Schicksalswege von Runenmagierin (Es ist nicht immer leicht - aber es gibt immer einen Weg) ================================================================================ Kapitel 2: Selbstfindung ------------------------ Moe Wie war ich hier her gekommen? Während ich im Raimon Mannschaftsbus neben Keiko saß fragte ich mich das die ganze Zeit. Aber eine Antwort bekam ich natürlich nicht. Die Antwort die den einfachen Gesetzen der Logik gehorchte war natürlich einfach zu finden: Ich war am Morgen spazieren gegangen, mein Vater und seine Familie waren auf einem Ausflug gefahren und meine Mutter hatte sich ihrer Schönheitspflege gewidmet (mochte der Teufel wissen warum, sie war eine schöne Frau aber meinen Vater bekam sie so nicht zurück) und so war ich von zu Hause geflohen und ziellos durch die Straßen gelaufen bis ich an einer Bushaltestellen Zeugin eines unschönen Gesprächs wurde. „Was den ihr halben Portionen wollt alleine mit dem Bus fahren?“ fragte der Busfahrer unfreundlich. Ich konnte drei Grundschüler sehen die ihn entgeistert und auch ärgerlich ansahen. „Aber wir müssen zur No-sé Schule wir wollen meine Bruder und seine Mannschaft bei ihrem Spiel anfeuern!“ schimpfte einer der Jungen und starrte den Busfahrer wütend an. Ich war etwas überrascht und blieb stehen. „Ohne Begleitperson fahr ihr hier nicht mit, verstanden?“ raunzte der Busfahrer die drei an und wollte schon die Tür schließen als ich, von mir selber überrumpelt, reagierte. „warten sie!“ alle vier sahen mich verblüfft an. „Also... ich,“ ich begann zu stottern. „ich will mir auch das Spiel Raimon gegen die No-sé Schule ansehen, also kann ich die drei begleiten.“ Der Busfahrer sah mich alles andere als begeistert an, doch er öffnete die Tür wieder und die drei Jungen rannten sofort in den Bus während ich mir eine Fahrkarte kaufte. So war ich zumindest bei dem Fußballspiel gelandet. Ich konnte nur zu gut verstehen warum Haruna mich verwirrt anstarrte, ich war sicherlich die letzte die sie hier erwartet hatte, anders als Keiko, sie sah beinahe so aus als hätte sie mich erwartet. Ich wurde wirklich nicht schlau aus diesem Mädchen, sie saß im Rollstuhl, engagierte sich für Sport und schien, zumindest mir, immer mehrere Schritte voraus zu sein. Ich mochte Keiko ja eigentlich aber manchmal da machte sie mir auch Angst, so wie vor einigen Tagen als sie mich auf der Brücke am Flussufer angetroffen hatte... Ich stand, wie oft in letzter Zeit, auf der Brücke, möglichst verborgen hinter einem Pfeiler und sah dem Training der Raimon Elf zu. Seit dem Spiel gegen die Occult Jr. High sah ich oft beim Training zu. Ich hatte mich nur schwer dazu durchringen können das Spiel überhaupt anzusehen aber ich war doch hingegangen. Und mit gemischten Gefühlen wieder gegangen. Das Engagement das alle gezeigt hatten hatte mich beeindruckt und verwirrt. Ich hatte mir kein Spiel mehr angesehen seit einer unsere Nachbarsjungen der immer Fußball gespielt hatte gestorben war, die Familie war weg gezogen und ich hatte keinen Anschluss mehr zum Fußball gehabt. Und nun hatte ich eigentlich auch keinen und trotzdem fand ich mich immer wieder beim Training der Raimon Elf wieder. Ich sah ihnen zu, freute mich über gelungene Spielzüge und fieberte bei neuen Versuchen mit. Ich konnte selber nicht sagen was in mir vorging während ich da stand und zu sah, am liebsten zu ihnen hinunter gegangen wäre und mich doch nicht rühren konnte. Während unten auf dem Platz Someoka und Goenji den „Dragontornado“ anwendeten und Endou ihn mit der „God Hand“ stoppte lief mir eine Träne über die Wange. Verwirrt hob ich die Hand und wischte mir über die Augen. „möchtest du es selber mal versuchen?“ fragte jemand hinter mir und ich fuhr ertappt herum. Keiko saß dort in ihrem Rollstuhl und sah mich prüfend an. „Du stehst ständig hier oben und siehst den Jungs bei Training zu, komm doch einfach mal mit runter und spiel' selber ein bisschen.“ „Ich kann nicht Fußball spielen.“ antwortete ich und senkte den Kopf. „Hast du es denn schon einmal versucht?“ fragte sie mich als ich mich zum gehen wandte. Ich zögerte, ich wollte nicht lügen aber mit der Wahrheit würde ich mir jetzt wahrscheinlich selber ein Bein stellen. „Also nicht“ schlussfolgerte Keiko aus meinem Schweigen. Ich senkte wieder den Kopf, doch das brachte natürlich nicht viel, da Keiko im Rollstuhl saß konnte sie mein Gesicht trotzdem sehen. „komm mit.“ forderte sie mich auf und wendete ihren Rollstuhl. Wieder zögerte ich doch als sie sich noch einmal zu mir umdrehte folgte ich ihr doch. Wir gingen schweigend zum alten Stahlturm an dem das Raimon Zeichnen prangte. Ich war bisher noch nie direkt am Fuß des Turms gewesen, immer nur auf dem Weg darunter, jetzt stemmte sich Keiko aus dem Rollstuhl nahm einen Fußball aus dem Beutel hinter der Lehne ihres Rollstuhls und warf ihn mir zu, dann griff sie nach ihren Krücken und humpelte die Treppe zu dem kleinen Aussichtsplatz nach oben. Schweigend folgte ich ihr. Oben angekommen ließ sie sich auf eine Bank fallen. Ich stand nur schweigend daneben. „Mamoru-niichan trainiert immer hier oben wenn er zeit hat.“ erklärte sie irgendwann unvermittelt und riss mich aus meinen Betrachtungen des Geländes. Viel auffälliges gab es eh nicht, ein paar Büsche ein großer Baum an dem ein großer Reifen mit Hilfe eines Seils aufgehängt war, die Bank und die Brüstung nach unten zum Weg. Langsam wandte ich mich meiner Klassenkameradin zu. Doch sie sagte nichts weiter. Lange stand ich so da und starrte erst den Reifen und dann den Ball, den ich immer noch in Häden hielt, an. Ich bemerkte erst das Keiko aufgestanden war und zu ihrem Rollstuhl zurück ging als sie bereits an der Treppe war. Ich selber blieb immer noch stehen, keinen Fuß setzte ich vor den anderen obgleich es keinen Grund für mich gab zu bleiben. Schweigend sah ich zu wie Keiko die Treppe herunter humpelte bis sie aus meine Blickfeld verschwunden war. Ich sah ihre ungelenken, schwerfälligen Bewegungen nicht zum ersten mal und doch hatte ich das Gefühl zum ersten mal zu verstehen wie viel Schmerz in jeder einzelnen Regung steckte. Ich wusste das sie früher selber Fußball gespielt hatte und jetzt konnte sie kaum einen Fuß vor den anderen setzen, ihre Eltern waren kaum da und jeden Moment ihres Lebens wurde sie an ihren Zustand erinnert, vor ihrem Rollstuhl konnte sie nicht so fliehen wie ich vor meiner Familie. Warum viel es ihr so viel leichter zu lachen? „Warum kann sie das? Warum kann sie das und ich nicht?“ fragte ich leise und sah den Fußball wieder an. Doch der antwortete nicht. Natürlich nicht. Ich seufzte, doch konnte mich immer noch nicht von der Stelle rühren. Ich fragte mich ob ich es vielleicht doch einmal versuchen sollte, ein wenig mit dem Ball zu laufen oder Schießen. Was sprach dagegen? Hier würde mich um diese Zeit ja nicht einmal jemand sehen. Irgendwann ließ ich den Ball einfach fallen und sah ihm hinter her als er fort sprang. Nach wenigen Augenblicken folgte ich dem Spielzeug und lenkte ihn vorsichtig mit dem Fuß in eine andere Richtung. Eine weile vertrieb ich mich dir Zeit mit diesem Spiel, dann schoss ich den Ball, aus einem Instinkt heraus auf den Baum. Ich verfehlten den Baum und traf dafür den Reifen. Eine Weile stand ich nur da und starrte den Reifen an, der nicht einmal leicht ins Schwanken gekommen war durch meinen Schuss. Als wolle er mir klar machen wie lächerlich mein Wunsch war Fußball zu spielen. Und anderseits wurde mir just in diesem Augenblick klar, das ich genau das wollte: Fußball spielen. Ich hatte den Ball mit zu mir nach Hause genommen und tatsächlich jeden Abend etwas geübt, ich war einfach spazieren gegangen, hatte eine einsame stelle im Park aufgesucht wo mich niemand sehen konnte und hatte dort dribbeln geübt. Keiko war ich allerdings aus dem Weg gegangen, ich schämte mich ein wenig dafür das ich mich so einfach hatte zu etwas hinreißen lassen, außerdem wusste ich das meine kleinen versuche Fußball zu spielen im Vergleich bestimmt mehr als lächerlich waren. Und da Keiko mich nicht darauf ansprach was aus ihrem Ball geworden war fiel es mir auch recht leicht sie zu meiden. Auch Haruna fiel nicht auf das ich mich abkapselte, sie war jetzt Managerin für die Fußballmannschaft und hatte alle Hände voll zu tun. Und dann landete ich ausgerechnet beim Nächsten Spiel der Raimon Elf und fieberte mit ihnen. Ich war vollkommen konfus, anders konnte man das wahrlich nicht mehr bezeichnen. „Treffen wir uns heute Abend am Stahlturm, ich möchte wissen wie weit du inzwischen bist.“ stellte Keiko irgendwann einfach fest und ich zuckte ertappt zusammen. Woher wusste sie nur so viel über mich? Doch Keiko hatte sich schon weder ihrem Cousin zugewandt und lachte mit ihm und dem Rest der Mannschaft. Auch die drei Jungen mit denen ich zu dem Spiel gekommen war saßen hier im Bus, sie waren auch der Grund warum ich im Mannschaftsbus mit fuhr, einer der drei war immerhin Kabeyamas kleiner Bruder und außerdem waren wir die einzigen Raimon Fans beim Spiel gewesen also waren wir für die Rückfahrt kurzerhand zum mitfahren eingeladen worden. Den Rest der Fahrt verbrachte ich so stumm wie auch den Anfang, was hätte ich auch sagen sollen? Als es dann Abend wurde verließ ich die Wohnung und lief zum Stahlturm, ich wollte Keiko sagen das ich nicht Fußballspielen wollte, ich wollte mich nicht blamieren und das würde wahrscheinlich die unausweichliche Konsequenz gewesen wenn ich es weiterhin versuchen wollte. Doch Keiko war noch nicht da. Ich hielt wieder den Ball in meinen Händen und wusste nicht was ich tun sollte. Schneller als beim letzten mal lies ich ihn los und dribbelte ein paar Meter, kehrte um lief ein Zickzackmuster. Ich wusste nicht warum ich das tat, vielleicht einfach um es noch ein letztes Mal zu versuchen bevor ich aufgab. „Das sieht doch schon ziemlich gut aus.“ kommentierte Keiko, die inzwischen auch eingetroffen war, sie lehnte am Geländer an der Treppe und musterte jede meiner Bewegungen. „Hilf mir mal kurz.“ forderte sie mich dann auf und humpelte wieder die Treppe herunter. Ich folgte ihr. Schweigend half ich ihr einige der Sportpylonen hoch zu bringen solche, wie sie im Sportunterricht verwendet werden. Keiko ließ sich bald wieder auf der Bank nieder und ich setzte die Pylonen nach ihren Anweisungen. Danach sollte ich im Slalom dribbeln. Zu meiner eigenen Verwunderung tat ich einfach was sie sagte. Ich konnte mich einfach selber noch nicht davon trennen. Keiko gab mir nicht nur Anweisungen, sondern auch Ratschläge, sie verbesserte meine Haltung, gab mit Tipps wie ich eine Bewegung ausführen sollten und sagte mir worauf ich besonders Achten musste. Es war ziemlich Spaß und ich war völlig durchgeschwitzt als Keiko meinte das es reichte und wir nach Hause gehen sollten. Sie hatte recht, es war bereits sehr Spät und ich konnte damit rechnen das es heute doch Ärger geben würde weil ich so spät war. Wenn mein Vater vielleicht auch noch nicht zurück war, so würde doch meine Mutter diesmal etwas sagen. Ich hatte recht behalten, als ich nach Hause kam stand meine Mutter im Flur und erwartete mich. „Wo bist du gewesen?“ fragte sie mich streng und ich sengte nur den Kopf. Was sollte ich ihr sagen? 'Ich war Fußball spielen'? Meinem Vater hätte ich so etwas vielleicht sagen können aber meine Mutter hielt jede Art von Sport außer Tanzen für unmädchenhaft und falsch für mich. Sie kam aus einer alten traditionellen Familie in Okinawa und hielt an ihren strengen Regeln fest. Mein Vater war da wesentlich weniger streng, was man schon alleine daran erkennen konnte das er mit seiner Geliebten und den drei gemeinsamen Kindern zusammen lebte. Nur das meine Mutter und ich jetzt auch mit ihnen lebten das irritierte mich. Aber mein Vater redete nie in meine Erziehung hinein, er überließ alles meiner Mutter und hatte scheinbar nicht einmal Interesse an uns beiden. Die einzige die sich zeit nahm mir immer wieder vorzuhalten wie überflüssig sie mich fand war meine Halbschwester Beniko. „Wo du gewesen bist, will ich wissen!“ fordert meine Mutter meine Aufmerksamkeit zurück und ich schluckte. „Draußen.“ murmelte ich, meine Mutter schnaubte. „Ich hab zu spät gemerkt wie spät es schon ist da bin ich zurück gerannt.“ versuchte ich meinen Zustand zu erklären aber meine Mutter sah mich nur weiterhin streng an. Zu allem Unglück kam jetzt mein Vater mit Beniko in den Flur, er sah mich nur mit erhobenen Augenbrauen an, aber Benikos spöttischen Blick über meine Verschwitzten Klamotten und Haare konnte ich spüren. „Deine Tochter ist die ganze Zeit durch die Stadt gelaufen.“ erklärte meine Mutter meinem Vater. Ich schluckte wieder. „Es ist nicht gut wenn du um diese Uhrzeit alleine unterwegs bist.“ war seine einzige Reaktion darauf. „Für dich gilt das im Übrigen auch.“ fügte er dann an Beniko gewandt hinzu und schob sich mit ihr an uns vorbei. Ich biss die Zähnne fest aufeinander und wartete auf den Uhrteilspruch meiner Mutter der unweigerlich noch kommen musste. „Geh duschen und dann ins Bett, Abendessen gibt es für dich heute nicht.“ Ich nahm meine Strafe klaglos an. So war meine Mutter erzogen worden und so erzog sie auch mich. Bei meinen Großeltern hatte ich davon gar nicht so viel mitbekommen, denn auch wenn sie die Eltern meines Vaters waren hatte meine Mutter sie als die ältere Generation immer respektiert aber ich hatte genügend davon mit bekommen um zu wissen wann ich Widersprechen durfte und wann nicht. Ich schlich in das kleine Badezimmer, das fast nur von meiner Mutter und mir genutzt wurde und duschte ausgiebig, dann schlüpfte ich in mein Zimmer. Als ich mich bettfertig gemacht hatte stellte ich fest das mein Bett Opfer einer Invasion geworden war, ausgefürrt durch meine kleine Halbschwester Kohana, die gerade mal zwei Jahre alte war. Das Baby lag zusammengerollt auf meinem Kopfkissen und blinzelte Schläfrig zu mir hoch als ich ihr unwissend die Decke weg zog. Einmal mehr an diesem Tag seufzte ich. Kohana und ihre Mutter Yurie waren die einzigen in diesem Haushalt mit denen ich es aushielt, so seltsam es auch klingen mag. Aber Kohana war einfach noch ein Baby und ich konnte mich ihrem unschuldigen Charme nicht entziehen und Yurie konnte man einfach immer anmerken das ihr unsere Situation genauso unangenehm war wie mir, in dem Punkt waren wir auf der gleichen Wellenlänge. Einen Augenblick überlegte ich was ich jetzt tun sollte, kam aber zu dem Schluss das es nichts brachte mit Kohana in einem Bett schlafen zu wollen, das hatte ich schon einmal versucht und das brachte nichts. Ich würde keinen Schlaf finden wenn ich es versuchte und dabei war ich so müde. Also griff ich mir das warme Bündel Mensch und stapfte in die Küche von wo ich Yuries Stimme hörte. Meine Stiefmutter schickte gerade ihren Sohn zu Bett, Jiro schien damit nicht zufrieden, er meckerte und murrte und schenkte mir einen giftigen Blick als er an mir vorbei lief um dann geräuschvoll seine Zimmertür hinter sich zu zu donnern. Ich schüttelte den Kopf und betrat die Küche. Yurie lächelte mich freundlich an und entdeckte dann ihre jüngere Tochter. „Hat sie dein Zimmer überfallen?“ fragte sie belustigt und ich nickte schicksalsergeben. Yurie lachte amüsiert und nahm mir das Kind ab, welches all das mit einem Schlaftrunken Glucksen quittierte. „Ich geh dann ins Bett.“ verabschiedete ich mich von meiner Stiefmutter. „Gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ sagte sie etwas überrumpelt. „Aber sag mal, willst du den gar nichts mehr essen?“ fragte sie dann noch verblüfft. Ich zögerte einen Augenblick. Ich wusste das meine Mutter und Yurie sich nicht sonderlich mochten, kein wunder die eine war hier die Ehefrau und die andre die Geliebte des Hausherren, trotzdem wollte ich den Konflikt auf keiner Seite weiter anheizten. „Nein, ist schon in Ordnung, ich habe keinen Hunger.“ erklärte ich lächelnd und verschwand so schnell ich konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)