Der Weg zur Wahrheit von Otogi (5927 / 10591027) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- ~~~Past~~~ „Ich hab´s geschafft!“, rief Giannini, als er einfach mit einer Waffe in der Hand ins Zimmer von Tsuna stürmte. Sechs Augenpaare richteten sich sogleich auf den üppigen Mann, der mit freudigem Blick eine grüne Bazooka in der Hand hielt. Während Reborn das große Geschütz seelenruhig betrachtete, rieb Tsuna sich angespannt durch die Haare. Gokudera war nicht gerade begeistert davon, dass es ständig irgendwelche Störungen gab, wenn er mit dem Zehnten lernen wollte. Vor allen Dingen dann nicht, wenn dieser mal sturmfreie Bude hatte, da seine Mutter mit seinem Vater in den Ferien verreist war. Nach dem Hin und Her hatte Tsuna ihnen gesagt, sie sollten es sich gönnen und er würde in der Zeit sehr gut alleine mit Reborn klarkommen. Er würde sich derweil um einpaar schulische Dinge kümmern und einiges nachholen, was er in der letzten Zeit versäumt hatte. Dementsprechend hatte er auch nichts dagegen, dass Yamamoto in ein Baseball-Camp gefahren ist und ebenfalls nicht hier war. Nachdem Tsuna sich einigermaßen beruhigt hatte, musterte er das Ding in Gianninis Hand ebenfalls. Was hatte dieser Mann denn jetzt schonwieder angestellt? Was machte er überhaupt hier? Und wieso kam er einfach mit einer so großen Waffe in sein Zimmer hinein, als sei das nichts außergewöhnliches? Diese grüne Bazooka hatte allerdings verdammt viel Ähnlichkeit mit… „Moment mal, das ist doch nicht etwa…?“ „Stimmt genau“, fiel ihm der Ältere ins Wort. „Die überarbeitete Version von Lambos Dekaden-Bazooka. Da er im Moment nicht da ist, konnte ich in Ruhe daran arbeiten.“ Wie von einer Wespe gestochen sprang Gokudera auf und versuchte, die Bazooka aus Gianninis Hand zu reissen. „Hey, was soll denn das?“ Natürlich gab der Mann die Waffe nicht so einfach aus der Hand. „Nimm bloß das Ding hier weg, das hat uns schon genug Ärger eingehandelt!“ Wieder rieb Tsuna sich durch die Haare und stand dann ebenfalls auf. „Giannini, was hast du denn damit angestellt? Und warum ist sie jetzt überhaupt grün?“ „Na, ganz einfach.“ Der Mann grinste und hielt einen Finger hoch. „Ich habe einen Zeitregler eingebaut, der maximal fünf Tage beträgt.“ Während er erklärte, tippte er die Stundenanzahl von fünf Tagen ein. „Siehst du, so lässt sich die Bazooka besser kontrollieren. Und sieht sie nicht besser aus, wenn sie grün ist?“ „Was?! Aber wozu das denn? Die Bazooka hat uns schon genug in Schwierigkeiten gebracht, das brauchen wir garnicht.“ „Genau! Der kleine Scheißer macht sowieso nur Ärger damit und jetzt gib mir das verdammte Scheißding!“ Gokudera und Gianinni zogen weiter an der Bazooka rum, als es natürlich dazu kommen musste, dass sie sich löste und direkt in Tsunas Richtung flog. Nicht gerade begeistert davon blickte der Junge in das schwarze Loch über sich, dem er nicht ausweichen konnte, weil seine Beine plötzlich wie gelähmt waren. Ob das auch zur Wirkung von der Bazooka gehörte? Aber es war keine Zeit mehr, um darüber nachzudenken, weil er sich schon auf dem Weg in die Zukunft befand. „Warum muss es denn ausgerechnet wieder mich treffen?“ Er schloss die Augen und hielt sich die Hände vors Gesicht. Im Grunde konnte es nicht sein, da sie die Zukunft verändert hatten, aber trotzdem blieb die Angst, dass er schonwieder in einem Sarg aufwachen würde. ~ „Zehnter, verfluchter Mist!“ Etwas spät rannte Gokudera auf den jetzt grünen Nebel zu und stieß dann mit einem Körper zusammen, der ihn etwas überrascht anblickte. „Zehnter?“ Sich den Kopf reibend starrte er direkt in die Augen des 25 Jahre alten Tsunas, die auf gleicher Höhe mit ihm standen. Etwas geschockt darüber wich er zurück, weil der Anblick ihn doch leicht aus der Bahn warf. Stattdessen fiel er wieder auf die Knie und schlug seinen Kopf gegen den Boden. Der ältere Tsuna brauchte einen Moment, um sich seiner Situation bewusst zu werden und sah sich dann im Zimmer um. Es war eine Ewigkeit her, seit er das Zuhause verlassen hatte und es kam ihm komisch vor, auf einmal wieder hier zu sein. Dann sah er zu Gokudera und schüttelte den Kopf. „Ich habe fast vergessen, wie energisch du einmal gewesen bist, Hayato. Aber hör lieber auf, dir selbst weh zu tun.“ Seine Augen wirkten etwas traurig. Gokudera sah auf. Es war seltsam, dass Ältere ihn Hayato nannte. „Verzeih mir, Zehnter. Es ist meine Schuld, dass du jetzt in dem Schlamassel steckst.“ Er war nervös, wenn er so vor dem älteren Tsuna stand, denn im Gegensatz zu seiner jüngeren Version wirkte dieser hier vielmehr wie der Vongola Decimo der zehnten Generation. Schon allein, dass er in diesem eleganten Anzug vor ihm stand, hatte eine graziöse Wirkung auf ihn. Gokudera wusste garnicht, was er jetzt machen sollte oder wie er reagieren sollte. So unsicher kannte er sich selbst nicht. Trotzdem war er wütend genug, um Giannini am Kragen zu packen. Vielleicht auch nur, um sich vom älteren Tsuna abzulenken. „Das ist alles nur deine Schuld, alter Mann! Wegen dir ist…“ „Hayato, lass es gut sein! Es ist alles in Ordnung. Tsunayoshi wird in der Zukunft gut beschützt, ihm wird nichts passieren.“ „Was soll das heißen, ihm wird nichts passieren? Was sollte denn passieren?!“ Der Decimo schüttelte den Kopf. „Ich sagte doch, dass nichts passieren wird.“ Wenn Gokudera jetzt doppelt so viel Temperatment hatte wie in der Zukunft, dann durfte er ihn nicht unnötig reizen. „Beruhige dich.“ Der Angesprochene atmete erstmal tief ein und wieder aus. Der ältere Tsuna hatte sich wirklich verändert und vor allem war er ein gutes Stück größer geworden, sodass es sehr ungewohnt war, ihm direkt in die Augen blicken können. Aber gut, wenn er sagte, dass alles in Ordnung war, dann musste Gokudera ihm das wohl glauben. Und wer sonst, außer der Decimo selbst, sollte das denn besser wissen? Und wenn Gianninis Technik ausnahmsweise mal richtig funktionierte, dann würde Tsuna erst in fünf Tagen wieder zurückkommen. Und solange musste er jetzt eben an der Seite des Decimos stehen. ~~~Future~~~ Genau denselben Gedanken hatte der jüngere Tsuna auch, als er daran dachte, dass er jetzt fünf Tage lang in der Zukunft festsitzen würde. Musste Giannini denn auch gleich das Limit in die Bazooka eingeben? Naja gut, es brachte ohnehin nichts mehr, sich darüber aufzuregen. Unsicher hielt er sich immernoch die Hände vor sein Gesicht und traute sich nicht, die Augen zu öffnen. Zumindest stand er aufrecht und lag nicht, das war schonmal ein gutes Zeichen. Er konnte Gemurmel und Musik um sich herum wahrnehmen und wusste, dass er nicht alleine hier rumstand. Umso mehr verunsicherte ihn das, weil er das Gefühl hatte, dass jemand auf ihn starrte. Natürlich mussten sie starren, wenn plötzlich eine zehn Jahre jüngere Version von einer Person vor jemanden stand. „Das ist der Decimo aus der Vergangenheit!“ Tsuna zuckte, als er die Stimme hörte und drehte sich zu der Richtung, aus der er sie vernommen hatte. Dann erst traute er sich, seine Augen zu öffnen und war verblüfft, als er realisierte, wo er sich gerade befand. Der Raum wirkte zwar wie ein Wohnzimmer, war aber groß genug um duzende Leute darin zu versammeln. Darunter auch bekannte Gesichter, bei denen Tsuna sich sofort sicher war, zu wem sie gehörten. Sie waren wirklich alle anwesend. Yamamoto, Ryohei, Chrome, Hibari, Lambo und Hayato, der den jüngsten von den Wächern gerade in den Schwitzkasten nahm. „Hey, was soll das? Ich hab nichts gemacht, Gokudera!“ „Jetzt nicht, aber vor 10 Jahren schon, also hast du Strafe verdient!“ Verlegen kratzte Tsuna sich am Hinterkopf, als der erwachsene Yamamoto ihn anlächelte und ihm zunickte. Er nickte ebenfalls, war gerade nicht wirklich im Stande, etwas zu sagen, weil er sich total fehl am Platz fühlte. So wie es aussah, war er gerade mitten in eine Art Veranstaltung geplatzt. Zum Glück hatten die anderen Gäste kaum etwas mitbekommen oder taten jedenfalls so als ob, aber dennoch würde Tsuna am liebsten auf der Stelle irgendwohin laufen, wo er gerade ungestört war. Leider wurde aus dem Plan nichts, da er sich in diesem Raum, geschweige denn in diesem Haus, nicht auskannte. Außerdem wollte er lieber nicht in dem Getümmel der fremden Leute verschwinden. Da waren ihm die bekannten Gesichter schon wesentlich lieber. „Ähm, Gokudera-kun“, meinte er leicht schüchtern, da dieser sich mit Lambo wegen der Bazooka stritt. Dass Hayato nicht gerade sanft mit dem jüngsten Wächter umsprang, war dem Braunhaarigen schon bewusst, aber dass er dabei diesen fast schon tödlichen Blick hatte, war selbst Tsuna neu. Jedenfalls wirkte Hayato wesentlich ernster bei seiner Sache, als er es sonst immer war. Der Blick des Älteren traf ihn etwas kalt und er zuckte unwillkürlich zurück. „Es ist nicht Lambos Schuld, dass ich jetzt hier bin. Giannini hat die Bazooka gebracht und sie versehentlich auf mich gerichtet.“ Dass es auch Hayatos Mitschuld war, wollte er gerade lieber nicht erwähnen. Etwas beherrschter ließ er Lambo dann los, der seine Krawatte wieder richtete und einige Schritte vom Sturmwächter zurücktrat. „Das ist mal wieder typisch für Giannini.“ Er nahm sein Glas Wein zur Hand, dass Chrome in der Zwischenzeit seines dezenten Ausrasters gehalten hatte und trank einen Schluck daraus. Schien so, als würden sie etwas feiern. „Decimo“, wieder dieser ernste Blick von Hayato. „Wenn du wieder zurückkehrst, sag meinem jüngeren Ich, dass er die Bazooka zerstören soll. Das hätte er schon längst tun sollen, ich will hier nicht ständig unerwarteten Besuch haben.“ Dann wandte er sich ab und verschwand in der Menschenmenge des Raumes, noch ehe der Braunhaarige überhaupt Gelegenheit hatte, etwas zu erwidern. „Gokudera-kun…“ Tsuna wollte ihm folgen, spürte aber eine Hand, die sich auf seine Schulter legte und ihn davon abhielt. „Er wird sich schonwieder beruhigen, Tsuna. Mach dir keine Sorgen und warte einfach hier, bis die fünf Minuten vorbei sind.“ Der Jüngere drehte sich zu Yamamoto um und kratzte sich wieder verlegen am Hinterkopf. „Aber genau das ist ja das Problem, Yamamoto. Es dauert keine fünf Minuten mehr, bis ich zurück in die Zukunft kann, sondern fünf Tage.“ Es wunderte ihn, dass die anderen offenbar nicht darüber Bescheid wussten, wo Giannini doch in der Vergangenheit an der Bazooka rumgebastelt hatte. Oder hatten sie ihnen nichts davon erzählt gehabt? Nun gut, wenn er so darüber nachdachte, dann würde er den anderen wirklich nichts davon erzählen, wenn er wieder zurück in die Vergangenheit kommen würde. Die Sache war auch so schon verwirrend genug. Aber wenn seine Annahme richtig war, dann musste Hayato darüber Bescheid wissen. Umso mehr verwirrte es ihn, dass dieser so abweisend ihm gegenüber reagierte. „Fünf Tage? Ist das dein ernst?“ Auch wenn Yamamoto immer so tat, als wäre alles in Ordnung, so konnte Tsuna genau erkennen, dass er sich Sorgen machte. Was war denn hier nur los? Die anderen sagten kein Wort und wichen seinen Blicken teilweise sogar aus, mit Ausnahme von Ryohei, der dann auf Tsuna zukam und seine Hand enthusiastisch um dessen Schulter schlang. „Jetzt zieht nicht so ein Gesicht, als wären wir hier auf einer Beerdigung. Lasst uns weiter feiern. Ob nun der jüngere Decimo da ist oder der ältere. Sawada bleibt Sawada, hab ich nicht extrem recht?“ Er hob sein Glas an und trank daraus. Entweder war er schon betrunken, oder einfach nur gut drauf. Jedenfalls lockerte das die Runde und die anderen begannen dann, sich gegenseitig zuzuprosten. Tsuna musste unwillkürlich lächeln, wenn auch er sich immernoch Gedanken um Hayato machte. Er musste mit ihm reden, und zwar sofort. „Danke, Oni-chan.“ Ryohei musste lachen. „So hast du mich schon lange nicht mehr genannt, Sawada. Willst du nicht auch ein Glas Wein trinken?“ „Ähm, danke nein.“ Dass er jetzt fünfzehn war, schien Ryohei wohl vergessen zu haben, aber das konnte er ihm ja wohl kaum verübeln. „Ihr entschuldigt mich.“ Tsuna löste sich aus der Umarmung des Älteren und verschwand dann ebenfalls in der Menschenmenge. Diese ganzen fremden Gesichter, die ihn allerdings sehr vertraut ansahen, waren ihm unheimlich. Dennoch fragte er die Leute danach, ob sie Hayato gesehen hatten und sie gaben ihm nur die Auskunft, dass er den Saal bereits verlassen hatte. Aus der Tür getreten, stand er plötzlich in einem leeren Gang, der nichts mehr davon verriet, dass in dem Raum hinter dem großen Tor eine Party stattfand. Erleichtert atmete er erstmal aus, da er sich im Augenblick wesentlich wohler fühlte, wenn er nicht von unzähligen Menschen umgeben war. Jetzt konnte er zum ersten Mal einen klaren Gedanken fassen und sich in Ruhe umsehen. Dieses Gebäude wirkte fast wie ein Schloss, so groß war es. Intuitiv folgte er dem Gang entlang, als würde er etwas Vertrautes spüren, obwohl er sich trotzdem fremd fühlte. „Es ist nicht gut, wenn du hier ganz alleine rumläufst, Decimo.“ Tsuna drehte sich um und hätte fast einen Herzstillstand gehabt, als er die hallende Stimmte hinter sich hörte. „Go- Gokudera-kun, hast du mich aber erschreckt.“ Der Ältere schnippte seine Zigarette in den Aschenbecher neben ihm und stand dann auf, um auf Tsuna zuzugehen. Ungewollt trat dieser einige Schritte zurück, da ihn Hayatos kühle Art verunsicherte, obwohl er ihm doch vollkommen vertraute. Er merkte garnicht, dass er schon soweit zurückgetreten war, dass er nun die Wand im Rücken spürte. Und als Hayato seine Hand neben ihm gegen die Wand schlug, zuckte er zusammen und lächelte ängstlich. Die Augen seines Gegenübers schienen ihn regelrecht zu durchleuchten, so intensiv war sein Blick. „Ich weiß, dass ich daran schuld bin, dass du jetzt hier bist. Und ich weiß auch, dass du die nächsten fünf Tage hier festsitzt und genau deswegen bin ich auch dafür verantwortlich, dass dir hier nichts zustößt, was die Vergangenheit verändern könnte.“ War es etwa das, was Hayato im Augenblick so belastete? Dass er Schuldgefühle gegenüber ihm hatte? Das wollte Tsuna nicht und jetzt tat es ihm leid, dass er für einen kurzen Moment an seinem Wächter gezweifelt hatte. Er schloss die Augen und konnte nicht anders, als seine Hände um dessen Körper zu schließen und sich fest an ihn zu lehnen. Er machte das ganz unbewusst, aber er hatte sich bisher so unwohl gefühlt, dass er jetzt die Nähe einer vertrauen Person brauchte. „Gokudera-kun, das ist schon in Ordnung. Ich werde nichts machen, was euch Schwierigkeiten macht, das verspreche ich.“ „Decimo…“ Auch für Hayato war es ungewohnt, dass Tsuna ihm plötzlich so nah war. Soweit er sich daran erinnern konnte, hatte er es immer verhindert, ihm so nahe zu kommen, deswegen musste er seine Fassung zurückbekommen, um wieder Herr der Lage zu werden. Den Impuls, den jungen Körper von ihm weg zu stoßen unterdrückte er soweit es ging, denn dafür war ihm der Moment zu kostbar. Er schloss seine Augen und erwiderte die Umarmung seines Schützlings, vergrub sein Gesicht in Tsunas Haaren und saugte die Erinnerung daran mit jeder Faser seines schmerzenden Herzens in sich auf. Es ging nicht darum, was Tsuna anstellte, es ging viel mehr darum, was die anderen hier anstellen würden, wenn sie davon erfuhren, dass jetzt der jüngere Decimo hier aufgetaucht war. Aber diese Sorgen behielt er für sich. Er wusste doch, wie unschuldig seine reine Seele war und das war auch schließlich genau das, was ihn so sehr an ihm faszinierte. „Vielleicht wäre es besser, wenn du dich erstmal ausruhst, Decimo. Ich zeige dir dein Zimmer.“ Tsuna nickte und folgte seiner rechten Hand. ~~~Past~~~ Der Decimo nippte an der Tasse und seufzte wohlig auf. „Erstaunlich, wie lange es schon her ist, dass ich japanischen Tee getrunken habe. Ich wusste garnicht, dass du das kannst, Hayato.“ Sein dezentes Lächeln war so komisch für Gokudera, der selbst verlegen lachte, weil er schonwieder das Gefühl hatte, als würde er rot anlaufen. Das war ihm schon den ganzen Tag passiert und er richtete ein Mischgeschick nach dem anderen an. Und eigentlich hatte er das Gefühl, dass er den Tee auch versaut hatte, als dass er ihn ordentlich hinbekommen hätte. Also entweder, der ältere Tsuna tat nur so, als würde es ihm schmecken, oder Gokudera hatte einfach nur Glück damit gehabt. Reborn war wie vom Erdboden verschluckt gewesen, als der Decimo hier aufgetaucht war und auch Giannini hatte die beiden dann einfach alleine gelassen. Ihn dann zu fragen, ob sie ungestört weiter Lernen sollten, schien ihm ja wohl ziemlich unpassend zu sein, also hatte er ihm nur angeboten, erstmal hier zu bleiben. Was sollte er denn sonst machen? Es war ja schließlich Tsunas Zuhause und nicht sein eigenes. Fünf Tage würden schon nicht so lange werden, das hoffte er zumindest. Der Decimo konnte die Gedanken von Gokudera förmlich von seinem Gesicht ablesen, wie er sich Sorgen darüber machte, was er nun tun sollte. Kein Vergleich zu seinem zukünftigen Ich, der mit der Zeit gelernt hatte, ruhig und strategisch zu handeln. „Mach dir nicht so viele Gedanken, Hayato. Tsuna, besser gesagt ich, werde es mit deiner Hilfe schon schaffen, alles rechtzeitig nachzuholen.“ Er blickte aus dem Fenster und genoss die Stille des Abends, die sich in den Raum legte. Zugegeben, dass er diese friedliche Zeit sehr vermisste. Gokudera seufzte und lehnte sich erstmal zurück, während er den Decimo unbemerkt beobachtete. Seine Gesichtszüge waren männlicher geworden und seine Ausstrahlung wirkte so fremd ihm gegenüber, als würde er eine gewisse Distanz zu ihm bewahren. Aber trotzdem nannte er ihn Hayato und das löste in ihm ein ungewöhnliches Ziehen in seiner Brust aus, dass er nicht einordnen konnte. Was war nur los mit ihm, dass er ihm so ein Gefühl gab? Er hatte nicht das Gefühl, als würde derselbe Tsuna vor ihm sitzen, den er kannte, sonst würde er kaum so auf ihn reagieren. Er traute sich ja nicht einmal mehr, ihn anzufassen, so sehr hatte er das Gefühl, ihm fern zu sein. Dann schüttelte Gokudera den Kopf und stand auf. „Ich wünsche dir eine gute Nacht, Zehnter. Da keiner im Haus ist, werde ich im Wohnzimmer schlafen.“ Mit eiligen Schritten verließ er das Zimmer und stürmte regelrecht ins Bad. Seinen Tee hatte er nichtmal ausgetrunken, so stark war der Drang danach, hinauszuflüchten. Er hielt sich seine Hand an die Brust und spürte sein Herz wild pochen. „Verdammte Scheisse, was ist nur los mit mir, das hält ja kein Schwein mehr aus!“ Wenn er sich weiter wie so ein Affe vor seinem zukünftigen Ich benahm, dann würde er ja sonst was von ihm denken. Aber aus irgendeinem Grund konnte er den Blick des Älteren gerade nicht mehr ertragen. Vertraut, aber doch fremd, so hatte Tsuna ihn noch nie angesehen. „Zehnter, ich verstehe es nicht.“ Was war in der Zukunft denn geschehen, dass er sich so verändert hatte? ~~~Future~~~ „Guten Morgen, Vongola Decimo. Zeit zum Aufstehen, ihr Frühstück wartet auf sie.“ Tsuna kreischte erstmal auf, als er die junge Frau entdeckte, die ihn so freundlich anlächelte und vor ihm stand, während er nur mit Unterwäsche im Bett lag. Er sah sich im Raum um und stellte fest, dass es doch kein Traum war, dass er jetzt in der Zukunft steckte. Dass Hayato nicht mehr da war, nachdem er ihn gestern darum gebeten hatte, solange bei ihm zu bleiben, bis er einschlief, weil er sich in dem Zimmer – welches fast so groß wie sein ganzes Zuhause war - unwohl gefühlt hatte, war ja kein Problem. Aber diese fremde Frau, die da einfach vor ihm stand, erschreckte ihn dann doch wieder. Sie sah so aus, als ob sie eine Bedienstete des Hauses wäre und ihn gut zu kennen schien, dennoch schämte er sich, wenn sie ihn so unbekleidet zu Gesicht bekam. „Ähm, ich komme gleich, warten Sie bitte draußen vor der Türe auf mich, damit sie mir das Esszimmer zeigen können.“ „Natürlich, Vongola Decimo.“ Mit einem Knicks tat sie, wie ihr geheißen wurde und verschwand. „Man, daran muss man sich auch erstmal gewöhnen.“ Seufzend stand er dann auf und hastete eilig in das Badezimmer nebenan. Als er danach den Kleiderschrank öffnete, bemerkte er sofort, dass dieser nur aus unzähligen Anzügen, Hemden und Krawatten bestand. Hatte er denn nichts Normales mehr gehabt? Kein Wunder, dass sie alle hier so rumliefen, wenn nichts anderes vorhanden war. Und da er seine Kleidung von gestern nicht anziehen wollte, nahm er sich willkürlich einen davon heraus. Der Stoff fühlte sich unglaublich weich an und dem Etikett nach zu urteilen wurde er in Italien geschneidert, was ihm gleich die nächste Frage in Gedanken rief. Wo war er hier überhaupt? Es kam ihm nicht vor, als wäre er in Japan. Dann zog er sich schnell an stellte fest, dass der Anzug ihm einige Zentimeter zu groß war. Er musste wohl gewachsen sein. Wenn er ihn etwas einkrempelte, sah es allerdings recht annehmlich aus. Er drehte sich vor dem Spiegel umher und kam sich viel vornehmer vor, als er sich fühlte. Vor der Tür verbeugte er sich vor seiner Bediensteten, die ihn daraufhin komisch anstarrte. Tsuna räusperte sich und bat sie dann, ihn zum Esszimmer zu bringen. „Natürlich, Vongola Decimo.“ Das war wohl ihr Standardspruch gewesen. Und wenn er sich das recht überlegte, klang das so aufgesetzt, dass es ihm nicht zusagte. Aber bevor er wieder was Falsches sagte, blieb er lieber still und folgte ihr durch die großen Räumlichkeiten. Gestern hatte er nicht so sehr auf das Haus geachtet, weil er einfach nur froh war, dass Hayato bei ihm war und ihn durch den Irrgarten führte. Aber jetzt bei hellem Tageslicht, der die Gänge durchleuchtete, konnte er sich kaum vorstellen, dass er hier in Zukunft wohnen sollte. Ob er hier überhaupt wohnte? Eigentlich hatte er erwartet, er würde in ihrem unterirdischen Versteck in Japan aufwachen, aber dem war offenbar nicht so, was ihm nur unendlich viele weitere Fragen in den Kopf warf. „Guten Morgen, Decimo.“ „Guten Morgen, Tsuna.“ Überraschenderweise saßen nur Hayato, Yamamoto und Ryohei am großen Esstisch im Speisesaal, der genauso wie alles andere übermäßig pompös wirkte und man jeden Schritt im Raum nachhallen hörte. Immernoch etwa schüchtern setzte Tsuna sich auf den Platz, den Hayato ihm andeutete und schluckte überfordert, als er das viele Besteck vor sich liegen sah und nicht wusste, wo vorn und hinten war. So langsam kam es ihm vor, als sei er hier in einem falschen Film gelandet und man würde ihn für einen Adeligen halten, der er garnicht war. Seine kleine Küche mit einem überfüllten Tisch Zuhause wäre ihm jetzt wesentlich lieber gewesen. Zumindest schmeckte das Frühstück ganz gut und mit Ryoheis und Yamamotos üblichen Geschwätz schwand das unangenehme Gefühl dann allmählich dahin. Tsuna lächelte, weil die Runde dann doch sehr vertraut wirkte. Die beiden hatten sich nicht großartig geändert, was ihn erleichtert aufatmen ließ. So würde er die fünf Tage doch sehr gut überstehen, er hätte es sich auch viel schlimmer vorstellen können. Einzig Hayato saß schweigend neben ihnen und beteiligte sich kaum am Geschehen. Auch den Blicken von Tsuna wich er aus, sodass der Jüngere sich nicht traute, ihm Fragen zu stellen. Im Gegensatz zu den anderen beiden wirkte er sehr verändert, denn normalerweise würde er sich über das Gerede der beiden aufregen oder zumindest ihm selbst gegenüber mehr Aufmerksamkeit schenken. Gestern Abend hatte er sich wohler in seiner Gegenwart gefühlt, warum war er jetzt wieder so zurückhaltend? Als der Sturmwächter fertig war, stand er auf und warf Tsuna einen flüchtigen Blick zu. „Ich mache mich jetzt an die Arbeit, Decimo. Für dich wäre es besser, wenn du das Haus nicht verlässt, bis ich dich abholen komme. Wenn etwas ist, dann ruf nach mir.“ Und dann war er wieder verschwunden. „Gokudera-kun, warte doch.“ Tsuna hatte schonwieder keine Gelegenheit mit ihm zu sprechen, weil der Ältere immer so schnell davonrauschte. Das war ebenfalls so seltsam für ihn, da er es gewohnt war, dass Hayato immer an seiner Seite stand. Stattdessen wandte er sich an Yamamoto. „Was für eine Arbeit meint er denn?“ Der Angesprochene lächelte und zuckte mit den Schultern. „Das Übliche eben. Dinge, die das Geschäft am Laufen halten.“ „Geschäft?“ Ob Tsuna das wirklich so genau wissen wollte? Als ob Yamamoto die Gedanken lesen konnte, nickte er nur und ging nicht weiter darauf ein. Ryohei verließ nach einigen Minuten ebenfalls das Esszimmer mit der Aussage, er ginge jetzt trainieren. Für ihn nichts Unübliches. Jetzt saß Tsuna allein mit Yamamoto am Tisch, der viel ruhiger wirkte, als es den Anschein machte. Nervös spielte der junge Vongola mit seinen Fingern herum, weil ihm immernoch Fragen auf den Nägeln brannten. „Wir sind nicht mehr in Japan, oder Yamamoto?“ Der Angesprochene schüttelte den Kopf und lächelte sanft. „Um genau zu sein, sind wir in Italien im Gokudera Anwesen.“ „Gokudera Anwesen? SEIN Zuhause?“ Tsuna riss seine Augen auf, als er hörte, wo er sich gerade befand. Sicher hatte Gokudera ihm schon von seinem Zuhause erzählt gehabt, aber dass er jetzt ausgerechnet hier landen würde, hätte er niemals erwartet. Zumal sein Wächter ihm doch klargemacht hatte, dass er eigentlich niewieder hierher zurückkommen wollte, nachdem er seine Familie verlassen hatte. Wo war diese überhaupt abgeblieben? „Aber… wohnen wir denn hier, oder was?“ Wieder nickte Yamamoto nur und wich jetzt dem Blick von Tsuna aus. Was sollte das Ganze denn bedeuten? Das warf doch alles nur noch mehr Fragen auf, als dass es ihm Klarheit verschaffte. Er legte seine Hand gegen seine Stirn, weil es ihm zuviel Kopfzerbrechen bereitete, noch weiter darüber nachzudenken. Außerdem hatte er das Gefühl, als würden seine Fragen ohnehin nicht wirklich beantwortet werden. Vielleicht wäre es besser, das Ganze soweit es ihm möglich wäre, zu ignorieren und die Tage einfach nur abzuwarten, bis er wieder zurück in die Vergangenheit kehren würde. Wenn Gokudera doch jetzt nur bei ihm wäre. Die ganze Zeit hatte er seine Anwesenheit für so selbstverständlich gehalten, dass er erst jetzt merkte, wie einsam er sich auf einmal fühlte, wenn er nicht in seiner Nähe war. Er überspielte seine Gedanken mit einem Lächeln. „Wie lange muss Gokudera-kun denn arbeiten?“ Yamamoto sah ihn wieder an. Tsuna wahrte überraschend mehr Fassung, als er von ihm gedacht hätte. „Meistens bis 18 Uhr.“ „Und was meinte er damit, dass er mich abholen kommt, wenn er fertig ist?“ „Wir essen zu Abend auswärts, bis dahin bleiben wir hier.“ Tsuna nickte und stand dann auf. Mehr Informationen würde er wohl nicht bekommen, sonst würde Yamamoto nicht so knapp antworten und hätte von sich aus mehr erzählt. „Zeigst du mir das Haus, oder bist du auch beschäftigt?“ Wenn er hier schon die nächsten Tage verbringen sollte, so wollte er sich zumindest soweit auskennen, dass er sich nicht ständig verlaufen würde. Auch Yamamoto lächelte wieder und es wirkte sehr viel unbeschwerter als noch eben zuvor. „Nein, ich habe nichts Weiteres vor, Tsuna.“ ~~~Past~~~ Die Nacht war so schrecklich gewesen, dass Gokudera froh war, als die ersten Sonnenstrahlen ins Wohnzimmer schienen und er endlich aufstehen konnte. Er hatte nicht ein Auge zugetan, während er sich quälend hin und her gewälzt hatte, weil ihm der Blick vom Decimo nicht aus den Gedanken weichen wollte. Zwar hatte er dem Zehnten versprochen, es sein zu lassen, aber gerade konnte er nicht anders, als das Haus zu verlassen, um sich eine Schachtel Kippen zu besorgen und erstmal ausgiebig an einem Glimmstängel zu ziehen. Die Macht der Gewohnheit siegte am Ende eben doch und machte es ihm leichter, über sein schlechtes Gewissen hinweg zu sehen. Wann hatte er denn überhaupt schonmal den Zehnten irgendwie zufrieden stellen können? Er brauchte sich nichts vorzumachen, denn es war klar, dass Tsuna wegen ihm jetzt in der Zukunft festsaß, weil er sich nicht beherrschen konnte. Dass er ihm gegenüber immernur Schuldgefühle hatte, war ja sowieso nichts Neues für ihn. Aber so langsam breiteten sich andere Gefühle im Bezug auf den Zehnten in ihm aus, die sich weniger zuordnen ließen und das setzte ihm mehr zu, als er gedacht hatte. Vor allem jetzt, wo der Zehnte nicht da war, machte es sich deutlich bemerkbar. Der ältere Tsuna war eben nicht derselbe Tsuna, den er kannte und das erschreckte ihn. ‚Aber hör lieber auf, dir selbst weh zu tun.‘ Er lächelte vor sich hin. „Wenn das nur so einfach wäre, Zehnter.“ Nach drei Zigaretten war er erstmal gesättigt und fühlte sich einigermaßen bereit, um in den Tag starten zu können, auch wenn die schlaflose Nacht sich in seinem Gesicht abzeichnete. Mit Einkaufstüten voll Sushi und Ramen bewaffnet stolperte er ins Haus von Tsuna hinein und hoffte, dass er seinen zukünftigen Boss nicht aufweckte. Für die ersten Tage sollte der Vorrat reichen und im Notfall gab es immernoch den Pizzaservice. Okay, seine Sorge war umsonst, als er den Decimo sitzend und in einer Zeitung lesend im Wohnzimmer vorfand. Schien so, als hätte er sich an der Kleidung seines Vaters bedient, was ihn schonwieder so männlich aussehen ließ. „Guten Morgen, Zehnter. Ich habe was zu Essen mitgebracht.“ „Danke Hayato. Aber ich habe mich schon bedient und bin satt.“ Warum wunderte es den Jüngeren überhaupt, dass der Decimo so selbstständig war. Immerhin war er ja schon erwachsen und befand sich in seinem eigenen Haus. Und gerade kam Gokudera sich ziemlich unnütz und dämlich vor. Also setzte er sich schweigend in die Küche und frühstückte allein vor sich hin. Fiel ihm das erst jetzt auf, oder war es schon immer so gewesen, dass er Tsuna vermisste, wenn er nicht da war? ~~~Future~~~ Bis zum Abend hatte Tsuna sich die Zeit in der Bibliothek des Schlosses vertrieben. Ja, es handelte sich bei dem Anwesen wirklich um ein Schloss, das hatte er in dieser Form nicht erwartet. Schon ein komisches Gefühl, dass das alles hier Gokudera gehören sollte, der auf ihn immer einen recht bescheidenen Eindruck gemacht hatte. Und mit den Büchern konnte er zumindest seine Einsamkeit weitestgehend verdrängen, die sich unweigerlich immer mehr in ihm ausbreitete, nachdem er es in der letzten Zeit gewohnt war, dass bei ihnen immer volles Haus herrschte. Das Ticken der Uhr wurde lauter und lauter, bis sie schließlich den fünf Uhr Gong verlauten ließ. In einer Stunde würde Hayato ihn endlich abholen kommen, bis dahin hatte er noch etwas Zeit, sich etwas frisch zu machen. Während er unter der Dusche stand, musste er an den gestrigen Tag denken, an dem er soviele Leute ihn ihrem Wohnzimmer gesehen hatte. Im Vergleich dazu herrschte heute eine langweilige Totenstille, die kaum auszuhalten war. Yamamoto hatte ihm erzählt, dass sie einmal in der Woche eine Gesellschaftsparty organisierten, indem sich die wichtigsten Mitglieder der Vongola Familie versammelten. Gewundert hatte er sich nur darüber, dass er kein Gesicht davon erkannt hatte. Und von den Arcobalenos fehlte auch jede Spur. Wer weiß schon, wo sie sich aufhielten. Aber die Tatsache, dass Tsuna sich im Kreis seiner engsten Freunde befand, beruhigte ihn schnell wieder. Nur daran sollte er denken und sonst nichts. Ein unwillkürliches Lächeln huschte über Tsunas Gesicht, als er Hayato sah, so sehr freute er sich über seinen Anblick. Und im Gegensatz zu heute Morgen wirkte auch er viel entspannter und schenkte seinem zukünftigen Boss ebenfalls ein Lächeln. Wieder saßen sie nur zu viert im Wagen, der sie zu einem Restaurant chauffierte. Also wohnten die restlichen Wächter scheinbar nicht mit ihm im Schloss zusammen, sondern waren nur wegen der Party gestern vollständig anwesend. Aber das machte nichts. Solange seine Freunde bei ihm waren, fühlte er sich wirklich wohl bei ihnen. Dass er den Tag nicht mit ihnen verbringen konnte, musste wohl daran liegen, dass sie nun erwachsen waren und jeder seiner Arbeit nachgehen musste. Sie waren nicht mehr in der Schule, daran hatte Tsuna wohl nicht gedacht. Vielleicht hatte er sich viel zu viele Gedanken darüber gemacht, weil die Veränderung im ersten Augenblick einfach zu groß war. Und vielleicht hatte sein zukünftiges Ich genauso viel zu tun und selbst keine Zeit, um sich anderweitig zu beschäftigen. Er sollte seine Gedanken wirklich nicht so überstrapazieren und den Abend mit ihnen genießen. Allein, dass er Hayato wieder lachen sah, stimmte ihn ungewöhnlich glücklich. Auch das Abendessen verlief sehr harmonisch und erinnerte Tsuna an die Unbeschwertheit, die er bis dahin ebenfalls vermisst hatte. Die Anwesenheit des Jüngeren sorgte dafür, dass alte Geschichten wieder ausgegraben wurden und man sich auf Kosten derer amüsierte. Allerdings sollte dieses harmonische Bild schon sehr bald getrübt werden, als Hayatos Blick sich schlagartig veränderte. Das verräterische Blitzen im Fenster des Restaurants weckte seinen Instinkt, sodass er sich im nächsten Augenblick automatisch auf seinen Schützling stürtzte. „Achtung, Decimo!“ Tsuna wusste garnicht, wie ihm geschah. Das Einzige, was er spürte, war, wie er plötzlich nach hinten gestoßen wurde und durch die Wucht des Aufpralls am Hinterkopf das Bewusstsein verlor. Die Gäste verließen schreiend das Lokal, als urplötzlich ein wildes Schussgefecht entstand. Sowohl Ryohei, als auch Yamamoto hatten ihre Waffen gezogen und schossen gegen das Fenster, welches mit einem lauten Klirren in unzählige Teile zersplitterte. Hayato breitete sich über dem jungen Decimo aus, damit er nicht davon getroffen wurde und setzte sich erst dann auf, als sich die Lage halbwegs beruhigt hatte. „Decimo?“ Er schüttelte Tsuna leicht, weil dieser keine Regung zeigte. Er konnte allerdings kein Blut sehen und der Puls des Jüngeren versicherte ihm, dass ihm glücklicherweise nichts weiter zugestoßen war. Er hätte besser aufpassen müssen, aber für Vorwürfe hatte er jetzt keine Zeit. „Verdammte Scheisse!“ Sein Gesicht verfinsterte sich, ehe sein Ring zu lodern begann. „Yamamoto, Okto, bringt den Decimo sofort zurück ins Schloss und passt auf ihn auf!“ Mit diesen Worten sprang Hayato auf und rannte aus dem Lokal. ~~~Past~~~ Sanft legte der ältere Tsuna die Decke über Gokudera, der vor Erschöpfung letztendlich doch auf der Wohnzimmercouch eingeschlafen war. Dieses tatenlose rumsitzen, wenn man übermüdet war konnte einen nunmal schlecht wachhalten. Auch wenn Gokudera sich am Ende darüber ärgern würde, so wollte der Decimo den Jüngeren ungern wecken. Wozu auch? Er sollte ruhig schlafen, denn es gab hier ohnehin nicht viel zu tun. Außerdem musste Tsuna zugeben, dass er seinem jüngeren Sturmwächter sehr gerne beim Schlafen zusah. Soviel unbekümmerte Freizeit hatte er schon lange nichtmehr gehabt, da konnte er es ruhig mal genießen, wenn Gokudera so seelenruhig schlief. Solche Momente waren in der Zukunft ohnehin eine Seltenheit. Er schüttelte den Kopf, als er den bitteren Geruch von Qualm wahrnehmen konnte, musste aber doch lächeln. „Du wirst es nie sein lassen können, Hayato. Aber du bist eben, wie du bist.“ Er verbrachte den ganzen Tag damit, einfach nur neben seinem Sturmwächter zu liegen und dessen Atem auf seiner Haut zu spüren, bis er eine Regung des Jüngeren fühlen konnte. Sofort wich er zurück und verließ das Wohnzimmer, ehe der Jüngere die Augen aufschlug. ~~~Future~~ Auch Tsuna schlug seine Augen auf und blinzelte direkt in das Licht über ihm. Sein Kopf schmerzte noch von dem Aufprall, aber das machte ihm wieder klar, dass er nicht geträumt hatte. Sofort setzte er sich auf und blickte in das Gesicht von Yamamoto, der ruhig neben ihm saß und ihn ansah. „Tsuna, geht es dir gut?“ Die Schmerzen waren halb so schlimm, aber diese Ungewissheit brachte die Bombe zum Platzen. Er presste die Augen zusammen und schüttelte den Kopf wild hin und her, während er die Bettdecke zur Seite schleuderte. Dann stand er auf und packte Yamamoto an den Schultern, der sich nicht dagegen wehrte. „Nein, Yamamoto! Es geht mir nicht gut!“ Er konnte seinen Gefühlsausbruch nicht zurückhalten, weil das alles einfach zu viel für ihn war. „Warum sagt mir keiner, was hier vor sich geht?! Warum tun alle so, als ob alles in Ordnung ist, wenn es das nicht ist?!“ Er ließ seinen älteren Freund wieder los und ballte seine Hände zu Fäusten. „Was ist hier los und wo ist Gokudera?“ Sonst war es nämlich sein Sturmwächter, der am Bett von ihm wachte, wenn er darin lag. Doch statt einer Antwort wich Yamamoto wieder Tsunas Blick aus und hatte sichtlich Mühe, zu schweigen. „Ist ihm was passiert?!“ „Nein!“ „Du lügst mich doch nicht an, Yamamoto?“ Im Moment traute er ihm alles zu, damit er verhindern konnte, dass Tsuna sich Sorgen machte. Und wenn keiner ihm was sagen wollte, dann musste er es eben selbst rausfinden, also rannte er einfach los. Zumindest wollte er das, allerdings war Yamamoto schneller gewesen und konnte den Jüngeren noch rechtzeitig am Arm packen, um ihn aufzuhalten. „Warte, Tsuna!“ Seine Augen waren jetzt so ernst, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. „Ich kann dir versprechen, dass es Gokudera gut geht. Aber bitte warte hier auf ihn.“ „Das will ich aber nicht. Wo ist er?“ Yamamoto biss sich auf die Lippen, als Tsuna sich wieder von ihm losriss. „Yamamoto, ich bin zwar noch Jung, aber ich weiß, dass ich der zehnte Vongola bin. Auch wenn ich es nicht will, heißt das nicht, dass ich zu blöd bin, um das zu kapieren.“ „Tsuna, es ist nicht so, wie du denkst. Wir halten dich nicht für blöd, sondern…“ „Dann sag mir, wo Gokudera ist!“ Yamamoto nickte resigniert, da es keinen Zweck hatte, dem Jüngeren noch weiter etwas vorzumachen. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Das Blut spritzte auf Hayatos Anzug, aber es störte ihn nicht weiter. Rot stand ihm gut, das wusste er. Stattdessen musste er nur kalt lachen und spottete sarkastisch über den Attentäter, der elendig vor ihm hing und der Sturmwächter ihn bald bestimmt soweit hatte, dass er singen würde. „Mit Sicherheit war es nur ein blöder Zufall, dass du Bastard gerade dann vor unserer Nase auftauchst, wenn der junge Decimo sich hier gerade aufhält!“ Weiteres Blut schmückte den Raum aus, welcher ohnehin schon mehr als genug Spuren hinterließ. Auch das machte dem Wächter nichts aus. Wenn er seine Informationen hatte, dann konnte er den Raum danach getrost säubern lassen und niemand würde etwas davon mitbekommen. Niemand, mit Ausnahme von… „Gokudera… kun…?“ Seine braunen Augen weiteten sich, während er geschockt in der Tür stand, die er soeben aufgezogen hatte. Da bisher niemand es gewagt hatte, diesen Raum zu betreten, wenn Hayato sich darin befand, sah er auch keinen Grund dazu, ihn absperren zu lassen. Doch jetzt bereute er seine Entscheidung, als er das entsetzte Gesicht von Tsuna vor sich sah. „Decimo…“ Er trat auf den Jüngeren zu, der diesesmal willkürlich vor ihm zurückwich. Dieses Szenario, das sich Tsuna gerade darbot, war genau das, was er so abgrundtief verabscheute und jetzt musste er mitansehen, wie der Mensch, der ihm im Grunde am wichtigsten war, genau das vollbrachte, was er mit allen Mitteln verhindern wollte. Tränen sammelten sich in seinen Augen. Er spürte, wie ihm schwindelig wurde und er das Gefühl hatte, als würde er sich übergeben müssen. Nichtmal die Hände, die ihn festhielten, konnte er richtig wahrnehmen. „Decimo, sieh mich an, bitte.“ Er öffnete seine Augen einen Spalt breit, sah aber nur alles verschwommen, weil die Tränen seine Augen bedeckten. „Gokudera… Warum tust du sowas?“ Er zitterte am ganzen Leib, so sehr war er von dem Anblick getroffen. Und obwohl er den Älteren am liebsten von sich schlagen wollte, war sein Körper im ersten Augenblick so betäubt davon, dass er sich nicht bewegen konnte. Stattdessen sackte er erschöpft in seinen Armen zusammen und krallte sich an dessen Körper fest. „Du weißt doch, dass ich das alles hier verabscheue! Warum dann ausgerechnet du, dem ich am meisten vertraue?“ Hayato hielt Tsuna solange im Arm, bis er mit ihm den Raum verlassen hatte. Dieses Arschloch dadrin sollte sich allerdings nicht einbilden, dass der Sturmwächter schon mit ihm fertig war. Nur war es besser, erstmal dafür zu sorgen, dass Tsuna das nicht länger mitansehen musste. Nachdem der Braunhaarige sich einigermaßen beruhigt hatte, sah Hayato ihm ernst in die Augen. Dass er seinen geliebten Schützling dermaßen enttäuscht hatte, war nicht zu übersehen, aber inzwischen hatte er sich bereits unbewusst seine innerliche Mauer so stark aufgebaut, dass es an ihm abprallte. So war es einfach leichter für ihn, seine Gefühle ihm Gegenüber im Zaun zu halten. „Decimo, ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand etwas antut. Und wenn der Bastard nicht reden will, dann muss ich eben dafür sorgen, dass er sein Maul aufmacht!“ „Aber doch nicht so, Gokudera!“ „Genauso so und nicht anders.“ Tsuna schüttelte leicht den Kopf und konnte nicht glauben, wie kalt die Augen von Hayato waren, als er das in so einem festen Ton sagte. „Was ist denn nur aus dir geworden, Gokudera? Ich will nicht, dass du so bist.“ „Ich bin nunmal so, wie ich bin, Decimo. Es ist nicht zu ändern.“ „Nein!“ Tsuna versuchte, sich von dem Älteren frei zu schütteln. „Ich will nicht länger in so einem Haus leben. Lass mich los, Gokudera!“ Mit einem gewaltigen Kraftschub gelang es ihm, den Sturmwächter von sich zu stoßen, sodass dieser gegen die Tür knallte. Wenn Tsuna wollte, konnte er auch ohne die Flamme des letzten Willens eine enorme Kraft an den Tag legen, das war ihm nur nicht bewusst. „Decimo, warte verdammt!“ Hayato schlug mit der Faust gegen den Boden und ignorierte dabei den Schmerz in seiner Hand. Anstatt ihm nachzulaufen, sah er ihm nur hinterher. „Ich bin nunmal so, wie ich bin. Und ich kann nichts dafür, dass ich dich liebe.“ Murmelte er noch einmal vor sich hin und stand dann wieder auf. Wütend darüber, dass er Tsuna so enttäuscht hatte, begab er sich wieder in den Raum zurück, denn mittlerweile hatte er ein gutes Ventil gefunden, um seiner Wut freien Lauf zu lassen. ~~~Past~~~ Gokudera schlug seine Augen auf, als er das Gefühl hatte, jemand würde ihn beobachten. Doch vor ihm war nichts, nur das leere Wohnzimmer des Zehnten. Vielleicht hatte er sich das nur eingebildet. Und natürlich ärgerte es ihn, dass er einfach eingeschlafen war, wo er doch eigentlich für den Zehnten da sein wollte. Er stand auf und sah aus dem Fenster. Es war dunkel. Hatte er etwa den ganzen Tag verschlafen? Etwas erschrocken sprang er auf und rannte durch das das ganze Haus, ehe er zuletzt auf die Terrasse stolperte, auf der er eine dunkle Gestalt wahrnehmen konnte. Der Decimo saß dort und betrachtete die Sterne am Himmel. Dann wandte er sich ab und sah Gokudera an. „Hast du gut geschlafen?“ „Zehnter, wieso hast du mich nicht geweckt?“ „Warum sollte ich?“ „Na weil… ich…“ Ihm fiel auch kein Grund ein. Es war ihm nur einfach unangenehm, dass der Decimo ihn dabei erwischt hatte. Schweigend setzte er sich dann zu ihm und blickte ebenfalls zu den Sternen. „Du machst dir Sorgen um den jungen Tsuna, hab ich recht?“ Gokudera schnaufte etwas angespannt. Natürlich machte er das, aber es gefiel ihm irgendwie nicht, wenn der Decimo das so einfach ansprach. Trotzdem nickte er. Worauf wollte er denn hinaus? „Solange ich hier bin und es mir gut geht, musst du das nicht, Hayato. Denk daran, immerhin ist er meine Vergangenheit.“ Er lächelte. Zuerst guckte Gokudera ihn etwas irritiert an, musste dann aber auch lächeln. Der Decimo hatte natürlich recht mit dem, was er sagte. Aber es gab da noch etwas anderes, was ihn interessierte. „Seit wann nennst du mich Hayato, Zehnter?“ „Seit du mich darum gebeten hast.“ „ICH hab dich darum gebeten?“ Gokudera spürte, wie er wieder rot anlief. Warum sollte er den Zehnten um so etwas bitten? Und dann lief er gleich noch mehr rot. Er schüttelte seine Hände und rutschte etwas vom Decimo weg. „Aber aber aber… Ich werde dich dann doch hoffentlich nicht auch mit deinem Vornamen ansprechen, oder Zehnter?“ Der ältere Tsuna lachte, weil er die Reaktion von ihm sehr niedlich fand. „Nein, du nennst mich Decimo.“ „Decimo? Vongola Decimo?“ Eigentlich überraschte es ihn nicht wirklich, denn er hatte sich vorgenommen, ihn als seine rechte Hand so zu nennen, sobald er offiziell die Nachfolge des Neunten antreten würde. Also musste das bedeuten, dass der ältere Tsuna jetzt tatsächlich der zehnte Decimo war. „Du meine Fresse!“ Gokudera fiel sofort vor ihm auf die Knie und verbeugte sich vor ihm. „Decimo, verzeih mir, dass mir das nicht gleich eingefallen ist.“ Jetzt musste der ältere Tsuna noch mehr lachen. „Schon gut, Hayato. Steh wieder auf. In dieser Zeit bin ich es ja noch nicht. Du kannst mich also weiterhin Zehnter nennen. Ich mag es.“ Es erinnerte ihn an ihre Jugend, die er manchmal vermisste. „Gut, wenn du das sagst, dann bleibe ich bei Zehnter.“ Der Decimo nickte nur und wand sich dann wieder zu den Sternen. Gokudera sah ihn immernoch an. Im Gegensatz zum gestrigen Abend kam ihm der ältere Tsuna auf einmal viel vertrauter vor. Obwohl es immernoch unglaublich fremd erschien, dass er offenbar kein Problem damit hatte, dass er jetzt Mafiaboss war. Er wusste doch, dass Tsuna eigentlich von Anfang an dagegen war, dieses Erbe anzunehmen, aber der Decimo wirkte sehr gelassen darüber. Oder tat er einfach nur so? Gokudera wusste nicht, was er davon halten sollte. Stattdessen blickte er auch wieder zu den Sternen und spürte sein Herz schneller schlagen, wenn er dabei an Tsuna dachte. Hoffentlich ging es ihm wirklich gut. ~~~Future~~ Es war kurz nach Mitternacht, als Hayato erschöpft die Treppen aus dem Keller stieg. Der Kerl war hartnäckiger, als er zuerst angenommen hatte und dass er ihn nicht zum Reden brachte, ärgerte ihn. Normal verdiente dieser keine erholsame Pause, aber die Sorge um Tsuna war letztendlich doch größer. Kurz sprang er unter die Dusche, damit er sich von diesem dreckigen Blut reinigen konnte, weil er seinem Schützling nicht nochmal so beschmutzt vor die Augen treten wollte. Dann betrat er ohne zu klopfen das Zimmer des Decimos, aber nur, um dann festzustellen, dass es leer stand. „Yamamoto, wo ist Decimo?“ Schnell atmend stand er in der aufgerissenen Tür dessen Zimmers. Der Angesprochene blickte auf und sah ihn fragend an. „Ich dachte, er wäre bei dir?“ „Ist er nicht, du Idiot!“ Er packte den Schwarzhaarigen am Kragen und hatte Mühe, ihm nicht gleich eine reinzuschlagen. Ein Glück für ihn, dass Hayato sich schon genug ausgetobt hatte. „Warum zum Teufel hast du ihn überhaupt zu mir geschickt? Ich hab dir klar gesagt, dass du deine verdammte Schnauze halten sollst!“ Yamamoto schwieg. In so einer Situation war es besser, einfach garnichts zu sagen. Hayato war mindestens genauso Stur wie Tsuna selbst und wenn sie sich beide am Ende die Köpfe einschlagen wollten, dann konnte keiner was dagegen unternehmen. „Scheisse, ich hab keine Zeit dafür! Hilf mir lieber, ihn zu suchen!“ Nachdem sie das ganze Haus abgesucht hatten, rannte Hayato hinaus, um im Garten und in der näheren Umgebung nach ihm zu suchen. Aber wie sollte er ihn denn in der Dunkelheit finden können, er konnte so gut wie garnichts erkennen? Er war so dumm gewesen, seinen Schützling laufen zu lassen, weil er einfach vergessen hatte, dass Tsuna mit fünfzehn Jahren leichtsinnig genug war, um das Haus ohne darüber nachzudenken zu verlassen. Warum machte der Ältere eigentlich immernoch alles falsch, was man falsch machen konnte? Aber der Punkt war, dass Tsuna überhaupt nicht das Haus verlassen hatte, so wie Hayato es angenommen hatte. In einer Sache hatte er seinen Sturmwächter richtig eingeschätzt. Nämlich, dass Hayato nicht darüber nachdachte an dem Ort nach ihm zu suchen, der für Tsuna am unwahrscheinlichsten in Frage kam. Nachdem er von dem Älteren weggerannt war, hatte er im ersten Augenblick schon darüber nachgedacht, das Haus zu verlassen. Aber als er merkte, dass Hayato ihm nicht gefolgt war, hatte er sich dann lieber dazu entschlossen, sich in seiner Nähe zu verstecken und abzuwarten. Er stand jetzt vor dem Raum, in dem Hayatos ‚Verhör‘ stattgefunden hatte und schluckte, als er den Schlüssel umdrehte. Kaum zu glauben, dass das alles hier das Werk seines Wächters gewesen sein sollte. Er konnte den Mann nichtmal richtig ansehen, als er leise zu ihm trat. Ob er überhaupt noch lebte, diese Frage wollte Tsuna sich lieber nicht stellen. Er hatte auch keine Ahnung, was ihn dazu bewegte, dem Kerl die Fesseln abzunehmen. Vielleicht hatte Hayato recht damit, dass Tsuna manchmal einfach viel zu leichtsinnig war. Worauf der Jüngere allerdings nicht geachtet hatte, war das Grinsen, welches sich im Gesicht des Mannes abzeichnete, als dieser bemerkte, wie der junge Decimo ihm näher kam und ihn letztendlich dummerweise befreite. In Sekundenschnelle hatte der blutüberströmte Mann Tsunas Arm gepackt und ihn schmerzhaft auf dessen Rücken gedreht. Damit er nicht losschreien konnte, legte er die zweite Hand auf den Mund des Jungen und zog den Körper an sich heran. Erschrocken darüber, wie unglaublich stark der Kerl auf einmal war, obwohl er noch eben halbtot gewirkt hatte, wurde Tsuna erst jetzt bewusst, dass er einen riesigen Fehler gemacht hatte. „Was hast du denn mit mir vorgehabt, kleiner Vongolaboss? Wolltest du mich unauffällig hier rausschleppen, dass deine Wächter nichts davon mitbekommen?“ Das tiefe Kichern verhieß nichts Gutes. Während Tsuna vehement versuchte, sich gegen den Griff des Anderen zu wehren, schien dieser ungestört weiter zu erzählen. „Die Gerüchte sind also wahr, dass du eine ziemliche Memme bist und den Rang eines Mafiabosses nicht verdient hast. Kein Wunder, dass sie dich loswerden wollen. Zu blöd, dass du nur vier Wächter hier hast, die in dieser alten Bruchbude auf dich aufpassen, kleiner Vongolaboss. Hätten sie dir erzählt, dass sie dieses alte Gemäuer nur als Übergangslösung benutzen und hier kein Sicherheitssystem vorhanden ist, wärst du vielleicht nicht so unvorsichtig gewesen.“ Übergangslösung? Was hatte das zu bedeuten? Sollte er dem Kerl denn glauben, was er ihm hier erzählte? Wenn das wirklich wahr sein sollte, warum hatte Yamamoto ihm dann etwas anderes erzählt? Und warum vier Wächter, wenn er bisher nur mit Ryohei, Yamamoto und Hayato beim Essen war? Er verstand es nicht. „Zugegeben, der Ruf deines gefürchteten Sturmwächters macht ihm alle Ehre, aber er hat mich gewaltig unterschätzt.“ Wieder blitzschnell, bevor Tsuna irgendetwas unternehmen konnte, griff der Kerl zu seinem Ohrring und stieß den kleinen, spitzen Gegenstand direkt in Tsunas Nacken, sodass er Augenblicke später zwar zusammensackte, aber noch bei Bewusstsein war. „Wofür so ein kleines Schmuckstück mit einem Nervengift doch gut sein kann. Keine Sorge, es schadet dir nicht, sondern sorgt nur dafür, dass deine Nerven für einige Zeit gelähmt sind. Oder warum denkst du, hat dein Wächter so lange seinen Spaß an mir haben können? Hinterher ist es wesentlich weniger schmerzhaft.“ Der Junge wog leichter als erwartet, sodass es dem Kerl ein leichtes war, ihn zu tragen. „Und weil du so nett warst und mir geholfen hast, kleiner Vongolaboss, werde ich dich auch nicht sofort umbringen, sondern dir in aller Ruhe dabei zusehen, wie du jämmerlich krepierst. Draußen wartet nämlich schon dein Abholservice auf dich.“ Tsuna konnte nicht glauben, was er da hörte. Er war wirklich so dumm gewesen, dass er auch noch Mitleid mit diesem Kerl empfunden hatte. Trotzdem wollte er nichts weiter davon hören, was Hayato mit ihm angestellt hatte. Es reichte ihm schon zu wissen, dass er überhaupt zu sowas im Stande war. Und noch mehr enttäuschte es ihn, dass Yamamoto ihn ebenfalls angelogen hatte, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass der Mann sich diese Geschichte nur ausdachte. Gerade weil er hier so seelenruhig hinausspazierte, ohne, dass ihn jemand dabei aufhielt. Dass das Schloss am nächsten Morgen nach so einer Party so still gewirkt hatte, hatte ihn doch gleich misstrauisch gemacht. Warum nur wollte ihm niemand die Wahrheit erzählen? Stattdessen musste er es auf diese Art und Weise erfahren. Er schloss seine Augen, weil er zu mehr gerade nicht in der Lage war. ~ Hayato hatte das Gefühl, dass er verdächtige Laute vernehmen konnte, während er weiter draußen herumgeisterte. Und tatsächlich, er konnte hören, wie eine Autotür zugeschlagen wurde und der Wagen dann mit quietschenden Reifen davonfuhr. „Verdammte Scheisse nochmal!“ Er rannte zur Garage und schwang sich kurzerhand auf sein Motorrad, weil ihm das gerade als schnellste Möglichkeit erschien. Mit lautem Motor folgte er den Wagenspuren auf der Straße, die das Fahrzeug offensichtlich hinterlassen hatten und nach wenigen Kilometern hatte er das rasende Auto auch schon eingeholt. Es bog in eine Seitenstraße ein und bot Hayato eine gute Gelegenheit, um mit seiner Beretta direkt auf die Reifen zu zielen und abzudrücken. Sofort kam das Auto ins Schleudern und bremste scharf ab, ehe es zum Stillstand kam. Hayato schützte sich hinter dem Motorrad und richtete seine Waffe auf den Wagen, weil er davon ausging, dass gleich jemand hinausstürmen würde, aber nichts geschah. Skeptisch betrachtete er den stehenden Wagen vor ihm. Und als er sich gerade vorsichtig nähern wollte, wurde er im nächsten Augenblick von einer Explosion zurückgeschleudert. Nachdem er sich von der Straße aufgerichtet hatte, konnte er nur die Flammen sehen, die das Auto einhüllten. „Ein Ablenkungsmanöver?“ Verfluchter Mist, er war auf einen so billigen Trick hereingefallen! Schon allein, dass das Auto so auffällig laut losgefahren war, hätte ihm doch verdächtig vorkommen müssen. „Scheisse! Decimo...“ ~~~Past~~~ Er hatte das Gefühl, als würde ihn ein stechender Schmerz durchbohren. Heftig atmend fiel er auf die Knie und hielt sich den Kopf. „Was ist los mit dir, Zehnter?“ „Ich weiß es nicht, Hayato. Aber ich fühle mich auf einmal so schlecht.“ Gokudera schaffte es gerade noch, den Decimo ins Bett zu tragen, ehe dieser dann die Augen schloss und einfach weggetreten war. Der Jüngere befühlte seine Stirn und erschrak über die drastisch angestiegene Temperatur, die der Decimo auf einmal hatte. Was sollte das denn, vor einpaar Minuten war er doch noch kerngesund? Konnte jemand denn von einem auf den anderen Schlag so erkranken? Oder hieß das etwa…? Nein, daran wollte er nicht denken! Es war sicher nur ein Fieberanfall, sonst nichts. Vielleicht hatte der ältere Tsuna einfach nur viel durchgemacht in letzter Zeit und war so viel Freizeit nicht gewohnt. Es gab doch Menschen, die durch nichts tun auch krank wurden! Irgendeine dämliche, logische Erklärung würde Gokudera sich schon zusammenreimen, aber er musste daran glauben, dass alles in Ordnung war. Er legte ihm ein kaltes Tuch auf die Stirn und strich ihm sanft das Haar hinters Ohr. „Wenn ich nur wüsste, was ich im Moment für dich tun kann.“ Unwillkürlich umschloss er Decimos Finger mit den Seinen und hielt dessen Hand gegen seine eigene Stirn. Dann spürte er, wie die Hand Druck auf ihn ausübte und erwiderte es automatisch. Die Wärme, die er dabei empfand, ging nicht von der Temperatur des Fiebers aus. Er hatte das Gefühl, als würde der ältere Tsuna sich seit einer Ewigkeit nach dieser Berührung gesehnt haben, so stark, wie sie ihn hielt. „Zehnter, du wirst wieder gesund!“ Er hielt seine Augen geschlossen und wachte still neben seinem Bett. ~~~Future~~~ Es dauerte nicht lange, ehe Tsuna seine Arme und Beine wieder bewegen konnte. Aber die Männer, die im Auto neben ihm saßen, hielten ihn die ganze Zeit fest, sodass er sich trotzdem nicht rühren konnte. Der blutüberströmte Kerl saß ihm direkt gegenüber und hatte ihn die ganze Zeit beobachtet. „Wer sind Sie überhaupt?“ „Ah, du kannst dich also wieder vollständig bewegen, kleiner Vongolaboss. Naja gut, das Nervengift wirkt ja auch nur, wenn man direkten Kontakt damit hat. Danach lässt die Wirkung recht schnell wieder nach.“ „Sagen Sie mir einfach nur, wer Sie sind!“ Der Mann packte Tsunas Kinn und hob es an. Von seinem Gestank nach getrocknetem Blut wurde ihm leicht übel. „Weißt du, wenn dein Sturmwächter nichts aus mir herausbringen konnte, dann wirst du kleiner Bengel es schon dreimal nicht schaffen! Aber willst du stattdessen etwas anderes wissen? Dadurch, dass deine Wächter so unvorsichtig sind, kann man sie sehr leicht durchschauen.“ Tsuna knurrte, weil er das Gefühl hatte, als würde der Kerl sich nur über ihn lustig machen. Im Moment wusste er überhaupt nicht, was er über die anderen denken sollte. „Was reden Sie da für einen Blödsinn? Ich glaube Ihnen kein Wort.“ Da er seinen Kopf nicht wegdrehen konnte, wandte er angewidert seinen Blick von ihm ab. „Ach, wirklich nicht? Deine Augen verraten mir aber etwas ganz anderes, kleiner Vongolaboss. Schein so, als hättest du dich von deinem eigenen Nebelwächter ganz schön hinters Licht führen lassen.“ Nebelwächter? Chrome? Tsuna erinnerte sich daran, wie Hayato das Weinglas aus ihrer Hand genommen hatte, nachdem er sich mit Lambo gestritten hatte. Und wenn er jetzt richtig darüber nachdachte, dann fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen! Lambo, der sofort einige Schritte zurückgetreten war, anstatt sich irgendwie weiter über Hayato aufzuregen. Die anderen, die einfach nur schweigend dastanden und ihm ausgewichen waren, mit Ausnahme von Yamamoto und Ryohei, mit denen er sich unterhalten hatte. Und dann diese vielen fremden Gesichter, die so getan haben, als wäre es ihnen nicht aufgefallen, dass er plötzlich aus der Vergangenheit aufgetaucht war. Und dann noch die Tatsache, dass der Gang, in den er anschließend getreten war, so leer war. Bei einer so lebhaften Party hätten doch mindestens einpaar Menschen den Saal verlassen oder wieder eintreten müssen, um sich die Beine zu vertreten. Sogar das Dienstmädchen am nächsten Morgen hatte so seltsam monoton und unreal gewirkt. „Offenbar hast du es jetzt begriffen, kleiner Vongolaboss. Hat aber lang gedauert.“ „Eine Illusion?“ Der Mann ließ ihn wieder los und musste lachen. „Natürlich war das eine Illusion. Ich sagte dir doch schon, dass sie die Bruchbude nur als billiges Versteck benutzen, das übrigens überhaupt nichts bringt.“ Hatte Chrome ihn wirklich mit einer Illusion getäuscht? Aber warum? Und woher wusste sie überhaupt, dass er hier auftauchen würde? ‚Ich weiß, dass ich daran schuld bin, dass du jetzt hier bist. Und ich weiß auch, dass du die nächsten fünf Tage hier festsitzt und genau deswegen bin ich auch dafür verantwortlich, dass dir hier nichts zustößt, was die Vergangenheit verändern könnte.‘ Bildete er sich das jetzt nur ein, oder war es tatsächlich Hayato, der ihn absichtlich täuschen wollte? Er schüttelte heftig den Kopf. „Sie lügen!“ „Keine Sorge, kleiner Vongolaboss. Jetzt, wo du nichtmehr lange zu leben hast, musst du dich auch nicht weiter darum kümmern. Je mehr sie dich getäuscht haben, desto leichteres Spiel hatten wir mit dir.“ „Woher wollen Sie das alles überhaupt wissen?“ Er grinste süffisant. „Eigentlich kann ichs dir ja sagen. Sozusagen als kleine Gegenleistung, dass du mich vor deinem Sturmwächter gerettet hast.“ Tsunas Blick verfinsterte sich. Noch immer bereute er seine Aktion. „Als Spion ist es meine Aufgabe, solche Dinge herauszufinden, kleiner Vongolaboss. Die Vorkehrungen deines Sturmwächters für deine Ankunft waren so offensichtlich gewesen, dass er darüber hin vergaß, darauf zu achten, ob ihn jemand dabei beobachtet. Und dass er sein altes Zuhause dafür benutzte, um dich solange dort verstecken zu wollen, bis du wieder zurück in die Vergangenheit reisen würdest, war genau der richtige Ort für uns, um zuzuschlagen. Nachdem sein Vater das Schloss auch für immer verlassen hatte, hat sich niemand darum geschert. Deswegen hat es auch überhaupt keine Sicherheitsvorkehrungen mehr. Dass dein Wächter den Scharfschützen im Restaurant bemerkt hat, war nicht geplant. Also musste ich kurzfristig die Rolle des Attentäters übernehmen, damit wir uns in Ruhe überlegen konnten, wie wir als Nächstes vorgehen sollten. Die beiden Wagen parkten schon die ganze Zeit unauffällig vor dem Schloss, falls du dich dafür entscheiden solltest, eine Runde spazieren zu gehen. Aber dass du es mir gleich so leicht gemacht hast, indem du mich befreit hast, passte natürlich auch ganz gut. So, jetzt weißt du es. Aber diese Information wird dir nichtmehr viel bringen.“ Tsuna schüttelte erneut den Kopf. „Ich verstehe das nicht.“ „Soll ich es dir etwa noch ausführlicher erklären, kleiner Vongolaboss?“ „Nein, ich verstehe Ihren Aufwand nicht, den Sie wegen mir betreiben. Wenn Sie mich einfach nur töten wollten, dann hätten Sie es doch schon längst tun können! Wir saßen mindestens über zwei Stunden in dem Restaurant, der Scharfschütze hatte genug Gelegenheit dazu gehabt, jederzeit abzudrücken! Gokudera SOLLTE ihn zuerst sehen und erst dann losschließen, wenn er mich bereits aus der Schusslinie gebracht hat, also lügen Sie mir nichts von irgendwelchen ungeplanten Dingen vor! Der Schütze war doch nur eine billige Ausrede für Sie, damit Sie ins Schloss kommen konnten. Deswegen haben Sie auch ihren Ohrring mit diesem Nervengift dabeigehabt, weil Sie über den Ruf meines Sturmwächters Bescheid wussten. Also, warum das alles?“ Genau solche Aktionen waren es doch, die Gokudera letztendlich als seine rechte Hand dazu zwangen, ihn zu dem Menschen werden zu lassen, von dem Tsuna nicht wollte, dass er so wurde wie Hayato es jetzt war. Der Schlag, der daraufhin folge, war nichtmal annähernd so schmerzhaft gewesen, wie der Gedanke daran, dass er Gokudera vielleicht nie wieder sehen würde. Außerdem hatte er Hayato doch versprochen, dass er ihnen keine Schwierigkeiten bereiten würde und trotzdem saß er jetzt hier. „Du bist rotzfrech, du kleiner Bengel!“ Das bewies doch nur, dass Tsuna Recht hatte mit dem, was er sagte. Wenn das die Zukunft sein sollte, in der er Leben musste, dann wollte er das nicht. Und ob er das hier überhaupt überlebte, bezweifelte er gerade sehr stark. Ihm tat es im Augenblick nur furchtbar leid, dass er Hayato solche Vorwürfe gemacht hatte, obwohl er im Grunde selbst daran schuld war, dass es soweit kommen musste. Durch seine Gedanken bekam er überhaupt nicht mit, wie das Auto zum Stehen kam und die Männer ihn hinauszerrten. Seine Augen starrten nur leer vor sich hin, während sie ihn in ein Gebäude schleppten und in einen Raum einsperrten, indem nicht mehr als eine Matratze vorzufinden war. Erst als die schwere Tür hinter ihm zufiel, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. „Hey, du Scheisskerl!“ Er merkte garnicht, dass er Gokuderas Wortwahl übernahm, weil er gerade ziemlich wütend und enttäuscht über sich selbst war. „Lass mich hier raus, dann werde ich dir zeigen, wie rotzfrech ich bin!“ Nach wenigen Minuten gab Tsuna es dann schließlich auf, gegen die Türe zu schlagen und sank daran hinunter. „Was willst du denn überhaupt von uns?“, murmelte er vor sich hin. Tsuna verstand wirklich nicht, warum diese Typen so ein aufwendiges Manöver starteten, wenn es ihnen darum ging, ihn einfach nur umzubringen. ~~~Past~~~ Der Decimo öffnete seine Augen. Ihm war zwar immernoch schwindelig und er spürte sein Fieber sehr deutlich, aber es war erträglich. Er setzte sich etwas auf, sodass ihm das nasse Tuch von der Stirn fiel und bemerkte erst jetzt, dass seine Hand gehalten wurde. Er musste lächeln. „Ich erwische dich wohl ständig nur beim Schlafen, was Hayato?“ Der Jüngere hatte sich neben ihn ins Bett gelegt und sich nichtmal die Mühe gemacht, seine Klamotten ausziehen, so ungern wollte er von ihm fern bleiben. Der ältere Tsuna schloss seine Augen wieder und musste über einiges nachdenken. Nur war das nicht so einfach, wenn das Fieber seine Sinne benebelte. „Ich weiß, dass du ihn beschützen wirst. Ich weiß es. Aber pass auch auf dich selbst auf, Hayato.“ ~~~Future~~~ Er stellte die Weinflasche am Tisch ab und bediente sich wieder an seiner Zigarette. Während er mit der einen Hand den Glimmstängel an seine Lippen führte, hatte er seinen anderen Arm über die Augen gelegt und hing mehr im Sessel, als dass er saß. „Gokudera, was machst du da?“ Yamamoto betrat die Bibliothek und erblickte zuerst die zum Glück noch fast volle Weinflasche neben ihm. „Er ist weg!“ „Wer, Tsuna?“ „Ja und dieser Bastard im Keller auch! Keine Ahnung, wie er sich befreien konnte, aber sie sind beide weg.“ „Und deswegen besäufst du dich jetzt? Hast du nichts Besseres zu tun?“ Hayato stand auf schlug Yamamoto mit der Faust direkt ins Gesicht, sodass dieser nach hinten flog. „Du hast doch überhaupt keine Ahnung, du Idiot!“ Er meinte es nicht so, aber er brauchte gerade etwas, um sich abzureagieren. Yamamoto knurrte und rieb sich die Wange. Er war wirklich sehr geduldig mit Hayato gewesen, aber jetzt reichte es auch ihm. Er setzte zum Gegenschlag aus und traf sein Gegenüber ebenfalls mitten ins Gesicht, der dann gegen Tisch flog und die Flasche umstieß. Das Glas zerberste und der kostbare Wein verteilte sich auf dem Boden. Hayato wischte sich die Wange ab und rappelte sich wieder auf. Dass Yamamoto sich wehrte, machte ihn nur wütender. Er stürmte auf den Regenwächter zu, der allerdings auswich und Hayatos eigenen Schwung dazu nutze, um ihn direkt über die Schulter zu werfen. Mit einem lauten Keuchen landete er unsanft auf dem Boden und sah dann direkt in die zornigen Augen über ihm. Yamamoto hatte sein Knie auf dessen Brust gelegt, um ihn auf dem Boden zu halten und packte ihn dann am Kragen. Er wollte es wirklich nicht so weit kommen lassen, aber wer nicht hören wollte, musste eben fühlen und Hayato Gokudera war nunmal ein Typ, der erst zuhörte, wenn er vorher vermöbelt wurde. „Ich Idiot habe also keine Ahnung, ja? Aber du hast wieder voll den Durchblick, oder wie?!“ Man konnte den Sarkasmus förmlich spüren. So kannte er den Schwarzhaarigen garnicht und das überraschte ihn dann doch. „Tsuna hat hier niemanden, an den er sich wenden kann, außer uns.“ Yamamoto zog stärker am Kragen. „Vor allem dir vertraut er am meisten, aber du musstest ja darauf bestehen, dass wir ihn alle anlügen so tun, als wäre alles in Ordnung! Das konnte doch nur schiefgehen, Gokudera!“ Der Sturmwächter wandte den Kopf ab und knurrte wütend, weil er nichts darauf zu sagen wusste. „Und während du hier tatenlos rumsitzt und dich betrinkst, schwebt er jetzt vielleicht in Lebensgefahr!“ „Denkst du, was weiß ich nicht, Yamamoto?“ „Wenn ich ehrlich bin, Gokudera… Sieht‘s nicht so aus, als ob du das weißt.“ Der Angesprochene krallte seine Finger die die Hände von Yamamoto. „Natürlich bin ich schuld daran, wenn dem Decimo etwas passiert. Und ich bin auch schuld daran, dass er jetzt weg ist und…“ „Hör gefälligst auf damit, dich ständig selbst zu bemitleiden! Und hör auch damit auf, alles im Alleingang machen zu wollen!“ Yamamoto ließ ihn los ballte seine Hand zu einer Faust, während sein Ring dabei zu lodern begann. „Auch wenn du seine rechte Hand bist, wir sind alle seine Wächter, also sind wir auch alle dafür verantwortlich, dass ihm nichts zustößt. Aber das ist etwas, wovon DU scheinbar keine Ahnung hast, Gokudera!“ Hayato setzte sich auf und hielt sich die Hand vors Gesicht. Natürlich hatte Yamamoto recht mit dem, was er sagte. Und im Grunde wusste er das ja auch, nur musste er ab und zu wieder daran erinnert werden. Meistens dann, wenn es bereits zu spät war. „Es ist noch lange nicht zu spät, Gokudera.“ Nein, Yamamoto konnte keine Gedanken lesen, aber Hayatos Gedanken waren manchmal sehr offensichtlich gewesen. Er hielt ihm die Hand hin. „Wir werden ihn finden, wenn wir zusammenarbeiten.“ Hayato ergriff Yamamotos Hand und stand dann ebenfalls auf. „Sorry für meine Rechte.“ Yamamoto zwinkerte. „Ich bin immernoch Sportler, ich stecke schon was weg.“ Der Sturmwächter grinste und klopfte ihm auf die Schulter. Mittlerweile konnte er ihn sehr gut leiden, denn Yamamoto war der Typ, der ihn meistens auf den Teppich zurückbrachte, wenn er mal wieder den Überblick verlor. Und dafür war er ihm letztendlich sehr dankbar. „Los, holen wir Okto! Chrome kümmert sich währenddessen weiterhin um das Schloss.“ ~~~Past~~~ Gokudera stand schon früh in der Küche und versuchte sich daran, einpaar Spiegeleier zu braten. Der Decimo brauchte neue Proteine, weil das hohe Fieber seine eigenen im Körper zerstörte. Es hatte sich über Nacht verschlimmert, obwohl Gokudera ihm sogar Medikamente besorgt hatte, die als Fiebersenkend galten. So langsam beschlich ihn das ungute Gefühl, dass es sich doch nicht um eine einfache Krankheit handelte. Warum sollte der Decimo denn auch ausgerechnet dann krank werden, wenn Tsuna sich gerade in der Zukunft befand? Er unterdrückte den Reiz, selbst zur Bazooka zu greifen und ihm zu folgen. Er sollte lieber nichts Unüberlegtes tun und stattdessen darauf hoffen, dass sein eigenes zukünftiges Ich dafür sorgte, dass Tsuna nichts Schlimmes widerfahren würde. „Guten Morgen, Zehnter.“ Er stellte das Frühstück neben dem Bett ab und nahm das Tuch von seiner Stirn, während er sie befühlte. Immernoch unverändert heiß. Der Decimo öffnete die Augen, als er die Berührung spürte und lächelte sanft. Dann hob er seine Hand an, sodass Gokudera sie wieder instinktiv ergriff. „Danke, dass du dich um mich kümmerst, Hayato. Ich werde bald wieder auf die Beine kommen.“ „Natürlich, Zehnter!“ ~~~Future~~~ Tsuna wusste nicht, wie lange er sich nun schon in diesem Raum befand. Nach gefühlten Stunden dieser Isolation hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. War es Tag, war es Nacht? Keine Ahnung. Er lag nur auf der Matratze und starrte an die Decke. Das Schlimmste daran war, dass er dadurch viel zu viel Gelegenheit hatte, um nachzudenken. Und je mehr er nachdachte, desto mehr schmerzte es. Der Kerl hatte etwas davon erwähnt, dass er ihm beim Sterben zusehen wollte. Was hatten sie denn vor? Ihn hier drin versauern zu lassen, weil sie ihn nicht selbst töten wollten? Seit sie ihn hier eingesperrt hatten, war es still. Der Gedanke war also garnicht so abwegig. Wie lange war er nun schon in der Zukunft? Es musste jetzt bereits der dritte Tag sein. In zwei Tagen würde er wieder zurückkehren und dann landete der ältere Tsuna hier in diesem Raum. War das ihr Plan? Ihn einfach hier zu behalten, bis die Zeit ablief? Oder darauf zu hoffen, dass er innerhalb der nächsten Tage starb? Tsuna wälzte sich hin und her. „Nein, das kann doch nicht wahr sein!“ Er wollte nicht sterben, das wäre zu einfach! Und wenn es nur darum ging, diese zwei Tage hier auszuharren. Wenn er wieder in die Vergangenheit zurückkehrte, dann würde er schon etwas dagegen unternehmen, aber solange musste er nur irgendwie durchhalten. „Gokudera, ich werde dich wiedersehen, das verspreche ich!“ Der Glaube daran verlieh ihm Kraft. Und ohne es zu merken loderte sein Ring dabei an seiner Hand. ~ „Was ist das?“ Der Kerl, der sich mittlerweile seine Wunden behandelt hatte, starrte auf den Bildschirm, an dem er beobachten konnte, wie der Junge auf der Matratze rumkauerte. „Das ist sein Vongolaring“, antwortete sein Kollege, der nicht gerade darüber begeistert war, dass er diesen Jüngling hier überwachen sollte. „Und was ist an diesen Ringen so Besonderes, dass sie plötzlich anfangen, zu leuchten?“ „Diese Ringe sind der Grund, warum wir die Vongola nicht so einfach auslöschen können, weil sie von ihnen beschützt werden! Oder warum denkst du, veranstalten wir diesen ganzen Zirkus hier?“ „Das hat mich der Bengel auch gefragt, also weiß er das garnicht. Wissen seine Wächter davon?“ „Keine Ahnung, ob sie davon wissen! Mir ist das egal, das Balg interessiert mich nicht. Noch weniger hab ich Lust darauf, ihn zu observieren. Aber wenn der Chef es so will, dann kann ich nichts machen. Außerdem bist du doch hier der Spion, es ist deine Aufgabe, sowas rauszufinden!“ Der Angeschnauzte knurrte und zog sich dann seine Jacke an, während sein Kollege daraufhin die Augenbraue anhob. „Was machst du jetzt schonwieder?“ „Ich hau ab!“ „Was? Soll ich jetzt hier allein rumsitzen und das Balg beobachten?!“ „So ist es.“ Er grinste. „Ich muss im Gegensatz zu dir nicht dumm hier rumsitzen, Kyel. Wie du schon gesagt hast, ich bin hier der Spion, also muss ich mehr Informationen beschaffen. Danke übrigens für deinen Tipp mit den Ringen, das erspart mir Arbeit.“ „Arsch!“ „Adios!“ Knurrend wandte sich der Observator wieder zum Bildschirm. Der Spion allerdings machte sich auf den Weg zu seinem eigenen Versteck, da er heute Nacht nichts mehr unternehmen wollte. Stattdessen dachte er darüber nach, wie er als nächstes handeln sollte. Er hätte nicht gedacht, dass die Vongolaringe eine so große Bedeutung hatten. Ihm wurde bisher nur mitgeteilt, dass man die Vongola Famiglia anhand dieser Ringe erkennen konnte, daher hatte er sie nicht mehr als für ein Familienwappen gehalten. Er hatte sich ohnehin schon die ganze Zeit darüber gewundert, dass diese Familie so hoch eingestuft wurde, obwohl die Wächter so unvorsichtig handelten. Die Frage war nur, ob sie selbst das wussten oder nicht. Woher Kyel das überhaupt wusste, ärgerte ihn. Aber sein Kollege wollte ihm nicht erzählen, dass sie es auch nur durch Zufall herausgefunden hatten. Mehr wusste er selbst nicht und das war auch genau der Grund, warum Kyel auch nicht wollte, dass gerade er jetzt dem Vongolaboss zugeteilt wurde. Nun gut, das war sein eigenes Problem gewesen. Der Spion würde das schon irgendwie herausfinden. Im Gegensatz zu seinem Kollegen hatte er keinen Schiss vor ihnen. Schon allein, weil die Vongola, seit er den Auftrag hatte, sie zu beobachten, seine grundsätzliche Neugierde geweckt hatte. Abgesehen davon hatte er noch eine persönliche Rechnung mit dem Sturmwächter offen, denn das wollte er nicht so einfach auf sich sitzen lassen. Selbst wenn er auf eigene Faust handelte, war ihm das egal. Er schraubte den Schalldämpfer an seine Waffe und legte sie dann neben sich auf den Nachttisch. Vielleicht fand er noch einige Stunden Schlaf, ehe er seinen Plan in die Tat umsetzte. ~ Auch Hayato hatte in der Nacht nicht mehr viel unternommen. Er war zu der Stelle gegangen, an der das Auto explodiert war und hatte es durchsucht. Bis auf zwei ausgebrannte Leichen auf den Vordersitzen konnte er nichts entdecken. Immerhin hatte Tsuna nicht im Wagen gesessen, also musste er noch am Leben sein. Aber wer wusste, wie es ihm im Augenblick ging? Hayato durfte nicht daran denken, sonst würde er noch verrückt werden. Auch wenn Yamamoto ihm davon abriet, trank er trotzdem noch mindestens drei Gläser Wein, bevor er einschlafen konnte. Seine Träume rissen ihn allerdings sehr früh auf die Beine. Zumindest war er wieder halbwegs nüchtern geworden. Vielleicht sollte er sich das Trinken abgewöhnen, wenn er schon nicht auf das Rauchen verzichten konnte. Er schüttelte den Kopf und sprang kurz unter eine eiskalte Dusche, um wieder klar in seinen Gedanken zu werden. Danach verließ er das Schloss noch in der Morgendämmerung. Mit Yamamoto und Ryohei hatte er sich am Abend zuvor noch abgesprochen, dass sie getrennt nach Tsuna suchen würden. Aber um genau zu sein, hatte er gar keine Ahnung, wo er mit seiner Suche anfangen sollte. Verzweifelt ging er als erstes zu dem Platz, an dem er seine Kindheit verbracht hatte und der auch heute noch als sein Lieblingsplatz galt, an dem er sich oft befand. Er blickte zum Wasser und griff sich an die Brust. Es schmerzte wie immer. „Wo soll ich nur nach dir suchen, Decimo?“ ~ Der Spion musste breit grinsen, als er eine Gestalt wahrnehmen konnte, die sich dem Park näherte. Er hatte Recht mit seiner Vermutung gehabt, dass der Sturmwächter früher oder später hier auftauchen würde. In dem Fall war es sogar noch früher als erwartet, dementsprechend hatte es sich gelohnt, sich rechtzeitig auf den Weg zu machen und hier abzuwarten. Der Wächter war wirklich sehr leicht zu durchschauen, es war ja schon fast zu einfach gewesen. Nichtmal, dass der Spion sich anschlich und jetzt kaum hundert Meter von ihm entfernt stand, schien dieser zu bemerken. War er wirklich so dumm oder spielte er ihm hier nur etwas vor? Wie dem auch sei, der Kerl hatte keine Lust mehr, noch länger zu warten oder sich zurück zu halten, ganz gleich, welchen Befehl er hatte. Sie sollten doch froh sein, wenn sie die Mitglieder der Vongola Famiglia loswerden konnten. Er richtete seine Waffe direkt auf den Sturmwächter und zielte damit auf dessen Hinterkopf. Noch immer rührte Hayato sich nicht, aber das sollte die Sache wesentlich vereinfachen. Immerhin würde er dann wissen, ob Kyel ihm keinen Scheiss erzählt hatte. „Leb wohl in der Hölle, Sturmwächter!“, murmelte er grinsend vor sich her. Und dann drückte er ab. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- ~~~Past~~~ Gokuderas Kippe fiel im plötzlich aus der Hand, als er gerade daran ziehen wollte. Noch bevor er sie aufheben konnte, erlosch sie vollständig und war nicht mehr zu gebrauchen. Was sollte das denn? Knurrend zündete er sich die nächste Zigarette an, die ihm aber auf einmal zuwider schmeckte. Also schnippte er sie wieder weg. Vielleicht machte er sich soviele Sorgen um den jungen Tsuna, dass ihm sogar das Rauchen im Moment keine Befriedigung mehr schenkte? Er seufzte und trat vom Balkon wieder ins Zimmer hinein, um sich neben den Decimo zu legen. Zumindest hatte sich das Fieber etwas gesenkt, das beruhigte ihn ein einwenig. Dem Lächeln zu urteilen schien er etwas Schönes zu träumen. Gokudera musste ebenfalls lächeln, als er ihn so beim Schlafen beobachtete. Dessen Mund war leicht geöffnet und sein Atem ging ruhig und regelmäßig. Er konnte es nicht verhindern, dass seine Finger über die Wange des Decimos strichen, woraufhin dieser noch mehr lächelte. „Zehnter…“ Gokuderas Gesicht näherte sich dem des Anderen, sodass ihre Lippen nur wenige Millimeter voneinander entfernt waren. „Hayato…“ Der Jüngere blinzelte und hielt inne. Der Decimo schlief noch und musste im Traum seinen Namen erwähnt haben. Was machte Gokudera hier überhaupt? Erschrocken wich er von dem älteren Tsuna zurück und verließ aber dennoch leise das Zimmer, damit er ihn nicht weckte. Er ging ins Bad und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Sein Herz pochte wild und er fasste sich selbst an die Lippen. Was sollte das gerade eben? Schlimm genug, dass er sich für einen kurzen Moment von seinen Gefühlen hat überwältigen lassen, aber hatte er denn vergessen, dass er gerade den zehn Jahre älteren Tsuna vor sich liegen hatte? War er denn jetzt vollkommen übergeschnappt? Er fiel auf die Knie und krallte seine Hände in sein Haar. Das Lächeln des Decimos hatte ihn viel zu sehr an den jungen Tsuna erinnert. Warum mussten sie beide sich beim Schlafen auch so verdammt ähnlich sehen? Und warum konnte Gokudera sich nicht beherrschen, obwohl er sich doch fest vorgenommen hatte, seine Gefühle zu unterdrücken? Was sollte er denn noch machen, damit es funktionierte? Das Rauchen half anscheinend auch nichts mehr. Vielleicht hatte Tsuna noch etwas anderes im Haus? Wenn nicht, würde er zum nächsten Kiosk gehen und sich eine Flasche Bier besorgen, vielleicht kam er dann wieder etwas runter. ~~~Future~~~ Der Spion konnte seinen Augen kaum glauben, als er sah, was sich gerade vor ihm abspielte. Kurz nachdem er seinen Schuss auf den Wächter abgefeuert hatte, konnte er genau beobachten, wie dessen Ring plötzlich aufleuchtete. Es sah genauso aus wie bei dem kleinen Vongolaboss, nur dass die Flamme eine rötliche Färbung hatte. Und dann musste er genau hinsehen, als die Kugel wie durch Zauberhand eine schiefe Bahn einschlug und am Kopf des Wächters vorbeiflog. „Das kann doch nicht wahr sein?“ Ungläubig starrte er nur vor sich hin und senkte seine Hand. Er war so paralysiert von dem Geschehen, dass ihm seine Waffe fast nicht aus der Hand fiel. Hayato wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er auf einmal einen Windhauch neben seinem Ohr spürte. Und erst jetzt konnte er das schallende Geräusch des Schusses wahrnehmen. Er drehte sich um und griff dann zu seiner eigenen Beretta im Halfter, als er eine Gestalt direkt vor sich stehen sah. Mist, er war schonwieder so unvorsichtig und gedankenverloren gewesen! Dann musste er allerdings überrascht aufblicken. Irrte er sich jetzt, oder stand tatsächlich der Bastard vom vorgestrigen Anschlag gerade regungslos vor ihm und starrte ihn an, als hätte er einen Geist gesehen? „Du?!“ Der Spion erschrak, als Hayato ihn ansprach. „Scheisse!“ Er hatte garnicht darüber nachgedacht, was er als nächstes machen sollte, da er ja auch nicht damit gerechnet hatte, dass sein Schuss so dermaßen daneben ging. Los, er musste einen zweiten Versuch starten, das konnte doch unmöglich sein, ihn nicht zu treffen! Doch noch bevor er seine Waffe überhaupt wieder anheben konnte, wurde sie ihm schon aus der Hand geschossen. Er schrie auf und hielt sich kurz seine Hand, ehe er dann instinktiv zu seinem Ohrring griff. Doch was war das? Es war weg. Und dann erinnerte er sich daran, dass er es – nachdem er den kleinen Vongolaboss damit betäubt hatte – im Eifer des Gefechts in seine Hosentasche gesteckt hatte, die er jetzt leider gerade nicht trug. „Verfluchter Mist!“ Sein einziger Gedanke war also nur noch der, die Beine so schnell es ging in die Hand zu nehmen. Nur leider würde Hayato es beim besten Willen nicht zulassen, dass sein Opfer ihm nochmal entkommen würde. Ein weiterer Schuss in das Bein des Spions verhinderte es also, dass er davonlaufen konnte. Seelenruhig näherte Hayato sich dem Kerl und steckte seine Waffe wieder weg. Stattdessen nahm er sein Messer für Nahkämpfe zur Hand. „Diesesmal werde ich nicht mehr so freundlich bleiben, du Bastard!“ Der Spion versuchte mit aller Kraft, weiter zu kriechen, obwohl es aussichtslos war. Er suchte verzweifelt nach irgendwas auf dem Boden, dass er in seiner Not nach dem Wächter werfen konnte. Als ob es etwas brachte, aber sein Verstand spielte gerade nicht richtig mit. Hayato trat ihm auf seine suchende Hand, sodass er wieder den Schrei seines Opfers hören konnte. Es war wie Musik in seinen Ohren. „Hast du oder hast du nicht, den Decimo mit diesen dreckigen Fingern angefasst?“ Seine Stimme war grausig, sodass es dem Spion eiskalt den Rücken runterlief. Es war wohl zu spät dafür, um sich darüber zu ärgern, dass er so dumm war, dem Wächter nochmal unter die Augen zu treten. „Ich hab keine Ahnung, wovon du redest, Sturmwächter!“ „Ach wirklich nicht?“ Hayato lachte, weil er das Gefühl hatte, dass der Spion diesesmal gesprächiger sein würde. Er rammte das Messer dann direkt in die Finger seines Opfers und begann damit, sie nach der Reihe abzuschneiden. Der Schrei zog sich durch den ganzen Park, aber das war dem Wächter herzlich egal. Jeder, der sie hörte oder dabei beobachtete, würde es trotzdem nicht wagen, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Dafür hatte sein Ruf immerhin gesorgt. Und der Spion würde ein weiteres Exempel dafür statuieren, dass man der Vongola Famiglia lieber nicht zu Nahe kommen sollte. Hayato näherte sich seinem Gesicht. „Zuerst werde ich dafür sorgen, dass du den Decimo nie wieder anfassen kannst!“ Sein Blick wirkte fast schon besessen, während er das sagte und ungehindert damit weitermachte, ihn von seinen Fingern zu trennen. „Danach wirst du ihn nicht mehr hören können, nichtmehr sehen… bis letztendlich nurnoch deine Zunge übrig bleibt, damit du mir erzählen kannst, wo sich der Decimo jetzt aufhält!“ Es dauerte nicht sehr lange, bis Hayato die Informationen hatte, die er so dringend haben wollte. Schade, dabei war er noch nichtmal mit der zweiten Hand fertig geworden. Er wischte das Blut von seinem Messer ab und steckte es wieder ein. Dann sah er auf den kauernden Körper zu seinen Füßen und spuckte ihn an. „Danke, du Bastard!“ Er ließ ihn einfach dort liegen und machte sich dann auf den Weg. Ihn umzubringen hätte keinen Zweck gehabt, er sollte ruhig weiterleben und jedem von seiner netten Begegnung mit dem Wächter erzählen. Der Spion wälzte sich am Boden hin und her. Vor lauter Schmerz war er so benommen, dass er Mühe hatte, nicht gleich das Bewusstsein zu verlieren. Er brauchte einige Minuten, ehe er langsam wieder zu sich kommen konnte. Dieser verdammte Mistkerl von Sturmwächter sollte nicht glauben, dass er schon gewonnen hatte! Er schüttelte sein Handy aus der Tasche und tippte mit seinen restlichen Fingern eine Nachricht ein. „Kyel, hau ab!“ ~ Tsuna konnte nicht mehr klar denken, so ausgezehrt fühlte sich sein Körper inzwischen an. Die Nacht kam ihm so unendlich lange vor, weil er vor Hunger nicht richtig schlafen konnte. Ständig wachte er auf, weil er vom Essen träumte. Sein Mund fühlte sich auch staubtrocken an. Ihm war übel, aber er konnte sich nicht übergeben, da er nichts hatte, was er loswerden konnte. Es war gerade mal ein Tag vergangen und er hatte jetzt schon das Gefühl, als würden ihn seine Kräfte verlassen. Wie sollte er das noch einen Tag durchhalten? Er konnte sich nichtmal mehr von der Matratze hochrappeln, weil seine Arme ihm nicht standhielten. Was für ein Schwächling er doch war! Gokudera hätte in so einer Situation sicher länger durchgehalten als er. Der Gedanke an ihn löste einige Tränen in ihm aus. Er wollte ihn so gerne wieder sehen. Und sei es nur ein einziges Mal, um ihm zu sagen, wie Leid es ihm tat. Der Observator Kyel dagegen hatte einen tiefen Schlaf auf seinem Überwachungsstuhl gehabt. Es war nunmal totlangweilig, einen Jungen dabei zu beobachten, wie dieser regungslos auf einer Matratze rumlag. Erst der Piepton einer eingehenden SMS ließ ihn allmählich aus dem Land der Träume zurückkehren. Er gähnte und streckte sich erstmal ausgiebig, ehe er sein Handy hervorkramte. Es war höchstens 5 Uhr morgens, wer nervte ihn denn schon so früh? Allerdings war er schlagartig hellwach, als er die Nachricht auf seinem Display las. Sofort sprang er auf, sodass der Stuhl nach hinten fiel und warf die Bildschirme laut krachend auf den Boden um. Dann stürmte er zum Gefängnisraum und riss die Türe auf. Als die Tür sich öffnete und seine Augen blendete, hatte Tsuna zuerst die Hoffnung gehabt, es würde sich bei der Person, die so plötzlich eintrat, um Hayato handeln. Aber diese Hoffnung würde zerstört, als er einen fremden Mann sah. Er ging auf Tsuna zu und verpasste ihm einpaar Tritte gegen seine Rippen. „Hey du verdammtes Balg, mach, dass du aufstehst!“ Der Jüngere spürte den Schmerz und hörte die Stimme, aber selbst mit noch so viel Mühe konnte er nicht aufstehen, denn dazu fühlte sich sein Körper einfach zu schwach an. Kyel knurrte und hievte den Jungen dann einfach über die Schulter. Dieses Balg machte schonwieder unnötig Ärger und verschwendete nur seine kostbare Zeit. Er musste von hier verschwinden und das so schnell wie möglich. Zwar machte der Spion gerne mal seine Witze mit ihm, aber diese Nachricht war bestimmt kein Scherz gewesen. Sicherheitshalber sollte er lieber den Hinterausgang nehmen. Während er durch das Gebüsch lief, forderte er einen Fluchtwagen an, der auf der anderen Seite der Böschung auf ihn warten sollte. ~ Hayato hatte Yamamoto und Ryohei darüber informiert, dass sie sich ebenfalls mit einem Wagen auf den Weg zur Adresse machen sollten, die der Spion ihm genannt hatte. Dort angekommen hatte er nicht die großartige Geduld, um freundlich an der Tür zu klopfen, sondern trat sie gewaltsam auf. Er rannte durch die Gänge und konnte keine Menschenseele sehen. Hatte der Bastard ihn etwa angelogen, was diesen Ort betraf? Zuzutrauen wäre es ihm und jetzt ärgerte Hayato sich darüber, dass er ihn einfach so hatte liegen lassen. Er hätte ihn mitnehmen sollen, dann würde er ihm hier und jetzt seine verdammte Kehle aufschlitzen! Wütend trat er gegen die Tür vor ihm und riss dann seine Augen auf, als er auf einer Matratze in diesem Raum ein Jackett entdeckte, die nur einer Person gehören konnte. „Decimo?“ Er ergriff das Stück Stoff und nahm sofort den Geruch von Tsuna war. Er war hier gewesen, zweifellos! Knurrend durchforstete er die anderen Räume und sah dann die zerstörten Computer auf dem Boden. Natürlich war das ein Zeichen dafür, dass man hastig Informationen vernichten wollte, also musste es nicht lange her sein, dass sie geflohen waren. Hayato blickte auf die Uhr. Viel Vorsprung durften sie nicht haben und da er niemanden gesehen hatte, der das Gebäude am Vordereingang verlassen hatte, blieb nur noch eine Möglichkeit übrig. Er entdeckte einen Notausgang am anderen Ende des Gebäudes und landete dann mitten im Gebüsch. „Ziemlich dämliches Versteck von euch!“ Denn er brauchte nur den Spuren der zerbrochenen Äste zu folgen, die sehr einfach zu erkennen waren. Und tatsächlich! Er konnte unten an der Böschung einen Mann erkennen, der gerade dabei war, seinen geliebten Schützling in einen Wagen zu schieben. „Decimo!“ Hayato zückte seine Beretta und zielte auf die Reifen des Wagens. Sie würden ihm bestimmt nicht schonwieder entwischen! Er feuerte mehrere Schüsse ab, die ihr Ziel nicht verfehlten. Kyel drehte sich erschrocken um, als er die Schüsse hörte. Er knallte die Autotür zu und zückte seine eigene Waffe. „Losfahren, sofort!“, schrie er dem Fahrer am offenen Fenster zu. Nur leider war das nicht möglich, da die Reifen bereits untauglich waren. Auch die Schüsse des Observators auf den Sturmwächter verfehlten ihn, aber er handelte eben im Affekt, ehe er dann die Waffe wieder wegsteckte. „Verdammter Vongolaring!“ Was sollte er also tun? Scheiss auf das Vongolabalg, ihm war im Augenblick sein eigenes Leben wichtiger, also machte er sich daran, einfach abzuhauen. Allerdings war das Letzte, was er noch bewusst erleben konnte, das Blut, das er plötzlich vor seinen Augen spritzen sah. Danach wurde alles um ihn herum schwarz. Da Hayato nun das gefunden hatte, wonach er gesucht hatte, war es nicht mehr nötig, diesen Kerl noch am Leben zu lassen. Ein gezielter Kopfschuss sorgte dafür, dass er nicht mehr vor ihm weglaufen konnte. „Ein Bastard weniger!“ Er drehte sich um und zielte dann auf die beiden Kerle, die aus dem Auto rausgestürmt waren und auch eine andere Richtung einschlugen. „Wohin denn so schnell?“ Zwei weitere Schüsse folgten und dann war es still. Der Wind streifte durch Hayatos Haar und sein Blick wurde allmählich wieder etwas klarer. Er sah die Leichen vor sich liegen, aber es kümmerte ihn nicht. Es kümmerte ihn schon lange nichtmehr. Mit ruhigen Schritten näherte er sich dem Auto. Tsuna öffnete seine Augen, als er dumpfe Geräusche hörte. Er hatte garnicht mitbekommen, dass er schonwieder in einem Wagen saß, weil er eingenickt war, nachdem der Kerl ihn aufgehoben hatte. Und als sich dann die Autotür öffnete, konnte er direkt in die Augen von Hayato blicken. Träumte er? Aber selbst wenn, dann war es ein wunderschöner Traum. Er lächelte unwillkürlich und streckte die Hand nach ihm aus. „Gokudera-kun, es tut mir so leid, was ich…“ Dann fielen seine Augen wieder zu und er erschlaffte. „Decimo!“ Hayato fing den jungen Körper auf, der sich etwas kühl anfühlte. Aber er war am Leben und das allein zählte! Mit einer unbeschreiblichen Erleichterung umschloss er Tsunas Körper und hatte das Gefühl, als müsste er weinen. Doch keine Tränen kamen, denn das hatte er schon lange verlernt, bevor er überhaupt der Vongola beigetreten war. Stattdessen hielt er seinen geliebten Schützling einfach nur in seinen Armen, als wollte er ihn niewieder loslassen. Er konnte sich nichtmehr daran erinnern, wann er den Decimo das letzte Mal umarmt hatte. Ob er das überhaupt schonmal gemacht hatte? Seit diesen zehn Jahren. Seit Tsuna damals in der Zukunft gewesen war, hatte er seine Gefühle für ihn einfach nur unterdrückt und sich stattdessen in seine Aggressionen gegenüber seinen Feinden oder in den Alkohol geflüchtet. Und als der junge Vongola dann zurückgekehrt war, hatte er ihm nie erzählt, was damals in der Zukunft passiert war. Aber seit diesem Zeitpunkt hatte Tsuna sich verändert gehabt. Und seit dieser Zeit konnte Hayato an nichts anderes mehr denken, als zu versuchen, all das Schlechte von seinem geliebten Decimo fern zu halten. Und was hatte er geschafft? Genau das Gegenteil davon! Seine ganzen Vorbereitungen waren umsonst gewesen. Sollte sich die ganze Geschichte jetzt deswegen wiederholen? Immer und immer wieder? Und Hayato hatte nicht die Möglichkeit, seinem jüngeren Ich zu sagen, dass er den Fehler genau damit machte, indem er es totschwieg und sich vom Decimo abwandte. Gokudera würde denselben Fehler schonwieder machen und er konnte nichts dagegen unternehmen. „Nein Decimo, mir tut es leid.“ ~~~Past~~~ Der Decimo öffnete seine Augen und setzte sich auf, sodass ihm das Tuch von seiner Stirn rutschte. Das Fieber war mit einem Schlag verschwunden, als wäre es nie dagewesen. Er fasste sich an den Kopf und versuchte, sich daran zu erinnern, was damals vor zehn Jahren mit ihm geschehen war. Er wusste noch, dass der ältere Gokudera ihn gerettet hatte, aber dann? Es war seltsam, aber seine Erinnerungen fingen allmählich an, zu verblassen. Dabei war er sich sicher, dass er sie vor seinem Fieberanfall noch sehr deutlich in seinem Gedächtnis verankert hatte. Was hatte das zu bedeuten? Die Regung des schlafenden Gokuderas neben ihm riss ihn aus seinen Gedanken. Und als der Decimo ihn ansah, spürte er, wie sein Herz plötzlich wild zu schlagen begann. Die warmen Gefühle, die sich auf einmal in ihm ausbreiteten, wenn er nur das Gesicht von Gokudera sah, waren ihm vollkommen neu. So stark und so intensiv, als wären sie schon immer dagewesen. Er schüttelte den Kopf und stand dann auf, konnte aber den Blick nicht vom Jüngeren abwenden. Wo war die Distanz abgeblieben, die sich nach all den Jahren zwischen ihnen aufgebaut hatte? Es war, als wäre sie verschwunden. Und er hatte auf einmal das Bedürfnis, Gokudera viel näher zu sein. Ihn zu spüren. Seine Lippen, seine Haut, alles. Verdammt, warum auf einmal? Dann musste er wieder den Kopf schütteln, weil er die leere Bierflasche in der Hand des Jüngeren entdeckte. Obwohl er es eigentlich schon gewöhnt sein sollte, schmerzte es plötzlich mehr als gewöhnlich. „Du fängst viel zu früh damit an, Hayato.“ Sogar das Gefühl, seinen Namen auszusprechen, war anders. Während es sich sonst so angefühlt hatte, als würde Hayato ein fremder Name für ihn gewesen sein, spürte er jetzt das Gegenteil davon. Seine Hand mit der leeren Flasche zitterte wegen der kurzen Berührung, als er sie ihm abgenommen hatte. Der Decimo konnte sich immernoch nicht erklären, was jetzt mit ihm passiert war, aber es war, als hätte er sich auf einen Schlag vollkommen verändert. Und je mehr er versuchte, sich an die Zeit in den letzten zehn Jahren zu erinnern, desto mehr scheiterte er daran. ~~~Future~~~ Tsuna öffnete seine Augen. Er lag schonwieder in dem Zimmer, indem er das letzte Mal aufgewacht war. Und schonwieder sah er, wie Yamamoto neben ihm saß und ihn ansah. „Yamamoto?“ Nicht schon wieder! Der Jüngere riss die Augen auf und schlug die Bettdecke zurück. Dass er sich schlapp fühlte, merkte er im Moment garnicht, weil ihm der Schreck gerade einen Adrenalinstoß zuführte. Yamamoto schloss seine Augen, weil er genau wusste, wo Tsuna hinrennen wollte. Aber der Raum, in den er gerade stürmte, war vollkommen leer und überraschend sauber. Er schüttelte den Kopf und fiel dann auf die Knie, weil ihn der schwache Zustand wieder einholte. „Decimo!“ Yamamoto hatte Hayato Bescheid gesagt, der ihm natürlich sofort gefolgt war. Er half seinem jungen Schützling wieder auf die Beine. „Gokudera?“ „Warum rennst du hier rum, wenn dein Körper noch so schwach ist?“ „Ich…“ Tsuna senkte seinen Kopf und lehnte sich gegen die starke Brust vor ihm. Der Duft von Gokudera strömte ihm in die Nase, er hatte sich nicht verändert. „Ich hatte Angst, dass du wegen mir wieder…“ „Shht“ Hayato legte ihm seinen Finger auf den Mund und strich kurz sanft darüber. Dann nahm er ihn einfach auf die Arme und trug ihn die Treppen hinauf. Währenddessen klammerte der Jüngere sich an seinen Sturmwächter und zitterte. „Gokudera, es tut mir so leid, dass ich euch in Schwierigkeiten gebracht habe!“ „Schon gut, Decimo. Du kannst nichts dafür.“ Er legte ihn wieder zurück in sein Bett und setzte sich dann neben ihn. „Natürlich kann ich was dafür!“ Der Sturmwächter hatte den Blick gesenkt und starrte nur auf den Boden. „Sieh mich an, Gokudera!“ Auch wenn Tsuna im Moment schwächelte, so gab ihm der Anblick seines Wächters genug Kraft, um standhaft zu bleiben. Und noch ehe Hayato aufblicken konnte, hatten sich schon die Arme des Jüngeren um dessen Nacken gelegt und ihn an sich gezogen. Überrascht weitete der Ältere die Augen, wehrte sich aber nicht dagegen. Er ließ es zu und fühlte, wie seine Mauer langsam aber sicher ins bröckeln geriet. „Decimo…“ „Ich bin es doch, der daran schuld ist, dass du so geworden bist. Was habe ich denn die ganzen letzten Jahre gemacht, dass ich das nicht verhindert habe?“ Hayato entzog sich wieder seiner Umarmung und hielt ihn an den Schultern fest. Dann sah er ihm ernst in die Augen. „Sag so etwas nicht, Decimo! Ich bin derjenige, der es nicht zugelassen hat, dass du was dagegen unternimmst, hörst du? Ich selbst wollte es so!“ Tsuna wandte den Blick ab. „Hör auf mich Decimo zu nennen, das bin ich nicht!“ „Aber du wirst es werden, dagegen kannst du nunmal nichts unternehmen!“ „Nein, ich will es nicht hören, Gokudera! Und schon garnicht von dir!“ Hayato schnaufte und ließ Tsuna dann los. „Das ist genau der Grund, warum ich dir nichts erzählt habe! Du willst die Wahrheit doch ohnehin nicht hören. Decimo!“ Tsuna, der gerade den Kopf schüttelte, hielt inne und dachte über diese Worte nach. Er stellte fest, dass Hayato Recht hatte mit dem, was er sagte. Die ganze Zeit hatte er sich darüber beschwert, dass ihm niemand die Wahrheit sagen wollte und jetzt wehrte er sich dagegen. Er seufzte und sah den Älteren dann wieder an. „Dann sag es mir.“ „Was soll ich dir sagen?“ „Die Wahrheit.“ Jetzt war Hayato derjenige, der den Blick abwendete. Er hatte nicht mit so einer direkten Frage gerechnet und schwieg. „Was ist? Ich bin bereit, dir zuzuhören. Ich bin bereit, es langsam zu verstehen, dass ich nichts dagegen tun kann, der zehnte Vongolaboss zu werden. Warum bist du jetzt still, Gokudera?“ Tsuna legte sich zurück ins Bett und sah zur Decke hinauf. „Hast du dich darauf verlassen, dass ich weiterhin meine Augen davor verschließen werde, damit es ewig so weitergeht?“ „Wie?“ „Denkst du, dass ich es schön finde zu wissen, dass die Menschen in meinem Umfeld, die ich gerne habe, ständig in Gefahr schweben?“ „So ist das nunmal, wenn man in der Mafia ist.“ Hayato ballte die Hände zu Fäusten. Natürlich gefiel ihm der Gedanke daran genauso wenig. Aber im Gegensatz zum Jüngeren hatte er selbst es nie anderes kennengelernt und sich deswegen schon lange damit abgefunden, dass ständig jemand verletzt wurde. „Du verstehst das immernoch nicht, Gokudera.“ Der Jüngere setzte sich wieder auf. „Die Tatsache, dass ich der zehnte Mafiaboss der Vongola Famiglia werde, das kann ich akzeptieren. Aber es ist mir wichtig, dass den Menschen in meinem Umfeld nichts passiert. Ich will einfach nur nicht, dass jeder sich meinetwegen ständig in Gefahr begeben muss, damit es mir gut geht. Liegt es als Boss nicht in meiner Verantwortung, dass es meiner Familie gut geht und nicht nur mir?“ „Wir sind nur Schachfiguren, die dazu da sind, um den König zu beschützen, vergiss das nicht.“ „Nein, hör auf damit! Ich sehe dich bestimmt nicht als Schachfigur, Gokudera! Und du kannst mir nicht erzählen, dass ich für dich nur der symbolische König bin, das glaube ich dir nicht!“ Hayatos Herz schlug auf einmal höher, als er die Worte von Tsuna hörte. Er fühlte sich ertappt in seinen Gefühlen. Nein, das konnte nicht sein, der Decimo war doch noch viel zu jung, um etwas zu merken! Das Gespräch schlug eine Richtung ein, die ihm ganz und garnicht gefiel und wenn er nicht schleunigst von hier verschwand, dann konnte er seine Fassade nicht mehr aufrecht erhalten. „Dann gewöhn dich lieber an den Gedanken, Decimo!“ Er stand auf und ging zur Tür, als er diese sanften Hände spürte, wie sie ihn von hinten umarmten. „Verstehst du denn nicht, dass ich dich einfach gern habe, Gokudera? Und du mich doch auch, das sehe ich an deinen Augen. Das habe ich schon immer gesehen, seit ich dich kenne, Gokudera-kun! Ich habe es zuerst nur nicht kapiert, oder kapieren wollen, was auch immer. Aber jetzt bin ich überzeugt davon.“ Der Griff verstärkte sich. „Aber wenn ich dich jetzt ansehe, dann kann ich es nicht glauben, dass du mir das all die Jahre immernoch verschwiegen hast. Stattdessen ist aus dir ein kaltblütiger Mörder geworden. Und ich? Ich habe einfach nur dabei zugesehen?“ Hayato schloss seine Augen und legte seine Hände auf die des Jüngeren. „Decimo… In unserer Welt gibt es nunmal keinen Platz für Gefühle.“ „Aber warum denn nicht?“ „Weil es nunmal so ist! Ich muss jetzt gehen und arbeiten. Unser Gespräch ist beendet, ich will nicht weiter darüber diskutieren.“ Er riss sich von dem Jüngeren los und merkte zu spät, dass er Tsuna damit zu Boden warf. „Hör auf, mir zu folgen. Du solltest lieber etwas essen, damit du wieder zu Kräften kommst. Heute Abend kehrst du in die Vergangenheit zurück. Es wäre besser, du vergisst das alles, was hier geschehen ist!“ Den Drang, ihm aufzuhelfen unterdrückte Hayato soweit es ging und er verließ hastig das Zimmer. Tsuna sah ihm nur nach und rührte sich nicht. Nein, er würde ihm auch nicht folgen, denn in dieser Zeit war es bereits zu spät dafür gewesen. Stattdessen legte er sich zurück ins Bett und verkroch sich unter der Decke. „Niemals, Gokudera. Niemals! Ich werde dafür sorgen, dass du niemals zu dem Menschen wirst, den ich hier kennengelernt habe, das verspreche ich dir. Du bist derjenige, der das alles hier vergessen soll!“ Im Gang musste Hayato sich an der Wand abstützen, weil er plötzlich spürte, wie er auf einmal von seinen Gefühlen Tsuna gegenüber übermannt wurde. Er hielt sich die Hand vor das Gesicht. „Was… ist das? Decimo?“ Sein Herz hörte auf zu schmerzen und die Mauer, die er sich aufgebaut hatte schwand allmählich dahin, als wäre sie niemals dagewesen. Stattdessen breitete sich ein unbeschreiblich anziehendes Gefühl im Bezug auf den Decimo in ihm aus. Und als er merkte, wie seine Erinnerungen der letzten zehn Jahre langsam aber sicher verblassten, musste er lächeln. Offenbar hatte er es doch noch geschafft, seinem jüngeren Ich eine Botschaft zukommen zu lassen. Er schloss die Augen und genoss die letzten Augenblicke, in denen er noch an die Zeit zurückdenken konnte. ~~~Past~~~ Gokudera streckte seine Hand aus und konnte nur das kühle Leer eines Bettlakens vor sich spüren, ehe er die Augen dann aufschlug. Warum lag der Decimo denn nicht neben ihm im Bett? Der Jüngere sprang auf und durchsuchte abermals das ganze Haus, ehe er dann wieder zuletzt auf der Terrasse landete, wo der Decimo schonwieder saß und in den Himmel blickte. „Zehnter, geht es dir wieder gut?“ Unbewusst legte Gokudera seine Hand auf die Stirn des älteren Tsunas, da er es nicht glauben konnte, ihn einfach so wieder auf den Beinen zu sehen. Normale Temperatur, tatsächlich. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, denn das musste bedeuten, dass es Tsuna in der Zukunft auch gut ging. Bei dieser Berührung konnte der Decimo wieder deutlich diese innere Wärme spüren, wenn er Gokudera ansah. „Hayato, ich habe sie verloren.“ „Was?“ Er zückte die Hand wieder zurück, weil er erst jetzt bemerkt hatte, dass er ihn einfach so berührt hatte. „Meine Erinnerungen.“ Gokudera blinzelte. „Du hast deine Erinnerungen verloren? Aber welche denn?“ Immerhin hatte er Gokudera doch noch deutlich erkannt, oder etwa nicht? Aber der Jüngere merkte, dass sich etwas an der Ausstrahlung des Decimos verändert hatte. Er wirkte wesentlich herzlicher. Und sein Blick wirkte auch nicht mehr so verschlossen ihm gegenüber. Ganz im Gegenteil sogar. „Alles, was in den letzten zehn Jahren geschehen ist.“ „In den letzten Zehn Jahren? Aber was bedeutet das?“ Der Ältere lächelte und legte die Hand auf Gokuderas Wange. Er hatte einfach den Drang danach, das zu tun und es fühlte sich unglaublich vertraut für ihn an. „Hayato, ich habe das Gefühl, dass die Vergangenheit sich für mich geändert hat. Aber da es für dich und Tsuna erst in der Zukunft liegt, habe ich keine Erinnerungen, weil sie noch nicht vorhanden sind. Und das bedeutet, dass es jetzt in eurer Hand liegt, mir neue Erinnerungen zu verschaffen.“ Gokudera schloss seine Augen und wehrte sich nicht gegen die Berührung des Älteren, obwohl er sich eigentlich vorgenommen hatte, nichts dergleichen zuzulassen. Aber es fühlte sich im Moment einfach nur gut an, auch wenn ihn seine Worte gerade ziemlich verwirrten. „Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll, Zehnter.“ „Warte einfach nur auf die Rückkehr von meinem jüngeren ich, Hayato.“ Er lächelte von ganzem Herzen. Gokudera konnte sich immernoch keinen Reim darauf machen, was genau geschehen war. Aber die Tatsache, dass es dem Decimo offenbar sehr gut damit ging, stimmte ihn glücklich. Dann löste er sich wieder und stand auf. Er sah dem älteren Tsuna noch lange in dessen Augen, ehe er sich abwenden konnte. „Ich werde jetzt eine Runde spazieren gehen. Decimo…“ „Natürlich Hayato. Machs gut.“ Der Ältere wusste, dass Gokudera solange spazieren gehen würde, bis Tsuna wieder zurückkehrte. Er kannte den Jüngeren gut genug, um zu wissen, dass er Abschiede nicht leiden konnte. Also genoss er noch den letzten Anblick, dem der Jüngere ihm bot, ehe er wieder zurück in die Zukunft kehren würde. Die restliche Zeit verbrachte er damit, sich alte Familienfotos in den Alben anzusehen. Gokudera hingegen wusste nicht so recht, wie er Tsuna gegenüber treten sollte, wenn er wieder da war. In den letzten fünf Tagen hatte er mehr über seine Gefühle für ihn herausgefunden als im letzten Jahr, seitdem er ihn kennengelernt hatte. Wenn es stimmte, dass der Decimo seine Erinnerungen seit heute verloren hatte, dann musste das bedeuten, dass etwas in der Zukunft geschehen war, dass sich durch Tsuna verändert hatte. Die Frage war nur, ob er das jemals erfahren würde. Und ob er das überhaupt wissen wollte. ~~~Future~~~ Tsuna verbrachte den restlichen Tag nur im Bett von Hayato und wartete darauf, dass er wieder in die Vergangenheit zurückkehren konnte. Er wollte niemanden sehen und mit keinem mehr reden. Als Yamamoto ihm etwas zu Essen vorbeibrachte, ignorierte er ihn. Der Schwarzhaarige schwieg und verließ das Zimmer schnell wieder. Tsuna blieb nach wie vor bei der Entscheidung, seinen Freunden nichts von dieser Reise zu erzählen. Es würde ihnen nur unnötige Sorgen bereiten und das wollte Tsuna lieber vermeiden. Aber er wollte unbedingt mit Gokudera reden. Mehr als nur das! Vielmehr! Und da er nicht wie ein Häufchen Elend vor ihm aufkreuzen würde, zwang er sich, das Essen irgendwie herunter zu würgen, auch wenn er keinen Appetit hatte. Danach versuchte er zu schlafen, damit die Zeit schneller verging. Und er war so erschöpft, dass es schneller ging, als erwartet hatte. ~~~Past~~~ Als Tsuna wieder aufwachte, befand er sich bereits auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer. Er setzte sich auf und sah auf die Uhr. Er lag schon über eine halbe Stunde hier rum. Aber warum war er denn allein? Er suchte das Haus ab und konnte niemanden finden. Wo waren sie denn alle hin? Reborn, Giannini und vor allem sein Gokudera, den er die ganze Zeit so schrecklich vermisst hatte? Er sah hinaus in die Dämmerung und konnte erkennen, dass es regnete. Nein, er wollte jetzt bestimmt nicht weinen, weil er sich einsam fühlte. Gokudera hätte ihn niemals einfach so alleine gelassen. Vor allem wusste er doch genau, dass Tsuna jetzt ankommen würde. War vielleicht irgendwas mit dem Decimo vorgefallen? Er verließ das Haus und machte sich instinktiv auf den Weg in den Park von Namimori. Keine Ahnung, warum es ihn gerade dorthin verschlug, aber er hatte das Gefühl, dass er Gokudera dort am wahrscheinlichsten antreffen würde. Durch das schlechte Wetter und um diese Uhrzeit war es ziemlich Menschenleer gewesen, sodass Tsuna niemanden fragen konnte, ob jemand ihn eventuell gesehen haben könnte, aber das hielt ihn nicht auf, weiter nach ihm zu suchen. Am See angekommen, legte er erstmal eine Verschnaufpause ein. Hätte er sich nur etwas übergezogen, denn allmählich wurde ihm mit seinen durchnässten Sachen doch etwas zu kalt. Er zitterte, aber er wollte nicht aufhören zu suchen. Sein Drang danach, Gokudera zu sehen war im Moment größer als seine Vernunft, um auf seine Gesundheit zu achten. „Zehnter?“ Sein Herz klopfte, als Tsuna die junge vertraute Stimmte hörte. Augenblicklich drehte er sich um und sah die Gestalt auf sich zukommen. Gokudera blieb kurz vor ihm stehen und blickte direkt in die Augen von Tsuna. Er hatte sich also nicht geirrt. Aber was machte sein geliebter Schützling denn hier im Park? Warum war er nicht Zuhause? Doch ehe er sich versah, spürte er auch schon, wie die Hände des Zehnten ihn in seine Arme schlossen. Der Körper war kalt und er zitterte, aber dennoch konnte Gokudera eine Wärme spüren, die er noch nie zuvor in so einem Ausmaß gespürt hatte. „Gokudera! Ich habe dich so schrecklich vermisst!“ Jetzt konnte Tsuna doch nicht anders, als loszuheulen. Ja, er fand sich wirklich schwach, aber das war ihm egal. Wenn es darum ging, die Menschen zu beschützen, die er gerne hatte, dann sollten sie eben alle von ihm denken, dass er ein Schwächling war. Gokudera wollte ihn zuerst von sich stoßen, aber er konnte es nicht. Es fühlte sich einfach zu gut an. „Zehnter, ich…“ „Gokudera, warum hast du es mir nie gesagt?“ „Ich verstehe nicht, Zehnter?“ Tsuna ließ ihn los und sah ihm dann fest in dessen Augen. „Du verstehst es vielleicht noch nicht, aber ich habe es verstanden.“ Und dann schloss er die Augen und legte seine Lippen auf die von Gokudera. Zuerst riss er die Augen auf, doch dann erwiderte er den leidenschaftlichen Kuss, der sich zwischen den beiden entfachte. Er konnte einfach nicht anders. Zum ersten Mal gab er sich den Gefühlen hin, die er schon lange für seinen Zehnten empfand. Der Jüngere löste den Kuss wieder und strich seinem Gegenüber sanft über dessen Lippen. „Vielleicht verstehst du es jetzt, Hayato?“ Gokudera hatte das Gefühl, als würden sich die Regentropfen wie Tränen auf seiner Haut anfühlen. Er wusste im Moment nicht, was er denken sollte. „Aber das ist unmöglich. Du weißt, dass du der zehnte Vongolaboss werden wirst. In unserer Welt gibt es keinen Platz für…“ Tsuna legte ihm einen Finger auf den Mund. „Nein, das stimmt nicht, Hayato. Hör auf, so etwas zu sagen! Ich bin der Boss und ich entscheide darüber, ob es erlaubt ist oder nicht.“ „Zehnter?“ Gokudera war überrascht über die Entschlossenheit, mit der Tsuna diese Worte ausgesprochen hatte. Und er konnte nicht verhindern, dass sich dadurch ein Glücksgefühl in ihm ausbreitete. „Und ich will, dass du mir eines versprichst, Hayato.“ Er nahm seinen Geliebten wieder in die Arme. „Versuche nicht, all das Böse von mir fernhalten zu wollen. Ich habe mich damit abgefunden, dass es keinen anderen Weg für mich gibt, als es zu akzeptieren, dass ich in der Mafia bin. Und wenn es in Zukunft ein Problem gibt, dann werden wir es gemeinsam lösen. Ich werde mich nicht mehr dagegen wehren, solange du an meiner Seite bleibst. Also darfst du mir niemals wieder etwas verschweigen. Versprichst du mir das?“ „Ich verspreche es dir, Zehnter.“ ~~~Future~~~ Nachdem der grüne Nebel verschwunden war, fand sich der Decimo – der soeben noch auf dem Sofa in Tsunas Zuhause gesessen war - dann in Hayatos Bett wieder vor. Und es dauerte kaum einen Moment, als ihn dann seine neuen Erinnerungen der letzten zehn Jahre einholten. Einschließlich des Augenblicks, indem er hier gelegen und darauf gewartet hatte, wieder in die Vergangenheit zurück zu kehren. „Wow!“ Er konnte sich dieses Phänomen nicht erklären, aber es war unbeschreiblich. Die Geschehnisse waren einfach da und er wusste, dass er sie erlebt hatte. Und sie waren viel schöner, als er sich das jemals vorstellen konnte. Zumal er jetzt auch wusste, dass die Vongolaringe sie beschützten und es überhaupt nicht nötig war, dass jemand sich seinetwegen in Gefahr begeben musste. Und jetzt konnte er auch verstehen, warum der Anblick von Gokudera in ihm so ein starkes Gefühl ausgelöst hatte. Er lächelte und befasste sein Herz, das jetzt nur einem einzigen Menschen gehörte. Auch das Schloss war keine Übergangslösung mehr, um sich darin vor irgendjemandem zu verstecken. Sogar die wöchentliche Gesellschaftsparty hatte er von Yamamoto übernommen, aber er bezweifelte, dass dieser davon wusste, dass es seine Idee war. Der Decimo war sich sicher, dass er die einzige Person war, die darüber Bescheid wusste, dass die Zeit sich verändert hatte, auch wenn er keine Erinnerungen daran hatte, was in der ersten Vergangenheit passiert war. Aber das war vielleicht auch ganz gut so. Er sollte sich lieber auf das hier und jetzt konzentrieren, dass seine Vergangenheit ihm geschenkt hatte und nicht mehr daran denken, was geschehen war. Er verließ das Bett und streifte durch die Gänge. „Hayato?“ „Decimo?“ Der Angesprochene drehte sich zu der Stimme um und lächelte. Hayato kam auf ihn zu und küsste ihn innig, als hätte er ihn wochenlang nicht gesehen. „Weißt du, ich habe keine Ahnung, warum ich auf einmal einen Filmriss über die letzten fünf Tage habe, aber ich weiß, dass ich dich in der Zeit aus irgendeinem Grund unglaublich vermisst habe! Kann es sein, dass du mir etwas zu verschweigen hast, Decimo?“ „Reicht es dir zu wissen, dass ich in den letzten fünf Tagen sehr glücklich darüber war dich zu haben? Und dass ich jetzt noch glücklicher bin, dass du bei mir bist und mich in deine Arme nimmst?“ Hayato lächelte ebenfalls und umarmte ihn fest. „Ach, nur die letzten fünf Tage? Und was ist mit der Zeit davor, die wir so wunderschön zusammen verbracht haben?“ „Diese natürlich auch, Hayato.“ „Gut, ich denke, damit bin ich glücklich und zufrieden, Decimo.“ ~~~ Ende ~~~ Einige Abschiedsworte von mir: Ich hoffe, dass meine Geschichte nicht ganz so verwirrend war, aber ich wollte unbedingt eine Story mit den Beiden schreiben, bei denen ich beide Alternativen ihrer Beziehung betrachte. Wie es also ist, wenn sie nicht zusammen sind, aber sie trotzdem zusammen kommen, weil ich sie zusammen sehen will~ Und da ich eben dieses Happy End haben wollte, habe ich mir überlegt, es so zu schreiben, dass sich der Zeitschub parallel auf ihre Gefühle auswirkt und sie sich gegenseitig beeinflussen, weil ich die Idee ganz interessant fand. Ich weiß, dass Gokudera TYL hier sehr schwer zu durchblicken ist, aber die Intention ist eigentlich recht simpel: Er ist gefühlskalt und frustriert, weil er seine ganzen Gedanken nur auf den Decimo konzentriert, aber trotzdem seine Gefühle ihm gegenüber unterdrückt. Nach zehn Jahren macht es einen irgendwo gedankenverloren. Und bei Tsuna wars nicht viel anders, wenn sich Gokudera von ihm abwandte, obwohl sie sich gern haben. Und das konnte ich ihnen letztendlich nicht antun~ Kann auch sein, dass es am Ende wieder einbisschen zu schnulzig war, aber bei den Beiden kann ich irgendwie nicht anders, ich finde sie einfach sehr süß zusammen. ^^ Nun denn, ich hoffe, euch hat die FF gefallen. In dem Sinne, macht es gut. ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)