustand seines Freundes eben wie eine Qual vor; weshalb auch immer. Eine Erkältung vielleicht? Tags zuvor erschien ihm Tom fit zu sein; doch er wusste ja selbst wie schnell man Opfer seines eigenen Körpers werden konnte. Der Schwarzhaarige machte klar, dass das Gespräch für ihn beendet war, als er sich wieder seinem Essen zu wendete und beharrlich schwieg. Ich fertigte in meinem letzten Schuljahr einen weiteren Horcrux, nämlich den Ring meines Großvaters, an - wo ich als Mordmotiv natürlich auf den Tod meiner Muggel-Familie zurück griff. Es war nicht so, dass ich das Experiment genoss, lediglich der Ausblick auf Erfolg trieb mich an, mich einmal mehr diesem furchtbaren Zauber auszusetzen: und furchtbar war er, daran bestand kein Zweifel. Gleichzeitig bat ich Slughorn, mir Unterricht in Okklumentik zu geben; ich konnte nicht riskieren, dass Dumbledore oder irgendein anderer Lehrer auf meine Geheimnisse stieß und trainierte meinen Geist bereits eine ganze Weile allein, sodass ich immerhin fähig war meine Gedanken zu ordnen, wenn ich potentiell angegriffen wurde. Aber ich wollte mehr und ein guter Legilimentiker wurde man eben nur, wenn man sich von einem anderen Meister in dieser Form der Magie unterrichten ließ. Am Ende meiner Schulzeit ersah ich es als vorteilhafter, Slughorns Erinnerungen an unsere Okklumentik-Stunden mit einem Gedächtniszauber ein wenig zu überarbeiten, um auch wirklich nicht Gefahr zu laufen Dumbledore in die Karten zu spielen. Ich überließ nichts dem Zufall, nicht mehr. Myrtes Tod war mir Lehre genug. Meine Fertigkeiten sprachen sich zudem herum und einige Mitschüler kamen zu mir und wollten nicht nur ein simples Tutorium, sondern ein richtiges Training in Sachen Duellieren und schwarzer Magie. Wir gründeten aus unserem kleinen und inoffiziellen Club an der Schule die Ritter der Walpurgis, die sich später und im Laufe der Zeit zu den Todessern entwickeln würden. Mir schien die gesamte Welt also zu Füßen zu liegen, von meiner Unsterblichkeit einmal abgesehen und ich war zufrieden mit mir: so zufrieden, dass ich mir vorstellte, ich könnte irgendwann der mächtigste Mann der Welt werden. Und so weit hergeholt war dieser Tagtraum schließlich nicht, oder? Immerhin beendete ich höchst erfolgreich 1944 meine Schule; in diesem Jahr besiegte Albus Dumbledore auch den schwarzen Lord Gellert Grindelwald und galt seitdem als Volksheld und Befreier der Muggelgeborenen; es war lächerlich und trotzdem kam ich nicht umhin tiefen Respekt vor meinem ehemaligen Mentor zu hegen, der keinen Moment verstreichen ließ, mich genauestens im Auge zu behalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)