The Dark Legend von ilinga ================================================================================ Prolog: Ein paar Sätze im Voraus -------------------------------- Dieses Fanfic brütet nun schon ein paar Jahre in meinem Kopf vor sich hin. Eigentlich ist es ein Zusammenschluss aus zwei verschiedenen Fanfics, bei denen ich bemerkte, dass sie eigentlich wunderbar zusammen passen würden. So entstand eine sowohl alte, als auch neue Story, was ich in der Handlung, wenn möglich, auch versuchen werde so gut wie möglich rüber zu bringen, da dies auch ein wichtiger Akzent der Story ist. Sie ist aus Sicht der Charaktere sowohl alt, als auch neu, jeder sieht sie etwas anders, da er andere Erfahrungen und Erinnerungen hat. Es kann leider eine Weile dauern, bis er fertig ist, da ich momentan leider viel um die Ohren habe und selten zum Schreiben komme. Allerdings sind öfters mal Bilder zum Fanfic in meiner Galerie zu finden, so zum Beispiel das ~Amae~, welches auch mehr oder weniger als imaginäres Cover dienen soll... Ich möchte diesen Fanfic meinem Vater und Rico widmen, ich vermisse die beiden sehr, aber ich kann ihren Tod schlecht ändern, so möchte ich sie mit diesem Fanfic ehren. Auch möchte ich mich bei Sephy dafür bedanken, dass er mich in meiner Idee unterstützt hat, die beiden Storys zu koppeln und dass er immer so oft für mich da ist. Sieh dies hier einfach als kleines Dankeschön für deine Freundschaft ^-~ HDL Nun wünsche ich euch aber viel Spaß beim Lesen! Charakterbeschreibungen folgen noch im Lauf der Story, ich hatte bisher noch keine Zeit gehabt, um welche anzulegen... 01.07.2003 ilinga Kapitel 1: Chapter 1 - So beginnt es alles ... ---------------------------------------------- Nebel wallte im Morgengrauen sanft durch das Tal. Der Gesang der Vögel weckte allmählich das schlafende Land. Der Wald war noch düster und die Kälte hing wie ein Schleier zwischen den Bäumen und auf dem feuchten Waldboden. Karas Pferd lief gemächlich auf dem Wildwechsel, seine Ruhe verriet ihr, dass im Moment keine Gefahr drohte. Sie musste ihre Verfolger abgehängt haben. Ihre Finger glitten über das glänzende Metal des Dolches, welcher ihr von der Weisen im Dorf anvertraut worden war. Sie wusste nicht, ob es sonst noch jemand geschafft hatte aus dem Dorf zu fliehen, als es von den Truppen angegriffen wurde, aber sie hoffte es mit ihrem ganzen Herzen. Ihre Gedanken schweiften zu ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder, hoffentlich war ihnen nichts passiert! Aber jetzt konnte sie sich nicht darum kümmern, zuerst musste sie den Dolch zum Eremiten in den Bergen bringen, damit dieser in Sicherheit war. Inzwischen war sie bereits zwei Tage lang unterwegs und hatte auf ihrem Weg auch unangenehme Begegnungen mit einzelnen Kriegern der Truppen gehabt, welchen sie jedoch erfolgreich entkommen konnte. Wieder strich sie über den Dolch, er fühlte sich merkwürdig an, nicht wie ihr Schwert oder andere Dolche, die sie bisher in den Händen gehalten hatte. Von ihm ging eine merkwürdige Wärme aus und er erfüllte sie mit einem unbeschreiblichen Gefühl, eine regelrechte Unruhe ergriff sie, wenn sie ihn in den Händen hielt. Sie konnte sich das nicht erklären, sie hatte bisher noch keinen Kontakt mit purer Magie gehabt, so erkannte sie diese in Form des Dolches auch nicht. Kara hatte immer ein gutes, freundschaftliches Verhältnis zur Weisen gehabt, weswegen ihr diese auch den Dolch anvertraut hatte, sie wusste, dass Kara ihn dem Eremiten ohne zu zögern bringen würden. Nur verstand Kara nicht, was es mit ihm auf sich hatte. Warum durfte er den Truppen nicht in die Hände fallen? Wenn er so ein bedeutsames magisches Werkzeug war, warum befand er sich dann die ganzen Jahre über in ihrem so unbedeutenden Dorf? Müdigkeit ergriff langsam Besitz von ihr, sie war die ganzen Tage ohne ein Pause geritten und die Kämpfe gegen die Truppen hatten ihr viel Kraft geraubt. Aber sie durfte jetzt nicht einschlafen, sie war bald am Ziel, sie musste nur noch durch diesen Wald. Ihre Lider wurde immer schwerer, sie merkte garnicht, wie sie ihr zufielen. Das Pferd folgte weiter dem Wildwechsel durch den Wald, da es keine Befehle mehr von seiner Herrin erhielt. Diese schlief auf seinem Rücken den tiefen, traumlosen Schlaf der Erschöpfung. Ein tiefhängender Ast beendete diesen jedoch kurz darauf. Kara wurde von ihrem Pferd zu Boden gerissen und landete unsanft auf ein paar Felsen. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie eingeschlafen war. Sie griff die Zügel des Pferdes, welches inzwischen schon weitergelaufen war und verharrte einen Moment. Irgendwo hörte sie Wasser rauschen. Dem Geräusch folgend, lief sie durch die Bäume hindurch, bis sie zu einem Bach kam. Dort steckte sie den Kopf unter Wasser in der Hoffnung auf diese Weise die Müdigkeit abzuschütteln. Sie konnte sich das Schreien leider nicht verkneifen, der Bach entsprang einer Quelle in den Bergen, an deren Fuße sie sich gerade befand, das Wasser war beißend kalt und vertrieb den Schlaf blitzschnell aus jedem Winkel ihres Körpers. Sie hoffte, dass niemand den Schrei gehört hatte. Vorsichtig sah sie sich um und merkte dabei, dass sie sich beim Sturz die gesamte linke Seite aufgerissen hatte. Blut lief an ihren Sachen herunter und tropfte von ihrem Knie. Es tat nicht sonderlich weh, nicht stärker als bei ihren üblichen Stürzen vom Pferd oder wenn sie sich mal wieder mit einem der Jungs aus ihrem Dorf angelegt hatte, aber die Blutung schien sich nicht so leicht stoppen zu lassen. Da bis jetzt niemand zu sehen war, ging sie zurück an den Bach und wusch den Dreck aus der Wunde. Es war ein langer Riss, der sich von der Mitte ihrer Rippen bis hin zum Becken zog und etwas klaffte. Sie würde so nicht lange reiten können, die Wunde würde sich entzünden und sie würde ihre Kraft verlieren, ehe sie den Eremiten erreicht hätte. Gezwungenermaßen sattelte sie ihr Pferd ab und band es an einem nahliegenden Baum fest, an welchen genug Gras wuchs, dass es lange fressen konnte und nicht auf dumme Gedanken kam. Wie es wohl hieß? Sie hatte es auf ihrer Flucht einem ihrer Verfolger gestohlen. Der Sattel war typisch für die Krieger, sehr leicht und gut gepolstert, damit man Ritte über größere Strecken ohne die üblich schnell eintretenden Schmerzen überstehen konnte. Sie entschied sich, es einfach Moki zu nennen. Früher hatte sie einmal einen Kater gehabt, der so hieß, leider war er ihr irgendwann fortgelaufen. Zu ihrem Glück war Moki das Packpferd der Gruppe gewesen, so hatte sie in den Satteltaschen Verpflegung und Verbandszeug gefunden. Gerade wollte sie ihr Hemd ausziehen, als das Pferd aufhörte zu grasen und die Ohren spitzte. Im Gebüsch ihr gegenüber hatte etwas geraschelt. Sie griff nach ihrem Schwert und richtete sich auf. Nachdem sie eine ganze Weile in Richtung des Geräusches geschaut hatte, erkannte sie ein paar dunkle Augen, sie waren eindeutig menschlich. Sie wollte ihren vermeindlichen Angreifer gerade warnen, dass sie sich trotz der Verletzung sehr wohl noch verteidigen könne, als dieser ihr aus dem Gebüsch mit gesenktem Schwert entgegen kam. Er musterte sie zuerst noch mit ernster Miene, doch bald huschte ein wissendes Lächeln über sein Gesicht. Er war ungefähr zwei Köpfe größer als Kara und musste um die 22 Jahre alt sein. Seiner Kleidung nach zu urteilen, gehörte er nicht zu den Truppen, aber er war ein Krieger, das verriet seine Panzerung. Sie starrte ihn mit durchdringendem Blick an, er hatte sicher ihren Schrei gehört. Hoffentlich würde er bald gehen, er sha ja nun, dass sie in Ordnung war und sie die Wunde behandeln musste, sonst würde diese nicht gut verheilen. "Kann ich dir irgendwie helfen?" Er hatte eine ungewöhnlich sanfte Stimme, aber irgendwie passte sie zu seinen dunklen Augen und seinen schwarzen Haaren, sie unterstrich seine Erscheinung auf eine merkwürdige Art und Weise. Sein Lächeln schien keine Arglist zu bergen, Kara war sich sicher, dass von ihm keine große Gefahr ausging, dennoch mistraute sie ihm. Irgendwie kam er ihr vertraut vor, aber sie wusse, dass dies ihre erste Begegnung war, zumindest konnte sie sicht nicht erinnern, ihn schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Sie senkte ihr Schwert, wendet jedoch ihren Blick nicht von ihm ab. "Ich komme schon zurecht, danke der Nachfrage, aber ich denke nicht, dass ich deine Hilfe brauche." Die Müdigkeit war zurückgekehrt und war ihr eindeutig anzumerken, wodurch dieser Satz nicht sehr überzeugend klang. Er ging einen Schritt auf sie zu, sie erhob sofort wieder ihr Schwert, jedoch hatte er sie mit einem schnellen Griff entwaffnet. Sie war zu schwach um noch schnell genug reagieren zu können und seine Bewegungen waren durch die vielen Kämpfe sehr geschult. Innerhalb von Sekundenbruchteilen schien er sich auf sie zuzubewegen und sie war zu müde, um noch alles in Echtzeit zu erleben. Sie befand sich schon fast im Dillirium. Er zog einen Handschuh aus und hob diese an ihre Stirn. Sie hatte leichtes Fieber und ihre Augen wirkten glasig. "Wie lange reitest du schon mit der Wunde?" "Ich wüsste nicht was dich das angeht" sie versuchte sich wegzudrehen, doch sein linker Arm schloss sich um ihre Hüfte und hielt sie fest. Sein Griff war zu stark, sie konnte sich nicht befreien, sie starrte ihn einfach nur tief in die Augen, vielleicht würde er sie so loslassen. Irgendetwas schien in diesem Moment von ihr Besitz zu ergreifen. Ihr war als wenn etwas in ihr aufstieg, eine Erinnerung oder einfach nur eine Emotion, die ihr sowohl seltsam vertraut, als auch auf ihre Weise vollkommen neu erschien. Sie kannte diese braunen, fast schon schwarzen Augen, da war sie sich in diesem Moment vollkommen sicher! "Du zitterst und hast Fieber, lass mich die Wunde mal sehen." Sie wagte nicht zu widersprechen, dieses Gefühl verwirrte sie einfach zu sehr, als das sie sich ihm jetzt widersetzen würde. Er lockerte seinen Griff, als er merkte, dass sie sich nicht wehrte und sah nach dem Riss. An einigen Stellen hatte sich schon Eiter gebildet und es blutete immer noch sehr stark. "So wie du aussiehst, bist du nicht mehr in der Lage es richtig zu verbinden, setz dich, ich mach das!" Bevor sie etwas sagen konnte, hatte er sie vor sich auf einen Stein am Bachufer gedrückt und machte sich drauf und dran ihr das Hemd auszuziehen. "H-hey! Was soll das? Ausziehen kann ich mich schon alleine!" Es war ihr peinlich, da sie nichts darunter trug, normalerweise hätte so eine Wunde auch ihre Mutter versorgt und nicht irgendein fremder Krieger, der ihr im Wald begegnet war... Bei näherer Überlegung, war es vielleicht doch keine sooo gute Idee ihn an sie ranzulassen. Sie hielt ihr hemd krampfhaft fest und schaute ihn stur an. Er konnte sich das Grinsen nicht verkneifen und drehte sich einfach um, was sie wiederum verwirrte. "Du bist vielleicht ein komischer Kauz, erst willst du mir helfen und dann drehst du dich einfach um und gehst!" "Wer sagt denn, dass ich gehen will? Ich drehe mich um, damit du den Fetzen da ausziehen kannst!" Sie wusste, dass er grinste, auch wenn sein Gesicht von ihr abgewendet war. Sie zog sich das Hemd über den Kopf und warf es neben sich. Dann verschränkte sie ihre Arme so fest wie möglich vor ihrer Brust und hüstelte etwas. "... ich wäre dann soweit..." Er drehte sich um und grinste immer noch vor sich hin. Zuerst nahm er ein sauberes Tuch aus seiner Satteltasche und tauchte es in das kalte Wasser des Baches. Er begann die Wunde vom Eiter und den Verkrustungen des Blutes zu befreien, danach brachte er eine Salbe auf, die er aus der Satteltasche von Karas Pferd holte, diese sollte weiteren Entzündungen vorbeugen. Er wunderte sich, dass sie nicht schrie oder zusammen zuckte. Er kannte das Zeug, dass er ihr da auftrug, es brannte höllisch und man dachte, der Schmerz würde niemals aufhören. Als ihn ein Kamerad das erste mal mit dem Zeug behandelte, rotierte er förmlich im Bett. Sie hielt jedoch eisern stand und verzog keine Miene. Nur ein paar Tränen sammelten sich in ihren Augen. Jetzt musterte er sie zum ersten mal richtig. Sie war ein sehr schönes Mädchen, nicht älter als 15 Jahre, mit langen schwarzen, leicht gelockten Haaren und blaugrauen Augen. Ihrer Kleidung nach zu urteilen waren ihre Eltern Handwerker, wahrscheinlich Schmiede, das würde zumindest das Schwert erklären. Anfangs hatte er sie für eine Amazone gehalten, jedoch hätte diese ihn trotz der Verletzung angegriffen und ihm würden jetzt ein paar Körperteile fehlen, besonders die, die ihm sehr lieb und teuer waren... dazu gehörten sein Kopf und, naja... Kara starrte die ganze Zeit über nur ins Wasser. Er machte keine Anstalten ihr in irgend einer Weise zu nahe zu treten, er kümmerte sich nur um ihre Verletzung. Sie sahen sich sehr ähnlich, jemand der sie nicht kannte, würde sie wahrscheinlich für Geschwister halten. Er behandelte sie sehr gewissenhaft, fast schon wie ihre Mutter. Die Salbe war sie schon von zu Hause gewohnt, sie bereitete sich schon mental auf die Schmerzen vor, als er sie aus der Satteltasche holte. Sie war so ein Wirbelwind als Kind gewesen und kam so oft mit Verletzungen heim, dass es ihr kaum noch etwas ausmachte mit dem Zeug eingerieben zu werden. Einmal waren ihre Verletzungen so schlimm, dass ein Tigel von der Salbe nicht ausreichte, Karas Mutter musste das Mädchen fast von Kopf bis Fuß einreiben und zur Strafe musste Kara bei der Weisen im Garten arbeiten, um sich die Salbe selbst zu verdienen. Dies war auch die Zeit, in der sie Freundschaft mit der netten alten Frau schloss. Ihre Mutter dachte oft, sie hätte keine Tochter sondern einen Sohn, der es einfach nicht bleiben lassen konnte andauernd in Schwierigkeiten zu geraten. Ihr Vater betrachtete ihre Kindheit mehr oder weniger amüsiert und begann irgendwann ihr Unterricht im Schwertkampf zu erteilen und weihte sie in alle Geheimnisse seines Handwerkes ein. Er war ein sehr begabter Schmied, der bald darauf eine sehr begabte Tochter hatte, die man so schnell nicht verärgern sollte. Schon zu Beginn ihres Kampftrainungs nahm sie jede Herausforderung eines Jungen an, der über sie spotten wollte und ging zumeist siegreich aus dem Kampf hervor. Bald wollte sich keiner mehr mit ihr messen, da sie die beste Kämpferin im Dorf geworden war. Reisende dachten oft, die Familie des Schmieds hätte ein Amazonenfindelkind aufgenommen, niemand wollte so recht glauben, dass sie ein einfaches Mädchen war. Irgendwann konnte ihr Vater ihr nichts mehr beibringen, jedoch war ihre Neugier und ihr Tatendrang so groß, dass die Weise beschloss sie kurzerhand bei sich als Lehrling aufzunehmen, um ihre Energie etwas unter Kontrolle zu bekommen. Sie lernte wie man die grauenvolle Salbe und noch andere Medizin herstellte, wie man an den Sternen, am Himmel und am Verhalten der Tiere das Wetter bestimmt, wie man kleiner Rituale zu Ehren der Götter vorbereitet und vollführt und wie man Elementargeister beschwor. Dadurch hatte sie genug Erfahrung gehabt, um den Angriff der Truppen zu überstehen, sie erkannte schon im Verhalten der Tiere, dass Gefahr drohte und durch kleinere Zauber hatte sie ihre Verfolger jedesmal in die Irre geführt. Ihre Gedanken schweiften wieder zu ihrem Dorf. Hoffentlich hatten sich noch andere Retten können. Die Truppen waren bekannt dafür Dörfer den Erdboden gleichzumachen und keinen Einwohner am Leben zu lassen. Jäh wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als der Krieger sich anschickte ihr einen Verband zu verpassen. "Jetzt musst du wohl oder übel die Arme heben, sonst hält er nicht richtig." Sie schaute ihn nur ungläubig an. "Es geht nunmal nicht anders und wenn es ein Trost für dich ist: Ich hab schon andere Frauen nackt gesehen." "Na das ist mal'n Trost..." Sie verdrehte die Augen, hob aber immer noch nicht die Arme. "Nun? Muss ich erst handgreiflich werden?" "Wie heißt du überhaupt?" "Ablenken bringt dich jetzt auch nicht weiter!" Er begann schonmal den Verband unterhalb ihrerer Arme anzusetzen und presste dabei ein Tuch auf den Riss, um dieses mit einzubinden. Er wickelte den Verband zuerst nach unten ab und festigte so das Tuch am unteren Rand des Risses. Als er wieder unter ihren Armen ankam, seufzte sie nur und hob ihre Arme. "Raven" Er verband sie weiter. "Was?" Sie dreht ihren Kopf und sah ihm so genau in die Augen. Er hatte den Blick nicht etwa gesenkt, wie sie dachte, sondern schaute auf das Wasser, um sich anhand ihrer Spiegelung beim Verbinden zu orientieren. Das machte sie leicht verlegen, er schien ihr doch nicht zu nahe treten zu wollen. "Ich heiße Raven." Nun lächelte er. "Komischer Name für einen Krieger." Sie schaute etwas verdutzt. "Du bist nicht gerade zurückhaltend oder?" Sie grinste ihn breit an. "Ich bin Kara." Er war gerade fertig geworden mit dem Verband, als sie schon wieder aufsprang und sich das Hemd überwarf. "Du solltest vielleicht noch deine Haare waschen, sie sind vom Blut völlig verklebt." Sie schaute ihn einen Moment lang an und hielt ihre Haare kurz in das klare Wasser, dass sich im nu dunkelrot färbte. "So besser?" Er musste wieder grinsen, "Ja viel besser. Auch wenn du vom verhalten her etwas ungehobelt bist, hast du doch das Aussehen einer Lady." Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet, sie errötete schlagartig und ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Und wenn du lächelst bist du noch schöner." Sie schaute ihn kurz verlegen an und ging dann zu ihrem Pferd. Genau in diesem Moment erinnerte sie ihn an jemanden, den er mal vor langer Zeit gekannt und sehr gern gehabt hatte. Ein schreckliches Gefühl breitete sich für diesen Moment in seiner Brust aus und sein Magen krampfte sich zusammen. Als sie auf ihr Pferd stieg, tat er es ihr nach und trieb es neben ihres. "Ich bin dir sehr dankbar für deine Hilfe, aber ich muss jetzt alleine weiter. Vielleicht begegnen wir uns ja bald wieder einmal." "Vielleicht schneller als du denkst, aber ich bezweifle, dass sich unsere Wege jetzt schon trennen. Du bist diesen Weg hier gekommen und reitest anscheinend weiter in die Berge. Dort muss ich auch hin und es gibt nur diesen einen Weg, also werde ich dich noch ein ganzes Stück begleiten." er schaute sie freundlich an und fuhr dann fort, "Es ist mir auch ganz recht so, immerhin weiß ich nicht, wie lange du schon so unterwegs bist und ob du den Weg in deiner Verfassung schaffen würdest. Außerdem könnte derjenige, der dir die Wunde verpasst hat noch hinter dir her sein und ich will dich lieber nicht alleine lassen." Karas Stolz verbat es ihr in diesem Moment zu sagen, dass sie einfach nur vom Pferd gefallen war und vielleicht konnte er ihr helfen, falls sie wieder auf Männer der Truppen trafen. Dann könnte sie die Situation auch gleich nutzen, um sich von ihm abzusetzen. Sie mochte ihn zwar, jedoch war ihr dieses nostalgische Gefühl, dass sie in seiner Gegenwart hatte sehr unheimlich. Sie redeten nicht viel auf ihrem Weg, so war es kein Wunder, dass Kara bald einschlief. Raven griff einfach nach ihren Zügeln und befestigte diese an seinem Sattel. Er führte ihr Pferd weiter auf dem Pfad in die Berge, der sie bald zum Eremiten führen sollte. Es war inzwischen Mittag, die Sonne stand hoch am Himmel und verbreitete eine brütende Hitze. Sie hatten die Baumgrenze längst passiert, hier gab es nichts mehr, was ihnen Schatten bot und die Pferde schwitzen unter ihrere Last und dem schwierigen Weg. Bald stellte sich Karas Pferd stur und bewegte sich keinen Schritt weiter. Es war nun schon fast drei Tage lang unterwegs und wollte einfach nicht mehr. Kara schlief unterdessen weiterhin seelenruhig auf seinem Rücken und sabberte auf Mokis Hals. Raven versuchte vergeblich alles mögliche, um das Pferd dazu zu bewegen, ihm weiterhin zu folgen. Irgendwann hob er Kara einfach auf sein Pferd nahm Moki Sattel und Trense ab und ritt einfach weiter. Das Pferd sah sich um, überlegte eine Weile und begann dann auf einer nahe gelegenen Wiese zu grasen. Gerade als es sich aus Ravens Blickfeld entfernt hatte, tauchte er wieder hinter ihnen auf und folgte ihnen in einigem Abstand. Als es zu dämmern begann, erwachte Kara aus ihrem langem traumlosen Schlaf in Ravens Armen. Sie bemerkte nicht sofort, wo sie sich befand und schaute ihn eine Weile völlig orientierungslos an. An wen erinnerte er sie blos? Ein junger, starker und attraktiver Mann, der sehr viel Ähnlichkeit mit ihr hatte... Es fiel ihr einfach nicht ein. Jetzt begann sie erstmal sich umzusehen. Sie waren eine ganz schön weite Strecke geritten, Moki folgte ihnen immer noch in einigem Abstand. Es war recht dunkel geworden, einige Sterne waren schon zu erkennen und dem Stand der Sonne nach zu urteilen, befanden sie sich nun weiter östlich als vorher. In der Ferne war ein Licht zu erkennen. Der kargen Landschaft nach zu urteilen, musste es das Haus des Eremiten sein. "Na, wieder wach?" er hatte endlich bemerkt, dass sie nicht mehr schlief, "iwr werden dort hinten um ein Nachtlager bitten, wenn du nichts dagegen hast. Dein Pferd wollte dich nicht mehr tragen, deswegen musste ich ihn etwas überlisten, ich hoffe es stört dich nicht den restlichen Weg noch so zu reiten." Sie schaute ihn an und schüttelte nur kurz den Kopf. In wenigen Minuten würde sie dem Eremiten den Dolch überreichen und dann zurück zum Dorf reiten. Sie musste unbedingt wissen, ob noch jemand lebte! Kapitel 2: Chapter 2 - ...zurück... ----------------------------------- Die Hütte lag etwas versteckt an einer Felswand, wäre es nicht schon dunkel gewesen und hätte der Eremit deswegen nicht Licht gemacht, wären sie womöglich einfach daran vorbeigeritten. Gerade als sie abstiegen und Ravens Pferd an einem alten Baumstamm festmachten, trat er aus der Hütte. Raven grüßte ihn freundlich mit einem Nicken, während Kara ihn unruhig ansah. Sie musste einen guten Moment abpassen, in welchem sie ihm alles erklären und ihm den Dolch anvertrauen konnte, um dann zurückzureiten. Der Eremit musterte sie einen Moment. "Kenne ich dich nicht irgendwoher?" Kara sah ihn erstaunt an. "Natürlich, Kara, das kleine Mädchen aus dem Dorf! Ich kenne dich noch, da warst du gerade mal zwei Jahre alt und schon ein rechter Wirbelwind." er ging näher an sie heran und nahm sie bei den Händen, "Sieh dich an, aus dir ist eine wunderschöne Frau geworden!" Bei dem Satz musste Kara verlegen lächeln. "Entschuldigt bitte, ihr macht mir hier solche Komplimente und ich kann mich nicht einmal an euren Namen erinnern...", er unterbrach sie:" Nicht doch so förmlich kleine Kara, ich bin Bovarit, aber die meisten nennen mich einfach den alten Bova." Plötzlich erhellte sich Karas Miene, "Der alte Bova? Jetzt erinnere ich mich an dich! Du hast uns früher oft besucht und Vater Erze und Holz gebracht. Was ist passiert, warum kamst du nicht mehr? Ich hab doch früher so gerne mit deinem Hund gespielt!" Er hob beschwichtigend die Hand, um ihren Redefluss erstmal zu stoppen und lächelte sanft dabei. "Kommt erst einmal herein, hier draußen wird es langsam zu kalt für meine alten Knochen.", er unterbrach sich kurz, "Gehört das Pferd dort hinten zu euch? Ist es nicht eines von den Truppen?" Kara drehte sich suchend um und erkannte Moki, "Ja, ich habe ihn einem Krieger gestohlen, moment, ich hole ihn!" sie rannte in seine Richtung, das Pferd scheute und begann sich in Trab zu setzen. Kara musste sich ziemlich beeilen ihm hinterher zu kommen, während das Pferd mit ihr Fangen spielte. "Einem Krieger gestohlen? Ist das Mädchen wirklich so stark geworden?" Er schüttelte den Kopf, bei dem Gedanken, dass die heutige Jugend solche Kraft besaß, wunderte er sich wirklich, wie es dann noch möglich sei, dass das Land in einem solch schlimmen Krieg mit den schwarzen Truppen lag. "Habt ihr meine Nachricht erhalten?" Ravens Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen. "Was? Oh ja, natürlich. Ich hoffe doch, dass sie es ist, die mir geschickt wurde, dann kann ich es euch sofort geben. Nur frage ich mich, was ihr damit bezwecken wollt? Ihr könntet die Magie nicht beherrschen, einige der mächtigsten Magier hatten selbst ihre Probleme damit. Aber lasst uns später weiter darüber sprechen, schafft die Pferde hinten in die Höhle, es sieht nach einem Gewitter aus. Ich gehe schon mal hinein und mache euch etwas zu essen." Kara hatte es endlich geschafft Moki einzufangen und tauchte hinter Raven auf, als dieser gerade damit beschäftigt war sein Pferd abzusatteln. "Er scheint genauso dickköpfig und aufmüpfig zu sein wie du, kaum zu glauben, dass er nicht dein Pferd ist." Sein breites Grinsen lies Kara den Drang verspüren diesen Krieger mit der großen Klappe mal ordentlich zu würgen. Sie verkniff es sich gerade so. "Ich werde gleich wieder weiter reiten, ist Bova drinnen?" "Du kannst unmöglich heute Nacht noch weiter. Er sagte, dass ein Gewitter aufziehen würde, außerdem wird der da auch nicht sonderlich von der Idee begeistert sein!" er deutete auf Moki. "Der da heißt Moki und wenn ich das will, dann reiten wir heute noch und basta!" ihre Stimmung hatte einen Tiefpunkt erreicht, langsam ging Raven ihr mit seinem "großer Burder oder sonst was für ein Aufpasser-Verhalten" ziemlich auf die Nerven. Er schaute sie nur schief und ziemlich verdutzt an. "Mmmoki? Also das ist jetzt echt ein blöder Zufall, aber warte mal! Wer von den Truppen würde sein Pferd denn Moki nennen?!?" er schaute immer noch ziemlich schief. "Keiner, ich habe ihn so getauft, kann ihn ja schlecht mit "Hey du Pferd" ansprechen." sie wurde immer brummiger, "und was meinst du mit Zufall?" Raven war inzwischen fertig damit sein Pferd abzusatteln und trocken zu reiben und lief in Richtung Hütte. Kurz bevor er die Höhle verließ, drehte er sich noch einmal zu ihr um, das blöde Grinsen war wieder in sein Gesicht zurückgekehrt, "Mein Pferd heißt Miko!". Er drehte sich wieder um und trat in die Hütte. Kara stand noch verdutzter da, als er es zuvor getan hatte. Nach einer Weile band sie Moki dann in der Höhle an und folgte Raven in die Hütte. Der alte Bova stand an einer Feuerstellte im hinteren Teil der Hütte und rührte in einem kleinen Topf, rechts von ihr saß Raven an einem Tisch und aß so eine Art Suppe, die ziemlich grün aussah, aber komischerweise nach Fleisch roch. Ihr gegenüber befand sich eine Tür zu einem weiteren Zimmer, in welchem sie wegen der Dunkelheit nichts erkennen konnte. Es war wahrscheinlich Bovas Schlafkammer. "Setz dich kleine Kara, ich bringe dir auch gleich etwas zu essen." Zum ersten mal an diesem Abend wurde ihr Drang so schnell wie möglich nach Hause zu reiten von einem anderen Gedanken überflügelt: ESSEN! Sie hatte zwar Verpflegung dabei gehabt, aber sie hatte sich nie die Zeit gelassen, etwas davon zu essen. Ihr Hunger war ihr gar nicht so sehr aufgefallen - bis jetzt. Sie setzte sich mehr oder weniger gehorsam Raven gegenüber an den Tisch und griff erst einmal zu einer Scheibe Brot. Weiterhin stand noch Schinken, etwas Käse, eine Flasche mit süßem Traubensaft und eine Schüssel mit Äpfeln auf dem Tisch. Sie wusste garnicht, wo sie anfangen und was sie zuerst essen sollte. Bova reichte ihr nun auch eine Schüssel mit der komischen grünen Suppe, sie schmeckte ungewöhnlich gut, so dass Kara gleich drei Schüsseln aß. Bova betrachtete sie die ganze Zeit über mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. "Ich bekomme nicht oft Besuch, freut mich wirklich, wenn ich dann doch gute Kochkünste vorweisen kann." Kara lächelte ihn kurz an und futterte eifrig weiter. Raven war inzwischen fertig und betrachte ihr "Fressgelage" sehr amüsiert. Bald drehte er sich zu Bova, der es sich auf einem Stuhl an der Feuerstelle bequem gemacht hatte. Dieser bemerkte seinen Blick und wandte sich daraufhin an Kara. Diese war nun auch mit dem Essen fertig und spülte die letzten Bissen mit etwas Saft herunter. "Nun mein Kind, ich glaube du hast etwas für mich. Gib es mir bitte." Sie schaute ihn fragend an und warf einen kurzen Blick zu Raven. "Es ist in Ordnung, er weiß davon, bitte gib es mir jetzt." Sie griff in ihren Stiefel und zog den Dolch heraus. Bova bekam daraufhin große Augen, sprang auf und schaute sie fassungslos an. "Bei den Göttern, wie ist das möglich?" seine Stimme zitterte. "Was ist? Die Weise gab mir den Dolch und sagte mir, ich solle ihn dir bringen, hast du etwas anderes erwar..." Er unterbrach sie schnell: "Nein, das ist es nicht! Bitte Kind, sag mir, sprach die Alte einen Zauber über dich, bevor du den Dolch in die Hände nahmst?" sein Blick haftete eindringlich auf ihr, das verwirrte sie sehr stark. Sie schaute zu Raven, doch dieser konnte ihr auch nicht sagen, worauf der alte hinaus wollte. "Nnein, ich nahm ihn einfach und ritt los..." Der alte setzte sich wieder und fing an nachzudenken. Konnte es wirklich möglich sein? Aber sie war doch ein einfaches Kind, die Tochter eines Schmieds und gerade mal 15 Jahre alt. Er musste es einfach austesten: "Mein Kind, bitte gib dem Krieger den Dolch." Das Mädchen gehorchte ihm und reichte Raven den Dolch. Dieser streckte seine Hand danach aus und wurde kurz darauf von einem bläulichen Blitz getroffen, der aus der Klinge zuckte. Kara erschrak und lies dabei den Dolch zu Boden fallen. Ravens Hand war vollkommen taub und lief blau an, der Krieger stand völlig entsetzt und mit weit aufgerissenen Augen da, er war zu erschrocken, um zu schreien, doch wäre es ihm lieb gewesen dem Schmerz, der sich nun in seinem Körper ausbreitete Ausdruck zu verleihen. "Was war das?" Kara hielt ihre Arme eng an ihre Brust gepresst, sie hatte ihn nicht verletzen wollen, auch wenn er ihr auf die Nerven ging. "Das war der Dolch. Nur eine Person kann ihn tragen, zumindest der Legende nach." Bova hatte sich wieder gesammelt, seine Vermutung war bestätigt worden. "Mein Kind, dir wurde eine harte Aufgabe vom Schicksal auferlegt. Es wird nicht leicht sein diese zu erfüllen, aber du trägst nun eine große Verantwortung. Du wurdest vom Schicksla als Träger dieses Dolches auserwählt, du kannst dich dieser Aufgabe nicht entziehen, da du die einzige bist, von der sich der Dolch berühren lässt. Ihr seid aneinander gebunden, nur du kannst seine Macht zügeln und bündeln, bis du den Auserwählten gefunden hast, dem der Dolch zusteht." Kara stand inzwischen bei Raven und hielt dessen Hand, welche sich allmählich wieder erholte. "Ich verstehe nicht ganz. Ich dachte ich solle dir nur den Dolch bringen? Ich muss doch zurück zu den anderen, vielleicht brauchen sie meine Hilfe. Vielleicht hat noch jemand den Angriff überlebt! Ich muss nachsehen, meine Eltern, mein kleiner Bruder, ich kann sie jetzt doch nicht im Stich lassen!" Sie war von den beiden zurückgewichen und bewegte sich langsam in Richtung Tür. "Warte Kara, auf dich wartet eine wichtigere Aufgabe! Die Deinen sind ganz bestimmt in Sicherheit, aber du musst mir jetzt zuhören, was ich dir zu sagen habe!" Kara hörte nicht mehr zu, sie stürmte nur noch aus der Hütte, sie wollte nicht warten, sie wollte sofort nach den anderen sehen. Sie löste Mokis Zügel, schwang sich auf seinen Rücken und ritt los. Raven war kurz nach ihr aus der Hütte gekommen, sah aber nur noch, wie die beiden an ihm vorbei in Richtung Tal preschten. Kara waren die dunklen Wolken nicht aufgefallen, Donner grollte über ihr und Blitze zuckten am Himmel. Raven schwang sich ohne Sattel auf sein Pferd und folgte ihr, oder eher dem, was sie in dieser düsteren Nacht zu sein schien. Der Wind peitschte ihm ins Gesicht und erschwerte ihm die Orientierung. Das Laufen überlies er voll und ganz Miko, er bestimmte nur die Richtung, das Pferd würde schon sehen, wie der Boden beschaffen war und wohin es treten musste. Auf der flachen Ebene, auf der sie sich momentan befanden, war es leicht für ihn sie auszumachen, nur konnte der Wind hier auch ungebrochenüber das Land fegen, er wurde immer heftiger und riss ihn fast vom Pferd. Allmählich setzte auch noch Regen ein. Dicke Tropfen klatschten auf die beiden Reiter nieder und machten die sowieso schon eingeschränkte Sicht noch schlechter. Innerhalb von Sekunden waren beide nass bis auf die Knochen, jedoch hielt das Kara nicht davon ab Moki noch mehr anzutreiben. Es war schwer einzuschätzen, wie lange sie schon geritten waren, aber sie erreichten die Baumgrenze ungewöhnlich schnell, hier wurde es nun schwieriger im vorherigen Tempo zu reiten. Die Pferde bremsten automatisch ab und es wurde zu einem wahren Marathon für beide Reiter heil durch den Wald zu kommen, ohne vom Pferd gerissen zu werden. Kara wurde nur noch von dem Wunsch beherrscht so schnell wie möglich in ihr Dorf zu kommen und ihre Familie lebendig wieder zu sehen. Sie achtete gar nicht darauf, wie sehr sie das Pferd mit ihren Befehlen entkräftigte, der Gedanke, dass Moki dieses Tempo nicht lange durchhalen und sie dadurch keines falls den langen Weg innerhalb einer Nacht tragen würde, kam ihr erst, als sie gerade den Bach erreichten, an dem sie am selben Morgen noch von Raven verbunden worden war. Dieser hatte sich durch den Sturm in einen reißenden Strom verwandelt und war weit über die Ufer getreten. Der Boden war hier zu einem richtigen Sumpf geworden und raubte den Bewegungen des Pferdes die Kraft. Nach kurzer Zeit steckte Moki im Schlamm fest und bewegte sich keinen Zentimeter mehr. Kara stieg ab und grub so gut es ging seine Beine frei. Sie selbst steckte bis zu den Knien im Schlamm, wodurch ihr das Laufen auch nicht sonderlich leichter fiel, als dem Pferd. Sie schaffte es jedoch mit Moki im Schleeptau bald durch den Morrast, beide erreichten bald festeren Boden und sie stieg wieder auf. In diesem moment entdeckte sie Raven, der kurz vor dem schlammigen Boden anhielt und ihr nachsah. Moki war kräftiger, für ihn war es nicht so schwierig durch den Schlam zu waten. Ravens Pferd aber war feinknöchiger, seine Stärke lag in seiner Schnelligkeit, für ihn wäre der Schlamm eine Gefahr, er würde sein Pferd dort nicht so schnell heraus bekommen, wie es Kara gelungen war und wenn der Bach noch weiter über die Ufer trat, wäre es zu riskant gewesen, es zu wagen. So konnte er nur dort stehen und ihr hinterher sehen. Sie nahm den Weg, der er am Tag zuvor gekommen war, es war ihm also noch möglich ihr zu folgen, da er den Weg kannte, nur musste er jetzt einen Umweg nehmen, was ihn Zeit und sein Pferd Kraft kosten würde, aber er hatte keine andere Wahl. Er war hierher gekommen, um den Dolch zu holen, aber ohne Kara würde er ihn nicht tragen können. Der Eremit hatte ihm von einem speziellen Tuch erzählt, in welches man den Dolch einwickelte, damit auch normal Sterbliche ihn tragen konnten, aber er besaß ein solches nicht. Die Weise aus Karas Dorf tat dies, aber dafür müsste er ihr folgen - so oder so musste er ihr hinterher! Er lenkte sein Pferd auf einen kleinen Pfad, der ihn durch den Wald und in einem großen Bogen auf den Weg führte, den Kara nun wieder im Galopp langritt. Hier zwischen den Bäumen, war der Regen nicht ganz so stark, jedoch war es hier dafür dunkler und der Weg war schlechter einzusehen. Dennoch schaffte es Kara ohne eine Verletzung aus dem Wald herauszukommen. Sie gelangte gerade in ein Feld, als Moki ins Rutschen kam und sich mit ihr überschlug. Sie rollten einen kleinen Abhang hinunter und blieben regungslos liegen. Für einen Moment bewegte sich keiner von beiden, dann richtete sich Moki wieder auf. Kara war bewusstlos und hing noch mit einem Fuß im Steigbügel. Der Sturm war hier wieder stärker zu spüren, also lief Moki los, um Schutz zu suchen. Er bekam keine Zeichen mehr von seiner Reiterin, also lief er einfach in einer Richtung los, in der er in der Ferne Häuser erkennen konnte. Als Raven es endlich aus dem Wald heraus geschafft hatte, war von beiden nicht die geringste Spur zu sehen. Es war zu dunkel, um sie in der Ferne zu sehen, also ritt er an die Stelle, an der sie aus dem Wald gekommen sein mussten. Der Regen hatte ihre Spuren schon fast verwischt, aber sie waren noch leicht zu erkennen. Raven folgte ihnen ein Stück, musste aber schon bald erkennen, dass es ihm in diesem Regen unmöglich sein würde, sie weiter erkennen und ihnen folgen zu können. Er drehte Miko und ritt mit ihm wieder ein Stück in den Wald hinein, um hier etwas Schutz vor dem Regen zu haben. Seine Augen blieben die ganze Zeit über zum Feld gerichtet, er wartete darauf, dass der Regen nachlassen und er nach ihren Spuren suchen konnte. Irgendwann schläferte ihn das kontinuierliche Plätschern des Regens ein. Er war genau wie Kara auch schon Tage lang ohne eine Pause unterwegs gewesen und konnte sich einfach nicht mehr wach halten. Als er bemerkte, dass er eingeschlafen war, schreckte er hoch und sah sich um. Der Regen hatte aufgehört und am Horizont war schon ein leichtes Dämmern zu erkennen. Die Wolken hatten sich vollkommen verzogen, so dass die Sterne die Gegend etwas erleuchteten. Raven trieb Miko an, der auch vor sich hingedöst hatte. Karas Spuren waren nur noch zu erahnen. Er folgte dem, was er zu sehen glaubte und entdeckte bald die Stelle, an der sie und Moki sich überschlagen hatten. Sie hatten einen tiefen Eindruck im Boden hinterlassen und dabei einen großen Teil des Feldes aufgewühlt. Raven hoffte, dass sie sich nicht stark verletzt hatte und suchte nervös nach weiteren Spuren. Bald sah er ihre Schleifspur vor sich und wusste, dass sie bewusstlos und Moki einfach weitergelaufen war. Er war mit ihr durch das Feld gelaufen, in Richtung einer kleinen Farm. Als er dort ankam, fand er jedoch weder Moki noch Kara irgendwo. Auch sah er keine weiteren Spuren, die beiden waren wie vom Erdboden verschluckt. In einem der Häuser schien schon jemand wach zu sein. Er stieg ab, band Miko an einem Baum fest und ging über den großen steinernen Platz in Richtung des Hauses, aus dem ein sanfter Lichtschein fiel. Vorsichtig klopfte er an der Tür und erschrak, als ein Hund ihm durch die Beine huschte, als die Tür ruckartig geöffnet wurde. Ein kleiner Junge schaute ihn neugierig an. "Verzeih mir kleiner, ist vielleicht einer von deinen Eltern hier, oder hast du gar ein junges verletztes Mädchen, mit einem großen schwarzen Pferd gesehen?" Raven versuchte so nett wie möglich zu klingen und ging sogar extra in die Knie, um mit dem Jungen Auge in Auge zu reden. Dieser schaute ihn nur weiter unverwandt an. Plötzlich tauchte ein Rock hinter ihm auf. Raven richtete sich auf und blickte in das Gesicht einen älteren Bäuerin, die anscheinend die Mutter des kleinen war. "Verzeiht mir, ich..." Sie unterbrach in abrupt:" Ich habe schon gehört was ihr wollt, ein Mädchen haben wir nicht gesehen, noch nicht zumindest, von uns war heute noch niemand draußen vor der Tür gewesen." Sie sah ihn forsch an, er merkte sofort, dass er hier nicht willkommen war. "Hm, ich danke euch gute Frau. Könntet ihr mir vielleicht noch eine Frage beantworten? Wie weit ist das nächste Dorf von hier entfernt." Sie schaute ihn skeptisch an, antwortete ihm dann aber doch:" Ungefähr einen Tagesritt, ihr müsst in Richtung Süden reiten." Er bedankte sich erneut und wandte sich zum gehen, als ihn der kleine Junge am Mantel zog. "Bist du ein Krieger?" Er schaute ihn wieder mit großen Augen an. Raven ging wieder in die Knie und lächelte den kleinen an. "Ja, das bin ich." "Bringst du mir kämpfen bei?" Seine Mutter tauchte wieder hinter ihm auf und sah Raven eindringlich an. Dieser schauderte unter ihrem Blick, der noch kühler als der Regen von gestern Nacht in vollem Galopp war und schaute den Jungen wieder an. "Tut mir leid mein Freund, aber ich muss weiter, außerdem braucht dich deine Mama hier sicher, da kann ich dich doch nicht mit sowas von der Arbeit ablenken." Anscheinend hatte er genau die Worte gefunden, die seine Mutter hören wollte, auch wenn sie genau dem widersprachen, was seine Lebenseinstellung war und womit er sein Geld mehr oder weniger verdiente. Die alte gab dem Jungen einen Korb in die Hand und schickte ihn in den Hühnerstall und sah Raven mit einem Blick an, der ihm wohl sagen sollte :"Nun verschwinde schon endlich, bevor du dem Jungen noch irgendwelche Flausen in den Kof setzt!" Er warf ihr nochmals einen dankbaren Blick zu, um nicht einen allzu unhöflichen Eindruck zu hinterlassen und ging hinüber zu Miko. Gerade als er die Zügel lösen wollte, hörte er einen Schrei aus dem Hühnerstall. Sofort zog er sein Schwert und rannte zurück. Der kleine Junge rannte auf ihn zu und klammerte sich an seinen Beinen fest, die Mutter kam aus dem Haus gestürmt und wollte wissen, was passiert sei. "Da ist ein Monster im Stall!" Der Junge zitterte am ganzen Leib und versteckte sein Gesicht in Ravens schoß. Inzwischen waren auch der Vater und die anderen Kinder aus dem Haus gestürmt, um nachzusehen, was los war. Alle schauten Raven verdutzt an und versuchten das Gestammel von dem Jüngsten zu verstehen, der sich immer noch an den Krieger klammerte. "Ein Monster? Die Mutter schaute ihn ungläubig an." "Wwenn ichs doch sage, ein ganz großes, ganz schwarz!!!" Raven löste den Griff des kleinen und schob ihn zu seiner Mutter. "Wenn du erlaubst, werde ich mal nachsehen!" Das schien den kleinen zu erfreuen, seine Augen begannen zu leuchten und seine Wangen glühten förmlich. "Ja ja, sieh du nach, du machst das Monster bestimmt gleich tot!" Der Vater warf einen amüsierten Blick zu Raven, er glaubte nicht, dass dort ein Monster im Hühnerstall war, wahrscheinlich hatte sich der kleine nur vor dem Hahn erschreckt, der über ihm auf einem Balken schlief. Vorsichtig betrat Raven den Stall und fand den Korb, den vorhin noch die Frau ihrem Sohn gegeben hatte. Hier musste er sich also erschrocken haben. Es war zu dunkel, um irgend etwas erkennen zu können, er steckte das Schwert vorsichtshalber ein, um nicht ausversehen eines der Hühner zu töten. Die Frau mit dem Gletscherblick würde das sicher nicht sonderlich glücklich machen. Seine Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit, noch konnte er nichts erkennen, was einem Monster gleich kam. Plötzlich fühlte er etwas warmes und sehr feuchtes auf seiner Schulter. Er schrie vor Schreck kurz auf, sprang zurück, um sich sofort um zudrehen und nach seinem Schwert zu greifen - doch statt dem erwarteten Monster, sah er dort Moki im Stroh stehen, der ihn ziemlich erschrocken ansah. Der Schrei hatte die Familie zusammen zucken lassen. Anscheinend war dort doch irgend etwas im Stall! Jedoch atmeten sie erleichtert auf, als Raven mit dem Pferd aus dem Stall kam. Kara war nirgends zu sehen. Moki trug keinen Sattel mehr, der Gurt musste irgendwann gerissen sein. Die Sonne war nun schon ein Stück über den Horizont gerückt und tauchte den Hof in ein sanftes orangenes Licht. Die Familie bot sich an, ihm bei der Suche nach dem Mädchen zu helfen, sie musste sich noch irgendwo im Feld befinden, da war sich Raven sicher. Als Kara wieder zu sich kam, erkannte sie ein vertrautes Sternenbild über sich. Sie richtete sich auf und sofort durchzuckte sie ein stechender Schmerz. An ihrem Bein erkannte sie den Sattel, von Moki aber keine Spur. Sie war von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt, er musste sie ein ganz schönes Stück durch den Dreck geschliffen haben bevor der Sattelgurt gerissen ist. Sie streifte den Steigbügel von ihrem Fuß ab und versuchte aufzustehen. Der Riss an ihrer Seite hatte sich wieder geöffnet und blutete stark. Sie hatte den Verband irgendwo verloren. Alles drehte sich, ihr war schlecht und ihr Kopf schmerzte. Als sie nach mehreren Versuchen endlich stand, drehte sich ihr Magen um und sie übergab sich. Sie setzte sich kurz hin und schaute in den Himmel. Sie musste weiter, sie musste wissen ob noch jemand lebte! Aber so würde sie nicht weit kommen. Mit jedem Tropfen Blut, den sie durch die Wunde verlor, schwand ihre Kraft. Ihr wurde auf einmal bewusst, dass sie sich wünschte, Raven würde erneut vorbei kommen und ihr helfen. Aber von ihm war genauso wenig zu sehen, wie von ihrem Pferd. Sie stand wiederum auf und sah sich um. Durch diese Felder war sie schon einmal geritten. Sie war für eine Nacht erstaunlich weit gekommen. Moki musste sehr erschöpft sein, er würde sie wahrscheinlich gar nicht mehr tragen wollen. In der Ferne erkannte sie ein Gehöft, aber sie wollte nicht dorthin, sie musste weiter, sie würde bald an einem See vorbeikommen, dort könnte sie eine Pause machen und die Wunde erneut verbinden. Im Sattel befand sich noch etwas vond er Salbe und ein paar Verbände. Sie löste die Tasche vom Sattel und legte sie sich über die Schulter. Sie schwor sich nie wieder so schnell bei Regen zu reiten und setzte ihren Weg in Richtung ihres Dorfes fort. Es würde nicht leicht werden ohne Pferd, vor allem dauerte der Weg so doppelt so lang, wie zu Pferd. Ihre Beine schmerzten, aber Kara ignorierte die Signale ihres Körpers, der sie um Ruhe und Schlaf anbettelte. Der Drang ihre Familie wieder zu sehen war stärker als jedes Bedürfnis, dass sie sonst noch verspürte. Der Weg zog sich ewig hin, die Sonne stieg immer höher am Horizont und mit der einsetzenden Wärme meldete sich die vertraute Müdigkeit wieder, die Kara schon am Morgen zuvor verflucht hatte. Jeder Meter wurde zur Qual, sie konnte ihre Augen kaum noch offen halten und ihre Wunde schmerzte immer mehr. Sie verlor immer noch Blut. Irgendwann tanzten kleine weiße Punkte vor ihren Augen, aber sie sah es nicht ein eine Pause zu machen. Sie lief einfach weiter, ihre Beine bewegten sich automatisch, sie dachte an nichts mehr, sie lief einfach nur noch den Weg entlang, den sie vor zwei Tagen gekommen war. Bald erkannte sie vor sich den See und hoffte durch das Verbinden der Wunde wieder etwas Kraft zu erlangen. Sie beschleunigte ihren Schritt, doch 20 Meter vor dem Ufer brach sie im hohen Gras zusammen. Ihr atem ging schwer, sie fühlte nichts mehr, außer der allmächtigen und sie völlig überwältigenden Müdigkeit. Ihr Bewusstsein glitt in einen ihr völlig fremden Zustand. Sie erwachte in einem engen und sehr dunklen Raum. Die Wände waren hoch und mit Moos bewachsen, es gab keine Fenster, nur eine kleine Tür mit einem Gitterloch am oberen Ende, durch welches etwas Licht hinein fiel. Sie hörte wie sich draußen mehrere Männer unterhielten. Anscheinend redeten sie über sie. Sie stand auf und ging zu der Tür, um besser hören zu können, aber irgendetwas zog sie nach ein paar Schritten zurück. Ihre Arme und Beine lagen in Ketten, diese hingen schwer an ihr herab und zogen sie zu Boden. Wo war sie? Sie sah sich noch einmal um, konnte den Ort aber nicht als ihr bekannt einordnen. Vor ihr auf dem Boden war eine kleine Pfütze, ihr Bild spiegelte sich darin. Das Bild eines kleinen Mädchens, mit langen braunen Haaren, blaugrauen Augen, einem gelben zerfetzten Kleid und langen schneeweißen Flügeln... Sie hatten sie nirgendwo im Feld finden können. Die Kinder hatten den Sattel und ihren Verband gefunden, aber sie blieb verschwunden. Raven begab sich an die Stelle, an welcher der Sattel lag und wollte ihren Spuren von dort aus folgen. Er bedankte sich bei der gesamten Familie und ließ ihnen Moki als kleine Entschädigung da. Der Vater verlies ihn für einen kurzen Moment und kam mit einem "Geschenk" seinerseit wieder. Er gab Raven seinen besten Hund, welcher ihm helfen sollte Kara zu finden. Seine Frau war davon nicht sonderlich begeistert, aber der Gedanke ein großes, junges und tüchtiges Arbeitspferd zu haben, glich das wieder aus. Kara blutete stark, er fand viele kleine Blutlachen im Gras und auf dem Weg, den sie genommen hatte. Der Hund war ihm eine große Hilfe, er hatte ihre fährte sofort aufgenommen, so dass er sie vom Pferd aus verfolgen konnte und nicht laufen musste. Sie war ziemlich weit gelaufen, die Sonne stand schon hoch am Himmel und von ihr war weit und breit nichts zu sehen. Ihre Spur führte in Richtung Süden, also musste sie aus dem Dorf kommen, von dem die Frau ihm erzählt hatte. Der Hund sprang durch die Wiesen, immer Karas Spur nach. Sie war durch sehr hohes Gras gelaufen, für das Pferd war es an einigen Stellen schwer sich vorwärts zu bewegen, weshalb Raven allmählich auf einen gefestigten Weg langritt und den Hund von dort aus beobachtete, wie er weiter die Fährte suchte. Bald erreichten sie ein kleines Tal, in dem sich die Landschaft auf einem großen See spiegelte. Es war ein sehr eindrucksvolles Bild, weswegen sich Raven für einen Moment lang ablenken lies und erschrocken zusammen fuhr, als der hund anschlug. Schnell sprang er vom Pferd und rannte zu ihm. Vor seinen Füßen lag Kara, zusammen gekrümmt und bewusstlos. Sie war vollkommen bleich und ihr Körper fühlte sich schrecklick kalt an. Ihre Wunde blutete noch immer stark, der Riss klaffte auf, so konnte er sich nicht schließen und Kara verlor mehr und mehr von ihrem Leben. Er nahm sie auf seine Arme und trug sie zu Ufer. Dort legte er sie ins seichte Wasser, um den Dreck von ihrem Körper abzuwaschen. Ihre Sachen waren alle völlig verschmutzt, so dass er keine andere Wahl hatte, als sie vollkommen auszuziehen. Nur gut, dass sie gerade bewusstlos war, sonst hätte sie ihm sicherlich den Schädel eingeschlagen. Während er mit ihren Sachen rang, pfiff er Miko herbei. Er holte eine Decke aus seiner Satteltasche und breitete diese im Gras aus. Darauf legte er den leblosen Körper des Mädchens und verband erneut ihre Wunde. Dann deckte er sie mit einer zweiten Decke zu und begab sich auf die Suche nach Feuerholz. Als er zurück kam, hatte sich der Hund neben Kara zusammen gerollt und spendete ihr etwas Wärme. "Machst dir wohl auch Sorgen um sie?" er lächelte und kraulte ihn kurz hinter den Ohren. Allmählich schien es dem Mädchen wieder besser zu gehen, Raven kochte einen grauenvoll riechenden Tee auf dem Feuer und versuchte ihn Kara irgendwie einzuflößen. Nach mehreren Versuchen, gelang es ihm auch, jedoch hatte sich der Großteil der Brühe auf seiner Kleidung verteilt, weswegen er diese Auszog und kurz ins Wasser sprang. Genau in diesem Moment erwachte Kara aus ihrer Bewusstlosigkeit. Sie schaute sich völlig orientierungslos um und entdeckte plötzlich den nackten Raven im Wasser. Der Anblick lies sie hochfahren, was sie besser nicht hätte tun sollen, denn nun merkte sie, dass auch sie nackt war, außerdem schmerzte ihre Wunde immer noch. Raven bemerkte nun ebenfalls, dass Kara wieder wach war und wollte gerade aus dem Wasser kommen, als er es sich doch anders überlegte und sich schonmal auf das folgende Donnerwetter gefasst machte. "Es ist nicht so, wie du denkst!" er ging schon mal mental in Deckung. "B-bitte?!?! Nicht so wie ich denke? BITTE??? Ich nackt, du nackt??!?!? Was soll daran bitte schön nicht so sein, wie ich denke???" Kara schossen Tränen in die Augen, so hatte sie ihn wirklich nicht eingeschätzt, das hätte sie ihm niemals zugetraut! Raven stieg aus dem Wasser und griff seine Sachen. Während er sich anzog, erklärte er ihr Stück für Stück, was geschehen war und sie verfluchte sich allmählich selbst dafür, so etwas von ihm gedacht zu haben. Nun hatte er ihr schon das zweite mal geholfen. Langsam musste sie sich irgendwie bei ihm revanchieren. Der Hund lag noch immer neben ihr und schaute sie drollig an. Sie legte sich wieder hin und versank in Gedanken. War da nicht irgend etwas anderes gewesen? Bevor sie aufwachte? Sie erinnerte sich an einige Gefühle: Kälte, Angst, Ungewissheit, Hoffnungslosigkeit und Schmerz - sehr viel Schmerz! Es fühlte sich so ungewöhnlich real an, war das wirklich ein Traum gewesen? Ein sehr komischer Traum... Sie hatte Flügel gehabt, wie ein Engel, schneeweiß und mit langen Federn. Aber ihre Haare waren braun und sie war nicht älter als zehn Jahre gewesen. Wirklich ein komischer Traum. Aber sie konnte keinem davon erzählen, man würde sie auslachen, sie und ein Engel? Eher das Gegenteil, würde ihre Mutter jetzt sagen. Ihre Mutter... Wie es ihr wohl geht? Und ihrem Vater und ihrem kleinen Bruder? Hoffentlich waren sie in Ordnung. Sie waren doch alles, was sie auf dieser Welt besaß und was ihr wichtig war. Unter all diesen Gedanken schlief Kara wieder ein. Sie hatte einen schweren, traumlosen Schlaf, der ihr einen Großteil ihrer Kraft zurückbrachte. Raven versuchte Wache zu halten, aber auch er wurde bald vom Schlaf übermannt, so schliefen beide bis spät in den nächsten Tag hinein. Raven hatte Karas Sachen gewaschen, als sie diese anzog, erkannte man wie steinig der Weg gewesen sein musste, den Moki sie lang geschliffen hatte. Überall waren Löcher und Risse zu sehen. Der weiße Verband leuchtete richtig durch das zerfetzte und inzwischen vergilbte Hemd. "Du brauchst neue Sachen. So kannst du nicht weiter rumlaufen, sonst denken noch alle ich hätte dich irgendwem abgekauft." "Wir sind heute auch mal wieder die Freundlichkeit in Person!", Kara fauchte ihn richtig an, "Wenn wir in meinem Dorf sind, besorge ich mir schon neue Sachen, bis dahin musst du mich eben noch so ertragen. Mich stört es jedenfalls nicht so rumzulaufen, besser als gar nichts!" "Kaum geht es dir wieder besser, wirst du gleich wieder mürrisch!" Raven musste breit grinsen, "Langsam klingen wir schon wie ein altes Ehepaar." Wieder ein Satz, der Kara knallrot anlaufen ließ. "Hpfffffff!", mehr brachte sie nicht mehr heraus. Sie ritten nun zu zweit auf Miko, dem das Gewicht nicht wirklich etwas auszumachen schien. Kara fand es sehr schade, dass sie Moki nicht mehr hatte, sie hatte noch nie ein eigenes Pferd besessen. Ihr Vater hatte Angst gehabt, dass sie dann noch mehr Dummheiten machen würde oder sie eines Tages einfach spurlos verschwunden sein würde. Dabei liebte sie ihr Dorf und ihre Familie über alles und würde nie so einfach weggehen. Der Weg schien sich ewig hinzuziehen. Sie ritten durch Täler, Felder und kleine BIrkenwäldchen, über Wiesen und an Bächen vorbei. Auf ihrem Weg in die Berge war Kara die Schönheit der Gegend gar nicht aufgefallen. Jetzt musste sie sich schließlich auch nicht auf den Weg konzentrieren. Raven folgte dem Pfad und da Kara nichts entgegnete, schien er wohl nicht falsch zu sein. Langsam wurde es wieder Nacht, da die beiden aber zuvor so lang geschlafen hatten, entschieden sie sich die Nacht hindurch zu reiten. Es war Halbmond, ein besonders schöner, gelblich leuchtender Halbmond, der größer als sonst zu sein schien. Die Sterne leuchteten über den Weg und Kara suchte nach den ihr bekannten Sternbildern. Sie saß vor Raven auf dem Pferd, er hatte sie mit in seinen Mantel gewickelt, damit sie in ihrer löchrigen Kleidung nicht fror, immerhin war sie noch geschwächt und sollte sich nicht erkälten. Sie konnte seinen Herzschlag und seine Atmung spüren, seine Wärme. Sie schloß für einen Moment die Augen - ein Bild schoß ihr durch den Kopf, aber sie konnte es nicht richtig fassen. Diese Situation kam ihr so seltsam vertraut vor. Hatte er sie schon einmal so gehalten? Vielleicht als sie bewusstlos war? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Aber es fühlte sich so gut an, sie fühlte sich sicher und geborgen, fast wie in den Armen ihres Vaters, nur etwas anders. Es kam ihr vor, als wären sie schon einmal so geritten, als hätte sie schon einmal so in seinen Armen gelegen und diese Geborgenheit gespürt, nur wann? Wieso konnte sie sich nicht erinnern, wo sie sich doch so sicher war, dies schon einmal erlebt zu haben? Diese Wärme seiner Arme um ihre Hüfte, sein Geruch, dieses Gefühl - so vertraut und doch auch wieder nicht. Kara verstand sich für einen Moment selbst nicht mehr, wieso gingen ihr all diese Dinge durch den Kopf? Was hatte das alles zu bedeuten? Sie öffnete die Augen wieder und sah in der Ferne die ihr bekannte Windmühle, an dem kleinen kristallklaren Bach, an welchem sie als Kind so gerne gespielt hatte. Nicht mehr lange und sie würden das Dorf erreichen. Je näher sie der Mühle kam, desto mehr erkannte sie, was sie lieber nicht hatte sehen wollen. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie richtete sich in Ravens Armen auf, um genauer hinsehen zu können. Die Flügel der Mühle waren zerfetzt und teilweise abgebrannt. Die Tür war eingetreten und schwarzer Ruß am Türrahmen verriet ihr, dass drinnen Feuer gelegt worden war. Weit und breit war niemand zu sehen. Oft wurden die Kinder hier her gebracht, wenn eine Gefahr drohte, aber anscheinend waren diesmal alle woanders hin geflohen. Raven bemerkte Karas Aufregung. Er schloss seinen Griff fester um ihre Hüfte und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. "Es gibt sicher Überlebende irgendwo, sie werden sich nur nicht sofort zeigen. Gib die Hoffnung nicht auf kleines. Ich bin mir sicher, wenn wir das Dorf erreichen, werden wir jemanden von deiner Familie finden, keine Angst." Seine Worte beruhigten sie etwas, aber das mulmige Gefühl in ihrer Magengegend blieb. Hoffentlich hatte er Recht! Oh ihr Götter, er musste einfach Recht haben. Sie wusste nicht, was sie sonst tun würde. Kapitel 3: Chapter 3 - ... zerstörte Hoffnung? ... -------------------------------------------------- Ihre Hände zitterten, sie würde diese Anspannung nicht mehr lange aushalten. Nur noch ein paar Schritte und sie würden über den Hügel sehen können, dort lag ihr Dorf. In ihrer Erinnerung sah sie es, wie die Dächer bei Sonnenuntergang so vertraut rot glühten, wie die Menschen durch die Gassen liefen und sich auf die bald einbrechende Nacht vorbereiteten. Sie sah ihren guten Freund Sora, wie er die Gänse durch die Straßen in Richtung seines Stalles trieb, wie sein Hund ihm dabei folgte und immer wieder an seinem Arm, in welchem er die Rute hielt, hochsprang und freudig danach schnappte. Sie sah die anderen Kinder, wie sie lachend am Brunnen fangen spielten. Sie sah ihren Vater, wie er das Feuer in in der Schmiede schürte, wo sich spät Abends die älteren trafen, um über die Aufgaben des kommenden Tages zu reden. Sie sah die Wirtin, die dem Mann am Wachturm etwas zu essen brachte, welcher seine Augen immer in den weiten Ebenen hatte. Er hätte sie bereits enteckt und den anderen Bescheid gegeben, doch dort wo einst der stabile Turm stand, waren nur noch verkohlte Balken und Asche zu sehen. Keines der Häuser war vom Feuer verschont geblieben, an einigen Stellen glühte die Asche noch. Es roch nach verbranntem Fleisch und Tod. Kara war aus Ravens Armen vom Pferd geglitten und ging ein paar Schritte auf ihr Dorf zu. Der Hund lief neben ihr her und setzte sich an ihre Seite. Sie konnte noch nicht richtig fassen, was sie dort sah. Die Truppen hatten die Wachhunde an Lanzen vor der Brücke, welche zum Brunnen am Marktplatz führte, aufgespießt. Krähen saßen auf den Kadavern und rissen ab und zu Stücke aus ihnen heraus. Ihr Blut hatte den ganzen Weg dunkel gefärbt. An einigen Stellen konnte sie verbrannte Leichen entdecken, die meisten von ihnen waren schon vor dem Brand in mehrere Stücke zerteilt worden. Die Schmiede stand noch zum größten Teil, aber ihr waren auch Spuren des Feuers anzumerken. Keine Menschenseele war zu entdecken. Das Zittern hatte inzwischen Karas gesamten Körper erfasst. Eisige Schauer liefen ihren Rücken herunter, ihr Magen krampfte sich so sehr zusammen, dass ihr so schlecht wurde, dass sie sich nicht einmal mehr übergeben konnte. Raven war inzwischen hinter ihr abgestiegen und ging ein paar Schritte auf sie zu. Gerade als er seine Hand auf Karas Schulter legen wollte, brach sie zusammen. Der Schock hatte ihr das Bewusstsein geraubt, sie lag in einer tiefen Ohnmacht. Er nahm sie auf seine Arme und trug sie zurück zu Miko. Er legte sie über dessen Rücken, nahm seine Zügel, pfiff nach dem Hund und führte das Pferd den hang hinab zu dem, was von dem Dorf noch übrig geblieben war. Der Gestank war erträglich, demnach hatten die Leichen noch nicht lange gelegen, bevor das Feuer gelegt worden war. Der Anblick war furchteinflösend, demnach würde sicher niemand hier geblieben sein. Raven versuchte irgendwo Spuren ausfindig zu machen. Tatsächlich entdeckte er welche in der Schmiede. Es waren Fußabdrücke in der Asche, sie gehörten eindeutig nicht zu einem Krieger der Truppen, dafür war das Material der Stiefel viel zu weich gewesen. Raven schaute sich weiter um. Anscheinend war alles an Waffen und Rüstzeug fortgebracht worden. Die Spuren führten durch die Schmiede hindurch zu einer Hintertür hinaus in einen Garten. Kara mochte sich hier gut auskennen, jedoch lag sie immer noch bewusstlos auf Mikos Rücken. Also folgte er den Spuren weiter durch den Garten bis zu einem kleinen Wäldchen. Hier verloren sie sich jedoch in der Dunkelheit, Raven konnte sie einfach nicht mehr sehen. Um nicht irgendwelche Spuren zu verwischen, führte er Miko ein Stück zurück in den Garten, breitete dort eine Decke aus und legte Kara darauf. Er hatte keine andere Wahl, als bis zum Morgen zu warten, dann konnten sie den Spuren weiter folgen. Bis dahin würde Kara sicherlich auch wieder wach sein. Er setzte sich neben sie auf die Decke. Der Hand lag bereits wieder neben Kara, er hatte seinen Kopf auf ihren Bauch gelegt und beobachtete Raven aus dem Augenwinkel. Für ihn war es ebenso unmöglich den Spuren zu folgen, der Geruch der Asche und der Leichen hing wie ein Schleier in der Luft und machte es ihm schier unmöglich einzelne andere Gerüche herauszufiltern. Die Nacht war ungewohnlich still, man hörte kaum Eulen oder andere Vögel, auch das Zirpen der Grillen war nicht zu vernehmen. Das einzige Geräusch, das man kontinuierlich hörte, war das Flüstern des Windes in den Bäumen. Er schien die Geschichte des Dorfes und jedes Menschen, der jemals darin gelebt hatte zu erzählen und wie alles hier sein jähes Ende nahm. Raven schloss die Augen und lauschte dem Wind, er konzentrierte sich auf das, was er einst bei seiner Ziehmutter gelernt hatte. "Verlasse dich nicht immer auf deinen Verstand, schalte ihn ab und nutze alle deine Sinne mit dem Herzen. Dann wirst du sehen, was deinem Geist sonst verborgen bleibt!" Er konnte ihre Worte förmlich hören, er hatte diesen Satz nie vergessen und sich schon desöfteren an ihren Rat gehalten. Er spürte die Erinnerungen der Erde, der Pflanzen und Bäume um ihn herum. Plötzlich hörte er den Gesang der Vögel, er sah blühende Gärten, Bäume mit großen reifen Früchten, wunderschöne Blumen und er hörte das Gelächter von Kindern und den Klang von Musik. Es war der Tag der Sommersonnenwende und das gesamte Dorf hatte sich um den Brunnen versammelt und feierte und tanzte. Auf einem Altar neben den Brunnen lagen Opfergaben für die heilige Mutter. Er sah ein kleines Mädchen, das einen Kranz aus Blumen geflchten hatte und auf den Altar legte. Es hatte schulterlanges schwarzes gelocktes Haar und lachte wie ein kleiner Engel. Raven musste bei ihrem Anblick lächeln, Kara war schon immer ein sehr hübsches Mädchen gewesen. Sie lief zu ihren Eltern, einem starken und gutaussehenden Mann mit genauso rabenschwarzem Haar, wie das seiner Tochter und einer wunderschönen blonden Frau in einem langen dunkelgrünen Kleid. Sie trug ein Kind auf dem Arm, es war vielleicht gerade mal ein Jahr alt, ein kleiner hübscher Junge mit der selben Haarfarbe wie seine Mutter. Raven hörte wie Kara dessen Namen rief. Graydon, ein ziemlich seltener Name. Er hatte ihn bisher noch nie gehört. Plötzlich verdunkelte sich das Bild. Der Gesang, die Musik und das Lachen verschwanden. In der Ferne hörte er das Fauchen von Klingen, die schnell durch die Luft gezogen wurden. Auch hörte er, wie diese gegeneinander schlugen. Vor ihm erschien wieder ein Bild, er sah Kara und einen ihm unbekannten Jungen. Beide duellierten sich gerade. Der Junge war fast zwei Köpfe größer als Kara, er hatte kurze braune Haare und sah sehr kräftig aus. Jedoch schien es so, als hätte er seine Probleme gegen das Mädchen anzukommen. Sie bewegte sich recht flink und parierte jeden seiner Schläge ohne Mühe. Sie lachte die ganze Zeit über, was den Jungen in Rage zu versetzen schien. Je mehr er merkte, dass seine Schläge seine Wirkung auf sie hatten und sie ihn nicht als ernsten Gegner ansah, desto roter wurde sein Kopf vor Zorn. Am Ende entwaffnete sie ihn durch einen einfachen Schlag und richtete ihre Klinge gegen seinen Hals. Raven musste schmunzeln, dieser Kampf David gegen Goliath musste dem Jungen sehr peinlich sein. Er fragte sich, warum er die Herausforderung überhaupt angenommen hatte. Oder hatte er sie am Ende gar herausgefordert? Dann müsste ihm doch klar gewesen sein, dass sie kein leichter Gegner war. Wie auch immer, jedenfalls schien Kara in dieser Zeit viel mit dem Schwert gelernt zu haben. Sie war ohne eine Verletzung aus dem Kampf hervor gegangen, während ihr Gegner mit einigen Schrammen und blauen Flecken davon kam. Sie hätte ihm weitaus mehr Verletzungen zufügen können. Er sah wie ihr kleiner Bruder auf sie zustürmte und sich um ihre Beine klammerte. Der kleine bat seine große Schwester ihm auch so gut kämpfen beizubringen, ähnlich wie der kleine Junge auf dem Hof ein paar Tage zuvor, als Raven nach Kara gesucht hatte. Sie beugte sich zu ihm herab und meinte, er müsse noch etwas wachsen, sonst wäre sein Schwert ja noch größer als er. Der kleine verzog das Gesicht, wollte erst schmollen, überlegte es sich dann doch anders und versprach seiner Schwester statt dessen ganz schnell groß zu werden, damit er bald genauso gut war, wie sie und sie das Dorf gemeinsam verteidigen konnten. Ravens Herz erlitt bei diesen Worten einen kleinen Stich. Wäre es so gekommen, würde das Dorf jetzt wahrscheinlich nicht in Trümmern liegen. Wiederum verdunkelte sich das Bild und alle Geräusche verschwanden. Plötzlich wurde Raven von einem Aufschrei hochgerissen. Er sah wie die Truppen in das Dorf maschierten und wie Kara einem der Krieger mit einem gekonnten Hieb den Kopf abschlug. Anschließend schwang sie sich auf dessen Pferd und stob davon. Die Männer versuchten gegen die Truppen anzukommen, während die Frauen sich und die Kinder in Sicherheit brachten. Er sah eine alte Frau, anscheinend die Weise, wie sie einen Zauber beschwor, jedoch bevor sie die letzten Zeilen aussprechen konnte, bohrte sich ein Pfeil von einem der schwarzen Schützen durch ihren Körper. Er sah junge Männer, wie sie nur schlecht mit ihren Waffen gegen die schwarzen Krieger ankamen. Karas Mutter war von einigen Kriegern mit ihrem Sohn in eine Ecke gedrängt worden. Sie erstachen sie und nahmen den schreienden kleinen Graydon mit. Er rief die ganze Zeit über nach seiner großen Schwester, aber diese hatte sich mit dem Dolch auf den Weg zu Bova gemacht, sie konnte ihm nicht helfen. Sie hätte es getan, wenn sie gekonnt hätte. Wieder verdunkelte sich das Bild. Mehr musste Raven nicht wissen, also öffnete er wieder die Augen. Inzwischen war es bereits hell geworden. Einige Vögel sangen in dem Wäldchen, in welches die Spuren führten. Der Hund war verschwunden, wahrscheinlich suchte er irgendwo nach etwas fressbarem oder versuchte einfach nur dem Geruch zu entkommen. Kara schlief noch immer, deshalb stand Raven auf und suchte alleine nach den Fußabdrücken, die er in der Nacht zuvor kaum noch hatte erkennen können. Nun am Morgen, waren sie deutlicher zu sehen. Sie führten tief in das Wäldchen. Nach und nach kamen noch andere Spuren dazu. Es waren auch welche von Frauen dabei, also waren es sicher Überlebende aus dem Dorf. Oder eine Bande von Kopfgeldjägern trieb sich hier herum. Dann waren diese aber noch Anfänger und wussten nicht, wie man seine Spuren verwischte. Raven hielt inne und sah sich in dem Wäldchen um. Es war an dieser Stelle nicht sehr dicht, an einigen Stellen konnte man den Himmel durch die Baumkronen erkennen. Das sanfte Sonnenlicht und der Gesang der Vögel liessen es ungewöhnlich märchenhaft wirken. Raven verlor sich in Gedanken an Sagen über Feenwälder, die diesem hier wohl ähnlich sehen mochten, nein sicher viel atemberaubender waren. Eigentlich war er doch ein sehr verträumter und nachdenklicher Mensch, seine Mutter hätte sicher niemals gedacht, dass er einmal ein Krieger würde. Seine Mutter... Er vermisste sie sehr. Doch der Gedanke an sie gab ihm die Kraft zu kämpfen und ihren und den Tod aller, die er jemals geliebt hatte zu rächen. Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als er den Hund irgenwo anschlagen hörte. Schnell lief er in die Richtung, aus der er das Gebell vernahm und fand einen Mann, der sich an einen Baumstamm drückte und versuchte den Hund zu beruhigen, der wild an ihm hochsprang. Raven pfiff ihn zurück und ging den Mann genau musternd langsam auf diesen zu. Er war einfach gekleidet, sicher ein Bauer, womöglich stammte er aus dem Dorf. Er schaute ihn lange eindringlich an, der Mann rührte sich kein Stück, Raven erkannte, dass er zitterte, er hatte anscheinend Angst vor ihm, so große Angst, dass er es nicht einmal wagte davon zu laufen. "Kennst du Kara?" Seine Frage kam so plötzlich, dass der Mann zusammenzuckte und die Augen zusammen kniff, fast so als hätte Raven sein Schwert gezogen. Er öffnete sie jetzt wieder und blickte ihn erstaunt an. "D..die Kara aus diesem Dorf?" er zeigte in die Richtung, aus der Raven gekommen war. "Ja genau diese, du kennst sie also?" "Was ist mit ihr?" der Mann zitterte noch immer. "Gibt es noch andere Überlebende in diesem Dorf?" Raven schaute den Mann eindringlich an, so dass dieser den Verdacht bekam, er wäre gesandt worden um die restlichen Überlebenden zu töten. Bei diesem Gedanken schnürte sich ihm die Kehle zu. "Nun sag schon!" Wieder zuckte der Mann zusammen. Ravens Stimme klang für ihn so furchteinflösend, dass er auf einmal anfing um Hilfe zu rufen. Raven versuchte ihn zu beruhigen und ihm zu erklären, dass er ihm nichts antun wollte, doch dieser dachte nciht im Traum daran diesem Krieger auch nur ein Wort zu glauben. Er rief nur weiter um Hilfe. Der Hund fing nun an zu bellen und wie verrückt um den Mann herum zurennen. Nun war es Raven der zusammenzuckte. Hinter sich im Gebüsch hatte er etwas gehört und im Gebüsch gegenüber hatte sich etwas bewegt. Seine Hand ruhte auf dem Griff seines Schwertes, bereit dieses sofort zu ziehen und sich den Angreifern kampfbereit zu stellen. Die Männer traten nun aus den Büschen hervor, sie waren alle Bauern, wie der andere, jedoch waren sie mit Schwertern bewaffnet. Es waren ungefähr sechs, im stärksten von ihnen glaubte er Karas Vater zu erkennen. Sie hatten ihn rasch umzingelt und ihre Klingen gegen ihn gerichtet. Raven hatte den Hund erneut zurück gepfiffen. Dieser saß nun neben ihn, beäugte die Versammlung misstrauisch und ließ ab und an ein leises Knurren von sich vernehmen. Raven hätte leichtes Spiel mit diesen Männern gehabt, er hätte nicht einmal eine Minute gebraucht um sie zu töten, aber das wollte er natürlich nicht, waren sie doch womöglich Karas Freunde oder gar Verwandte. Er nahm seine Hand vom Griff seines Schwertes und legte sie auf seine Hüfte. Dann setzte er ein verschmitztes Grinsen auf, deutete auf den Schreihals und meinte nur, dass er sich bei seinem Anblick fast in die Hose gepinkelt hätte und fragte, ob er denn immer so drauf sei. Die Männer schienen nicht auf ihn einzugehen, sie trauten ihm nicht, zu Recht, schließlich kannten sie ihn ja nicht. "D..d..der Typ hat nach Kara gefragt." meinte der immer noch zitternde Typ zu dem großen stämmigen. Dieser hatte rabenschwarzes Haar und dunkle, jedoch sehr sanft wirkende braune Augen, kein Zweifel, dass dies Karas Vater war. "Woher kennst du sie?" seine Stimme klang bedrohlich. Er winkte den anderen zu, welche nun ihre Schwerter senkten und einen Schritt zurück gingen. Raven sah, dass der Mann sich auf einen Kampf vorbereitete, auf welchen der Krieger jedoch keineswegs bereit war einzugehen. Der alte Mann schaute ihm tief in die Augen und stürzte dann mit einem Ruck auf ihn los. Raven wich jedem seiner Hiebe gekonnt aus. Der Alte war zwar kräftig, aber durch seine Statur sehr langsam und unbeweglich. Aber mit seinen Schlägen hätte er Bäume zerteilen können. Die anderen Männer standen um sie herum und feuerten den Alten an. Ihre Rufe erfüllten die Luft, kein Vogel war mehr zu hören, nur das Gegröle und Gejohle der Männer und das Bellen des Hundes, der wie wild um die beiden Kämpfer herum sprang und versuchte nach dem Alten zu schnappen, der ihn immer und immer wieder fort trat. Ohne sein Schwert, war der Kampf doch schwerer als er dachte, aber er wollte es auch nicht ziehen, um den Mann nicht noch mehr zu provozieren oder ihn gar unbeabsichtigt zu verletzen. Womöglich würde dieser so auch bald von ihm ablassen, wenn er bemerkte, dass der Krieger nicht bereit war sich zu wehren und mit ihm zu kämpfen. Allerdings war es auch möglich, dass er dachte, Raven wollte ihm blos seine Überlegenheit demonstrieren, indem er nicht einmal sein Schwert zu ziehen bräuchte, um ihn zu besiegen. Wenn dem so war, könnte dieser Kampf noch eine Ewigkeit dauern. Noch war es ihm ein Leichtes jedem Schlag auszuweichen, doch bald würden sich die Erschöpfung, durch den fehlenden Schlaf der vorangegangenen Nächte, und sein Hunger, den er schon eine ganze Weile verspürte, bemerkbar machen. Bis dahin war es aber noch einiges an Zeit, so dass er einfach weiter dem alten Mann Paroli bot, indem er ihm einfach auswich und ihn zu Schlägen animierte, durch die der Alte öfters das Gleichgewicht verlor und zu stürzen drohte. Unglücklicherweise schaffte er es jedesmal sich wieder zu fangen, bevor Raven es schaffte ihm die Beine wegzuziehen und ihn zu entwaffnen. Wie sollte er es nur schaffen, mit so einem Sturkopf zu reden, der nicht im Traum daran dachte, diesen kampf zu verlieren? Kara kam wirklich ganz nach ihrem Vater! Die Fesseln schmiegten sich kalt um ihre Handgelenke. Der Raum war dunkel, dennoch konnte sie die Einrichtung erkennen. Sie saß auf einem Bett, es war hart, ohne eine Decke oder ein Kissen. Ihr gegenüber erkannte sie einen großen schweren Eichenschrank, das Holz glänzte im seichten Licht, dass durch das Fenster zu ihrer Rechten fiel. Sie wollte aufstehen und zum Fenster gehen, aber die Fesseln an ihren Füßen waren so unsagbar schwer und sie fühlte sich so kraftlos und müde. Sie vermisste ihren Vater und ihre Mutter. Heiße Tränen rannen ihr über's Gesicht. Sie fühlte sich so hilflos, so alleingelassen. Vor ihren Augen flammte das Bild ihres toten Vaters auf, ein stolzer Engel, mit einst so schneeweißen Schwingen, die nun blutverschmiert und zerstückelt um ihn herum lagen. Sein blondes Haar war rot und verkrustet von seinem Blut. Seine Augen blickten starr in die Unendlichkeit. Jedes Lebenszeichen war schon aus seinem Körper gewichen. In seiner linken Hand hielt er noch das Medallion seiner verstorbenen Frau. Sie kniete sich neben ihm hin und legte ihre Hand auf seinen Rücken. Sie konnte die Wunde, aus der das Blut hervordrang nicht sehen, sie musste auf seinem Bauch sein, auf welchem er nun lag. Sie kniete in seinem Blut, ihr Kleid hatte es innerhalb von Sekunden aufgesogen. Gelb wie die Sonnenblumen, die sie so sehr liebte, nun färbte es sich wie der ach so blutrote Sonnenuntergang. Sie streckte die andere Hand aus und griff nach dem Medallion. Es war das einzige, was ihr nun noch geblieben war. Doch die Männer, die sie kurz darauf von ihrem Vater fortrissen und zu ihrem Herren brachten, nahmen es ihr und gaben es diesem Scheusal, der den Tod ihres Vaters befohlen hatte, nur damit er sie bekam, als sein Spielzeug, seinen Schoßhund, seine Dienerin. Warum nur war er so grausam? Sie hatten ihm doch nichts getan! Warum nur wollter er sie unbedingt besitzen, wie ein Spielzeug? Trotz der Schmerzen, die die Fesseln an ihren Füßen verursachten, stand sie auf und ging zum Fenster. Die Ketten klirrten leise an der Wand über ihrem Bett in der Verankerung. Sie reichten gerade so, dass sie aus dem Fenster schauen konnte. Es war Vollmond, einige Wolken zogen durch den besonders düster wirkenden Nachthimmel. Der Mond bestrahlte einen Hof unter ihrem Fenster. Sie erkannte, dass sie sich in einer Burg befand, die Wände waren sehr stark und die Burgmauern hoch. Im Hof sah sie einige Pferdeställe und viele Wächter. An einigen Stellen waren Fackeln aufgestellt, so dass der Großteil des Hofes ausgeleuchtet war. Hier zu fliehen, würde sehr schwer werden, falls es überhaupt möglich war. Und selbst wenn man es schaffen würde, hatte der Herr immer noch Häscher, die ihr jahrelang auf den Fersen sein würden. Sie hörte, wie jemand den Flur hinaufkam. Vor ihrem Zimmer hielt er an und öffnete die Tür. Sie drehte sich um und blinzelte in den Lichtschein, der nun durch die geöffnete Tür fiel. Sie erkannte zwei Menschen: Eine alte Frau und einen jungen Burschen. Der Junge sagte ihren Namen, sie hörte ihn nicht wirklich, doch wusste sie, dass sie gemeint war. Sie ging einen Schritt auf ihn zu, doch im selben Moment spürte sie wieder die Schwere der Ketten an ihren Armen und Beinen und brach vpr ihm zusammen. Er reagierte blitzschnell und fing sie auf, bevor sie den Boden berührte. Sie weinte noch immer, ihre Tränen benetzten sein reines weißes Hemd. In diesem Moment tat sie ihm sehr leid. Ihre langen braunen Haare waren völlig verklebt und rochen nach Blut, ihre Augen waren von den Tränen stark gerötet, die Fesseln hatten die Haut um ihre Hand- und Fussgelenke wund gescheuert und an einigen Stellen rann Blut an ihren Gliedern herab. Ihre Flügel sahen eingefallen aus, sie wirkten grau und hatten jeglichen Glanz verloren. Sie sah wirklich mitleiderregend aus. Wie konnte man so ein schönes Geshöpf nur so behandeln? Zum aller ersten Mal verspürte er aus der Tiefe seines Herzens starken Hass gegenüber seinem Herrn. Er trug sie auf das Bett und öffnete ihre Fesseln. Die Frau hatte inzwischen Licht gemacht und eine Schüssel mit Wasser hereingetragen. Sie begann damit das arme Geschöpf zu waschen, während sie den Jungen losschickte Verbandsmaterial zu holen. Als dieser wiederkam, hatte sie das Engelskind von Kopf bis Fuß gewaschen und machte sich nun daran, ihre Wunden zu versorgen. Sie schickte ihn erneut los, um ihr etwas Essen zu holen. Als er wiederum wiederkam, hatte sie das Mädchen neu eingekleidet und alle ihre Wunden verbunden. Sie blickte die beiden kraftlos, aber dennoch dankbar an. Dann sah sie, wie ein kräftigerer Junge in Rüstung in der Tür erschien und nach dem anderen Jungen rief, er solle ihm bei etwas helfen. Sie verstand nicht ganz, was der andere Junge sagte, aber sie fand die Namen der beiden schön. Beide sahen recht freundlich aus, auch wenn der zweite den Anschein erregte, sich ihr gegenüber unwohl zu fühlen. Sie waren nun beide aus ihrem Blickfeld verschwunden. Die alte Frau beugte sich über sie und gab fütterte sie mit etwas Suppe. Sie verschluckte sich ab und zu, aber die Suppe schmeckte und tat ihr gut. Bald verließ die alte Frau sie wieder mit den Worten, dass sie etwas schlafen sollte, morgen würde sie wieder nach ihr sehen. Als sie ging, löschte sie das Licht und verschloss die Tür wieder von außen. Sie lag noch eine Weile wach und fragte sich, ob die Möglichkeit bestand das Medallion ihrer Mutter wiederzuerlangen, war es doch das einzige, was ihr nun noch von ihr geblieben war... Sie merkte nicht, wie sie langsam einschlief, sie spürte nur das leichte Brennen ihrer Wunden. Ein Schrei riss Kara aus der ihr unbekannten und doch so vertrauten Welt. Sie brauchte einen Moment um sich zu sammeln und zu realisieren, wo sie war. Dies war ihr Dorf! Aber es war vollkommen verwüstet und teilweise abgebrannt. Ein graunvoller Verwesungsgeruch lag in der Luft. Sie konnte niemanden entdecken. Wieder ertönte der Schrei. Sie sprang auf und sah sich um. Der Schrei schien aus dem Wäldchen zu kommen. Ohne nachzudenken, rannte sie kurzerhand los, immer den Schreien hinterher. Da rief eindeutig jemand um Hilfe. Plötzlich verstummten die Schreie. Kara blieb stehen. Aus welcher Richtung waren die Hilferufe gekommen? Sie konnte noch immer niemanden entdecken. Nun hörte sie andere Rufe, es schienen mehrere Männer zu sein. Was sie riefen, konnte sie nicht verstehen. Sie wollte ihr Schwert ziehen, bemerkte aber, dass sie es beim Pferd vergessen hatte. Sie hörte nun auch den Hund bellen. Ravens Stimme war bei dem Geschrei nicht zu hören, wonöglich war er in Gefahr! Sie konnte jetzt nicht umkehren, sie musste ihm sofort helfen. So schnell wie irgendmöglich rannte sie durch den Wald, immer den Stimmen hinterher. Bald konnte sie vage Umrisse eines Kampfgeschehens erkennen. Mehrere Männer standen im Kreis und gröhlten irgend etwas unverständliches, der Hund hüpfte wie angestochen um die Männer, dann erkannte sie auch Raven, wie er sich einen verbissenen Kampf mit einem älteren Mann lieferte. Er hatte sich diesem anscheinend unbewaffnet gestellt. Als sie näher kam, erkannte sie einige der Männer, sie waren alte Bekannte aus ihrem Dorf. Nun erkannte sie auch, dass es ihr Vater war, der da so verzweifelt versuchte Raven auf den Pelz zu rücken. "Papa!!!" Ihre Stimme schien die Luft zu zerschneiden. Der alte Schmied hob den Kopf und blickte seiner Tochter entgegen. Raven nutzte diesen Augenblick, um dem Alten in die Kniekehlen zu treten, ihn so zu Boden zu reißen und ihm sein Schwert abzunehmen. Der Alte lag fluchend am Boden und hob beide Hände, um zu zeigen, dass er kapitulierte. Kara lief schnell zu ihm hin und half ihm wieder auf. Raven hatte das Schwert inzwischen in den lockeren Waldboden gespießt und es sich auf einem naheliegenden Baumstamm bequem gemacht. Alle waren damit beschäftigt sich um Kara und den alten Mann zu kümmern, ihn schien keiner mehr zu bemerken. Seiner Meinung nach eine Gefährliche Einstellung. Der Hund hatte sich wieder einmal neben ihm niedergelassen und ließ sich nun genüsslich von ihm hinter den Ohren kraulen. Die anderen bombadierten währenddessen Kara mit Fragen oder drückten sie kräftig vor Freude, dass sie noch lebte. Der alte Schmied prahlte damit, dass sie nunmal seine Tochter sei und sich nicht so leicht ein paar Kriegern geschlagen gäbe! Bei diesem Worten kam ihnen wieder der Krieger in den Sinn, der nun hinter ihnen saß und die Situation amüsiert verfolgte. "Nun Kara? Wieder alles in Ordnung?" er grinste sie breit an. Der alte Schmied schob sich zwischen die beiden:" Kennst du diesen Rüpel etwa?" Kara errötete, sie blickte ihren alten Herrn an und musste sich bei dem Gedanken, dass er zum ersten mal gegen so einen Jungspund verloren hatte, das Grinsen verkneifen. "Ja, ich habe ihn beim alten Bova getroffen, er hat mir geholfen." Der alte musterte den Krieger aufs neue. "So, na wenn das so ist..." er ging auf Raven zu und streckte ihm die Hand entgegen, der diese lächelnd entgegen nahm. "Tut mir leid, konnte ich ja nicht wissen." die Entschuldigung klang stark erzwungen. Raven musste wieder grinsen: "Schon vergessen!" Er stand auf und schaute Kara erwartungsvoll an. Sie hatte sicher nicht vergessen, dass sie ihm noch etwas schuldig war, außerdem musste er noch etwas mit ihr besprechen. Kara jedoch ließ sich erst einmal von den anderen erzählen, was alles in der Zwischenzeit passiert war. Sie erfuhr, dass die Truppen jedes Kind aus dem Dorf entführt hatten, auch ihren kleinen Bruder. Nur wenige hatten es geschafft zu fliehen, insgesamt ungefähr zwölf Leute, darunter Karas Vater, ihre Mutter und einige Freunde der Familie. An Waffen war nicht mehr viel übrig, die Krieger der Truppen hatten alles übrig gebliebene mitgenommen. Auch waren keine Tiere am Leben gelassen worden. Während dies alles Kara erzählt wurde, machten sie sich zu dem Ort auf, an dem sich die anderen versteckt hielten. Es war eine kleine Höhle, versteckt an hinter einigen großen Felsbrocken an einer steilen Felswand, tief verborgen im Wäldchen. Erneut musste sich Kara von allen umarmen lassen und erzählen, was ihr bisher wiederfahren war. Raven schenkte niemand Beachtung, er setzte sich draußen mit dem Hund auf einen Felsen und lauschte dem Gesang der Vögel. Aus der näheren Umgebung drang das Plätschern eines kleinen Wasserfalls. Er lehnte sich zurück und legte den Kopf zurück. Sein Blick verlor sich im saftigen Grün der Blätter und den vereinzelt blauen Flecken des Mittagshimmels. Seine Gedanken kreisten um dieses Mädchen. Er hatte sie zum ersten Mal getroffen, er war sich da hundertprozentig sicher. Warum nur kam sie ihm so vertraut vor? Sie erinnerte ihn so sehr an ein Mädchen, nein eine wunderschöne Frau, die er mal gekannt und über alle Maßen geliebt hatte. Eigentlich liebte er sie ja immer noch. Aber... irgendwie empfand er auch starke Gefühle für dieses Mädchen. Die Gedanken in seinem Kopf verhedderten sich zu einem wirren Knäuel, er verstand nichts mehr, er konnte seine Gedanke einfach nicht ordnen. Ruckartig zog er beide Hände an seinen Kopf und wuschelte sich wild durch die Haare, fast als wollte er so versuchen seine Gedanken zu entheddern. Er schaute rüber zum Eingang der Höhle. Ein älterer Mann saß dort und schaute wie er zuvor in die Baumkronen. Sein Bein war verbunden, er schien schwer verwundet worden zu sein. Es muss wirklich ein harter Kampf gewesen sein. Der alte Schmied erschien in der Öffnung der Höhle und sah zu Raven herüber. Er lächelte ihn an, kam auf ihn zu und setzte sich neben ihn. "Ich muss mich bei dir bedanken, du hast viel für meine Tochter getan." diesmal klangen seine Worte nicht erzwungen, sie kamen von Herzen. Er schien jegliches Misstrauen dem Krieger gegenüber verloren zu haben. Wem er dies zu verdanken hatte, lag eindeutig auf der Hand. "Es ist noch nicht vorbei. Einmal muss ich sie noch entführen, ich habe es dem alten Bova versprochen." Der alte Schmied schaute den Krieger fragend an. "Was will der alte Bova denn von ihr?" Raven schloß die Augen und lächelte. "Ich kann nur sagen, was er mir sagte. Er will ihr ihr Schicksal eröffnen." Der Schmied runzelte die Stirn. "So?" Dann verlor sich sein Blick in den Überlegungen, die er nun anzustellen schien. Raven beobachtete seine Mimik eine Weile, dann schaute er wieder in den grünblauen Himmel über sich. Einige Eichhörnchen hüpften über die Äste. Der Hund blickte ihnen jagdlustig hinterher, gab aber keinen Laut von sich. "Mein Name ist übrigens Raven." er riss den Alten damit aus seinen Gedanken. "Was? Achso, ja, mein Name ist Ferim." er hatte den Krieger kurz angeschaut und war sofort wieder in Gedanken versunken. Er musste an etwas denken, was die Weise ihm vor Jahren einmal erzählt hatte. Sollte es sich etwa bewahrheiten? Warum jetzt und warum sein Kind? Raven starrte weiter in den Himmel. Die Feen hatten mit diesem Wald wirklich ganze Arbeit geleistet, er war wunderschön, auch wenn er so unbedeutend war. Wieder verlor er sich in seinen Gedanken. Ihm ging alles mögliche durch den Kopf. Er hatte so viele Fragen. Würde er jemals eine Antwort auf sie finden? Kapitel 4: Chapter 4 - ... nur noch eine Weile - dann beginnt es! ... --------------------------------------------------------------------- "Einst, vor langer Zeit, einer halben Ewigkeit gleich, da existierten drei Reiche auf dieser unserer Erde. Das höchste und schönste war das Reich der Engel. Sie lebten in Frieden und Harmonie mit dem Planeten und den Einwohnern der anderen Reiche. Das mystischste und fantasievollste Reich war das der Tiere und Sagengestalten. Es wurde das Heilige Land genannt. Das dritte Reich, war das der Menschen. Es war bekannt für seine Unbeständigkeit und seine Widersprüchlichkeit. Die Bewohner des Heiligen Landes verschlossen sich den Menschen gegenüber, sie hatten schon vom Anbeginn der Zeit her schlechte Erfahrungen mit diesen gemacht. Den Menschen war es verboten das Heilige Land zu betreten, jeder der es wagte, wurde sofort in Stein verwandelt, dafür sorgten die heiligen Elfen dieses Reiches. Da die Menschen Sünden die ihren nannten und Gier und Neid tief in jeder ihrer Seelen verankert waren, entbrannte bald ein Krieg zwischen den Engeln und den Menschen. Die Menschen wollten sich ihr Reich aneignen und alle Engel unterwerfen. Da die Engel bis zu jener Zeit in Frieden gelebt und den Menschen vertraut hatten, waren sie auf den Krieg nicht vorbereitet, so fiel eine Stadt nach der anderen den menschlichen Truppen zum Opfer. Fast alle Engel wurden ausgelöscht. Einige Kriegsherren hielten sich Engel als Sklaven, sie ließen Ketten durch die Flügel der armen Geschöpfe treiben, um diese an der Flucht zu hindern, auch brandmarkten sie die hilflosen Wesen mit ihren Wappenzeichen. Zu Beginn des Krieges erbaten die Engel die Hilfe der Wesen des Heiligen Landes, doch diese fühlten sich nicht insofern von den Menschen bedroht und waren der Ansicht, die Engel wären wohl in der Lage die Bedrohung durch die menschlichen Armeen allein abzuwenden. Nach dem Niedergang des einst so prächtigen und hohen Reiches erkannten die Wesen jedoch, dass der Mensch eine ernsthafte Gefahr darstellte und halfen den wenigen noch übrig gebliebenen Engel. Es heißt, auch heute noch sollen einige dieser Engelswesen im Heiligen Land leben. Nachdem das Reich der Engel ausgebeutet war, begannen die Menschen ihre Finger auch nach dem Heiligen Land auszustrecken. Ihre Gier schien unermesslich, dennoch wussten sie nicht, wie sie den Bann der Elfen brechen und in das Reich einmarschieren konnten. Doch bald sollte sich ein grausamer und mächtiger Kriegsmagier auf ihre Seite stellen. Er hatte schon im Kampf gegen die Engel sein Talent als großer Stratege unter Beweis gestellt. Sein Zauber brach den Bann, der Menschen in Stein verwandelte. Aber unter den Menschen begann sich Unmut auszubreiten. Einige sympatisierten mit den Engeln und wollten diese Rächen, andere waren auf der Seite der Tiere und Fabelwesen und wollten diese schützen. Diese Gruppen schlossen sich zusammen und verschanzten sich im Heiligen Land. Da es nur einen Eingang zu diesem Reich gibt, hatten die Truppen des dunklen Magiers keine Chance das Reich zu besetzen, da genau an diesem Tor die Krieger der "geflügelten Union", wie sie sich selbst nannten, den Truppen des schwarzen Magiers die Stirn boten. Allerdings ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie es schaffen in das Land einzumaschieren, die Truppenstärke der geflügelten Union nimmt von Tag zu Tag ab. Die einzige Möglichkeit, die ihnen bleibt, ist es die Elfen wieder zu erwecken, welche durch den Zauber des dunklen Magiers alle getötet wurden, bis auf eine. Diese eine kann einen neuen Lebensbaum der Elfen sprießen lassen, welcher neue Elfenkinder hervorbringt. Es heißt, diese eine Elfe wäre gerade dabei gewesen den Baum keimen zu lassen, als sie vom Magier gefunden und in Stein verwandelt worden war. Jedoch ist es keinem normalen Menschen möglich das Schloss der Elfen zu finden und lebendig zu betreten. Eine uralte Legende aber berichtet uns von einem Menschen, der auserwählt sei einen heiligen Engel zu erwecken, welcher dieser Aufgabe gewachsen sei. Dieser Engel soll irgendwo, tief verborgen im Heiligen Land, in einem Tempel zu finden sein. Niemand konnte den Tempel bisher finden, da er in einem Teil des Heiligen Landes liegt, der vom mächtigen Wasserdrachen Skylt bewacht wird. Nur derjenige, der für den heiligen Dolch verantwortlich ist, welcher es dem Träger ermöglicht den heiligen Engel zu erwecken, darf das Tor zu diesem Gebiet passieren. Und dieser Mensch scheinst du zu sein, mein Kind." Kara musste die Worte des alten Bova erst noch auf sich wirken lassen. Sie hatte diese Geschichte noch nie gehört, und doch kamen ihr einige Passagen sehr vertraut vor. Raven stand am Fenster und spähte nach draußen in die Dämmerung. Die Sonne ging gerade auf. Sie waren wieder tagelang geritten, um den alten Bova aufzusuchen. Alle Überlebenden hatten sich lange bei Kara verabschiedet. Ihr Mutter hatte Raven gebeten gut auf sie acht zu geben. Eine wirklich schöne Frau. Lysal war ihr Name. Felim hatte Raven viel Glück gewünscht und Kara lange im Arm gehalten, bevor er die beiden ziehen lies. Auch er hatte die Geschichte so zum ersten mal gehört, er kannte sie nicht von Anfang an, er wusste nicht mehr viel vom Kampf der Menschen gegen die Engel, es war schon Jahrhunderte her. Aber er erinnerte sich noch sehr wohl an seine Kindheit, die Engel die vor seinen Augen getötet wurden und die Sklaven. Und jetzt kämpfte er als Krieger der Flügelunion, damit nicht auch noch das Reich des Heiligen Landes unterging. Wieviele Jahre kämpfte er nun schon? Wann war er überhaupt das letzte mal in dieser, der Menschenwelt gewesen? Die Menschen schienen nichts mehr von dem Kampf zu wissen, es muss also eine ganze Weile her gewesen sein. Auch kannte kaum noch jemand das Engelreich. Er sah zu Kara hinüber. Sie saß da auf ihrem Stuhl, den Blick zu Boden gerichtet und versuchte zu begreifen, was ihr der alte Mann da erzählt hatte. Armes Ding, sie fühlte sich im Moment sicher sehr verloren, immerhin wurde ihr ihre ganze Zukunft aus den Händen gerissen und ihr vom Schicksal einfach so vorgeschrieben. Ob sie wieder weglaufen würde? Er wüsste dann nicht, was er tun sollte, er brauchte sie und den Dolch, damit seine Freunde die nächsten Tage überlebten. Das Tuch, welches er an ihrer Stelle hätte nutzen können, war im Feuer verbrannt. Es wäre sowieso fraglich gewesen, ob der Drache ihn als Dolchträger akzeptiert und durchgelassen hätte. Wer weiß, ob er nicht auch eine Prüfung von ihm zu bestehen gefordert hätte. Kara stand nun auf und hob den Dolch von der Stelle am Boden auf, an der sie ihn hatte fallen lassen. Sie strich über das glatte Metall der Klinge. Reich der Engel? Anscheinend hatte sie keine andere Wahl. Vielleicht würde sie so auch erfahren, was es mit ihren komischen Träumen auf sich hatte. Außerdem konnte sie so länger mit Raven zusammen sein. Sie hatte ihn inzwischen ins Herz geschlossen, ihre Wege sollten sich nicht schon wieder trennen. Sie sah ihn nun an, fast so als wollte sie sagen: Wann geht es los? Er erwiderte ihren Blick und ging nach draußen um Miko zu satteln. In der Tür blieb er stehen und bat Bova ihnen etwas zu Essen einzupacken. Dadurch, dass sie nur ein Pferd hatten, würde es länger dauern und sie würden nicht viel Zeit zum Rasten haben. Kara trat auf Bova zu und umarmte den alten Eremiten zum Abschied. Dann ging sie nach draußen und setzte sich ins hohe Gras. Sie wollte noch etwas über alles nachdenken. Der Hund kam auf sie zu und setzte sich vor sie hin. Er beobachtete sie eine Weile und lief dann zu Raven, der gerade Miko aufsattelte. Bova trat aus seiner Hütte und gab dem Krieger ein Bündel mit Essen. Dieser verstaute es in der Satteltasche, dankte dem alten Mann und führte Miko zu Kara. Er bat sie zuerst aufzusteigen. Danns chwang er sich selbst auf den Rücken des Pferdes und trieb es den Hang hinab, den Weg zurück, den sie nun schon dreimal genommen hatten. In dem Wald angekommen, trieb er Miko auf einen anderen Pfad, der sie in ein weiter nördlich gelegenes Gebirge führte. Kara war noch immer in Gedanken versunken. Sie versuchte sich alles genau einzuprägen. Der schaukelnde Gang des Pferdes lies sie allmählich einschlafen. Raven hatte sie wieder in seinen Mantel gehüllt. Ihre jetzigen Sachen waren ihr viel zu groß, sie musste sich welche von ihrer Mutter borgen. Diese hatte jedoch nur Kleider, so hatte Kara notgedrungen eines von ihr angezogen. Es war dunkelrot mit einer hellen Schürze. Hätte Kara nicht noch ihr Schwert mit dem Schultergurt umgeschnallt, hätte sie richtig brav ausgesehen. Im nächsten Ort würden sie erst einmal anhalten und neue Kleider für sie und bei Gelegenheit auch noch ein zweites Pferd erstehen. Durch ihre tiefen Atemzüge wusste er, dass sie schlief. Er fand den Gedanken, dass sie so seelenruhig in seinen Armen schlief irgendwie niedlich. So hatte er den kleinen Wirbelwind bisher nicht kennen gelernt. Obwohl er ja wusste, dass das menschliche Herz und die Seele viele Geheimnisse bergen können. Seine Ziehmutter hatte ihm viel beigebracht. Er wusste noch wie es war, als er zu ihr kam. Er war vielleicht gerade mal vier Jahre alt gewesen. Seine Eltern waren im Krieg mit den Engeln ums Leben gekommen. Der Herr, der ihn damals bei sich aufnahm, hatte ihm erzählt, sie seien von Engelskriegern getötet worden. Nach Jahren erfuhr er jedoch von seiner Ziehmutter, das dies nicht stimmte. Einige Krieger dieses Herrn hatten sie ermordet, da sie sich nicht im Kampf gegen die Engel dem Herrn hatten anschließen wollen. Seine Ziehmutter hatte es ihm gestanden, als sie starb. Sie selbst war eine Hexe gewesen, aber der Herr hatte nichts davon gewusst. Sie hatte den kleinen Raven bei sich aufgenommen und groß gezogen und ihm alles beigebracht, was sie konnte und wusste. Er dachte oft an sie zurück. Ihr Wissen war ihm oft von Nutzen gewesen. Auch musste er nun an seinen Freund Porta denken. Die beiden hatten sich angefreundet, als Raven vom Herrn aufgenommen wurde und so in dessen Dienste trat. Porta war der Sohn einer der Gefolgsleute des Herrn, sie waren in etwa gleichalt. Bis zum heutigen Tag kämpften sie zusammen gegen diesen Herrn, dessen Namen sie nicht einmal kannten, weil ihn bisher nie jemand ausgesprochen hatte. Er war immer nur der "Herr" gewesen. Raven erinnerte sich noch ganz deutlich an den Tag, an welchem sie beschlossen, sich gegen ihren Herren zu stellen. Kara murmelte etwas im Schlaf, aber Raven konnte es nicht verstehen. Er musste lächeln. Im Schlaf sah sie richtig friedlich aus. Wie ein kleiner Engel... Dieser Gedanke verpasste ihm einen Stich ins Herz. Aufs neue verloren sich seine Gedanken in der Vergangenheit. Inzwischen war es wieder Tag geworden. Sie erwachte in dem kleinen Zimmer auf dem harten Bett. Ihre Gelenke schmerzten nicht mehr so stark wie am Vortag. Wegen den Verbänden, hatte die alte Frau ihr die Fesseln nicht wieder angelegt. Sie stand auf und sah aus dem Fenster. Unten sah sie die beiden Jungs, die sie am vorigen Abend zum ersten mal gesehen hatten. Sie schienen Schwertkampf zu trainieren. Beide waren sehr schnell und schienen viel Kraft in ihre Schläge zu legen. Der kräftigere brauchte trotzdem nicht lange den anderen, der sie gestern auf das Bett gelegt hatte, zu entwaffnen. Jetzt erblickte sie auch den Herrn. Er applaudierte und ging auf den kräftigeren mit den kurzen blonden Haaren zu. Der andere mit den rabenschwarzen struppigen Haaren saß auf dem Boden und schaute trotzig zu dem anderen. Dann schweifte sein Blick nach oben zum Fenster, wo sie stand und das Ganze beobachtete. Die anderen bemerkten seinen Blick und folgtem ihm. Der Herr, der seine Hand auf die Schulter des blonden gelegt hatte, schaute nun auch zu ihr. Sein Blick jagte klate Schauer über ihren Rücken, er lächelte sie kühl und wissend an. Tränen stiegen ihr in die Augen. Im selben Moment öffnete sich die Tür hinter ihr und die alte Frau erschien. Sie brachte ihr etwas zu essen. Sie setzte sich aufs Bett und begann zu essen. Die Alte meinte, dass sie auch in der Küche essen könnte, wenn sie sich kräftig genug fühlte und keine Anstalten machte, wegzulaufen. Sie riet ihr, sich auf keinem Fall dem Herrn zu widersetzen, seine Strafen wären unmenschlich und er schreckte auch nicht davor zurück kleine Kinder besonders hart zu bestrafen. Die kleine nickte und starrte stumm auf den Fußboden. Der schwarzhaarige Junge tauchte nun auf. Er späte durch die Tür und fragte, ob es ihr heute besser ginge. Sie nickte ihm zu und schaute wieder zu Boden. Er bot ihr an, sie durch die Burg zu führen, wenn sie fertig gegessen hätte. Sie nickte wiederum und lächelte ihn kurz an. Da erschien auch der andere Junge und meinte, er wolle auch mitkommen, immerhin gäbe es heute nichts großartig zu tun und ihm wäre langweilig. Die beiden begannen zu überlegen, was sie ihr zuerst zeigen sollten, doch verstummten plötzlich. Der Herr stand hinter ihnen und wollte das Zimmer betreten. Er meinte, dass die beiden sie später noch durch die Burg führen konnten, zuerst wollte er aber noch mit ihr reden, er ließe sie dann rufen, wenn er fertig war. Ein Blick von ihm genügte und die alte Frau verschwand aus dem Zimmer. Nun waren sie beide allein. Sie saß stumm auf dem Bett und starrte zu Boden. Er kniete sich vor sie hin und wollte ihr Gesicht berühren, doch sie drehte sich weg. Er redete davon, dass sie ein hübsches Mädchen sei und sicher einmal eine richtige Schönheit werden würde und das er ihr ein Angebot machen wolle. Sie sollte für ihn die anderen Engel ausspionieren, dafür würde er sie reichlich belohnen. Zudem könne sie sich doch glücklich schätzen an der Seite des mächtigsten Mannes der Welt zu leben. Er würde sie als seine Dienerin gut behandeln. Sie warf ihm nur einen sturen Blick zu, die Tränen in ihren Augen verrieten ihm, dass sie ihm nicht helfen würde, solange sie noch an ihren toten Vater dachte. Deshalb holte er das Medallion hervor. Ihr Blick richtete sich sofort darauf. Er versprach ihr, es ihr wiederzugeben, wenn er ihr gehorchte und die Informationen für ihn besorgte, die er haben wollte. Aber das konnte sie keinesfalls tun. Was würde aus den anderen Engeln werden, wenn sie das tat? Sie würden alle genauso sterben wie ihr Vater. Sie war zwar erst zehn Jahre alt, dennoch begriff sie die Relevanz ihrer Entscheidung. Sie schmetterte ihm ein harsches Nein an den Kopf. Sie wäre zwar bereit ihm zu dienen, aber ihr Volk könne sie nicht verraten. Ihre Entscheidung schien ihn nicht sehr zu erfreuen. Er steckte das Medallion wieder ein und ging zur Tür. Er drehte sich noch einmal um und sah sie an. Er war ungewöhnlich attraktiv für so ein Ekel, er hatte langes blondes Haar, war gut gebaut und hatte sicher eine lange Liste williger Frauen. Aber sein Inneres hatte sich ihr schön öfters gezeigt. Er hatte einen tiefscharzen Charakter, ohne jegliche Skrupel, grausam und unberechenbar. Hinter der schmeichelnden Stimme, die sicherlich zu vielen Komplimenten bereit war, verbarg sich ein taktisch planendes Hirn, dass jedes Wort, jede Regung des Gegenüber analysierte und zu seinem Vorteil ausnutzte. Die rechte Hand des Teufels könnte nicht anders aussehen, womöglich war er es sogar! Er lächelte sie erneut kühl an und sagte, dass er ihr noch Zeit gäbe es sich zu überlegen. Kurze Zeit nachdem er verschwunden war, tauchten die beiden Jungs wieder auf. Sie führten sie durch die Burg und erzählten dabei einiges über sich, den Herrn und die anderen Leute, die die Burg bewohnten. Der Großteil von ihnen waren Krieger, die dem Herrn dienten. Der ältere Junge, mit den blonden Haaren war 15 Jahre alt, der schwarzhaarige war vor kurzem erst 13 geworden. Sie zeigten dem kleinen Engel jeden Winkel der Burg, auch die geheimen Fluchtwege und versteckten Gänge, die sie kannten. Als sie in der Küche ankamen, schickte die alte Frau die beiden Jungs nach draußen, sie sollten den Kriegern bei der Jagd helfen, das Mädchen würde ihr hier in der Küche beim Kochen helfen. Ohne ein Wort des Widerspruchs verschwand das Zweigespann. Die Alte setzte sich an den Tisch und bat das Mädchen Platz zu nehmen. Sie unterhielt sich eine Weile mit ihr, über den Herrn, was sie in seiner Gegenwart lieber nicht tun oder sagen sollte und über die Arbeit, die hier bald auf sie zukommen würde. Gerade als sie das Engelskind mit einem Eimer zum Feuerholz holen schickte, erwachte Kara. Raven hatte sie energisch angestubbst. Sie waren in einem Ort angekommen und hielten vor einem Bekleidungsgeschäft. "Endlich wach? Na los, such dir ein paar Sachen aus, hier hast du Geld ich suche solange nach einem Pferdehändler." Er stieg ab und band Miko an einen Pfosten. Kara stieg ebenfalls ab und betrat das Kleidungsgeschäft. Sie sah sich eine Weile um, konnte aber nichts passendes entdecken. Das Geschäft führte hauptsächlich feine Sachen, Anzüge und Kleider. Der Inhaber versuchte sie für eines der Kleider zu begeistern, scheiterte aber an ihrem Sturkopf. Sie verlangte Kleidung, die für den Kampf geeignet war. Jedoch führte er so etwas nicht. Am Ende einigten sie sich darauf etwas zu improvisieren. Sie probierte einiges aus, letztendlich entschied sie sich für eine kurze Hose und ein Mieder, beides aus Leder. Ihr fehlten nur noch Stiefel. Der Ladeninhaber empfahl ihr den Schmied, er könne ihr da besser bieten als er, auch welche die für den Kampf geeignet sind. Als Raven mit einem zweiten Pferd wiederkam, dachte er diesmal wirklich eine Amazone vor sich zu sehen. Das Geld hatte auch noch für eine leichte Rüstung gereicht. Kara stand neben Miko und lächelte Raven verschmitzt an. "Wie findest du es?" sie drehte sich kurz und schaute ihn erwartungsvoll an. "Öhhh, ja... Nicht schlecht für den Kampf, aber in dem Kleid hast du mir trotzdem besser gefallen." er grinste breit zurück. Ein älterer Mann trat aus einem der naheliegenden Geschäfte. "Sag mal junger Mann, kann es sein, dass ich deinen Vater kenne? Vor ungefähr zwanzig Jahren kam hier mal jemand vorbei, der sah genauso aus wie du." Raven lächelte kurz, dann meinte er nur kurz:" Nein, tut mir leid alter Mann, mein Vater ist schon seit viel längerer Zeit tot, den den du meinst, das bin ich." Er ließ den verdutzten Mann stehen, half Kara aufs Pferd und ritt los. Der Hund lief ihnen wie immer treu hinterher. Kara beugte sich zu Raven herüber. "Wie hast du das gemeint, du wärst das gewesen? Das ist doch nicht möglich!" Raven musste wieder lächeln:" Ist es doch. Wie alt schätzt du mich?" "Hm, so an die 23?" sie sah ihn fragend an. Und wieder musste er lachen. "Setz noch eine fünf vorne dran und es müsste so in etwa stimmen." Kara schaute ihn nur ungläubig an. Er musste wieder lachen. "Im Heiligen Land vergeht die Zeit anders als hier. Jeden Tag den du dort verbringst, macht hier mehrere Jahre aus. Somit ist es garnicht so schwer, auf so ein stattliches Alter zu kommen. Auch tendiert der Unterschied der Zeit je nach Ort im Heiligen Land. Je weiter du dich im inneren des Landes befindest, desto mehr Zeit vergeht im Menschenreich." Sie wusste nicht genau, ob er sie auf dem Arm nehmen wollte oder das ernst gemeint war. Allerdings war der alte Mann ein Grund dafür, ihn ernst zu nehmen. Sie war schon sehr darauf gespannt, wie es wohl im Heiligen Land aussehen mochte. Wie wollten sie es eigentlich betreten? Laut Bovas Erzählungen, gab es doch nur ein Tor und dieses wurde von den Truppen des Magiers belagert. Aber irgendwie musste Raven auch von dort hierher gekommen sein. Also gab es eine Möglichkeit. Er hatte sich ja sicherlich nicht den Weg freigekämpft. Oder? Nein, unmöglich! Etwas anderes kam ihr in den Sinn, sie wandte sich wieder zu Raven: "Sag mal, wie heißt der Hund eigentlich?" "Gute Frage, die Leute haben mir nichts gesagt. Vielleicht hat er gar keinen Namen." "Hm, dann könnten wir ihm doch einen geben! Nur welchen?" "Es ist ein Rüde, also wie wäre es mit..." er überlegte eine Weile "...Hund?" er grinste sie breit an. "Ach vergiss es! Ich werde mir einen Namen für ihn ausdenken." sie schaute böse zu ihm rüber. "Das war doch nur Spaß! Ok, wie wäre es mit Targras?" Sie betrachtete ihn eine Weile von der Seite. "Schöner Name, wie kamst du gerade auf den?" "Mein Vater hieß so." Ravens Blick wurde starr und leer. Kara wusste, dass sie jetzt besser schweigen und nicht weiter nachfragen sollte. Sie schwiegen eine lange Zeit. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Raven verlor sich wieder einmal in seiner Vergangenheit. Kara dachte währendessen über ihre komischen Träume nach. Sie wurden immer intensiver, länger und realer, egal wie lange sie schlief. Was das wohl zu bedeuten hatte? Dazu kam noch, dass ihr die Menschen, von denen sie träumte so seltsam vertraut vorkamen. Aber sie konnte sich nicht an die Namen erinnern, die in ihren Träumen gefallen waren. Wer waren diese Menschen? Was hatte sie mit ihnen zu tun und mit dem kleinen Engelsmädchen? Sie erinnerte sich daran, die Empfindungen des Mädchens jedesmal mitgefühlt zu haben, ja sie hatte die Rolle dieses Wesens in ihren Träumen übernommen. Aber wozu? Sollten ihr diese Träume irgend etwas sagen? Wer schickte ihr blos solche Träume und aus welchem Grund? Sie fand einfach keine Antwort. Das ganze erschien ihr so obskur, sie konnte nichts davon begreifen und keine der Erinnerungen wirklich fassen und verarbeiten. Sie waren einfach nur da und spukten in ihrem Bewusstsein herum. Jedesmal, wenn sie an sie dachte, überkam sie ein mulmiges, fast schon nostalgisches Gefühl. Sie seufzte laut, sie bekam einfach keinen klaren Kopf, alles war so wirr und unverständlich. Raven betrachtete sie von der Seite. Sie scheinte sich über irgend etwas den Kopf zu zerbrechen. Ihr Blick wirkte ernsthaft und gleichzeitig verwirrt. Woran sie wohl gerade dachte? Das zweite Pferd hatte ihnen zeitlich wirklich einen Vorteil verschafft. In ein paar Tagen würden sie die Grenze zum Heiligen Land erreichen. Inzwischen ritten sie schon durch Gebirgspässe, ihr Weg führte sie immer tiefer in die Berge, an einen Ort, von dem selten ein Mensch lebend zurück gekehrt ist. Nicht etwa der Ort war gefährlich, sondern der Weg an sich. Er barg viele versteckte Gefahren, wie Erdrutsche, plötzlicher Steinfall, Gletscherspalten und Drachenhorte. Noch war der Weg einfach, doch bald mussten sie sehr unwegsames Gelände überqueren. Hoffentlich machten die Pferde das auch mit! Sie brauchten nur einem der Drachen am Berggipfel aufzufallen und sie hätten den ganzen Clan am Hals, zwei kräftige junge Pferde ließen die sich als Beute sicher nicht entgehen. Kara war sicher noch niemals so tief in den Bergen gewesen. Nach einiger Zeit hatten sie den Beginn des gefährlichen Pfades erreicht. Raven erklärte Kara, wie sie sich in Notfällen zu verhalen hatte. Von nun an durfte keiner von beiden ein Wort sagen, um eventuelle Katastrophen wie Lavinen oder die besagte Drachenhetzjagd nicht herauf zu beschwören. Der Weg zog sich ewig lang hin. Sie schafften die Hälfte der Strecke ohne Vorkommnisse. Dann kamen sie an den Gipfel, den es zu überqueren galt. Hier bedeutete Raven Kara mit Handzeichen, dass es an dieser Stelle viele Drachen gab und sie besonders vorsichtig sein mussten. Auch diesen Weg schafften sie, ohne erwähnenswerte Geschehnisse. Es wurde bereits dunkel. Seitdem sie den Ort verließen, in welchem sie das Pferd und die Kleidung erstanden hatten, waren nun schon acht Tage vergangen. Die dort gekaufte Verpflegung ging nun langsam zur Neige, wenn sie nicht bald das Heilige Land erreichten, würde es problematisch für sie werden. Noch trugen sie die Pferde und noch war das kalte Klima in den Bergen zu ertragen. Raven hatte vorsorglich noch einen Mantel für Kara gekauft. Nach Einbruch der Nacht hatten sie sich eine Höhle gesucht und dort ein Feuer gemacht. Dem Anschein nach, war dies einmal ein alter Drachenhort gewesen, aber nun waren keine Drachen mehr dort, da sich die Pferde in die Höhle trauten. Draußen wütete inzwischen ein starker Schneesturm, ganz wie es die Wolkenformationen Raven vorausgesagt hatten. Sie hatten Glück, dass sie noch rechtzeitig die Höhle entdeckt hatten. Kara hatte sich auf dem Boden zusammen gerollt und schlief eingekuschelt in den Mantel. Raven hatte Targras auf seinen Schoß genommen und wärmte ihn in seinem Mantel. Durch ihn gingen ihre Reserven schneller zur Neige, Raven hatte ihn beim Einkauf nicht bedacht. Zudem hatte der harte Weg sehr an seinen Kräften gezehrt. Er war unterkühlt und brachte kaum noch die Kraft auf alleine zu laufen. Seit einem Tag schon lag er mit auf Mikos Rücken, eingewickelt in Ravens Mantel auf dessen Schoß. Wenn der Schneesturm vorüber war, mussten sie sich beeilen die Grenze des Heiligen Landes zu erreichen. Dort würde es ihm schnell wieder besser gehen. Raven hatte nie daran gedacht, dass er sich jemals solche Sorgen um einen Hund machen würde, aber der kleine war ihm inzwischen sehr sympatisch geworden. Er folgte ihnen immer treudoof und war immer da, wenn man mal Trost brauchte, sich einsam fühlte oder nicht mehr weiter wusste. Wie im Wald, als er den Spuren gefolgt war. Mit diesen Gedanken schlief er bald ein. Als er aufwachte, ging die Sonne gerade wieder auf. Kara stand am Höhleneingang und betrachtete das atemberaubende Szenario. Der Glanz der Sonnenstrahlen färbte die weit entfernten schneebedeckten Berggipfel sanft orange. Der Schnee um sie herum begann zu glitzern und zu funkeln. Sie sog die kalte klare Luft tief ein. Sie roch nach Schnee und nach den Abenteuern der Zukunft. Ein verheißungsvolles Kribbeln stieg in ihr auf. Sie fühlte sich so wohl, wie schon lange nicht mehr, gleichzeitig war sie unruhig und angespannt. Irgendetwas Großes würde bald passieren, das spürte sie nun. Und sie würde Teil davon sein, sie würde das Ihre dazu tun. Raven bemerkte nun, dass sie ihren Mantel um ihn gelegt hatte. Er ging zu ihr und legte ihn ihr um die Schultern, seine Hände auf diesen für einen Moment ruhend. Er blickte in die Ferne. Sie drehte ihren Kopf zu ihm und lächelte ihn an. Er erwiderte ihren Blick und das Lächeln. "Bald ist es soweit, ich spüre es, ganz tief in mir." sie flüsterte es ihm zu, ihre Augen wirkten hohl, wie in Trance. Sie schien nicht mehr die selbe zu sein und doch wirkte sie ihm noch immer so vertraut. Kapitel 5: Chapter 5 - ...weit durch den Schnee... -------------------------------------------------- Ihre Spuren zogen sich wie eine Narbe durch das reine Weiß der schneebedeckten Hänge. Kara lief wie hypnotisiert hinter Raven her, sie hatten sich zu ihrer Sicherheit aneinander festgebunden, Targras trottete gemächlich hinter ihr und versuchte nur ab und zu nach vorne zu springen, wurde jedoch jedesmal vom Seil zurückgehalten. Die Sonne stand inzwischen hoch über den Gipfeln der von ihnen überquerten Berge, ihr Licht wurde auf dem reflektierendem Schnee langsam zu einer Qual, sie konnten kaum noch sehen wohin sie eigentlich liefen. Aber Kara schien von alldem nichts mitzubekommen. Ihre Augen waren klar und leer, auf keinen festen Punkt fixiert. Sie starrte einfach nur vor sich hin und keine Regung schien ihrem Gesicht innezuwohnen. Ihre Schritte folgten genau denen Ravens, sie trat in seine Spuren und führte wie er ihr Pferd neben sich her. Diese waren inzwischen zu erschöpft, um sie noch tragen zu können. Jedoch wusste Raven, dass sie das heilige Land bald erreicht haben würden. Ihr Weg fürhte durch ein tiefes weißes Tal, die sie flankierenden Hänge leuchteten Blau im Schatten der Sonne, der reine Schnee glitzerte durch die geringsten Sonnenstrahlen wie viele kleine Abermillionen von Glassplittern. Karas Blick blieb irgendwann an diesem Glanz haften. Ihr kopf lag schief zwischen ihren Schultern, ihren Mund umspielte ein Hauch eines Lächelns, doch ihre Augen wirkten noch immer so gläsern. Sie schien ganz weit fort zu sein und diese, die wahre Welt hier nur durch einen Spiegel oder ein fest verschlossenes Fenster wahrzunehmen, welches sie anscheinend auch nicht öffnen wollte. Ihr Anblick erinnerte Raven an eine Puppe. Eine sehr zerbrechliche und gleichzeitig wunderschöne Puppe. Ob sie wohl länger in diesem Zustand bleiben würde? Der Gedanke war ihm nicht recht, er wollte lieber die aufgeweckte, motzende und sture Kara wieder um sich haben, als dieses stille Geschöpf, dass im eigenen Körper wie in einem Käfig gefangen schien. Was wenn sie nie wieder normal werden würde? Was wenn diese Trance nie wieder aufhörte? Kaltes Grauen ergriff ihn, das wollte er sich keinesfalls vorstellen. Nie wieder ein lautes Lachen von ihr. Nie wieder ihren sturen Blick sehen. Nie wieder diese sanften Augen strahlen sehen. Was war blos mit ihr geschehen? Bei Sonnenaufgang schien sie so lebendig, so sprühend vor Leben und nun war sie das genaue Gegenteil. Warum? Was war blos mit ihr passiert? Und vor allem wann? Er war doch die gesamte Zeit um sie gewesen, hatte sie keine Minute aus den Augen gelassen. Wenn der Weg sich weiter so hinziehen würde, würden sie bei Einbruch der Nacht die Schneefelder noch nicht passiert haben und eine weitere Nacht in dieser Kälte, würden sie und die Pferde sicherlich nicht überleben. Was sollte er tun, wenn sie es nicht schaffen würden? Noch ein Gedanke, der ihm alles andere als angenehm war. Sie mussten es einfach schaffen. Ihr plötzliches Zusammenzucken ließ ihn herumfahren. Sie duckte sich ganz klein am Boden und hielt ihre Hände schützend über den Kopf. Er sah sich prüfend um, konnte jedoch nichts entdecken, doch im selben Augenblick, in dem er ihre Hand ergreifen wollte, fingen die Pferde an zu scheuen und Targras bellte wie verrückt in die Luft. Jetzt bemerkte er den Schatten, der unter ihnen auf der Schneefläche immer größer wurde. Die breiten Schwingen verursachten einen ohrenbetäubenden Lärm, als der Drache sich im Sturzflug auf sie stürzte. Mit einem Ruck hatte Raven Kara auf Miko gepackt und sich selbst und Targras auf ihr Pferd geschwungen. In wilder Panik und mit letzter Kraft stoben die Tiere über die weite weiße Landschaft, noch immer dicht gefolgt von dem immer größer werdenden Schatten. Kara sahs vollkommen zusammengekauert auf Miko und klammerte sich ängstlich am Sattel fest. Das war nicht das Mädchen, dass er kannte, sie hätte nicht solche Angst, sondern würde strategisch versuchen aus dieser Situation zu entkommen oder gar kämpfen. Was zum Henker war blos mit ihr passiert?!? Das Donnern der Flügel wurde immer lauter, nicht mehr lange und er würde sie erreicht haben, die Pferden hetzten mit letzter Kraft in ein weiteres verschneites Tal, ihre Leiber dampften von der Anstrengung und der Geruch ihres Angstschweißes hing Raven in der Nase. Vor ihnen tat sich eine Klamm auf, wenn sie diese erreichten, wären sie vielleicht vor dem Drachen sicher. Der Schnee stob von den Hufen und hinterlies eine dichte weiße Wolke hinter ihnen. Der Schatten rückte ihnen bedrohlich näher, Stück um Stück wuchs er an und verdunkelte fast schon den Himmel über ihnen. Es war der größte Drachen, den er je gesehen hatte und ausgerechnet dieses Exemplar schien es sich in den Kopf gesetzt zu haben, sie auf keinen Fall entkommen zu lassen. Sie kamen der Klamm immer näher, nicht mehr lange und sie würden dort in Sicherheit sein. Doch das Schicksal schien etwas dagegen zu haben, den Drachen leer ausgehen zu lassen. Knapp vor dem rettenden Spalt im Gletscher vor ihnen stürzte Karas Pferd und überschlug sich mehrmals. Raven konnte Miko nicht herum reißen, das Pferd flüchtete in die Klamm und war erst dort bereit anzuhalten. Er sprang ab, keine Rücksicht auf Targras nehmend, der noch immer auf seinem Schoß gesessen hatte und nun mit nach untern gerissen wurde. Ein lautes Jaulen bekundete seinen Aufprall, aber Raven sah nicht zurück, er rannte nur zurück zum Eingang der Klamm, hinaus auf das weite Feld, immer auf Kara zu. Diese lag noch am Boden und sah mit weit aufgerissenen Augen mit an, wie der inzwischen gelandete Drache ihr Pferd zerfleischte. Der dunkle Leib bewegte sich unglaublich schnell und wendig für seine Größe, seine Pranken ließen die Erde erbeben, im Kampf mit dem sich noch immer währenden Tier. Das Entsetzen in Kara schwoll mehr und mehr an, bis sie wieder zur Besinnung kam und sich ruckartig nach hinten kriechend aufrichtete und erst rückwärts, um den Drachen nicht aus den Augen zu lassen, dann bei einiger Entfernung sich umwendend auf die Klamm zulief. Noch bevor sie Raven erreicht hatte, hatte der Drache ihr Pferd verschlungen und wollte sich nun auf sie stürzen. Er sprang kurz in die Luft, nur um dann von dort Schwung holend auf sie zu zuhalten. Ihr Rücken wurde von den riesigen Krallen gestreift, als sie sich zu Boden warf. Der Schmerz brannte in ihr auf und nahm ihr den Atem. Raven hatte inzwischen sein Schwert gezogen und hielt auf den Drachen zu. Dieser hatte sich in der Nähe von Kara niedergelassen und wollte sie frontal attakieren. In diesem Moment hatte Raven sie erreicht und stellte sich schützend vor sie. Sein Schwert klirrte gegen die scharfen Zähne, als das riesige Maul nach ihnen schnappte. Der Drache wich zurück und zog eine große Runde um die beiden, Raven immer im Auge behaltend, und versuchte eine Attacke mit seinem Schwanz. Ravens Schwert verursachte ein schürfendes Geräusch auf den äußerst wiederstandsfähigen Schuppen. Kara war inzwischen wieder in der Lage aufzustehen und lehnte sich an Ravens Rücken. Beide behielten das Untier weiterhin im Auge und versuchten ihre Fluchtchancen abzuschätzen. Momentan sah ihre Lage vollkommen aussichstlos aus... Das riesige Tier zog noch eine Runde um sie und beäugte beide aus den furchterregend grün glühenden Augen. Kalte Angst stieg in Kara hoch, sie klammerte sich fester an Ravens Rücken und musste sich wirklich zusammen reißen nicht vor Angst loszuweinen. Der Drache zog noch weitere Runden um sie und schien den Krieger genau einzuschätzen zu versuchen. Kara blickte das Wesen eindringlich an. Der Schmerz wich langsam und Wut breitete sich in ihr aus. Seit Anbeginn ihrer Reise war sie angegriffen, verletzt und über den Boden geschliffen worden, sie hatte kaum geschlafen und wenig gegessen und ihre Geduld war auch langsam am Ende. Ein Zittern ergriff ihren Körper, je stärker der Schmerz zu verspüren war, desto größer wurde ihre Wut. Konnte das Vieh nicht einfach verschwinden, sich eine andere Beute suchen und sie in Ruhe lassen? Raven vernahm von ihr ein Zähneknirschen, sie richtete sich an seinem Rücken mehr und mehr auf und schnaubte wütend. Eine starke Aura ging von ihr aus, ihm war fast als könnte er diese leuchten sehen. Auch der Drache schien es zu bemerken, er hielt an und musterte sie. Kara blickte ihm direkt in die Augen und ihr war fast, als könnte sie direkt in seine Seele sehen. Fast als könnte sie seinen Geist greifen. Sie schien auch wirklich tief zu gehen, der Drache stand nur noch wie angewurzelt da und starrte sie an. Raven kam sich vor, als würde er zwei Kinder beim Indianerblick beobachten, nur konnte einer von beiden hier sein Leben verlieren... Das Untier schien absolut nicht weiter auf ihn zu reagieren. Er wusste, dass er alleine unmöglich gegen ihn ankommen würde, also schnappte er kurzerhand Kara, warf sie über seine Schulter und rann auf die Klamm zu. Der Drache starrte noch wie eine Weile ins Leere, dann merkte er, dass der Einfluss der sein Bewusstsein gefesselt hatte, verschwunden war und sah sich um, um festzustellen dass sein Futter sich gerade aus dem Staub gemacht hatte. Raven schaffte es noch im letzter Kraft in die Schlucht, bevor der Drache wieder zu sich kam. Er setzte Kara ab, welche kurz darauf freudigst von Targras begrüßt wurde und verschnaufte erst einmal. Der Drache konnte sie nicht mehr ausmachen und erhob sich wieder in die Lüfte. Raven verfolgte ihn kniend am Himmel, soweit er ihn noch sehen konnte. Sie saß hinter ihm an der eisig kalten Wand, den Kopf in den Nacken gelegt und schaute in den kühlen blauen Himmel über ihr, der durch die engen Felswände zu erkennen war. Die Schmerzen waren noch immer stark zu spüren und unter ihrem Hintern war eine kleine Blutlache zu sehen. Als Raven diese bemerkte, kroch er auf allen Vieren auf sie zu und zog sie am rechten Schulterblatt nach vorne, um sich ihre Wunde anzusehen. Sie war nicht groß, aber tief jedoch hatten die Krallen glücklicherweise keine Knochen oder Wirbel verletzt. Wiedereinmal ging er zu Miko, griff in die Satteltasche und verarztete Kara mit der grauenvollen Salbe. Es war schon fast zu einem Ritual geworden, die Härten, die ihre Reise bisher angenommen hatte, waren auch ziemlich unmenschlich und er zollte Kara großen Respekt, dass sie noch immer so tapfer war. Ein Gutes hatte die Sache wenigstens, sie schien wieder normal zu sein, nur hätte es seiner Meinung nach wirklich nicht so eines Auslöser dafür bedarft. "Es sieht so wunderschön aus..." ihre Worte rissen ihn aus seinen Gedanken. "Was?" er schaute sie verwundert an. "Der Himmel, und das Eis, das herrliche Blau..." sie klang wie betrunken, anscheinend machten ihr die Anstrengungen und Verletzungen sehr zu schaffen. Oder... nein! Das durfte nicht sein! Ihm fiel etwas ein, dass sein Freund ihm einmal erzählt hatte. "Kurz bevor ein Mensch stirbt, wird ihm erst richtig die Schönheit der Welt bewusst." Die Worte hallten in seinem Kopf wieder und brachten etwas mit sich, was Raven auf diese Weise schon lange nicht mehr verspürt hatte: Eiskalte Angst und Verzweiflung. Er nahm sie in die Arme und sah ihr tief in die Augen. Sie erwiderte seinen Blick und verlor sich in dem tiefen Braun. Was sie dann tat, konnte sie sich selbst nicht erklären, vielleicht war es der übermächtige Schmerz, der ihr den Verstand zu nehmen schien, vielleicht war es Dankbarkeit, vielleicht aber auch nur die Reaktion auf eine uralte Erinnerung. Sie schloss die Augen und küsste ihn. Ihre Tat ließ ihn erstarren, damit hatte er nun absolut nicht gerechnet. Und aus welchem Grund auch immer ihn dieses Bedürfnis überkam, er kämpfte dagegen an den Kuss zu erwidern. Noch hatte er sie nicht vergessen, noch konnte er nicht... aber warum wollte er dann doch irgendwie den Kuss erwidern? Bevor er sich von ihr lösen konnte, tat sie es bereits und lehnte sich wieder zurück, den Kopf in den Nacken gelegt, erneut den Himmel betrachtend. Er saß immer noch wie zu Eis erstarrt da und starrte sie an. Ok..., dachte er sich. Sie ist entweder hart mit dem Kopf aufgeschlagen und dreht langsam durch, oder sie hat Fieber. Letzteres war wohl am wahrscheinlichsten. Erst küsst sie einen und dann starrt sie wieder in den Himmel, als wäre nichts gewesen. ARGH!!! Seine Gedanken rotierten wild um seinen Kopf und bevor sie ihn noch in den Wahnsinn stürzten, stand er auf, um die Pferde heranzuholen, damit Kara und er wieder aufsteigen konnten. Sie mussten sich beeilen, die Drachen würden nun bald alle von ihrer Anwesenheit wissen. Als er sich vor sie stellte und ihr seine Hand entgegenhielt, löste sie endlich ihren Blick wieder vom Himmel und ließ sich von ihm auf's Pferd helfen. Verdammt, dachte er, anscheinend hat diese komische Trance sie wieder. Was sollte er blos tun? Sobald sie das Lager erreichten, würde er sie erst einmal von Ncham untersuchen lassen, sie hatte mehr Erfahrung mit solchen Zuständen. Sie war sowieso die beste Schamanin, die er kannte. Die Klamm endete an einem Tal, dass er sehr gut kannte. Hier war er schon auf seinem Weg zum Eremiten hindurchgekommen. Von den Drachen war bisher nichts zu entdecken. Sie ritten noch eine Weile an der Gletscherwand entlang, welche ihnen noch etwas Sichtschutz bot. Doch bald mussten sie über offenes Gelände und Raven befand es am besten, jenes im Gallopp zu durchqueren. Trotz Karas besorgniserregenden Zustand hielt sie sich gut um Sattel. Auf der Mitte der Ebene konnte sie in der Ferne die Grenze zu einem Wald erkennen. Die Bäume waren starr vom Frost, der Schnee lag schwer auf ihren Ästen. Hier wuchsen hauptsächlich Nadelbäume, deren Grün kaum unter dem schweren Weiß zu sehen war. Als sie endlich den Wald erreichten, hörten sie das schon zuvor vernommene Surren von Flügeln in der Luft. Die Drachen hatten sie wieder ausgemacht. Aber hier im Wald kamen sie nicht an sie heran. Und sie würden nun auch keine Gefahr mehr für sie sein. Raven stoppte vor einem kleineren Felsen mitten im Wald. Er stieg ab, was Kara stutzig werden ließ. Sie fühlte sich eigenartig, alles was sie sah, schien hinter einem schweren Schleier zu liegen, doch es schien die Realität zu sein. Er hieß ihr auch abzusteigen und ihm zu folgen. Sie tat es ihm nach und folgte ihm, Miko an den Zügeln führend. Er umrundete mit ihr den Felsen und flüsterte dabei etwas, was sie nicht verstehen konnte. Als sie den Felsen erneut umrundet hatten, glaubte sie ihren Augen nicht trauen zu können. Vor ihnen war kein Fels mehr, sondern ein schweres Steintor mit ihr völlig unbekannten Verzierungen und Schriftzeichen. Wie war das möglich? Er schritt hinein und sie folgte ihm, alles um sich herum aufmerksam beobachtend. Der Weg war trotz der Dunkelheit zu erkennen. Von irgendwoher kam ein bläuliches Schimmern, welches den Gang erhellte. So also, war er aus dem Heiligen Land gekommen! Er kannte einen Weg, den sonst nur die Bewohner des Landes kannten! Und das was sie hier spürte, konnte nur Elfenmagie sein. Auch fühlte sie, wie der Dolch sich in ihrem Stiefel langsam erwärmte, ja regelrecht zu glühen begann. Eine starke Aufregung ergriff sie, alles um sie herum wurde plötzlich so klar und deutlich, dass ihr die Augen schmerzten. Dieser Ort war ihr eindeutig bekannt und auch dieses Gefühl. Dieses Déja Vu begann ihr langsam Kopfschmerzen zu bereiten. Es war fast so, als würde eine Stimme ihr von tief innen versuchen etwas zuzurufen, aber sie verstand sie nicht. Was war das hier? Sie war doch zum ersten mal hier, da war sie sich sicher. Woher kam dann diese Gewissheit, diesen Ort so gut zu kennen? Raven stoppte abrupt vor ihr. Da war etwas, sie konnte es nicht genau erkennen. Ja, es war wieder ein Tor! Er sprach erneut etwas im Flüsterton und das Tor öffnete sich. Sie wurde von Schritt zu Schritt mehr in Erstaunen versetzt. So mystisch und geheimnisvoll, dieser Ort fesselte ihren Geist vollkommen. Hinter dem durchschrittenen Tor erblickte sie einen Wasserfall, der schier aus dem Nichts zu entspringen schien. Das blaue Leuchten, dass sie zuvor geführt hatte, schien von dem herrlich klaren Wasser auszugehen. Es war atemberaubend schön. Kara verhielt einen Moment, um den Anblick auf sich wirken zu lassen. Raven drehte sich zu ihr um und musste lächeln. In diesem Licht sah sie schön aus. Wunderschön. Er wandte seinen Blick auf das Wasser und sog etwas von der Energie ein, die dieser Ort austrahlte. Als er sie wieder ansah, erschrak er kurz. Er sah nicht sie, sondern eine alte Erinnerung dort stehen und das Wasser betrachten. Ihr langes schwarzes Samtkleid schmiegte sich sanft um ihren Körper, ihre Haare fielen über ihre schmalen Schultern und das Wasser warf diesen herrlich blauen Schimmer auf ihr Gesicht, der ihre wunderbaren grauen Augen zum Glühen brachten. Sie war das pure Leben und unbeschreiblich schön. Sie war die erste Frau, der er sein Herz geschenkt hatte und weiß Göttin, er hätte es ihr wahrscheinlich nie entrissen, um es einer anderen zu schenken. Warum nur musste sie ein so grausames Schicksal ereilen? Sein Blick richtete sich zu Boden und er kämpfte gegen die Emotionen an, die mit diesem Ort verbunden schienen und ihn zu übermannen drohten. Kara ging auf ihn zu und mit jedem Schritt wuchs etwas in ihm, was er noch nicht zu verstehen glaubte. Er wandte sich nach vorn und nahm den Weg wieder auf. Was war das gewesen, eben in seinen Augen? Sie konnte sich das nicht erklären, nur schien eine Emotion von ihm auf sie überzuspringen. Lag das an diesem Ort? Von einem auf den anderen Moment hatte sie plötzlich bedingungslose Liebe empfunden. Sie wusste nicht für wen und auch nicht, woher diese Regung plötzlich kam. Das Gefühl schien einfach nur übermächtig zu sein. Als sie Raven ansehen wollte, blickte er zu Boden und schien irgendwie verkrampft. Sein Blick war so strikt und hart. Was ihm wohl durch den Kopf ging? Kam dieses Gefühl vielleicht von ihm? Wenn ja, wem galt es? Sie spürte etwas, was sie so nicht für möglich gehalten hatte. Eifersucht, eindeutig keimte da Eifersucht in ihr auf. Sie? Sie und eifersüchtig? Wegen ihm? Sie kannte ihn doch kaum. Oder etwa doch? Dieses Gefühl der Gewissheit machte sie rasend, warum nur konnte sie ihre eigenen Gedanken und die Signale ihres Unterbewusstseins nicht deuten? Himmel, das brachte sie noch um den Verstand! Sie schüttelte nur leicht den Kopf und ging auf ihn zu, um ihm das Zeichen zu geben, dass sie weiter gehen konnten. Als er sich in Bewegung setzte, wirkte er noch immer irgendwie bedrückt. Auch schwieg er schon seit sie den Tunnel betreten hatten. Ob es sich hier nicht geziemte etwas zu sagen? Oder ob dann die Magie zusammenbrach? Zerstört durch Worte oder den klang einer menschlichen Stimme, für immer verloren in den Weiten des Nichts... Dieser Gedanke ließ sie erschauern, da wollte sie lieber auf ewig schweigen, als diesen wunderbaren Ort durch den leisesten Laut aus ihrem Mund zu vernichten. Vielleicht sprach er auch nicht, weil ihm so viel durch den Kopf ging. Er schien zu in Gedanken versunken, so unerreichbar für sie. Und doch war er irgendwie da, aber eben nicht komplett. Fast war ihr so, als könnte sie ihn seufzen oder den etwas entrückten Schlag seines Herzens hören. Eine grausame Traurigkeit schien von ihm Besitz ergriffen zu haben. Wann war eigentlich dieser komische Schleier verschwunden, der ihre Sinne zuvor benebelt hatte? Hier erkannte sie alles klar, konnte auch wieder normal denken. Lag das an der hier so sehr wahrnembaren Magie? Woher war dieser Schleier überhaupt gekommen? Vergraben in den eigenen Gedanken bemerkte sie nicht, wie sie das letzte Tor erreichten und Raven erneut die Formel leise aussprach. Erst als das grelle Sonnenlicht ihre Augen blendete, wurde ihr bewusst, dass ihr Weg nun vorerst ein Ende fand. Kapitel 6: Chapter 6 - ... Vergessenes ... ------------------------------------------ Die Decke um ihre Schultern geschlungen, saß Kara am Lagerfeuer und nagte an ihrem Essen herum. Sie hatte schon lange nicht mehr einen so herrlich schmeckenden Fasan gegessen. Das dazu gereichte Gemüse hatte sie noch nie zuvor gesehen, dennoch probierte sie es und war vom Geschmack überwältigt. Die Menschen um sie herum waren hauptsächlich Krieger und einige Magier, Hexen und Schamanen. Sie hatte noch nie so viele Magiebewanderte an einem Ort versammelt gesehen. Raven war sofort nach ihrer Ankunft im großen Zelt verschwunden, während ein Junge auf die beiden zugeeilt war, ihnen Miko abgenommen und Kara zum großen Platz ans Feuer gebracht hatte. Niemand hatte nach ihrer Identität oder Aufgabe gefragt, ihr wurden einfach ein Teller und eine Decke mit den Worten gereicht, dass sie doch sicher müde und hungrig sein müsste und noch ein langer harter Kampf vor ihnen läge. Ihre Blicke schweiften durch die Anwesenden, einige von den hier anwesenden Kriegern waren nicht älter als sie selbst. Aber vielleicht verhielt es sich mit ihnen wie mit Raven, vielleicht waren sie schon einige Jahrhunderte hier, es ließ sich schwer einschätzen. Sie sah nur wenige Frauen, der Großteil der Kämpfer bestand aus Männern. Das Lager befand sich auf einer kleinen Anhöhe, von der aus man eine gute Sicht über das umliegende Gebiet hatte. Kara musste sich eingestehen, dass sie etwas enttäuscht gewesen war, als sie die Gegend hinter dem letzten Tor erblickte. Sie sah ganz normale Bäume, die sogar leicht ergraut waren, ganz normales Gras, ganz normale Blumen... dennoch war kein Vogel zu vernehmen, kein anderes Tier zu sehen. War dies wirklich das Heilige Land? Hatten sich alle Fabelwesen versteckt? Es wirkte traurig und verlassen auf sie. Die einzigen Laute, die an ihr Ohr drangen, waren das Scharren der Pferdehufe und ihr eigener Atem. Und natürlich ihre mehr als lauten Gedanken, die ihr noch immer im Kopf herum tanzten. Raven lenkte sie auf einen kleinen Pfad, der durch die Bäume eines wohl einst sehr dichten Waldes führte, in welchem nun aber der Großteil der Pflanzen abgestorben zu sein schien. Es dauerte nicht lange, bis sie das Lager in der Ferne erblicken konnten. Kara wurde etwas mulmig, wie die Menschen dort wohl waren, ob sie ihrer Aufgaben gewachsen sein würde? Und nun saß sie hier und blickte von einem zum anderen und fragte sich, was wohl für jeden einzelnen der Beweggrund war, sich hier an diesem Ort einzufinden. Was der nächste Tag wohl bringen mochte... Sie merkte nicht, wie sie langsam einschlief. Sie merkte auch nicht, wie Raven hinter ihr auftauchte und sie auf seine Arm nahm und in sein Zelt trug. Sie wachte auch nicht auf, als er ihr die Rüstung abnahm und in sein Bett legte. Das einzige, was sie bemerkte, war ein leichtes Stechen in ihrem Herzen, als sie seine Nähe spürte. Und das einzige was sie vernahm, war das Klirren von Ketten. Was war geschehen? Achja richtig, sie hatten... nein, das durfte niemand erfahren! Vor allem der Herr nicht! Er würde ihn hart bestrafen und sie noch viel härter! Und dabei war es so schön gewesen. Aber niemand durfte es wissen, niemand außer ihnen beiden. Er hatte ihr ein Versprechen gegeben und sie musste die Zeit nutzen. Niemand durfte sie sehen, oder auch nur ahnen, was sie vorhatte. Sie hatte extra ihre Kleider abgelegt, um sich so lautlos wie irgend möglich bewegen zu können. Nur die Ketten in ihren Schwingen klirrten leise, als sie sich durch die Gänge davonstahl. Schon oft hatte sie vor dem Zimmer des Herrn gestanden, schon oft musste sie es betreten und für ihn die Sklavin spielen, doch nicht heute, nein! Heute würde er ihn ablenken und sie würde es sich zurückholen. Selbst Porta wusste davon, auch er wollte helfen ihn abzulenken. - Hoffentlich kam nichts dazwischen, Göttin, bitte lass alles gut gehen. Er wird nie erfahren, dass ich es habe und wenn er es erfährt, bin ich schon längst fort und er wird nachkommen und bei mir sein und auf mich aufpassen, wie er es versprochen hat. Ihr ging so vieles durch den Kopf, als sie die Klinke der schweren Tür hinunterdrückte und in das dunkle Zimmer trat. Sie schritt hindurch, in Richtung des riesigen Bettes, an dessen Kopfende, wie sie genau wusste, das Medallion ihrer Mutter hing. So oft hatte sie es gesehen, wenn sie das Zimmer betreten und diesem Scheusal dienen musste. Sieben verfluchte Jahre war sie nun schon hier und sieben verfluchte Jahre lang war sie seine Sklavin gewesen. Aber nun sollte es enden! Raven würde sie hier herausbringen, das hatte er ihr versprochen. Und sie glaubte ihm von ganzem Herzen. Ihre Schritte waren steif, als sie auf das Medallion zuging. Gleich hatte sie es, gleich würde es wieder in ihren Händen liegen. Ihre Hand zitterte, als sie danach griff. Ihre Finger glitten über das kühle Gold und sie fühlte ein Beben in ihrem Inneren. So viele Erinnerungen lagen hierin verborgen. So viel Lachen und Weinen, der Geruch ihrer Eltern, das Gefühl ihrer schützenden Arme und Schwingen, die sich um sie legten. Tränen rannen ihr über das Gesicht, sie musste ein leises Schluchzen unterdrücken, darauf bemüht den Raum auch nicht nur durch das kleinste Geräusch zu verändern. Das kühle Metall lies sie kurz aufkeuchen, als sie das Medallion in ihrem Ausschnitt versteckte und zurück zur Tür schritt. Nur noch ein paar Meter und sie war draußen, dann nur noch durch ein paar Flure und sie wäre in ihrem Zimmer, würde es verstecken und sich im Morgengrauen wie vereinbart mit Raven treffen, damit er ihr bei ihrer Flucht helfen konnte. Ihr Herz setzte aus, als er plötzlich vor ihr in der Tür stand. "Kitara? Was machst du hier, Engelchen?" sein Blick schien durch sie hindurch zu gehen, fast so als wollte er direkt in ihre Seele schauen. Er musterte sie von Kopf bis Fuß, sie stand nur da wie angewurzelt und hoffte, dass er es nicht bemerkte und das ihr Herz bald wieder anfangen würde zu schlagen, sonst würde sie jetzt und hier auf der Stelle tot umfallen. Fast so, als hätte ihr Herz sie erhört, begann es wieder zu arbeiten und pumpte das Blut so kräftig wie nie zuvor durch ihren Körper. Ihr wurde schwindelig, sie keuchte auf und wäre fast gestürzt, aber er fing sie auf. "Ich habe dich doch nicht etwa erschreckt?" sein Tonfall klang mehr als ironisch, sie verdammte ihn in die tiefste Hölle und fragte sich, was blos mit Raven und Porta geschehen war und warum er plötzlich hier war. Seine Hände glitten über ihren Rücken und sie verfluchte sich selbst dafür, dass sie so wenig trug. Wahrscheinlich dachte er, dass sie ihn irgendwie milde stimmen wollte und deswegen in diesem Aufzug in seinem Zimmer erschienen war. Wahrscheinlich dachte er, dass sie davon ausging, dass er noch immer wütend darüber war, dass sie erwischt wurden, wie Raven ihr Unterricht im Schwertkampf gab. Sie war dafür ausgepeitscht worden und ihre Schwingen schmerzten heute noch von den harten Hieben. Hoffentlich war nichts ans Licht gekommen, hoffentlich ging es Raven und Porta gut. Sie hatte doch nur die beiden in dieser grausamen, engelfeindlichen Welt. Seine Hände glitten über ihren Hals, er hob ihr Kinn an, während seine andere Hand auf ihrer Schulter ruhte und sie so fixierte. Sie schloss einfach nur die Augen, wie sie es schon so oft getan hatte und hoffte, dass er nicht die Tränen in ihren Augen entdeckte, dass er ihr Zittern und vor allen Dingen ihre übermächtige Angst nicht spürte. Als ihre Lippen sich berührten, glitt die Hand, die zuvor noch auf ihrer Schulter geruht hatte, in ihren Ausschnitt und fischte erfolgreich das Medallion daraus hervor. Sie zuckte zurück und schaute ihn erschrocken an. Er hatte es gewusst! Er hatte es sofort gesehen, ihre Gedanken gelesen. So zu tun, als wüsste er es nicht, war nur wieder eines seiner kleinen Spiele, um sie zu foltern. Die Tränen rannen ihr nun erneut über ihr Gesicht, nur dieses mal nicht wegen Emotionen aus der Vergangenheit, sondern der nun alles umschließenden Angst. Sie fürchtete um ihr Leben, während er sie nur wissend anlächelte. Er schritt um sie herum, während sie nur wie angewurzelt stehen blieb. Blitzschnell eilte seine Hand zu der Kette zwischen ihren Schwingen und schleuderte sie so zu Boden. Der Aufprall war hart und der stechende Schmerz in ihren Schwingen ließ sie aufschreien. Der Schrei ließ Raven das Blut in den Adern gefrieren. Porta stand neben ihm und war kreidebleich. Sie hatten gehofft und gebetet, dass er nicht in sein Zimmer geht, dass sie es doch schon geschafft haben möge und nicht mehr im selbigen war, aber anscheinend hatte niemand ihre Gebete erhört. Sie wagten es nicht sich zu rühren, sie waren nicht mehr in der Lage dazu. In ihren Köpfen tanzten nur Bilder von dem, was nun kommen mochte oder was er gerade mit ihr anstellte. Beide waren der Ohnmacht nahe und keiner von ihnen brachte auch nur ein Wort hervor. Beide sahen sie vor ihrem inneren Auge, wie diesem anmutigen Geschöpf, mit dem wunderschönen langen braunen Haaren und diesen einzigartig grau glänzenden Augen die Flügel abgeschlagen wurden. Aus Ravens Kehle drang ein klägliches Wimmern. Er sah sie vor sich, wie er sie letzte Nacht gesehen hatte. Er erinnerte sich um das unbeschreibliche Gefühl ihrer weichen Schwingen, um ihn herum, auf seinem Körper, ihr Geruch... und dann veränderte sich das Bild, er sah Blut und ihre Tränen, ihre hübschen Augen leer und leblos. Das durfte nicht passieren!!! Mit aller Kraft riss er sich aus diesem Zustand der Machtlosigkeit, zog Porta mit sich und stürmte in Richtung der Schreie. Als sie das Zimmer erreichten, war niemand zu sehen. Was hatte er blos mit ihr angestellt? Oh Himmel, hoffentlich war sie noch am Leben! Seine Ziehmutter tauchte plötzlich hinter Raven auf und legte ihre Hand auf dessen Schulter. "Der Herr hat einen Auftrag für euch.", sie hatte Tränen in den Augen. "Ihr sollt dem Fürsten in der Feste eine Nachricht überbringen, es eilt, ihr sollt sofort losreiten." sie überreichte Raven einen Umschlag, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und verschwand in Richtung Küche. Kein Wort von dem, was der Herr mit Kitara angestellt hatte, kein Wort wo er hingegangen war, nur dieser Umschlag und der Auftrag. Raven starrte auf dieses Papier und sah dann Porta hilflos an, der seinen Blick genauso hilflos erwiderte. Sie würden hier nichts mehr tun können... Der Morgen graute, als sie die Burg wieder erreichten. Nachdem sie die Pferde abgesattelt hatten, lief Raven sofort zu Kitaras Zimmer und war erleichtert jemanden in ihrem Bett vorzufinden. Es konnte nur sie sein. Er setzte sich neben sie aufs Bett und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sein Atem stockte. Wie konnte er nur??? Über Kitaras Augen lag ein schwerer Verband, der Herr hatte sie blenden lassen. Ihr Atem verriet ihm, dass sie wach war und sich zusammen riss, um nicht zu weinen. Die Tränen hätten die Schmerzen noch unerträglicher gemacht. Seine konnte er nun nicht mehr zurückhalten. Eiskalte Wut stieg in ihm auf. Sie legte eine Hand auf seine, welche noch immer die Strähne aus ihrem Gesicht hielt. Sie hauchte seinen Namen in die kühle Morgenluft und war froh, ihn am Geruch zu erkennen, seine Energie zu fühlen und zu wissen, dass er lebte und dass es ihm gut ging. Er küsste sie auf die Stirn und musste sich zusammenreißen, nicht sofort loszustürmen und diesem Bastard das Herz aus der Brust zu reißen. Ihre so sorgfältig ausgeklügelten Pläne waren zunichte gemacht worden. So würde sie nicht fliehen können. Er hatte zwar ihre Flügel verschont, aber ihr dafür den Glanz genommen. Ihr Glühen fehlte, dass sie sonst selbst im tiefsten Schlaf noch ausstrahlte, jenes Glühen, welches jeden dazu brachte, sich nach ihr umzudrehen und gedankenverloren ihre Schönheit zu betrachten. Dieser Bastard würde dafür büßen mussen und das mindestens mit seinem Leben! Nur war Raven nicht in der Lage ihn zu besiegen, seine Kampfkünste reichten dafür einfach nicht aus... Ihre Hand glitt über seinen Arm hinauf zu seiner Schulter, sie klammerte sich an ihm fest, wie eine ertrinkende. Er beugte sich vor und küsste sie sanft auf die Lippen, konnte dabei aber keine seiner Emotionen unterdrücken. Seine Tränen benetzten ihr Gesicht und ihre Miene verfinsterte sich. "Nein! Niemals!", die Worte klangen so hart, dass er sich erschreckte. Er hatte sie noch nie so reden hören. "Er gehört mir! Du lässt die Finger von ihm! Ich will dich lebend sehen, verstanden? Du lässt dich auf keinen Fall auf einen Kampf mit ihm ein! Niemals!" Raven sah sie nur verwundert an. Irgendetwas hatte sich in ihr geregt. Seine Wut kam nicht annähernd an die Gefühle heran, die Kitara nun empfand. Das war nicht blos Sorge um ihn, nicht blos Rachegelüste... sie wollte endlich wieder frei sein, normal leben und alles was ihr im Weg stand sollte zu S taub zerfallen. Er hatte ihren Kampfgeist entfacht und jener war so stark, dass selbst Raven davor zurückschreckte. Er legte seine andere Hand auf ihre, welche sich noch an seine Schulter klammerte, "Ist gut, ich werde ihn nicht anrühren." Seine Stimme klang so gefasst, dass er dachte, die Worte kamen nicht von ihm. Sie zog sich nun an ihm hoch und erwiderte seinen Kuss von eben. Er schloss seine Arme um sie und betete zu allen Göttern, die er kannte, dass doch irgendwo in der Ferne eine glückliche Zukunft auf sie wartete, in der sie zusammen leben konnten, ohne Sorgen, ohne Qualen. ...da war es wieder, dieses nervige Surren. Kara schlug die Augen auf und entdeckte genau auf ihrer Nasenspitze eine Mücke. "Wag es dir ja nicht..." sie schielte auf das Tier. Die Mücke schien ihr förmlich zu gehorchen, erhob sich in die Lüfte und surrte davon. Kara schaute ihr verdutzt nach. Das war alles? Und darauf kam sie erst jetzt? Hätte sie das früher gewusst, hätte sie sich die nächtelangen Hetzjagden nach den unzähligen Moskitos in ihrem Zimmer sparen können. Obwohl... dies hier war das Heilige Land (auch wenn es nicht wirklich danach aussah), vielleicht waren ja die Mücken hier intelligenter. Sie blickte sich um und musste sich damit abfinden von nun an wohl jeden Morgen an einem Ort aufzuwachen, den sich noch nicht kannte. In der Mitte des Zeltes brannte eine kleine Öllampe, die einen sanften gelblichen Schein auf alles um sie herum warf. Niemand war zu entdecken, anscheinend schlief Raven in einem anderen Zelt. Raven... sie hatte irgendetwas mit ihm geträumt, es war wieder einer dieser eigenartig realen Träume, aber sie konnte sich an nichts genaues erinnern, nur daran, dass er auch darin vorgekommen war. Und noch ein anderer Mann, nein zwei. Oder? Es war alles so verschwommen. Dann bemerkte sie die Stimmen vor dem Zelt. Sie stand auf und ging leise zum Eingang. Durch den Schlitz des Vorhanges, konnte sie Raven entdecken. Er stand nahe eine kleineren Feuers, zusammen mit einem etwas größeren blonden Mann. Sie unterhielten sich über irgendetwas, aber da sie mit dem Rücken zu ihr standen, verstand sie nichts von dem Gespräch. Er sieht atemberaubend aus, schoß es ihr durch den Kopf. Raven hatte seine Rüstung abgelegt, trug nur noch eine Hose und ein lockeres Hemd, seine schwarzen Haare schienen im Wiederschein des Feuers von einem Glühen umgeben zu sein, dass sie so noch nie zuvor gesehen hatte. Er lächelte seinen Freund an und bei diesem Lächeln wurde Kara mehr als nur warm ums Herz. Sie schlug sich mit der Faust an den Kopf. Reiß dich zusammen Mädel, sagte sie sich, er ist gute 508 Jahre älter als du, du meinst doch nicht wirklich, dass er sich in eine Göre wie dich verlieben könnte. Und doch hoffte sie es aus tiefstem Herzen, denn sie hatte selbiges schon an ihn verloren. Dabei kannte sie ihn eigentlich kaum. Sie wusste nichts über ihn, über seine Vergangenheit... nur Dinge, die sie aus seinen Worten und Regungen erahnen konnte. Und aus jenen ging auch hervor, dass es da jemandem gab, dem sein Herz zu gehören schien. Eine tiefe Trauer stieg in ihr auf. Zugleich fiel ihr etwas ein, was ihr Unterbewusstsein bisher gut vergraben hatte. Sie hatte ihn geküsst! Oben am Gletscher, als er sich Sorgen um sie gemacht hatte, hatte sie ihn einfach so geküsst. OH GÖTTIN! Was oder wer war blos in sie gefahren? Bei dieser Frage wurde sie plötzlich stutzig. Irgendetwas in ihr hatte sich gerade geregt, aber das fühlte sich nicht nach ihr selbst an. Was oder wer? Was hatte das zu bedeuten? Hing das vielleicht mit diesen seltsamen Träumen zusammen? Schickte ihr gar irgendjemand diese Träume? Wenn ja, wer? Und warum? Ihr Blick haftete immer noch an ihm. Er war wirklich wunderschön. Sie seufzte leise und versuchte all diese wirren Gedanken abzuschütteln. Ohne nachzudenken, trat sie ins Freie und sah sich um. "Das Mädchen ist doch noch ein Kind, wie bitte soll sie das schaffen?", die Frage kam von dem großen Blonden. Kara stand nun nicht mehr so weit von ihnen entfernt und konnte alles mitanhören, was vorher durch die dämpfende Wirkung des Zeltes nicht möglich gewesen war. "Wir waren auch noch Kinder, als wir all das hier begannen. Uns bleibt zudem keine andere Wahl. Meinst du wirklich, dass unsere Leute sich noch lange verschanzt halten können? Wir brauchen den Dolch. Wir brauchen NoNiji! Ohne sie schaffen wir es niemals! Und das weißt du auch." Ravens Worte klangen keineswegs hart, aber bestimmend. Sein Freund schüttelte nur den Kopf. "Und dafür bringst du ein armes kleines Mädchen in Gefahr?" Arm? Klein? Sie??? Raven musste schmunzeln. "Kein Sorge Porta, sie ist die Auserwählte, sonst hätte ich sie garnicht hierher gebracht. Da fällt mir ein, wo ist Ncham? Sie sollte sich die kleine mal ansehen, sie hatte einige harte Stürze hinter sich und ich glaube auch, dass sie leichten Fieberwahn hat...", seine Gedanken kehrten zum vergangenen Tag zurück und zu dem eigenartigen Kuss. Er musste sich das Grinsen verkneifen und schaute seinen Freund nur weiterhin fragend an. "Sie ist mit Kageshi unterwegs, die beiden sollten gegen Morgen wieder hier sein.", ihm war das unterdrückte Grinsen von Raven nicht entgangen, dennoch war es ihm zuwider jetzt noch weiter nach Details zu stochern. Kara bemerkte nicht, wie Raven Porta eine gute Nacht wünschte, sie sah nur plötzlich, wie er sich umdrehte und sie entdeckte und plötzlich musste sie gegen das starke Verlangen ankämpfen zu ihm zu laufen und ihn in die Arme zu schließen, als hätte sie ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn vermisst habe und das ihr alles leid tut und das sie nun besser auf sich aufpassen wird. Auch für.. für... eben lag ihr noch ein Name auf dem Herzen, aber nun war er fort, genauso wie das plötzliche Bedürfnis gekommen war. Nun stand sie nur noch da und sah ihn an und fühlte sich wie zuvor in eigenartige Nostalgie eingehüllt. Was war blos los mit ihr? Er schritt auf sie zu und schaute sie fragend an. "Alles in Ordnung?", er wirkte besorgt. Und irgendwie schossen ihr bei dieser Besorgnis die Tränen in die Augen. Sie versuchte zu lächeln und nickte ihm zu, aber ihr rann schon die erste Träne über das Gesicht. Er wirkte noch besorgter und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Was ist los?", die Wärme seiner Hand lies sie zittern. "Ich weiß nicht, irgendwie bin ich nicht mehr Herr über meinen eigenen Körper. Ich will garnicht weinen, ich wüsste ja nicht einmal wieso." Sie wandte ihren Blick von ihm ab und versteckte sich ihr Gesicht hinter einer Haarsträne, die über ihre Schulter nach vorne gerutscht war. Er strich diese mit der anderen Hand sanft aus ihrem Gesicht und schlagartig sah Kara das Bild aus ihrem Traum vor sich: Er am Bett, mit Tränen in den Augen, sie spürte seine Hand auf ihrem Gesicht, ruckartig wandte sie sich zu ihm um und sah ihn mit großen Augen an. Er glaubte einen Geist zu sehen. Wie konnte das sein? Vor ihm stand nicht mehr das hübsche Mädchen, sondern sie! Ihre grauen Augen sahen ihn voll Trauer und Schmerz an. Der Schock ließ ihn zu Stein erstarren. "Raven..." - diese Stimme! So wie sie es aussprach, genau wie an dem Morgen... Es war schon so lange her und doch erinnerte er sich daran, als wäre es erst eben geschehen. Dann wurde er plötzlich in das Hier und Jetzt zurückgeschleudert, er fühlte, wie die Hand auf seinem Gesicht verschwand und wie das, was er eben noch von der Person ihm gegenüber gespürt hatte plötzlich verblasste. Unter seiner Hand war nichts mehr, er wurde noch rechtzeitig wieder klar, um Kara auffangen zu können, bevor sie hart auf den Boden aufprallte. Was im Namen aller Götter war das gerade gewesen? Sehnte er sich jetzt so sehr nach ihr, dass er sie auf das Mädchen projezierte? Wieso hatte er dann aber ihre Energie so deutlich gespürt? Das war eindeutig ihre Stimme gewesen, nur sie sprach seinen Namen so aus. Und diese herrlich sanften grauen Augen gehörten auch nur einer Person. Er schaute sich um, anscheinend war niemand gerade anwesend gewesen, der hätte Licht in das Dunkel bringen können. Sie waren vollkommen allen draußen gewesen, niemand hatte sie gesehen oder das Geschehene beobachtet. Er nahm Kara wieder auf die Arme und trug sie zuück in sein Zelt. Als er sie in sein Bett legte, vernahm er einen Namen, den er so schon lange nicht mehr gehört hatte. Er drang eindeutig aus ihrem Mund. Wieder schienen ihm seine Sinne einen Streich zu spielen, auch wenn der Name von ihr kam, auch wenn sie ihn nicht kennen konnte, woher um alles in der Welt kam dann der Geruch, der sie plötzlich einhüllte. Sie roch nicht mehr wie das kleine Mädchen, dass er vor einiger Zeit kennengelernt hatte, sie roch wie SIE! Und wieder murmelte sie den Namen, sie schien im Traum nach ihm zu suchen ... Corazon ... Kapitel 7: Chapter 7 - ... Suche nach Kara ... ---------------------------------------------- Als sie erwachte, wusste sie zuerst nicht, wo sie sich befand. Und anscheinend hatte sie ein Körperteil zuviel. Verwundert richtete sie sich auf und bemerkte, dass die Hand, die sie erst als ihre eigene deklariert hatte, zu Raven gehörte. Dieser saß schlafend neben ihr, an die Zeltwand gelehnt, ihren Kopf in seinem Schoß haltend. Er hatte so lange über das Geschehene nachgegrübelt, dass er über seine Gedanken hin eingeschlafen war. Kara schob die Decke zurück und kroch aus dem Bett, bemüht sich so leise wie möglich zu verhalten, um ihn nicht zu wecken. Sie schlüpfte in ihre Stiefel und schlich nach draußen. Dichte Nebelschwaden und sanfter Sonnenschein, der alles um sie herum in ein undurchdringliches Weiß tauchte, hüllten sie ein. Der Nebel war so blendend weiß, dass sie sich eine Hand vor die Augen halten musste, um etwas zu erkennen. Anscheinend war sie als einzige wach, alles um sie herum war still, nur in der Ferne war der Gesang einiger Vögel zu hören. Sie beschloss die Gelegenheit zu nutzen und sich etwas umzusehen. Leise schlich sie zurück ins Zelt und nahm ihr Schwert und den Rest ihrer Sachen von dem Hocker neben dem Ausgang. Wieder draußen legte sie alles an und machte sich in eine unbestimmte Richtung auf. Der Nebel würde noch eine ganze Weile so dicht sein und sie musste sich alles gut einprägen, wenn sie später den Weg wieder zurück finden wollte. Behutsam schritt sie zwischen den anderen Zelten hindurch, bis sie den Rand des Lagers erreicht hatte. Plötzlich erschrak sie, etwas war hinter hier, es berührte ihr Bein! Sie drehte sich um und sah Targras, der sie neugierig anblickte. Sie beugte sich zu ihm hinab und strich ihm über den Kopf. "Na du, willst du mich begleiten?" Sie lächtelte ihn an und Targras wedelte wie zur Antwort mit dem Schwanz. Zusammen glitten sie den leichten Hang hinter dem Lager hinunter und wagten sich in eine kleine Baumgruppe vor. Hier unten schien der Nebel noch dichter zu sein. Aus dem Lager drang noch immer kein einziges Geräusch. Kara blickte sich nur einmal kurz um, dann schritt sie weiter durch die kleine Baumgruppe und über eine kleine Lichtung in einen etwas dichteren Wald. Hier war der Gesang der Vögel schon deutlicher, dennoch konnte sie keinen einzigen erblicken. Der Wald war dicht, ab und an führte sie der Weg über umgestürzte Bäume und kleine Bachläufe. Am Stand der Sonne konnte sie erkennen, dass sie schon einige Zeit unterwegs war. Sie wusste nicht ganz, wonach sie eigentlich suchte oder was sie an diesem Morgen hinaus in dieses Land gerufen hatte, aber sie glaubte, dass es wohl das sein musste, was dieses Land so einzigartig machen sollte. Sie wollte finden, was dieses Land so berühmt gemacht hatte und sei es nur eine kleine Fee, ein Gnom, eine Nymphe, irgendetwas. Doch nichts dergleichen hatte sich ihr bisher gezeigt. Vielleicht konnten normale Menschen sie einfach nicht sehen und sie war bereits umgeben von jenen Wesen. Vielleicht zeigten sie sich nur denen, die sie selbst auserwählt hatten, sie zu sehen. Ihr Blick schweifte über einen großen kräftigen Baum und für einen Moment glaubte sie, dass er sie Ansah. Waren dort eben wirklich Augen gewesen? Oder hatte sie sich das nur aus dem tiefen Wunsch heraus eingebildet, endlich ein mystisches Wesen zu finden? Sie starrte weiterhin auf jenen Fleck, an welchem sie glaubte die Augen entdeckt zu haben, doch nichts rührte sich. Müde und etwas enttäuscht setzte sie sich auf einen umgestürzten Baum. Er war dicht von Moos bewachsen, welches sich wie ein weicher Pelz um ihn schmiegte. Kara lehnte sich zurück und starrte in den saphirblauen Himmel. Über ihr raschelten die dichten grünen Blätter der Bäume und nahmen ihr mit dem Wehen des Windes ab und zu die Sicht auf das weite Blau. Sie musste an ihre Eltern denken. Ihre schwer verletzte Mutter, ihren besorgten Vater... wo ihr kleiner Bruder wohl gerade war? Die Truppen hatten ihn mit sich genommen, aber wohin? Bald würde sie sich auf den Weg machen, ihn zu suchen. Sie schloss die Augen und sog tief die würzige Waldluft ein. Als sie sie wieder öffnete, war es tiefschwarze Nacht. Anstatt in den saphirblauen Himmel, erblickte sie unzählige Sterne über sich. Allem Anschein nach war sie eingeschlafen. Sie setzte sich auf und entdeckte Targras, der ein Stück von ihr entfernt an einer Baumwurzel lag und sie ansah. Raven machte sich sicherlich Sorgen. Sie sah sich um, konnte aber kaum die Hand vor Augen sehen. Es war stock finster in diesem Wald. Nur durch einige Äste und Baumkronen hindurch waren die Sterne zu erkennen. So konnte sie unmöglich den Weg zurück ins Lager finden. Sie musste warten, bis es wieder Morgen wurde. Ein Schauer lief über ihre Haut, es war sehr kühl geworden und sie fröstelte. Zum Feuer machen hatte sie nichts mit sich genommen, auch zu Essen hatte sie nicht dabei. Sie verfluchte ihre Neugier und suchte einen Windgeschützten Platz an einem hohen und sehr breiten Baum auf. Hier setzte sie sich zwischen die riesigen Wurzeln und versuchte anhand der wenigen Sterne, die sie erkennen konnte, die ungefähre Zeit abzuschätzen. Nur fiel ihr ein, dass sie sich weiter nördlich befand und hier keine genauen Angaben anhand der Sterne machen konnte. Also richtete sie ihren Blick wieder nach unten und presste ihren Körper an den harten Baumstamm. Targras hatte sich zu ihr begeben und sich an ihrer Seite niedergelassen. Seine Wärme wirkte tröstlich auf Kara. Wäre sie doch blos nicht einfach so losgetigert, hätte sie sich doch nur alles von den anderen zeigen lassen. Aber nein, sie musste mal wieder mit ihrem Dickkopf durch die Wand und alles auf eigene Faust machen. Sie zog ihre Knie so weit wie möglich an und legte ihren Kopf auf ihre Arme. Der Wind strich durch die Bäume und das Rascheln der Blätter klang wie ein leises Flüstern. Hier schien etwas in der Luft zu hängen. Das Flüstern klang nach Abenteuer, nach Aufregung, aber auch nach Gefahr - wie eine alte Prophezeihung. Der Wind trug sie durch das Land und die Blätter fingen sie auf, um sie zu hören und in ihrem Rascheln weiterzutragen. Dort erfuhren die Raupen davon, alle kleinen Tiere, die Vögel. Die Raupen verwandelten sich in Schmetterlinge und erzählten es den Blumen. Die Blattläuse erzählten es den Ameisen und jene wiederum erzählten es dem Boden, in dem sie wohnten. Die Vögel trugen die Kunde durch die Luft und berichteten es den Wolken. Alles um sie herum war erfüllt vom Wiederhall der Sage, alles um sie herum erzählte ihr von der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Einer nicht allzuweit entfernten Zukunft. Und doch konnte Kara die Kunde, die ihr hier zugetragen wurde, noch nicht verstehen. Ihr Herz schien mit den Blumen zu sprechen, mit den Wolken zu singen und mit der Erde zu schweigen, eine tiefe Aufregung ergriff sie, welche sie nicht begreifen konnte. Am liebsten wäre sie aufgesprungen, hätte diese Aufregung herausgesungen, ihr Klang, eine Form gegeben, aber die Töne kamen in ihrer Kehle nicht zustande, sie hätte am liebsten alles von sich getanzt, aber wäre sie aufgestanden, sie hätte die Schritte und Bewegungen nicht gefunden. So saß sie nur da und lauschte auf das stetige Wachsen in sich. Da war etwas und es reagierte auf alles um sie herum. Es wuchs und wuchs und würde bald hervorbrechen. Sie wusste es nicht zu verhinden, womöglich sollte es auch nicht verhindert werden. Die Weise im Dorf hatte ihr einmal erzählt, dass in jedem von uns etwas schlummert und wenn es heraus will, dann soll man es auch herauslassen und nicht einsperren, sonst würde man seines Lebens niemals froh werden und man könnte niemals frei sein. Aber wie sollte Kara es hinauslassen? Sie konnte ihm keine Form geben, keine Gestalt, keinen Klang. Es wurde immer größer, dieses übermächtige Gefühl... Sie lehnte sich zurück und blickte am Stamm entlang in die mächtige Krone und erschrak. Über sich hatte sie ein Gesicht gesehen. Es war eindeutig dagewesen, mit weiblichen Zügen, dunklen grünen Augen und es hatte sie angelächelt. Sie sprang auf und sah nach oben, doch nichts war dort oben mehr zu sehen. War es das, wovon die Weise ihr einmal erzählt hatte? Eine... wie nannte sie sei noch gleich... Baumnymphe! Sie lebten in den Bäumen, waren mit ihnen verbunden. Lange starrte sie in die Krone, das Gesicht zeigte sich nicht wieder. Sie war sich sicher, dass sie es sich nicht eingebildet hatte. Nachdem sie sich kurz umgeblickt hatte, fiel Kara auf, dass es der Baum war, von dem sie schon zuvor gedacht hatte, darin Augen erkannt zu haben. Nun hatte sie also gefunden, wonach sie zu suchen losgezogen war. Fühlte sie sich nun anders? Eigentlich nicht. Sie wusste nun, dass es jene Wesen hier gab, dennoch fühlte sie nichts besonderes oder neues an diesem Ort. Nur die Sage hing noch in der Luft und erschwerte die Luft, so dass sie warm und dick wirkte. Irgendetwas würde bald geschehen, dass war Kara nun klar. Vielleicht würde sie schon bald den Inhalt der Sage verstehen, vielleicht würde sich ihr bald eine verborgene Tür öffnen und sie würde hindurch gehen und alles verstehen, was ihr bisher verborgen blieb. Sie wusste nicht, wie nah ihre eigenen Gedanken an der Wahrheit waren. Bald würde sie alles erfahren. Sie hatten das komplette Lager und den Wald um das Lager nach ihr abgesucht, aber nirgends war eine Spur von ihr zu entdecken. Raven und Porta mussten dennoch an die Front, die Moral der Kämpfer war gesunken und wenn sie nicht mit ihnen kämpften, würde sie wohl noch weiter sinken. Irgendetwas an den beiden gab den Männern die Kraft weiter ihre Schwerter zu führen und ihr Blut bereitwillig zu vergießen. Kageshi, Ncham und drei weitere Männer hatten sich auf den Weg gemacht das Mädchen zu suchen. Kageshi hatte einige kaum noch zu erkennende Spuren von ihr ausgemacht. Da noch niemand wusste, dass sie verschwunden war, nahm auch niemand Rücksicht auf Spuren, die eventuell hilfreich wären. So waren vor Ravens Zelt und rund um das Lager kaum noch Spuren von ihr zu finden. Mit untrüglichem Instinkt folgte Kageshi den Spuren bis hin zu der kleinen Baumgruppe. Hier erkannte sie auch die Spuren des Hundes und wusste nun, dass wenn sie die Spur des einen verlor, nach der Spur des anderen Ausschau halten musste, um sie wiederzufinden. Noch im Lager hatten sie sich aufgetrennt und waren in verschiedene Richtungen losgezogen, um sie zu finden. Nach den Geschehnissen der letzten Nacht war Raven sichtlich besorgt gewesen, womöglich wusste sie noch nicht einmal, dass sie sich in Bewegung gesetzt hatte oder ähnliches. Kageshi verfolgte die Spuren über die Lichtung und hinein in den Wald. Die kleine war eine ganz schön weite Strecke gelaufen, wahrscheinlich würden sie sie vor Einbruch der Nacht nicht mehr einholen. Wohin war sie blos unterwegs? Nach Ravens Aussagen war sie schon eine Weile in einer Art Trance, hoffentlich tappte sie hier nicht in irgendeine Falle oder verlief sich hoffnungslos. Die junge Frau schreckte auf, als sie plötzlich etwas hinter sich hörte. Sie drehte sich blitzschnell um und das Messer verfehlte nur knapp den Schatten. Er zog es aus der Erde und ging lächelnd auf sie zu. "Ist das eine Art einen alten Freund zu begrüßen?" er grinste sie an. Sie atmete erleichtert auf und nahm ihm das Messer ab. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Wenn sich der alte Freund in einen Herumtreibern verwandelt, der ohne Vorwarnung einfach so auftaucht, kann ich für nichts garantieren." sie hob mahnend den Zeigefinger und lächelte ihn noch immer an. "Sieh dich an, du bist groß geworden. Wie lange ist es her?" ihr Blick musterte ihn von Kopf bis Fuß. "Im Menschenreich nun vier Jahre. Ich weiß ja nicht, wieviel Zeit hier vergangen ist, aber anscheinend nicht allzuviel, du bist schön wie eh und je!" SIe verzog das Gesicht und verpasste ihm eine Kopfnuss, "Hör blos auf damit! Oder Porta macht dich wieder ein paar Köpfe kürzer. Du hättest dich ruhig öfter mal blicken lassen können. Was hast du die ganze Zeit getrieben?" sie hatte nun die Arme vor der Brust verschränkt und blickte ihn vorwurfsvoll an, wie sie es ihm gegenüber schon immer zu tun pflegte. Ihrer Meinung nach hätten seine Eltern ruhig härter mit ihm umspringen können, dann müssten sich andere nicht dauernd so viele Sorgen um ihn machen. "Nicht viel, nur die Truppen etwas aufgemischt und nach ihr gesucht..." Sie schüttelte den Kopf, "Du gibst wohl wirklich niemals auf! Apropos suchen, erinnerst du dich noch daran, was ich dir über das Springen beigebracht habe? Ich könnte deine Hilfe gut gebrauchen." Er schaute sie fragend an, "Ist deswegen das Lager in heller Aufregung? Ist jemand verschwunden?" "Ja, unsere Hoffnung!" "Wie darf ich das verstehen?", er konnte ihr nicht wirklich folgen. "Der Dolchträger oder besser gesagt die Dolchträgerin." Seine Augen weiteten sich, "Wie, ihr habt den Dolchträger gefunden?", er blickte sie ungläubig an. "Genauso ist es, aber die kleine ist verschwunden. Hier sind ihre Spuren. Ich würde vorschlagen, dass wir von hier an springen, du gehst weiter nordöstlich durch den Wald und wir treffen uns über dem Wasserfall. Sie hat lange schwarze Haare, sollte also leicht zu erkennen sein, etwa fünfzehn Jahre alt. Und lass die Pfoten von ihr, ich kenn' dich Ladykiller ja..." "Und das von Portas Zukünftigen...", sein Blick war mehr als vorwurfsvoll. "Er weiß sich inzwischen wenigstens zu benehmen", ihre Augen funkelten ihn böse an, "nur du musst noch einiges lernen. Immer diese Jungesellen!", sie seufzte und verdrehte die Augen. "Solange du mich nicht so zügeln willst wie ihn, wenn ich bedenke, dass...", er brachte den Satz lieber nicht zu ende, sein Hirn sagte ihm, dass das seiner Gesundheit zuliebe wohl besser wäre. Er seufzte leise und warf den Kopf in den Nacken. Mit Blick in den Himmel fügte er nur leise hinzu: "Du weißt genau, dass es für mich nur eine gibt." Sie blickte ihn nicht an, sondern drehte sich nur um und schaute auf die Spuren. Ohne ein Wort des Abschieds konzentrierten sie sich auf ihre bevorstehende Aufgabe und trennten sich. Es war schon tiefste Nacht und sie hatten sie noch immer nicht gefunden. Kageshi brach die Suche ab und verbarg sich in einer Baumhöhle, den kommenden Morgen abwartend, in der Hoffnung, dass die Spuren bis dahin nicht verloren sein würden. Sie tat die ganze Nacht kein Auge zu. Als der Mond aufging, tauchte er alles in sein sanftes silbernes Licht. Die Blätter wirkten wie von feinem Silberstaub bedeckt. Der Tau im Gras begann weiß zu leuchten und gab ein reflektiertes Bild seiner Umgebung in mikroskopischer Form wieder. Er hingegen führte den Sprung weiter. Da er den Spuren nicht gefolgt war, sondern einfach seinem Ziel entgegen schritt und die Augen immer auf der Suche nach ihr offen hielt. Er verharrte nur kurz, bis nach Sonnentuntergang der Mond aufgegangen war und setzte seinen Weg dann fort. Die Vorstellung, das ein Mädchen des Nachts hier ganz alleine herumirrte, löste seinen Beschützerinstinkt aus. Sie kannte keine der Gefahren. Lykanthropie war kein Märchen und Lykanthropen waren gefährlich, vor allem bei Vollmond. Wenn sie hier einem Werwolf oder ähnlichem über den Weg lief, wäre sie hoffnungslos ausgeliefert. Er kannte Kara ja nicht und wusste nicht, dass sie sich sehr gut selbstverteidigen konnte. Zudem hatte sie ohne ihr eigenes Wissen eine Macht auf ihre Seite gezogen, die sie momentan schützte. Unzählige Nymphen hatten sich, ohne das sie es merkte, um sie versammelt und bildeten so einen schützenden Ring. Sie saß einfach nur da, im Schutze des riesigen Baumes, was für die Nymphen wie eine stille Andacht wirkte und wartete das Licht des kommenden Tages ab. Inzwischen hatte sich die Sage zurückgezogen und Stille legte sich wie ein Tuch um den Wald. Nichts war mehr zu vernehmen, selbst das kleinste Geräusch schien verhallt zu sein. Alles hielt den Atem an und erwartete mit Kara den Aufgang der Sonne, den Anbruch eines neuen Tages. Die ersten Strahlen ergossen sich wie pures Gold über den Himmel und das noch schlafende Land. Jenes Gold weckte die ersten Vögel, deren Gesang zuerst noch verschlafen, aber bald schon fröhlich und zugleich etwas angespannt klang. Erneut breitete sich in Kara das Gefühl aus, dass etwas passieren würde. Sie erhob sich und dehnte ihre müden und von der Nacht noch steifen Glieder. Mit Mühe und Not versuchte sie das Knurren ihres Magens zu überhören. Was ihr anscheinend gelang, hatte jemand anders aber nicht überhören wollen und wie auf Befehl viel ein Apfel von einem Baum. Kara blickte sich erstaunt um und entdeckte wieder ein Gesicht in einem der Bäume. Es lächelte sie an und war sofort verschwunden. Sie ging auf den Apfel zu und hob ihn auf. Dann verbeugte sie sich vor dem Baum und sprach laut ihren Dank aus. Sie lächelte den nun leeren Stamm an und verspeiste das Geschenk. Irgendwie schien es für sie selbstverständlich zu sein, mit diesen Wesen auf diese Art und Weise zu kommunizieren. Sie schien von ihnen akzeptiert worden zu sein, was sie innerlich in Aufregung und helle Freude versetzte. Das Dämmerlicht reichte bisher noch nicht ganz aus, um den Weg auszumachen, also beschloss Kara einen Weg zu wählen, der ihr bekannt vorkam und den sie glaubte gegangen zu sein. Sie wusste nicht, dass sich der Wald jede Nacht in Bewegung befand, sie kannte das Eigenleben der Pflanzen und Steine nicht. Der von ihr gewählte Weg führte sie noch weiter vom Lager fort und weiter hinein ins Heilige Land. Das fahle Licht der Sonne warf einen orangenen Schimmer auf ihr Gesicht und lies ihre Haare erglühlen. Sie fühlte sich unglaublich lebendig und setzte ab und an zu kleinen Sprints durch das immer lichter werdende Dickicht an, bei welchen sie Targras mit freudigem Bellen begleitete. Sie stoppte erst, als sie etwas vernahm, was sie hier nicht erwartet hatte. Dieses Dröhnen... sie konnte sich nicht daran erinnern gestern an einem Wasserlauf vorbeigekommen zu sein. Aber das Rauschen schien sie magisch anzuziehen. Sie kletterte über die Bäume und Steine und stand vor einem mächtigten Wasserfall. Er ergoss sich nur wenige Meter vor ihr von einer sehr hohen Klippe und hatte einen schmalen aber allem Anschein nach sehr tiefen See geschaffen. Aus dem See floss das Wasser weiter in einem breiten, sich durch einen anderen Teil des Waldes schlängelnden Fluss. Das Sonnenlicht brach sich an dem sprühenden Wasser und zauberte einen Regenbogen in die kühle Morgenluft. Der Anblick war atemberaubend. Bis ans Wasser wuschen die Pflanzen in dichtem und üppigen Grün, man konnte kaum sagen, wo der Wald endete und das Wasser begann. Sie zog sofort ihr Schwert, als sie ihn entdeckte. Er war kurz vor Sonnenaufgang hier eingetroffen und wartete seit dem auf Kageshi. Er hatte sie erblickt und war auf sie zugegangen, froh darüber, das verschwundene Mädchen gefunden zu haben. Als sie ihr Schwert zog, wich er zurück. Aber irgendetwas in ihren Augen ließ ihn nachdenklich werden. Konnte das wirklich sein? Er stieg in das Wasser, um sich ihr zu nähern. Kara wollte nach hinten zurückweichen, doch hatte sie die Bäume und Felsen vergessen, über welche sie geklettert war. Würde sie sich umdrehen, um erneut über diese zu klettern, gäbe sie ihm Gelegenheit an sie heranzukommen und sie anzugreifen. Er hatte zwar sein Schwert nicht gezogen, dennoch war sie lieber vorsichtig. Und Angriff ist ja bekanntlich die beste Verteidigung. Also stieg auch sie ins Wasser und blickte ihn prüfend an. Ein unbändiges Gefühl der Gewissheit überkam ihn. Endlich! Als er auf sie zuging, erhob sie ihr Schwert. Er versuchte sich ihr weiterhin zu nähern, aber da er sie in keinster Weise ansrpach, griff sie ihn an. Noch immer überwältigt von der Gewissheit, konnte er sie nicht ansprechen, er wich einfach jedem ihrer Schläge aus und wartete den richtigen Zeitpunkt ab, sie müsste ihm nur einmal die Gelegenheit geben, nur einmal ihre Deckung blostellen. Inzwischen waren beide bis auf die Knochen durchnässt, ihr Atem ging schwer. Mit einem plötzlichen Angriff, wollte sie ihn zu Fall bringen, doch bot sie ihm genau in diesem Moment das, worauf er schon gewartet hatte. Sie hob das Schwert gen Himmel und wollte sich auf ihn stürzen, doch er packte blitzschnell ihr rechtes Handgelenk, drückte es nach unten und zog sie zugleich an sich heran. Sein rechter Arm schnellte um ihre Hüfte und fixierte sie so, dass sie nun nicht mehr fliehen konnte. Noch ehe sich Kara versah, tat er das, was sie zuvor aus einer Laune heraus bei Raven getan hatte. Er küsste sie, einfach so, hier unter dem Wasserfall, inmitten des Waldes und ohne jedwede für sie erkenntliche Absicht. Sie stand einfach nur wie zu Stein erstarrt da und begriff nichts mehr. Sie hatte aus Angst die Augen zusammen gekniffen. Nun öffnete sie ein Stück und erkannte, dass er seine geschlossen hatte. Neben der plötzlichen Überraschung machte sich ein weiteres Gefühl in ihr breit. Irgendwie erschien ihr die Situation vertraut, aber nicht wegen der Sache mit Raven. Oder kam er ihr eher vertraut vor? Etwas in ihr sagte ihr, dass sie sich gehen lassen, den Augenblick und dieses Geschehen genießen sollte. Sie schloss die Augen wieder und versuchte jenes Gefühl zu ergründen und zu verstehen, warum sie nicht im geringsten das Bedürfnis verspürte, sich gegen ihn zu wehren. Und das nicht nur, weil er verdammt gut küssen konnte. Etwas zerschnitt die Luft. Kara war zuerst so benommen von all dem, das sie eine Weile brauchte, um die Situation zu begreifen. Dann entdeckte sie eine Frau am Ufer. Kageshi war nach Mondaufgang weitergezogen, zuerst wollte sie zwar den Morgen abwarten, doch nach und nach war das Mondlicht stark genug gewesen, um die Spuren zu erkennen. Gerade als die Sonnenstrahlen über den Horizont drangen, hatte sie den Baumstamm gefunden, auf welchem Kara zuerst verharrt hatte. Sie entdeckte noch andere Spuren und sah sich um. Gewiss über ihre Anwesenheit, sank sie auf die Knie und senkte ihren Kopf. "Verzeiht mein Eindringen, ich suche das Mädchen, dass sich heute Nacht hier aufgehalten hat." "Erhebe dich, Schattentod." die Stimme klang sanft und dennoch fest. Aus dem Stamm eines Baumes löste sich der Körper einer wunderschönen Frau. Sie war von Kopf bis Fuß von glänzendem Grün, ihre Haare wirkten wie kräftige Lianen. Ihre Augen schimmerten braungrün. Sie blickte die junge Frau auffordernd an. Kageshi erhob sich und hielt den Blick weiterhin ehrerbietend gesenkt. "Das Mädchen war vorhin noch hier, wir hatten uns heute Nacht ihrer angenommen. Was will eine Kopfgeldjägerin von ihr?" Kageshi blickte nun die Nymphe an. "Raven schickt mich, sie ist die Dolchträgerin, sie war verschwunden und er machte sich Sorgen, so sollte ich sie zurückbringen." Beim Klang von Ravens Namen erhellte sich das Gesicht der Nymphe. Für sie war es gerade einmal wenige Tage her, dass eine ihrer Schwestern ihm begegnet war, dass Kageshi zusammen mit den anderen ihr Land betreten hatten, um es zu verteidigen. "Dann ging diese Aura also nicht von dem Mädchen, sondern von dem Dolch aus." Kageshi nickte. "Sie ist zum Wasserfall gegangen, mehr kann ich dir nicht sagen.", die Nymphe verschwand wieder in ihrem Baum. Kageshi machte sich auf den Weg, in dem Wissen, dass es nun nicht mehr lange dauern würde, bis sie das Mädchen finden würde. Die Spuren zu ihren Füßen waren noch frisch, sie konnte nicht unweit von ihr sein. Als sie den Wasserfall erreichte, wagte sie es nicht ihren Augen zu trauen. "Corazon!", ihre Stimme schien die Luft zu zerschneiden. Er löste sich langsam von Kara und drehte sich um. Mental machte er sich schonmal auf ein Donnerwetter gefasst. Er wusste genau, dass er nun nicht mit Kageshi reden könnte, sie würde ihm garnicht zuhören, sondern ihn einfach nur eine Standpauke halten. "Ich fasse es nicht, ich fasse es einfach nicht! Wir sollten das Mädchen finden und nicht verführen! Geht denn nichts was ich dir sage in deinen Schädel hinein?", ihre Stimme bebte voller Zorn. Kara blickte nur verdutzt von einem zum anderen. Aus der Haltung der beiden hatte Kageshi schließen können, dass Corazon den Kuss forciert hatte. Er hielt noch immer ihr rechtes Handgelenk umschlossen, so dass sie ihr Schwert nicht gegen ihn richten konnte und sein rechter Arm fixierte noch immer ihre Hüfte. Kageshi war kurz davor zu explodieren. Das plötzliche Gelächter hinter ihr ließ sie zusammenzucken. Die anderen Männer, die auch losgeschickt worden waren, um Kara zu suchen, waren Kageshi gefolgt und hatten nicht wie sie eine Rast eingelegt, sondern waren die komplette Nacht durchmaschiert, um sie zu finden. "Das ist mal wieder typisch von ihm, erst ist er wochenlang nicht zu sehen und dann verschafft er sich so einen Auftritt.", der Mann winkte blos ab, während sich die anderen die Bäuche vor Lachen halten mussten. Und Kageshis Wut schien sie noch mehr zum Lachen zu bringen. Der eine legte ihr beschwichtigend die Hand auf die Schulter und blickte zu Corazon. "Wollt ihr nicht langsam mal da raus kommen? Das Wasser muss doch eiskalt sein." Corazon konnte sich das Grinsen nicht verkneifen und löste endlich seinen Griff von Kara. Diese stapfte trotzig ans Ufer und kletterte über die Felsen. Einer der Männer half ihr herauf und nahm ihr vorerst ihr Schwert ab. "Raven hatte wirklich recht, Wirbelwind ist eine Untertreibung!", er tätschelte Karas Kopf und sie hätte sich am liebsten ihr Schwert geschnappt und dem "Herrn" mal etwas Benehmen beigebracht. Anscheinend hatte Kageshi ihre Gedanken gelesen und verpasste dem Kerl einen kräftigen Schlag mit der Handkante in den Nacken. Der Schlag war zwar hart, dennoch sanft genug, um ihn nicht bewusstlos zu Boden gehen zu lassen. "Schau mich jetzt blos nicht vorwurfsvoll an, dann verpasse ich dir gleich noch eine.", sie funkelte ihn böse an, "Hier hat wohl keine von euch eine Ahnung davon, wie man mit einer Frau umzugehen hat und der schlimmste steht da drüben!", sie deutete auf Corazon, der inzwischen ans Ufer geklettert war. Er lächelte Kara etwas unsicher an und bewegte sich gebeugt auf alle zu, sich sicher darüber, dass er gleich einen Kinnhaken von Kageshi ernten würde. Einer der Männer war zu ihren Pferden geeilt und hatte für Kara und ihn Decken geholt, wovon er eine ihm zuwarf und die andere um Karas Schultern legte. Sie bedankte sich bei ihm und wickelte sich darin ein. Kageshi trat zu ihr und legte einen Arm um ihre Schultern, um sie zu den Pferden zu führen. "Raven hat sich Sorgen um dich gemacht...", ihre Stimme klang unsagbar sanft, kein Vergleich zum Tonfall zuvor. Die Tatsache, dass er sich um sie sorgte, lies Kara erröten und ihr wurde seltsam warm. Etwas in ihr freute sich unbeschreiblich darüber. Kageshi half ihr aufs Pferd und stieg danach selbst auf eines. Die anderen waren nun auch aufgestiegen und bildeten eine kleine Eskorte um Kara. Zu Pferd würde der Rückweg nun nicht mehr allzulange dauern und sie hatte nun jemanden, der den Weg kannte. Nur dieser Junge, Corazon... irgendwie bereitete er ihr Kopfzerbrechen. Erst küsst er sie einfach so und dann ritt er schweigend hinter ihr. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos. Auch er hatte vernommen, was Kageshi ihr gesagt hatte. Nicht schon wieder. Immer Raven, wieso immer er? Er hatte gehofft, dass er sie dieses Mal zuerst treffen würde und das sie sich nur an ihn erinnern würde. Aber anscheinend war sie wieder ihm zuerst begegnet, vielleicht würde sie sich garnicht daran erinnern, was damals alles geschehen war. Jedenfalls schienen Kageshis Worte sie in Aufregung zu versetzen. Ihre Augen leuchteten, als sein Name fiel. In seinem Herzen breitete sich ein stechender Schmerz aus. Er wollte sie nicht schon wieder an ihn verlieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)