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End of all days

| Sasuke and Sakura |
von

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the beginning of the end


 

○ 1 ○

Ich wusste nie, wie wertvoll ein Leben ist. Ich wusste nie, wie schnell ein Leben vergehen kann. Ich wusste nie, wie grausam ein Leben enden kann. Ich wusste es nie und früher wollte ich es auch nicht wissen.

Ich habe mein Leben nie geschätzt. Jetzt, wo ich bald sterben werde, bereue ich es, weil es zu spät ist.

Wenn ich so zurückdenke an die alten Zeiten, merke ich, wie kostbar mein gutes Leben war. Ich hatte alles, was ich gebraucht hatte. Ich hatte eine Zukunft und eine Perspektive. Den Umständen entsprechend war ich eigentlich glücklich, selbst wenn ich es nie so empfand. Aber vor allem war ich gesund. Und ich habe das nie geschätzt, es war selbstverständlich.

Wir schreiben das Jahr 2018, vier Jahre nach der Epidemiewelle, die durch einen Supergau eines verdammten, russischen Kernkraftwerks und das Frittieren eines Labors verursacht wurde. Vier Jahre nachdem die Weltzivilisation auf Grundeis ging.

Alle sind krank. Alle sind infiziert und es gibt kein Heilmittel. Niemand sucht mehr nach einer Lösung. Wahrscheinlich, weil die ganzen schlauen Köpfe bereits verreckt sind. Doch wir sind übrig, wir sind am Leben. Aber es wird nicht mehr lange dauern und wir werden ihnen folgen.

Im ersten Jahr sind unsere Eltern gestorben, doch meine waren schon so lange tot, dass ich mich nicht mehr an sie erinnern konnte. Und mit ihnen wurde die älteren Generationen ausgerottet. Im zweiten Jahr sind die Selbstmordraten gestiegen. Im dritten Jahr ist Hoffnung aufgekeimt und ist mit den vielen Toten gestorben. Und nun befinden wir uns im vierten Jahr. Die Zahl vier scheint mir wie eine Unglückszahl. Ich assoziiere mit dieser Zahl das Ende.

Es ist unser Ende.

Doch wer sind wir? Wer bin ich?

Ich wünschte, ich könnte behaupten, wir wären einige von vielen. Aber das stimmt nicht. Wir sind einige von den Übrigen. Wir gehören zu den Letzten. Die letzte, lebende Generation, wenn man es so bezeichnen will.

Und ich bin auch nur ein Mensch, der übrig geblieben ist. Ich werde bald sterben. Vielleicht heute. Vielleicht morgen. Oder vielleicht nächste Woche. Das weiß niemand. Es kommt so plötzlich und dann ist man tot. Eine Sekunde zuvor war man einer von den Wenigen und kaum war diese eine Sekunde vergangen, war man einer von Vielen. - Tot.

Ich glaube, das sind unsere letzten Tage zusammen. Und die will ich festhalten. Ich will der Welt etwas hinterlassen. Ich will, dass man weiß, dass es uns gegeben hat und dass wir nicht umsonst gestorben sind.

Mein Name ist Sasuke Uchiha und das ist der Anfang vom Ende meiner Geschichte.
 

wash away


 

○ 2 ○

Regen. So viel Regen. So viele dunkle Wolken. Ein dunkler, unendlicher Horizont. Das war das Hier und Jetzt in St. Augustine.

Ich hatte mir schon oft vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn ich gegen den Sturm, den vielen Regen schreien würde, während die Wellen des Meeres sich aufbäumten und gegen die hohen Mauern peitschten – doch es war stets reine Fiktion gewesen. Bis heute. Ich hätte immer gedacht, dass ich mir mächtig vorkommen würde, aber nun, nachdem ich mir die Seele aus dem Leib geschrien und meinem Schmerz Luft gelassen hatte, sank ich mit Tränen in den Augen vor dem leblosen Körper auf die Knie.

Heute war ein stürmischer Tag im April und heute war mein Bruder gestorben. Es passierte so plötzlich, dass ich immer noch die Hoffnung hatte, dass er mir spielerisch auf die Stirn tippt und sich entschuldigt, wie er es früher immer gemacht hat. Aber seine schwarzen Augen waren nur halboffen und aus seinem Mund rann dickflüssiges Blut. Er war tot.

„Sasuke“, hörte ich eine leise Stimme sagen und spürte eine warme Hand auf meiner Schulter, doch ich schlug sie weg, wie ich es eigentlich jedes Mal macht.

Ich brauchte keine Hilfe. Ich brauchte kein Mitleid. Ich brauchte sie nicht. Jetzt brauchte ich einfach nur meinen Bruder, sonst nichts.

„Lass mich in Ruhe“, zischte ich atemlos, ohne mich umzudrehen, sondern starrte auf Itachis regloses Gesicht, „verschwinde!“

„Sasuke, du weißt, dass es so kommen musste“, sprach sie unbeirrt weiter und es klang erbittert, so nüchtern und abgehärtet. Doch ich konnte mir die nebelige Trauer in Sakuras grünen Augen vorstellen und wusste, dass sie die letzte war, die gegen die vielen Tode abgehärtet war. Umso mehr machte es mich wütend, dass sie versuchte, uns beiden etwas vorzutäuschen.

„Warum? Warum?! Warum er? Warum jetzt? Nein, es musste nicht so kommen. Nie!“, grollte ich mit heiser Stimme und ballte meine rechte Hand. Tränen liefen mir über mein Gesicht und versanken im Regen, der uns alle durchnässt hatte.

„Sasuke, bitte.“ Dieser flehende Ton machte mich rasend, obwohl mir bewusst war, dass sie es nur gut meinte. Sakura war eine Person, die es immer gut meinte. Das war ihre Natur. Und deswegen habe ich sie von Anfang an abgewiesen. Ich konnte ihre Natur nicht leiden. Und jetzt auch nicht.

„Hör auf!“, fauchte ich zitternd und begann den Kopf zu schütteln. Alles in mir brach zusammen, nur noch ein einziger Haufen. In meinem Kopf herrschte gähnende Leere, die durch einen einzigen Gedanken gefüllt wurde. Er. Ist. Tot. Er ist tot? Warum er und nicht jemand anderes? Plötzlich fühlte ich Scham, weil ich jemanden anderen anstelle ihm den Tod wünschte, aber ich unterdrückte es, „Hör auf, ich will diese Ausreden nicht hören! Ich will das alles nicht hören!“

Meine Sicht verschwamm umso mehr, ich schloss verkrampft die Augen und ließ das laute Schluchzen raus, das ich bis jetzt zurückgehalten hatte. Ich weinte. Ich weinte und es nahm seinen Lauf. Weil er tot war. Mein Bruder, mein einziger Verwandter, der einzige Mensch, dem ich blind vertrauen konnte, war gestorben.

„Warum, Itachi, warum? Warum hast du mich allein gelassen?“ Sein toter Körper reagierte nicht auf meine vielen Schläge, er reagierte nicht auf mein gewisperten Fragen. Und es regnete immer noch. Der Sturm wütete.

„Sasuke -“ Bei Narutos Worten drehte ich mich letzten Endes doch um, stand wankend auf und blickte ihnen schwach blinzelnd entgegen. Sakura und Naruto. Beide sahen tatenlos zu, weil sie es nicht ändern konnten. Mitleid stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Ich hasste es. Ich hasste es so sehr.

„Naruto, halt dich da raus! Ihr beide sollt euch da raus halten!“, rief ich ihnen finster zu, „Ihr versteht das noch nicht einmal! Naruto, du hattest ja noch nicht einmal so was wie eine Familie! - Wie willst du das verstehen?“

Irgendwie wünschte ich mir, sie hätten es nicht gehört. Sie hatten es aber gehört. Alle beide. Naruto sah fast schon beschämt weg, sagte nichts weiter. Früher hätte er es abgestritten, wir hätten einen Streit angefangen, doch jetzt schwieg er einfach nur und es sah so aus, als würde er sich für etwas schämen, für das er eigentlich nichts kann. Wegen meinen Worten.

„Doch, Sasuke“, meinte Sakura karg und hob seufzend das Kinn, „wir alle wissen, wie sich solche Verluste anfühlen. Wir alle haben geliebte Menschen verloren.“

Mir blieb die Luft weg, die Wut verblasste, wurde vom Regen mitgenommen und hinterließ Leere, die in meiner Brust schmerzte. Sie hatte recht. Vor zwei Wochen war Ino gestorben. Ihre Eltern und Narutos Patenonkel hatte es vor drei Jahren getroffen.

„Könnt ihr mich ein bisschen alleine lassen?“, fragte ich gebrochen, meine Stimme war rau und leise. Mein sonst so unbewegtes Gesicht drückte bloße Trauer aus.

Sie nickten knapp und gingen, ohne sich umzudrehen, doch ich sah ihnen nach, bis sie im Strandhaus verschwunden waren. Sie waren weg und ich war alleine.

Zögernd drehte ich mich wieder um, sah auf den toten Körper hinab und fiel kraftlos auf die Knie. Langsam begann ich es zu begreifen. Ich hatte die Hoffnung, den Wunsch aufgegeben, dass er nochmal die Augen öffnete. Selbst wenn es nur für ein einziges Mal ist. Damit ich mich verabschieden kann. Ich würde mit ihm gerne noch einmal reden. Ich würde mir gerne noch einige seiner Lebensweisheiten anhören. Mir würde es auch schon reichen, wenn er mir einfach noch sein brüderliches Lächeln schenken würde. Aber das würde nie passieren, denn ich hatte tot gefunden.

Seine Augen waren tot und hatten an Farbe und Glanz verloren. Starr blickten sie in den düsteren Himmel, doch ich hatte das Gefühl, dass sie durch den Himmel hindurch blicken würden. Ich hob meine zitternde Hand und streckte sie nach Itachis leichenblassem, teils blutigem Gesicht aus, um zaghaft seine Augen zu schließen. Es würde aussehen, als würde er schlafen, doch das wässrige Blut zerstörte dieses friedliche Bild komplett und sagte nur aus, dass die Krankheit auch ihn eingeholt hatte.

Reglos musterte ich ihn, schloss irgendwann die Augen und hielt mir die linke Hand über die Augen, während mein Schluchzen mich innerlich und äußerlich beben ließ. Es war ein trostloser, unerwiderter Abschied. Aber er dauerte unendlich lang.

Heute war ein stürmischer Tag im April und heute war mein Bruder gestorben.
 

happy sun


 

○ 3 ○

Trostlosigkeit. Melancholie. Trauer. Ich kann es nicht ausstehen. Ich kann es nicht aushalten. Ich kann damit einfach nicht leben. Es macht mich wahnsinnig. Ich hasse es.

Es sind zwei Tage seit Itachis Tod vergangen. Ich habe zwei Tage nicht geredet. Mit niemanden. Ich hatte keinen Grund gehabt. Und sie hatten keinen Grund gehabt mit mir zu reden. Zwei Tage voller Schweigen und Stille. Und ich habe nicht einmal versucht, meinen Mund aufzumachen und etwas zu sagen. Ich habe es noch nicht einmal versucht.

Es war ein düsterer Morgen, doch die Luft war lau und trocken. Der Sturm war weitergezogen, doch der Schaden blieb, es würde wüst aussehen. Vielleicht irrte ich mich ja, aber ich hatte das Gefühl, dass heute die Sonne scheinen würde. Für St. Augustine war das nichts besonderes, aber nach all dem was passiert ist, war es etwas besonderes für mich. Sonne nach den Regentagen.

Es war noch immer ruhig im Strandhaus, als ich leise mein Zimmer verließ und vorsichtig die Treppen runterstieg. Doch als ich dachte, dass niemand wach sei, hatte ich mich geirrt. In Decken gehüllt, mit verschränkten Armen saß Hinata auf der Couch und starrte ins Leere. Ihre Augen waren müde, ihr Gesicht wirkte träge. Doch sie hörte mich kommen.

„Guten Morgen, Sasuke“, begrüßte sie mich mit einem kurzen, viel zu kurzen Lächeln.

Ich sagte nichts. Ich wollte nichts sagen. Selbst jetzt nicht. Ich sah sie still an. Und sie akzeptierte es.

„Naruto ist nicht da. Er sucht Sakura“, sprach sie weiter, ihre Stimme nahm einen beunruhigten Ton an, „sie ist seit gestern Abend weg.“

Und wieder sagte ich nichts, auch wenn ich gerne etwas gesagt hätte. Vielleicht würde sie ja nicht mehr zurückkommen. Vielleicht wollte sie ja nicht gefunden werden. Vielleicht würde eine Suche auch nicht mehr helfen. Vielleicht war sie ja weg.

Hinata und ich sahen uns lange an. Länger als sonst. Auch dieser Augenblick verging. Scheu sah sie weg. Und ich verließ das Haus. Ich wusste nicht warum. Vielleicht um sie zu suchen. Vielleicht um etwas zu suchen. Aber in diesem Moment wusste ich einfach nicht warum.

Das Meer war ruhig. Der Sand, der Kilometer weit reichte, war dunkel und nass. In der Ferne ging die Sonne, doch noch war der Himmel bewölkt. Es war nicht schwer, die kleine, am Boden sitzende Gestalt mit hellen Haaren als Sakura zu identifizieren und ich fragte mich, ob Narutos Augen versagt hatten, als er sie gesucht hatte.

Fast schon automatisch steuerte ich auf sie zu und sie bemerkte mich erst, als mein Schatten auf sie fiel. Erschöpft reckte sie den Kopf, ihre grünen Augen musterten mich und sie lächelte besonnen.

„Setz dich zu mir“, forderte sie mich auf. Ich konnte nichts aus ihren Augen lesen und nichts aus ihrer Stimme hören. Wenn Sakura nicht Sakura wäre, hätte ich gesagt, dass sie monoton wäre. Ich reagierte nicht, sondern runzelte ganz leicht die Stirn. „Na los, es ist nicht so nass. Der Boden ist warm. Setz dich, Sasuke.“

Sie klopfte neben sich auf den Sand und rückte sogar etwas weg, wollte wahrscheinlich ihre Distanz mir gegenüber zeigen. Ich setzte mich, zwischen uns lag ein halber Meter und wir sahen uns nicht an, sondern aufs weite Meer hinaus.

„Jetzt sind schon drei Jahre her“, hörte ich Sakura sagen und sie klang verblüfft, aber irgendwie auch betrübt, „ich kann es immer noch nicht fassen.“

Ich wusste, worauf sie hinaus wollte. Sie redet selten über den Tod ihrer Eltern. Mit mir gar nicht. Vermutlich, weil sie in mir nicht den richtigen Gesprächspartner sieht, was solche Dinge anbelangt. Und sie hat recht.

Sakura räusperte sich leise. „Kurz bevor mein Vater gestorben war“, erzählte sie und ich hatte das Gefühl, sie würde flüstern, „hatte ich ihn gefunden. Er hatte mir in die Augen gesehen und ich hatte gesehen, dass er noch gelebt hatte. Und weißt du, was er gesagt hatte?“

Der Wind wehte uns durch die Haare. Er war warm, aber stark, dass er eine Gänsehaut verursachte und meine Nackenhaare sich aufstellten. Der Moment war so idyllisch, alles schien perfekt. Aber es war zu ruhig, die Möwen fehlten. Sie waren tot. Deswegen war es nicht perfekt.

„Was?“, fragte ich heiser und es war seit zwei Tagen das erste Mal, dass ich wieder etwas gesagt hatte. Sie hatte mich zum Reden gebracht. Sie hatte eine Antwort gewollt, sie hatte sich diese Antwort verdient.

„Nichts“, erwiderte Sakura und lachte leise, während sie mich ansah und ich verstört zurückblickte, „er hatte nichts gesagt. Ich auch nicht. Wir hatten uns lediglich angesehen. Dann war er gestorben.“

'War's das?', wollte ich sie fragen, doch ich war mir sicher, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war. Sie vertraute sich mir an, irgendwie. Ich wollte es nicht ausnützen. Heute nicht. Ich sah wieder weg, sie nicht. Vielleicht suchte sie eine Regung in meinem Gesicht, das sich wieder geglättet hatte.

Anschließend wandte sie sich von mir ab, senkte den Blick und zog die Beine an ihren Körper, machte sich noch kleiner, als sie es ohnehin schon war. Sie lachte nicht mehr, lächelte nicht mehr und der Anflug von Heiterkeit war verschwunden. Ich kannte diesen Ausdruck, wenn alles in einem zusammenbrach, man es aber nicht ausdrücklich zeigen konnte.

„Vielleicht hätte ich meine Chance ergreifen und etwas sagen sollen. So etwas wie 'Ich liebe dich' oder so. Ich wünschte, ich hätte es getan. Wir hatten uns am selben Tag noch gestritten und nicht versöhnt. Wer weiß, vielleicht war das sein Grund gewesen, seine letzten Worte zu verweigern?“ Sie starrte reglos in den Sand, so dass ich mich fragen musste, ob sie überhaupt wusste, was sie da sagte. „Ich würde ihm so gerne sagen, wie leid es mir tut und wie sehr ich ihn vermisse. Und ich bereue, es früher nicht getan zu haben.“

Ich weiß nicht warum, aber in diesem Moment tat sie mir unendlich leid. Weil sie seit drei Jahren bodenlose Reue, ein schlechtes Gewissen mit sich trägt und ich weiß, wie diese Reue und dieses schlechte Gewissen sich anfühlen.

Jetzt, wo ich Sakura so gequält sah, realisierte ich zum ersten Mal bewusst, dass es jedem von uns schlecht ging. Sie hatte vor zwei Tagen recht behalten, als sie gemeint hatte, dass wir alle wissen würden, wie sich so ein Verlust anfühlt. Vielleicht war es Sinn und Zweck, dass wir uns gegenseitig leid taten und Mitleid miteinander hatten. Wir hatten ja nur noch uns.

„Was ich damit sagen will, ist“, sie riss mich aus meinen Gedanken und seufzte leise, „dass ich, egal was passiert, nicht denselben Fehler machen werde wie mein Vater. Ich werde mir alles von der Seele reden und mit allem abschließen. Damit nichts umsonst war.“

Trotz allem glaube ich, dass sie besser mit allem umgehen kann als ich und die anderen. Sie hat sich von uns vier am meisten geändert. Sie ist aus ihrer rosaroten Welt in die Realität gestürzt. Unter uns war sie neben Naruto die, die am meisten an ihren Träumen und Zielen hing, sie war auf dem besten Weg sich hinzuarbeiten. Ich glaube, Sakuras Sturz hat am längsten gedauert und der Aufprall war umso härter.

„Warum erzählst du mir das alles?“, fragte ich zögernd und warf ihr einen kurzen Seitenblick zu.

„Weil ich es will“, antwortete sie ohne groß nachzudenken und lächelte mich an. Es war ein ehrliches Lächeln, das sofort wieder verschwand. Gemächlich stand sie auf, klopfte sich den Sand von ihrer Kleidung und streckte sich ausgiebig. „Ich geh dann mal, Hinata macht sich bestimmt Sorgen.“

Sie ging tatsächlich. Ohne mich. Wir beide wussten, dass etwas zwischen uns war. Diese Distanz. Und sie hatte aufgegeben, etwas dagegen zu tun. Sie kannte mich zu gut.

Ich drehte den Kopf und sah ihr nach. „Sakura?“

„Ja?“ Sie machte eine Drehung und blieb stehen. Selbst wenn zwischen uns ein paar Meter lagen, sah ich ihre Augenringe, die mir nicht aufgefallen waren, als sie noch neben gesessen war. Sie war die ganze Nacht hier gewesen.

„Hat Naruto dich gefunden?“, rief ich und legte den Kopf schief, legte meine Stirn in Falten.

„Hat er“, meinte sie nickend und blinzelte ein paar Mal, als würde sie nachdenken, „aber er ist wieder gegangen.“

Kurzer Blickkontakt, dann drehte sie sich um und verschwand endgültig. Ich sah wieder aufs Meer, dann in den Himmel. Und die Sonne durchbrach die dunkle Wolkendecke.

Am Abend hatten wir uns alle am Esstisch versammelt, wie wir es immer zum Abendessen taten. Jeder hatte sich das genommen, was er essen wollte, ein einheitliches Abendessen gab es nicht. Während ich mich an Bohnen aus der Konserve hielt, aß Hinata trockene Kräcker und Sakura hatte sich auf Fruchtsalat beschränkt, ebenfalls aus der Konserve.

Nur Naruto fehlte. Er meinte er würde etwas holen. Etwas großartiges, eine Überraschung. Für uns alle. Und es war großartig. Es war eine Überraschung. Wie er es uns versprochen hatte.

Mit einem breiten Grinsen trat er an den Tisch, hielt eine große, rote Tüte in der Hand und mit einem Mal schüttete er den gesamten Inhalt aus. Hinata hielt sich den Mund zu und auf Sakuras Gesicht bildete sich ein herzliches Lächeln. Ich musste auch ganz leicht lächeln, meine Augen hatte sich geweitet.

Zaghaft griff ich nach einer Packung Gummibärchen und sah sie mir genauer an. Haribo. Cherryoca. So haben sie früher die Sorten genannt? Ich kann mich nicht mehr an die Namen erinnern. Dabei sind es so komische Namen.

„Sasuke lächelt? Dass ich diesen Tag noch miterlebe, hätte ich nicht gedacht!“, lachte Naruto ausgelassen und ich verzog automatisch mein Gesicht.

„Sei leise“, murrte ich ohne ihn anzusehen und blickte stur auf die Gummibärchen.

Sein Lachen klang mit einem seligen Seufzen ab und es herrschte Stille, nur leises Rascheln war zu vernehmen, weil wir uns die vielen Sachen ansahen.

„Wo hast du das alles gefunden?“, fragte Sakura verblüfft, während sie die riesige Packung Marshmallows in ihrer Hand untersuchte, „Alle Läden in der Nähe haben wir bereits leer geräumt!“

„In einem kleinen Kiosk am Rande. Der war so klein, das wir ihn wahrscheinlich übersehen haben. Und einen Lager hat er auch noch“, erklärt er stolz und sie nickte stumm, „und... das habe ich auch noch gefunden!“ Aus seinem Haufen suchte er eine kleine Metalldose und lächelte kurz vor sich hin. „Zimtröllchen. Die Verpackung sieht edel aus, vielleicht sind sie ja noch essbar.“ Mit diesen Worten reichte er die Dose Hinata, die ihm diese vorsichtig abnahm und sie beäugte.

Unglaublich, dass er daran denkt, ob sie noch essbar sind oder nicht. Anfangs hatte er sich an bestimmten Dingen noch den Magen verdorben. Unglaublich, dass er Hinata ein Geschenk macht, ohne zu wissen was das in ihr auslösen könnte.

„Danke, Naruto“, meinte sie anschließend und sie klang so aufrichtig glücklich, dass man sie beneiden könnte. Wer es schafft in Zeiten wie diesen so glücklich zu sein, muss sich keine Sorgen um den nächsten Tag machen. Deswegen ist es ja auch so beneidenswert.

Aber ich konnte behaupten, dass sogar ich ein bisschen glücklich war. Ich hatte seit Jahren keine Süßigkeiten gesehen und jetzt stapelten sich Gummibärchen, simple Kekse, Bonbons und Kaugummis vor uns. Es klang so schlicht und normal, wenn ich zurückdenke und plötzlich schien mir alles so absurd, einfach erbärmlich. Aber irgendwie musste ich es aus einem ganz anderen Blickwinkel sehen und dann war es wieder okay. War es okay sich für kleine Dinge zu freuen? Ja.

„Ich finde, wir sollten heute nicht alles essen, sondern es schön verteilen“, begann Sakura zögernd, aber ihr Blick sprach Bände – ich konnte aus ihren Augen lesen, dass sie alles essen und probieren wollte, „damit wir jeden Tag etwas davon haben. Es wäre doch schade, wenn wir heute Bauchschmerzen bekommen und morgen nichts davon haben, oder?“

Wir nickten, wir waren uns einig. Die mühsamen Diskussionen von früher fielen aus, irgendwie war das angenehm..

„Aber trotzdem“, meinte Naruto grinsend, griff nach Leibnizkeksen und machte die rot-gelbe Packung auf, „sollten wir uns heute etwas gönnen!“

Der heutige Abend war ein besonderer Abend. Ein besonderes Abendessen. Zum ersten Mal teilten wir wieder etwas, ohne verschwenderisch zu sein. Sie redeten während dem Essen wieder, während ich ihnen zufrieden zuhörte. Aus unserem Strandhaus würde man lautes Lachen hören können, wenn es außer uns noch jemanden geben würde. Die Luft hier roch nach Süßigkeiten. Nach Kirsche, Cola, Zimt, Zucker, undefinierbaren Früchten und Gebäck.

Zum ersten Mal seit langem hatte ich mich wieder bei Naruto bedankt, hatte ihm in die Augen gesehen und nichts stand zwischen uns. Als wären wir schon immer beste Freunde gewesen, als wäre es ganz natürlich.

Zum ersten Mal seit langem habe ich wieder Gummibärchen mit Colageschmack gegessen und habe gemerkt, wie sehr ich die alten Zeiten eigentlich vermisse. Und ich habe Sakura die Kirschen gegeben, weil ich weiß, dass sie Kirschen mag.

Ich glaube, heute, zum ersten Mal seit langem, waren wir alle zusammen wieder glücklich. Wenn auch nur ein bisschen.
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, ja. xd Es ist ziemlich kurz, ich weiß. Aber mehr kann ich in den Prolog auch nicht packen, was ich sogar sehr schade finde. ;A; Trotzdem kriegt man einen schönen Einblick in Sasukes kaputte und fast schon melancolische Gedankenwelt, was ja Ziel und Zweck war - die Länge hat halt nicht so ganz mitgespielt. Naja, das erste Kapitel wird länger, versprochen. (:

~ Tjamad. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Lieben! ♥

Danke für 11 [naja, eigentlich 7^^] Kommentare und 19 Favoriten! (: Freut mich, dass es euch gefällt und sich einige von, obwohl sie das ein oder andere Genre nicht so gern mögen, trotzdem an diese FF herantrauen.
Leider ist das 1te Kapitel mit knapp über tausend Wörtern ziemlich kurz, aber ich habe wirklich versucht alles rauszuholen, was ging. Doch too much wäre auch nicht toll gewesen, deswegen bleibt es jetzt einfach so. ^^
Über dieses Kapitel musste ich mir wirklich viele Gedanken machen. Warum? Weil ich versucht habe, mich bestmöglich in Sasuke hineinzuversetzen, der erneut einen großen Verlust erlitten hat. Durch den letzten Satz wollte ich alles noch einmal abrunden und meiner Meinung nach, klingt es richtig apathisch, was mir insgeheim sogar etwas gefällt. Also ich bin zufrieden, irgendwie. c:

~ Tjamad. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, liebe Leser! ♥

Ich danke euch für 14 Kommentare und 25 Favos, das bedeutet mir echt viel. (: Wie der eine oder andere unter euch gesehen hat, nehme ich an dem Wettbewerb » Mein Meisterwerk « teil, weil ich einfach so ein gutes Gefühl mit dieser FF habe und wirklich viel in die gesamte Geschichte reinstecke. ~
Und - wie ihr sehen könnt - ist dieses Kapitel auch länger. xd Doppelt so lang, um genauer zu sein. Damit bin ich eigentlich ganz zufrieden, aber ich arbeite mich noch höher. (:
Danke, dass ihr wieder reingelesen habt. :3 Ich freue mich auf Kommentare und viele neue Leser! ♥

~ Tjamad. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (19)
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Von:  nini_chan
2014-03-15T20:14:39+00:00 15.03.2014 21:14
Der Ansatz gefällt mir sehr gut!
Allerdings hattest du mich schon bei der Chara-Beschreibung in der Tasche, bin ein großer Fan von 30 stm ;)
Ich bin gespannt wie sich die Story entwickelt!
VlG
Von:  L-San
2014-03-12T00:35:36+00:00 12.03.2014 01:35


Hallo!

Zuerst einmal - SasuSaku ist überhaupt nicht mein Fall, aber ich gebe jeder Geschichte die Chance gut zu sein, und allein deine Kurzbeschreibung hat mich dazu motiviert, mich an diese FF zu wagen.
Ich muss doch sagen, dass sie wirklich sehr interessant klingt und Themen anspricht, die mich einfach interessieren, besonders weil ich solche Sachen nicht oft finde.
Dann muss ich sagen, dass mir die Formatierung gut gefällt.
Wirkt so übersichtlich und ist einfach ein Blickfang.

Ich hab bis jetzt nur den Prolog gelesen und werde - wenn ich demnächst wieder Zeit habe - weiterlesen.
Ich war doch überrascht vom Inhalt.
Dass die ganze Geschichte auch noch in naher Zukunft spielt ... interessant.
Mehr kann ich nun nicht mehr sagen, nur dass du wirklich meine Neugierde geweckt hast.
Auch dein Schreibstil finde ich gut.
Klingt eben schön flüssig und hört sich gut an, zumindest der erste Eindruck.
Wirklich Kritik habe ich keine.
Hut ab, sonst habe ich fast immer was auszusetzen.^^
Und über Kleinigkeiten kann man getrost hinwegsehen.
Bis zum nächsten Mal!


LG
L-San


Von:  MiezMiez
2014-03-11T10:12:14+00:00 11.03.2014 11:12
Hallo,
ein wirklich schwieriges Thema, welches du hier beschreibst. Bisher ist dir dies aber sehr gut gelungen und auch dein Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen.
Bin sehr gespannt wie es weiter geht.
lG MiezMiez
Von:  vanille-honig
2014-03-09T15:09:27+00:00 09.03.2014 16:09
Hallöchen!
Du kannst dieses schwierige Thema echt gut beschreiben und die Gefühle von jedem wiedergeben. Man kann sich sehr gut hineinversetzten. Ich bin so begeistert. Bitte Bitte schreib bald weiter. Ich werde deine Kapiteln auf jeden Fall lesen :)
Von: abgemeldet
2014-03-09T15:03:08+00:00 09.03.2014 16:03
Hey, gute Arbeit.
Das Kapitel hat mir wieder mal sehr gefallen und ich fand die Idee mit den Süßigkeiten schön :) Ich finde, das ganze kam der anfänglich so bedrückenden Spannung und Last auf den vieren recht gut und man hat dieses kleine Glück fast schon spüren können. ^^ Ich weiß nicht genau wie du das machst, ob es an dem Hintergrund der Story oder den passend gewählten Worten liegt... es ist wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, die sehr gut miteinander harmonieren. Denn ich empfang am Anfang des Kaps wirklich so etwas wie beklemmende Leere, die der Situation der Jugendlichen auch entspricht. Ich finde, die Emotionen sind dir hier mal wirklich gut gelungen und freu mich für dich, dass du Fortschritte bei der Kapitellänge machst ;) Weiter so, und bis zum nächsten Mal ♥ :D

LG Lizz
Von: abgemeldet
2014-03-03T18:21:18+00:00 03.03.2014 19:21
Hey :D
Freut mich, dass es weitergeht! :3
Ich finde das erste Kapitel klasse, auch Sasukes Emotionen kamen sehr gut rüber. Dass er die Hand von Sakura wegschlägt, oder allgemein, sehr distanziert reagiert, ist dir ebenso gelungen :D außerdem Drama pur. Itachi ist gestorben, Sakuras Eltern, Ino und noch viele mehr ... das war schon überraschend, aber ich finde den Einstieg ziemlich passend. Sakuras Abgeklärtheit ist interessant. Ich bin gespannt, wie sich deine Charas noch entwickeln werden.
Das Kapitel war vielleicht etwas kurz, aber dafür hast du deine Leser ja gar nicht allzu lange warten lassen ;) Die Länge ist auch hier wieder in Ordnung und passend, du redest nicht um den heißen Brei herum und ich mag das. Mir sind da allerdings paar Grammatikfehlerchen aufgefallen, glaub so um die 3-4, dennoch im positiven Rahmen, so dass sie nicht groß auffallen oder gar den Lesefluss stören ;) Nur bei einem:
"Ich hätte immer gedacht, dass ich mir mächtig vorkommen würde, aber nun, nachdem ich mir die Seele aus dem Leib geschrieben und meinem Schmerz Luft gelassen hatte, sank ich mit Tränen in den Augen vor dem leblosen Körper auf die Knie." ... du meintest doch sicher "geschrien", oder? ;) Wie dem auch sei, du hast meine "Erwartungen" vollends erfüllt :D vllt. sogar schon übertroffen. :DD Weil ich mag es. Sehr sogar ^^ Und der Abschluss:
"Heute war ein stürmischer Tag im April und heute war mein Bruder gestorben." ...ist dir richtig gut gelungen :D
Mach weiter so! Und ich freue mich, bald wieder etwas von dir zu lesen ^^

Ganz liebe Grüße
lizz
 
Antwort von:  Tjamad
04.03.2014 20:53
Hallu. :3

Ehrlich gesagt fand ich es ziemlich schwer, Sasuke Sasuke sein zu lassen, aber ihm eine gewisse Schwäche zu geben, die man sonst irgendwie... [teilweise] verschluckt. Itachis Tod hat ihn natürlich gebrochen, deswegen: Drama, Baby! :'D
Ich mag es nicht, wenn andere Sakura naiv und unbeholfen darstellen, denn das ist sie nicht. Und den Umständen und ihrem Alter gemäß habe ich ihr auch noch die nötige Reife gegeben, doch ich weiß nicht, ob sie vielleicht noch ihren emotionalen Tiefpunkt erreichen wird. ~
Oh je, das habe ich total überlesen! Hab's sofort ausgebessert! x'd
Sogar übertroffen? Gott, wie mich das freut! *O* Hoffentlich bleibt das auch so... (;

~ Tjamad.
Von: abgemeldet
2014-03-03T17:55:11+00:00 03.03.2014 18:55
Mir war klar, dass viele sterben würden, aber
gleich Itachi und Ino und Sakuras Eltern und...
Das hätte ich jetzt echt nicht erwartet *-*

LG LaYout
Antwort von:  Tjamad
04.03.2014 20:45
Jaa, und der Rest. o-o Und sie sind nicht die letzten...

~ Tjamad.
Von: abgemeldet
2014-03-03T12:51:17+00:00 03.03.2014 13:51
Super!!
Bin gespannt wie es weiter geht!
Antwort von:  Tjamad
04.03.2014 20:44
Danke, danke. (:
Von:  bamelinchen
2014-03-01T07:27:22+00:00 01.03.2014 08:27
Toller Anfang! Und das Thema ist auch klasse, weil es gar nicht so verkehrt und unrealistisch ist. Mal sehen wie du das ganze aus Sasukes Sicht umsetzen. Freue mich schon noch mehr von dir zu hören. ^^
Antwort von:  Tjamad
02.03.2014 18:26
Dankeschön! ^3^ Schön, dass es dir gefällt, es freut mich wirklich. (:

~ Tjamad.
Von:  Sampaguita
2014-02-28T21:55:04+00:00 28.02.2014 22:55
Mir gefällt der Prolog super!!

Baut mächtig Spannung auf bin gespannt wie es weiter geht! :)
Antwort von:  Tjamad
02.03.2014 18:20
Danke, freut mich! (:

~ Tjamad.


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