Irrgärten der Emotionen von KaikoHiwa ================================================================================ Prolog: Der Beginn einer unbekannten Geschichte ----------------------------------------------- Diese Geschichte spielt abseits der uns bekannten Erzählungen und verbleibt einzig und allein in den Köpfen derer, welche an den Irrgärten ihrer Emotionen fast zerbrachen. Blockiert durch Angst, Zweifel, Verwirrung, Hass und Trauer schlagen zwei Herzen im selben Takt, ungesehen in der sich ausbreitenden Dunkelheit. Zwei Seelen, von denen niemand je den Gedanken hegte, dass sie sich begegnen würden. Kapitel 1 – Der Beginn einer unbekannten Geschichte Hinter einem Berg aus Papier erklang ein langgezogener Seufzer. „Schon wieder zu spät“, murmelte Tsunade in sich hinein und starrte aus dem Fenster, bis es endlich an der Tür klopfte. Ein weiterer Seufzer verließ ihre Lippen bis das wohlbekannte „Herein!“ den Raum erfüllte. Kurz darauf standen drei verdrießlich dreinschauende Genin vor ihrem Schreibtisch. Argwöhnisch verengte sie ihre Augen zu Schlitzen und blickte in jedes einzelne ihrer Gesichter. Zwei Tage. Seit zwei Tagen ergab sich noch keine merkliche Veränderung. Die Blicke von Sakura und Naruto schweiften unkonzentriert durch den Raum, blieben des Öfteren an der Gestalt von Sasuke hängen, während dieser mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein schien. Zwei Tage waren nun seit dem Ereignis im Krankenhaus vergangen und weiterhin nagten die Auseinandersetzungen an der Moral des Teams 7. Doch war Tsunade davon überzeugt, dass diese Probleme am besten durch die Zusammenarbeit in Missionen geklärt oder einfach vergessen werden konnten. Das hoffte sie zumindest. „Wie auch immer. Uzumaki Naruto, Haruno Sakura, Uchiha Sasuke, die Mission, welche ich euch nun auftragen werde ist nicht besonders schwierig. Ihr sollt für eine Besprechung mit einer für uns sehr wichtig gewordenen Handelsfamilie nach Tori no Kuni reisen. Diese wies ausdrücklich darauf hin, dass ein Mitglied des Hyuuga-Clans als Repräsentant mit anwesend sein muss, weshalb ihr sie hier mitnehmen und beschützen werdet. Eure Aufgabe wird es somit primär sein ihre Leibwache zu bilden, währenddessen sie die Verhandlungen leiten wird.“ Dabei zeigte sie mit dem Daumen in die linke Zimmerecke, in welcher ein Mädchen mit kurzen, blauen Haaren leicht in sich zusammengesunken stand. „Hinata!“, riefen Naruto und Sakura wie aus einem Munde und starrten das Mädchen ungläubig an. Wie konnten sie sie bislang einfach übersehen haben? Hinata murmelte ein verunsichertes „Hallo“ in sich hinein und hob ihre Arme schützend vor ihrem Körper an. „A-auf g-gute Zusamm...enarbeit, Nar...Naruto-kun“, stotterte sie und zwang sich zu einem Lächeln, welches jedoch durch den erneut zu Boden sinkenden Kopf verdeckt wurde. Sasuke erwachte aus seiner Trance und sah Hinata abschätzend an. Er kannte sie von der Akademie – nun gut, kannte ist etwas übertrieben. Er hatte sie ab und zu dort sitzen sehen, jedoch sagte sie in der ganze Zeit, in der sie das Klassenzimmer teilten kaum ein Wort oder machte durch Leistungen irgendeiner anderen Art auf sich aufmerksam und das obwohl sie solch ein mächtiges Dōjutsu besaß. Sie war für ihn immer komisch, unsichtbar und nicht von Interesse, da sie in seinen Augen zu schwach war. Auch jetzt stand sie unsicher mit nach innen zeigenden Füßen da und blickte zumeist auf den vor sich befindenden Boden. Nebenbei spielte sie nervös mit ihren Fingern. In ihren Augen spiegelte sich gleichermaßen Unsicherheit und Trauer wider, was Sasukes Interesse weckte. Aus einem ihm nicht ganz klaren Grund musste er in diese weißen Augen starren, um die Tiefen ihrer Gedanken verstehen zu wollen. Tiefen, welche sie selbst wahrscheinlich nicht verstand – die niemand verstehen wollte. Sasuke schüttelte kaum merklich den Kopf. `Was soll das? Was ist das nur für ein Mädchen? So unsicher und doch … merkwürdig. Ein anderes Wort fällt mir gerade nicht ein. Aber egal. Jetzt mal ehrlich dieses schüchterne Mädchen soll wirklich die Verhandlungen leiten? Na ich weiß ja nicht´, dachte sich Sasuke bevor er verächtlich schnaubte. ´Ob ich meine Zeit weiterhin für solche Spielereien und Gedanken verschwenden sollte oder doch lieber ...´ Seine Gedanken wurden vom plötzlichen Auftauchen seines Senseis unterbrochen, welcher geschmeidig durch das geöffnete Fenster hinter Tsunade kletterte. „Hallo miteinander. Okay soweit ich mitbekommen habe seid ihr schon über unsere neue Mission im Bilde. Wir treffen uns in 2 Stunden am Tor. Bereitet euch also gut vor und kommt nicht zu spät.“ ´Das sagt der Richtige´, dachten die drei gleichermaßen und verließen den Raum mit einem Blick, der gemischt war mit Ungläubigkeit und blank liegenden Nerven. Sasuke, welcher als letzter im Begriff war zu gehen, blickte noch einmal über seine Schulter zu Hinata, welche wie angewurzelt auf der Stelle verharrte und immer noch betrübt zu Boden sah. Sie bemerkte seinen Blick und blickte kurz mit einem kleinen, unsicheren Lächeln zu ihm herüber bis der Blickkontakt durch ihn wieder unterbrochen wurde. In seinem Gesicht verriet keine Regung auch nur irgendeinen Gedanken. Nach einem kurzen Moment der Stille ergriff Hinata das Wort. „Hokage-sama, warum darf i-ich nicht mit … mit meinem alten Team zusammenarbeiten?“, fragte sie und ließ ihren Blick abwechselnd zwischen Tsunade und ihren verknoteten Fingern hin- und herschweifen. „Weil du, meine liebe Hinata, lernen musst für dich selbst Verantwortung zu übernehmen und durch die Arbeit mit anderen Selbstbewusstsein aufzubauen. Wenn du dich immer hinter deinem Team versteckst, kann daraus nichts werden. Auch dein Vater war damit einverstanden diese wichtige Aufgabe, als seine älteste Tochter, dir zu überlassen. Du schaffst das schon“, antwortete Tsunade in einem ungewöhnlich ruhigen Tonfall und lächelte das Mädchen dabei aufmunternd an. „Und ich bin ja auch noch da“, warf Kakashi ebenfalls mit einem für ihn typischen Lächeln mit ein. Hinata sah zu den beiden auf und nickte, die Gestik erwidernd, bevor sie den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss. Kapitel 1: Der Beginn einer Reise in unbekannte Gedanken -------------------------------------------------------- Wie der Zufall es so will war Kakashi der Letzte, welcher am vereinbarten Treffpunkt auftauchte. Auf Narutos und Sakuras genervten Gesichtsausdruck ergab sich nur sein typisches „Yo!“ als Antwort gepaart mit einem Lächeln. Während die beiden ihrem Sensei eine lautstarke, argumentationslose Predigt hielten, wie es besonders Naruto gerne tat, lehnte Sasuke gelangweilt an einem der riesigen Tore der Stadt und dachte nach; Hinata stand währenddessen mit etwas Abstand daneben und kicherte hinter davor gehaltener Hand über die sich vor ihren Augen ereignende Szenerie. Unbemerkt schielte Sasuke dabei kurz zu ihr herüber und seufzte leise. ´Kaum sind 5 Minuten vergangen und schon müssen die wieder so laut sein. Die nächsten Tage werden wieder unnötig anstrengend´, dachte er sich und löste den Kontakt zum Holz um sich mit der gesamten Truppe in Bewegung zu setzen. Bemerkenswert, jedoch nicht verwunderlich dabei war, dass der junge, energiegeladene Gen-Nin noch eine ganze Weile nicht aufhörte zu reden, über was wusste schlussendlich keiner mehr so genau. Dabei war der Tag so heiter und warm und ungemein ruhig, wie so mancher Sommertag im Reich des Feuers und nur eine leichte Brise auf der Haut erleichterte den Fußmarsch. Insgesamt kann man die Reise am ersten Tag in einem Wort prägnant zusammenfassen: Es war langweilig. Weder die Landschaft, noch das Wetter, noch die erwähnte Ruhe des Landes änderten sich und Komplikationen ergaben sich schon gar nicht. Nun gut die Mission war auf so etwas auch nicht ausgelegt, aber was sollte man machen. Das Problem und die Lösung an der ganzen Sache war ein gelangweilter Naruto, welcher allen anderen durch seine aufgedrehte Art noch um einiges mehr die Nerven raubte, aber gleichermaßen die einzige Unterhaltung bot. Während Kakashi nämlich beim laufen fürchterlich beschäftigt mit seinem Buch zu sein schien, was unter anderem auch der Grund für ihr gemächliches Schritttempo war, war Sakura die einzige welche auf Naruto reagierte - mal belustigt, mal genervt. Hinata und Sasuke folgten der Gruppe aus unterschiedlichen Beweggründen heraus mit etwas Abstand, stillschweigend und in Gedanken vertieft. Am Abend des ersten Tages machten sie in der Nähe eines Baches Halt. Sie schlugen ihr Lager am Rande einer kleinen, vom wolkenfreien Nachthimmel beschienenen Lichtung auf, welche wie eine Stecknadel aus dem riesigen Wald um Konoha hervorlugte. Nach einer kargen Mahlzeit und einer kurzen Besprechung waren alle, trotz oder gerade aufgrund des ereignislosen Tages, bald darauf eingeschlafen. Gut, zu sagen es seien alle gewesen wäre eine Lüge, denn nach kurzer Zeit richtete sich Hinata in ihrem Schlafsack auf und sah sich um. Niemand regte sich und das war für sie das Signal um sich geräuschlos von ihrem Platz zu erheben und ein Stück weit in den Wald zurückzugehen. Sie schritt am kleinen Bach entlang und als sie dachte sie sei weit genug entfernt, blieb sie stehen und entledigte sich ihrer übergroßen Jacke. Vorsichtig schöpfte sie etwas Wasser mit ihren Händen und spritzte es sich ins Gesicht. Genüsslich sog sie die warme Nachtluft ein und ließ ihren Kopf in den Nacken gleiten. Sie liebte dieses Gefühl. Diese angenehme Ruhe, welche alle Sorgen aus den Gedanken verbannten. Dieses kleine Stück Frieden in der Nacht, welche ihr erlaubte sie selbst zu sein ohne sich vor anderen rechtfertigen zu müssen. Diese Zeit, in welcher sie zu sich selbst finden konnte. Diese Zeit, um endlich stärker zu werden. ´Keine Predigten. Keine lauten Worte, welche mich herunterziehen. Keine … ´. Sie brach ihren Gedankengang ab. ´Genug Selbstmitleid´, dachte sie sich schlussendlich. Geschmeidig richtete sie sich auf und atmete noch einmal tief durch um sich anschließend in Stellung zu bringen. Durch ein leises Knacken wurde Sasuke hellhörig und öffnete seine Augen. Gezielt ließ er seinen Blick in die Richtung schweifen, aus welcher das Geräusch ertönte und bekam dadurch mit, wie ein junges Mädchen hinter dem nächsten Baum verschwand und sich dabei nervös umsah. ´Wo will Hinata denn jetzt noch hin?´, dachte er sich und richtete sich auf. Nach einigen Sekunden tat er den Gedanken ihr zu folgen jedoch wieder ab und versuchte zu schlafen, was mäßig gelang. Immer wieder haderte er mit sich selbst, bis er genervt aufstand und entschied ihr doch nach zu gehen. Nach einigen Schritten entdeckte er sie, als sie sich zwischen den von Stern- und Mondlicht getauchten Bäumen bewegte. Geräuschlos trat er näher und sprang auf den nächstgelegenen Baum. Hinata bewegte sich grazil und leichtfüßig während sie einige Figuren ausführte, so als würde sie einen schattenhaften Gegner schlagen wollen. Die ausgestreckten Handflächen von sich abgewendet wechselte sie stetig zwischen offensiven und defensiven Kampfstellungen; mal bewegte sie sich langsam und bedacht, mal schnell und energisch. Im ersten Moment wich sie einen Schritt zurück, führte ihren Fuß dabei in einer Halbkreisbewegung nach hinten um das Gleichgewicht optimal zu halten, als auch um geschmeidig ihren nächsten Schritt einzuleiten. Im diesem drehte sie sich um ihre eigene Achse und nutze den Schwung für einen Schlag nach vorne, gefolgt von einem etwas tiefer liegenden. Blitzartig duckte sie sich und ließ ihr Bein in einer Kreisbewegung nach vorne schnellen, um anschließend mit voller Kraft gen Boden zu schlagen. Tief aus - und atmend verharrte sie in dieser Position, versuchte sich zu beruhigen, nur um kurze Zeit später mit ruhigeren Bewegungen fortzufahren. Diese beinhalteten langsame Vorwärts - gepaart mit unterschiedlichen Handbewegungen bis hin zu grazilen Drehungen, welche Sasuke doch mehr an tanzen als an kämpfen erinnerten. Doch war sie dabei so sicher, so leichtfüßig - eben ganz anders als bei ihrem gewöhnlichen Auftreten, dass er es nicht lassen konnte hinzusehen. Ihr vom schwachen Licht beschienener, zierlicher Körper, die kleinen Perlen, welche sich von ihrem Gesicht in die Luft erhoben und ihre geschmeidigen Bewegungen ließen sie so irreal wirken. So …. schön. Sasuke verstand seine Gedanken nicht aber es war ihm im Moment zu anstrengend darüber nachzudenken. Stattdessen ließ er sich mit dem Rücken am Stamm des Baumes nieder und betrachtete das schüchterne Mädchen aus der Ferne, schweifte kurz darauf jedoch ab. In diesem Augenblick faszinierte sie ihn. Aufgrund der Tatsache, dass er nichts über sie wusste, als auch aufgrund der Tatsache, dass sie sich nicht so verhielt wie die Mädchen, welche er bisher kennenlernen musste. Sie war weder aufdringlich noch laut. Sie war … ja wie war sie nun? Plötzlich ertönte ein Ausruf und Sasuke blickte wieder hinab. Hinata saß auf dem Boden und war gerade im Begriff in den Schneidersitz zu wechseln. Die Hände in den Schoß gelegt blickte sie gen Boden und verharrte, so als würde sie nachdenken oder gar schlafen. Als sie sich schlussendlich nach hinten fallen ließ und in den spärlich sichtbaren Himmel blickte, beschloss ihr Beobachter zum Lager zurückzukehren, so wie sie sich einige Zeit später ebenfalls auf den Weg machte. Müde rollte sie sich zurück in ihren Schlafsack und war bald darauf in einen herrlichen, traumlosen Schlaf gefallen, ohne das Auge zu bemerken, welches kurz zu ihr herüber schielte. ´Wirklich merkwürdig´, dachte sich Sasuke, bevor er sich wegdrehte. Kapitel 2: Der erste visuelle Kontakt ------------------------------------- Der zweite Tag der Reise glich dem Ersten wie das Bild im Spiegel. Die Sonne brannte auf die fünfköpfige Gruppe, die ihren Weg ohne Hast und Eile gen Tori no Kuni fortsetzte. Sie mussten vor dem morgigen Nachmittag nicht im Anwesen der Handelsfamilie eintreffen und doch war die bisherige Reise so ungewohnt langweilig und reibungslos, dass sie morgen früh spätestens im besagten Dorf ankommen müssten. Und vor allen anderen gab es einen Hitzkopf, welchem das Ganze fürchterlich gegen den Strich ging und dies hielt er vor den anderen nicht geheim. Hinata gähnte gegen ihre Hand, so als wolle sie ihre Müdigkeit verstecken, bevor Naruto etwas zu überschwänglich einen Arm um ihre Schulter legte und sie vor Schreck fast stolperte. Überrascht starrte sie in sein Grinsen und fast wie automatisiert stieg ihr die Röte ins Gesicht. „Hey Hinata, erzähl doch mal was, mir ist unsagbar langweilig!“, rief er ihr zu und beobachtete ihre für ihn unverständliche Reaktionen. Es vergingen laut ihrem Empfinden Minuten bevor sie zu einem unverständlichen Stottern in der Lage war, welches nach jedem Atemzug etwas deutlicher zu Worten geformt wurde. „I...ich … ich“, stotterte sie und fühlte sich in die Ecke gedrängt. Ihre Gedanken waren wie fortgefegt von Narutos lauter Stimme und für sie kaum mehr greifbar. Sie hasste diese Paralyse, die Unsicherheit, aber was sollte sie machen? Es wurde nicht besser ganz gleich wie oft sie in diese oder ähnliche Situationen geriet. Immer wenn Naruto sie bemerkte schaltete ihr Verstand auf Standby. Wie oft fragte sie sich bereits, ob dieses Verhalten wirklich noch normal war? ´Es kann langsam nicht mehr richtig sein. Es fühlt sich nicht richtig an sich so gefangen zu fühlen.´, dachte sie und starrte auf ihre sich zum Glück weiter vorwärts bewegenden Füße um ihrem Gegenüber ausweichen zu können. Oder die Intensität zu unterdrücken, mit welcher sie seine Körperwärme durch den Stoff ihrer Kleidung langsam aber sicher wahr zu nehmen schien. Der Gedanke daran ließ sie noch hilfloser zurück. ´Das kann doch alles nicht wahr sein. Komm schon Hinata!´ Sie holte tief Luft und schloss den letzten Gedanken aus ihrem Kopf aus. „W-was soll ich dir denn erzählen, Naruto-kun?“, murmelte sie so leise, als wäre es ein Geheimnis, welches nur für ihn bestimmt war, wendete ihren Blick jedoch nicht vom Boden ab. Dieser überlegte kurz. „Was weiß ich – irgendwas. Das ist besser als den ganzen Tag schweigend nebeneinander her zu laufen weißt du. Du hast seitdem wir diese Mission angetreten sind noch keinen Ton gesagt. Es ist schon schlimm genug das unser Mister Cool nicht redet, oder sonst nichts spannendes passiert, da kannst du wenigstens mal den Mund aufmachen!“, quasselte er munter vor sich hin und verdeutlichte seine Argumente durch ausladende Bewegungen seiner freien Hand. „Hast du zum Beispiel schon einen Plan für die Mission?“ Hinata nickte fast unsichtbar und beobachtete ihn aus ihren Augenwinkeln, während ihre Hände als Beschäftigung genügten, um nicht plötzlich das Bewusstsein zu verlieren. „Ja, so ungefähr … denke ich“, antwortete sie knapp und beließ es lieber dabei bevor sie doch die Kontrolle über sich verliert. Sie brachte einfach nicht mehr hervor auch wenn sie es versuchte. Den Kampf gegen sich selbst, von welchem sie nicht wusste, warum sie ihn überhaupt ausfechtet, verlor sie einfach jedes Mal. Naruto deutete ihr anschließendes Schweigen und den zu Boden gerichteten Blick als eine Abfuhr und bewegte sich mit einem unverständlichen Gemurmel auf den Lippen ein paar Schritte von ihr weg. Hinatas Unmut wuchs mit dieser Aktion noch weiter. Dies blieb das einzige Gespräch für den heutigen Tag, welches die beiden versuchten zu halten. Bewertet wurde dies von Sasuke mit einem scharf beobachtenden Blick und einem verachtenden Schnauben, welches sich entfernt auch wie ein Lachen angehört haben könnte, während er ein Stück hinter den beiden herlief. Während des gescheiterten Gespräches bemerkte er wie ihre Schritte sich zum Teil verlangsamten und ebenso unsicherer wurden. Als Naruto seinen Arm von ihrer Schulter nahm sah es so als aus würde ihr die Stütze genommen und sie wankte, bemühte sich aber um Kontrolle. Und natürlich fiel es Naruto nicht auf, welcher seine Schritte beschleunigte um Kakashi und Sakura aufzuholen. Diese unterhielten sich angeregt über für den Rest der Gruppe unbekannte Thematiken, nachdem Sasuke Sakura, genervt von ihrem frühmorgendlichen Gerede, fortgeschickt hatte. Um eben diese klägliche Kontrolle ringend verschwamm kurzzeitig Hinatas Sicht und ohne es zu merken zog ihr mangelndes Gleichgewicht sie hinterrücks Richtung Erde, was jedoch durch Sasukes ausgestreckten Arm verhindert wurde. Dieser stützte sie den größtmöglichen Abstand haltend am Rücken damit sie nicht fiel, was von ihr durch ihre geistige Abwesenheit erst wenige Sekunden später bemerkt wurde. Während die beiden sich kurz ansahen, kam ihr Sasuke mit zwei Schritten immer näher, die Hand weiterhin auf ihrem Rücken gelegt, nur um sie mit dem dritten Schritt zu überholen. Der visuelle Kontakt brach dabei nicht ab. Direkt in ihre Augen blickend murmelte er ein knappes „Na komm“ und brach ein paar Sekunden später jeden Kontakt zu ihr wieder ab – wobei den beiden diese nur wenige Sekunden andauernde Szenerie unterbewusst wie Minuten vorkamen. Sie konnte nicht anders als zurück zu starren, denn sie hatte ihn noch nie direkt angesehen. Das Schwarz seiner Augen glich einem Vorhang, welcher seine ganze Welt vor dem Untergang durch die Außenwelt zu verstecken versuchte – tief, dunkel und undurchdringlich. Das Weiß in ihren glich einem Sinnbild der Unschuld, der Leichtigkeit und Trauer, wie eine Blüte welche Angst davor hat, jemals den Boden zu berühren. Die Bindung glich der von Magneten mit unterschiedlichen Polen. Zwei Welten, niemals ferner und doch so nah. Eine Faszination in Reinform. Ein Mysterium im Nebel der Geschichte. Und doch, zu unbeholfen um den Blick darauf zu richten. Nachdem Sasukes Hand von Hinatas Rücken verschwand, riss die Vision ab und das Mädchen stand plötzlich gänzlich überfordert über die aufsteigende Wärme, welche ihren Körper von der berührten Stelle beginnend, durchströmte. Es war keine Nervosität wie wenn Naruto ihre Existenz bemerkte oder sie gar ansprach – beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Es war eine sanfte, unbekannte Art eines Feuers, welches weder zerstörte noch aschte, sondern ihren Geist auf eine merkwürdige, bislang unbekannte Weise belebte. Ein Gefühl, durch welches ihre Nerven sich nicht unangenehm anspannten, sondern gleichermaßen beruhigte als auch elektrisierte. Ein Gefühl, zu flüchtig, als dass sie es auskosten und damit benennen konnte. Sie blinzelte ihre Gedanken beiseite und holte die Gruppe nach ein paar ungeahnt selbstsicheren Schritten wieder ein. Sasuke wiederum ließ sich typischerweise nichts von alle dem anmerken doch auch er bemerkte die unverständliche und feine Reaktion seiner Sinne auf den erstmaligen Kontakt mit diesem Mädchen. Es war für ihn gleichermaßen abschreckend und unverständlich, so wie es auch sein Interesse weiter weckte. Ein kurzes Lächeln umspielte seine Lippen, während er seine noch warme Hand zurück in die Hosentasche steckte. Am zweiten Abend der Reise war Sasuke der erste, welcher das Camp verließ, denn während alle anderen bereits zu schlafen schienen, konnte er diesen heute Nacht nicht finden. Stattdessen beschloss er seinen Kopf durch einen Spaziergang zu klären – es war zumindest sinnvoller als grummeln in seinem Schlafsack zu verweilen und Naruto unerträgliches Schnarchen neben seinem Ohr vernehmen zu müssen. Die Zeit verstrich als er sich plötzlich an einem ruhig daliegenden Fluss wiederfand. Viel sehen konnte er nicht, da diese Nacht teilweise bewölkt war, jedoch beruhigte ihn das leise Geräusch des Wassers ein wenig. Kurzzeitig entführte ihn diese Ruhe zurück in Momente seiner Kindheit – Momente der Unbeschwertheit, so als könnte er seit langer Zeit wieder einmal tief einatmen. Das regelmäßige Plätschern gepaart mit dem Zirpen der Grillen … das entfernte Schuhuen einer Eule … dem Knacken eines Astes direkt hinter ihm. ´Moment´, dachte sich Sasuke und wurde hellhörig. Im nächsten Augenblick lag eine seiner Hände bereits an der Kunaitasche und seine Muskeln spannten sich an. Abschätzend beobachtete er die Umgebung, aus welcher das Geräusch ertönte. „Komm aus dem Gebüsch heraus ich weiß, dass du da bist!“, sagte er in seinem gewöhnlich kalten Tonfall. Seinem Befehl wurde folge geleistet und seine Augen weiteten sich überrascht als er plötzlich Hinata vor sich stehen sah, welche nervös mit den Fingern spielte. Mit einem lauten Seufzer entspannte er sich wieder und nahm eine lässigere Haltung an. Das rot in seinen Augen verschwamm im aufkommenden Schwarz. „Was willst du hier?“, fragte er sie musternd. Hinata sah abwechseln zu dem hinter ihm sich befindenden Fluss und seinem Gesicht. „I-ich k-konnte nicht schlafen und …. entschuldige die Störung Sasuke-kun“, stotterte sie etwas überfordert und war im Begriff wieder zu verschwinden – immerhin hatte sie nicht damit gerechnet ihm auf ihrer Suche nach einem Trainingsplatz zu begegnen. „Warte“, ertönte es hinter ihr. Seine Stimme blieb gewohnt emotionslos, doch etwas war dort was sie stutzig machte. Oder war neugierig doch eher das richtige Wort? Sasuke sagte nichts weiter. Er wusste doch selbst nicht so recht warum er sie am gehen hinderte. Kurz versuchte er sich selbst zu ordnen, doch gelang dies spontan eher mäßig. „Du störst nicht“, fügte er schlussendlich hinzu. Nach kurzzeitiger Überlegung trat Hinata einige unsichere Schritte auf ihn zu bis zu sah, dass er sich an einem am Flussufer sich befindenden Baum niederließ. ´Was ist nur los mit dir?´, fragte er sich und setzte einen ernsteren Blick auf während er nachdachte. Auch Hinata bemerkte seine veränderte Miene und hielt in ihrer Bewegung inne. Ihr Gegenüber sah abschätzend auf. „ Setz dich … wenn du willst.“ Es vergingen Minuten des Schweigens, welches gleichermaßen unangenehm angespannt und beruhigend war. Beide sahen sich nachdenklich in der Umgebung um anstatt etwas zu sagen. ´Hmm, wie komme ich da jetzt wieder heraus?´ Kapitel 3: Der erste Einblick in eine dunkle Gedankenwelt --------------------------------------------------------- Erneut schweifte sein Blick nachdenklich in die Ferne, als Hinata sich endlich dazu durchrang, auf Abstand bedacht, neben ihm Platz zu nehmen. Die Stille um sie herum empfand Sasuke nicht als unangenehm, sondern sie hatte etwas Entspannendes an sich. Etwas, was er bei Sakura oder Naruto immer vergeblich suchte und für sich selbst nicht finden konnte. Genüsslich sog er die kühle Nachtluft ein und schloss die Augen. Sein Gegenüber wieder rum begann nach einer Minute nervös mit den Füßen zu spielen, denn zum einen war ihr dieser Augenblick nicht ganz geheuer, da sie Sasuke schließlich nicht kannte und zum anderen war sie leider, wie in so vielen Nächten, hellwach. Genervt davon seufzte er auf. „Bist du eigentlich jede Nacht wach um heimlich zu trainieren?“, fragte er schließlich und blickte sie, auf eine Antwort wartend, an. Hinata weitete sichtlich überrumpelt ihre pupillenlosen Augen und ordnete vorerst ihre Gedanken, bevor sie antwortete. „Du … du hast mich gesehen?“, fragte sie überrascht zurück. Erst jetzt merkte Sasuke, dass er sich offenkundig verraten hatte und ohrfeigte sich in Gedanken selbst – nach außen hin wurde dieser innere, stille Monolog wie üblich nicht offenbart. „Ich bin zufällig gestern vorbeigelaufen als ich dich gesehen habe. Du musst zugeben, es ist doch sehr auffällig mitten in der Nacht für so etwas aus dem Lager zu verschwinden. Warum also?“ Kurz nachdenkend wandte sie den Blick von ihm ab. Es war, als suchte sie in der Dunkelheit die beste Antwort dafür, doch in Wahrheit, hatte sie keine richtige. „Ich … ich … mir ist es einfach peinlich wenn andere sehen wie … wie schwach ich doch bin. Aber ich möchte endlich stärker werden! Aber das Training mit K-Kiba und Shino reicht mir nicht. Denn selbst bei den beiden traue ich mich ja nicht …“ Weiter sprach sie nicht sondern legte nachdenklich den Kopf auf ihre angezogenen Knie. Sasuke erhob überrascht eine Augenbraue, was ihr jedoch verborgen blieb. „Das ist doch schwachsinnig“, begann er, „ich meine, dafür seit ihr doch ein Team oder nicht? Was bringt es dir Nacht für Nacht alleine Formen zu laufen wenn du so nie lernen wirst es auf deinen Gegner anzuwenden? Oder versteckst du dich auch immer, wenn es in euren Missionen darauf ankommt?“ Unbeabsichtigt erreichten seine Worte das Gegenteil von dem, was er eigentlich bezwecken wollte: Sie drückten ihr erschüttertes Herz immer weiter in die Tiefe ihrer Verzweiflung und das spürte er schlussendlich, jedoch zu spät, auch. ´Was ist bloß mit ihr passiert, dass sie so leicht zerbricht?´, fragte er sich argwöhnisch. Erneut folgte seinen letzten Worten eine Woge der Stille, welche dieses Mal jedoch eine ungewöhnliche Spannung erzeugte. Beide waren unsicher, was sie nun sagen sollten oder wie sie dieser Anspannung ein heim werden konnten, was sich soweit aufstaute, bis Sasuke in Gedanken schon im Begriff war, sich zu erheben um dem auf die einfachste Art und Weise zu entgehen. „Ich … ich weiß dass das alles keinen Sinn ergibt, aber … ich weiß nicht was ich sonst machen soll“, murmelte Hinata mehr zu sich selbst als zu ihrem Gegenüber, jedoch vernahm er ihre leisen Worte sehr genau. „Es ist nicht so dass … dass ich sie nicht fragen will oder das ich kein Vertrauen zu ihnen habe, sondern … ich weiß noch nicht so genau wie ich das am besten angehen soll aber … ich will einfach niemandem mehr ein Klotz am Bein sein, weißt du.“ „Dann lass es.“ Hinata blickte verwundert auf. Solch eine schlichte und doch bizarre Antwort hatte sie nicht erwartet, doch irgendwie vermutet. Einige Sekunden später sah Sasuke sie argwöhnisch, wie so oft, an da ihm einfach keine bessere Antwort in den Sinn zu kommen schien. „Du hast eine wirklich sehr verdrehte Ansichtsweise. Dich zu verstecken wird dir auf kurz oder lang auch nichts bringen, egal in welcher Situation und schon gar nicht als Ninja. Du hast weder Erfahrung, noch ein Fünkchen Selbstbewusstsein, jedoch brauchst du beides um Stärke aufzubauen und die bekommst du nicht alleine, mitten in der Dunkelheit. Zumindest nicht so. Ganz im Gegenteil, ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses allein sein jemandem wie dir gut tut.“ Langsam erhob er sich von seinem Platz unter dem Baum und überbrückte die geringe Schrittlänge zwischen den beiden, bis er schließlich über ihr thronte. Eine Hand streckte er ihr unbeholfen entgegen, während sein Gesicht– im Gegensatz zu seinen Augen – emotionslos blieb. In diesen blitzte etwas auf, was sie nicht zu beschreiben wagte. Hinata blinzelte einige Male um ihre Gedanken zu ordnen, beließ es aber dabei seine Hand nicht zu nehmen, sondern stattdessen den Blick ein Stück weit wieder zu Boden zu senken. „Was t-trieb dich des Nachts so weit weg vom Lager, Sasuke-kun?“, fragte sie und zupfte einige Grashalme aus dem weichen Boden. Der Angesprochene richtete sich wieder auf und betrachtete nachdenklich ihr Handeln. „Was soll diese komische Frage?“, antwortete er ihr und stemmte eine Hand in die Hüfte. Als Gegenreaktion erfolgte nur ein kaum merkliches Schulterzucken ihrerseits. Sasuke seufzte auf. „Ich hatte zu viele Gedanken im Kopf um vernünftig Schlaf zu finden. Neben Narutos nervigem Geschnarche in den Ohren, versteht sich.“ „Zum Beispiel?“ Sie vermied es Blickkontakt herzustellen, was eine seiner Augenbrauen als verwunderte Geste in die Höhe trieb. Eine Sekunde später packte er sie ohne darüber nachzudenken am Unterarm und hievte sie mit geringen Kraftaufwand auf die Beine. Sie ließ es geschehen, schreckte überraschenderweise jedoch nicht auf. „Ist doch egal“, sagte er währenddessen. „zeig mir lieber was dein Solotraining für Früchte trägt. Immerhin habe ich auf dieser Mission nichts besseres zu tun als ...“ „Ich glaube weniger“, unterbrach sie ihn fast flüsternd. Sie hatte es geschafft bis hierhin ihre doch recht sporadischen Gedanken auszusprechen, auch wenn es eine eher unüberlegte Handlung war. Vorsichtig hob sie ihr Gesicht an um in seinen schwarzen Augen etwas zu suchen, was sie nicht finden konnte. Seitdem sie zum ersten Mal heute Nachmittag in eben diese geblickt hatte, wurde sie das Gefühl nicht los etwas darin gesehen zu haben, was sie ohne ihr Zutun anzog. Sie trieb in Gedanken eine Kraft an eben dies zu finden, welche sie nicht verstand. Doch wenn diese Kraft sie dazu bringen konnte, dass zu sagen was sie dachte und ihr gar neue, bislang unbekannte Gedanken offenbarte, dann konnte sie nichts Schlechtes sein. ´Oder?´ Erneut verzogen sich die Falten auf seiner jungen Stirn, als er den Blick tonlos auf seine Hand schweifen ließ, welche immer noch ihren Unterarm umfasste. Plötzlich wurden die Furchen um seine Augen jedoch noch tiefer. Er blinzelte mehrmals und blickte fragend auf. „Was sind das für komische Male auf deinem Arm?“, fragte er in ernstem Tonfall, während er ihren Arm vorsichtig drehte um die dunklen, länglichen Flecken auf ihrer sonst so blassen Haut näher zu betrachten. Erst durch diese Worte fiel ihr auf, dass sie ihre viel zu große Jacke ausnahmsweise im Lager gelassen hatte – wer hätte sich schlussendlich auch solch eine Situation vorstellen können, als sie aufstand um für sich selbst zu trainieren? Anders als von vielen gedacht, hatte ihre weite Kleidung nämlich mehr als nur eine Funktion inne und es war das erste Mal, dass jemand Außenstehendes sie ohne sie sah. „I-ich ….“ Unbedacht kam er ihr ein Stück näher um ihre Haut trotz der Dunkelheit besser betrachten zu können. „Dort, an deinem Hals sind auch welche. Das sind keine normalen Blessuren, wie man sie aus Kämpfen oder gewöhnlichem Training davonträgt. Keine Schnitte und das meiste sind auch keine Flecken von Schlägen, das sind Handabdrücke. Würgemale würde ich behaupten. Wie ist das denn passiert?“ Hinatas Atem wurde mit jedem seiner Sätze immer flacher und auch ihr weit geöffneter Blick schweifte apathisch von einer Ecke in die andere und wieder zurück. ´Was mache ich jetzt bloß? Ich … ich kann doch nicht … ich …´ „Hey!“, hörte sie seine Stimme, doch diese schien plötzlich so weit entfernt zu sein. Sie trieb immer weiter von ihrer Sinneswahrnehmung weg und wich vieler kleiner Augenblicke aus ihrer Erinnerung. Ihre Gedanken rasten rastlos in einen Strudel fragmentierter Bilder. In viele, stille Nächten in ihrem Zimmer, bevor das leise, dumpfe Geräusch der Tür sie aus ihren in der Vergangenheit liegenden Gedanken riss und das Funkeln zweier kalter Augenpaare die Dunkelheit durchbohrend, den Beginn schlafraubender Momente einleiteten. In Augenblicke der Angst, wenn diese omnipotente, laute Stimme sich zu dem dazugehörigen Klingeln in ihren Ohren mischte – eben diese zum Glück seltenen Momente, wenn ihre Seele nicht einfach nur durch herablassendes Stillschweigen penetriert, sondern der alltägliche Ärger ihr gegenüber lautstark Luft gemacht wurde. Die Augenblicke ihres Trainings, wenn die Angriffe ihres Gegners absichtlich härter und unnachgiebiger ausfielen, als nötig. Die Panik, die aus ihrem Innersten aufstieg, als große, raue Hände ihren Hals schmerzvoll umschlangen und nur ein ängstliches Schluchzen ihrer zugedrückten Kehle entwich. Die alles verzerrende Trauer, welche ihr Herz jedes Mal aufs neue umschlingt, wenn ihre gesamte Existenz ohne Rücksicht von vertrauten Menschen in Frage gestellt wurde. Sie konnte dem nicht entkommen. Sie konnte dem nie entkommen und auch die Erinnerungen an schönere, sorgenfreie Tage verblassten in der Endlosigkeit ihrer Gefangenschaft, wenn Finger gewaltsam ihre Handgelenke umfassten um sie am weglaufen zu hindern. Sie entkam ihr Leben lang weder der Pein, der Trauer, der Mutlosigkeit, noch der Unterdrückung. Trotz allem fand sie nie heraus, warum ausgerechnet sie dies stetig ertragen musste. „Hey!“ Sasukes Stimme drang nun wieder etwas lauter in ihren Verstand ein um die Erinnerungen gewaltsam zu verdrängen. Seine Stimme schien allmählich aufgrund des leicht besorgten Untertons zu schwankten. Erinnerungen, welche sie in ihrem Inneren versuchte vor sich selbst und allen anderen zu verschießen und das ganz für sich allein. Nur sie allein. Entfernt nahm sie den sich verfestigten Griff um ihren Unterarm immer genau war und schreckte innerlich auf. Zwar waren ihre hellen Augen weit aufgerissen, jedoch erreichte nur ein grausam leuchtendes Augenpaar in der Dunkelheit ihrer Gedanken die Aufmerksamkeit ihres Sichtfeldes. Zwei so vertraute und gleichermaßen gefürchtete, leere Augen, welche hasserfüllt auf sie herabblickten. Der wohlbekannte innere und äußere Schmerz … „Hinata!“ „Nein!“, schrie sie panisch auf und riss sich augenblicklich von seiner Hand los, um anschließend, in ihren Gedanken verfangen, an ihm vorbei zu laufen. Zurück blieb ein verwirrt dreinblickender Sasuke, welcher im ersten Moment dem Mädchen nur hinterher blicken konnte, doch als er bemerkte, dass sie nicht in Richtung des Camps hastete, beschloss er, ihr nach zu laufen. Immer weiter von den anderen entfernt führte sein Weg ihn zwischen dicht bewachsenen Bäumen hindurch, doch schien er sie bei aller Mühe nicht einholen zu können. Zu groß war die Panik in ihren Gliedern, welche ihr den nötigen Antrieb verlieh, um schneller als eigentlich möglich durch die Dunkelheit zu fliegen. Immer weiter und weiter, so als könnte sie so ihren eigenen Erinnerungen endlich entkommen. Doch hatte diese Jagd nach unerreichbarer Erlösung ein Ende, als ihr Körper nach einiger Zeit resignierte und sie zwangsläufig zum Stehen kam. Völlig erschöpft rang ihre brennende Kehle verzweifelt nach Atem, doch auch wenn sich ihre Lungen stetig mit neuer Luft füllten, so verhinderte dies nicht den aufkommenden Schwindel. Immer schneller schien sich ihr Kopf zu drehen und auch ihren Körper empfand sie plötzlich als ungeahnt leicht und fremd, denn ihre Beine versagten nach kurzer Zeit den Dienst und schickten sie trotz vergeblicher Gegenwehr richtig Waldboden. Mehr als die weiche Erde, welche ihre Wange streifte, bekam sie nicht mit und so ergab sie sich endgültig der sie umgebenen Dunkelheit. Stunden später erwachte sie kurzzeitig und mit dröhnendem Kopf aus ihrer Ohnmacht. Vorsichtig schlug sie die schweren Lider auf und spürte gleichermaßen etwas Warmes und Weiches, was ihren Körper umschlang. Unter ihren teils tauben Fingern fühlte sie den dazugehörigen Stoff ihres Schlafsacks und erst im nächsten Moment wurde sie sich am Rande ihres Bewusstseins gewahr, dass sie sich im Camp wiederfand. Doch die Frage, wie sie hierher gelangte, konnte sie sich nicht mehr stellen, bevor sie erneut in einen tiefen Schlaf versank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)