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Biss in die Ewigkeit

von

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Abschied zum Anfang

Meine Augen waren auf die Herde Wild gerichtet. Ich kauerte in Angriffshaltung auf dem Boden. "Jetzt!", raunte ich. Liv und ich sprangen auf und wir hatten nur noch eines im Sinn: Das warme pulsierende Blut in den Adern der Tiere. Sie versuchten zu fliehen, doch ich hatte mir bereits eines gegriffen und zugebissen. Als ich fertig war legte ich den ausgesaugten Kadaver ins nächste Gebüsch. Vielleicht fanden ein paar Aasfresser ja noch Genuss daran. Liv wischte sich den Mund ab, dann richtete sie ihre braungoldenen Augen auf mich: „Keine Ahnung, was die anderen immer mit Menschen haben... Erstens ist das doch total auffällig und zweitens schmeckt es lange nicht so gut!“ Sie grinste und legte mir ihren Arm über meine Schulter. „Liv, ich muss jetzt los!“, seufzte ich und schüttelte sie ab. „Bleibst du sicher nicht?“, versuchte sie es nochmal. „Ich muss meine Mutter finden. Aber warum kommst du nicht mit?“, lehnte ich abermals ab. Sie schüttelte vehement den Kopf. „Es tut mir Leid, aber ich bin lieber hier.“ „Warum habe ich dich bloß verwandelt?“, fragte ich und lächelte schief. Eigentlich war es eine rein rhetorische Frage, doch Liv antwortete mir: „Um in den letzten vierzig Jahren nicht allein zu sein.“ „Ich hab dich lieb! Aber ich muss jetzt los, sonst komme ich nie in Washington an.“ Ich umarmte sie ein letztes Mal, dann sprintete ich los. „Viel Glück, Florence!“, rief mir Liv noch hinterher. Es war schwer sie zurückzulassen. Aber ich würde sie garantiert nicht mithilfe meiner Gabe dazu zwingen mitzukommen. Das fand ich nicht fair und auch nicht richtig. Meine Gabe war, dass das, was ich sagte immer wahr ist oder wurde. Teilweise ist es anstrengend, wirklich immer unverdienter Weise recht zu haben. Deshalb setzte ich meine Gabe so selten wie nur irgend möglich ein. Ich rannte noch einen Tick schneller und mich durchströmte ein wohliges Glücksgefühl. Während ich so dahin sauste dachte ich über dieses und jenes nach. An die Erinnerung an meine Mom, die ich noch hatte, ich weiß nicht mehr viel, ich bin vierzig Jahre nur mit Liv zusammen gewesen. Hin und wieder war mal ein anderer Vampir vorbeigekommen. Sie alle hatten rote Augen, was wohl daran lag, dass sie kein Tier-, sondern Menschenblut trinken. Pfui! Absolut undenkbar für mich. Ich hab es einmal probiert, bei Liv, als ich sie verwandelte und ich werde es nie wieder tun. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke. Gedankenverloren griff ich in meine linke Jackentasche. Ich fühlte ein zerknittertes Papier zwischen meinen Finger. Ich holte den Zettel hervor und entfaltete ihn. Meine Mutter hatte ihn mir hinterlassen. Florence Cullen stand da in säuberlicher Schrift. Darunter hatte ich noch eine Notiz angebracht: Washington. Ein Nomade, er hieß Garrett oder so, sagte mir, dass dort ein Clan lebe der Cullen hieße. Also lief ich weiter in Richtung Washington. Für einen Vampir war es nicht weit und so hatte ich schon bald die Hälfte des Weges hinter mir, ohne zu ermüden. Ich konnte laufen solange ich wollte.
 

Ich verlangsamte mein Tempo, denn nun hatte ich mein Ziel erreicht: Washington. In der Nähe von Menschen und einer von ihnen erbauten Stadt. Sie hieß Forks oder so ähnlich und erschien mir als ein sehr grünes Fleckchen.

Ich stoppte abrupt, denn ich witterte etwas, dass nach nassem Hund roch. Ich sah mich um und lauschte angestrengt nach allen Seiten. Ich erschrak, als ich sah, was es war. Ich stand einem Rudel riesiger Wölfe gegenüber. Ihre zwei Anführer knurrten mich an. „Ähh... Ich komme in Frieden...“. Einer der Alphatiere legte den Kopf schief und beobachtete mich genau. Das taten sie eigentlich alle, aber dieser ganz besonders. Er hatte strubbeliges rotbraunes Fell, das länger war als das der anderen. „Mein Name ist Florence Cullen. Gibt es in dieser Gegend Vampire? Ich... ich suche nach meiner Mutter...“ Urplötzlich hörte der andere Leitwolf ebenfalls auf zu knurren und wechselte einen Blick mit dem strubbeligen Wolf neben sich. Der nickte und kam langsam auf seinen gewaltigen Pfoten auf mich zu. Er sah von mir zu seinem Rücken. Ich verstand. Ich sollte aufsteigen. Das war aber... nett. Mit einem Satz sprang ich hinauf und der Wolf trabte gemächlich über den Waldboden, bis wir an ein großes Haus mit hohen Fenstern kamen. Ich stieg ab, als er stehen blieb. „Danke.“, sagte ich artig zu dem Tier, das sich abwendete und im Gebüsch verschwand. Ich klopfte meine Klamotten ab und dann lief ich die Treppe zur Tür hinauf. Vorsichtig klopfte ich. Ein schwarzhaariges zierliches Mädchen, mit den gleichen goldgelben Augen wie Liv und ich, öffnete die Tür und schaute mich an: „Du hast uns warten lassen.“ Ich war perplex. Das ganze wurde ja immer besser. Stimme, wo bist du?, dachte ich verzweifelt, während ich komplizierte Satzstrukturen in meinem Kopf zu bilden versuchte. Ah... das war meine Stimme ja wieder. Ich räusperte mich, bevor ich begann: „Guten Tag, mein Name ist Florence Cullen. Ich wusste gar nicht, dass es in dieser Gegend Vampire gibt, außer vielleicht ein paar Nomaden. Wissen Sie zufällig, wo sich der Cullen-Clan zur Zeit befindet? Ich bin auf der Suche nach meiner Mam.“ „Carlisle? Kommst du bitte?“, das Mädchen sah mich an wie ein sehr seltenes Tier. Ihr Gesichtsausdruck war verwirrt und erschrocken zugleich. Ein hochaufgeschossener blonder Mann kam die Treppe hinunter. „Ich bin schon da, Alice. Du kannst gehen.“, sagte er zu dem Mädchen und reichte mir die Hand, „Carlisle Cullen, was kann ich denn für dich tun?“ Ich riss Augen und Mund weit auf. Ich hatte mein Ziel erreicht. So schnell. Das konnte doch nicht sein! Ich wusste nicht, ob Vampire einen Schock bekommen können, aber wie ich mich gerade fühlte war naheliegend. Der Boden wurde mir unter den Füßen weggezogen. Ich fiel die Treppe hinunter. Die Augen weit aufgerissen. „Schnell! Ich brauche eure Hilfe! Bringt meine Tasche mit!“, hörte ich diesen Carlisle aufgeregt rufen. Seine Stimme klang Meilen entfernt. Ich spürte, wie man mich hochhob und kurz darauf auf eine Liege legte. „Auf einmal ist sie umgekippt!“, sagte Carlisle. „Sie sagte, dass sie Florence Cullen heiße und nach ihrer Mutter suche“, sagte Alice. Gemeinsames nach Luft schnappen. Ich blinzelte. „Endlich sie kommt zu sich.“, eine dunkelhaarige Frau lächelte mich liebevoll an. Ich blickte in sechs sorgenvolle Gesichter. Verwirrt richtete ich mich auf. Konnten Vampire wirklich in Ohnmacht fallen? „Scheinbar schon.“, sagte ein Junge mit bronzefarbenem Haar, „Du sahst ziemlich unheimlich aus... so mit weit aufgerissenen starren Augen...“ Ich sah ihn an. Konnte er etwa Gedanken lesen? War das seine Gabe, so wie ich auch eine hatte? Ich beschloss ihn zu testen. ,Wie heißt du?’, dachte ich mit aller Kraft. „Edward.“, er lächelte. Okay... Gedanken lesen... Hm... nicht schlecht... Aber natürlich nichts gegen meine Gabe. „Sind unsterbliche Kinder nicht verboten?“, fragte die Brünette an Edwards Seite. Sie strich sich nervös durchs Haar. Da entdeckte ich an ihrer Hand einen Ring der im Licht glitzerte und funkelte. Offenbar war sie mit Edward verheiratet. „Was ist, wenn die Volturi von ihr erfahren?“, fragte sie ängstlich. „Dann werden wir uns etwas einfallen lassen.“, sagte Carlisle mit einem ruhigen Lächeln, „Was sollten wir sonst tun, Bella?“ „Ich weiß es nicht, aber ich... Denk doch an Alice, Edward, Renesmee und mich. Aro will uns. Wenn er sie um die Ecke gebracht hat, wird er uns mitnehmen. Und dann...“ „Raus schmeißen können wir sie schlecht.“, grummelte Edward. Verschworen die sich jetzt gegen mich? Das hätte ich gleich wissen sollen. Ich war unerwünscht. Traurig erhob ich mich von der Liege und verließ mit hängendem Kopf den Raum. „Ich möchte niemanden in Gefahr bringen. Es tut mir Leid. Auf Wiedersehen.“, murmelte ich und drehte den Kopf halbherzig zurück. Dann ging ich weiter. Ich hörte Schritte hinter mir. Das war mir egal. Ich wollte niemanden in Schwierigkeiten bringen. Erst recht nicht meine eigene Familie. Die Schritte kamen näher, bis sich schließlich eine Hand auf meine Schulter legte. Ich sah auf. Carlisle. „Bleib hier, Florence. Hier wird niemand einfach rausgeschmissen.“, er lächelte. Ich erwiderte die Miene zaghaft und Carlisle führte mich zurück in den Raum, aus dem wir gegangen waren. Die anderen hatten das Zimmer bereits verlassen. Carlisle setzte sich an seinen Schreibtisch und bedeutete mir gegenüber von sich Platz zu nehmen. Ich setzte mich. „Du heißt also Florence Cullen.“ „Ja.“ „Und woher weißt du das?“ Wortlos zog ich den Zettel mit meinem Namen heraus, den ich schon immer bei mir getragen hatte, und reichte ihn Carlisle. Der zog die Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn. „Und du bist tatsächlich geboren und nicht gebissen worden?“ „Ja, sonst könnte ich nicht wachsen wenn ich will, oder?“ „Deine Eltern müssen beide Vampire sein...“ Ein Herr der Wissenschaft. Er sah mich an: „Du hast goldene Augen. Wie hast du es geschafft all die Jahre auf Menschenblut zu verzichten?“ Ich schüttelte mich energisch: „Gott bewahre! Menschenblut ist das widerlichste, was es gibt. Keiner, außer Liv, versteht das. Ich habe es einmal bei ihr probiert, als ich sie verwandelt habe und da ist mir das Gift hochgekommen...“ „Du hast einen Menschen verwandelt?!“, unterbrach er mich fassungslos. Das schien ihn noch mehr mitzunehmen, als die Tatsache, dass ich Menschenblut verabscheute. „Liv ist die beste Freundin auf der Welt. Sie kann Menschenblut ebenfalls nicht ausstehen. Sie hatte sich gewünscht so zu sein wie ich und als es an der Zeit war, habe ich ihr diesen Wunsch gewährt. Gemeinsam haben wir auch unsere Gaben entdeckt...“ „Welche?“, Carlisle war anscheinend sehr neugierig. „ Liv kann in Gedanken mit Tieren kommunizieren. Und alles was ich sage ist oder wird wahr.“ „Das ist eine sehr mächtige Gabe.“, meinte er, „Es könnte uns die Sorgen mit den Volturi abnehmen.“ „Ja, ein neuer Knackpunkt: Wer oder was sind denn diese Volturi?“ „Sie nennen sich die Obersten aller Vampire. Die Hüter des Gesetzes. Und du bist gegen dieses.“ „Weil ich mehr Macht bekommen könnte, als sie besitzen?“ „Nein, weil du ein unsterbliches Kind bist.“ „Ich kann wachsen und altern wenn ich will. Liv kann das nicht. Als ich sie verwandelt habe, hab ich mich ihrem ewigen Alter angepasst.“ „Erstaunlich! Jedoch werden die Volturi euch beide töten wollen.“, gab Carlisle zu bedenken. „Nein, werden sie nicht.“, widersprach ich. “Du unterschätzt sie, mein Kind!“ „Nein, du unterschätzt mich.“, sagte ich und grinste. Carlisle verstand. Ich hatte meine Gabe eingesetzt. „Wie bist du eigentlich hierher gekommen?“, fragte Carlisle. „Ich bin im Morgengrauen losgelaufen. Das letzte Stück hat mir ein Wolf gezeigt.“ „Welcher?“ „Ein Rotbrauner. Eines der Alphatiere.“ „Ah... Jacob.“ „Die Wölfe haben Menschennamen?“, verwundert schaute ich Carlisle an. „Naja... Die Wölfe sind gewissermaßen Menschen. Sie sind Gestaltwandler.“, erklärte der, „So, nun aber zurück zu deinem Anliegen. Ich hatte es bisher nicht für möglich gehalten, dass Vampire Kinder bekommen können, wahrscheinlich bist du sogar das Einzigste...“ „Stopp! Tut mir Leid, aber ich will endlich, nach über fünfzig Jahren meine Mutter finden.“, drängelte ich. Carlisle seufzte: „Natürlich. Das verstehe ich. Du hast den größten Teil meiner Familie bereits kennengelernt. Es fehlen nur noch drei: Renesmee, Edwards und Bellas Tochter, ein Halbvampir, die deshalb überhaupt nicht in Frage kommt, außerdem noch Rosalie und Emmett, bei denen ich es sehr wahrscheinlich finde, dass sie deine Eltern sind. Du bist ihnen wie aus dem Gesicht geschnitten. Die beiden befinden sich gerade noch auf der Jagd, müssten aber bald wieder hier eintreffen. Die Tür flog auf und Bella kam herein: „Edward hat mir von deiner Gabe erzählt. Ich bin so froh! Und es tut mir Leid, das mit vorhin.“ Sie umarmte mich. Carlisle schaute Edward, der im Türrahmen stand, streng an: „Hat mein Sohn etwa gelauscht?“ „Ja, in meinem Hirn!“, knurrte ich vergnügt. Wir gingen gemeinsam ins Wohnzimmer. Carlisle stellt sich neben die nette dunkelhaarige Frau die zu mir sagte: „Ich bin Esme. Wie schön, dass du bei uns bist, Florence. Ich habe dir Edwards altes Zimmer eingerichtet.“ Artig bedankte ich mich. „Rose und Emmett werden in genau zehn Minuten da sein. Höchste Zeit dich umzuziehen!“, trällerte Alice. Umziehen? Verwirrt starrte ich an mir herab. Einfaches Shirt und Jeans. Was war daran falsch? Edward lachte, als er meine Gedanken hörte: „Alice hat es längst bei Bella aufgegeben. Du bist ihr neues Opfer!“ Na bravo! Alice ergriff meinen Arm und zog mich die Treppe hinauf in mein neues Zimmer. Ich ließ mich auf ein Sofa fallen, während Alice in einem riesigen Kleiderschrank zu fühlen begann. Ein schwarzes Shirt mit einem Netz in Schmetterlingsform auf dem Rücken flog in meinen Schoß, eine Röhrenjeans hinterher. „Anziehen.“, befahl mir Alice schelmisch. Ich gehorchte. „Gleich ein ganz neues

Lebensgefühl, nicht wahr?“, lächelte sie, während sie mir eine Kette mit einem kleinen blauen Stein als Anhänger umlegte. Ich nickte und zog gleichzeitig schwarze Stiefeletten an. Ich war es nicht gewohnt solchen Luxus zu genießen. Die Wildnis war schließlich nicht wirklich komfortabel. Alice begann meine blonden Haare zu kämmen und schob mir eine Haarnadel mit einem blauen Steinchen an der Spitze hinein. Sie schob mich vor den Spiegel. Wow! Einfach nur... wow! Alice hatte mich wirklich herausgeputzt. „Los, wir gehen wieder runter.“, ich hatte gar keine Zeit zu antworten, denn da waren wir schon im Wohnzimmer. Alice blond gelockter Freund pfiff leise, als er mich ansah. „Du siehst wunderschön aus!“, lächelte Esme. „Ach...“, meinte ich und winkte verlegen ab. Wie gut, dass Vampire nicht rot werden konnten, denn dann hätte ich jetzt einen Tomatenkopf gehabt. „Danke übrigens für das Zimmer, es ist perfekt.“, meinte ich schnell um abzulenken. Ich wandte mich an Edward: „Und wo ist jetzt dein Zimmer?“ „Bella, Renesmee und ich haben eine Hütte im Wald.“ Ich nickte und dann schoss mir mal wieder alles mögliche durch den Kopf. Armer Edward, der das alles mitanhören musste. Plötzlich hatte ich einen Kloß im Hals. Was war, wenn Rosalie und Emmett, also Mum und Dad, mich nicht mochten? „Keine Sorge, sie werden dich lieben.“, sagte Edward und mir wurde warm bei seinem Blick. Esme nahm mich in den Arm, als ob sie wüsste, was er meinte.

„Sie sind da.“, flüsterte Alice und wir hörten die Tür zu fallen und kurz darauf Gelächter. Meine Eltern. Ich krallte meine Finger in Esmes Arm und hoffte, ich würde ihr dabei nicht weh tun. Loszulassen schien unmöglich. ,Halt mich fest’, bat ich stumm. Edward sah mich besorgt an. Ich schaff das, ich schaff das, ich schaff das... wiederholte ich wie ein Mantra immer wieder. Edward ließ sich davon nicht beruhigen. Wahrscheinlich dachte er an meinen Nervenzusammenbruch von vorhin. Wie gut, dass ich unsterblich war. Rosalie und Emmett kamen um die Ecke und ich musste schlucken. Es war meine Mom. Ganz klar. Die Ähnlichkeit war kaum zu übersehen. Und auch die Ähnlichkeit mit Emmett war fatal. Rosalie sah mich an und blieb stehen. Sie sah mich prüfend an, als ob sie sicher gehen wollte, dass es mich überhaupt gab. Emmett bemerkte es nicht. „Oh, wir haben Besuch! Ich bin Emmett!“, er streckte mir seine kräftige Hand entgegen. Ich ignorierte sie und sah ihm stattdessen fest in die Augen und sagte: „Hi, Dad!“ Er runzelte die Stirn, trat einen Schritt zurück. Wahrscheinlich dachte er, ich sei total ballaballa... „Jap.“, sagte Edward kurz angebunden. Na klasse! Mein eigener Vater schickt mich in die Klapse... Edward musste lachen, was er als Hustenanfall zu vertuschen versuchte. Ich rollte mit den Augen. Dad sah Edward an. „Ja, es stimmt. Frag Rose.“ Rosalie konnte ihren Blick nicht von mir abwenden: „Wie hast du mich gefunden?“ „Dein Zettel.“ „Moment mal! Wir haben eine gemeinsame Tochter und ich wusste nichts davon?! Welchen Namen gab Rose dir?“ „Florence. Mein Name ist Florence Cullen.“ „Ich hatte Angst, dass die Volturi dahinter kommen!“, schluchzte Rosalie. „Du musst dir keine Sorgen machen, Mum.“ Bei dem Wort zuckte sie zusammen. „Ich habe eine Gabe, die das alles verhindern kann. Alles.“ Rose sah mich verdutzt an. „Alles, was sie sagt ist oder wird wahr.“, erklärte Carlisle. Esme, Alice und ihr blonder Freund sahen kurz so aus, wie meine Eltern: Überrascht und fassungslos. Mir fiel auf, dass die drei mich eigentlich überhaupt nicht kannten. Die Cullens waren einzigartig. Wie sie mich aufgenommen hatten. Ohne Wenn und Aber. Ich war jetzt einfach ein Teil von ihnen. Rosalie schluchzte auf. Ich hielt das einfach nicht mehr aus und befreite mich aus Esmes Armen und warf mich in Mams. Wir hielten uns gegenseitig fest und stützten uns, um diesen Moment festzuhalten. Ein trockenes Schluchzen kam aus meinem Mund. Vampire können nicht weinen. Zumindest nicht so wie Menschen. Es schnürt einem die Brust zu. Keine Chance zu atmen. Wie gut, dass das für uns eh unnötig war. „Ich wusste gar nicht, dass Rose auch positiv emotional sein kann.“, flüsterte Edward Bella zu. In Gedanken knurrte ich ihn an, was ihn sehr zu amüsieren schien. „Ich habe eine wunderschöne kluge Tochter und du erzählst mir nichts davon!“, Emmett schien völlig fertig zu sein. Ich ging zu ihm und legte meine Hand auf seinen muskulösen Arm. Er sah auf und ich blickte in seine großen Augen, die meinen ähnelten. „Dad, Mum hatte ihre Gründe...“ „Ja, sicher...“, sagte er fad. „Wisst ihr noch, als ich vor ungefähr fünfzig Jahren verschwand? Da habe ich sie in den Wäldern Montanas nach der Geburt zurückgelassen. Ich hatte keine Wahl. Entweder getrennt leben oder zusammen sterben.“, erklärte Mam.
 

„Renesmee und der... Wolf sind da.“, sagte Edward. „Du scheinst dich nicht sehr für deine Tochter zu freuen.“, stellte Esme fest. „Wofür denn? Dass ein... Werwolf auf sie geprägt wurde?!“ „Daddy, sei Jake nicht böse! Er hat es nicht absichtlich getan und das weißt du auch.“, ein Mädchen mit langen rotbraunen Locken erschien in der Tür. Das musste Renesmee sein. Hinter ihr erschien ein Junge, der abscheulich nach nassem Hund stank. „Wie schön dich wiederzusehen, Florence!“, sagte er und lächelte mir zu. Woher kannte der mich. In meinem Kopf ratterte es und machte schließlich ‚klick’. Der Junge war niemand anderes als der rotbraune Leitwolf. „Hi, Jacob.“, Bella begrüßte ihn stürmisch. Unschwer zu erkennen, dass die zwei mal etwas miteinander gehabt hatten. Bizarre Verhältnisse in dieser Familie... „So, und wer ist jetzt deine Mum? Esme?“, dafür fing er sich einen strafenden Blick von Carlisle ein, „Alice oder das blonde Monster?“ „Letzteres“, fauchte ich und ging in Angriffshaltung. Edward hob belustigt die Augenbraue. „Das Knurren hast du eindeutig von Emm... ich meine natürlich von deinem Dad.“, sagte Mensch alias Wolf. „Ich hoffe, das sollte ein Kompliment sein!“, rief Emmett. Ich sprang auf seine Schultern. „Klar, Dad!“, sagte ich und wuschelte ihm durchs Haar. „Ich bin übrigens, Jasper. Ich bin der neueste Vegetarier, mal abgesehen von Bella, in dieser Familie und frage mich die ganze Zeit, wie ein kleines Mädchen wie du, das hinkriegst, mit dem Verzicht auf Menschenblut.“, sagte der blonde Alice-Freund interessiert. Jasper hieß er also. Soso... „Ich kann Menschenblut einfach nicht ab. Ich finde es eklig...“, ich zuckte mit den Schultern. War ja jetzt nichts besonderes... „Doch. Genau das ist es.“, in dieser Familie waren noch nicht mal deine Gedanken sicher. Natürlich hätte ich Onkel Eddi stoppen können... „Warum tust du es dann nicht?“ Feixend sah ich ihn an, wobei ich dachte: ‚Du scheinst ja wirklich scharf darauf zu sein, deine Gabe los zu werden!’ „Ist ja gut!“, sagte Onkel Eddi, „Aber nur, wenn du aufhörst mich heimlich ‚Onkel Eddi’ zu nennen!“ Allgemeines Gelächter war die Folge. „Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.“, lächelte ich scheinheilig. „Du kannst Menschenblut wirklich nicht ausstehen?“, Jasper hakte nach. „Pfui Teufel!“, die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, „Ich weiß echt nicht, was alle nur daran finden. Lieber esse ich Menschenfraß!“ „Ich auch.“, sagte Jake. Ich sah ihn mit schief gelegtem Kopf an: „Wobei... auf so ein Wolfsteak hätte ich wirklich Lust...“ Das gefiel Dad. Onkel Ed... äh... Edward auch. Renesmee ganz und gar nicht. Tja. Augen auf bei der Partnerwahl. „Hab ich ihr auch gesagt.“, lächelte Edward. „Ich hab Durst.“, ich musste irgendwie kurz raus hier. „Ich werde dich begleiten.“, sagte Carlisle und Jasper erhob sich ebenfalls. So liefen wir hinaus in den Wald. „Riechst du das?“, fragte mich Jasper. „Klar, eine riesige Herde Rotwild.“ „Sehr gut!“ „Jasper, ich jage seit über fünfzig Jahren, das ist nicht das erste Mal...“, sagte ich und rollte mit den Augen. „Ich vergaß.“, schmunzelte Jasper. Ich bedeutete ihm leise zu sein und mir zu folgen. Carlisle sah uns belustigt zu. Ich sog die Fährte ein, die der Wind mit sich brachte. Dann rannte ich los, immer der Nase nach. Kurz vor einer Lichtung, auf der die Tiere grasten, hielt ich inne, spannte jeden Muskel an, sprang einem Tier auf den Rücken und schlug meine Zähne in seinen Hals.

„Wirklich lecker!“, sagte ich am Ende zufrieden. Jasper wirkte irgendwie... nun ja, beeindruckt. Carlisle wischte sich den Mund ab, genau wie Liv am Morgen, und plötzlich verspürte ich tiefe Sehnsucht nach ihr. Wir alle waren satt und machten uns auf den Heimweg.

An einem einzigen Tag änderte sich mein Leben schlagartig. Ich hatte eine Familie gefunden, oder besser gesagt meine Familie. Ich war glücklicher als je zuvor. Und trotzdem fehlte, von dem ich nicht wusste, was es war und das wurmte mich gewaltig

Nacht der Geschichten

Als wir ankamen dämmerte es bereits. Edward spielte Klavier, Bella lauschte den Klängen und Jacob leerte den Kühlschrank. Eine entspannte Atmosphäre lag in der Luft. „Lasst uns doch eine Runde pokern!“, schlug Carlisle vor. „Au ja!“, begeistert rannte Alice zu einem Schrank und holte eine Kiste hervor. „Na toll, wir wissen doch eh alle, dass Edward oder Alice gewinnt.“, stöhnte Emmett. „Kommt darauf an, welche Karten sie haben.“, widersprach Esme fröhlich. „Ich könnte alle Gaben für das Spiel ausschalten.“, sagte ich. Das gefiel die Vorstellung sichtlich. Alice und Edward sahen sich an. Dann nickten sie mir zu. „Während dem Spiel verlieren Alice und Edward ihre Gaben.“, sagte ich also. Es kam mir vor wie ein Fluch. „Ganz schön still auf einmal.“, grinste Edward. „Spielst du auch mit, Jacob?“, fragte Jasper, während er mit atemberaubender Geschwindigkeit begann, die Karten auszuteilen. „Nee.“, winkte Jake ab, „Ich geh nach Hause und hau mich ne Runde aufs Ohr.“ Er gähnte. „Dann bis morgen, Schatz.“, säuselte Renesmee. Ganz schöner Zungenbrecher ihr Name. Vielleicht sollte auch ich mir ihren Spitznamen ‚Nessie’ angewöhnen. Jacob schlüpfte zur Tür hinaus. „Ich gehe dann auch mal ins Bett.“, sagte Nessie und als ich sie fragend ansah fügte sie hinzu, „Ich bin nur zur Hälfte Vampir, schon vergessen?“ Ich wandte mich an Jasper: „Ich kann nicht pokern.“ „Keine Sorge. Du hast die Ewigkeit zur Verfügung, um es zu lernen.“, scherzte Alice. „Komm her, wir spielen gemeinsam.“, Rosalie zog mich zu sich heran. „Rose beteiligt sich am Familienleben.“, staunte Edward, „Du scheinst Wunder zu vollbringen, Florence.“

„Und morgen gewittert es also?“, fragte Dad Alice. „Ja. Gegen Nachmittag.“ „Ja und?“, verständnislos sah ich zwischen den beiden hin und her. „Dann gehen wir Baseball spielen!“, freute sich Daddy. „Jetzt wird aber erst einmal gepokert.“, warf Esme ein und setzte sich.

Es war sehr gemütlich so beisammen zu sitzen. Carlisle und Esme, Jasper und Alice, Edward und Bella und natürlich meine Eltern und ich. Meine Eltern... Es war perfekt! Wie hatte ich nur daran zweifeln können, dass sie mich liebten? Laut der anderen war Mam vor meinem Auftauchen unnahbar und ein ziemliches Biest gewesen, das sein Dasein als Vampir verabscheute. Ich schien sie verändert zu haben, denn mir war sie ausschließlich als offen und glücklich bekannt.

Ich versuchte mich ernsthaft an dem Spiel zu beteiligen, doch meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Am Ende gewann Jasper, der auch im wahren Leben ein Pokerface zeigte. Da saßen wir jetzt alle auf dem großen Sofa im Wohnzimmer. Ich auf Dad’s Schoß und hielt Mum’s Hand. Der ‚Fluch’ war bereits wieder von Alice und Edward abgefallen. „Erzähl uns doch was von dir.“, schlug Alice vor. „Ach... Ich habe bisher noch nichts spannendes erlebt...“, winkte ich ab. „Ich bin sicher es wäre interessant für uns.“, lächelte Esme mir aufmunternd zu. „Nun gut.“, begann ich, „Ich könnte euch etwas von Liv erzählen.“ „Die, die du verwandelt hast?“, fragte Bella. „Ja, genau.“ „Na sicher. Nur zu!“ „Jeden Abend zog ich mich auf die höchsten Bäume des Waldes zurück, um die Sterne in der Nacht und den Sonnenaufgang am nächsten Morgen zu beobachten. So saß ich also, wie immer, auch an jenem Abend, an dem Liv in mein Leben trat, dort oben. Plötzlich hörte ich unter mir es im Gebüsch rascheln und ich witterte andere Vampire. Und so war es auch. In der Hoffnung, Hinweise auf meine Herkunft zu bekommen, sprang ich ihnen genau vor die Füße. Sie waren gerade auf der Jagd. Ich schaffte es ihnen einzureden für einen Moment stehenzubleiben. Dabei sah ich ihnen in die Augen und begriff, dass es kein Tier war, welches sie verfolgten. Um die Person zu schützen, wies ich sie darauf hin, dass sie sich in meinem Revier befanden und bat sie umzukehren. Doch einer von ihnen war ein Tracker. James hieß er, soweit ich mich erinnern kann, und er sah nicht ein genau das zu tun. Seine Gefährten, eine rothaarige Frau und ein dunkler Mann mit Rastalocken, redeten auf ihn ein und versprachen mir mit ihm zu verschwinden...“ „Moment mal.“, unterbrach Bella mich, „Du kanntest James, Victoria und Laurent?“ „Ja, ganz genau so hießen die drei! Sind sie hier in der Gegend? Ich würde mich freuen, sie wiederzusehen.“ „Schatz, alle drei haben versucht Bella zu töten, als sie noch ein Mensch war. Wie du weißt war James ein Tracker und wir mussten ihn deshalb vernichten... Er war der Gefährte von Victoria, die deshalb seinen Tod an Bella rächen wollte und so fiel auch sie in einem Kampf gegen Edward. Und Laurent hatte Victoria als eine Art Spion eingesetzt, um Bella zu finden. Die Wölfe haben ihn erledigt, als er kurz davor war Bella, als sie allein war, umzubringen, angeblich um sie vor Victoria zu schützen, die sie foltern wollte.“, erklärte mir Mum. „Oh... ich... tut mir wirklich Leid...“, stammelte ich. „Ist schon gut, du konntest ja nicht wissen, was passiert ist.“, meinte Carlisle, „Aber nun, erzähl weiter.“ „Nachdem die drei also verschwunden waren, machte ich mich auf die Suche nach dem Menschen, welcher wie sich dann herausstellte Liv war. Sie war völlig verängstigt, als ich sie, im Schutze eines verlassenen Fuchsbaus, fand. Ich sprach sie vorsichtig an. Wir unterhielten uns eine Weile und langsam taute sie auf. So erzählte sie mir, dass sie ein Waisenkind war, das aus einem Heim ausgerissen war. Sie fragte mich, was ich hier so alleine tat. Also erzählte ich ihr, dass ich als Baby ausgesetzt worden war und damit im Prinzip auch als Waise durchgehen konnte.“ Mum packte meine Hand fester. Ich überging das und erzählte weiter: „Sie fragte mich, ob ich etwas zu hätte. Ich verneinte, denn ich hätte dem armen Mädchen wohl schlecht den Kadaver des Rehs, das mein Mittagessen gewesen war, vorlegen können und überlegte fieberhaft, was Menschen aßen. Denn mir war klar, dass sie nachfragen würde, wovon ich mich ernährte und meine Antwort hätte wohl schlecht ‚Tierblut’ sein können. Und genau das tat sie auch. Ich erzählte ihr also, dass ich Beeren sammelte und manchmal Wild in Fallen lockte. Das schien ihr zu gefallen und fragte, ob sie mir nicht Gesellschaft leisten könne. Ich bejahte, da ich mich freute, von nun an nicht mehr allein sein zu müssen. Ich jagte von da an immer weit weg und nur noch des nachts, wenn Liv schlief. Eine Weile ging das gut, doch eines Nachts stürmte es so stark, dass sie aufwachte und mein leeres Bett bemerkte. Selbstverständlich hatte ich abends immer vorgegeben einzuschlafen. Ich lag also nicht neben ihr und so machte sie sich große Sorgen und stand auf, um mich zu suchen. Ich kam gerade zurück, roch sie aber und versteckte mich, als ich plötzlich noch etwas anderes roch. Ein Puma hatte sich angeschlichen und ich wusste, dass er Liv, die zitternd und schlapp vorwärtsschnaufte, haben wollte. Bevor ich ihn abfangen konnte, machte er einen Satz. Ich reflexartig auch. Wir prallten direkt über Liv zusammen und landeten nur wenige Zentimeter neben ihr. Ich rammte dem Tier meine Zähne in den Hals und saugte, bis es tot war und damit keine Gefahr mehr für Liv darstellen konnte. Die stand mit weit aufgerissenen Augen daneben und versuchte zu begreifen, was sie gerade gesehen hatte. Sie schlotterte so sehr, dass ich beschloss, sie erst einmal in unsere Hütte zu bringen. Dort wickelte ich sie in alle Decken ein, die ich hatte auftreiben können. Die gesamte Zeit über sprach sie kein Wort, sondern starrte mich an. Als sie einschlief überlegte ich, was ich tun sollte. Ob ich weglaufen sollte? Doch ich konnte sie hier auf gar keinen Fall schutzlos zurücklassen... Ich entschied mich also abzuwarten. Vielleicht glaubte sie ja, dass sie alles nur geträumt hatte. Als sie also am nächsten Tag erwachte sah sie mir fest in die Augen und sagte: ‚Ich will so sein wie du!’ Ich war perplex, schließlich hatte ich damit gerechnet, dass sie schreiend davon laufen würde. Also antwortete ich irritiert: ‚Was?!’ ‚Ich möchte so sein, wie du. Ein Vampir.’ Sie wusste also was ich war. Ich konnte es nicht leugnen. ‚Du willst ein Monster sein? Eine blutsaugende Bestie’ Ich weigerte mich sie zu verwandeln. Sie antwortete mit einem klaren und festen ‚Ja’. Das konnte doch nicht ihr ernst sein. Doch eines Tages kam Liv der Zufall zu Hilfe: Sie fiel von einem Baum und verletzte sich so schwer, dass es keine Hoffnung gab, dass sie überleben würde. Also erfüllte ich ihr ihren Wunsch. Als ihre Verwandlung abgeschlossen war, war sie überglücklich. Sie verabscheut Menschenblut, genau wie ich, sodass wir gemeinsam auf die Jagd gingen. Wir entdeckten unsere Gaben. Meine kennt ihr ja schon... Aber Livs ist, dass sie in Gedanken mit Tieren kommunizieren kann. Sie hatte schon immer, auch als Mensch, einen ungewöhnlichen Draht zu Tieren und die Jagd ist für sie, auch als Vampir, abscheulich. Wir gingen also so selten, wie möglich los. Ich passte mich außerdem ihrem ewigen Alter an und sie half mir eine Spur zu meiner Herkunft zu finden.“ Es war still im Raum.

Sie alle hatten Liv’s Geschichte, und somit auch meiner, eine Nacht lang gelauscht. Tatsächlich ging gerade die Sonne auf. Was für ein Funkeln im Raum, als sie ihre Strahlen durch das Fenster schickte. In Edward’s Kopf musste ein Höllenlärm herrschen. Niemand wagte es, die Stille zu durchbrechen. Schließlich war es Jacob, der die Tür öffnete und uns allen lauthals einen guten Morgen wünschte. „Meditiert ihr jetzt des Nachts?“, fragte er belustigt, als er einen Blick ins Wohnzimmer warf. „Florence hat uns eine Geschichte aus ihrem Leben erzählt.“, erklärte Carlisle. „Tja... Irgendwas muss man ja schließlich tun, wenn man nicht schläft.“, meinte Jake achselzuckend. Grrr... „Wer hat den Hund von der Leine gelassen?“, fragte ich also. Dachte er etwa, dass ich die gesamte Nacht irgendein Märchen mit pinken Prinzessinen erzählt hatte, nur weil uns nicht besseres einfiel? Dad lachte über meine Worte. Aha, er mochte das Fellknäuel also auch nicht besonders... „Ja, in der Tat. Außerdem ist er ein gewaltiger Kindskopf, wenn man mal von seiner kämpferischen Natur absieht.“, sagte Edward. Na das konnte ja witzig werden... „Heute Nachmittag gehen wir endlich wieder Baseball spielen.“, unterbrach Dad meine Gedanken und man konnte die Begeisterung richtig heraushören. „Diesmal mit mir auf dem Feld.“, grinste Bella. Die anderen lachten. „Beim letzten Mal war sie noch ein Mensch und durfte Esme beim Schiedsrichten assistieren.“, erklärte mir Rosalie. „Wobei wir eigentlich überhaupt keine Schiedsrichter bräuchten.“, warf Jasper ein. „Doch.“, meinte Esme. „Sie glaubt, dass wir schummeln...“, erklärte Jasper. „Ich weiß, dass ihr schummelt.“, lachte Esme. „Dieser Dialog kommt mir vage bekannt vor.“, sagte Alice. „Ja, vom letzten Mal.“, meinte Dad. Interessant, interessant. Baseball also. Klang vielversprechend. „Das wird klasse!“, Dad war so begeistert, da wurde mir klar, dass er der geborene Baseballer war. Wobei... eigentlich war er ja eher der gebissene Baseballer. „Der war gut!“, lachte Edward. „Schön, dass du dich amüsierst.“, grinste ich frech und pustete mir eine vorwitzige Haarsträhne auf dem Gesicht.

Das Baseballspiel

Am Nachmittag fuhren wir im Baseballdress zum Feld. Pünktlich begann es zu gewittern. „Es kann losgehen!“, rief Alice. Renesmee war bei ihrem Schoßhündchen geblieben. Alice, Carlisle, Dad und Bella waren das eine und Jasper, Edward, Mam und ich das andere Team. „Und los!“, rief Schiedsrichterin Esme. Alice warf den Ball Edward entgegen, welcher den Schläger beim schlagen fast zertrümmerte. Edward rannte los. Dad auch. Wie ein Hund rannte er dem Ball hinterher. „Homerun!“, riefen Jasper und ich begeistert, als Edward die letzte Base überquert hatte. Gerade in diesem Moment hatte Emmett den Ball zurück zu Alice geworfen. Nicht viel hatte gefehlt und Edward wäre out gewesen. Nun war ich dran mit ‚Ball-verprügeln’. Alice warf den Ball. Ich schmetterte den Schläger mit voller Wucht gegen ihn, ließ ihn fallen und rannte los, als wäre der Teufel hinter mir her. Erste Base, zweite Base, dritte Base. „Weiter! Du schaffst ein Homerun!“, rief Jasper. Vierte Base. „Yeeha!“, rief ich. Bereits die Hälfte unseres Teams war mit einem Homerun durchgekommen. „Wir sagen dir, wenn du weiter laufen kannst.“, sagte Jasper zu Mom, als er ihr den Schläger reichte. Doch die achtete nur noch auf Alice. Ball, Schläger, rennen. „Stopp!“, riefen wir lauthals, als Mam in die Nähe der dritten Base kam. Bella hatte nämlich den Ball ergriffen und zu Alice geworfen. Reflexartig blieb Mum stehen. „Die alte Rosalie wäre weiter gelaufen.“, flüsterte Edward Esme zu. Er dachte ich würde sie nicht hören, aber wie alle anderen Vampire verfügte ich über ein hervorragendes Gehör. Esme nickte, lächelte und antwortete schließlich: „Es ist gut, dass Florence aufgetaucht ist. Die Überheblichkeit war nur eine Maske hinter der Rose um Florence trauerte.“ Esme blickte zu mir und lächelte mich an. Ich erwiderte den Blick und lenkte meine Aufmerksamkeit auf Jasper, der mit voller Wucht den Ball in die Bäume schoss. Er rannte los. Von null auf hundert. Mam übersprang gerade die letzte Base und landete genau in meinen Armen. Ich umarmte sie. Sie beugte sich zu mir hinunter, um die Umarmung zu erwidern. Ich grub meine Nase in ihr volles seidiges Haar. „Ich lasse dich nie wieder los, Mommy!“, wisperte ich in ihr Ohr. „Ich hab dich lieb, Schatz.“, kam es als Antwort. Ich weiß nicht, wie lange wir so dastanden, aber irgendwann räusperte sich Edward. „Schrei doch nicht so, Rose!“, rügte er Mam. „Pfff...“, machte ich. Nur weil meine Mum in Gedanken ihre Freude ausdrückte, musste er gleich wieder die Stimmung zerstören. Ich sah Jasper an. „Homerun.“, grinste der. „Klasse!“, freute ich mich, „Na dann los aufs Feld. Komm schon Mam!“ Jaja, die Liebe, dachte ich, als meine Eltern begannen, sich zu küssen. Ich schleifte Mom also an der Hand mit ins Viereck. Jasper war gleichzeitig unser Catcher, wie auch unser Pitcher. Er warf Carlisle den Ball zu. Der erledigte alles in Lichtgeschwindigkeit. Mom rannte dem Ball hinterher, genau wie auch Edward. Ich dachte schon Carlisle würde ein Homerun hinlegen, doch er blieb auf der dritten Base stehen. „Edward ist so schnell, dass bei ihm keiner auch nur an ein Homerun denkt.“, erklärte mir Jasper. Doch wir warteten und warteten. Carlisle dachte nicht daran, die Runde fertig zu laufen. So langsam wurde ich unruhig, und ich sah, dass es den anderen genauso ging. „Stopp! Da ist jemand... Hier. Ganz in der Nähe. Ich kann sie nicht genau erkennen. Sie sind in dunkle Umhänge gehüllt...“, sagte Alice. „Wo?“, schrie ich ihr die Frage zu. Die anderen hatten sich um uns geschart. „Lasst uns in die Richtung laufen, in die die beiden verschwunden sind.“, schlug Jasper vor. Wir rannten alle los. „Dad!“, schrie ich. „Keine Angst, wir finden sie.“, kam die Antwort. „Ja, aber wie werden wir sie vorfinden?“, fragte ich panisch. „Mach dir keine Sorgen.“ „Tu ich aber. Und du auch, geb es doch zu!“ „Ja, aber wir müssen jetzt stark sein und die Nerven behalten.“, Dad wandte seinen Blick auf den Boden. Ich versuchte es zu probieren. „Da sind sie!“, rief Esme. Tatsächlich. Sie beide lagen zwischen den Wurzeln eines Baumes. „Sind sie... tot?“, fragte Alice leise, während Carlisle begann, sie zu untersuchen. Bella und ich standen stocksteif nebeneinander. Dad biss die Zähne zusammen und versuchte tapfer zu sein. „Nein. Noch nicht. Aber seht her: Die Vampire müssen ihnen ihr Gift injiziert haben. Vampirgift ist für uns tödlich.“, Carlisle hob Edwards Hand hoch, an der ein riesiger Riss klaffte. „Was können wir tun?“, schrie Bella entsetzt. „Ich weiß es nicht.“, gab Carlisle niedergeschlagen zu. „Das Gift muss raus!“, grollte Emmett. Doch nicht so tapfer, wie er tat. „Aber wie?“, Carlisle war richtig verzweifelt. Wenn er sie als Arzt mit jahrhundertelanger Erfahrung schon aufgegeben hatte... Konnten wir wirklich nichts für sie tun? Ich konnte Mam doch nicht einfach so gehen lassen... Ich hatte sie doch gerade erst gefunden! Ich begann zu schluchzen und warf mich an Dad. Er strich mir mit seiner zitternden Hand über den Rücken. „Vielleicht, wie Edward es damals bei mir gemacht hat, heraussaugen.“, schlug Bella vor. Ich sah auf. Gab es vielleicht doch noch Hoffnung? „Theoretisch würde das funktionieren. Aber das Gift hat ihre Haut verhärtet. Da kommt man unmöglich durch.“, winkte Carlisle niedergeschlagen ab. „Ich würde es trotzdem gerne versuchen.“, flüsterte ich matt, „Vielleicht sind meine Zähne doppelt so stark wie eure... Schließlich bin ich ja ein ‚Doppelvampir’.“ „Wir haben nichts zu verlieren.“, sagte Carlisle und machte mir Platz. Es musste einfach klappen! Ich hockte mich neben Carlisle, der mir Edward’s Hand mit der halbmondförmigen Wunde hinhielt. Ich grub meine Zähne hinein. Es funktionierte tatsächlich! Ich begann zu saugen. Zu saugen und zu spucken. Das Zeug durfte schließlich nicht in meinen Körper gelangen, sonst wäre es mir wie Mum und Edward ergangen. Saugen, spucken, saugen, spucken... Als ich Edward’s Körper gereinigt hatte, entzog mir Carlisle sanft seine Hand und schob mich vorsichtig zu Rosalie. Am Hals prangte der Riss. Ich versenkte meine Zähne und begann die Tortour von neuem. Als ich endlich fertig war, schickte Carlisle mich zu einem kleinen Bach in der Nähe, damit ich mir meinen Mund ausspülen konnte. Ich ging, denn ich wollte mich ja nicht vergiften. Ich kniete mich nieder und begann mit dem kühlen Nass meinen Mundraum großzügig auszuwaschen.

Als ich zu den anderen zurückkam, schlugen Mam und Edward gerade ihre Augen auf. „Edward!“, rief Bella und presste ihre Lippen auf seine. „Mam, ich hatte solche Angst um dich!“, ich fiel ihr gemeinsam mit Emmett um den Hals.

In Denali

Zurück im Haus wurde den beiden kalt, also besorgten wir Decken, in die wir sie auch gleich einwickelten. „Gleich wird euch warm.“, versprach ich ihnen. „Dad!“, Renesmee’s Aufschrei hallte durch das gesamte Haus, als sie den völlig fertigen Edward sah, „Was ist passiert?!“ „Sie wurden mitten im Baseballspiel überfallen.“, sagte Jasper duster. „Florence hat Rose und deinem Dad das Gift der Angreifer aussaugen können.“, stolz lächelte Esme mich an. „Aha. Florence also.“, sie konnte mich garantiert nicht leiden. Und wennschon, ein kleines Dankeschln wäre ja wohl angebracht gewesen, schließlich hatte ich gerade ihren Vater gerettet... Missbilligend musterte ich sie. Was bitte hatte ich ihr getan? Okay, ich legte mich gerne mit ihrem Freund an. Aber das war nicht ihr, sondern Jacob’s Problem. Wenn man hier überhaupt von einem Problem reden konnte... Sie wandte sich ab und wollte gerade aus der Tür rauschen, als ich sie nochmal rief: „Nessie, ich wollte dir noch etwas sagen.“ „Ach ja? Was denn?“ „Morgen gibt’s bei Fressnapf fünfzig Prozent Rabatt für Hundebesitzer.“ „Wie schön. Ach ja, Flo: Morgen öffnet ein neues Barbiegeschäft.“ „Armselig, meine Liebe! Da musst du dir schon etwas Besseres ausdenken!“ Wusch! Renesmee hatte die Tür zugeknallt. Aus dem Wohnzimmer hörte ich lautes Gelächter. „Fressnapf!“, japste Dad zwischen zwei Lachsalven. Als sich alle beruhigt hatten, schauten sich Bella und Edward ernst an. „Ich weiß nicht, was sie gegen dich hat.“ „Hat sie etwas gegen Mom oder Daddy?“, fragte ich. „Nein. Nicht das ich wüsste. Sie war als Kind häufig mit Rose zusammen. Rosalie hatte sich immer ein Kind gewünscht und hatte in ihr so etwas, wie einen Ersatz gefunden. Natürlich weiß ich, dass es für das eigene Kind keinen Ersatz geben kann, aber Renesmee war halt so-etwas-wie. Auf jeden Fall kümmerte sich Rose rührend um sie, ebenso wie um mich während der Schwangerschaft. Und gegen Emmett hat Renesmee eigentlich auch nichts...“ „Vielleicht habe ich etwas falsch gemacht...“ Niedergeschlagen setzte ich mich einfach in den Flur. Esme kam und half mir auf. „Nimm’s nicht schwer, Liebes. Komm zu uns. Freu dich, du bist die Heldin des Tages.“ „Ach Blödsinn...“, murmelte ich, aber innerlich freute ich mich. „Was genau ist denn heute eigentlich passiert?“, wollte Carlisle wissen. „Wir machten ein Rennen draum, wer den Ball fangen würde. Wir sprangen gleichzeitig ab und prallten in einander. Eine Zeit lang lagen wir lachend auf dem Waldboden und bemerkten die drei Fremden erst, als sie direkt vor uns standen. Ich drängte Rose zurück und hielt meine Hände vor uns, als Abwehr. Doch einer von ihnen biss sofort hinein und ich fiel benommen zu Boden. Ich sah noch, wie Rose wie eine Kampfmaschine kämpfte. Letztendlich hatte sie allein keine Chance.“, erzählte Edward schlapp. Mum nickte zustimmend. „Wer sollte so etwas tun?“, fragte Bella. „Vielleicht die Volturi.“, schlug Jasper vor. „Ich glaube nicht, dass es die Volturi sind. Ich überprüfe regelmäßig ihre Entscheidungen. Sicherhaltshalber.“, winkte Alice ruhig ab. Carlisle’s Handy klingelte. „Die Denalis.“, sagte er zu uns und nahm ab, „Hallo Kate. Was?! Okay, hör mir zu: Schnürt das gebissene Körperteil ab, damit sich das Gift nicht so schnell im Körper verteilt. Wir sind sofort bei euch.“ „Was ist passiert?“, fragte Alice. „Tanya wurde ebenfalls angegriffen. Wir müssen sofort nach Denali. Florence muss ihr das Gift aussaugen. Bella, Esme und Emmett ihr bleibt hier und passt auf Edward und Rosalie auf. Jasper und Alice kommen mit Florence und mir.“, diese Anweisungen gab Carlisle, während er geschäftig hin und her lief, um den nötigen Kram zusammenzusuchen. Alice, Jasper und ich rannten zum Auto. Emmett kam mit, um uns zu verabschieden. Da kam Carlisle auch schon. Er warf seine Arzttasche in den Kofferraum und setzte sich auf den Fahrersitz. Er startete den Motor. „Pass gut auf Mam auf!“, rief ich Dad noch zu. Dann zog ich meinen Kopf durchs Fenster zurück. „Wer sind die Denalis?“, fragte ich. „Ein befreundeter Clan, der in Alaska lebt. Sie sind genau wie wir Vegetarier. Das was bei uns Carlisle ist, ist bei ihnen Tanya.“, erklärte Alice. „Und der soll ich helfen?“ „Ja, genau.“ Ich überlegte: „Wären wir nicht zu Fuß viel schneller?“ „Nein, denn man schafft den Weg nicht ohne mindestens zweimal zu jagen, was einen erheblich viel Zeit kostet und einen außerdem von der Route abbringt.“, erwiderte Jasper. Soso... Wir fuhren eine Weile so dahin. Die Landschaft wurde grauer und kälter, bis wir schließlich in tiefes Schneegestöber getaucht wurden. „Willkommen in Alaska!“, murmelte Alice. Carlisle’s Handy bimmelte: „Ja? Hmm... Bringt sie nach draußen und sie sollen ein wenig... zusammenrücken, aber das wird ihnen ja nicht schwer fallen. Sehr schön. Ja, wir sind fast da. Alles okay. Bis später!“ Er legte auf und seufzte. „Was ist passiert?“, fragte Jasper besorgt. „Jetzt schwitzen beide, obwohl sich ihre Körpertemperatur nicht verändert hat.“, berichtet Carlisle. „Seltsam.“, murmelte ich. „Du sagst es!“ „Aber... wenn Menschen Fieber haben und Schüttelfrost bekommen, ist das dann nicht so ähnlich?“, überlegte ich. „Interessante Theorie. Ich werde darüber nachdenken. Aber jetzt sind wir da. Sieh nur, in dem Holzhaus wohnen sie. Wir müssen uns beeilen, los!“, rief Carlisle. Er schnappte sich seine Arzttasche und wir rasten zur Tür, in der eine blonde Frau bereits auf uns wartete. „Carlisle. Endlich. Kommt rein!“, sie führte uns in einen großen Raum. Alles sehr idyllisch. „Wir sind so schnell gekommen, wie wir konnten, Kate.“, sagte Carlisle und sah auf den Boden, auf dem die gebissene Vampirfrau lag. Tanya. Sie hatte dieselbe Haarfarbe, wie Kate, doch im gegensatz zu Kate’s Spaghettihaaren, waren ihre wild gelockt. Ich sah den Riss auf Tanya’s Stirn. Genau in der Mitte prangte er unübersehbar. Ich kniete mich neben Carlisle. „Fang an!“, sagte er und balancierte auf seinen Oberschenkeln eine Schüssel, in die ich das Gift spucken sollte. Interessiert und auch ängstlich beobachteten zwei Frauen und ein Mann die Szene. Ich atmete noch einmal tief durch und dann begann ich das Gift aus Tanya herauszusaugen. Abscheulich, aber ich musste es durchziehen. Wie froh ich doch war, als Carlisle mir bedeutete auszuhören. Er gab mir Desinfektionsmittel zum durchspülen. Das schmeckte fast noch ekliger, als das Gift, aber es reinigte meinen Mund. Carlisle füllte das Gift derweil in eine Flasche ab. Wahrscheinlich wollte er es daheim noch untersuchen... Tanya schlug die Augen auf. „Oh, Tanya!“, rief Kate und schlang ihre Arme um Tanya. Der Mann aber starrte mich durchdringend an. „Was hat er?“, fragte ich Carlisle. „Eleazar weiß von jedem die Gabe, sofern er eine hat. Offenbar ist er sehr angetan von deiner Fähigkeit.“, flüsterte er zurück. „Verblüffend!“, meinte Eleazar. „Wer bist du?“, fragte mich Kate. Ich öffnete den Mund und wollte gerade antworten, doch Carlisle kam mir zuvor: „Das ist Florence, Rosalie’s und Emmett’s leibliche Tochter. Sie ist vor kurzem erst zu uns gestoßen. Sie wurde geboren und nicht gebissen und wie du sehen kannst, trinkt sie kein Menschenblut.“ So beseitigte er die Angst vor mir. Vorerst. „Du hast eine beeindruckende Gabe, mein Kind. So etwas ist mir bisher noch nie untergekommen.“, Eleazar blickte mir tief in die Augen, „Alles was du sagst ist oder wird also wahr...“ „Ja.“, bestätigte ich. Schweigen. Warum war ich auf einmal nur so nervös? Das war ja kaum auszuhalten. Es kribbelte überall. Alle sahen mich mit aufgerissenen Augen an. Ganz ruhig, Florence, sie werden dir schon nicht den Kopf abreißen..., versuchte ich mich selber zu beruhigen. Was schauen die mich nur so an? Ich blickte an mir herab. Ich trug immer noch, genau wie Jasper, Alice und Carlisle, meine Baseballklamotten. Ansonsten sah ich tadellos aus. Ein bisschen dreckig und nass vielleicht. Und meine Haare waren leicht wirr. Aber sonst... „Wie gut, dass du deine Gabe hast. Ansonsten wäre es sehr gefährlich für dich. Um nicht zu sagen tödlich.“, meinte Eleazar. „Ja, Glück gehabt.“, lächelte ich matt. „Du darfst die Volturi nicht unterschätzen, Mädchen!“, sagte er bedrohlich. „Und du darfst Florence nicht unterschätzen...“, warf Carlisle ein und zwinkerte mir zu. Ich nickte. Mein Blick fiel wieder auf Tanya. Carlisle packte neben ihr sein Arztasche zusammen. „Wir müssen zurück. Ich sollte nach Rosalie und Edward sehen.“ Eine weitere Frau nickte verständlich: „ Natürlich, Carlisle. Entrichtet allen bitte die besten Grüße.“ „Selbstverständlich, Carmen.“ Carmen schenkte mir freundlich zu. Ich erwiederte es. Alice und Jasper gingen bereits in Richtung Tür. „Auf Wiedersehen!“, verabschiedete sich Carlisle. Doch keiner der Denalis beachtete uns. Alle hatten ihre Aufmerksamkeit auf Tanya gerichtet. Also entfernten wir uns leise. „Vielen Dank, Florence.“, flüsterte Tanya mir zu. Ich neigte meinen Kopf ein Stück und lächelte: „Gute Besserung!“ Dann gingen wir allesamt zum Auto, mit dem wir dann nach Hause fahren.

Verwandlung

Dort wurden wir stürmisch empfangen. „Wie schön, euch wieder hier zu wissen.“, sagte Esme. Ich stürmte an ihr vorbei zu Mam. Sie schlief. Äh...was?! Sie schlief?! Mein Blick fiel auf Edward. Er schlief ebenso. Ich hörte ihre Herzen schlagen, erblickte ihre rosigen Wangen und spürte ihren regelmäßigen Atem. „Wie? Wo? Was? Ich... verstehe nicht...“, stammelte ich. „ Sie haben sich zurück verwandelt. Sie sind wieder Menschen.“, flüsterte Bella mit brüchiger Stimme. Meine Augen wurden groß. Meine Mum alterte. Das durfte nicht sein. Sie würde alt werden und sterben. Das konnte nicht sein! „Tu was, Florence!“, Dad war richtig verweifelt. „Wie?“, fragte ich. Ungläubig starrten mich alle an. Als wäre ich das Unwahrscheinlichste, was sie jemals gesehen hatten. Sowas, wie ein Alien. So langsam begriff ich: „Ihr meint meine Gabe, oder? Da muss ich euch leider enttäuschen. Sie funktioniert nur bei Vampiren.“ Bella entstieß ein Wimmern und vergrub ihren Kopf zwischen den Knien. „Warum verwandelt man sie nicht zurück?“, fragte Jasper. „Ja, beeil dich Carlisle!“ in Bella keimte ein kleiner Hoffnungschimmer auf. „Ich weiß nicht, ob sie auf mein Gift noch reagieren.“, sein Blick fiel auf mich. „Warum ich?“, fragte ich perplex. „Du dürstest nicht nach ihrem Blut und kannst leichter ablassen. Ich möchte kein Risiko eingehen, jetzt wo wir dich haben. Man muss das Glück ja schließlich nicht überstrapazieren.“ Das versprach ekelig zu werden.

Carlisle nahm nach Blutproben von Edward und Rosalie, um sie zu untersuchen. Schließlich gab er sein okay. Wir hatten die Beiden auf Liegen in die Bibliothek, die als Krankenzimmer umgeräumt wurde, gelegt. Sie schliefen noch immer. „ Wo“, fragte ich tonlos. Carlisle desinfizierte eine Stelle zwischen Hals und Brust. Bei Beiden. Beiden sollte ich Gift in den Blutkreislauf spritzen. Ich musste würgen. Esme stellt sich neben mich. Ich packte ihre Hand und sie strich mir beruhigend über den Rücken. „Atme tief durch.“, riet sie mir. Carlisle stellte die Liegen tiefer und rollte einen Hocker daneben. Jetzt ging es los. Ich sah Esme tief in die Augen und warf ihr einen hilflosen Blick zu. „Ich bleibe bei dir.“, versprach sie mir. Carlisle bedeutete mir anzufangen. Ich tauschte noch einen Blick mit Alice und Jasper, die in der Tür standen. Bella saß neben Edward und Daddy neben Mum. Ich ging zu Edward und zog Esme hinter mir her. Ich brauchte sie jetzt. Wie ein Ertrinkender seinen Rettungsring. Ich setzte mich auf den Hocker, schloss die Augen, legte meine Hände um Edwards warmen Körper, wie Schraubstöcke und legte meine Lippen auf seine Haut, die nach Desinfektionsmittel roch. Noch einmal tief durchgeatmet und dann biss ich zu und spritzte mein Gift in die Wunde. Er hatte Augen und Mund weit aufgerissen und sein Körper wand sich vor Schmerzen meines Giftes. Er tat mir so Leid. Zweimal im Leben diese höllischen Schmerzen ertragen. Ich hatte sie nie ertragen müssen, schließlich war ich bereits als Unsterbliche geboren worden. Schon wieder eine Ungerechtigkeit zu meinem Gunsten...

Ich hielt es kaum aus, wie sich Edwards Brustkorb bog. Nur Esmes Hand auf meinem Rücken hielt mich davon ab, alles abzubrechen. Bitte sag, dass ich ihm genug Gift gespritzt habe!, bat ich Carlisle stumm. Das alles schien eine Ewigkeit zu brauchen. Einzelne Blutstropfen klebten an meiner Zunge. Igitt! Konzentrier dich, beschwor ich mich selbst. An Edwards Mimik hatte sich rein gar nichts geändert und dieser Ausdruck von Qual berührte mich zutiefst. „Es reicht. Du darfst aufhören.“, sagte Carlisle. Endlich! Erleichtert löste ich meine Hände und Mund von Edward. Der lag jetzt reglos mit offenen Augen da, die ins Leere starrten. Schnell fuhr ich mit der Zunge über meine Bissspuren, um die Wunde zu versiegeln. „Gib mir eine Pause!“, stöhnte ich, „Und irgendwas zum Ausspülen. Ich hab sein Blut in den Mund bekommen.“ „Alice, hol doch bitte ein Glas Wasser.“, sagte Carlisle. Wasser klang okay. Es war jedenfalls tausendmal besser, als menschliches Blut. „Einwandfrei.“, lobte mich Jasper. „Es hat sich grausam angefühlt.“, seufzte ich und hielt mir den Kopf. Das ist das verrückte am Vampirsein: Du fühlst dich die ganze Zeit über körperlich fit, aber psychisch fühlst du dich einfach nur kaputt und müde.

Da kam Alice auch schon mit dem Becher angesaust. „Hier.“, sie reichte ihn mir und ich trank gierig. „Deine Augen sind kohlrabenschwarz.“, stellte Esme besorgt fest, „Du solltest erst einmal jagen gehen, bevor du mit Rosalie fortfährst.“ „Aber...“ Carlisle schnitt mir das Wort ab: „Sieh zu, dass du zu Kräften kommst - innerlich natürlich – und geh hinaus auf die Jagd.“ Alle nickten zustimmend. Alice streckte mir ihre Hand hin und ergeben ergriff ich sie. Gemeinsam liefen wir in den Wald. Ohne großen Appetit fing ich zwei Rehe und saugte sie aus. Alice sah mir besorgt zu. „Wann wird Edward zu sich kommen?“, fragte ich. „In ungefähr zwei Tagen.“ „Und Mom?“ „Auch.“ Ich seufzte. Alice musterte mich wieder. Warum nur? „Können wir?“, fragte ich gereizt. Sie nickte und wir rannten los. Erst durch den Wald und sprangen über den Fluss, der quer über das Grundstück verlief. Als wir in der Bibliothek ankamen, überprüfte Carlisle gerade die Herzfrequenz von Edward und notierte sich darauf etwas. „Wozu tust du das?“, wollte Bella wissen. „Ich versuche so viel wie möglich über das Verwandlungsstadium herauszufinden.“, erklärte Carlisle ihr. „Ich... habe dir damals etwas verschwiegen, Carlisle. Ich erzählte dir nicht, was ich sah, während in mir die Hölle tobte. An meinem inneren Auge zogen Ereignisse aus meinem früheren Leben vorbei.“, erzählte, „Ich spürte genau, wo mein Körper das Gift empfing. Immer dort brannte das Feuer am schlimmsten. Es war die ganze Zeit über so, als würde mich etwas nach unten drücken.“ Carlisle notierte sich alles. „Arme Mum. Armer Edward.“, wisperte ich zaghaft. Ich tat ihnen die grausamsten aller Schmerzen an. Was war ich nur für ein Biest?! „Lasst uns fortfahren.“, sagte Carlisle und deutete auf Rosalie. Ich schluckte. Automatisch tastete ich nach Esme. Meinem Pfeiler in der Brandung. Ich schloss die Augen und tastete nach Mom. Wie zerbrechlich sie doch war. „Ich kannes auch machen.“, bot Esme an, doch ich schüttelte nur stumm den Kopf. Wenn ich sie biss, würde sie Menschenblut verabscheuen und musste keine Schmerzen, wenn sie durstig war, erleiden. Ich legte meine Finger an meine Schläfen, um positive Gedanken zu bekommen. „Was ist denn hier los?“, ertönte Renesmees glockenhelle Stimme. Ihr Blick fiel auf Edward: „Dad schläft? Sein Herz schlägt? Er atmet?“ „Beruhige dich, Süße.“, sagte Bella, „Er verwandelt sich gerade wieder zurück. Florence hat ihn gebissen.“ Florence, die Giftspritze, dachte ich. Himmelherrgott! Carlisle wurde unruhig: „Sie wacht gleich auf. Bitte fang an, Florence.“ Ich stöhnte und lehnte mich vor, um gleich darauf meine Beißerchen in Mams Hals zu schlagen. Florence, die Giftspritze, hallte es wieder durch meinen Kopf. Rose Miene war erschreckend: Nach Atem ringend blickte sie hilflos mit aufgerissenen Augen ins Leere. Das traf mich direkt ins Herz. Es tat so weh, Mum, wegen mir, so hilflos zu sehen. Ihr warmer Körper wand sich wie ein Wurm in meinen kalten Händen. Esme stand dicht hinter mir. Hilflos schielte ich zu Carlisle. Der kam heran und stützte Mams Kopf. Er stellte sich so hin, dass ich nicht in ihr verzweifeltes Gesicht blicken musste. Ich sah zu Renesmee, die den Blick unglücklich erwiderte. Auf einmal empfand ich tiefes Mitgefühl. Wir waren irgendwie... verbunden. Ich würde das mit ihr gemeinsam durchstehen. Wir gegen den Rest der Welt.

Wieder blickte ich hoffnungsvoll zu Carlisle. Er konnte es kaum ertragen, in meine ängstlichen Augen zu sehen. Denn das, was ich darin verbarg, waren Trauer, Angst und Schmerz. All das, was sich die Jahre über angesammelt hatte, wurde jetzt frei.

Endlich nickte Carlisle mir zu. Erleichtert ließ ich ab und versiegelte die Bisswunde. Carlisle ließ seine Hand über Mams Gesicht gleiten und schloss damit ihre ausdruckslosen Augen. „Bleib bei mir Mum!“, flüsterte ich Rose ins Ohr. Alice stand bereits mit dem Glas Wasser neben mir. Dankbar ergriff ich es. Ach... wie gut das doch tat. Ich stellte das Glas beiseite und sah dann Nessie an: „Können wir mal kurz gemeinsam reden?“ Sie nickte und bedeutete mir zu folgen. Ich warf noch einen Blick auf Mum und Dad, der hilflos neben ihr kauerte, dann ging ich hinter Renesmee aus dem Raum. Sie führte mich hinaus. Die Sonne schien und meine Haut begann zu funkeln. Nessie lief mit mir in den Wald zu einer Lichtung, auf der Blumen in den schönsten Farben blühten. Sie ließ sich nieder und ich setzte mich neben sie. Renesmee sah mich an und legte mir ihre auf die Wange. Als sich mir verschiedene unbekannte Bilder zeigten, begriff ich, dass auch sie eine Gabe hatte. Sie berührte jemanden und zeigte ihm ihre Gedanken. Und was sie mir da alles zeigte! Bella, völlig erschöpft, nach der Geburt, wie Jacob auf sie geprägt wurde, wie Jake und Rose sich um sie stritten, wie Bella ihr das erste Mal als Vampir begegnete, wie sie die Denalis kennenlernte, wie sie und Jacob am Meer standen und zuletzt, wie sie mich kennenlernte. Berührt sah ich sie aus großen Augen an: „Genial!“ „Findest du? Ehrlich gesagt beneide ich dich, seit du hier bist.“ „Was?!“, ich war perplex, „Renesmee Cullen. Du hast alles: eine Gabe, einen Freund, der dich liebt und das auch immer tun wird, du warst immer mit deinen Eltern zusammen...“ Sie unterbrach meinen nicht enden wollenden Redeschwall: „Du hast eine Kindheit, solange du willst. Ich war innerhalb von sieben Jahren erwachsen.“ Wieder hielt sie mir ihre Hand an die Wange und zeigte mir, wie Carlisle sie jeden Tag gemessen hatte, um zu sehen, wie schnell sie wuchs. „Rosalie liebt dich genauso sehr, wie meine Mum mich. Sie hat dich nur aus Furcht und um dich vor den Volturi zu schützen weggegeben. Was meinst du, was hier los war, als wir erfuhren, dass die Volturi auf direktem Weg hierher waren?“, fügte Ness hinzu. Damit ich es mir vorstellen konnte, zeigte sie es mir. Ich sah das Wohnzimmer voller Vampire, die zusammengekommen waren, um Renesmee zu beschützen. „ Aber sie sind abgezogen ohne zu kämpfen? Die Volturi meine ich.“, fragte ich. Sie nickte: „Alice zeigte Aro, einem der drei Anführer der Volturi, dass er in dieser Schlacht sterben würde. Ich wette, dass es purer Eigennutz für ihn war, den Kampf abzublasen.“ Gedanklich stimmte ich zu. Klar, das klang logisch. Also nickte ich bedächtig. „Können wir uns nicht vertragen? Nicht einen ständigen Zickenkrieg führen? Natürlich könnte ich meine Fähigkeit einsetzen, aber das wär auch kein richtiger, sondern bloß ein erzwungener Frieden.“, sagte ich. „Mum hat mir von deiner Gabe erzählt und dadurch, dass du sie so selten verwendest, erscheinst du mir als die ehrlichste und aufrichtigste Person, die ich kenne.“, sagte Renesmee. Sie legte abermals ihre Hand auf meine Wange und sofort hallte durch meinen Kopf: „Lass uns also Frieden schließen“ Ich nickte: „So sei es.“ Wir ergriffen unsere Hände und richteten uns auf. Strahlend vor Glück rannten wir zurück. Die anderen saßen im Wohnzimmer und rissen die Augen vor Verwunderung weit auf, als sie uns so Hand in Hand hereinkommen sahen. „Hab ich es euch nicht gleich gesagt?“, lächelte Alice den anderen zu. Natürlich hatte unsere liebe Tante die Versöhnung vorhergesehen. „Wie schön euch so vereint zu sehen.“, sagte Bella und nahm uns beide in die Arme. Ich lächelte, genau wie Ness.

Liv

Langsam wurde es Abend. „Besuchen wir morgen Grandpa?“, fragte Renesmee Bella, die nickte. „Auch einer von uns?“, fragte ich. „Nein.“, sagte Bella, „Dad weiß auch nicht genau was wir sind. Nur, dass wir anders sind. Er will es auch nicht genau wissen, was natürlich gut für uns ist.“ Ich lehnte mich zurück, da fiel mir etwas ein: „Apropos Besuch, kann Liv nicht mal vorbeikommen? Vielleicht gefällt es ihr ja doch hier und sie bleibt.“ „Eine wundervolle Idee. Ich bin sehr gespannt auf sie.“, lächelte Esme. „Wie wäre es, wenn Jasper und du, sie gemeinsam holt?“, fragte Carlisle. Ich sah zu Jasper, der nickte: „Warum nicht?“ Ich nickte auch: „Wann kanns losgehen?“ „Wann ihr wollt.“, sagte Carlisle. „Na dann mal los.“, lächelte Jasper und stemmte sich vom Sofa hoch. „Jetzt... sofort... ähh... ja... natürlich...“, stammelte ich. Abwesend küsste ich Dad auf die Wange und stand ebenfalls auf. „Passt gut auf euch alle auf.“ , sagte ich und sah nacheinander allen tief in die Augen. Sie nickten und winkten. Ich winkte gedankenverloren zurück. Ich konnte es kaum glauben: Ich würde Liv wieder sehen. Noch heute!

Jasper und ich liefen in Richtung Nordosten. In Richtung Montana. Unsere unfehlbaren Körper ließen uns nicht im Stich. Wir liefen der untergehenden Sonne entgegen ohne zu ermüden. Als Beschääftigung für nebenbei nahm ich Jasper ein wenig unter die Lupe. Er war für mich eine undurchdringliche Persönlichkeit. Immer war sein Gesicht ein einziges Pokerface. In dieser Hinsicht beneidete ich Edward ein wenig, der hinter diese Kulisse einen Blick wagen konnte, wann immer er wollte.

Meine Beine liefen immer weiter und zogen meinen Körper nur so mit sich. Schon bald tauchten wir in die mir bekannten Wälder ein. Ich verlangsamte stetig mein Tempo, bis ich schließlich an einer Hütte stehen blieb, die Liv und ich vor endlos langer Zeit gebaut hatten. Ich ging hinein. Leere. Bis auf die paar Sachen, die wir eingeräumt hatten. „Bestimmt ist sie nur kurz jagen. Lass sie uns suchen!“, Jasper ließ sich von mir mitschleifen. Vor der Hütte wehte uns eine Böe entgegen. Ich schnupperte. Eindeutig Liv. Es würde ein leichtes werden, sie zu finden. Doch plötzlich stutzte ich. Was war dieser fremde eigenartige Geruch, der sich in ihren vertrauten Duft mischte? Ich folgte gemeinsam mit Jasper der Fährte, bis wir Liv zusammengesunken zwischen den ausladenden Wurzeln eines Baumes fanden. „Liv!“, schrie ich entsetzt, „Hallo?! Liv, kannst du mich hören?“ „Das müssen die drei Unbekannten gewesen sein.“, sagte Jasper, „Schnell, saug ihr das Gift aus!“ Ich schluckte. Erst Edward und Mam, dann Tanya und jetzt auch noch Liv. „Komm schon, Florence!“ Jasper versuchte mir Mut zu machen. Vergeblich. Das war einfach alles zu viel für mich. Mit schlaffen Fingern strich ich über die halbmondförmige Wunde an Livs Schläfe. „Florence Cullen! Reiß dich zusammen! Du musst! Sie ist doch deine Gefährtin! Lass sie leben!“, Jasper schrie innerlich. Er hatte recht. Ich musste Liv helfen. Ich schüttelte mich kurz, dann begann ich zum vierten Mal die qualvolle Angelegenheit des ‚Saug-Spuckens’. ‚Für Liv!’, dachte ich angestrengt. Als ich spürte, dass kein Gift mehr kam, ließ ich von ihr ab und leckte Tautropfen von einem Blatt, mit denen ich meinen Mund vom Gift bereinigte. Liv schlug benommen die Augen auf. „Florence.“, murmelte sie und ihre Augen schlossen sich erschöpft. „Wir müssen sie zu Carlisle bringen. Sofort!“, rief ich. Jasper strich sich eine seiner blonden Locken aus dem Gesicht und nahm Liv – ganz gentlemanlike – hoch. Dann liefen wir beide los, so schnell wie noch nie zuvor.

In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages erreichten wir Forks. Im Haus legte Jasper Liv vor Carlisle ab. In sekundenschnelle hatten sich alle um sie geschart. Liv öffnete die Augen. „Florence.“, wisperte sie wieder. „Ich bin bei dir Liv!“, sagte ich und drückte sanft ihre Hand. Irritiert wanderte Livs Blick über uns. Vorsichtig setzte sie sich auf. „Brr... Ist mir vielleicht kalt.“, bibberte Liv. Carlisle reichte ihr eine Decke, in die sich Liv dankbar einwickelte. Plötzlich schrillte Carlisles Handy. Er ging ran: „Alles gut, Kate! Rose und Edward auch. Ja. Wir haben sie zurück verwandelt. Das heißt..., der Prozess läuft noch. Schafft ihr das oder soll ich kommen?“ Er wartete noch die Antwort ab, dann legte er auf. „Die Denalis. Tanya hat sich ebenfalls in einem Menschen zurück verwandelt. Carmen wird ihr das Gift spritzen.“, erzählte er. Dann blickte er wieder zu Liv: „So, du bist also Liv. Herzlich Willkommen. Ich bin Carlisle.“ „Florence’ Vater?“, fragte Liv. „Großvater.“, verbesserte Carlisle. Großvater. Das hörte sich alt an. Auf jeden Fall für jemanden wie Carlisle, der aussah wie dreiundzwanzig. Okay... wenn man mal von der Tatsache absah, dass er knapp vierhundert Jahre alt war. Die Familienbeziehungen der Cullens waren nun mal etwas kompliziert. Renesmee zum Beispiel war genauso alt wie ihre Eltern. „Liv, ich freue mich so dich zu sehen!“, rief ich und umarmte sie. „Ich mich doch auch du Tröte!“, sie kicherte, „Wollte gerade anfangen nach dir zu suchen. Einsamkeit liegt mir überhaupt nicht.“ „Dann bleib doch bei uns. Du kannst ohne weiteres als Carlisles und meine Tochter durchgehen, Liv Cullen.“, schlug Esme vor. Esme hatte recht. Liv hatte die gleiche Haarfarbe wie sie und auch dasselbe engelsgleiche Gesicht wie Carlisle. Und wenn man die Augenfarbe ansah, die wir alle aufgrund unserer vegetarischen Ernährung genauso hatten wie der Grund der Unsterblichkeit, dann konnte sie wirklich als deren leibliche Tochter durchgehen. „Dann bist du meine Tante.“, grinste ich. „Es wäre toll hierzubleiben.“, stimmte Liv zu. „Dann ist es also beschlossene Sache. Emmett freut sich bestimmt schon anbauen zu dürfen.“, sagte Carlisle. Dad grinste. „Du baust also gerne Daddy?“ Er nickte: „Und wie!“ „Soso, das ist also dein Dad.“, sagte Liv interessiert, „Ihr seht euch sehr ähnlich.“ „Natürlich, sie ist schließlich meine Tochter.“, sagte Emmett und hob mich blitzschnell hoch. „Icks!“, quietschte ich erschrocken. Ich befreite mich aus Dads Griff und glitt wieder auf den festen Boden. „Willst du mir nicht den Rest deiner hübschen kleinen Familie vorstellen?“, fragte Liv. Ich nickte: „Also das ist Emmett, mein Dad – der beste der Welt. Das ist Alice meine eine und das ist Bella meine andere Tante. Dann haben wir hier Onkel Jasper und Onkel Edward... der... der ist gerade jagen. Und Mum, also Rosalie ist bei ihm. Und schließlich last, but not least haben wir hier noch Carlisle und Esme, deine neuen Eltern.“ Liv strahlte mich an: „Die Muschel. Unser Wunsch ist wahr geworden.“ Ich nickte und erklärte es den anderen: „ Nachdem ich Liv verwandelt hatte, haben wir eine wunderschöne Muschel gefunden. Wir schrieben auf ein Blatt unseren sehnlichsten Herzenswunsch: Eine Familie zu haben. Wir steckten das Blatt in die Muschel und versenkten sie auf den Grund des Sees.“ „Wie schön!“, sagte Esme gerührt und sah uns liebevoll an. Da fiel mir etwas auf: „Wo ist Dad?“ Da rummste etwas. „Er fängt wohl schon mit dem Umbau an.“, grinste Alice. Liv legte ruckartig die Decke beiseite: „Mir ist so warm... Kann es sein, dass ich Fieber habe?“ Ich lehnte mich an sie und umarmte sie, um ihr mit meiner kalten Vampirhaut Kühlung zu verschaffen. „Besser?“, fragte ich. Sie nickte.

Es war nun hellichter Tag und Liv war eingeschlafen. Ihr Herz schlug und die geröteten Wangen wirkten fast unnatürlich. Dafür waren nun plötzlich zwei Herzen verstummt. Wir ließen alles stehen und liegen und liefen hinauf in die Bibliothek. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Mom und Edward ihre Augen aufschlugen. Goldgelb waren sie. Es hatte wie bei Liv funktioniert. Jeder, den ich verwandelte würde sie von Anfang an so haben. Sie alle würden Menschenblut in ihrem unsterblichen Leben verabscheuen. Edward setzte sich auf. „Danke für die Schmerzen, Florence!“, grinste er. Ich blickte ihn finster an. ‚Reibs mir noch unter die Nase!’, dachte ich. Auch Mam richtete sich auf. „Mommy! Ich bin so froh, dich zurück zu haben. Liv ist gekommen. Und stell dir vor: Sie wird für immer bleiben, sobald ich sie wieder verwandelt habe. Sie wurde nämlich auch von den Unbekannten angegriffen, weißt du.“, es sprudelte nur so aus mir heraus, während ich Mum um den Hals fiel und sie mir sanft das Haar zerzauste. „Wir müssen die Unbekannten den Volturi melden. Emmett, Rosalie und ich werden nach Volterra reisen.“, meinte Carlisle. „Nein! Ich werde bei Florence bleiben. Die zwei Tage von ihr getrennt gewesen zu sein, war grauenvoll. Tu mir das bitte nicht noch einmal an, Carlisle. Entweder Florence kommt mit oder wir bleiben gemeinsam hier.“, stellte Rose klar. „Ich würde sehr gerne mitkommen.“, sagte ich. „Ich versteh die Welt nicht mehr, Rose. Jahrzehntelang versteckst du deine Tochter am anderen Ende des Kontinents vor den Volturi und nun? Nun bringst du sie in die Höhle des Löwens?“, Carlisle sah ehrlich verwirrt aus. Mam knurrte ihn an: „Wir haben das doch alles mithilfe ihrer Gabe geklärt, oder etwa nicht?“ Da sah Carlisle ein: „Nun gut. Vielleicht sollten wir Liv, wenn sie ebenfalls wieder Vampir ist, mitnehmen, dann kann sich Aro zwei verschiedene Angriffe sehen.“ Schon wieder dieser Aro. Ich war gespannt auf ihn. „Wann wird Liv soweit sein, Alice?“, fragte Carlisle. „In zwei Tagen um Mitternacht.“, kam die Antwort. „Warum gehen wir zu den Volturi und regeln die Angelegenheit nicht selbst, Carlisle? Wie mit den Neugeborenen, mit James und mit Victoria?“, fragte Dad. „Gute Frage, Emmett. Ich weiß nicht genau, aber ich habe das unbestimmte Gefühl, dass man diese Angelegenheit nicht unterschätzen sollte.“, meinte Carlisle, „Mir geht es doch auch darum euch zu schützen.“ Er lief aus dem Raum, um nur kurze Zeit später mit der schlafenden Liv auf dem Arm zurückzukehren. „Das ist also Liv.“, sagte Mum. Dann stockte sie: „Sie ist doch ein Mensch. Warum...?“ Sie legte sich die Hand an die Kehle. Sie wunderte sich, wo ihr Durst blieb. „Tja, Mam. Herzlich Willkommen in meiner Art des Vampirdaseins!“, lächelte ich. „Das ist wundervoll.“, sagte Mum und Edward nickte. Carlisle legte Liv auf Rose’ Liege ab. „Würdest du?“, fragte er mich. Ich schloss die Augen und nickte. Renesmee stellte sich, ohne irgendetwas zu sagen, blitzschnell neben mich und ergriff meine Hand. ‚Du hast das schon mal bei ihr gemacht, du Giftspritze, das hier ist reine Routine...’, redete ich mir ein und ich wusste, dass Edward grinste. Zitternd legte ich meine Lippen an Livs Hals und biss zu. Los, Gift spritzen! Aber es funktionierte einfach nicht. Ihr Körper wies mein Gift zurück. Carlisles Vemrutung hatte sich leider bestätigt. „Hör auf, Florence!“, rief Edward, „Du hast recht. Livs Körper nimmt dein Gift nicht an, weil du sie bereits einmal verwandelt hast. Lass mich das machen.“ Benommen taumelte ich zurück. Jasper fing mich, bevor ich gegen die Wand stoßen konnte, auf. „Bist du sicher, dass du das machen willst, mein Sohn?“, fragte Carlisle besorgt. „Natürlich.“, sagte Edward, „Erstens tue ich das für Florence und zweitens kann ich mich ebenso gut mit Menschenblut zusammenreißen wie sie.“ Carlisle nickte und trat zurück. Zitternd sah ich zu, wie Liv nach Atem rang, als Edward, die zweite Giftspritze, zubiss. Starr vor Angst um meine beste Freundin, konnte ich meinen Blick nicht von Livs leeren Augen abwenden. ‚Stopp!’, dachte ich panisch, ‚tu Liv das bitte nicht an!’. Edward verharrte und sah mich prüfend an. ‚Danke!’, sagte ich innerlich zu ihm. Doch dann machte er alles nur noch schlimmer: „Bringt Florence hier raus.“ „Nein!“, kreischte ich. Carlisle und die anderen starrten irritiert zwischen uns beiden hin und her. Edward verlor die Geduld: „Glaub mir Carlisle, es ist besser für uns alle. Vor allem für sie selbst.“ Ich taumelte benommen rückwärts, wobei ich ein Bücherregal umstieß. Doch das war mir in diesem Momant völlig egal. In meinem Kopf war nur Platz für die Angst um Liv. Meine Sicherungen knallten mit einem Schlag durch. „Bringt sie sofort hier raus! Es macht sie fertig. Bitte, Carlisle.“ Carlisle sah in meine schreckgeweiteten Augen und nickte. Er kam vorsichtig auf mich zu: „Bitte, Florence. Ich tu dir nichts.“ Manchmal konnte man sehen, dass wir Vampire eigentlich Raubtiere waren: Unberechenbar und wild. Ich taumelte weiter zurück, bis ich mich in einer Ecke mit dem Rücken an der Wand vorfand. Ich kauerte mich in Angriffshaltung hinein und fauchte was das Zeug hielt. Ich musste einfach hier bei Liv bleiben. Ich würde sie nicht hier einfach so schutzlos zurücklassen. Jasper kam nun von der anderen Seite auf mich zu und meine Chancen, Carlisle zu entweichen sanken auf den Nullpunkt. Plötzlich spürte ich einen Windhauch. Und noch einen. Mum und Dad stellten sich schützend vor mich und funkelten Jasper und Carlisle wütend an. „Wir werden mit ihr gemeinsam hinausgehen.“, knurrte Emmett. Mam drehte sich zu mir um und kniete sich neben mich. Ich schlang meine Arme um ihren Hals und sie hob mich hoch. Mein Verhalten tat mir jetzt schon Leid. Aber was sollte man schon großartig gegen Instinkte unternehmen... Meine Eltern liefen mit mir hinunter ins Wohnzimmer, wo Mom mich auf die Couch legte. Dann setzte sie sich an meinen Kopf und zerzauste mir meine Haare. Dad saß am Fußende und sah mich besorgt an. Da kam jemand die Treppe hinunter gelaufen. Renesmee. „Ist alles okay?“, fragte sie mich. Ich sah sie ausdruckslos an. „Darf ich ihr ein paar Bilder zeigen?“, wandte sie sich also an Rose, die nickte. Also kniete sich Ness vorsichtig neben das Sofa und legte behutsam ihre Hand auf meine Wange. Daraufhin sah ich idyllische Sonnenuntergänge bis hin zu einem gigantischen Blick auf ein Bergpanorama. Wahrscheinlich wollte Nessie mich damit beruhigen, was auch nach und nach klappte. Langsam entspannte ich miich und wenn ich kein Vampir gewesen wäre, so wäre ich wohl eingeschlafen. Da kamen sie anderen die Treppe hinunter. Finster blickte ich Edward an. „Hör zu Florence, es war zu deinem Besten. Willst du nicht wahrhaben, wie es dir da drinnen ging? Liv geht es wunderbar, aber es bringt ihr rein gar nichts, wenn du dich ihretwegen verrückt machst.“ Ich knurrte ihn leise an und wandte mich dann ab. Renesmee versuchte mir erneut ihre Hand aufzulegen, doch ich schüttelte sie aggresiv ab. „Stell. Mich. Jetzt. Nicht. Mit. Irgendwelchen. Bildern. Ruhig. Wie. Einen. Kranken. Mit. Medikamenten.“, knurrte ich. Der Vorwurf galt ebenfalls Carlisle. Ich wusste, dass er ein hervorragender Arzt war – wie konnte es auch anders sein, nach mehreren Jahrhunderten Erfahrung. Doch wir Vampire sind oftmals nicht weniger leicht zu bändigen, als Haie auf Beutezug. Dann brannten halt alle Sicherungen durch: Bumm... Knall... Klirr... Sirr... Eine bessere Beschreibung gibt es nicht. Dein Verstand schaltet sich aus und er lässt deinen Körper tun und lassen, was er will. Meistens noch in gefährlichen Situationen. Dad drückte meine Schultern in die Sofapolster hinein und hielt mich leicht fest. Ich funkelte ihn wütend an, wehrte mich jedoch nicht. Mein Instinkt hielt mich davon ab, Dad anzugreifen. Das war auch gut so. „Wir gehen jetzt jagen. Sofort.“, entschied Emmett. Ich senkte beschämt den Kopf und murmelte leise: „Ja Dad.“ Dann führte er mich hinaus ins Freie. Ich warf einen Blick zurück aufs Haus, doch Emmett drückte mich näher an sich heran. Wahrscheinlich vermutete er einen weiteren Ausbruch. Doch die entscheidene Ansage hatte die Sicherungen wieder reingehauen. „Dad, ich hab dich lieb!“, flüsterte ich. „Ich dich doch auch.“, sagte er und drückte mir einen Kuss aufs Haar. Doch dann war der idyllische Moment vorbei, denn Wind kam auf und brachte verlockende Gerüche mit sich. Wir rannten los. Puma, Rotwild und Bär konnte ich riechen. „Ich krieg den Bären!“, sagte Dad vergnügt. „Und ich den Puma!“, rief ich lachend zurück.

Gesättigt liefen wir wieder zurück. Als wir das Wohnzimmer betraten, blickten mir sechs goldene Augenpaare und ein braunes sorgenvoll entgegen. Ich lächelte vorsichtig und dachte ‚Sorry!’. Edward nickte mir zu. ‚Wie geht’s Liv?’, dachte ich. „Willst du zu ihr?“, fragte Edward. Ich nickte. „Dann komm!“, er streckte mir seine Hand entgegen. Ich ergriff sie. Dann gingen wir langsam die Treppe hinauf in die Bibliothek. Ich ging lautlos an Livs Liege heran, auf der sie regungslos verharrte. Der rosige Schimmer war aus ihren Wangen gewichen, ihre Lippen waren bleich aber voll und ihre Wangen waren leicht eingesunken. Eine überirdische Schöhnheit. Ach, Liv. Für immer. Beeil dich. „Hoffentlich ist dein Gift nicht allzu träge.“, lächelte ich Edward matt an. „Du hast doch gehört, was Alice gesagt hat. Morgen. Um Mitternacht.“, antwortete er. Ich seufzte. Im Gegensatz zu meinem bisherigen und des zukünftigen Lebens ein Klacks, aber im Moment war mir da trotzdem zu viel. „Ich weiß, Florence, ich weiß. Als Bella sich verwandelt hat ging es mir genauso. Oder vielleicht sogar noch schlimmer, weil ich nicht wusste, ob das Gift sie retten würde.“, sagte Edward und strich mir über den Rücken. „Wovon?“, fragte ich. „Renesmees Geburt.“, sagte Edward still, „Wir wollten Renesmee vorher schon aus ihr herausholen, aber Bella hat sich vehement gewehrt und Rosalie hat sie unterstützt.“ „Ich dachte Mam konnte Bella nicht ausstehen...“, warf ich ein. „Ja, in der Tat. Rosalie mochte Bella überhaupt nicht. Aber ein Kind um das sie sich kümmern konnte war für sie das Größte. Bells hat zudem auch noch Rose angefleht ihr zu helfen.“ Ich musste schlucken. Mam war Bellas Leben egal gewesen. Sie hätte sie ohne weiteres sterben lassen, nur um sich um ein Kind kümmern zu können wie ein eigenes, das sogar vom Vater unerwünscht war. Edward nickte: „Ja, das war Rosalie. Die alte Rosalie. Seit du hier bist ist sie wie verwandelt. Ich konnte Emmett nie verstehen, was er an ihr fand. Natürlich ist sie eine einzige Schönheit, aber was nutzt es mit einer Schöhnheit zusammenzusein, die ein Herz aus Stein hat. Doch seit du da bist, ist mir klar geworden, dass es nie aus Stein, sondern aus Eis war. Du hast es aufgetaut.“ Er sah mit tief in die Augen. Erstaunt blickte ich zurück. Jahrzehntelang war ich ein Niemand gewesen. Ohne richtiges zu Hause, mal abgesehen von der windschiefen Hütte, ohne Familie, mal abgesehn von Liv und ohne Vergangenheit und Herkunft, mal abgesehn von dem ‚heiligen Zettel’. Und jetzt? Was war ich jetzt? „Du warst nie ein Niemand. Du warst nie heimatlos. In deinem Herzen, ganz tief, wusstest du schon immer, wo du hingehörst. Deshalb hast du auch so schnell hierher gefunden. Weil du auf deine Instinkte vertraut hast.“, lächelte Edward. Ich war es nicht gewohnt so viel Beachtung zu bekommen. Und dann war da ja auch noch die Sache mit dem, dass ich immer am Ene die Heldin war. Ich war ganz normal. Durchschnittlich. Mal abgesehen von dem was ich war. Aber das spielte ja wohl keine Rolle. Ob es für mich überhaupt eine Bedeutung gab? Renesmee war ein Halbvampir. Und war ich dann vielleicht ein Doppelvampir. „Wir sind alle gleichzeitig besonders, wie auch durchschnittlich.“ Ich lächelte. Genau das schätzte ich. Es war einzigartig. Kein anderer Clan würde so handeln.

Edward und ich standen stundenlang neben Liv. Die gesamte Zeit über hielt ich ihre Hand. Kein Glied bewegten wir. Es wurde dunkel, wieder hell und schließlich wieder dunkel. Edward und ich waren eineinhalb Tage bei Liv geblieben. Es hatte gut getan. Fünf Minuten vor Mitternacht waren auch die anderen zu uns in die Bibliothek gekommen. Emmett und Jasper standen schützend mit mir in ihrer Mitte vorne. Sie waren die stärksten. Mit Neugeborenen musste man vorsichtig sein. Schließlich hörte Livs Herzschlag auf, wir blickten wie hypnotisiert auf sie. Und schließlich schlug sie die Augen auf. Golden. Genauso wie es sein sollte. Liv stand auf, legte den Kopf schief und betrachtete uns nachdenklich. Dann stieß sie unvermittelt ein Fauchen aus, so dass Jasper und Emmett vorsprangen und sie an den Schultern packten. Liv sah zu mir und grinste breit. Ich kicherte, Das Fauchen war ein Trick gewesen, um zu sehen, wie unsere Wachposten reagierten. „So ihr Superhelden, ihr könnt mich wieder loslassen.“, sagte Liv und schüttelte Emmetts und Jaspers Hände ab. Verblüfft starrten die zwei sich an. Ja, Liv war wieder wach und immer noch ganz die alte! Edward grinste. „Ach, Liv...“, seufzte ich und fiel ihr um den Hals. „Alles gut, Florence! Ich bin hier. Ich bin unsterblich! Für immer, weißt du nicht mehr?“, lächelte sie. „Für immer und ewig.“, stimmte ich zu. „Liv, dein Zimmer ist fertig, willst du es dir nicht ansehen?“, fragte Esme. „Gerne.“

Esme führte Liv in ein Zimmer, das an meines angrenzte. Es hatte die gleichen hohen Fenster, wie alle Räume. Glänzender Satinstoff diente als Vorhang und ein kleines Sofa stand gegenüber von einem Regal, das mit allerhand Krimskrams gefüllt war. Es war perfekt. Liv fehlten die Worte. Da kam Alice herein. Sie zeigte auf einen großen Schrank: „Hier drin hab ich mir erlaubt ein, zwei Outfits für dich unterzubringen.“ „Natürlich, Alice! Ganz sicher nur ein, zwei...“, grinste ich und öffnete die Tür des überfüllten Kleiderschranks. „Ganz genau.“ Wie dreist sie war... „So, jetzt geht ihr aber jagen! In zwei Stunden geht euer Flug.“, sagte Alice. Ich nickte und zog Liv am Ärmel hinaus. Hinter uns kamen Carlisle und meine Eltern her. „Flug? Wohin denn?“, fragte Liv. „Nach Italien. Zu den Volturi.“, antwortete ich. „Und was wollen wir bei denen?“ „Wir müssen die Überfälle melden.“, erklärte Carlisle. Dann rannten wir in den Wald hinein.

Volterra

Der Flughafen war laut und voll. Ich hielt Liv fest, die genau wie ich, ein solches Gewimmel nicht kannte. „Kommt, wir müssen zum Check-In.“, sagte Carlisle und führte uns durch die Menchenmenge zu einem Schalter, Dort reichte er unsere Pässe einer Dame, die diese überprüfte. Dann gingen wir weiter und wurden gleich darauf mit Kellen durchsucht. Dann betraten wir einen Gang, eine Schleuse, die uns ins Flugzeug brachte. Eine Stewardess zeigte uns unsere Sitzplätze. „Zieht schon mal die Vorhänge zu. Menschen sind es nicht gewohnt, dass Haut im Sonnenlicht zu Funkeln beginnt,“, riet uns Carlisle. Ich nahm den Vorschlag an und schloss die winzige Gardine. Wenige Momente später hoben wir ab. Während dem Flug gaben wir einmal vor zu schlafen und winkten freundlich ab, als uns eine Stewardess uns etwas zu essen anbot. Als wir in Rom landeten war es früher Nachmittag. Wir hielten uns im Schatten auf, während Dad ein Auto auslieh. Wir rannten zu dem Wagen mit abgedunkelten Scheiben und Dad gab Gas. Wir fuhren durch Täler und Einöden, bevor sich am frühen Morgen des nächsten Tages sich der Schatten einer Stadt abhob. „Volterra.“, hauchte Mam. Wir fuhren durch die Stadttore und stellten dann den Wagen ab. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, so dass wir ohne Bedenken durch die Stadt laufen konnten. An einem riesigen Portal blieb Carlisle stehen und öffnete vorsichtig die schwere Tür. Wir glitten hinein. Ein Stück liefen wir den dunklen Gang entlang, da kam uns jemand entgegen. „Demetri, wie schön dich zu sehen.“, sagte Carlisle. Dad knirschte mit den Zähnen. „Carlisle.“, antwortete der hochaufgeschossene Vampir steif. „Ist Aro da?“, sprach Carlisle weiter, „Wir haben etwas sehr wichtiges mit ihm zu besprechen.“ Demetri nickte kurz und bedeutete uns ihm zu folgen. Wir gingen weitere dunkle Flure entlang. Wieder blieben wir vor einem großen Tor stehen. Demetri stieß die großen Flügel auf und wir betraten einen großen Saal, der dahinter lag. Direkt vor uns thronten drei Vampire. Zwei dunkelhaarige und ein blonder. Letzterer betrachtete uns misstrauisch. Einer der dunkelhaarigen erhob sich und kam mit einem Lächeln auf uns zu: „Carlisle, mein alter Freund, wie schön dich zu sehen.“ Sein Blick schweifte über uns: „Und einen Teil deiner Familie hat dich begleitet, wie wundervoll. Willst du mir nicht die mir Unbekannten vorstellen?“ Ein unbestimmtes Gefühl sagte mir, dass sie keine wirklichen Freunde waren und dass das garantiert nicht an Carlisle lag. Carlisle nickte: „Das Aro, ist Florence, die Tochter von Rosalie und Emmett. Und das ist Liv.“ Und das war also Aro. Auf dem Flug nach Italien hatte Carlisle uns erzählt, dass Aro die gleiche Gabe wie Edward besaß, nur, dass er ein wenig eingeschränkt war: Er konnte lediglich mit Berührung die Gedanken anderer lesen. Allerdings würde ich sagen, dass er solch eine Autorität hatte, dass jeder ihm freiwillig seine Gedanken überließ. „Die Tochter?“, Aro betrachtete mich mit stechendem Blick, „Ein unsterbliches Kind?!“ Sein Blick glitt zu meinen Eltern. Dad knurrte und erwiderte: „Sieh in ihre Augen, Aro! Golden. Und nun in die euren und die der anderen Volturi. Sie ist nur halb so gefährlich wie ihr! Wenn sie überhaupt eine Gefahr darstellen sollte.“ „Du trinkst also kein Menschenblut, mein Kind?“ Ich schüttelte vehement den Kopf. „Würdest du mir zeigen, wie das ist?“, er hielt mir seine Hand hin. Ich ging auf ihn zu und legte meine Hand in seine. Ich dachte daran, wie es gesesen war, als ich Livs Blut, während ich sie verwandelte, gekostet hatte. Aro sah mich erstaunt an und ließ mich meine Hand zurückziehen. „Erstaunlich.“, sagte er. Dann sah er zu Liv: „Du hast also dieses Kind verwandelt...“ Ich fauchte und und stellte mich schützend vor sie: „Ich tat es mit den gleichen Absichten wie Carlisle bei meiner Familie.“ Aro nickte: „Und sie verabscheut ebenso Menschenblut wie du?“ Liv nickte und trat hinter mir hervor. „Wo liegt dann das Problem?“ „Nun“, sagte Carlisle, „Es hat Überfälle gegeben. Liv und Rosalie wurden bereits angegriffen. Sie kamen als Zeugen.“ Aro nickte Mam zu. Dad küsste sie sanft auf die Stirn, bevor er sie losließ. Rose reichte Aro ihre Hand und konzentrierte sich auf den Überfall. Aro runzelte die Stirn, dann ließ er Mams Hand fallen. Man konnte sehen, wie es in ihm arbeitete, aber wie er reagieren würde war nicht absehbar. Er wandte sich Liv zu, die vortrat. Aro fasste ihre Hand. Er wirkte hochkonzentriert. Schließlich drehte er sich zu den anderen beiden, die noch auf ihren Plätzen saßen, um. „Es liegt tatsächlich ein Verbrechen vor.“ ‚Ne, weißte... wir tun nur so.’, beinahe hätte ich die Augen verdreht. „Das glaube ich nicht.“, erwiderte der Blonde mit säuerlicher Miene. Ich konnte ihn mir nicht fröhlich vorstellen. „Nicht nur Liv und Rosalie wurden angegriffen, sondern auch Edward und Tanya, eine der Denalis.“, sagte Carlisle, „Florence hat ihnen allen das Gift der Angreifer herausgesaugt. Kurz darauf wurden sie wieder zu Menschen. Wir verwandelten sie natürlich sofort wieder zurück.“ Aro nickte und wieder dachte er angestrengt nach. Er wandte sich an Carlisle: „Glaubst du, dass die Verbrechen in eurer Gegend verstärkt auftreten?“ Carlisle nickte: „Ich denke, sie wollen verhindern in eure Umgebung zu geraten, da ihr euch ohne Frage zu wehren wisst.“ Er sah zu einem blonden Mädchen und dem dunkelhaarigen Jungen, der neben ihr stand. Aro lächelte selbstverliebt: „Hättest du etwas dagegen, wenn Jane und ich uns euch eine Weile anschließen?“ Jane musste die Blondine sein. Carlisle schüttelte vorsichtig den Kopf: „Nein, da dürfte es gar kein Problem geben. Ihr solltet nur ... etwas entfernt jagen gehen.“ Aro nickte. ‚Und euch eventuellerweise anders kleiden.’, fügte ich in Gedanken hinzu, während ich ihre bodenlangen Umhänge und ihre roten Augen musterte. „Was ist?“, fragte die, die ich für Jane hielt, als sie meinen Blick bemerkte. „Ihr seid zu auffällig.“, murmelte ich schüchtern. Emmett nickte: „Rose, Schatz, hast du nicht ein paar Klamotten, die du Jane leihen kannst?“ „Damit ich dann in Unterwäsche im Flieger sitze?“, fauchte Mum. Jetzt verstand ich, was die alte Rosalie für ein Typ gewesen war. „Lass uns shoppen gehen, Mam. Die Geschäfte werden inzwischen sicherlich geöffnet haben.“, schlug ich vor. „Gute Idee.“, stimmte Carlisle zu, „Dann könnt ihr auch gleich Kontaktlinsen besorgen.“ Aro legte seinen Umhang ab und man sah, dass er darunter einen halbwegs modernen Anzug trug. Wenigstens mussten Mam und ich nicht auch noch durch die Männerabteilungen irren. Demetri öffnete Mom und mir das große Tor. Eilig schob mich Rosse hindurch. Schnell warf ich Liv und Dad noch eine Kusshand zu. Hinter uns schloss sich die schwere Tür. Wir liefen die Gänge entlang, durch das Portal und setzten uns schließlich ins Auto und fuhren tiefer in die Stadt hinein, bis wir eine Straße, welche von Boutiquen gesäumt waren, erblickten. Schnell stiegen wir aus und rannten in einen der Läden. „Für Jane gehen wir Klamotten kaufen. Ausgerechnet für Jane!“, knurrte Mum. „Was hast du gegen sie? Also dass sie nicht besonders nett ist habe ich ja inzwischen auch schon festgestellt, aber...“ Mam ließ mich nicht ausreden: „Sie ist die gefährlichste Volturi-Kämpferin, mal abgesehn vielleicht von ihrem Bruder Alec. Du ahnst nicht wie viele Leben sie schon auf dem Gewissen hat! Sie verursacht dir schreckliche Schmerzen, du wirst ganz verrückt dabei. Sie ist außerdemschrecklich selbstverliebt und arrogant.“ „Ach...“, sagte ich und sah Mom mit hochgezogenen Augenbrauen an. Schließlich war das auch mal eine ihrer stärksten Charaktereigenschaften gewesen. Sie boxte mich leicht in die Rippen: „Das war ich nicht.“ Sie lächelte. „Was hat denn Alec für eine Gabe?“, fragte ich interessiert. Zornig schnaubte Mam: „Gabe?! Du meinst wohl eher Foltermethode! Er ist so ziemlich das komplette Gegenteil von Jane. Er raubt einem mit seinen Nebelschwaden alle Sinne.“ Wow...

Wir betraten die Damenabteilung. „Was für eine Größe Jane wohl hat.“, überlegte ich laut. Mum knurrte nur, doch schließlich antwortete sie mit einem Seufzer: „Ungefähr wie Alice.“ Also entschieden wir uns für eine Jeans und ein einfaches Shirt. Nachdem wir bezahlt hatten, liefen wir eilig zum nächsten Optiker, von dfem wir sechs Paar braungefärbte Kontaktlinsen kauften. Schließlich konnten Aro und Jane schlecht mit blutroten Augen im Flieger sitzen. Wobei ich persönlich es total unverantwortlich fand, überhaupt zu fliegen. Ich meine, wir könnten doch auch schwimmen... Mit was Carlisle das verantwortete war mir rätselhaft.

Als wir also die Einkäufe erledigt hatten, fuhren wir zurück zu dem schmiedeeisernen Portal. Lächelnd übergab ich Jane die Tüte mit den Anziehsachen. Man konnte sich ja mal mit ihr bemühen. Wenn sie wirklich so eine bescheuerte Idiotin war, konnte ich ja immer noch anfangen sie zu ignorieren. Ausdruckslos nahm Jane die Plastiktüte und verschwand. Mam reichte Carlisle die Kontaktlinsen, der zu Aro sagte: „Setzt sie möglichst spät ein. Das Gift löst sie nach einer Weile auf. Ihr müsst sie also austauschen. Sie sind etwas unangenehm und werden die Sicht etwas vernebeln, aber es ist sicherer.“ Dann reichte Carlisle Aro drei der sechs Schachteln. In diesem Moment kam Jane zurück. Die Klamotten saßen wie angegossen und sie sah atemberaubend aus. Auch ihr reichte Carlisle die Kontaktlinsen samt Erklärung. Widerwillig nahm Jane sie entgegen und steckte sie in eine der Hosentaschen. „Dann lasst uns mal zum Auto gehen.“, seufzte Dad. Neben ihm stand Liv, die jetzt zu mir kam und meine Hand nahm. Na, das konnte ja mal was werden, dachte ich, während wir zum Auto liefen. „Ich hoffe, ihr seid nicht allzu durstig.“, bemerkte Mam spitz. „Keine Sorge, wir werden uns zusammenreißen können.“, versicherte Aro und Jane behielt ihr regloses Gesicht bei, „Über dies würde ich aus reiner Neugierde gerne einmal eure Lebenweise testen.“ Carlisle riss ungläubig die Augen auf: „Nur Tierblut?“ Aro lachte leise. Seine melodiöse markante Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. „Warum nicht, mein Freund?“, Aro lachte wieder, „Jahrzehntelang wolltest du mich dazu bewegen. Jetzt, wo ich zwei unsterbliche Kinder, welche reine Vampire sind, kenne, die auf Menschenblut mühelos verzichten können, hat mich diese Möglichkeit in den Bann gezogen.“ Er meinte wohl damit, dass er es nicht zulassen konnte, dass wir uns in auch nur einer Sache besser unter Kontrolle hatten als er. Ich schluckte meinen Ärger. „Wirst du es auch versuchen, Jane?“, fragte ich sie. Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht.“ Das war auf jeden Fall besser als ein klares ‚Nein’. Ich lächelte. Wenig später waren wir auf dem Gelände des Flughafens angekommen. Im Auto hatten sich Aro und Jane die Kontaktlinsen eingesetzt und sahen jetzt beinahe menschlich aus. Beinahe. Wäre da nicht die unnatürlich blasse Haut gewesen, die jeder von uns hatte. Aber Menschen sahen da nicht so genau hin. Dad hatte den Mietwagen zurückgebracht und nun flankierten er und Carlisle Aro und Jane, damit die ein wenig Abstand zu all den Menschen hatten.

Als wir im Fliger saßen, hatten Liv, Jane und ich uns untereinander zwei Doppelplätze aufzuteilen. Vier ist leider schwer durch drei teilbar. Natürlich wäre es kein Problem gewesen, einem von uns ein Körperteil abzureißen und uns danach wieder zusammenzusetzen, aber Menschen sahen das nicht so gern, wenn ein einzelner Arm auf einem Sitzplatz lag. Das gab nur unnötigen Tumult. Liv wollte, dass ich mich neben sie setzte, ich natürlich auch, aber was war, wenn der Platz neben Jane nicht freiblieb? Der Flug dauerte mehrere Stunden und glaubte nicht, dass Jane das durchhalten würde. Das sagte ich auch Liv. Sie stimmte mir zu und lachte: „Aber wir riskieren es, dass sich neben mich ein schwitzender Mensch setzt?“ Ich stimmte in ihr Lachen ein: „Tja... das müssen wir wohl.“ Damit war die Sache geklärt und ich setzte mich neben Jane. „Halt die Luft an.“, riet ich ihr. Sie nickte. Ich schloss die kleine Gardine am Fenster und den Sicherheitsgurt. „Wozu tust du das?“, fragte Jane mich verwirrt. Klar, absolut unnötig für einen Vampir. „Um nicht aufzufallen. Menschen brauchen den nämlich.“ Das schien ihr einzuleuchten und sie schloss ihren Gurt ebenfalls. An diesem Ort voller Menschen wirkte sie auf einmal verloren.

Als später eine Stewardess mit einem befüllten Wägelchen vorbeikam fragte sie: „Benötigen die Ladys irgendetwas?“ Jane sah sie wie hypnotisiert und mit durstigem Blick an. Ich stieß ihr fest meinen Ellenbogen in die Rippen und sagte schnell: „Sehr freundlich. Aber nein, danke.“ Die Stewardess nickte irritiert und ging weiter. Ich atmete erleichtert auf: „Mensch, Jane...“ Sie sah nicht zu mir, sondern starrte den Vorhang neben ihr an, als wäre er ein Alien. „Ist ja nochmal gut gegangen.“, versuchte ich es. Sie sah mich ausdruckslos an: „Und was wenn nicht?“ Ich konnte nicht antworten, sondern starrte nur ihre Augen an: „Die Kontaktlinsen! Schnell setz dir neue ein!“ Jane wandte sich also wieder von mir ab, um die blutrote Iris verbergen zu können. Ich sah zu Aro. Auch seine Kontaktlinsen hatten sich bereits aufgelöst. „Carlisle!“, flüsterte ich. Er sah zu mir. „Aros Augen.“ Carlisle nickte und wandte sich zu Aro, der schnell seinen Kopf senkte. Carlisles Handy klingelte. Er ging ran und ich Esmes Stimme durch den kleinen seitlichen Lautsprecher hören. Carlisle und sie diskutierten kurz und dann hörte ich, wie Esme den Hörer an jemand anderen weitergab. Carlisle hielt mir das Handy hin. Ich sah ihn erstaunt an. Er zeigte auf die Damentoiletten am Ende des Gangs. Ich wandte mich an Jane: „Schaffst du das schnell alleine?“ Ich sah sie prüfend an, während sie nickte. Dann löste ich meinen Gurt und lief in die Kabine. „Hallo?“; sprach ich in den Hörer. „Florence?“, fragte mich Bella. „Am Apparat.“ „Ihr bringt Aro und Jane mit?!“ „Ja.“ „Wo bitte seid ihr?“ „Im Flieger.“ „Unter Menschen? Mit durstigen Vampiren, die keine Vegetarier sind?“ „Bella, bitte. Es war nicht meine Idee! Es wird nichts passieren. Und wenn ich das sage, stimmt es ja wohl. Jane ist in Ordnung. Ja, okay, sie ist nicht gerade die Warmherzigkeit in Person, aber...“, ich atmete tief ein, „Jane wirkt verloren.“ „Jane und verloren?!“ „Sie hat kein einziges Mal ihre Gabe benutzt. Sie macht sich wirklich gut. Gib ihr eine Chance! Selbst Mom und Dad sind überrascht.“ „Na ja, wir werden sehen.“, meinte Bella und seufzte, „Renesmee will dich sprechen. Bis bald.“ „Bis bald.“ Da hatte sie mich aber schon weitergegeben: „Und Liv und du ihr lebt noch? Ich meine, ihr seid unsterbliche Kinder.“ Ich grinste: „Nein, es ist meine Asche, die zu dir spricht. Scherz, du glaubst ja wohl kaum, dass Mam und Daddy das zugelassen hätten. Aber jetzt bin ich doch etwas beleidigt, wo ich merke wie wenig ihr mir und meiner Gabe doch zutraut...“ „Ach, du hast also... Clever, clever! Okay, mein unbezwingbares Cousinchen, ich muss Mommy beruhigen. Man glaubt es kaum, aber sie kommt halb um vor Sorge.“ Ich kicherte: „Na gut. Wir sind ja bald da. Dann flitz mal los. Tschau, Ness!“ „Tuut-tuut-tuut“ Ich verließ die Kabine und brachte Carlisle sein Handy zurück, bevor ich mich wieder auf meinen Platz neben Jane fallen ließ und mich wieder anschnallte. „Alles okay?“, fragte ich sie und sie bejahte: „Ich konzentriere mich auf andere Sachen. Ich höre zum Beispiel bei ihren Gesprächen zu. Ist allerdings ziemlich langweilig.“ „Da schläft sogar unsereins ein, was?“, ich lachte. Jane lächelte. Liv starrte mich an. Als ich zu ihr sah, blickte sie weg. Komisch. War sie vielleicht eifersüchtig? Nein, das passte nicht zu ihr. Aber was, wenn doch? Ich schlug mir den Gedanken aus dem Kopf. Niemals könnte jemand ihre Stelle einnehmen. Aber es konnten ja weitere Stellen hinzukommen. Liv würde das verstehen, da war ich mir absolut sicher.

Als wir in Seattle landeten, stiegen wir sofort in Carlisles Wagen und dampften ab. Die Kontaktlinsen hatten sich bereits wieder aufgelöst, aber das war hier nicht weiter schlimm. Wenig später hatten wir unser Haus erreicht.

Die ganze Fahrt über hatte ich Livs Hand gehalten und sie vorsichtig angelächelt. Als sie diese Miene erwiderte, hatte ich die düsteren Gedanken, in denen das Wort ‚Eifersucht’ wie eine Warnblinkanlage immer wieder aufgeblinkt war, beiseite geschoben. Fehlalarm, ich atmete erleichtert auf. Wir stiegen allesamd aus. Aro sah sich um. Dieses Paradies konnte, ach was, musste einfach jedem gefallen. So auch Aro. Jane musterte das Haus mit den großen Fenstern und runzelte die Stirn. „Etwas anders, als eure Festung, nicht wahr? Aber das ist ein Ort, an dem wir alle uns nicht verstecken müssen.“, sagte Liv vorsichtig. Ich pflichtete ihr bei: „Hier können wir unser Leben leben.“ Die anderen nickten. Auch Jane sah das ein. Esme hatte unterdessen die Tür geöffnet und kam mit Jasper, Alice, Renesmee und deren Eltern, also Edward und Bella, die Treppe hinunter. Renesmee rannte geradewegs auf Liv und mich zu, während die anderen Aro und Jane begrüßten. „Schön, dass ihr wieder da seid. Die zwei Tage kamen mir vor, wie eine Ewigkeit.“, sagte Nessie und strahlte uns an. „Selbst wenn.“, sagte Liv und ich fügte hinzu: „Die Ewigkeit hätte dir zur Verfügung gestanden.“ Wir grinsten. Da bemerkte ich, dass Jane uns beobachtete. Nicht böse, sondern irgendwie erstaunt und gleichzeitig bedrückt... Renesmee hielt mir ihre Hand an die Wange. ‚Was hat sie?’, dachte sie und sah mich fragend an. „Später.“, wisperte ich, denn schließlich konnte Jane alles hören. Esme sprch Jane gerade vorsichtig an. Irgendwie verhielten sich alle sehr reserviert. Ich sah ein schwaches Schimmern vor Esme. Wie eine Mauer. Nessie folgte meinem Blick und reichte mir wieder ihre Hand: ‚Das ist Mom. Sie ist ein Schutzschild. Sie weiß nicht, ob sie Jane trauen kann und ob diese wirklich auf ihre Gabe verzichtet.’ Ich nickte. „Sag es auch Liv.“, sagte ich Nessie, schließlich sollte die nicht außen vor sein. Renesmee nickte und gab Liv ihre Hand. „Aro’s Gabe in umgekehrter Form.“, sagte ich zu Liv, die Ness verständnislos angesehen hatte. Schließlich gingen alle ins Haus und wir folgten ihnen. „Wie schön euch alle wieder zu sehen.“, seufzte Aro. Dann sah er Edward an: „Deine Tochter ist groß geworden. Eine wahre Schöhnheit. Ganz die Mutter.“ Schleimer! “Und ihr wollt tatsächlich vegetarisch leben?“, fragte Jasper. „Sagen wir es so: Wir sind interessiert. Nicht wahr, Jane?“, Aro sah ihr tief in die Augen. Der Kerl war mir irgenwie unheimlich. Von seinen Blicken bis hin zu seinen Andeutungen, ich wusste nicht, ob er das extra tat, um geheimnisvoll zu wirken, oder ob er etwas plante. Und überhaupt: Alle verhielten sich merkwürdig und die Luft klirrte nur so vor Anspannung. Vielleicht würde sich das ja in den nächsten Tagen ändern... Bella hielt uns die gesamte Zeit in ihrem Schild. Ganz genau beobachtete sie jede von Janes Bewegungsabläufen. Himmel! Dar war einfach lächerlich. Ich kam mir vor, als wär ich im Kindergarten. Ich sprang also wütend auf, tierisch genervt von dem ganzen Theater. Okay, Aro war mir auch nicht sonderlich geheuer, aber Jane hatte niemanden etwas getan. „Es reicht! Bella, heb deinen Schild auf! Eswird niemandem etwas passieren. Warum sollten die zwei uns angreifen? Warum? Sie sind hier, um gemeinsam mit uns ein Verbrechen aufzuklären, das auch wirklich eines ist. Gemeinsam! Zusammen. Alle miteinander. Einer für alle und alle für einen. Edward, hör endlich auf, jede Gehirnzelle von ihnen einzeln umzudrehen. Jasper, hör einfach auf, die Stimmung aufrecht zu erhalten und du, Alice, such nicht nach irgendeiner Vision von einem Kampf, den es niemals geben wird. Das ist doch total krank! Wenn ihr nicht alle augenblicklich aufhört, dann leg ich euch alle eigenhändig vor Carlisle auf die Liege.“, knurrte ich. Dann sah ich jedem nochmal kurz in die Augen, bevor ich mich wieder hinsetzte. Schweigen. Schweigen. Schweigen. Das war ja nicht zum Aushalten! Alle schwiegen und starrten mich an. Ich stand ruckartig wieder auf: „Ich gehe jetzt jagen. Und wenn ich wiederkomme, möchte ich, dass ihr euch benehmt.“ Das meinte ich richtig ernst. Damit lief ich hinaus.

Entdeckung

Gierig sog ich die kühle Abendluft ein. Eigentlich wollte ich gar nicht jagen. Mein Durst würde noch ein paar Tage fernbleiben. Hoffentlich. Egal. Hauptsache ich kam kurz weg von hier. Ich rannte los und ließ mich einfach von meinen Beinen tragen. Ahh... Das tat gut. Ein Gefühl von Freiheit durchfuhr mich. Ich schloss die Augen und genoß die kühle Nachtluft. Hoch über meinem Kopf strahlten die Sterne am klaren Himmel. Ich schnupperte in die frische Brise, die mir entgegenströmte. Ich blieb verwirrt stehen und öffnete die Augen. Vampirgeruch. Fremder eigenartiger Vampirgeruch. Ich drehte mich im Kreis und sah mich ganz genau um. Da sah ich sie. Die drei Unbekannten. ‚Mein Gabe.’, dachte ich, ‚Schnell!’ „Ihr könnt mir nichts anhaben!“, rief ich ihnen also entgegen. Die Fremden blieben stehen. Sie waren durch meine Sicherheit stutzig geworden. Doch sofort gingen sie weiter. ‚Das hättet ihr wohl gerne!’, dachte ich, sprand über sie hinweg und rannte nach Hause. Ich flog wohl eher, als dass ich rannte. Ich stürzte ins Wohnzimmer. „Die Fremden... sie.. mich... ich...“, ich war mit den Nerven am Ende. Dad kam zu mir und hob mich hoch in seine starken Arme. Ich legte meinen Kopf an seine muskulöse Brust und genoss für eine Weile diesen Zustand. Ich atmete tief ein und aus und versuchte zur Ruhe zu kommen. Doch dann richtete ich mich in Emmetts Armen ruckartig auf und rief: „Carlisle! Die Fremden! Ich hab sie gesehen und konnte aber entkommen.“ „Wo war das?“ „Ich... ich weiß es nicht mehr...“, gestand ich kleinlaut. „Ist ja auch nicht wichtig, lasst uns einfach Florence’ Fährte folgen.“, warf Jasper ein. Er rannte zur Tür. „Na los, worauf wartet ihr noch?“ Aro und Jane setzten ihm nach. Dicht gefolgt von Edward, Carlisle und Dad, der mich schnell an Esme weitergereicht hatte. Ich spürte ihre eisigen Luftzüge, dann waren sie weg. Esme ging mit mir in mein Zimmer und legte mich auf das kleine Sofa. Hinter uns betraten Mam und Liv den Raum. Ich sah ihre besorgten Gesichter über meinem schweben. Na bravo, sobald ich mal was erlebte klappte ich erstmal zusammen. Okay äußerlich konnte mir ja nichts fehlen, dass tat es auch nicht, aber innerlich. Innerlich war die Erschöpfung riesig. Hallo, Unterbewusstsein! Ich bin ein Vampir und kann gar nicht geschwächt sein... Aber das liebe Ding wollte mir einfach nicht zu hören. Ich schloss die Augen, um etwas Klarheit in meinen Kopf zu bringen. Die Umstehenden sahen das als Schwächeanfall an und bekamen vor Schreck auch fast einen. Und sowas nannten sich Vampire... Tss! Ich schlug meine Augen also widerwillig wieder auf, und bevor ich sie wieder schloss fragte ich: „Dürfte ich nun meine Augen schließen, ohne dass um mich herum alle an einem Herzinfarkt bekommen?“ Sie nickten und so lehnte ich mich zurück. Mum hielt mir die gesamte Zeit die Hand, bis die anderen im Morgengrauen zurückkehrten. Ich wollte gerade aufspringen, um zu fragen, was gewesen war, da hielt Mam mich zurück. „Wo ist Florence?“, brüllte Dad. „Auf ihrem Zimmer.“, antwortete ihm Ness, „Was ist...“ Sie schrie leise auf.Da stand Dad schon mit Carlisle auf dem Arm im Türrahmen. An seinem Bein war der große Riss zu sehen. Esme schrie entsetzt und schwankte. Mam und Jasper fingen sie auf und verfrachteten sie neben mich. Alice kam und nahm Esmes Kopf in ihre Hände und sah ihr tief in die Augen: „Schhhh! Florence kriegt ihn schon wieder hin!“ Esme keuchte noch einmal, dann nickte sie. „Es ist wahrscheinlich besser, du gehst raus.“, sagte Edward zu ihr. Da kam Bella mit der vermaledeiten Schüssel und hinter ihr Aro und Jane mit ernsten Mienen. Na bravo. Esme verließ gemeinsam mit Alice den Raum und Mom zog mich auf ihren Schoß. Jasper hielt mir Carlisles verwundetes Bein hin. Ich atmete einmal tief durch und dann biss ich zu. Das Gift war bereits weitläufig in seinem Körper verteilt, was das Procedere verlängerte. Ich leerte meinen Mund über der Schüssel. Boah, war das vielleicht ätzend! Ich saugte noch einmal, doch es kam kein Gift mehr nach. Carlisle schlug die Augen auf. „Hol Esme.“, sagte Edward zu Bella, die wenig später mit dieser zurückkam. Esme kniete sich vor Carlisle nieder und schluchzte: „Tu mir das nie wieder an!“ Ich rannte hinaus, um mir den Mund auszuspülen. ‚Wasser’, dachte ich und rannte zum nächsten Hahn. Ahhh... tat das gut! Erfrischt ging ich zurück zu Carlisle und all den anderen, die mein Zimmer beängstigend klein wirken ließen. „Was ist eigentlich passiert?“, fragte Mum gerade. „Wir fanden die Stelle, an der Florence überfallen wurde und folgten also der Fährte der Fremden. Sie führte uns durch den Wald, bis in die Berge. Dort sahen wir ihr Lager. Und es sind keineswegs drei. Es sind hunderte! Auf einmal wurden wir von hinten agegriffen. Jane benutzte ihre Gabe, doch für Carlisle war es bereits zu spät. Wir rannten so schnell wir nur konnten zurück.“, berichtete Edward. Mir schauderte es. Eine riesige Vampirarmee. Jane sah umher: „Wir müssen eine stärkere Armee zusammenbekommen! Es wird auf jedenfall zu einem Kampf kommen, egal was wir tun.“ Jasper nickte: „Es wird wie damals für Nessie sein. Wir werden alle Freunde von Carlisle aus aller Welt zusammensuchen. Zafrina, Benjamin und Kate brauchen wir auf jeden Fall.“ „Ich werde Jacob fragen.“, sagte Ness. „Warum sollte Sam das zu lassen?“, seufzte Bella. „Fragen kostet nichts.“, entgegnete Renesmee. „Nun gut. Ich werde die Denalis anrufen.“, meinte Edward. Er sah auf Aro, „Die Volturi sollten besser zuletzt kommen. Ich möchte keine Kämpfe während der Vorbereitungszeit.“ „Natürlich.“, sagte Aro und Jane nickte. „Jasper und ich werden die Nomaden aufsuchen.“, sagte Alice. Alle nickten und verabschiedeten sich von ihnen und dann waren sie auch schon weg. „Bella und ich werden die ganzen Zirkel aufsuchen. Kommst du, Liebste?“ Bella umarmte Renesmee. Dann hatten uns auch die beiden uns verlassen. „Kommt ihr mit ins Reservat?“, fragte Nessie mich und Liv. Wir nickten und so ließen auch wir das Haus kurze Zeit später hinter uns. Unser Weg war nicht weit. Schon bald erreichten wir eine kleine gemütliche Holzhütte. Ness klopfte. Ein etwas älterer Mann im Rollstuhl öffnete uns die Tür: „Ahh... Renesmee. Mit ein paar Freunden. Wie schön. Kommt doch... rein.“ Kritisch musterte er Liv und mich. . „Billy, das sind Liv und Florence Cullen. Die beiden sind vor nicht allzu langer Zeit zu uns gestoßen.“, stellte Nessie uns vor, „Ist Jacob da?“ War ja klar... Bei Fuß, Jacob! Ich verdrehte die Augen. Da erschien Fifi auch schon in der Tür. „Hallo, Schatz.“; sagte er und umarmte Ness. Sein Blick fiel auf Liv. „Ach. Noch eine neue Cullen?“ „Neu vor etwa vierzig Jahren.“, fügte ich hinzu. „Aber wir sind wegen etwas anderem hier.“, meinte Liv schnell, denn sie hasste es im Mittelpunkt zu stehen. „Weswegen denn?“, fragte Rex. „Lass uns einen Spaziergang zum Strand machen.“, schlug Renesmee vor und führte uns aus dem Haus. Bereitwillig kamen wir mit. In der Bude stank es fürchterlich nach nassem Hund. Hoffentlich wurde es an der frischen Luft etwas besser.

Es war auszuhalten, als wir gemeinsam an der Brandung entlanggingen. Nessie hatte bereits die ganze Story erzählt und Jacob dachte nach. Er wirkte ziemlich gestresst, als sich die Haare raufte und antwortete: „Wir müssen Sam fragen. Ich weiß nicht, ob ich das Rudel mithineinziehen soll...“ „Dann lass uns doch einfach zu Sam hingehen.“, unterbrach ihn Liv. Das Mädel war auf Zack. Jake nickte und murmelte geistesgegenwärtig: „Ja... sicher... sofort...“ Kurz darauf standen wir also vor einer zweiten Hütten, bei der der Gestank mindestens zehnmal schlimmer war als bei Jacob zu Hause. Eine Horde Jungs, nur mit Shorts bekleidet kam aus der Terrassentür gerannt. Das Rudel höchstwahrscheinlich. Ich runzelte die Stirn. Ein kräftiger Mann trat nun ebenfalls mit einer hübschen Frau an seiner Seite durch die Tür hinaus ins Freie. Als diese uns den Kopf zuwandte, war ich wie erstarrt. Durch ihre rechte Gesichtshälfte zogen sich drei lange Narben. Sie begrüßte uns herzlich und stellte sich als Emily Young vor. Ich riss mich von ihrem Anblick los und gab meinen Namen ebenfalls bekannt. Jacob und Ness diskutierten währendessen mit dem Mann, der Sam sein musste. „Das ist zu riskant!“, hörte ich Jacob sagen. „Dein Rudel muss ja nicht mitkämpfen, wobei ich genau das von dir erwarte: Renesmee ist gehört zu deiner Familie und sie wird definitiv kämpfen. Warum also du nicht an ihrer Seite? Ich werde als dein altes Alphatier auf jeden Fall mit in die Schlacht ziehen.“, widersprach Sam. Ich vermutete, dass er sich einfach nur sehnlichst Abwechslung wünschte. „Dann wird mein Rudel an der Flanke deines kämpfen.“, meinte Jacob niedergeschlagen. „Vielen Dank!“, sagte Nessie. „Bedenkt trotzdem: Es ist ein hohes Risiko.“, wandte Liv ein. Doch die Entscheidung der beiden Leitwölfe stand bereits fest. Und sie würde sich nicht mehr ändern. „Dann lasst uns gehen.“, sagte ich und Liv und Nessie nickten. Letztere konnte es natürlich nicht lassen Jacob noch einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Dann wandten wir uns ab und schossen in Vampirgeschwindigkeit zurück. Esme sah uns erwartungsvoll an. Liv nickte. „Wie geht es Carlisle?“, fragte ich. „Rose hat ihn gerade verwandelt.“, lächelte Esme müde. Liv und ich schauten überrascht. „Das ging aber schnell!“ Wir waren schließlich keine zwei Stunden außer Haus gewesen.

„Und hat es sehr gestunken?“, fragte Dad grinsend. „Brutal.“, erwiderte Liv und ich nickte naserümpfend. Dad lachte und wollte mich hochheben. Ich hstte das geahnt und war an ihm vorbei auf ein Regal geflitzt. „Dad, ich bin keine vier mehr!“, sagte ich und sprang elegant vom Regal auf seine breiten Schultern, von wo aus ich ihm seine Haare zerzauste. „Nicht zu fest! Meinen Kopf brauch ich noch!“, scherzte Emmett. Da kam Mum an und grinsend sagte ich: „Zum küssen, stimmts?“ Dad lachte und umfasste Mams Taille zärtlich und... küsste sie. Ich sprang hinunter auf den Boden, um den beiden mehr... Freiraum zu geben. Doch sie gingen nicht weiter ins Detail, denn Mom musste unbedingt etwas loswerden: „Als ich Carlisle gebissen und sein Blut geschmeckt habe... Einfach grässlich! Ich verstehe nicht, was ich nur die ganzen Jahre daran fand...“ Ich lächelte: „Ekelhaft, ncht wahr?“ Mum nickte. Liv räusperte sich: „Wer geht mit mir jagen?“ Ich lief zu ihr und nickte Aro und Jane zu: „Na, was ist? Versuch macht klug. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Kommt ihr mit und probiert es aus?“ Die zwei tauschten einen Blick und erhoben sich. „Na dann, viel Spaß!“, Esme lächelte, „Wir werden auf das Haus aufpassen und ihr passt bitte auf euch auf!“ „Es wird nichts passieren.“; versicherte ich ihr mit Nachdruck und da wusste sie, dass sie sich um uns keine Sorgen zu machen brauchte. Dann liefen wir hinaus in den Wald.

Die Herde

„Die Jagd auf Tiere ist eigentlich nicht wirklich groß von der Jagd auf Menschen zu unterscheiden.“, erklärte Liv, „Allerdings ist es schwieriger sich an sie heranzuschleichen, da sie um einiges ausgeprägtere Sinne haben als Menschen.“ Genau in diesem Moment kam Wind auf. „Was riecht ihr?“, fragte ich. „Wild.“, meinte Jane. „Sehr gut. Es scheint sich ganz in der Nähe ein ziemlich große Herde aufzuhalten. Wir werden auf jeden Fall unseren Durst stillen können. Also lasst uns ihrer Spur folgen.“, sagte ich zufrieden. Liv lief voran. Mitten im Wald bremste sie ab. Vor uns graste die riesige Herde. In ihrer Mitte thronte ein Hirsch mit einem überdimensional großem Geweih. Ein Prachtexemplar. Der gesamte Duft der riesigen Herde war schier überwältigend. „Wenn wir es geschickt anstellen, schaffen wir vielleicht alle Tiere.“, wisperte Liv. Jane und Aro nickten. Ich war wie in Trance und fokussierte eine recht große Hirschkuh. „Dann mal los!“, flüsterte Liv und wir preschtenaus dem Gebüsch hervor. Ich hatte die gesamte Zeit mein Opfer im Blick. Irgendwas war aber seltsam an ihr, denn sie floh nicht, wie alle anderen Herdenmitglieder. Sie hob lediglich den Kopf und sah mir ruhig entgegen, als ich angeprescht kam. Ich sprang auf ihren Rücken und schlug meine Zähne in ihren Halso. Zumindest wollte ich das, doch meine Zähne kamen nicht durch das Fleisch. Ich probierte es noch einmal. Wieder nichts. Da stutzte ich. In ihr pulsierte nichts. Kein warmes frisches köstliches Blut. Nichts. Rein gar nichts. Was war das für ein Tier? Ich sah auf. Die anderen fielen gerade über ihre Beute her. Von dem betörenden Duft des Blutes wurde ich fast wahnsinnig. Mein Durst brannte in meiner Kehle wie Zunder. Zu lange war ich schon nicht mehr auf der Jagd gewesen. Der Platzhirsch war als einziger übrig geblieben und stand verwirrt über den plötzlichen Angriff, da. Das war meine Chance! Ich rannte auf ihn zu und brach ihm mit geübten Griff das Genick. Endlich konnte ich meine Zähne wie durch Butter in das Fleisch des Tieres versenken, die Muskeln und Sehnen, die im Weg lagen durchtrennen und endlich das ersehnte Blut durch meine trockene Kehle rinnen lassen.

Als ich fertig war, warf ich den Kadaver ins Gebüsch. Mein Blick wanderte über die Lichtung. Aro, Jane und Liv hatten ebenfalls fertig gespeist. Die Hirschkuh aber stand immernoch da, wo ich sie angegriffen hatte. „Seltsam.“, murmelte ich. „Was denn?“, im Nu hatten die drei mich umringt. Ich wies auf das Tier, das uns ruhig beobachtete. „Die habe ich als erstes angegriffen, aber meine Zähne konnten unmöglichen in ihr Fleisch eindringen. Und: Kein Blut fließt durch ihre Adern.“ „Ein höchst merkwürdiges Geschöpf.“, bemerkte Aro, als sich das Tier uns langsam näherte. Die Kuh reckte ihren Kopf und sah uns an. „Berühre sie doch, Aro.“, schlug Jane vor. Aro nickte und nahm den Kopf des Tieres in seine Hände. „Erstaunlich!“, rief er aus, „Es betrachtet uns als seinesgleichen.“ „Wie bitte?“, fragte ich verwirrt und Liv sagte: „Als seinesgleichen? Was hat das Vieh denn gefressen?“ „Frag es doch selbst.“, meinte ich und Liv bemühte sich Kontakt zu dem Wesen aufzunehmen. Nach einer Weile gab sie mit einem Seufzer auf: „Es reagiert nicht.“ „Ich kann euch sagen, was es gefressen hat.“, sagte Aro ernst, „Blut.“ Perplex betrachteten wir das Tier. Ein ‚Vampir-Hirsch’? Seine undurchlässige Haut und seine giftdurchströmten Adern passten auf einmal wunderbar ins Schema. „Wer sollte denn so etwas tun?“, fragte Liv. Doch ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie es bereits wusste. Das taten wir alle. Es mussten die Fremden gewesen sein. „Was machen wir jetzt mit diesem... diesem... Ding?“, fragte ich. „Wir werden es töten müssen.“, sagte Aro. „Nein!“, schrie Liv, „Das arme Tier hat doch gar nichts getan!“ „Es dürstet nach Blut und kann sich nicht beherrschen. Es ist eine große Gefahr.“, meinte Aro, während ich Liv verdattert ansah: „Du tötest auf der Jagd doch massenweise Wild, um es dann auszutrinken. Was ist denn mit dem? Wo liegt das Problem?“ „Das Problem? Florence, du kennst meine Einstellung zur Jagd ganz genau! Aber... sie ist uns einfach zu ähnlich.“, wimmerte sie. Klar, wusste ich das. Ich wusste, dass es für sie nicht einfach war, diejenigen zu töten, mit denen sie komunizierte. Aber das gehörte nun mal zum Vampirdasein dazu... „Wir können das Risiko nicht eingehen.“, widersprach Aro. Ich war hin und hergerissen zwischen den beiden und sah, dass es Jane so ähnlich ging. Die Sonne kam hinter den Wolken hervor und wir begannen zu glitzern. Die Hirschkuh inklusive. „Zu ähnlich.“, murmelte Liv wieder, „Wir wissen doch gar nichts über es.“ „Und genau da liegt das große Problem, Fräulein Cullen!“, warf Aro ein. „Es ist nicht unbedingt gefährlich!“, entgegnete Liv. „Nicht unbedingt, Liv, du sagst es!“, fauchte ich, „Na bravo! Mensch Liv! Und was wenn doch? Was passiert dann?“ „Lass es uns mitnehmen, dann sehen wir ja, was passiert. Ansonsten könnt ihr es ja immernoch um die Ecke bringen.“, schlug sie vor. „Liv! Durch Renesmees Adern fließt menschliches Blut! Was machen wir, wenn es sie um die Ecke bringt, bevor wir es mit ihm zu Ende bringen können?“, rief ich aufgebracht. Liv konnte so störrisch sein. „Ich glaube nicht, dass es so weit kommen wird. Ich werde aufpassen. Nehmen wir Livs Vorschlag an unter der Bedingung, dass meine Gabe bei diesem Wesen funktioniert.“, sagte Jane und legte mir einen Arm über die Schulter. Ich nickte ergeben: „Dann probier es aber jetzt aus und nicht erst in einer Extremsituation.“ Jane nickte und sah das Reh an. Sie lächelte scheinheilig und als das Tier begann sich unter ihrem Blick zu winden, erkannte ich die Bestie in Jane. „Stopp!“, kreischte Liv, „Hör sofort auf damit!“ Sie riss Jane am Arm, die stoppte und ‚das Ding’ zog eingeschüchtert den Kopf ein.

Gemeinsam gingen wir also nach Hause. An unserer Seite die geheimnisvolle Hirschkuh. „Jane wird sich jetzt an dich dran hängen. Falls dieses Höllenvieh der Meinung sein sollte, du kämest gerade recht zum Mittagessen.“, sagte ich zu Nessie. Die nickte und war noch blasser als sonst. Ob das an Jane oder dem Wesen lag, konnte ich nicht beurteilen. Mit einem seligen Lächeln gesellte sich Jane neben Renesmee, die ich entschuldigend angrinste. Ein wütender Blick war ihre stumme Antwort. Liebend gerne hätte ich anklagend auf Liv gezeigt, die dem Monster eine Rückenmassage gab, doch ich hielt mich zurück. Rückenmassage... Pfff... Ich hatte von ihr noch nie eine bekommen, aber ‚das Ding’ musste nur einmal schüchtern aufsehen und schon bekam es von Liv alles. Ich sah mich im Raum um. Aro unterhielt sich mit Jane, Ness warf wütende Blicke auf Liv und ihr kleines Haustier und meine Eltern standen dicht hinter mir. Esme musste bei Carlisle in der Bibliothek sein. Plötzlich geschah alles auf einmal. Das Vieh atmete einmal ganz tief ein und richtete einen begierigen Blick auf Renesmee. Die begann hektisch zurückzustolpern. Aro und Jane sahen auf und Jane stellte sich schützend vor Ness. Dad und Aro sprangen nach vorne. Auf dieses Höllentier zu. Doch die schien die beiden gar nicht zu bemerken. Sie wollte nur zu Nessie und deren Blut. Sie sprang vor, auf Jane zu, die seelenruhig lächelte. Die Hirschkuh wand sich vor Schmerzen, doch man sah noch immer ihren unzähmbaren Durst in ihren Augen. Mam rannte zu Renesmee und lief mit ihr aus dem Raum. „Wo ist sie?“, fragte ich Mam, als diese kurz darauf zurückkam. „Bei Esme.“, antwortete die kurz angebunden. Da registrierte ich Liv, die sich hinter mich geflüchtet hatte. Wut durchströmte mich: „So, das wars! Rübe runter!“ „Rübe runter?“, verständnislos sah Aro mich an. „Na, Kopf ab.“, antwortete ich und sah Liv noch immer mit funkelnden Augen an. Das schien in seinem Vokabular vorhanden zu sein. Er ging auf das Untier u, das sich immernoch unter Janes Blick wand. Es tat mir kein bisschen Leid, schließlich hatte es gerade versucht meine Cousine zu ermorden. „Nein!“, schrie Liv, „Es ist eben noch ein Neugeborener“ „Seltsamer Vergleich, Liv! Was macht dich so sicher?“, keifte ich. Meine Eltern sahen verwirrt zwischen Liv und mir hin und her. Wir waren schließlich Gefährten. Doch dieses Monster hatte einen gewaltigen Grand Canyon zwischen uns getrieben und dafür hasste ich es umso mehr. Was fand Liv nur daran? Es fiel mir nichts dazu ein. Dieses Etwas war unausstehlich. „Nein!“, rief Liv wieder. Ich sah in ihre großen goldenen Augen, die ich noch nie, wirklich noch nie, so angsterfüllt gesehen hatte. „Liv. Ich gebe dem Mistvieh noch eine Nacht. Sollte noch irgendetwas passieren, reiße ich dem Scheusal seinen Kopf eigenhändig ab!“, fauchte ich. Liv nickte und lief zu ihrem Ding, das, von Janes Gabe erschöpft, immernoch wimmernd auf dem Boden lag. Rosalie und Emmett starrten mich noch verblüffter an, als sie es sowieso schon taten. Ich wusste selber nicht, was in mich gefahren war, aber es regte mich auf, dass Liv das gefährliche Teil mehr bevorzugte als das Wohl der Familie. „Es tut mir Leid, Liv, aber... ich... ich... kann einfach... nicht...“, stotterte ich und rannte hinaus.

Die Prägung

Ich hörte, dass mir jemand folgte. Doch ich lief einfach weiter, ohne mich umzudrehen. Mein Verfolger gab aber nicht auf. Also drehte ich mich widerwillig um. „...Aro? Du?“, ich war perplex. Ihn hätte ich als letztes hier erwartet. Ich blieb stehen. „Was willst du von mir?“, ich stapfte weiter. Ich hörte wie Aro absprang und innerhalb von einer Zehntelsekunde vor mir landete. Er stand nun direkt vor mir. Auge in Auge. „Wo willst du denn hin, Liebes?“ „Weg. Weg von hier. Ich halte dieses Biest keine Sekunde länger aus!“ „Du verlässt die Cullens?“ „Nein, auf gar keinen Fall! Ich gehe nur für eine Weile in den Wald.“ „Fürchtest du dich nicht vor den Verbrechern.?“ „Nein. Sie haben noch nie am hellichten Tag angegriffen. Außerdem bleibe ich in der Nähe.“ Was wollte Aro nur von mir? Woraus wollte er hinaus? Wie immer blieben mir seine Absichten ein Rätsel. Man konnte ihn einfach nicht deuten. Genau wie Jasper besaß er ein undurchdringliches Pokerface. Ich sah störrisch in seine rubinroten Augen. „Alles gut, mein Kind, alles gut.“ Er legte mir seinen Zeigefinger auf die Lippen. Ich war nah dran ihn abzubeißen. Was zum Teufel sollte das werden?! Ich fauchte ihn kurz an, dann drehte ich ab und lief in Richtung Reservat. Aro würde mir garantiert nicht in die Nähe des Rudels folgen. Ich ließ mich neben einem Felsen fallen. Was war bloß los mit mir? Ich fühlte mich mies, weil ich besessen davon war ein Tier zu töten. Wahrscheinlich wollte ich es aus Rache, da es mir Liv gestohlen hatte. Im Moment benahmen sich überhaupt alle irgendwie gestört. Hatte man ja gerade gut an Aro gemerkt. Hinter mir knackte ein Ast und ich sah auf. Ein sandfarbener Wolf stand vor mir und sah mich an. Und sah mich an. Und sah mich immernoch an. Was wollte jetzt der von mir? Da waren wir wieder beim Thema ‚gestörte Leute’. Es traf also nicht nur auf Vampire zu, sondern ebenfalls auf Werwölfe. „So, genug geschaut, Kleiner! Ich muss jetzt los. Falls du irgendwann wieder mal jemanden zum Anstarren brauchst: Nimm dir zu Hause einen Spiegel zur Hand.“, ich stand auf und klopfte mir den Hosenboden ab, bevor ich so schnell ich nur konnte, nach Hause rannte.

Ich ging ins Wohnzimmer. Das erste was mir auffiel war, dass Carlisles Verwandlung abgeschlossen war. Das zweite war, dass Jasper, Alice, Edward und Bella zurück waren. Das nächste war, dass Jacob zu Besuch war, was mich nicht weiter wunderte. Und das letzte, das mir auffiel war, dass alle mich anstarrten. Ich blieb stehen. Nach fünf Minuten schwiegen immernoch alle. „Raus mit der Sprache!“, rief ich. Jacob schluckte, bevor er langsam sagte: „Seth... ist auf dich... geprägt worden.“ Ich musste mich setzen Renesmee hatte mir alles über die Prägung erklärt und auch gezeigt. Seth würde nicht mehr von mir ablassen. Tag und Nacht mit einem übelriechenden Werwolf an meiner Seite. Nee... Danke! Grauenhafte Vorstellung. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich Jake antwortete. „Aber ich nicht auf ihn.“ Damit war für mich die Sache erledigt. Auch wenn ich dank Ness wusste, dass es das für Seth ganz und gar nicht war. „Sag ihm das Jacob. Ich brauche kein winselndes Viech an meiner Seite. Egal an welcher. Und ich gebe Jungs im allgemeinen gerne Körbe. Aber da er ja ein Werwolf ist, bin ich so nett und gebe ihm auch gerne einen Hundekorb. Oder ist ihm ein Maulkorb lieber?“ „Aber Florence... Er ist nicht verliebt in dich, sondern auf dich geprägt... Das ist etwas völlig anderes...“, Jacob raufte sich die Haare, „Nessie hat mich doch auch genommen...“ „Heiße ich Renesmee?“, ungeniert betrachtete ich meine Fingernägel, „Bella hätte dich auch genommen. Ich nicht. Ich will mit keinem Werwolf zusammen sein, höchstens um ihn ein paar Stunden später wieder auszusetzen. Verstanden?“ Jacob nickte verdrießlich. „Vielleicht will ich ja in ein paar Jahrzehnten etwas von ihm. Aber jetzt nicht. Wenn er unbedingt ein paar Kameraden zum Stöckchen werfen sucht, kann er sich bestimmt auch an jemand anderes wenden.“ Hatte Renesmee mir nicht erzählt, dass die Prägung dazu da sei, um einen Partner zu finden, mit dem man stärkere Wölfe...äh... hervorbringen konnte? Ich konnte überhaupt keine Kinder bekommen. Und da war ja auch noch die Frage, ob ich überhaupt Welpen als meine eigenen Kinder bezeichnen wollte. Mal abgesehen davon: Was bitte kam dabei raus? Halb Vampir und halb Werwolf? Ich schüttelte mich. „Meinetwegen darfst du der Absage noch eine Schleife umbinden.“, sagte ich noch. Jacob lief hinaus. Ich sah auf. Alle starrten mich an. „Was?“, fragte ich. Edwards Miene verfinsterte sich: „Seth ist kein schlechter Kerl. Das hat er nicht verdient.“ Ich sah, wie Esme, Bella und Renesmee zustimmend nickten. „Ihr spinnt doch! Ich kann mich ja wohl in den verlieben, den ich will. Ihr könnt nicht erwarten, dass ich mich augenblicklich in ihn verliebe!“, ich funkelte sie wütend an, „Diese ganze Prägungssache stinkt mir ganz gewaltig!“ „Was hast du gegen ihn?“, fragte mich Ness. „Er ist bestimmt nicht übel. Aber er riecht übel. Dazu kommt, dass ich ihn überhaupt nicht kenne. Er ist ein Werwolf und irgendwie zu menschlich. Jedenfalls für mich.“, fauchte ich. „Florence, Prägung ist weitaus stärker als die Liebe. Das kannst du Seth nicht antun. Was meinst du, was für seelische Schmerzen er ertragen muss, wenn er von dir getrennt ist.“, Carlisle sah mich streng an. „Erstens: Da ist er selber Schuld. Zweitens: Ihr könnt mich nicht dazu zwingen ihn zu lieben!“, wütend starrte ich ihn an. Esme seufzte. „Ich bring den Jungen um!“, knurrte Dad. „Emmett! Er kann doch nichts dafürFlorence, das galt auch für dich!“, ich war überrascht über die Strenge in Esmes Stimme. „Ich suche mir meinen Freund selber aus.“, knurrte ich leise. Mam ergriff meine Schultern, als wollte sie mich beschützen, vor dem was auf mich zukam. Jemand sollte die anderen lieber vor mir beschützen. „Sag es ihm aber bitte selbst!“, verlangte Edward. „Damit er sich verzweifelt an mich dran hängt und anfängt zu balzen?“, ich warf ihm einen bösen Blick zu, „Ich muss gar nichts. Jasper, lass das! Das bringt bei mir sowieso nichts, wenn ich aufgebracht bin.“ Jasper versuchte mithilfe seiner Gabe die gekippte Stimmung wieder aufzurichten. Diese elendigen Werwölfe! Edward schnaubte: „Das bringt doch alles nichts! Das Kind ist stur wie ein Ziegenbock.“ Da sah man ganz deutlich die Ähnlichkeit zu Liv. „Meinetwegen. Dann bin ich das halt!“, fauchte ich, „Wir leben in einer Zeit, in der den Mädchen nicht mehr irgendein Typ aufs Auge geknallt wird.“ Es klopfte an der Tür. „Das ist Sam.“, Edward ging zur Tür und öffnete sie. „Wo ist Florence?“, hörte ich Sams tiefe Stimme. „Im Wohnzimmer.“, sagte Edward. Verräter! Sam erschien mit ihm in der Tür. Sam sah mich an: „Wir zwei, wir reden jetzt mal ein Wörtchen miteinander. Komm mit!“ Ich stand auf. Wenn ihm das so wichtig war... Natürlich wusste ich, was er von mir wollte. „Im Wasser sind wir ihnen überlegen.“, sagte Dad zu mir. „Du kannst allerdings auch auf Bäume klettern.“, fügte Mam hinzu. Ich nickte und lächelte sie traurig an. Sie drückte mir kurz die Hand, dann führte mich Sam hinaus und lief mit mir gen Reservat. Ein paar Wölfe begleiteten uns ein Stück. Sam wollte noch weitergehen, doch ich blieb stehen. Wenn es ihm so wichtig war, dann konnten wir es ja wohl auch gleich hier klären. „Was willst du von mir?“, grimmig sah ich ihn an. „Wie viel weißt du über die Prägung?“, fragte er mich. „Nessie hat mir so ziemlich alles darüber erzählt.“, erwiderte ich gereizt. Ich konnte das alles bald nicht mehr hören. „Gut, dann weißt du sicherlich auch, dass der geprägte Wolf nicht mehr ohne den anderen leben kann?“ Ich nickte achselzuckend. „Was du Seth da antust ist unverzeihlich!“, schrie Sam. „Du kannst mich nicht dazu zwingen ihn zu lieben!“, knurrte ich. „Ich hoffe, du kannst das mit deinem Gewissen vereinbaren!“, Sams Augen funkelten mich zornig an. „Ich kenne Seth doch nicht einmal!“, fauchte ich. „Dann komm mit! Wir gehen zu ihm.“, Sam führte mich einen Weg entlang. „Hat er meinen Korb bereits erhalten?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Nein, das darfst du schön selber machen.“ „Ganz schlechte Idee. Bei solchen Sachen bin ich ziemlich hartherzig. Aber bitte sehr, wenn du unbedingt willst, Chihuahua.“, ich runzelte die Stirn und stapfte weiter. „Pass auf, was du sagst, Mädchen.“ Spielverderber. Ich knurrte ihn an. „Da wären wir.“, Sam schob mich durch eine Tür von einem kleinen Holzhaus, „Charlie, ich bins!“ Ein schlanger Mann mit Schnurrbart kam uns entgegen. „Da ist Charlie, Bellas Dad.“, stellte Sam ihn vor, „Und das Charlie, ist Florence Cullen, die Nichte deiner Tochter.“ Seth war Bellas Bruder? „Schön dich kennenzulernen, Florence. Na was sagt man dazu? Carlisle ist zweifacher Großvater!“, er lachte, „Und wessen Tochter bist du?“ „Rosalies und Emmetts.“, antwortete ich. „Florence!“, das war also Seth. Ich musterte ihn von oben bis unten. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Sam Charlie beiseite nahm. „Du. Ich. Reden. Draußen. Jetzt!“, knurrte ich Seth an, packte ihn am Arm und zerrte ihn ins Freie. Er sah mich verdattert an. „So. Du hast dich also auf mich geprägt...“ Er nickte und lächelte mich an. Ich verdrehte die Augen: „Schön für dich. Oder sagen wirs mal so: Pech gehabt! Ich will nämlich nicht, dass sich irgendwer auf mich prägt.“ Seth sah mich an: „Du... du willst mich nicht?“ „Nicht als Freund.“, ich schüttelte energisch den Kopf und schleuderte meine blonden Locken durch die Luft. Seine Augen weiteten sich und starrten ins Leere: „Florence... das...“ Dann fiel er um. Zack, bumms, lag er da. Ich rannte zur Tür und pochte wie wild dagegen: „Sam! Seth ist ohnmächtig geworden! Sam!“ Sam kam hinausgstürmt. Bitter sah er mich an. Er hob Seth hoch und legte ihn in meine Arme. Was sollte jetzt das? Der Kerl stank vielleicht, es war der Wahnsinn. Angewidert verzog ich das Gesicht. Und er war warm. Viel zu warm. „Bring ihn zu Carlisle. Beeil dich!“, Sam grollte mich an. Ich rannte los. Bereits nach wenigen Sekunden war ich da. „Carlisle!“, rief ich, da kam er schon hinausgerannt. „Hast du ihn verprügelt?“, fragte Dad schmunzelnd. „Quatsch!“, meine Stimme zitterte leicht. „Sein Puls ist ganz schwach, sein Blutdruck zu niedrig.“, sagte Carlisle. Edward sah mich an. „Was?“, fragte ich. „Er will nicht ohne dich weiterleben.“ Das musste ich erst einmal verdauen. Da kam auf einmal ein Mädchen aus dem Gebüsch gestürmt: „Was hast du meinem Bruder angetan?!“ Mit wütendem Blick kam sie auf mich zu. Ich sah sie verständnislos an. Mam stellte sich schützend vor mich und fauchte sie an: „Lass es bleiben, Leah!“ Für mich war das alles jetzt einfach zu viel. Die Fremden, dann der Vampirhirsch und jetzt auch noch diese vermaledeite Prägungssache. Sam kam ebenfalls aus dem Gebüsch gelaufen. „Leah, was tust du hier?“ Sie warf ihm einen wütenden Blick zu und rannte in die Richtung davon, aus der sie gekommen war. „Sam.“, verzweifelt rannte ich zu ihm hin. „Bitte sag mir, dass man die Prägung rückgängig machen kann. Bitte!“ „Es tut mir Leid, Florence.“ Eine Welle von Hilflosigkeit überrollte mich. „Florence!“, Carlisle rief mich. Er kauerte neben dem bewusstlosen Seth. Um ihn herum lagen verteilt seine medizinischen Utensilien. Ich ging zu ihm. Edward setzte sich neben ihn. „Du musst dich entscheiden. Entweder du bleibst Einzelgängerin und Seth wird sterben. Oder du akzeptierst dein Schicksal und er wird weiterleben. An deiner Seite.“, Edward sprach deutlich und eindringlich. Verzweifelt sah ich ihm tief in die Augen: „Ich kann... nicht...“ Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich drehte mich um. Aro. „Liebes, lass mich sehen, welche Überwindung dich deine Entscheidung kostet.“ Widerstandslos reichte ich ihm meine Hand und seufzte. Was würde da schon bei

raus kommen... Aro ließ meine Hand fallen. „Es ist schwer für dich, nicht wahr? Wir Volturi tatsächlich Mittel und Wege um eure Beziehung zu lösen.“ „Welche?“, fragte ich aufgeregt und überhörte großzügig das Wort ‚Beziehung’. „Chelsea.“, hauchte Edward. „In der Tat. Chelsea besitzt eine Gabe, die es ermöglicht euer Band zu trennen, ohne, dass es für euch beide von Bedeutung, wäre. Es wird alles so sein wie zuvor.“, erklärte Aro. Endlich schien mal etwas zu funktionieren. „Das... wäre perfekt!“, wisperte ich. Sam folgte unserem Gespräch misstrauisch. Wie hieß Seths Schwester gleich nochmal? Ach ja, Leah. Auf einmal hatte ich das dringende Bedürfnis mit ihr zu reden. „Erst weckst du Seth wieder auf.“, Edward sah mich streng an. „Chelsea wird nichts unternehmen können, wenn er ohne Bewusstsein ist.“, meinte Aro. Das zog. Ich kniete mich neben Seth: „Aufwachen, Schnarchnase! So, das wars. Darf ich jetzt gehen?“ „Florence! Das ist ja wohl nicht dein Ernst?!“, rügte Carlisle mich. Ich seufzte. „Du wirst ihm sagen müssen, dass du ihn liebst.“, fügte Sam hinzu. „Ich liebe dich, Seth.“, leierte ich monoton vor mich hin. Sam schlug sich an die Stirn. „Was ist?“, fragte ich. „Es sollte eventuellerweise etwas glaubwürdiger rüberkommen.“, sagte Carlisle und er sah aus, als versuche er ein Lachen zu verbergen. Ich rümpfte die Nase, schloss meine Augen und griff nach Seths Hand. Ich stellte mir einfach vor, es sei Moms. Oder Dads. Oder Livs. Ich musste ja an diese Liebeserklärung keinen Namen dran hängen. Ich sprach es gedanklich zu den drei für mich wichtigsten Personen: „Ich liebe dich! Bleib bitte bei mir!“ Den letzten Satz hatte ich schließlich auch zu Mam während sich ihre Verwandlung vollzog gesagt und er kam beim Unterbewusstsein einfach immer gut an. Tatsächlich. Als ich meine Augen öffnete, konnte ich in seine blicken. Ich sah außerdem auch, wie beängstigend nah sein Mund meinem Gesicht war und sich der Abstand immer weiter verringerte. Ich tastete neben mir den Boden ab, ergriff einen Stein, wischte schnell den Schmutz ab und hielt ihn zwischen unsere Lippen. Schließlich war der Stein genauso hart und kalt wie Vampirhaut. Als Seth fertig war den Stein abzuknutschen, nahm er meinen Arm und zog mich näher an sich heran. Ich ließ es zu, starrte aber gleichzeitig panisch zu Mum. Sie zwinkerte mir zu. Mir wurde schlagartig bewusst, dass alle uns zusahen. Die Prägung war mir als magische Bindung verkauft worden. Das war es irgendwie ganz und gar nicht. Der Kerl begrapschte mich nahezu! ‚Schnell, Florence, lass dir was einfallen!’ „Seth... ich will diesen überaus schönen Moment ja nicht zerstören, aber ich möchte dich darauf hinweisen, dass ich sehr durstig bin und die Nähe deines Herzens und der Duft deines Blutes mich zu betören versucht. Es wäre angemessen, dass ich jetzt mit meinen Eltern jagen gehe, als dich auf der Stelle auszusaugen.“; ich befreite mich aus seinem Griff. „Aber natürlich. Lass mich aber nicht zu lange warten.“, ich kam mir vor, als wäre ich in einer Seifenoper gefangen, als er das sagte. Ich sah, dass alle Umstehenden ein Schmunzeln auf den Lippen hatten. Auf dem Weg zu meinen Eltern kam ich an Aro vorbei und ich flüsterte ihm zu: „Sag deiner Chelsea, sie soll sich bitte beeilen!“ Dann sauste ich wie ein geölter Blitz zu meinen Eltern. Die nahmen mich zwischen sich und wir sausten in Vampirgeschwindigkeit in den Wald hinein. Endlich konnte Dad lachen, ohne dass Seth ihn hörte. Ich sah, dass Mam ebenfalls kurz davor war, in sein Lachen mit einzustimmen.. „Das hast du sehr... taktvoll formuliert.“, lächelte sie. „Mir grauts jetzt schon vor dem nach Hause kommen. Hoffentlich ist diese Chelsea schnell da!“, meinte ich, „Jetzt lasst uns aber erst einmal jagen!“ Und so rannten wir los.

Hoffnung

Danach fühlte ich mich seltsam befreit. „Die Idee mit dem Stein war sehr originell.“, lachte Emmett. „Was hätte ich sonst tun sollen? Ihn wirklich küssen? Irgendwo ist auch eine Grenze. Sagt mal, war der vorher eigentlich auch schon so?“, fragte ich. „Nee.. Er war mir immer sehr sympathisch. Ehrlich gesagt erkenne ich Seth nicht wieder, seitdem er auf dich geprägt ist.“, sagte Dad. „Vielleicht mag ich ihn ja auch, wenn die Prägung aufgehoben ist...“, seufzte ich. Warum war nur alles immer so kompliziert? „Es war sehr freundlich von Aro, dir das mit Chelsea anzubieten.“, lächelte Mum, „Er hat sich sehr verändert. Warum auch immer...“ „Leider.“, Dad seufzte. Entgeistert starrte ich ihn an: „Leider? Bist du völlig irre? Ist doch gut, wenn die Volturi uns nicht ständig umbringen wollen!“ Rose schmunzelte: „Dein Dad würde sich, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, in jeden Kampf begeistert stürzen.“ Ich sah Dad an und lächelte. Er lächelte zurück und überlegte. Dann umarmte er Mom und sagte: „Es ist wunderbar eine Tochter zu haben. Wie konnten wir nur all die Jahre ohne ein eigenes Kind leben?“ Ich sprang ihm auf den Rücken und küsste ihn auf die Wange. „Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich habe?“, flüsterte ich ihm ins Ohr. „Auf jeden Fall nicht so sehr, wie ich dich.“, lächelte er. Ich grinste: „Nein. Mindestens doppelt so viel.“ „Sagen wir es doch einfach so: Wir lieben uns alle unendlich viel!“, meinte Mam. „Damit kann ich leben.“, damit sprang ich von Dads Rücken. „Ich will eigentlich gar nicht zurück. Wer weiß, vielleicht ist Seth noch da.“; ich schaute in die Richtung, in der unsere Haus lag. „Sicherlich wird er noch da sein. Er wartet auf dich. Schließlich hast du ihm versprochen bald wieder zurück zu sein.“, erwiderte Mum. „Na, du machst mir vielleicht Hoffnung...“, schnaubte ich, „Wenn ich zu lange bei ihm bin, hau ich ihm wahrscheinlich noch aus Versehen eine rein, weil ich sein Geturtel nicht mehr ertrage.“ „Au ja!“, rief Dad freudig. Mom besah ihn mit einem strafenden Blick. Dann sah sie zu mir: „Nur ein oder zwei Tage, Schatz, dann ist Chelsea da. Das schaffst du schon.“ „Wenn es überhaupt funktioniert...“, ich seufzte. „Deine Gabe?“, Dad sah mich fragend an. „Seth ist ein Werwolf und kein Vampir.“ „Aber Chelsea ist einer.“ „Ich kann es ja mal versuchen.“, aber so wirklich glaubte ich nicht daran. Ich hatte in letzter Zeit wirklich nur Pech gehabt... Da fiel mir etwas ein: „Warum sind Alice, Jasper, Edward und Bella denn schon wieder zurück?“ „Carlisle hat sie angerufen, als er von der Prägung erfahren hat. Er wusste nicht, wie du darauf reagieren würdest. Und da du schließlich mit uns beiden verwandt bist...“, sagte Emmett. Ich grinste: „Hat er etwa daran gezweifelt, ob sechs ausgewachsene Vampire und ein Halbvampir mich aufhalten können?“ „Zwei ausgewachsene Vampire.“, berichtigte Dad mich, „Rose und ich hätten dich liebend gerne unterstützt. Und ich glaube kaum, dass sich Aro und Jane in solch einer Situation eingemischt hätten.“ „Und was ist mit Liv?“, warf ich ein. Mum lächelte: „Du glaubst ja wohl nicht ernsthaft, dass Liv sich gegen dich wendet?“ „Bei dem Höllenvieh von Hirschkuh tut sie das doch die gesamte Zeit über!“, grollte ich. „Das legt sich schon wieder.“, meinte Mom. Ich nickte. „Dann lasst uns mal zurückgehen.“, sagte Dad. Mein Körper verkrampfte sich. Emmett legte seine Hand auf meine Schulter. Ich sah zu ihm auf. „Na komm, so schlimm wird’s schon nicht werden. Ich bleibe bei dir.“ Da lächelte ich schief und ging los. Ich kam mir vor, wie ein Ritter, der in den Kampf zog. Ich hatte meine gesamte Hoffnung in Chelsea gesetzt, doch ich zweifelte daran, dass sie mir wirklich helfen konnte.

Als wir kurz darauf eintrafen, war Seth nicht vorzufinden. Ich atmete erleichtert auf. Die Wiese war wie leergefegt. Einzig und allein Sam war noch da. Eilig kam er auf uns zu. „Florence, ich habe Seth Patroulliendienst gegeben, bis er vor Müdigkeit ins Bett fällt. Nach dem Akt vorhin musste ich einsehen, dass du leider recht hattest. Seth bat mich, dir von seinem Dienst zu erzählen, damit du dir keine Sorgen um ihn zu machen brauchst.“. Er lächelte. „Vielen Dank, Sam, vielen vielen Dank! Richte ihm bitte aus, dass ich ihn morgen am Rande des Reservats erwarte.. Am Nachmittag, da wir noch Besuch empfangen werden.“, ich war so erleichtert. „Wir erwarten tatsächlich Gäste. Die Denalis werden in Kürze hier ankommen. Außerdem werden die Tage auch viele andere Vampire hier eintreffen, um sich mit uns auf den Kampf vorzubereiten.“, pflichtete Mam mir bei. Sam nickte. Dann verschwand er grußlos im Dickicht. Selig lächelnd ging ich nun zur Haustür. Ich ging mit meinen Eltern an der Seite hinein. Gemeinsam betraten wir das Wohnzimmer. Dort fanden wir lediglich Liv, Carlisle, Esme, Nessie und Jacob vor. Die anderen mussten sich wohl wieder aufgemacht haben, um die Verstärkung zu holen. Ich rückte näher an Renesmee heran. „Ich treffe mich morgen mit Seth an der Grenze, um einen Spaziergang zu machen. Könnten du und Jacob uns nicht begleiten?“, fragte ich sie hoffnungsvoll. Jake grinste mich an: „Kann ich nach der Szene heute gut nachvollziehen. Klar kommen wir mit, nicht wahr, Ness?“ Die nickte zustimmend. „Vielen Dank euch beiden!“, sagte ich aufatmend. Alleine hätte ich diese Begegnung garantiert nicht durchgezogen. „Die Idee mit dem Stein war echt der Hammer!“, meinte Jacob und lachte. Die anderen fielen mit ein. Ich inklusive: „Es erschien mir als die einzigste Möglichkeit seinem Schmatzer zu entgehen. Dazu kommt, dass ich schnell eine Initiative ergreifen musste und meine Möglichkeiten dadurch etwas begrenzt waren.“ Meine Eltern setzten sich neben mich und Dad zog mich auf seinen Schoß. Ich lehnte mich an ihm zurück und hätte ewig so dasitzen können, doch schon bald hörten wir ein Auto vorfahren. „Die Denalis sind da.“, sagte Esme und wir standen auf. Mein Blick schweifte zu Liv und bemerkte, dass das Horrortier an ihrer Seite fehlte. Komisch. Ich nahm mir vor, sie später darauf anzusprechen.



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