Der Weg zur Wahrheit von Otogi (5927 / 10591027) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- ~~~Past~~~ Gokuderas Kippe fiel im plötzlich aus der Hand, als er gerade daran ziehen wollte. Noch bevor er sie aufheben konnte, erlosch sie vollständig und war nicht mehr zu gebrauchen. Was sollte das denn? Knurrend zündete er sich die nächste Zigarette an, die ihm aber auf einmal zuwider schmeckte. Also schnippte er sie wieder weg. Vielleicht machte er sich soviele Sorgen um den jungen Tsuna, dass ihm sogar das Rauchen im Moment keine Befriedigung mehr schenkte? Er seufzte und trat vom Balkon wieder ins Zimmer hinein, um sich neben den Decimo zu legen. Zumindest hatte sich das Fieber etwas gesenkt, das beruhigte ihn ein einwenig. Dem Lächeln zu urteilen schien er etwas Schönes zu träumen. Gokudera musste ebenfalls lächeln, als er ihn so beim Schlafen beobachtete. Dessen Mund war leicht geöffnet und sein Atem ging ruhig und regelmäßig. Er konnte es nicht verhindern, dass seine Finger über die Wange des Decimos strichen, woraufhin dieser noch mehr lächelte. „Zehnter…“ Gokuderas Gesicht näherte sich dem des Anderen, sodass ihre Lippen nur wenige Millimeter voneinander entfernt waren. „Hayato…“ Der Jüngere blinzelte und hielt inne. Der Decimo schlief noch und musste im Traum seinen Namen erwähnt haben. Was machte Gokudera hier überhaupt? Erschrocken wich er von dem älteren Tsuna zurück und verließ aber dennoch leise das Zimmer, damit er ihn nicht weckte. Er ging ins Bad und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Sein Herz pochte wild und er fasste sich selbst an die Lippen. Was sollte das gerade eben? Schlimm genug, dass er sich für einen kurzen Moment von seinen Gefühlen hat überwältigen lassen, aber hatte er denn vergessen, dass er gerade den zehn Jahre älteren Tsuna vor sich liegen hatte? War er denn jetzt vollkommen übergeschnappt? Er fiel auf die Knie und krallte seine Hände in sein Haar. Das Lächeln des Decimos hatte ihn viel zu sehr an den jungen Tsuna erinnert. Warum mussten sie beide sich beim Schlafen auch so verdammt ähnlich sehen? Und warum konnte Gokudera sich nicht beherrschen, obwohl er sich doch fest vorgenommen hatte, seine Gefühle zu unterdrücken? Was sollte er denn noch machen, damit es funktionierte? Das Rauchen half anscheinend auch nichts mehr. Vielleicht hatte Tsuna noch etwas anderes im Haus? Wenn nicht, würde er zum nächsten Kiosk gehen und sich eine Flasche Bier besorgen, vielleicht kam er dann wieder etwas runter. ~~~Future~~~ Der Spion konnte seinen Augen kaum glauben, als er sah, was sich gerade vor ihm abspielte. Kurz nachdem er seinen Schuss auf den Wächter abgefeuert hatte, konnte er genau beobachten, wie dessen Ring plötzlich aufleuchtete. Es sah genauso aus wie bei dem kleinen Vongolaboss, nur dass die Flamme eine rötliche Färbung hatte. Und dann musste er genau hinsehen, als die Kugel wie durch Zauberhand eine schiefe Bahn einschlug und am Kopf des Wächters vorbeiflog. „Das kann doch nicht wahr sein?“ Ungläubig starrte er nur vor sich hin und senkte seine Hand. Er war so paralysiert von dem Geschehen, dass ihm seine Waffe fast nicht aus der Hand fiel. Hayato wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er auf einmal einen Windhauch neben seinem Ohr spürte. Und erst jetzt konnte er das schallende Geräusch des Schusses wahrnehmen. Er drehte sich um und griff dann zu seiner eigenen Beretta im Halfter, als er eine Gestalt direkt vor sich stehen sah. Mist, er war schonwieder so unvorsichtig und gedankenverloren gewesen! Dann musste er allerdings überrascht aufblicken. Irrte er sich jetzt, oder stand tatsächlich der Bastard vom vorgestrigen Anschlag gerade regungslos vor ihm und starrte ihn an, als hätte er einen Geist gesehen? „Du?!“ Der Spion erschrak, als Hayato ihn ansprach. „Scheisse!“ Er hatte garnicht darüber nachgedacht, was er als nächstes machen sollte, da er ja auch nicht damit gerechnet hatte, dass sein Schuss so dermaßen daneben ging. Los, er musste einen zweiten Versuch starten, das konnte doch unmöglich sein, ihn nicht zu treffen! Doch noch bevor er seine Waffe überhaupt wieder anheben konnte, wurde sie ihm schon aus der Hand geschossen. Er schrie auf und hielt sich kurz seine Hand, ehe er dann instinktiv zu seinem Ohrring griff. Doch was war das? Es war weg. Und dann erinnerte er sich daran, dass er es – nachdem er den kleinen Vongolaboss damit betäubt hatte – im Eifer des Gefechts in seine Hosentasche gesteckt hatte, die er jetzt leider gerade nicht trug. „Verfluchter Mist!“ Sein einziger Gedanke war also nur noch der, die Beine so schnell es ging in die Hand zu nehmen. Nur leider würde Hayato es beim besten Willen nicht zulassen, dass sein Opfer ihm nochmal entkommen würde. Ein weiterer Schuss in das Bein des Spions verhinderte es also, dass er davonlaufen konnte. Seelenruhig näherte Hayato sich dem Kerl und steckte seine Waffe wieder weg. Stattdessen nahm er sein Messer für Nahkämpfe zur Hand. „Diesesmal werde ich nicht mehr so freundlich bleiben, du Bastard!“ Der Spion versuchte mit aller Kraft, weiter zu kriechen, obwohl es aussichtslos war. Er suchte verzweifelt nach irgendwas auf dem Boden, dass er in seiner Not nach dem Wächter werfen konnte. Als ob es etwas brachte, aber sein Verstand spielte gerade nicht richtig mit. Hayato trat ihm auf seine suchende Hand, sodass er wieder den Schrei seines Opfers hören konnte. Es war wie Musik in seinen Ohren. „Hast du oder hast du nicht, den Decimo mit diesen dreckigen Fingern angefasst?“ Seine Stimme war grausig, sodass es dem Spion eiskalt den Rücken runterlief. Es war wohl zu spät dafür, um sich darüber zu ärgern, dass er so dumm war, dem Wächter nochmal unter die Augen zu treten. „Ich hab keine Ahnung, wovon du redest, Sturmwächter!“ „Ach wirklich nicht?“ Hayato lachte, weil er das Gefühl hatte, dass der Spion diesesmal gesprächiger sein würde. Er rammte das Messer dann direkt in die Finger seines Opfers und begann damit, sie nach der Reihe abzuschneiden. Der Schrei zog sich durch den ganzen Park, aber das war dem Wächter herzlich egal. Jeder, der sie hörte oder dabei beobachtete, würde es trotzdem nicht wagen, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Dafür hatte sein Ruf immerhin gesorgt. Und der Spion würde ein weiteres Exempel dafür statuieren, dass man der Vongola Famiglia lieber nicht zu Nahe kommen sollte. Hayato näherte sich seinem Gesicht. „Zuerst werde ich dafür sorgen, dass du den Decimo nie wieder anfassen kannst!“ Sein Blick wirkte fast schon besessen, während er das sagte und ungehindert damit weitermachte, ihn von seinen Fingern zu trennen. „Danach wirst du ihn nicht mehr hören können, nichtmehr sehen… bis letztendlich nurnoch deine Zunge übrig bleibt, damit du mir erzählen kannst, wo sich der Decimo jetzt aufhält!“ Es dauerte nicht sehr lange, bis Hayato die Informationen hatte, die er so dringend haben wollte. Schade, dabei war er noch nichtmal mit der zweiten Hand fertig geworden. Er wischte das Blut von seinem Messer ab und steckte es wieder ein. Dann sah er auf den kauernden Körper zu seinen Füßen und spuckte ihn an. „Danke, du Bastard!“ Er ließ ihn einfach dort liegen und machte sich dann auf den Weg. Ihn umzubringen hätte keinen Zweck gehabt, er sollte ruhig weiterleben und jedem von seiner netten Begegnung mit dem Wächter erzählen. Der Spion wälzte sich am Boden hin und her. Vor lauter Schmerz war er so benommen, dass er Mühe hatte, nicht gleich das Bewusstsein zu verlieren. Er brauchte einige Minuten, ehe er langsam wieder zu sich kommen konnte. Dieser verdammte Mistkerl von Sturmwächter sollte nicht glauben, dass er schon gewonnen hatte! Er schüttelte sein Handy aus der Tasche und tippte mit seinen restlichen Fingern eine Nachricht ein. „Kyel, hau ab!“ ~ Tsuna konnte nicht mehr klar denken, so ausgezehrt fühlte sich sein Körper inzwischen an. Die Nacht kam ihm so unendlich lange vor, weil er vor Hunger nicht richtig schlafen konnte. Ständig wachte er auf, weil er vom Essen träumte. Sein Mund fühlte sich auch staubtrocken an. Ihm war übel, aber er konnte sich nicht übergeben, da er nichts hatte, was er loswerden konnte. Es war gerade mal ein Tag vergangen und er hatte jetzt schon das Gefühl, als würden ihn seine Kräfte verlassen. Wie sollte er das noch einen Tag durchhalten? Er konnte sich nichtmal mehr von der Matratze hochrappeln, weil seine Arme ihm nicht standhielten. Was für ein Schwächling er doch war! Gokudera hätte in so einer Situation sicher länger durchgehalten als er. Der Gedanke an ihn löste einige Tränen in ihm aus. Er wollte ihn so gerne wieder sehen. Und sei es nur ein einziges Mal, um ihm zu sagen, wie Leid es ihm tat. Der Observator Kyel dagegen hatte einen tiefen Schlaf auf seinem Überwachungsstuhl gehabt. Es war nunmal totlangweilig, einen Jungen dabei zu beobachten, wie dieser regungslos auf einer Matratze rumlag. Erst der Piepton einer eingehenden SMS ließ ihn allmählich aus dem Land der Träume zurückkehren. Er gähnte und streckte sich erstmal ausgiebig, ehe er sein Handy hervorkramte. Es war höchstens 5 Uhr morgens, wer nervte ihn denn schon so früh? Allerdings war er schlagartig hellwach, als er die Nachricht auf seinem Display las. Sofort sprang er auf, sodass der Stuhl nach hinten fiel und warf die Bildschirme laut krachend auf den Boden um. Dann stürmte er zum Gefängnisraum und riss die Türe auf. Als die Tür sich öffnete und seine Augen blendete, hatte Tsuna zuerst die Hoffnung gehabt, es würde sich bei der Person, die so plötzlich eintrat, um Hayato handeln. Aber diese Hoffnung würde zerstört, als er einen fremden Mann sah. Er ging auf Tsuna zu und verpasste ihm einpaar Tritte gegen seine Rippen. „Hey du verdammtes Balg, mach, dass du aufstehst!“ Der Jüngere spürte den Schmerz und hörte die Stimme, aber selbst mit noch so viel Mühe konnte er nicht aufstehen, denn dazu fühlte sich sein Körper einfach zu schwach an. Kyel knurrte und hievte den Jungen dann einfach über die Schulter. Dieses Balg machte schonwieder unnötig Ärger und verschwendete nur seine kostbare Zeit. Er musste von hier verschwinden und das so schnell wie möglich. Zwar machte der Spion gerne mal seine Witze mit ihm, aber diese Nachricht war bestimmt kein Scherz gewesen. Sicherheitshalber sollte er lieber den Hinterausgang nehmen. Während er durch das Gebüsch lief, forderte er einen Fluchtwagen an, der auf der anderen Seite der Böschung auf ihn warten sollte. ~ Hayato hatte Yamamoto und Ryohei darüber informiert, dass sie sich ebenfalls mit einem Wagen auf den Weg zur Adresse machen sollten, die der Spion ihm genannt hatte. Dort angekommen hatte er nicht die großartige Geduld, um freundlich an der Tür zu klopfen, sondern trat sie gewaltsam auf. Er rannte durch die Gänge und konnte keine Menschenseele sehen. Hatte der Bastard ihn etwa angelogen, was diesen Ort betraf? Zuzutrauen wäre es ihm und jetzt ärgerte Hayato sich darüber, dass er ihn einfach so hatte liegen lassen. Er hätte ihn mitnehmen sollen, dann würde er ihm hier und jetzt seine verdammte Kehle aufschlitzen! Wütend trat er gegen die Tür vor ihm und riss dann seine Augen auf, als er auf einer Matratze in diesem Raum ein Jackett entdeckte, die nur einer Person gehören konnte. „Decimo?“ Er ergriff das Stück Stoff und nahm sofort den Geruch von Tsuna war. Er war hier gewesen, zweifellos! Knurrend durchforstete er die anderen Räume und sah dann die zerstörten Computer auf dem Boden. Natürlich war das ein Zeichen dafür, dass man hastig Informationen vernichten wollte, also musste es nicht lange her sein, dass sie geflohen waren. Hayato blickte auf die Uhr. Viel Vorsprung durften sie nicht haben und da er niemanden gesehen hatte, der das Gebäude am Vordereingang verlassen hatte, blieb nur noch eine Möglichkeit übrig. Er entdeckte einen Notausgang am anderen Ende des Gebäudes und landete dann mitten im Gebüsch. „Ziemlich dämliches Versteck von euch!“ Denn er brauchte nur den Spuren der zerbrochenen Äste zu folgen, die sehr einfach zu erkennen waren. Und tatsächlich! Er konnte unten an der Böschung einen Mann erkennen, der gerade dabei war, seinen geliebten Schützling in einen Wagen zu schieben. „Decimo!“ Hayato zückte seine Beretta und zielte auf die Reifen des Wagens. Sie würden ihm bestimmt nicht schonwieder entwischen! Er feuerte mehrere Schüsse ab, die ihr Ziel nicht verfehlten. Kyel drehte sich erschrocken um, als er die Schüsse hörte. Er knallte die Autotür zu und zückte seine eigene Waffe. „Losfahren, sofort!“, schrie er dem Fahrer am offenen Fenster zu. Nur leider war das nicht möglich, da die Reifen bereits untauglich waren. Auch die Schüsse des Observators auf den Sturmwächter verfehlten ihn, aber er handelte eben im Affekt, ehe er dann die Waffe wieder wegsteckte. „Verdammter Vongolaring!“ Was sollte er also tun? Scheiss auf das Vongolabalg, ihm war im Augenblick sein eigenes Leben wichtiger, also machte er sich daran, einfach abzuhauen. Allerdings war das Letzte, was er noch bewusst erleben konnte, das Blut, das er plötzlich vor seinen Augen spritzen sah. Danach wurde alles um ihn herum schwarz. Da Hayato nun das gefunden hatte, wonach er gesucht hatte, war es nicht mehr nötig, diesen Kerl noch am Leben zu lassen. Ein gezielter Kopfschuss sorgte dafür, dass er nicht mehr vor ihm weglaufen konnte. „Ein Bastard weniger!“ Er drehte sich um und zielte dann auf die beiden Kerle, die aus dem Auto rausgestürmt waren und auch eine andere Richtung einschlugen. „Wohin denn so schnell?“ Zwei weitere Schüsse folgten und dann war es still. Der Wind streifte durch Hayatos Haar und sein Blick wurde allmählich wieder etwas klarer. Er sah die Leichen vor sich liegen, aber es kümmerte ihn nicht. Es kümmerte ihn schon lange nichtmehr. Mit ruhigen Schritten näherte er sich dem Auto. Tsuna öffnete seine Augen, als er dumpfe Geräusche hörte. Er hatte garnicht mitbekommen, dass er schonwieder in einem Wagen saß, weil er eingenickt war, nachdem der Kerl ihn aufgehoben hatte. Und als sich dann die Autotür öffnete, konnte er direkt in die Augen von Hayato blicken. Träumte er? Aber selbst wenn, dann war es ein wunderschöner Traum. Er lächelte unwillkürlich und streckte die Hand nach ihm aus. „Gokudera-kun, es tut mir so leid, was ich…“ Dann fielen seine Augen wieder zu und er erschlaffte. „Decimo!“ Hayato fing den jungen Körper auf, der sich etwas kühl anfühlte. Aber er war am Leben und das allein zählte! Mit einer unbeschreiblichen Erleichterung umschloss er Tsunas Körper und hatte das Gefühl, als müsste er weinen. Doch keine Tränen kamen, denn das hatte er schon lange verlernt, bevor er überhaupt der Vongola beigetreten war. Stattdessen hielt er seinen geliebten Schützling einfach nur in seinen Armen, als wollte er ihn niewieder loslassen. Er konnte sich nichtmehr daran erinnern, wann er den Decimo das letzte Mal umarmt hatte. Ob er das überhaupt schonmal gemacht hatte? Seit diesen zehn Jahren. Seit Tsuna damals in der Zukunft gewesen war, hatte er seine Gefühle für ihn einfach nur unterdrückt und sich stattdessen in seine Aggressionen gegenüber seinen Feinden oder in den Alkohol geflüchtet. Und als der junge Vongola dann zurückgekehrt war, hatte er ihm nie erzählt, was damals in der Zukunft passiert war. Aber seit diesem Zeitpunkt hatte Tsuna sich verändert gehabt. Und seit dieser Zeit konnte Hayato an nichts anderes mehr denken, als zu versuchen, all das Schlechte von seinem geliebten Decimo fern zu halten. Und was hatte er geschafft? Genau das Gegenteil davon! Seine ganzen Vorbereitungen waren umsonst gewesen. Sollte sich die ganze Geschichte jetzt deswegen wiederholen? Immer und immer wieder? Und Hayato hatte nicht die Möglichkeit, seinem jüngeren Ich zu sagen, dass er den Fehler genau damit machte, indem er es totschwieg und sich vom Decimo abwandte. Gokudera würde denselben Fehler schonwieder machen und er konnte nichts dagegen unternehmen. „Nein Decimo, mir tut es leid.“ ~~~Past~~~ Der Decimo öffnete seine Augen und setzte sich auf, sodass ihm das Tuch von seiner Stirn rutschte. Das Fieber war mit einem Schlag verschwunden, als wäre es nie dagewesen. Er fasste sich an den Kopf und versuchte, sich daran zu erinnern, was damals vor zehn Jahren mit ihm geschehen war. Er wusste noch, dass der ältere Gokudera ihn gerettet hatte, aber dann? Es war seltsam, aber seine Erinnerungen fingen allmählich an, zu verblassen. Dabei war er sich sicher, dass er sie vor seinem Fieberanfall noch sehr deutlich in seinem Gedächtnis verankert hatte. Was hatte das zu bedeuten? Die Regung des schlafenden Gokuderas neben ihm riss ihn aus seinen Gedanken. Und als der Decimo ihn ansah, spürte er, wie sein Herz plötzlich wild zu schlagen begann. Die warmen Gefühle, die sich auf einmal in ihm ausbreiteten, wenn er nur das Gesicht von Gokudera sah, waren ihm vollkommen neu. So stark und so intensiv, als wären sie schon immer dagewesen. Er schüttelte den Kopf und stand dann auf, konnte aber den Blick nicht vom Jüngeren abwenden. Wo war die Distanz abgeblieben, die sich nach all den Jahren zwischen ihnen aufgebaut hatte? Es war, als wäre sie verschwunden. Und er hatte auf einmal das Bedürfnis, Gokudera viel näher zu sein. Ihn zu spüren. Seine Lippen, seine Haut, alles. Verdammt, warum auf einmal? Dann musste er wieder den Kopf schütteln, weil er die leere Bierflasche in der Hand des Jüngeren entdeckte. Obwohl er es eigentlich schon gewöhnt sein sollte, schmerzte es plötzlich mehr als gewöhnlich. „Du fängst viel zu früh damit an, Hayato.“ Sogar das Gefühl, seinen Namen auszusprechen, war anders. Während es sich sonst so angefühlt hatte, als würde Hayato ein fremder Name für ihn gewesen sein, spürte er jetzt das Gegenteil davon. Seine Hand mit der leeren Flasche zitterte wegen der kurzen Berührung, als er sie ihm abgenommen hatte. Der Decimo konnte sich immernoch nicht erklären, was jetzt mit ihm passiert war, aber es war, als hätte er sich auf einen Schlag vollkommen verändert. Und je mehr er versuchte, sich an die Zeit in den letzten zehn Jahren zu erinnern, desto mehr scheiterte er daran. ~~~Future~~~ Tsuna öffnete seine Augen. Er lag schonwieder in dem Zimmer, indem er das letzte Mal aufgewacht war. Und schonwieder sah er, wie Yamamoto neben ihm saß und ihn ansah. „Yamamoto?“ Nicht schon wieder! Der Jüngere riss die Augen auf und schlug die Bettdecke zurück. Dass er sich schlapp fühlte, merkte er im Moment garnicht, weil ihm der Schreck gerade einen Adrenalinstoß zuführte. Yamamoto schloss seine Augen, weil er genau wusste, wo Tsuna hinrennen wollte. Aber der Raum, in den er gerade stürmte, war vollkommen leer und überraschend sauber. Er schüttelte den Kopf und fiel dann auf die Knie, weil ihn der schwache Zustand wieder einholte. „Decimo!“ Yamamoto hatte Hayato Bescheid gesagt, der ihm natürlich sofort gefolgt war. Er half seinem jungen Schützling wieder auf die Beine. „Gokudera?“ „Warum rennst du hier rum, wenn dein Körper noch so schwach ist?“ „Ich…“ Tsuna senkte seinen Kopf und lehnte sich gegen die starke Brust vor ihm. Der Duft von Gokudera strömte ihm in die Nase, er hatte sich nicht verändert. „Ich hatte Angst, dass du wegen mir wieder…“ „Shht“ Hayato legte ihm seinen Finger auf den Mund und strich kurz sanft darüber. Dann nahm er ihn einfach auf die Arme und trug ihn die Treppen hinauf. Währenddessen klammerte der Jüngere sich an seinen Sturmwächter und zitterte. „Gokudera, es tut mir so leid, dass ich euch in Schwierigkeiten gebracht habe!“ „Schon gut, Decimo. Du kannst nichts dafür.“ Er legte ihn wieder zurück in sein Bett und setzte sich dann neben ihn. „Natürlich kann ich was dafür!“ Der Sturmwächter hatte den Blick gesenkt und starrte nur auf den Boden. „Sieh mich an, Gokudera!“ Auch wenn Tsuna im Moment schwächelte, so gab ihm der Anblick seines Wächters genug Kraft, um standhaft zu bleiben. Und noch ehe Hayato aufblicken konnte, hatten sich schon die Arme des Jüngeren um dessen Nacken gelegt und ihn an sich gezogen. Überrascht weitete der Ältere die Augen, wehrte sich aber nicht dagegen. Er ließ es zu und fühlte, wie seine Mauer langsam aber sicher ins bröckeln geriet. „Decimo…“ „Ich bin es doch, der daran schuld ist, dass du so geworden bist. Was habe ich denn die ganzen letzten Jahre gemacht, dass ich das nicht verhindert habe?“ Hayato entzog sich wieder seiner Umarmung und hielt ihn an den Schultern fest. Dann sah er ihm ernst in die Augen. „Sag so etwas nicht, Decimo! Ich bin derjenige, der es nicht zugelassen hat, dass du was dagegen unternimmst, hörst du? Ich selbst wollte es so!“ Tsuna wandte den Blick ab. „Hör auf mich Decimo zu nennen, das bin ich nicht!“ „Aber du wirst es werden, dagegen kannst du nunmal nichts unternehmen!“ „Nein, ich will es nicht hören, Gokudera! Und schon garnicht von dir!“ Hayato schnaufte und ließ Tsuna dann los. „Das ist genau der Grund, warum ich dir nichts erzählt habe! Du willst die Wahrheit doch ohnehin nicht hören. Decimo!“ Tsuna, der gerade den Kopf schüttelte, hielt inne und dachte über diese Worte nach. Er stellte fest, dass Hayato Recht hatte mit dem, was er sagte. Die ganze Zeit hatte er sich darüber beschwert, dass ihm niemand die Wahrheit sagen wollte und jetzt wehrte er sich dagegen. Er seufzte und sah den Älteren dann wieder an. „Dann sag es mir.“ „Was soll ich dir sagen?“ „Die Wahrheit.“ Jetzt war Hayato derjenige, der den Blick abwendete. Er hatte nicht mit so einer direkten Frage gerechnet und schwieg. „Was ist? Ich bin bereit, dir zuzuhören. Ich bin bereit, es langsam zu verstehen, dass ich nichts dagegen tun kann, der zehnte Vongolaboss zu werden. Warum bist du jetzt still, Gokudera?“ Tsuna legte sich zurück ins Bett und sah zur Decke hinauf. „Hast du dich darauf verlassen, dass ich weiterhin meine Augen davor verschließen werde, damit es ewig so weitergeht?“ „Wie?“ „Denkst du, dass ich es schön finde zu wissen, dass die Menschen in meinem Umfeld, die ich gerne habe, ständig in Gefahr schweben?“ „So ist das nunmal, wenn man in der Mafia ist.“ Hayato ballte die Hände zu Fäusten. Natürlich gefiel ihm der Gedanke daran genauso wenig. Aber im Gegensatz zum Jüngeren hatte er selbst es nie anderes kennengelernt und sich deswegen schon lange damit abgefunden, dass ständig jemand verletzt wurde. „Du verstehst das immernoch nicht, Gokudera.“ Der Jüngere setzte sich wieder auf. „Die Tatsache, dass ich der zehnte Mafiaboss der Vongola Famiglia werde, das kann ich akzeptieren. Aber es ist mir wichtig, dass den Menschen in meinem Umfeld nichts passiert. Ich will einfach nur nicht, dass jeder sich meinetwegen ständig in Gefahr begeben muss, damit es mir gut geht. Liegt es als Boss nicht in meiner Verantwortung, dass es meiner Familie gut geht und nicht nur mir?“ „Wir sind nur Schachfiguren, die dazu da sind, um den König zu beschützen, vergiss das nicht.“ „Nein, hör auf damit! Ich sehe dich bestimmt nicht als Schachfigur, Gokudera! Und du kannst mir nicht erzählen, dass ich für dich nur der symbolische König bin, das glaube ich dir nicht!“ Hayatos Herz schlug auf einmal höher, als er die Worte von Tsuna hörte. Er fühlte sich ertappt in seinen Gefühlen. Nein, das konnte nicht sein, der Decimo war doch noch viel zu jung, um etwas zu merken! Das Gespräch schlug eine Richtung ein, die ihm ganz und garnicht gefiel und wenn er nicht schleunigst von hier verschwand, dann konnte er seine Fassade nicht mehr aufrecht erhalten. „Dann gewöhn dich lieber an den Gedanken, Decimo!“ Er stand auf und ging zur Tür, als er diese sanften Hände spürte, wie sie ihn von hinten umarmten. „Verstehst du denn nicht, dass ich dich einfach gern habe, Gokudera? Und du mich doch auch, das sehe ich an deinen Augen. Das habe ich schon immer gesehen, seit ich dich kenne, Gokudera-kun! Ich habe es zuerst nur nicht kapiert, oder kapieren wollen, was auch immer. Aber jetzt bin ich überzeugt davon.“ Der Griff verstärkte sich. „Aber wenn ich dich jetzt ansehe, dann kann ich es nicht glauben, dass du mir das all die Jahre immernoch verschwiegen hast. Stattdessen ist aus dir ein kaltblütiger Mörder geworden. Und ich? Ich habe einfach nur dabei zugesehen?“ Hayato schloss seine Augen und legte seine Hände auf die des Jüngeren. „Decimo… In unserer Welt gibt es nunmal keinen Platz für Gefühle.“ „Aber warum denn nicht?“ „Weil es nunmal so ist! Ich muss jetzt gehen und arbeiten. Unser Gespräch ist beendet, ich will nicht weiter darüber diskutieren.“ Er riss sich von dem Jüngeren los und merkte zu spät, dass er Tsuna damit zu Boden warf. „Hör auf, mir zu folgen. Du solltest lieber etwas essen, damit du wieder zu Kräften kommst. Heute Abend kehrst du in die Vergangenheit zurück. Es wäre besser, du vergisst das alles, was hier geschehen ist!“ Den Drang, ihm aufzuhelfen unterdrückte Hayato soweit es ging und er verließ hastig das Zimmer. Tsuna sah ihm nur nach und rührte sich nicht. Nein, er würde ihm auch nicht folgen, denn in dieser Zeit war es bereits zu spät dafür gewesen. Stattdessen legte er sich zurück ins Bett und verkroch sich unter der Decke. „Niemals, Gokudera. Niemals! Ich werde dafür sorgen, dass du niemals zu dem Menschen wirst, den ich hier kennengelernt habe, das verspreche ich dir. Du bist derjenige, der das alles hier vergessen soll!“ Im Gang musste Hayato sich an der Wand abstützen, weil er plötzlich spürte, wie er auf einmal von seinen Gefühlen Tsuna gegenüber übermannt wurde. Er hielt sich die Hand vor das Gesicht. „Was… ist das? Decimo?“ Sein Herz hörte auf zu schmerzen und die Mauer, die er sich aufgebaut hatte schwand allmählich dahin, als wäre sie niemals dagewesen. Stattdessen breitete sich ein unbeschreiblich anziehendes Gefühl im Bezug auf den Decimo in ihm aus. Und als er merkte, wie seine Erinnerungen der letzten zehn Jahre langsam aber sicher verblassten, musste er lächeln. Offenbar hatte er es doch noch geschafft, seinem jüngeren Ich eine Botschaft zukommen zu lassen. Er schloss die Augen und genoss die letzten Augenblicke, in denen er noch an die Zeit zurückdenken konnte. ~~~Past~~~ Gokudera streckte seine Hand aus und konnte nur das kühle Leer eines Bettlakens vor sich spüren, ehe er die Augen dann aufschlug. Warum lag der Decimo denn nicht neben ihm im Bett? Der Jüngere sprang auf und durchsuchte abermals das ganze Haus, ehe er dann wieder zuletzt auf der Terrasse landete, wo der Decimo schonwieder saß und in den Himmel blickte. „Zehnter, geht es dir wieder gut?“ Unbewusst legte Gokudera seine Hand auf die Stirn des älteren Tsunas, da er es nicht glauben konnte, ihn einfach so wieder auf den Beinen zu sehen. Normale Temperatur, tatsächlich. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, denn das musste bedeuten, dass es Tsuna in der Zukunft auch gut ging. Bei dieser Berührung konnte der Decimo wieder deutlich diese innere Wärme spüren, wenn er Gokudera ansah. „Hayato, ich habe sie verloren.“ „Was?“ Er zückte die Hand wieder zurück, weil er erst jetzt bemerkt hatte, dass er ihn einfach so berührt hatte. „Meine Erinnerungen.“ Gokudera blinzelte. „Du hast deine Erinnerungen verloren? Aber welche denn?“ Immerhin hatte er Gokudera doch noch deutlich erkannt, oder etwa nicht? Aber der Jüngere merkte, dass sich etwas an der Ausstrahlung des Decimos verändert hatte. Er wirkte wesentlich herzlicher. Und sein Blick wirkte auch nicht mehr so verschlossen ihm gegenüber. Ganz im Gegenteil sogar. „Alles, was in den letzten zehn Jahren geschehen ist.“ „In den letzten Zehn Jahren? Aber was bedeutet das?“ Der Ältere lächelte und legte die Hand auf Gokuderas Wange. Er hatte einfach den Drang danach, das zu tun und es fühlte sich unglaublich vertraut für ihn an. „Hayato, ich habe das Gefühl, dass die Vergangenheit sich für mich geändert hat. Aber da es für dich und Tsuna erst in der Zukunft liegt, habe ich keine Erinnerungen, weil sie noch nicht vorhanden sind. Und das bedeutet, dass es jetzt in eurer Hand liegt, mir neue Erinnerungen zu verschaffen.“ Gokudera schloss seine Augen und wehrte sich nicht gegen die Berührung des Älteren, obwohl er sich eigentlich vorgenommen hatte, nichts dergleichen zuzulassen. Aber es fühlte sich im Moment einfach nur gut an, auch wenn ihn seine Worte gerade ziemlich verwirrten. „Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll, Zehnter.“ „Warte einfach nur auf die Rückkehr von meinem jüngeren ich, Hayato.“ Er lächelte von ganzem Herzen. Gokudera konnte sich immernoch keinen Reim darauf machen, was genau geschehen war. Aber die Tatsache, dass es dem Decimo offenbar sehr gut damit ging, stimmte ihn glücklich. Dann löste er sich wieder und stand auf. Er sah dem älteren Tsuna noch lange in dessen Augen, ehe er sich abwenden konnte. „Ich werde jetzt eine Runde spazieren gehen. Decimo…“ „Natürlich Hayato. Machs gut.“ Der Ältere wusste, dass Gokudera solange spazieren gehen würde, bis Tsuna wieder zurückkehrte. Er kannte den Jüngeren gut genug, um zu wissen, dass er Abschiede nicht leiden konnte. Also genoss er noch den letzten Anblick, dem der Jüngere ihm bot, ehe er wieder zurück in die Zukunft kehren würde. Die restliche Zeit verbrachte er damit, sich alte Familienfotos in den Alben anzusehen. Gokudera hingegen wusste nicht so recht, wie er Tsuna gegenüber treten sollte, wenn er wieder da war. In den letzten fünf Tagen hatte er mehr über seine Gefühle für ihn herausgefunden als im letzten Jahr, seitdem er ihn kennengelernt hatte. Wenn es stimmte, dass der Decimo seine Erinnerungen seit heute verloren hatte, dann musste das bedeuten, dass etwas in der Zukunft geschehen war, dass sich durch Tsuna verändert hatte. Die Frage war nur, ob er das jemals erfahren würde. Und ob er das überhaupt wissen wollte. ~~~Future~~~ Tsuna verbrachte den restlichen Tag nur im Bett von Hayato und wartete darauf, dass er wieder in die Vergangenheit zurückkehren konnte. Er wollte niemanden sehen und mit keinem mehr reden. Als Yamamoto ihm etwas zu Essen vorbeibrachte, ignorierte er ihn. Der Schwarzhaarige schwieg und verließ das Zimmer schnell wieder. Tsuna blieb nach wie vor bei der Entscheidung, seinen Freunden nichts von dieser Reise zu erzählen. Es würde ihnen nur unnötige Sorgen bereiten und das wollte Tsuna lieber vermeiden. Aber er wollte unbedingt mit Gokudera reden. Mehr als nur das! Vielmehr! Und da er nicht wie ein Häufchen Elend vor ihm aufkreuzen würde, zwang er sich, das Essen irgendwie herunter zu würgen, auch wenn er keinen Appetit hatte. Danach versuchte er zu schlafen, damit die Zeit schneller verging. Und er war so erschöpft, dass es schneller ging, als erwartet hatte. ~~~Past~~~ Als Tsuna wieder aufwachte, befand er sich bereits auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer. Er setzte sich auf und sah auf die Uhr. Er lag schon über eine halbe Stunde hier rum. Aber warum war er denn allein? Er suchte das Haus ab und konnte niemanden finden. Wo waren sie denn alle hin? Reborn, Giannini und vor allem sein Gokudera, den er die ganze Zeit so schrecklich vermisst hatte? Er sah hinaus in die Dämmerung und konnte erkennen, dass es regnete. Nein, er wollte jetzt bestimmt nicht weinen, weil er sich einsam fühlte. Gokudera hätte ihn niemals einfach so alleine gelassen. Vor allem wusste er doch genau, dass Tsuna jetzt ankommen würde. War vielleicht irgendwas mit dem Decimo vorgefallen? Er verließ das Haus und machte sich instinktiv auf den Weg in den Park von Namimori. Keine Ahnung, warum es ihn gerade dorthin verschlug, aber er hatte das Gefühl, dass er Gokudera dort am wahrscheinlichsten antreffen würde. Durch das schlechte Wetter und um diese Uhrzeit war es ziemlich Menschenleer gewesen, sodass Tsuna niemanden fragen konnte, ob jemand ihn eventuell gesehen haben könnte, aber das hielt ihn nicht auf, weiter nach ihm zu suchen. Am See angekommen, legte er erstmal eine Verschnaufpause ein. Hätte er sich nur etwas übergezogen, denn allmählich wurde ihm mit seinen durchnässten Sachen doch etwas zu kalt. Er zitterte, aber er wollte nicht aufhören zu suchen. Sein Drang danach, Gokudera zu sehen war im Moment größer als seine Vernunft, um auf seine Gesundheit zu achten. „Zehnter?“ Sein Herz klopfte, als Tsuna die junge vertraute Stimmte hörte. Augenblicklich drehte er sich um und sah die Gestalt auf sich zukommen. Gokudera blieb kurz vor ihm stehen und blickte direkt in die Augen von Tsuna. Er hatte sich also nicht geirrt. Aber was machte sein geliebter Schützling denn hier im Park? Warum war er nicht Zuhause? Doch ehe er sich versah, spürte er auch schon, wie die Hände des Zehnten ihn in seine Arme schlossen. Der Körper war kalt und er zitterte, aber dennoch konnte Gokudera eine Wärme spüren, die er noch nie zuvor in so einem Ausmaß gespürt hatte. „Gokudera! Ich habe dich so schrecklich vermisst!“ Jetzt konnte Tsuna doch nicht anders, als loszuheulen. Ja, er fand sich wirklich schwach, aber das war ihm egal. Wenn es darum ging, die Menschen zu beschützen, die er gerne hatte, dann sollten sie eben alle von ihm denken, dass er ein Schwächling war. Gokudera wollte ihn zuerst von sich stoßen, aber er konnte es nicht. Es fühlte sich einfach zu gut an. „Zehnter, ich…“ „Gokudera, warum hast du es mir nie gesagt?“ „Ich verstehe nicht, Zehnter?“ Tsuna ließ ihn los und sah ihm dann fest in dessen Augen. „Du verstehst es vielleicht noch nicht, aber ich habe es verstanden.“ Und dann schloss er die Augen und legte seine Lippen auf die von Gokudera. Zuerst riss er die Augen auf, doch dann erwiderte er den leidenschaftlichen Kuss, der sich zwischen den beiden entfachte. Er konnte einfach nicht anders. Zum ersten Mal gab er sich den Gefühlen hin, die er schon lange für seinen Zehnten empfand. Der Jüngere löste den Kuss wieder und strich seinem Gegenüber sanft über dessen Lippen. „Vielleicht verstehst du es jetzt, Hayato?“ Gokudera hatte das Gefühl, als würden sich die Regentropfen wie Tränen auf seiner Haut anfühlen. Er wusste im Moment nicht, was er denken sollte. „Aber das ist unmöglich. Du weißt, dass du der zehnte Vongolaboss werden wirst. In unserer Welt gibt es keinen Platz für…“ Tsuna legte ihm einen Finger auf den Mund. „Nein, das stimmt nicht, Hayato. Hör auf, so etwas zu sagen! Ich bin der Boss und ich entscheide darüber, ob es erlaubt ist oder nicht.“ „Zehnter?“ Gokudera war überrascht über die Entschlossenheit, mit der Tsuna diese Worte ausgesprochen hatte. Und er konnte nicht verhindern, dass sich dadurch ein Glücksgefühl in ihm ausbreitete. „Und ich will, dass du mir eines versprichst, Hayato.“ Er nahm seinen Geliebten wieder in die Arme. „Versuche nicht, all das Böse von mir fernhalten zu wollen. Ich habe mich damit abgefunden, dass es keinen anderen Weg für mich gibt, als es zu akzeptieren, dass ich in der Mafia bin. Und wenn es in Zukunft ein Problem gibt, dann werden wir es gemeinsam lösen. Ich werde mich nicht mehr dagegen wehren, solange du an meiner Seite bleibst. Also darfst du mir niemals wieder etwas verschweigen. Versprichst du mir das?“ „Ich verspreche es dir, Zehnter.“ ~~~Future~~~ Nachdem der grüne Nebel verschwunden war, fand sich der Decimo – der soeben noch auf dem Sofa in Tsunas Zuhause gesessen war - dann in Hayatos Bett wieder vor. Und es dauerte kaum einen Moment, als ihn dann seine neuen Erinnerungen der letzten zehn Jahre einholten. Einschließlich des Augenblicks, indem er hier gelegen und darauf gewartet hatte, wieder in die Vergangenheit zurück zu kehren. „Wow!“ Er konnte sich dieses Phänomen nicht erklären, aber es war unbeschreiblich. Die Geschehnisse waren einfach da und er wusste, dass er sie erlebt hatte. Und sie waren viel schöner, als er sich das jemals vorstellen konnte. Zumal er jetzt auch wusste, dass die Vongolaringe sie beschützten und es überhaupt nicht nötig war, dass jemand sich seinetwegen in Gefahr begeben musste. Und jetzt konnte er auch verstehen, warum der Anblick von Gokudera in ihm so ein starkes Gefühl ausgelöst hatte. Er lächelte und befasste sein Herz, das jetzt nur einem einzigen Menschen gehörte. Auch das Schloss war keine Übergangslösung mehr, um sich darin vor irgendjemandem zu verstecken. Sogar die wöchentliche Gesellschaftsparty hatte er von Yamamoto übernommen, aber er bezweifelte, dass dieser davon wusste, dass es seine Idee war. Der Decimo war sich sicher, dass er die einzige Person war, die darüber Bescheid wusste, dass die Zeit sich verändert hatte, auch wenn er keine Erinnerungen daran hatte, was in der ersten Vergangenheit passiert war. Aber das war vielleicht auch ganz gut so. Er sollte sich lieber auf das hier und jetzt konzentrieren, dass seine Vergangenheit ihm geschenkt hatte und nicht mehr daran denken, was geschehen war. Er verließ das Bett und streifte durch die Gänge. „Hayato?“ „Decimo?“ Der Angesprochene drehte sich zu der Stimme um und lächelte. Hayato kam auf ihn zu und küsste ihn innig, als hätte er ihn wochenlang nicht gesehen. „Weißt du, ich habe keine Ahnung, warum ich auf einmal einen Filmriss über die letzten fünf Tage habe, aber ich weiß, dass ich dich in der Zeit aus irgendeinem Grund unglaublich vermisst habe! Kann es sein, dass du mir etwas zu verschweigen hast, Decimo?“ „Reicht es dir zu wissen, dass ich in den letzten fünf Tagen sehr glücklich darüber war dich zu haben? Und dass ich jetzt noch glücklicher bin, dass du bei mir bist und mich in deine Arme nimmst?“ Hayato lächelte ebenfalls und umarmte ihn fest. „Ach, nur die letzten fünf Tage? Und was ist mit der Zeit davor, die wir so wunderschön zusammen verbracht haben?“ „Diese natürlich auch, Hayato.“ „Gut, ich denke, damit bin ich glücklich und zufrieden, Decimo.“ ~~~ Ende ~~~ Einige Abschiedsworte von mir: Ich hoffe, dass meine Geschichte nicht ganz so verwirrend war, aber ich wollte unbedingt eine Story mit den Beiden schreiben, bei denen ich beide Alternativen ihrer Beziehung betrachte. Wie es also ist, wenn sie nicht zusammen sind, aber sie trotzdem zusammen kommen, weil ich sie zusammen sehen will~ Und da ich eben dieses Happy End haben wollte, habe ich mir überlegt, es so zu schreiben, dass sich der Zeitschub parallel auf ihre Gefühle auswirkt und sie sich gegenseitig beeinflussen, weil ich die Idee ganz interessant fand. Ich weiß, dass Gokudera TYL hier sehr schwer zu durchblicken ist, aber die Intention ist eigentlich recht simpel: Er ist gefühlskalt und frustriert, weil er seine ganzen Gedanken nur auf den Decimo konzentriert, aber trotzdem seine Gefühle ihm gegenüber unterdrückt. Nach zehn Jahren macht es einen irgendwo gedankenverloren. Und bei Tsuna wars nicht viel anders, wenn sich Gokudera von ihm abwandte, obwohl sie sich gern haben. Und das konnte ich ihnen letztendlich nicht antun~ Kann auch sein, dass es am Ende wieder einbisschen zu schnulzig war, aber bei den Beiden kann ich irgendwie nicht anders, ich finde sie einfach sehr süß zusammen. ^^ Nun denn, ich hoffe, euch hat die FF gefallen. In dem Sinne, macht es gut. ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)