Naraku und der Faltenrock von Kenja (Wenn ein Plan misslingt...) ================================================================================ Kapitel 3: Die Hölle -------------------- Kagome konnte es noch immer nicht fassen. Immer wieder starrte sie in den kleinen Spiegel und betrachtete Narakus Gesicht. Es war das seltsamste, was sie je erlebt hatte. Es hatte lange gedauert, bevor Kagura ihr geglaubt hatte. Kagome hatte ihr mehr als vier Mal gesagt, dass sie nicht Naraku, sondern Kagome war, als Kanna dazwischen gegangen war. Sie hatte zwei Mal auf ihren Spiegel getippt und gesagt ‚zeige die Wahrheit’, dann hatte sie ihn Kagome vorgehalten und dieses Mal hatte der Spiegel Kagomes Gesicht gezeigt. Kagura war sprachlos gewesen, allerdings nur für einen kurzen Moment. Seitdem kringelte sie sich vor Lachen, sie hielt sich die schmerzenden Seiten und prustete so laut, dass alle sich schon nach ihnen umschauten. Kagome hatte lange gebraucht um zu verstehen, wo sie war. In der Unterwelt. Natürlich, Naraku war tot, genau wie Kagura und Kanna, wo sollten sie also sonst sein? Doch irgendwie hatte sie sich das Ganze anders vorgestellt. Hier saßen alle scheinbar gemütlich zusammen, wie bei einem Kaffeekränzchen. Einige kämpften gegeneinander, doch das schien kaum einer zu beachten. Was am seltsamsten war, war die Tatsache dass man alles wie durch einen Schleier wahrnahm. Es gab keinen Wind, es gab weder Sonne noch Wolken, es war nicht dunkel aber auch nicht wirklich hell, alles war so nichtssagend. Kagome schüttelte sich. Kagura holte gerade tief Luft, um danach erneut in eine Lachtirade zu verfallen und selbst Kanna konnte sich den Anflug eines Lächelns nicht verkneifen. „Was war denn Narakus phänomenaler Plan?“, fragte Kagome nun genervt, mit Narakus Stimme. Kagura lachte noch immer wie ein Kind, das man auskitzelte. „Kagura!“, rief Kagome nun so ernst wie sie konnte und warf der Frau einen bösen Blick zu, Kagura zuckte zusammen und hörte auf zu Lachen. Jetzt konnte Kagome es sich nicht verkneifen. „Haha, ich mach mich ganz gut als Naraku, was?“, sagte sie und lachte, während Kagura ihr einen bösen Blick zuwarf. „Also, Narakus Plan?“, fragte Kagome, als sie sich wieder beruhigt hatte. „Er wollte zurück in die Welt der Lebenden kommen, mithilfe einer sehr mächtigen Hexe. Der Plan war, einen Körper zu finden, durch den er in die Welt der Lebenden transferiert wird. Aber...“, Kagura musste erneut prusten, „jetzt läuft er in einem Faltenrock durch die Welt der Lebenden.“ Wieder verfiel sie in lautes Gelächter. Kagome erschauerte. „Du meinst er ist in MEINEM Körper unterwegs?“, fragte sie hysterisch und blickte Kanna verzweifelt an. „Das wäre der logische Umkehrschluss“, sagte sie mit ihrer dünnen Stimme. „Inuyasha“, murmelte Kagome besorgt und löste damit sogleich eine erneute Lachsalve von Seiten Kaguras aus. „Sag das bitte nochmal“, brachte sie zwischen ihren Lachern hervor, „genauso besorgt mit diesem Blick“, kicherte Kagura weiter und Kagome versuchte sie nicht weiter zu beachten. Wenn sie sich nicht solche Sorgen um Inuyasha machen würde, hätte sie sich der Komik der Situation wahrscheinlich ähnlich hingegeben wie Kagura, doch ihre Sorge überwog. Was, wenn Naraku wirklich in ihrem Körper war und es schaffte Inuyasha ernsthaft zu verletzen? Oder auch Sango und Miroku? Kagome musste ihnen helfen, aber wie? Sie war in der Welt der Toten und außerdem war sie in Narakus Körper. Selbst wenn sie einen Weg hier heraus fand, würden ihre Freunde wohl kaum ihre Hilfe annehmen. Wie sollten sie verstehen, dass sie Kagome war, gefangen im Körper ihres toten Erzfeindes? Kagome seufzte und es klang seltsam, Narakus Stimme auf diese Art und Weise zu hören. „Warum hängt ihr eigentlich mit Naraku herum?“, fragte Kagome, während sie sich in der Unterwelt umsah. Sie wollte mehr über diesen Ort herausfinden, vielleicht würde ihr so klar werden, wie sie ihn verlassen konnte. Kagura wischte sich ein paar Tränen weg, die ihr vom Lachen die Schminke verschmierten und atmete ein paar Mal tief durch. „Ehrlich gesagt kennen wir hier nicht so viele. Es ist quasi ein Wunder wenn man hier überhaupt irgendjemandem begegnet, den man im Leben gekannt hat. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Tote hier umherwandeln. Außerdem ist es schön gewesen Naraku mal all die Dinge an den Kopf zu werfen, die mir in Lebzeiten im Hals stecken geblieben sind. Weißt du, man spürt hier keinen Schmerz, man kann sich nicht verletzen, es ist alles irgendwie...“, sie schien nicht zu wissen, wie sie den Satz beenden sollte. „Es ist, als wäre man nichts“, sagte Kanna leise und Kagome betrachtete sie mit einem mitleidigen Blick. Als sie gestorben war, schien sie gerade erst wahrzunehmen, wie es war wenn man etwas fühlte. Nun war sie hier und war wieder eine Gefühllose Hülle. „Man hat keine Schmerzen?“, fragte Kagome nun verwundert. Sie befanden sich auf einer Art felsigen Ebene, überall weit und Breit waren sowohl Dämonen, als auch Menschen, einige saßen zusammen und unterhielten sich, andere starrten einfach nur Löcher in die Luft und wieder andere bekämpften sich ohne unterlass. „Es ist die Hölle“, zischte Kagura und das erste Mal seit gefühlten Stunden wurde sie ernst. „Von Tag zu Tag empfindest du weniger. Am Anfang hast du noch den Schmerz, über dein verlorenes Leben. Dann kommt eine gewisse Freude darüber, dass du dein Bewusstsein noch hast und machen kannst, was du willst... bis du plötzlich merkst, dass du aufhörst irgendetwas zu empfinden. Freude, Hass, Trauer... all diese Dinge verschwinden und dir bleibt nur noch die Angst. Dann bist du einer von denen da“, sie nickte zu ein paar Leuten hinüber, die auf dem Boden lagen und in die Luft starrten. „Sie befinden sich in der vorletzten Stufe in der die Angst so stark ist, dass sie erstarren. Es dauert eine ganze Weile. Sie liegen so herum und starren in die Gegend und dann trifft es sie.“ Kagura erschauerte und Kagome beobachtete die Herumliegenden eine Weile. „Was trifft sie?“ „Wir wissen es nicht genau. Aber sie Schreien. Sie schlagen um sich. Es ist als wären sie wahnsinnig und es hört niemals auf. Sie werden dann von den anderen in bestimmte Gegenden gebracht.“ Kagome betrachtete sie eine Weile und erwartete fast, dass jeden Moment einer von ihnen aufspringen würde, doch nichts tat sich. „Wie lange dauert es, bis man so wird?“ Kagomes Frage verhallte einen Moment, bis Kagura einmal tief durchatmete. „Es ist unterschiedlich. Bei einem ging es ganz Schnell, der war nach ein paar Monaten schon so. Ein anderer ist schon ein paar Jahre hier und dem geht es soweit noch ganz gut.“ Kagome spürte, wie es ihr die Kehle zuschnürte. Auch sie spürte eine gewisse Angst in sich aufkeimen. Was war, wenn sie hier nicht wieder herauskam? Wenn auch sie einer von denen werden würde? „Wie hat Naraku Kontakt zu dieser Hexe aufgenommen?“, fragte sie nun und Kanna hielt ihr den Spiegel hin. „So einfach? Und du hast ihm geholfen?“, Kagome schaute in den Spiegel und sah aus den Augenwinkeln, dass Kanna mit den Schultern zuckte. „Die Angst wird stärker“, sagte sie ganz leise und Kagome war sich nicht sicher, ob sie wirklich verstand, was sie meinte. Sie starrte eine Weile in den Spiegel, bis sich eine Frau zeigte. Sie hatte schmale dunkle Augen, schwarzes Haar und schon ein paar leichte Falten an Augen und Mund. „Es hat funktioniert wie ich sehe“, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns. „Das war von Anfang an der Plan?“, fragte Kagura skeptisch und blickte neben Kagome mit in den Zauberspiegel. „Oh ich habe Naraku versprochen ihm einen Körper zu geben, mit dem er in die Welt der Lebenden kann und ich habe mein Versprechen nicht gebrochen“, antwortete sie scharfzüngig und Kagome runzelte die Stirn. „Aber warum? Was hat er dir dafür versprochen? Naraku hält sowieso nie seine Versprechen, also lass mich zurück in meinen Körper!“ Die Frau lachte boshaft auf und ihr Blick verfinsterte sich. „Oh was Naraku mir versprochen hat ist mir egal. Auch er wird mit diesem Tausch nicht zufrieden sein und früher oder später wird er hier auftauchen. Dann habe ich was ich wollte.“ Kagome brauchte einen Moment um sie zu verstehen. „Meinen Körper?“, platzte es aus ihr heraus doch die Frau kniff die Augen zusammen. „Dich“, zischte sie und das Bild verschwand. Stundenlang grübelte Kagome über die Worte der Hexe nach. Egal wie oft sie noch versuchten Kontakt zu ihr aufzunehmen, es funktionierte nicht. Kagura war höchst amüsiert darüber, dass Naraku nur benutzt wurde, um an Kagome heranzukommen. Kagome musste sich eingestehen, dass auch sie das leicht amüsierte, nicht aber die Tatsache, dass der Plan scheinbar funktionierte und somit sie in Gefahr brachte. ‚Wie kann es mich noch mehr in Gefahr bringen, schlimmer als in der Unterwelt darauf zu warten meinen Verstand zu verlieren, kann es eigentlich nicht mehr kommen’, dachte sie verbissen und knirschte mit den Zähnen. Nachdem sie einige Zeit umher gewandert war und festgestellt hatte, dass diese Welt kein Ende nahm und überall gleich aussah, gab sie es auf einen Ausgang zu suchen. Für einen Moment hatte sie sogar überlegt gehabt, ob das Shikon No Tama ihr heraushelfen konnte, bis sie schließlich feststellen musste, dass es nur eine Illusion gewesen ist, um sie anzulocken. Wenn sie doch nur jemanden in der Welt der Lebenden erreichen konnte, dann könnte sie versuchen es so zu machen wie Kikyo. Doch dafür bräuchte sie erst einmal eine Hexe, die ihr einen Lehmkörper baute und wie sollte sie ihre Seele herausbeschwören, wo es doch gar keine Überreste von Kagome gab? Sie seufzte erneut auf. Es schien hoffnungslos zu sein. „Gibt es die Möglichkeit mit deinem Spiegel andere Leute zu erreichen?“ Kanna betrachtete ihren Spiegel, dann Kagome und nickte langsam. „Solange sie einen Spiegel haben oder vor einer spiegelnden Fläche stehen.“ Kagome nickte langsam und stand auf. Nachdem sie einige Male auf und ab gegangen war, fiel ihr der Spiegel ein, den sie Sango vor einiger Zeit geschenkt hatte. Sie berichtete Kanna davon, die sofort eine Verbindung errichten wollte, doch Kagome schüttelte heftig den Kopf. „Ich kann da nicht reingucken, sie werden vor Schreck umfallen, wenn sie Naraku in ihrem Schlafzimmerspiegel sehen“, rief sie und Kanna blickte sie mit schief gelegtem Kopf an. Dann warf sie einen Blick auf Kagura, auch Kagome starrte die Frau mit den roten Augen an. Sie brauchte einen Moment um die Stumme Bitte zu verstehen. „Was, ich?“, fragte sie und kreuzte die Arme vor der Brust. „Was krieg ich dafür?“ Kagome ließ die Schultern hängen. Bei dem Schicksal, dass Kagura erwartete konnte sie ihr nicht helfen. Was hatte sie ihr zu bieten außer leeren Worten? Doch plötzlich wurde Kaguras Blick eine Sekunde lang sanft. Stur grunzte sie auf: „Na gut, schön ich mache es. Als Wiedergutmachung dafür, dass ihr mir helfen wolltet, aber dann sind wir quitt, alles klar?“ Kagome fiel ein Stein vom Herzen und mit Spannung beobachtete sie, wie Kagura in den Spiegel starrte. Es dauerte einen Moment, bis Kagura sich rührte. „Hallo?“, rief sie dem Spiegel entgegen, hört aber keine Antwort. Sie starrte noch einen Moment hinein, bis sie aufzugeben schien und gerade zu Kagome hochblickte, als eine Stimme ertönte. „Mama?“, fragte jemand und Kagomes Herz sank ihr in die Hose. Es war eine von Sangos Töchtern. „Wer bist denn du?“, fragte Kagura verwirrt und die kindliche Stimme antwortete naiv: „Rani!“ „Hallo Rani, wo ist denn deine Mama?“, Kagura schien etwas überfordert mit der Situation und warf Kagome einen gestressten Blick zu. „Kämpfen gegen böse Dämonen.“ Sowohl Kagura als auch Kagome runzelten die Stirn. „Du musst ihr etwas von mir sagen, ja?“, fragte Kagura nun und beobachtete den Spiegel eine Weile, dann setzte sie erneut an: „Sag ihr, dass man Kagome nicht vertrauen kann. Kagome ist böse. Sie ist ähm, von einem bösen Dämon besessen!“, den letzten Satz sagte sie stolz, als wäre es eine Meisterleistung sich eine solche Geschichte auszudenken. Im Grunde war es ja nicht einmal wirklich ausgedacht, es war schlicht die Wahrheit. Kagura blinzelte ein paar Mal, riss dann schockiert die Augen auf. Kagome konnte ihre Neugier nicht verbergen, sie wollte nur einen Blick auf Rani erhaschen, blickte auf den Spiegel aber er zeigte nur ihre eigenes Spiegelbild, welches Narakus Gesicht war. „Was ist, wo ist sie?“, fragte sie und Kagura wirkte leicht verstört. „Der Spiegel ist kaputt gegangen“, hörte Kagome Kannas leise Stimme hinter dem Zauberspiegel hervorkommen. Man konnte Kannas Anwesenheit leicht vergessen und so zuckte Kagome leicht zusammen, als diese sich wieder bemerkbar machte. „Wie kaputt?“, doch Kagomes Frage blieb unbeantwortet. Alles was Kagura gesehen hatte, war wie Rani den Spiegel betrachtet hatte, als das Bild plötzlich verschwand. „Das Haus muss angegriffen worden sein“, schlussfolgerte sie und Kagome lief es eiskalt den Rücken herunter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)