Mesh Of Lies von kleines-sama (DoflamingoxCrocodile (AU)) ================================================================================ Kapitel 14: Kapitel 7 (zensiert) -------------------------------- Crocodile saß in der Badewanne und hatte seine beiden Augen geschlossen. Auf dem Wannenrand stand ein leer getrunkenes Weinglas, auf dem Fußboden eine nur noch halb volle Flasche Wein. Leise seufzend öffnete Crocodile seine Augen, richtete sich auf und griff nach ihr. Dieses Mal machte er sich nicht einmal die Mühe, den Wein vorher ins Glas zu schütten; er trank ihn aus der Flasche. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte Crocodile sich so schrecklich verzweifelt gefühlt wie in dieser Situation. Seinen Verlobungsring hatte er abgenommen, ehe er in die Badewanne gestiegen war, und im obersten Fach des Spiegelschrank über dem Waschbecken verstaut. Er war sich dessen bewusst, dass er ihn wieder überstreifen musste, sobald er das Badezimmer verlief, doch jetzt gerade wollte er ihn nicht sehen. Was sollte er bloß tun? Crocodile wusste einfach keinen Ausweg. Wenn er Doflamingo heiratete, was früher oder später geschehen würde, dann erfuhr dieser von seinen Schulden in Höhe von mehr als 350.000 Berry. Und all die Lügen, die er diesem in den letzten Wochen und Monaten aufgetischt hatte, würden auffliegen. Er konnte dieses furchtbare Finale nicht aufhalten, bloß möglichst weiter aufschieben. Es war absolut unvermeidbar. Vielleicht, dachte Crocodile und wischte sich mit der rechten Hand über den Mund, könnte er Doflamingo dazu bewegen, ihre Hochzeit erst in einigen Jahren stattfinden zu lassen. Wenn er es schaffte, bis dahin all seine Schulden zu tilgen, bestünde die Möglichkeit, dass dieser die Wahrheit niemals erfuhr. Manche Paaren genossen doch lange ihre Verlobung, ehe sie heirateten, nicht wahr? Eine Hochzeit benötigte immerhin auch eine gewisse Vorbereitungszeit. Mindestens ein Jahr könnte er bestimmt für sich herausschlagen. Doch wie sollte es ihm gelingen, innerhalb von nur zwölf Monaten 350.000 Berry aufzutreiben? Er war doch inzwischen arbeitslos! Crocodile setzte die Weinflasche erst wieder ab, als sie komplett leer getrunken war. Er ließ seinen Körper zurück in das angenehm warme Wasser gleiten und fragte sich, wie er es bloß vollbracht hatte, sein Leben so schrecklich zu ruinieren. Seine Arbeit hatte er verloren, horrende Schulden saßen ihm in Nacken und nun stand sogar seine Beziehung zu Doflamingo auf dem Spiel! Konnte es noch schlimmer werden? Gedämpft konnte Crocodile die Stimme seines... seines Verlobten hören, der im Gang aufgeregt auf und ab ging. Kaum waren sie ins Ferienhaus zurückgekehrt, hatte Doflamingo nach seinem Handy gegriffen und all seinen Freunden mitgeteilt, dass er den Heiratsantrag angenommen hatte. Währenddessen hatte er selbst sich ins Badezimmer zurückgezogen und badete nicht bloß in wohlduftendem Wasser, sondern gleichzeitig auch in Selbstmitleid. Er hoffte, der Konfrontation mit seinem Partner so lange wie nur möglich entgehen zu können. Leider wurden seine Hoffnungen rasch enttäuscht. Er hörte, wie Doflamingo an die geschlossene Badezimmertüre klopfte und meinte: "Croco, machst du dich fertig? Es gibt gleich Abendessen!" "Gib mir eine Minute!", gab Crocodile zurück und bemüht sich um eine neutral klingende Stimmlage. Anschließend seufzte er leise und stieg aus der Badewanne. Sofort breitete sich Gänsehaut auf seinem ganzen Körper aus. Er fühlte sich furchtbar! Lustlos griff Crocodile nach einem Handtuch und rieb seinen Körper trocken, ehe er in seinen Bademantel schlüpfte. Beinahe vergaß er, seinen Verlobungsring wieder aufzustecken. Das war zwar mit nur einer Hand nicht ganz einfach, doch Crocodile besaß eine Menge Übung darin. Eigentlich trug er gerne Ringe. Draußen im Gang wartete sein Verlobter, der ihn überschwänglich umarmte. "Zu Abend gibt es gebackene Austern und Kaviar", verkündete dieser mit fröhlicher Stimme. "Und dazu ein schönes Glas Champagner. Wir müssen unbedingt auf unsere Verlobung anstoßen! Oh, Wani, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich ich bin!" Crocodile lächelte zaghaft. "Doch, ich denke, das kann ich", erwiderte er. "Lass mich nur eben in angemessene Kleidung schlüpfen, ja? Etwas so edles wie Kaviar sollte man nicht im Bademantel essen." "Ach, wieso denn nicht?", warf Doflamingo ein, legte den Arm um seine Hüfte und dirigierte ihn in Richtung Esszimmer. "Wir sind hier doch ganz unter uns. Es gibt keinen Grund, um sich zu genieren. Außerdem denke ich, dass Kleidung spätestens beim Verzehr des Desserts bloß hinderlich sein wird." "Dessert?", hakte Crocodile mit zusammengezogenen Augenbrauen nach. Hatte sein Partner etwa wieder einmal nicht im Kopf, dass er Süßes überhaupt nicht zu sich nehmen durfte? Und worauf wollte dieser eigentlich hinaus? Doflamingo grinste lüstern. "Keine Sorge, dein Magen wird keinen Schaden nehmen", meinte er und ließ seine Finger ungefragt unter Crocodiles bloß bis zur Mitte der Oberschenkel reichenden Bademantel gleiten. Frech kniff er ihm in eine Pobacke. "Doflamingo!", zischte Crocodile und befreite sich rasch aus dem Griff seines Partners. Er spürte, dass sich Röte auf seinen Wangen ausbreitete. Doflamingo kicherte. "Ist ja schon gut", meinte er in einem versöhnlichen Tonfall. "Zuerst sollten wir zu Abend essen. Danach erst werde ich dich vernaschen. Versprochen!" Crocodile rollte mit den Augen, doch erwiderte nichts auf diesen platten Spruch. Inzwischen hatten sie sowieso das Esszimmer erreicht. Crocodile warf einen neugierigen Blick auf den bereits gedeckten Tisch; er hatte noch nie zuvor Kaviar gegessen. Crocodile bemühte sich während des Abendbrots darum, einen möglichst unbekümmerten und glücklichen Eindruck zu erwecken. Doflamingo sollte nicht erfahren, wie schlecht es ihm in Wirklichkeit ging. Auch auf Geschlechtsverkehr hatte er heute keine sonderlich große Lust, doch er wollte seinen Partner nicht vor den Kopf stoßen, indem er diesem ausgerechnet am Tag ihrer Verlobung den Sex verweigerte. Also würde er sich dazu durchringen, mitzumachen und sich seinen Unwillen nicht anmerken zu lassen. "Auf unsere Verlobung", sagte Doflamingo mit freudiger Stimme und stieß sein Glas Champagner gegen das seines Partners. "Auf unsere Verlobung", erwiderte Crocodile und zwang sich dazu, den Champagner nicht gleich in einem Zug auszutrinken. Obwohl dies vielleicht gar keine so schlechte Idee war: Vielleicht könnte er dem Geschlechtsverkehr mit seinem Partner entkommen, indem er aus purer Freude natürlich ein paar Gläser über den Durst trank? Gedanklich wägte Crocodile ab, ob er diesem zutraute, Sex mit ihm zu haben, während er sturzbetrunken war. Eine solche Situation hatte es in ihrer Beziehung zuvor nie gegeben. "Woran denkst du?", fragte Doflamingo ihn neugierig. "Ach, an alles Mögliche", meinte Crocodile rasch und schüttelte geistesabwesend den Kopf. "Ich kann es kaum fassen, dass wir beide jetzt verlobt sind. Mit einem Heiratsantrag habe ich, ehrlich gesagt, gar nicht gerechnet gehabt." "Man hat gemerkt, dass du überrascht warst, als ich am Strand vor dir auf die Knie gegangen bin", meinte Doflamingo und griff nach einer der Austern, die auf seinem Teller lag. "Einen Augenblick lang dachte ich sogar, dass du meinen Heiratsantrag ablehnen würdest. Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich gewesen bin, als du endlich Ja gesagt hast." "Es, ähm, war ein sehr bewegender Moment", erwiderte Crocodile, der nicht so recht wusste, was er sagen sollte. "Freust du dich denn?" "Natürlich", sagte Crocodile rasch, der wusste, dass es sich bei dieser um die einzig richtige Antwort handelte. "Unsere Verlobung ist zwar recht unerwartet für mich gewesen, aber selbstverständlich freue ich mich sehr." Wenn er Doflamingo gegenüber betonte, dass er mit dessen Heiratsantrag überhaupt nicht gerechnet hatte, könnte er womöglich eine längere Wartezeit bis zur Hochzeit für sich herauschlagen. "Dabei habe ich mich zuvor so sehr darum bemüht, ein paar Andeutungen zu machen", murmelte Doflamingo und nippte an seinem Champagner. "Nun ja, wie auch immer... Hauptsache du hast meinen Antrag angenommen und bist glücklich. Alles Andere ist unwichtig." Crocodile zwang sich dazu, zustimmend zu nicken, und wandte sich endlich seinem eigenen Teller zu. In ihren krummen Schalen lagen einige gebackene Austern, daneben stand ein kleines Töpfchen, das Kaviar enthielt. Skeptisch musterte Crocodile die winzigen, schwarzen Perlen. "Magst du Kaviar nicht?", fragte ihn sein Verlobter, als er seine Zurückhaltung bemerkte. "Ehrlich gesagt, habe ich noch nie welchen probiert", gab Crocodile zurück und griff nach seiner Gabel. "Nein, nein!", warf Doflamingo hektisch ein, ehe sein Partner dazu kam, die teure Delikattese zu probieren. "Nicht mit der Metallgabel. Metall verändert den Geschmack. Kaviar sollte mit Keramik- oder Glasbesteck gegessen werden." "Ähm, oh, okay", erwiderte Crocodile und legte die Metallgabel zur Seite, griff stattdessen nach derjenigen aus Keramik, die ebenfalls an seinem Platz lag. Er hatte überhaupt nicht gewusst, dass Metall den Geschmack von Kaviar veränderte. Auch wenn Crocodile sich wegen seiner eigenen Unwissenheit schämte (manchmal merkte man eben doch, dass er eigentlich gar nicht aus der Oberschicht stammte), bemühte er sich darum, sich sein Unwohlsein nicht anmerken zu lassen. Rasch tat sich Crocodile eine kleine Portion auf die Keramikgabel und schob sich den Kaviar dann mutig in den Mund. Er schmeckte fürchterlich. Am liebsten hätte Crocodile die Fischeier gleich wieder ausgespuckt, doch weil er Etikette zeigen wollte, zwang er sich mit viel Mühe dazu, sie hinunterzuschlucken. "Ich nehme an, dass der Kaviar dir nicht geschmeckt hat?", meinte Doflamingo und kicherte leise. Anschließend schob er sich selbst eine Gabel mit der edlen Delikatesse in den Mund und schluckte sie genüsslich hinunter. "Wie kommst du denn darauf?", gab Crocodile mit zynischer Stimme zurück und wischte sich mit der Serviette über den Mund. "Wieso bloß kaufen die Leute dieses Zeug? Ich habe immer gedacht, dass es absolut köstlich schmecken muss, aber das ist definitiv nicht der Fall." "Mit Kaviar verhält es sich genauso wie mit Alkohol", erklärte Doflamingo noch immer grinsend. "Beim ersten Mal ist es immer am schlimmsten. Wenn du ihn zwei- oder dreimal probiert hast, wird er dir besser schmecken, das kannst du mir glauben. Man kann ihn auch mit Crackern oder anderen Teigwaren zusammen essen." "Lieber nicht", erwiderte Crocodile und warf dem kleinen Töpfchen mit den schwarzen Fischeiern einen unwilligen Blick zu. "Ist schon gut", sagte Doflamingo mit sanfter Stimme. "Du musst ihn natürlich nicht essen, wenn du nicht möchtest. Vielleicht schmeckt dir aber auch einfach diese Art nicht. Es gibt unterschiedliche Arten von Kaviar. Dieser hier ist vom Belugastör. Es handelt sich um den teuersten Kaviar der Welt; der Preis für ein Kilogramm liegt bei etwa 7.000 Berry. Aber auch andere Störarten liefern Kaviar, zum Beispiel der Ossietrastör. Sein Kaviar schmeckt würziger." Crocodile biss sich beinahe selbst auf die Zunge, als er seinen Verlobten reden hörte. Was erzählte ihm dieser da? Ein Kilogramm Kaviar kostete satte 7.000 Berry? Skeptisch betrachtete Crocodile das Töpfchen mit den kleinen, schwarzen Perlen, das vor ihm auf dem Tisch stand. Er versuchte abzuschätzen, um wie viel Gramm es sich wohl handeln mochte. Er rechnete sich aus, dass, wenn es sich um etwa fünfzig Gramm handelte, er gerade eben eine Mahlzeit im Wert von 350 Berry ausgeschlagen hatte. 350 Berry, wiederholte Crocodile gedanklich, für dieses widerliche Zeug. Es war echte Ironie, dass ihm Schulden in Höhe von 350.000 Berry im Nacken saßen, und ihm eine Delikatesse im Wert von 350 Berry nicht gut genug war. Er lebte in einer verkehrten Welt. "Ich denke, einen zweiten Versuch kann ich ruhig wagen", meinte Crocodile, weil er hunderte Berrys nicht einfach zum Fenster hinaus werfen wollte. "Vielleicht hast du ja Recht und der Kaviar schmeckt mir besser, wenn ich mich erst einmal an seinen Geschmack gewöhnt habe." Also griff er erneut nach seiner Keramikgabel und schaufelte sich eine zweite Portion Kaviar in den Mund. Sofort bereute er seinen Mut. Angewidert verzog Crocodile das Gesicht und schluckte nur widerwillig das teure Gut hinunter. "Du hast gelogen!", warf er seinem Verlobten vor, als er den widerwärtigen Geschmack rasch mit ein wenig Champagner aus seinem Mund spülte. "Es schmeckte genauso widerlich wie beim ersten Mal! Bäh! Also, man müsste mir schon Geld bezahlen, damit ich dieses Zeug esse!" "Geschmäcker sind verschieden", gab Doflamingo schulterzuckend und noch immer leicht grinsend zurück. "Ich jedenfalls bin ganz verrückt nach Kaviar." Sie sprachen über dieses und jenes, während sie ihr Abendbrot fortführten. Crocodile schob sein Töpfchen mit Kaviar hinüber zu seinem Verlobten, der es mit Freude entgegennahm; er selbst hielt sich lieber an die gebackenen Austern. Als sie fertig waren, stupste ihn Doflamingo unter dem Tisch vorsichtig mit seinem Fuß an. Überrascht stellte Crocodile fest, dass dieser seine Schuhe und Socken ausgezogen haben musste, denn genauso wie er selbst war er nun barfuß. Doflamingo fuhr mit seinen Zehen zärtlich über den Rücken und die Knöchel seines rechten Fußes. Verwundert ließ Crocodile diese Art von Berührung geschehen, auch wenn er, um ehrlich zu sein, nicht sonderlich viel mit ihr anfangen konnte. Soweit er wusste, hatte sein Verlobter keinen Fußfetisch (genauso wenig wie er selbst), doch er musste zugeben, dass ihn diese ganz neue Art von Körperkontakt neugierig machte. "Wollen wir vielleicht rüber ins Schlafzimmer gehen?", fragte ihn Doflamingo nach zwei oder drei Minuten. Crocodile zögerte einen kurzen Moment lang, ehe er nickte. Gemeinsam mit seinem Partner erhob er sich schließlich vom Tisch, verließ das Esszimmer und machte sich auf den Weg hinüber ins Schlafzimmer, das ebenfalls im Erdgeschoss lag. [zensiert] * Crocodile und Doflamingo saßen gemeinsam auf der Couch im Wohnzimmer. Es war früher Abend und sie hatten den Tag genutzt, um die Umgebung auszukundschaften und einen zweiten Strandspaziergang zu machen. Nun entspannten sie vor dem Fernseher. Sie sahen sich keinen Film an, sondern zappten relativ wahllos durch die die Programme. (Crocodile bemühte sich darum, die Tatsache zu ignorieren, dass sein Partner eine ganze Menge kostenpflichtiger Pornosender abonniert hatte, auch wenn dieser ihm jedes Mal einen eindeutigen Blick zuwarf, wenn sie auf einen solchen stießen.) Es war ziemlich genau achtzehn Uhr, als Crocodiles Handy zu klingeln begann. Hastig kramte er es aus seiner Hosentasche hervor und bemühte sich darum, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, als er feststellte, dass nicht etwa Cutty Franky, der Organisator der Tom's Workers-Messe, sondern bloß seine Schwester Hancock sich bei ihm meldete. Trotzdem nahm er den Anruf entgegen und versuchte, möglichst unbekümmert zu klingen. "Hallo, Hancock", begrüßte er seine jüngere Schwester. "Hi, Crocodile", gab sie zurück. "Wie läuft dein Urlaub?" "Gut", log Crocodile und bekam nur am Rande mit, dass sein Verlobter den Fernseher auf stumm schaltete. "Es ist wunderschön hier, direkt am Meer. Heute sind wir zum zweiten Mal am Strand spazieren gegangen." "Das hört sich wundervoll an", sagte Hancock. "Ich finde, dass du dir -gerade in deiner derzeitigen Situation- ein wenig Entspannung redlich verdient hast. In letzter Zeit stehst du ja ständig unter Strom." "Da hast du wohl Recht", gab Crocodile unwillig zu. "Aber es geht mir schon viel besser. Dieser Urlaub ist wie Balsam für meine Seele." "Wann kommst du denn eigentlich wieder zurück? Ist der Urlaub auf zwei Wochen angesetzt? Oder wolltet ihr länger dableiben?" "Insgesamt sind es zwei Wochen", antwortete Crocodile, der sich fragte, wieso Hancock sich ausgerechnet für dieses Detail interessierte. "Das ist gut", hörte er seine Schwester mit zögerlicher Stimme sagen. Crocodile zog die Augenbrauen zusammen. Er spürte, dass Hancock ihm irgendetwas mitteilen wollte. Unweigerlich fragte er sich, worum es sich dabei bloß handeln mochte. Hoffentlich war niemandem irgendetwas Schlimmes zugestoßen! "Ich, ähm, gebe am Samstag in drei Wochen eine kleine Party", rückte sie nun endlich mit der Sprache raus, "und es würde mich sehr freuen, wenn du kommst. Doflamingo ist selbstverständlich auch eingeladen." Crocodile atmete erleichtert auf. "Das wird sich einrichten lassen, denke ich", erwiderte er. "Gibt es denn irgendeinen besonderen Anlass für die Party? Du hast doch noch gar nicht Geburtstag!" "Ja, den gibt es tatsächlich", meinte seine jüngere Schwester. Sie zögerte einen Moment lang, ehe sie mit recht verunsichert klingender Stimme zugab: "Es handelt sich um eine Schwangerschafts-Party." Diese Aussage nahm Crocodile den Wind aus den Segeln. Er konnte kaum fassen, was Hancock ihm da eben mitgeteilt hatte. Eine Schwangerschaftsparty? Bedeutete das etwa, dass sie... sie... ein Kind erwartete? Das konnte doch wohl nicht wahr sein! "Crocodile?", hörte er Hancock nachfragen. "Bist du noch dran? Du sagst ja überhaupt nichts." "Ähm", machte Crocodile und atmete zweimal tief ein und aus. Was sollte er jetzt bloß tun? Hancock beglückwünschen? Mit ihr schimpfen? Ihr ins Gewissen reden? Nur zu gut erinnerte Crocodile sich an seine Begegnung mit dem aktuellen Freund seiner Schwester zurück. Er war völlig geschockt gewesen von dem siebzehnjährigen Jungen, den diese ihm vorgestellt hatte. Ob es sich bei Monkey D. Luffy wohl um den Vater des Kindes handelte? Davon war sicherlich auszugehen. Sofort begann Crocodile sich Sorgen zu machen: Ein Siebzehnjähriger, ein Schüler, konnte doch wohl kaum für eine dreiköpfige Familie aufkommen, nicht wahr? Überhaupt waren sie doch erst seit kurzem ein Paar! Und wie wollte Hancock ihre Mutterpflichten mit ihrer Arbeit vereinen? Sie war selbstständig und besaß ein eigenes Nagelstudio. Dieses würde sie doch unmöglich weiterführen können, wenn sie sich Tag und Nacht um ein Neugeborenes kümmern musste! Als Crocodiles das Gesicht von Monkey D. Luffy in den Sinn kam, musste er allerdings auch an den fürchterlichen Streit zurückdenken, den er vor kurzem erst mit seiner Schwester geführt hatte. Diese hatte ihm vorgeworfen, er würde sich zu sehr in ihr Leben einmischen und dass es sich bei um die allerletzte Person handelte, die ein Recht dazu hatte, über andere Leute zu urteilen. Als Crocodile an die verletztenden Worte zurückdachte, die diese ihm an den Kopf geworfen hatte, bildete sich ein schmerzhafter Knoten in seiner Brust. Die Situation war völlig eskaliert! Und genützt hatte sein Einwand letzendlich rein gar nichts. Schlussendlich entschied Crocodile sich dafür, sich lieber nicht in die Lebensentscheidungen seiner jüngeren Schwester einzumischen. Immerhin war Hancock eine erwachsene Frau. Und außerdem hatte er keine Lust, erneut einen schlimmen Streit mit ihr zu provozieren. Also sagte er: "Herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich sehr für dich! Ich werde auf jeden Fall zusehen, dass ich zu deiner Party erscheine!" "Wunderbar!", erwiderte Hancock; die Erleichterung war ihr eindeutig anzuhören. "Übrigens werde ich am Tag der Schwangerschaftsparty das Geschlecht des Babys erfahren. Du kannst dir nicht vorstellen, wie aufgeregt ich bin! Ich kann es kaum glauben, dass ich in ein paar Monaten Mutter sein werde. Und du natürlich Onkel. Mihawk ist schon ganz aus dem Häuschen." "Mihawk?", hakte Crocodile verwundert nach. "Das kann ich mir bei ihm gar nicht vorstellen." Tatsächlich handelte es sich bei seinem älteren Bruder um eine sehr stille und zurückhaltende Person. Crocodile hatte ihn noch niemals ernsthaft gereizt oder nervös erlebt. Er konnte Hancock am anderen Ende der Leitung leise kichern hören. "Er würde es niemals zugeben, aber man merkt ihm sehr deutlich an, dass er sich darauf freut, einen Neffen oder eine Nichte zu bekommen. Aber ich will es ihm nicht verübeln. Ich selbst freue mich ja auch unendlich über das Kind", meinte sie. "Und um ehrlich zu sein, Crocodile, bin ich unfassbar erleichtert darüber, dass auch du diese Nachricht so gut aufnimmst. Damit habe ich nicht gerechnet." "Ich freue mich sehr für dich", garantierte Crocodile ihr. "Schließlich bist du doch meine Schwester. Ich werde dich unterstützen, wo auch immer ich kann." "Vielen Dank", sagte Hancock, die ehrlich gerührt wirkte angesichts dieser Worte. "Es ist schön zu wissen, dass man sich auf seine Familie verlassen kann. Ich freue mich schon darauf, dich bei der Party endlich wiederzusehen! Wegen weiterer Details rufe ich dich später noch einmal an, ja?" "Ähm, ja, klar", erwiderte Crocodile. "Tschüss, Hancock!" "Tschüss!" Crocodile beendete den Anruf und legte sein Handy auf den Couchtisch ab. Seine Finger zitterten und er wischte sich nervös über den Mund. Allmählich drang die volle Bedeutung dessen, was Hancock ihm eben mitgeteilt hatte, zu ihm durch. Seine Schwester war schwanger, sie erwartete ein Kind. Und das bedeutete, dass er Onkel werden würde! Crocodile wusste nicht, wie er sich fühlen sollte angesichts dieser unerwarteten Tatsache. "Croco?", hörte er seinen Partner in einem besorgten Tonfall fragen. Doflamingo rückte nah an ihn heran und legte einen Arm um seine Schulter. "Ist alles in Ordnung? Worum ging es bei dem Anruf? Du wirkst ganz durcheinander. Ich habe bloß irgendetwas von einer Party mitbekommen." "Hancock gibt am Samstag in drei Wochen eine kleine Party", erklärte Crocodile seinem Verlobten mit belegter Stimme. "Wir beide sind eingeladen. Und, naja, der Anlass für die Feier ist, ähm..." Er stockte kurz und versuchte sich zu sammeln, ehe er fortfuhr: "... ist ihre Schwangerschaft!" Sofort konnte er Doflamingo begeistert jubeln hören. Er drückte ihn fest an sich und meinte mit freudestrahlender Stimme: "Oh Mann, das ist ja wunderbar! Du wirst Onkel, Wani! Weiß man schon, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?" Crocodile schüttelte den Kopf. "Sie erfährt das Geschlecht des Babys am Tag der Schwangerschaftsparty", meinte er. Um ehrlich zu sein, konnte er die Begeisterung seines Verlobten nicht ganz nachvollziehen. Hatte dieser denn so schnell wieder vergessen, dass es sich beim Kindsvater um einen siebzehnjährigen Schüler handelte? "Du scheinst dich aber nicht sonderlich doll zu freuen", merkte Doflamingo nachdenklich an, als er seine fehlende Begeisterung bemerkte. "Gefällt dir der Gedanke nicht, eine Nichte oder einen Neffen zu bekommen?" "Doch, schon", lenkte Crocodile ein. "Aber ich mache mir auch Sorgen. Hancocks Freund ist gerade einmal siebzehn Jahre alt. Ich weiß nicht, ob er dazu in der Lage ist, sich um sie und das Kind zu kümmern. Außerdem ist Hancock selbstständig. Sie kann nicht so einfach aus ihrem Job aussteigen und eine Pause für das Baby einlegen. Ich habe einfach Angst davor, dass sie ein Kind finanziell nicht gestemmt bekommt." Doflamingo winkte ab. "Mach dir darum mal keine Gedanken", meinte er mit unbekümmerter Stimme. "Sollte Hancock mit ihrem Baby in finanzielle Not geraten, kann ich ihr auf jeden Fall problemlos aushelfen. Immerhin habe ich mehr als genug Geld, um mich um hunderte Kinder zu kümmern. Also mach dir bitte keine Sorgen, Wani! Und steigere dich da nicht hinein; das würde dir nicht guttun." "Aber ich kann doch nicht von dir verlangen, dass du für das Kind meiner Schwester aufkommst!", warf Crocodile mit energischer Stimme ein. "Es ist nicht deine Aufgabe, ihre Familie zu finanzieren. Sie hätte sich vorher selbst Gedanken darum machen sollen, ob ihre Lebenssituation ein Kind zulässt!" Diese Meinung vertrat Crocodile tatsächlich. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, seinen Partner mit in dieses Problem hineinzuziehen. Natürlich würde er seine Schwester unterstützen, wo auch immer er konnte, doch er durfte nicht vergessen, dass es sich bei dieser um eine erwachsene Frau handelte. Hancock konnte sich nicht darauf verlassen, dass der reiche Freund ihres Bruders ihr aus der Patsche half. Es würde sich um eine absolute Zumutung für Doflamingo handeln! "Du verlangst doch überhaupt gar nichts von mir", meinte ebenjener mit ruhiger Stimme, "sondern ich biete es an. Für mich ist es eine absolute Selbstverständlichkeit, meinen Freunden zu helfen, wenn sie in Not geraten. Und wer weiß auch, ob das Baby überhaupt geplant war? Schließlich gibt es kein Verhütungsmittel mit einhundertprozentiger Wirksamkeit." "Aber Hancock ist doch gar keine enge Freundin von dir", erwiderte Crocodile, "du hast sie doch erst zweimal gesehen." "Sie ist die Schwester meines Verlobten", meinte Doflamingo mit ernster Stimme, "und aus diesem Grund gehört sie zu meinem Freundeskreis. Wenn nicht sogar zu meiner Familie. Hancock ist ja sozusagen meine Schwägerin, nicht wahr?" Crocodile musste unweigerlich schlucken, als sein Partner diese Aussage tätigte. Sie waren gerade einmal seit drei Tagen verlobt und schon bezeichnete diese seine Schwester als Schwägerin? Crocodile fand, das alles ziemlich schnell ging. Zwar hatte Doflamingo ihm bereits während des Heiratsantrags erklärt, dass er ihn als Teil seiner Familie ansah, doch um ehrlich zu sein, hatte Crocodile dessen Worte bisher nicht für bare Münze genommen. Nun, anscheinend hatte er sich geirrt, denn sein Verlobter schien diese Äußerung offensichtlich absolut ernst zu meinen. "Deine Schwägerin ist sie eigentlich erst dann, wenn wir beide verheiratet sind", meinte Crocodile, der die Situation entschärfen wollte. Ihm gefiel es nicht, welche Ausmaße diese Verlobung schon wenige Tage nach dem Heiratsantrag annahm. Lieber wollte er die Sache ganz locker und unverbindlich angehen. Auch wenn Doflamingo wie üblich seine Sonnenbrille trug, merkte Crocodile, dass er mit den Augen rollte. "Rein juristisch gesehen hast du natürlich Recht", lenkte er mit unwilliger Stimme ein. "Aber es wird ja sowieso nicht mehr lange dauern, bis wir beide endlich verheiratet sind, nicht wahr? Dann kann ich sie ja eigentlich auch schon jetzt als meine Schwägerin bezeichnen." Crocodile fuhr sich nervös mit der rechten Hand durch sein Haar. "Nicht mehr lange dauern?", hakte er nach und bemühte sich darum, alle Anzeichen von Verunsicherung aus seiner Stimme zu verbannen. "Wann ungefähr hast du denn vor zu heiraten?" Doflamingo zuckte mit den Schultern. "Am besten natürlich so bald wie möglich", antwortete er. "Ich dachte an vielleicht zwei oder drei Monate." Diese Aussage verschlug Crocodile die Sprache. Zwei oder drei Monate?! Diese Frist war viel zu kurz, um seine vielen Schulden zu tilgen. Er war sich nicht einmal sicher, ob es ihm in dieser Zeit auch nur gelingen würde, eine neue Arbeitsstelle zu finden. Er musste sich auf jeden Fall darum bemühen, das Datum ihrer Hochzeit weiter nach hinten zu verschieben. Dabei handelte es sich um seine einzige Chance, die Beziehung zu seinem Partner zu retten. "Zwei oder drei Monate?", wiederholte Crocodile, als er sich wieder einigermaßen gesammelt hatte. "Hältst du diesen kurzen Zeitraum wirklich für angemessen? Eine Hochzeit bedeutet immer eine Menge Aufwand. Es, ähm, gibt so viele Dinge, die wir vorbereiten müssen... Ich denke nicht, dass wir das in bloß zwei oder drei Monaten schaffen." "Ach, es muss ja keine furchtbar pompöse Hochzeit werden", warf Doflamingo mit zuversichtlich klingender Stimme ein. "Ich will unsere Trauung nicht zur Schau stellen: keine prominenten Gäste. Keine Paparazzi. Kein Artikel, der später in irgendeiner Frauenzeitschrift erscheint und sich über die Dekoration auslässt. Mir reicht eine kleine Feier mit Menschen, die uns etwas bedeuten. Es soll kein geschauspielerter, sondern ein ehrlicher und emotionaler Moment sein." "Das sehe ich auch so", erwiderte Crocodile, "aber nichtsdestotrotz werden wir eine gewisse Vorbereitungszeit benötigen. Ich meine... wir müssen eine Gästeliste erstellen, Einladungskarten schreiben, eine passende Location finden, uns bei der Wahl des Essens einig werden, Dekoration aussuchen und uns um viele weitere Dinge kümmern. Und wenn ich ehrlich bin, dann möchte ich mich dabei nicht hetzen. Nicht nur unsere Hochzeit selbst, sondern auch die Vorbereitungen möchte ich als etwas Schönes erleben und in Erinnerung behalten, verstehst du?" Sein Verlobter nickte bedächtig. "Natürlich verstehe ich das", meinte dieser. "Aber wir könnten doch einfach einen Wedding Planer engagieren, oder nicht? Wir brauchen bloß zu sagen, wie wir unsere Hochzeit haben möchten, und der Wedding Planer arrangiert alles entsprechend unserer Wünsche. Auf diese Weise würden wir eine Menge Zeit sparen." Crocodile biss sich auf die Unterlippe. Ob er es zugeben wollte oder nicht: Bei dem Vorschlag, einen Wedding Planer einzustellen, der ihnen den Großteil der Arbeit abnahm, handelte es sich definitiv um keine schlechte Idee. Würden sie unter normalen Umständen heiraten, hätte Crocodile sofort zugestimmt. Doch jetzt ging es nicht darum, die Planung ihrer Hochzeit stressfrei zu gestalten, sondern darum, ebendiese möglichst lange aufzuschieben. "Ich möchte nicht, dass ein völlig fremder Mensch unsere Hochzeit ausrichtet!", meinte er darum und schob seine Unterlippe ein klein Stück nach vorn. "Das ist doch total unpersönlich. Ich finde, wir sollten uns selber darum kümmern: Selber die Blumen und die Dekoration aussuchen, selber die Einladungskarten gestalten... Man heiratet nur einmal im Leben. Es ist ein besonderer, absolut einzigartiger Moment. Und dem möchte ich gerecht werden. Unsere Hochzeit soll perfekt sein!" "Schon gut, schon gut", erwiderte Doflamingo und hob in einer beschwichtigenden Geste beide Hände. "Du hast ja Recht: Bei unserer Hochzeit handelt es sich um einen sehr bedeutungsvollen Moment. Ich kann gut verstehen, dass du gerade in dieser Hinsicht sehr perfektionistisch bist." "Perfektionistisch?" Crocodile verschränkte die Arme vor der Brust und warf seinem Partner einen skeptischen Blick zu. Anstatt zu einer Erwiderung anzusetzen, brach Doflamingo jedoch bloß in schallendes Gelächter aus. Als er sich wieder beruhigt hatte, meinte er: "Du hast mich überzeugt, zwei bis drei Monate sind zu kurz, um eine Hochzeit vorzubereiten. Welchen Zeitraum hältst du denn für angemessen?" Crocodile zuckte mit den Schultern. "Das werden wir sehen", antwortete er, weil er sich noch nicht festlegen wollte. "Lass uns erst einmal eine Gästeliste ausarbeiten und eine passende Location finden. Erst danach sollten wir uns Gedanken über ein Datum machen." Doflamingo gab einen unwilligen Brummlaut, doch fügte sich in schlussendlich in sein Schicksal. Er schwieg für einen kurzen Moment, ehe er mit teils ernst, teils neckisch gemeinter Stimme sagte: "Ich tue alles, was nötig ist, um dich glücklich zu machen, Crocobaby." Crocodile verzog den Mund, sagte jedoch nichts. * Es war ihr letzter Urlaubstag und Crocodile hielt sich allein im Wohnzimmer auf, als sein Handy klingelte. Mit genervtem Gesichtsausdruck holte er es aus seiner Hosentasche hervor, weil er davon ausging, dass es sich sowieso bloß wieder um seine jüngere Schwester handelte, die irgendeine neue Information wegen ihrer Schwangerschaft an ihn weitergeben wollte. Hancock machte in dieser Hinsicht einen sehr aufgeregten Eindruck; außerdem schien sie ihr Glück mit jedem Menschen, den sie kannte, teilen zu wollen und zwar ganz gleich, ob dieser auch Interesse daran hatte oder nicht. Erst gestern hatte sie ihn erneut angerufen, nur um ihm mitzuteilen, dass sie zur Schwangerschaftsparty ein Ultraschall-Bild des Babys mitbringen würde, das er sich dann ansehen könnte. Crocodile freute sich für seine Schwester und er gönnte es ihr, dass sie ihre Schwangerschaft so sehr genoss, doch manchmal war er auch der Meinung, dass sie in ihrer Begeisterung ein wenig übertrieb. Erst als Crocodile sich daran erinnerte, dass im Augenblick Doflamingo mit Hancock telefonierte (sein Partner interessierte sich rege für ihre Schwangerschaft), und er eine fremde Telefonnummer auf dem Display seines Handys sah, wurde ihm klar, um wen es sich handeln musste. Er zwang sich selbst zur Ruhe und atmete zweimal tief ein und aus, ehe er abnahm. "Sir Crocodile, guten Tag", meldete er sich mit professionell klingender Stimme. "Guten Tag, hier spricht Cutty Kiwi. Ich rufe im Namen von Cutty Franky an. Ihren Bewerbungsunterlagen ist zu entnehmen, dass Sie daran interessiert sind, uns bei der Organisation der im Herbst stattfindenden Messe Tom's Workers zu unterstützen. Ist das richtig?" "Ja", antwortete Crocodile, der sich ernsthaft zusammenreißen musste, um nicht sofort lauthals in Jubel auszubrechen. "Ja, das ist richtig." "Sehr schön", hörte er Cutty Kiwi am anderen Ende der Leitung sagen. Crocodile nahm an, dass es sich bei ihr um die Sekretärin von Cutty Franky handelte. Vielleicht waren sie auch verwandt; der gleiche Nachname ließ darauf schließen. Sie klang sehr freundlich. "Gerne möchten wir Sie zu einem Bewerbungsgespräch einladen. Passt Ihnen Mittwoch um fünfzehn Uhr?" "Ja, der Termin passt mir", meinte Crocodile. "Wo findet das Gespräch statt?" "In unserem Bürogebäude, Waterstreet 7, Raum 44", antwortete Kiwi. "Haben Sie noch weitere Fragen?" "Für's Erste nicht", meinte Crocodile. "Wir freuen uns darauf, Sie kennenzulernen. Auf Wiederhören!" "Auf Wiederhören!", verabschiedete sich Crocodile. Er beendete den Anruf und wartete zur Sicherheit drei Sekunden ab, ehe er in Jubel ausbrach. Crocodile konnte sein Glück kaum fassen. Er hatte tatsächlich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten! Nach den vielen Rückschlägen, die er hatte erdulden müssen, schien es endlich wieder bergauf zu gehen. Sofort spürte Crocodile, wie Hoffnung in seinem Herzen zu keimen begann. Vielleicht gelang es ihm mithilfe dieser neuen Stelle, seine Schulden rasch zu tilgen. Und er könnte Doflamingo doch heiraten! Angesichts dieser wundervollen Aussicht wurde Crocodile so schwindelig, dass er sich hinsetzen musste. Plötzlich sah er den Heiratsantrag, den sein Partner ihm gemacht hatte, in einem ganz anderen Licht. Crocodile warf einen verträumten Blick auf den Ring, den er am Ringfinger der rechten Hand trug. (Verlobungsringe wurden normalerweise an der linken Hand getragen, doch da diese ihm fehlte, blieb ihm wohl oder übel nichts anderes übrig, als ihn rechts zu tragen. Crocodile selbst störte dieser Umstand nicht.) Sein Partner wollte ihre Beziehung auf die nächste Stufe stellen. Sich an ihn binden. Ganz offiziell. Mit seinem Heiratsantrag hatte Doflamingo im Prinzip deutlich gemacht, dass er ihn (nur ihn!) liebte. Dass er weder mit Hancock noch irgendeiner anderen Person, sondern mit ihm alt werden wollte. Donquixote Doflamingo, der unwahrscheinlich reiche Geschäftsmann, hatte sich von allen Menschen, die er kannte, ausgerechnet für ihn entschieden. Zum ersten Mal sah Crocodile ihre Verlobung als ein Kompliment an. Und als einen Beweis der Treue. Er war sich dessen bewusst, dass Doflamingo es in letzter Zeit nicht gerade leicht mit ihm gehabt hatte. Seine schlechte Laune und die vielen Überstunden, die er in den letzten acht Wochen gemacht hatte, waren eine schwere Belastung für ihre Beziehung gewesen. Von seinem heftigen Gewichtsverlust und seinem Nervenzusammenbruch ganz zu schweigen. Doch anstatt sich von ihm zu trennen, verlobte sich sein Partner mit ihm. Der Ring, den er am Finger trug, war ein Beweis dafür, dass Doflamingo immer zu ihm stehen und ihn unterstützen würde, ganz gleich, was auch geschah. Kaum hatte Crocodile diesen untypisch romantischen Gedanken zu Ende geführt, löste sich sein Übermut wieder in Luft auf. Er konnte nämlich hören, dass sich hinter ihm jemand laut räusperte. Sofort wich jede Farbe aus Crocodiles Gesicht; völlig entsetzt wandte er sich um und konnte seinen Verlobten im Türrahmen stehen sehen. Das Telefongespräch mit Hancock schien er inzwischen beendet zu haben, denn der Bildschirm des Handys, das er festhielt, war schwarz. "Wie lange stehst du schon da?", fragte Crocodile sofort mit aufgewühlter Stimme. Er konnte bloß hoffen, dass Doflamingo von seinem Gespräch mit Cutty Kiwi nichts mitbekommen hatte. Zwar ging Crocodile davon aus, dass es ihm gelingen würde, sich irgendeine mehr oder weniger glaubwürdige Ausrede einfallen zu lassen, doch trotzdem könnte er ein äußerst unangenehmes Gespräch vermutlich nicht vermeiden. Das breite Grinsen, das sein Partner angesichts dieser Frage zeigte, verunsicherte Crocodile. "Ach, seit etwa fünf Minuten", erwiderte dieser und betrat das Wohnzimmer. Er setzte sich neben seinen Verlobten auf die Couch. "Und warum hast du nichts gesagt?", hakte Crocodile nach. Sein Herz schlug so furchtbar schnell, dass er sich sicher war, Doflamingo müsste es hören. Er wollte endlich wissen, woran er war. Hatte Doflamingo nun etwas von seinem Gespräch mitbekommen oder nicht? "Weil ich dich nicht stören wollte", meinte Doflamingo, "während du so eingehend deinen Verlobungsring begutachtest. Deinem zärtlichen Blick nach zu urteilen gefällt er dir gut. Ich nehme also an, dass ich bei der Wahl des Rings deinen Geschmack getroffen habe?" Sofort fiel Crocodile ein Stern vom Herzen; Doflamingo hatte nicht mitbekommen, dass er einen Termin für ein Bewerbungsgespräch ausgemacht hatte. Dafür allerdings, wie er minutenlang ganz verträumt seinen Verlobungsring angestarrt hatte. Crocodile war sich nicht sicher, was besser war. Röte breitete sich in seinem Gesicht ab, doch er bemühte sich darum, sich seine Scham nicht anmerken zu lassen. Er wandte den Blick ab und zuckte betont gleichgültig die Schultern. "Der Ring gefällt mir", sagte er ohne eine Miene zu verziehen. Doflamingo brach in schallendes Gelächter aus. "Es muss dir nicht peinlich sein", meinte dieser, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. "Ich finde es schön, dass dir der Ring gefällt." "Nach neun Monaten Beziehung solltest du meinen Geschmack kennen", warf Crocodile ein. Er fuhr sich mit der rechten Hand durch sein Haar. Allmählich erholte er sich wieder von dem Schrecken, den sein Partner ihm eingejagt hatte. "Stimmt", meinte Doflamingo. "Allerdings habe ich den Ring nicht erst vor kurzem gekauft. Darum bin ich sehr erleichtert darüber, dass er dir so gut gefällt." Crocodile wurde hellhörig. "Nicht erst vor kurzem gekauft?", hakte er verwundert nach. "Wann denn dann?" Sofort spürte Crocodile, dass er seinen Verlobten mit dieser Frage wohl in eine unangenehme Situation gebracht hatte. Doflamingo wich seinem Blick und scharrte nervös mit den Füßen, ehe er zugab: "Vor etwa einem halben Jahr." Diese Antwort nahm Crocodile den Wind aus den Segeln. Völlig verdattert starrte er seinen Partner an. Nur langsam drang die Bedeutung der Aussage, die dieser eben getätigt hatte, zu ihm durch. "Du hast diesen Ring gekauft, als wir beide gerade einmal drei Monate lang ein Paar gewesen sind?" Doflamingo nickte. "Mir war von Anfang an klar, dass ich dich heiraten möchte", erklärte dieser schließlich. "Es war keine Lüge, als ich dir beim Antrag erzählt habe, dass ich mich sofort in dich verliebt habe. Schon als sich unsere Blicke zum ersten Mal kreuzten, damals bei diesem Geschäftsessen, wusste ich, dass du der Mann bist, dem ich ewige Liebe und Treue schwören werde. Und, naja, du kennst mich, Wani: Ich bin ein sehr spontaner Mensch, der manchmal auch gewisse Dinge überstürzt." Er gluckste leise. "Aber wieso hast du ein halbes Jahr gewartet, ehe du mir schlussendlich den Heiratsantrag gemacht hast?", fragte Crocodile. "Eigentlich habe ich vorgehabt, dich gleich nach dem Kauf des Rings darum zu bitten, mich zu heiraten", gab Doflamingo zu, "doch Law hat mir davon abgeraten. Bitte versteh seinen Ratschlag nicht falsch! Er mag dich sehr gerne. Um ehrlich zu sein, hält er dich für den einzig vernünftigen Menschen in meinem engeren Bekanntenkreis (abgesehen von ihm selbst natürlich). Aber er war der Meinung, dass ich dich verschrecken könnte, wenn ich dir so früh schon einen Heiratsantrag mache. Ich kenne mich nicht sonderlich gut aus, was solche Dinge angeht... Wie gesagt, bei dir handelt es sich um meine erste feste Beziehung. Ich hätte dir am liebsten gleich an unserem dritten Monatstag den Ring geschenkt, aber Law meinte, man sollte mindestens ein Jahr lang in einer Beziehung sein, ehe man um die Hand seines Partners anhält. Nun ja, so lange habe ich es dann doch nicht ausgehalten. Aber das weißt du ja selbst. Ich bin bloß froh, dass du meinen Heiratsantrag angenommen hast." Crocodile konnte gar nicht anders, als Trafalger Law stumm dafür zu danken, dass er seinem Partner geraten hatte, ihm nicht schon nach drei Monaten einen Antrag zu machen. Selbstverständlich war er auch damals bereits in Doflamingo verliebt gewesen, doch ihre Beziehung war noch so jung und zerbrechlich, dass Crocodile sich nicht sicher war, ob eine Heirat diese nicht eher geschädigt hätte als ihr zugute gekommen wäre. Schlimmstenfalls hätte er solche Panik bekommen, dass er tatsächlich Schluss gemacht hätte. Auf der anderen Seite allerdings, dachte Crocodile niedergeschlagen, waren die Bedingungen nun, ein halbes Jahr später, nicht viel besser. Vor sechs Monaten hatte er wenigstens noch seinen Job gehabt. Unweigerlich wünschte er sich, Doflamingo hätte sich an Laws Ratschlag gehalten und ihm erst nach frühestens einem Jahr darum gebeten, ihn zu heiraten. Nun ja, dachte Crocodile und dieser Gedanke munterte ihn auf, vielleicht besserte sich seine Lebenssituation demnächst ja schon wieder auf. Er sah dem Vorstellungsgespräch, das ihn am Mittwoch erwartete, sehr zuversichtlich entgegen. Da man sich sehr rasch bei ihm gemeldet und Robin außerdem ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte, ging er davon aus, dass seine Chancen gut standen. * Crocodiles Laune war nicht ganz so schlecht, wie er es befürchtet hatte, als er sich gemeinsam mit seinem Partner auf den Rückweg machte. Er gab offen zu, dass der Urlaub ihm gutgetan hatte. Zwei Wochen lang ganz entspannt Zeit mit seinem Partner zu verbringen und Spaziergänge am Strand zu unternehmen, hatten eine eindeutig positive Wirkung auf ihn gehabt. Er fühlte sich nicht mehr so schrecklich gestresst und überfordert wie vor kurzem noch. Und auch sein Körpergewicht hatte von der Auszeit und dem guten Essen profitiert: Inzwischen wog er 71 Kilogramm. Jetzt musste er bloß noch weitere sieben Kilogramm zunehmen, um sein angestrebtes Mindestgewicht zu erreichen. Crocodile war zuversichtlich, dass ihm dies rasch gelingen würde. Vor allem aber war es natürlich seine Aussicht auf ein Vorstellungsgespräch, die seine Laune ungemein anhob. "Ich freue mich schon auf Hancocks Schwangerschaftsparty", meinte Doflamingo, noch während sie beide sich im Porsche 911 Carrera S befanden, der am Flughafen River's Mountain auf sie gewartet hatte und sie zurück nach Hause brachte. "Ach, sonderlich spannend wird es bestimmt nicht", warf Crocodile lasch ein. "Es ist bloß ein Anlass, um ihre Schwangerschaft offiziell bekanntzugeben." Um ehrlich zu sein, konnte er das leidenschaftliche Interesse seines Verlobten für Hancocks Schwangerschaft nicht ganz nachvollziehen. Er selbst freute sich ebenfalls über dieses Ereignis (auch wenn er sich noch immer Sorgen wegen der finanziellen Situation seiner Schwester machte), doch so aufgeregt wie Doflamingo war, könnte man beinahe meinen, er wäre derjenige, der ein Kind bekäme; dabei handelte es sich doch bloß um das Baby der Schwester seines Partners. "Trotzdem!", erwiderte Doflamingo mit eindringlicher Stimme. "Ihre Schwangerschaft ist eine sehr spannende Sache. Ich habe sonst niemanden in meinem Freundeskreis, der bereits ein Kind bekommen hat. Wie kommt es bloß, dass du dich überhaupt nicht für deinen Neffen oder deine Nichte zu interessieren scheinst?" Crocodile seufzte leise und schloss für einen Moment seine Augen, ehe er erwiderte: "Ich habe weder einen Neffen noch eine Nichte. Bisher ist Hancocks Kind doch noch ein kleiner Embryo. Sie ist erst in der zehnten Schwangerschaftswoche." "In der elften", korrigierte ihn sein Verlobter just. "Dann eben in der elften Schwangerschaftswoche", meinte Crocodile augenrollend. "Jedenfalls wollte ich sagen, dass es sich doch überhaupt noch nicht um einen echten Menschen handelt. Ich kann mir gar nicht so richtig vorstellen, dass ein Kind in ihr heranwächst. Es ist eine ziemlich seltsame Vorstellung, findest du nicht? Vermutlich wird man bei der Party einen Schwangerschaftsbauch kaum auch nur erahnen können." "Natürlich handelt es sich bei dem Baby bereits um einen echten Menschen!", warf Doflamingo mit energischerer Stimme als erwartet ein. "Worum soll es sich denn sonst handeln?" "Naja, eben um einen Embryo", entgegnete Crocodile mit gelassener Stimme. "Soweit ich weiß, dürfte er kaum größer als vier Zentimeter sein. Halte dir doch nur einmal vor Augen, wie klein vier Zentimeter sind, Doflamingo!" "Noch", lenkte ebenjener ein. "Aber er wird wachsen und in wenigen Monaten als vollständig entwickeltes Baby auf die Welt kommen. Und aus diesem Grund sollte er auch genau dieselben Rechte haben wie ein Mensch, der bereits geboren wurde!" Crocodile rollte mit den Augen. "Himmel, jetzt sag mir bloß nicht, du bist gegen Abtreibung", meinte er. Wenn Crocodile ehrlich war, dann hätte er gar nicht damit gerechnet, dass Doflamingo eine solch altertümliche und traditionelle Ansicht vertrat. Er hatte seinen Partner als eine sehr aufgeschlossene und moderne Person kennengelernt. "Sag du mir nicht, dass du für die Ermordung unschuldiger Kinder bist!", erwiderte Doflamingo mit entsetzt klingender Stimme. Crocodile zuckte mit den Schultern. "Eigentlich können wir uns diese Diskussion doch sparen, oder?", sagte er schließlich. "Da ich nämlich ein Mann bin und dazu auch noch homosexuell, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemals in eine Situation gerate, in der meine Meinung zu diesem Thema von Bedeutung ist, praktisch bei null." Wenn er ehrlich war, dann hatte er sich aus exakt diesem Grund niemals sonderlich viele Gedanken zu dem Thema Abtreibung gemacht. Auch mit seinen Geschwistern hatte Crocodile nie zuvor darüber gesprochen. Hancock und Mihawk waren zwar beide heterosexuell, doch hatten (bis vor wenigen Wochen) nicht den Eindruck erweckt, dass sie jemals Kinder haben wollten. Stattdessen konzentrierten sich beide auf ihre Arbeit; immerhin waren sowohl Mihawk als auch Hancock selbstständig. Darum war ja auch die Nachricht über die Schwangerschaft seiner Schwester sehr überraschend für ihn gewesen. Insgeheim ging Crocodile davon aus, dass das Kind nicht geplant gewesen war. "Aber du kannst dich doch nicht einfach raushalten und überhaupt keine Meinung vertreten!", warf Doflamingo ihm vor. "Und warum nicht?", hielt Crocodile dagegen. "Ich habe mehr als genug andere Probleme in meinem Leben, mit denen ich mich auseinandersetzen muss. Wieso sollte ich mich dann auch noch mit Dingen beschäftigen, die mich nie betreffen werden?" "Aber tausende unschuldige Kinder sind jedes Jahr betroffen!", wandte sein Partner ein. "Ihnen wird das Grundrecht verwehrt, zu leben!" "Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, haben sicherlich gute Gründe für diesen Entschluss", meinte Crocodile. "Vielleicht wären sie nicht dazu in der Lage, das Kind zu lieben, weil es zum Beispiel aus einer Vergewaltigung entstanden ist. Oder sie könnten ihm nichts bieten, weil sie finanziell nicht abgesichert sind. Ich denke, niemand treibt ein Kind ohne einen guten Grund ab. Am Ende ist es womöglich doch die beste Entscheidung für beide Parteien." "Die beste Entscheidung für beide Parteien?" Doflamingo wirkte völlig fassungslos. "Du redest Unsinn, Wani! Abtreibung ist niemals die richtige Lösung! Man sollte seinem Kind die Chance geben zu leben!" Allmählich verlor Crocodile die Geduld. Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust auf diese Diskussion; in seinen Augen war sie absolut unnötig. Und noch dazu ärgerte ihn die eingeschränkte Sichtweise seines Partners. "Nicht jeder ist mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden, Doflamingo", meinte er darum mit energischer Stimme. "Du weißt nicht wie es ist, finanzielle Probleme zu haben und kaum für sich selbst sorgen zu können. Du hast vermutlich gleich, nachdem du abgestillt worden bist, zum ersten Mal Kaviar probiert, hm? Aber ein solches Glück haben nicht alle Menschen in ihrem Leben! Während meines Studiums zum Beispiel habe ich manchmal so wenig Geld zur Verfügung gehabt, dass ich tagelang bloß Corneflakes gegessen und Leitungswasser getrunken habe. Stell dir einmal vor, ich wäre eine Frau und zu dieser Zeit schwanger geworden: Entweder hätte ich wegen dem Kind mein Studium abbrechen müssen oder ich hätte ihm nichts bieten können, nicht einmal eine warme Mahlzeit jeden Tag. Beides sind absolut beschissene Optionen. Und in einer solchen Situation ist Abtreibung vielleicht doch die beste Lösung!" Doflamingo schien mit einer solch heftigen Standpauke nicht gerechnet zu haben. Er fuhr sich mit der rechten Hand durch sein kurzes, blondes Haar und wich dem Blick seines Partners aus. Schließlich erwiderte er mit ein wenig ruhigerer Stimme: "Selbst in einer solchen Situation könnte man das Kind zur Welt bringen und es anschließend zur Adoption freigeben. Auf diese Weise kann man sein eigenes Leben unbeschwert fortführen und auch das Kind bekommt die Chance auf eine schöne Zukunft. Meine Eltern haben oft über Adoption nachgedacht, ehe sie Corazon und mich per künstliche Befruchtung zeugten." "Sie haben darüber nachgedacht, aber sich schlussendlich doch dagegen entschieden", korrigierte Crocodile die positiv anmutende Aussage seines Verlobten. "Es gibt so viele Kinder auf dieser Welt, denen es schlecht geht und die Eltern bräuchten, die sich um sie kümmern. Doch stattdessen bekommt man lieber eigene, weil man... warum eigentlich? Vermutlich weil man unbedingt leibliche Kinder haben möchte?" Crocodile schwieg für einen Moment, ehe er hinzufügte: "Und stell dir nur einmal vor, du verwehrst einer Frau eine Abtreibung. Aufgrund der Schwangerschaft oder der Geburt verstirbt sie dann. Wäre ihr Tod dann nicht deine Schuld?" Doflamingo schwieg und senkte den Blick. Crocodile konnte sich nur mit viel Mühe ein Grinsen verkneifen. Anscheinend hatte er diese Diskussion für sich entscheiden können. Noch immer nahm Crocodile das Thema Abtreibung nicht sonderlich ernst (wie gesagt: Ihn würde es niemals betreffen), doch er freute sich darüber, seinen furchtbar rechthaberischen Partner endlich einmal zum Schweigen gebracht zu haben. Es handelte sich bloß um einen kleinen Sieg, doch einen Sieg immerhin. Sein Übermut löste sich jedoch rasch wieder in Luft auf, als sein Verlobter plötzlich meinte: "Du hast doch erzählt, dass Hancock durch das Kind in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte, nicht wahr? Immerhin ist der Vater des Kindes noch ein Schüler und sie selber ist selbstständig. Meinst du, sie zieht vielleicht in Erwägung, das Kind abzutreiben?" Crocodile warf Doflamingo einen verwunderten Blick zu. Diese Möglichkeit war ihm bisher noch gar nicht in den Sinn gekommen. Er dachte kurz darüber nach, ehe er in einem relativ gefasst klingenden Tonfall meinte: "Das denke ich nicht. Hancock scheint sich sehr über ihre Schwangerschaft zu freuen. Nicht umsonst gibt sie nur aus diesem Anlass eine Party. Hätte sie die Absicht, das Kind nicht zu bekommen, würde sie ihre Schwangerschaft nicht offiziell machen, denke ich. Bitte mach dir darum keine Sorgen, Doffy." Dieses Argument schien seinen Verlobten zu überzeugen. Er lächelte zaghaft, ehe er meinte: "Vermutlich hast du Recht. Jedes Mal, wenn ich mit ihr telefoniere, klingt sie sehr glücklich. Sie kann es kaum erwarten, am Tag der Schwangerschaftsparty endlich das Geschlecht ihres Kindes zu erfahren." "Trotzdem mache ich mir Sorgen um sie", gab Crocodile mit leiser Stimme zu. "Sie besitzt ein Nagelstudio, das ziemlich gut läuft. Wenn sie allerdings wegen der Schwangerschaft aussetzen muss, wird ihr vielleicht nichts Anderes übrig bleiben, als das Nagelstudio zu schließen. Und der Kindsvater geht noch zur Schule. Woher soll sie dann das Geld nehmen, um sich selbst und das Baby über die Runden zu bringen? Ich kenne mich mit den sozialen Dienstleistungen seitens das Staats nichts aus; ich weiß nicht, wie viel Geld ihr zustehen würde und ob sie damit auskäme." "Aber darüber haben wir doch letztens erst gesprochen", wandte Doflamingo ein. "Notfalls kann ich Hancock und ihr Kind versorgen. Für mich sind das doch nur Peanuts!" "Wer weiß denn überhaupt, ob sie dein Geld annehmen wird?", erwiderte Crocodile. "Meine Schwester ist manchmal nicht weniger stolz als ich es bin. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich weigern wird, Almosen anzunehmen. Lieber wird sie versuchen, sich und ihre Familie mit Müh und Not selbst durchzubringen!" "Wir könnten sie heimlich unterstützen!", schlug Doflamingo in einem zuversichtlich klingenden Tonfall vor. Crocodile zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. "Heimlich unterstützen?", hakte er nach. "Wie stellst du dir denn das vor?" "Zum Beispiel durch Geschenke", antwortete Doflamingo, der plötzlich ganz begeistert wirkte. "Es ist doch üblich, dass man ein Geschenk für das Baby oder für die Eltern mitbringt, wenn jemand eine Schwangerschaftsparty gibt, nicht wahr? Wir könnten Hancock doch einfach ein, naja, größeres Geschenk machen. Wie wäre es mit einem Kinderwagen oder einem Babybett? Dann könnte sie sich diese teure Anschaffung schon einmal sparen." Crocodile legte den Kopf schief. Auf der einen Seite klang der Vorschlag, den sein Partner eben gemacht hatte, gar nicht so dumm. Ein Geschenk würde seine Schwester ganz sicher nicht ausschlagen. Doch auf der anderen Seite würde eine teure Investition wiederum ihm selbst zu Lasten gehen. Zwar hatte er eine gute Chance auf eine neue Arbeitsstelle, doch eine Garantie gab es nicht. Für ihn waren 800 Berry für einen Kinderwagen zurzeit ungeheuer viel Geld. Trotzdem meinte Crocodile: "Da hast du vermutlich Recht. So könnten wir es machen." Diese Worte kamen ihm leichter als gedacht über die Lippen. Immerhin ging es hier um seine Schwester und natürlich auch um seinen zukünftigen Neffen oder seine Nichte. Crocodile wollte nicht geizig sein und auf diese Weise riskieren, dass es seiner Familie schlecht ging. Zu einem solch furchtbaren Menschen war er trotz der Notsituation, in der er sich befand, noch nicht geworden. Und außerdem dachte er, lief ja vielleicht das Vorstellungsgespräch am Mittwoch bei Tom's Workers gut, und es gäbe bald gar keinen Grund mehr, um sich über den Preis von Geschenken für seine Geschwister Gedanken zu machen. * Es war Dienstag. Morgen stand Crocodiles Vorstellungsgespräch bei Tom's Workers an und er konnte nicht verhehlen, dass er sehr nervös war. Immerhin ging es um eine verdammt große Sache. Diese Arbeitsstelle könnte für ihn den Ausweg aus seinen Schulden bedeuten. Die Vorstellung, irgendwann wieder komplett schuldenfrei zu sein, kam Crocodile inzwischen beinahe schon wie eine Art Wunschtraum vor. Er versprach sich selbst, niemals wieder etwas zu kaufen, was er nicht sofort bezahlen konnte. Im Augenblick hielt Crocodile sich im weitläufigen Garten der Villa auf. Er saß auf einem gemütlichen Gartenstuhl und hatte seinen Laptop auf seinem Schoß. Er checkte seine Emails und informierte sich außerdem noch einmal eingehend über Tom's Workers; beim morgigen Vorstellungsgespräch wollte er gut vorbereitet sein. Als er jedoch seinen Verlobten nach ihm rufen hörte, schloss er rasch alle verdächtigen Fenster und öffnete stattdessen ein paar Internetseiten, bei denen es um Hochzeitsdekoration und Ähnliches ging. Noch immer hielt Crocodile seine potenzielle neue Arbeitsstelle vor Doflamingo geheim. Womöglich würde er diesen über seinen Jobwechsel informieren, wenn er die Stelle in trockenen Tüchern hatte. Immerhin müsste er Doflamingo nichts von seiner Kündigung erzählen, sondern könnte diesem weismachen, er hätte freiwillig den Job gewechselt. Aufgrund der schlechten Bedingungen, unter denen er in letzter Zeit bei der Arbeit gelitten hatte, würde diese Ausrede vermutlich sogar relativ glaubhaft klingen. "Was gibt es, Doflamingo?", fragte Crocodile seinen Verlobten, als dieser neben ihm auftauchte. Eigentlich würde er sich lieber noch weitere Gedanken zu seinem morgigen Gespräch machen, doch er bemühte sich trotzdem darum, nicht allzu genervt von der Anwesenheit seines Partners zu wirken. "Ich dachte mir, dass wir heute das Geschenk für Hancocks Baby kaufen könnten", antwortete dieser mit unbekümmert klingender Stimme. "Immerhin ist die Party schon am Samstag." Crocodile unterdrückte ein Seufzen. "Wollen wir das nicht lieber Donnerstag oder Freitag machen?", fragte er. "Ich habe heute keine sonderlich große Lust darauf, einkaufen zu gehen." "Aber wieso denn nicht?", hakte Doflamingo verwundert nach und versuchte einen Blick auf den Bildschirm seines Laptops zu erhaschen. "Du erledigst doch nicht etwa in deinem Urlaub irgendetwas für die Bank, nicht wahr? Du kannst dich nicht erhohlen, wenn du dich auch in deiner Freizeit ständig mit deiner Arbeit beschäftigst!" "Ich erledige nichts für die Bank", warf Crocodile rasch ein. Und um Doflamingo zu überzeugen, fügte er hinzu: "Ich habe mir ein paar schöne Ideen für unsere Hochzeitsdekoration angeschaut." Diese Worte schienen seinen Verlobten milde zu stimmen; vielleicht war es ihm auch gelungen, einen Blick auf den Bildschirm des Laptops zu werfen, der derzeit ein paar Blumen zeigte. Doch Doflamingo wäre nicht Doflamingo gewesen, wenn er nun einfach locker gelassen oder einen Kompromiss vorgeschlagen hätte. "Ach komm schon, Wani", meinte er und griff nach seinem rechten Arm. "Das Wetter ist doch so schön! Morgen und übermorgen soll es allerdings regnen; dann macht das Einkaufen sicherlich nur halb so viel Spaß. Bitte, Baby!" Crocodile rollte mit den Augen, ehe er sich geschlagen gab. "Von mir aus", sagte er und klappte seinen Laptop zu. "Aber du musst mir versprechen, dass wir nicht trödeln! Wir gehen in den Laden, kaufen ein Geschenk und sind dann sofort wieder draußen, ja?" Und um es sich nicht mit seinem Verlobten zu verscherzen, der sich sehr auf diese Einkaufstour zu freuen schien, fügte er hinzu: "Ich möchte mir heute Abend gerne noch ein paar Entwürfe für Einladungskarten anschauen." "Allzu lange werden wir nicht brauchen", versicherte Doflamingo ihm grinsend. Er wirkte sehr zufrieden mit sich selbst; vermutlich, weil es ihm mal wieder gelungen war, seinen Willen durchzusetzen. "Versprochen!" Crocodile seufzte leise und erhob sich aus seinem Stuhl. Er war sich nicht sicher, ob er den Worten seines Partners über den Weg traute. Das Fachgeschäft für Babies und Kleinkinder, in das Doflamingo ihn führte, war kein Laden, in den Hancock oder ihr Freund sich jemals verirrt hätten. Crocodile wurde recht schnell klar, dass zur Zielgruppe eindeutig sehr wohlhabende Menschen gehörten. Als er im Vorbeigehen einen Blick auf das Preisschild eines Stramplers sah, wich jegliche Farbe aus seinem Gesicht: 150 Berry für so wenig Stoff? Die Kleidung, die Crocodile selbst trug, war ebenfalls nicht günstig gewesen, dessen war er sich bewusst. Doch das Hemd, das er derzeit trug, besaß er zum Beispiel schon seit zwei Jahren; wohingegen ein kleines Baby schon nach wenigen Wochen aus einem Strampler wieder herauswuchs. "Sind die Sachen nicht unheimlich putzig?", fragte Doflamingo ihn und musterte mit begeisterter Miene die riesige Auswahl an Babyartikeln. "Schau dir nur mal diese Söckchen an! Hinreißend!" Crocodile rollte mit den Augen. Anstatt auf den Enthusiasmus seines Partners einzugehen, hielt er lieber nach einem Mitarbeiter Ausschau. Sie mussten nicht lange warten, ehe sie von einer rothaarigen Verkäuferin angesprochen wurden. "Guten Tag", begrüßte diese sie freundlich. "Mein Name ist Nami. Kann ich Ihnen helfen?" Doflamingo nickte sofort. "Sehr gerne", meinte er, ohne Crocodile auch nur die Möglichkeit zu geben, zu Wort zu kommen. "Wir suchen einen Kinderwagen." "Da sind Sie bei uns genau richtig", erwiderte die junge Verkäuferin. "Wir führen eine Vielzahl an Modellen. Wie alt ist Ihr Kind denn? Wenn es bereits eigenständig sitzen kann, bietet sich womöglich eher ein Buggy als ein Kinderwagen an." "Oh, es ist noch gar nicht auf der Welt", erklärte Doflamingo mit fröhlich klingender Stimme. "Wir suchen also einen Kinderwagen, der auch für ein Neugeborenes geeignet ist." Nami nickte. "Natürlich, bitte folgen Sie mir." Sie vollführte eine einladende Geste und wies ihnen den Weg zum entsprechenden Bereich des Geschäfts. Während die Verkäuferin vorging, wandte sich Crocodile an seinen Verlobten und flüsterte diesem in einem leicht verärgerten Tonfall zu: "Bleib bitte auf dem Teppich, Doflamingo, ja? Wir hatten uns doch noch gar nicht darauf geeinigt, dass wir Hancock einen Kinderwagen schenken wollten!" Diese Kritik meinte er ernst. Es war bereits schlimm genug, dass Doflamingo ihn ausgerechnet in ein Babyfachgeschäft gelotst hatte, welches anscheinend bloß unverschämt teure Artikel verkaufte; da musste sein Partner nun nicht auch noch übermütig werden. Um ehrlich zu sein, hätte Crocodile lieber günstiger eingekauft. Natürlich wollte er seine jüngere Schwester gerne unterstützen, doch er war auch der Meinung, dass sein zukünftiger Neffe oder seine Nichte keinen Strampler für 150 Berry brauchte. Den Preis für einen Kinderwagen, der in diesem Laden verkauft wurde, wollte er sich nicht einmal vorstellen. Woher nur sollte er das Geld für diese teuren Geschenke nehmen? "Ach, jetzt sei doch nicht so miesepetrig, Wani", flüsterte Doflamingo zurück. Noch immer machte er einen überaus fröhlichen Eindruck; die Kritik seines Partners schien er überhaupt nicht ernst zu nehmen. "Ich weiß, dass ich manchmal dazu neige, dir das Wort abzuschneiden. Aber ein Kinderwagen gehört doch mit zu den wichtigsten Dingen, die Hancock benötigt, nicht wahr? Sie wird sich sicherlich darüber freuen!" Crocodile kam nicht dazu, seinem Partner zu erklären, dass er sich (zumindest in erster Linie) nicht über die Entscheidung einen Kinderwagen zu kaufen, sondern über den Preis dieses Geschenks beschwerte. Denn gerade, als er zu einer Erwiderung ansetzen wollte, erreichten sie die Abteilung des Babyfachgeschäfts, in der die Kinderwagen ausgestellt wurden. Nami wandte sich zu ihnen um und setzte ein kundenfreundliches Lächeln auf. Crocodile blieb nichts anderes übrig, als seine Entgegnung hinunterzuschlucken und sich vorzunehmen, seinen Partner zusammenzustauchen, sobald sie beide wieder allein waren. "Neugeborene Kinder liegen zumeist im Kinderwagen; erst später, ab allerfrühestens sechs Monaten, sollte man sie aufrecht sitzen lassen", erklärte ihnen Nami. "Praktisch ist darum ein Wagen, dessen Liege- sich zu einer Sitzfläche einstellen lässt und umgekehrt. Ein weiterer Vorteil dieser Funktion besteht darin, dass auch größere Kinder bei zum Beispiel längeren Ausflügen gemütlich schlafen können, indem man die Sitzfläche zur Waagerechten umklappt. Bei einem Buggy ist dies nicht möglich." Während Doflamingo an den Lippen der Verkäuferin hing und überaus interessiert ihren Ausführungen lauschte, ließ Crocodile seinen Blick über die vielen verschiedenen Kinderwagen schweifen, die ausgestellt waren. Unweigerlich fragte er sich, wie teuer ein solcher wohl sein würde. Mit seinen ursprünglich eingerechneten 500 bis 800 Berry käme er hier vermutlich nicht sonderlich weit. Während Crocodile so tat, als würde er sich ein bestimmtes Modell näher ansehen, suchte er unauffällig nach dem Preisschild. Als er es schließlich fand, stockte ihm der Atem. Dieser Kinderwagen kostete mehr als 4.000 Berry! "Erwarten Sie denn einen Jungen oder ein Mädchen?", hörte er Nami mit freundlicher Stimme fragen. Crocodile schreckte auf und fuhr sich mit der rechten Hand über den Mund. "Das wissen wir noch nicht", antwortete er, ehe sein Verlobter ihm erneut zuvor kommen konnte. "Leben Sie in der Stadt? Nur wenn Sie nicht auf dem Land wohnen, kann ich ihnen ein dreirädrigen Kinderwagen empfehlen. Auf unebenem Gelände sind Sie mit drei Rädern viel zu unsicher unterwegs..." Crocodile machte sich nicht die Mühe, den Erläuterungen der Verkäuferin zuzuhören. Er verließ sich darauf, dass sein Partner alle wichtigen Kaufkriterien im Kopf haben würde. Noch immer hörte dieser sehr genau zu und stellte sogar einige Zwischenfragen zu Details, die Crocodile niemals in den Sinn gekommen wären. Man könnte tatsächlich meinen, dachte er kopfschüttelnd, dass nicht Luffy, sondern Doflamingo Vater werden würde. Crocodile wurde erst wieder hellhörig, als es endlich darum ging, einen der Kinderwagen auszusuchen. Wie nicht anders zu erwarten gewesen, stürzte Doflamingo sich sofort auf ein komplett rosafarbenes Modell und meinte an seinen Verlobten gewandt: "Wie wäre es mit dem hier, Darling? Ich finde ihn wirklich hübsch!" Crocodile rollte mit den Augen. "Auf gar keinen Fall! Wir wissen doch gar nicht, ob es ein Mädchen wird." "Was hat denn das Eine mit dem Anderen zu tun?", erwiderte Doflamingo und tat so, als wäre er beleidigt. Er verschränkte die Arme vor der Brust und wandte demonstrativ das Gesicht ab. Zufällig trug er heute ein rosafarbenes Hemd. Crocodile konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen", meinte er mit schelmischer Stimme und ließ sogar zu, dass Doflamingo ihm einen Mund auf den Kuss gab, obwohl er für den Austausch von Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit normalerweise nicht sonderlich viel übrig hatte. Crocodile schämte sich nicht für seinen Partner, doch er war ein Mensch, der Privates und Öffentliches stark voneinander trennte. "Trotzdem bin ich für eine dezente Farbe", sagte Crocodile. Er schaute sich einige der Kinderwagen an und versuchte abzuschätzen, welcher wohl am preisgünstigsten sein würde. Gut genug waren sicherlich alle; jedenfalls deutlich teurer als jeder Kinderwagen, den Hancock und Luffy sich jemals angeschafft hätten. "Wie wäre es mit diesem hier?", meinte Crocodile und deutete auf einen schwarzen Kinderwagen, der sich in seinen Augen nicht sonderlich stark von den anderen im Raum abhob. Der einzige Unterschied bestand im Preis: Mit 1.600 Berry gehörte er noch zu den günstigen Exemplaren. Doflamingo begutachtete den von ihm vorgeschlagenen Kinderwagen kritisch. Schließlich schüttelte er mit ernster Miene den Kopf. Crocodile warf seinem Verlobten einen fragenden Blick zu. "Was stimmt denn nicht damit?", fragte er nach. "Ich finde ihn hübsch; mir gefällt er gut." "Darum geht es nicht", erwiderte Doflamingo mit ernster Stimme. "Nami hat uns doch eben erklärt, dass die Lehne mindestens fünfzig Zentimeter hoch sein muss, damit das Kind seinen Kopf vernünftig abstützen kann. Bei diesem hier ist die Lehne zu niedrig!" "Ähm..." Crocodile wusste nicht so recht, was er auf diese Aussage erwidern sollte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Partner so spitzfindig sein würde. Es ging hier doch bloß um die Auswahl eines Kinderwagens, nicht um eine Organtransplantation! "Der hier drüben ist gut", hörte er ebenjenen sagen. Doflamingo war vor einem hübschen, beigefarbenen Kinderwagen stehen geblieben. Crocodile ging zu seinem Partner hinüber und sah sich das ausgewählte Stück an. Er musste zugeben, dass der Wagen wirklich schick aussah. Leider war auch der Preis stolz; Crocodile schluckte, als er das entsprechende Schildchen sah: 5.000 Berry. "Bist du dir sicher, dass er alle wichtigen Kriterien erfüllt?", hakte Crocodile nach. Vielleicht fanden sie ja irgendeinen Makel und entschieden sich hinterher doch lieber für einen anderen (kostengünstigeren) Kinderwagen. "Ich gebe zu, dass er sehr hübsch aussieht, aber am wichtigsten ist die Sicherheit!" "Da hast du natürlich Recht", stimmte Doflamingo ihm zu und untersuchte den Kinderwagen ganz genau. Zu Crocodiles Unglück schien er allerdings keinen Negativpunkt zu finden. "Ich denke, den hier können wir nehmen. Man kann die Liegefläche hoch- und runterklappen, er hält bis zu 25 Kilogramm Gewicht aus, die Räder sind schwenkbar, die Lehne ist hoch genug und man kann ihn zusammenklappen. Das Gestell ist sogar aus Carbon; schwer ist der Kinderwagen also auch nicht. Ich sehe keinen Grund, wieso wir ihn nicht nehmen sollten." "Okay, gut, von mir aus", meinte Crocodile, der allmählich in echte Bedrängnis geriet. Er hatte nicht damit gerechnet, heute 2.500 Berry auszugeben. So viel Geld hatte er überhaupt gar nicht dabei. Und er besaß auch keine Kreditkarte mehr, mit der einen solch großen Geldbetrag bezahlen könnte. Weil ihm in seiner Panik nichts Anderes einfiel, meinte er an Doflamingo gewandt: "Wollen wir uns noch ein paar andere Dinge anschauen, bevor wir ihn kaufen? Vielleicht finden wir ja noch einen niedlichen Strampler oder so etwas?" "Klar, gute Idee!", pflichtete ihm Doflamingo bei, der sofort ganz begeistert wirkte. Er griff nach seinem Unterarm und schleppte ihn eilig ein paar Gänge weiter. Crocodile ließ sich mitschleifen. Er wusste nicht, ob es ein guter Einfall von ihm gewesen war, seinen Verlobten von dem teuren Kinderwagen abzulenken. Schlimmstenfalls fand dieser noch einen Strampler für 500 Berry, den er Hancocks Baby unbedingt schenken wollte. Crocodile seufzte leise. Wenn Doflamingo so weiter machte, dann war dieses Kind bald besser ausgestatt als er selbst - und dabei war es doch noch nicht einmal geboren! Leider musste Crocodile feststellen, dass die Kaufwut seines Partners jede seiner Befürchtungen weit überstieg: Am Ende standen sie an der Kasse mit nicht weniger als zehn Stramplern, fünf Hosen, fünf T-Shirts und zehn Paar Socken. Und den ausgewählten Kinderwagen wollte Doflamingo selbstverständlich auch kaufen. "Findest du nicht, dass du ein wenig übertreibst?", fragte Crocodile seinen Verlobten, während Nami mit goldenen Berry-Zeichen in den Augen die teuren Artikel abrechnete. "So viele Sachen... Und das Baby ist doch noch gar nicht auf der Welt!" "Ihr Baby hat nur das Beste vom Besten verdient", warf Nami fröhlich ein. "Und Babysachen einzukaufen gehört doch für werdende Eltern mit zu den schönsten Dingen! Adoption oder Leihmutterschaft?" "Wie bitte?", fragte Crocodile verwundert nach. Er verstand die Frage überhaupt nicht. "Ob Sie beide ein Kind adoptieren oder eines durch künstliche Befruchtung gezeugt haben?", wiederholte Nami, als handelte es sich dabei um eine völlig normale Frage. Es dauerte einige Sekunden, bis zu Crocodile durchdrang, worauf die junge Verkäuferin hinauswollte. Sofort spürte er, wie sich Röte in seinem Gesicht ausbreitete. Er wischte sich nervös über den Mund. Hatten Doflamingo und er tatsächlich den Eindruck von werdenden Eltern erweckt? Nun gut, musste Crocodile sich eingestehen, bei ihnen handelte es sich offensichtlich um ein homosexuelles Paar, das Babysachen kaufte; eine solche Vermutung lag also nahe. "Adoption", antwortete Doflamingo kurzerhand und nahm die Tüte mit Babykleidung entgegen, die Nami ihm reichte. Den Kinderwagen ließen sie liefern. "Wir freuen uns sehr auf das Baby. Schon immer habe ich irgendwann Vater werden wollen. Mein Verlobter ist sehr verunsichert, was die ganze Situation angeht, aber auch er freut sich sehr. Sie wissen ja, wie das mit werdenden Eltern ist: Man macht sich viele Gedanken um die Zukunft und hat Angst, etwas falsch zu machen." "Machen Sie sich keine Sorgen", entgegnete Nami unbekümmert und nahm das Geld entgegen, das Doflamingo ihr reichte. "Ich bin mir sicher, dass Sie beide wunderbare Eltern werden. Das einzige, was zählt, ist die Frage, ob man sein Kind liebt oder nicht. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann nichts schiefgehen." "Da haben Sie vollkommen Recht", meinte Doflamingo breit grinsend. In der einen Hand hielt er die Tüte mit den eingekauften Babysachen, mit der anderen griff er nach dem Unterarm seines Verlobten und verließ gemeinsam mit ihm das Fachgeschäft. Crocodile schämte sich so sehr, dass er kein einziges Wort über die Lippen brachte. Noch immer war sein Gesicht knallrot. Erst als sie beide wieder im Auto saßen, fand Crocodile wieder zu sich. Er warf Doflamingo einen verständnislosen Blick zu und fragte: "Wieso hast du behauptet, wir beide würden ein Baby adoptieren?" Er konnte überhaupt nicht nachvollziehen, wieso dieser die Verkäuferin angelogen hatte. Doflamingo allerdings grinste bloß und zuckte mit den Schultern. "Wieso nicht?", erwiderte er mit leichtherziger Stimme. "Ich habe mir einfach einen kleinen Spaß erlaubt. Es ist wirklich unfassbar, wie rot du geworden bist." Er kicherte leise. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass man mir eine solche Frage stellen würde", lenkte Crocodile (mit noch immer knallrotem Gesicht) nuschelnd ein. "Ich kann es Nami nicht verübeln", meinte Doflamingo. "Immerhin hätten wir auch genausogut für unser eigenes Kind die vielen Sachen kaufen können. Vielleicht tun wir das ja irgendwann sogar." Angesichts dieser dubios klingenden Aussage wandte Crocodile sich zu seinem Partner um und warf diesem einen skeptischen Blick zu. "Was meinst du damit?", fragte er ihn. "Nun ja", erwiderte Doflamingo. "Ich wollte damit einfach nur sagen, dass es nicht unmöglich ist, dass wir beide irgendwann einmal ein eigenes Kind haben werden, nicht wahr?" "Ein Kind?" Crocodile hatte niemals über Kinder nachgedacht. Da er homosexuell war, war ihm diese Frage nie zuvor in den Sinn gekommen. Doflamingo allerdings, dachte er betroffen, war bisexuell. Er hatte bereits Beziehungen mit Frauen geführt. Und sich vielleicht immer vorgestellt, später einmal Vater zu werden. Nicht zum ersten Mal fragte Crocodile sich, ob Doflamingo sich manchmal nach einer Frau sehnte. Einer Partnerin. Mit der er auch Kinder bekommen könnte. Leibliche Kinder. "Crocodile?" Es war die besorgt klingende Stimme seines Verlobten, die ihn aus seinen Gedanken riss. "Geht es dir gut? Du wirkst plötzlich ganz abwesend." "Mir geht es gut", erwiderte Crocodile unwirsch. "Ich habe eben bloß über, naja, Kinder nachgedacht." "Käme es für dich infrage, Vater zu werden?" Doflamingos Stimme klang ungewohnt ernst, als er ihm diese Frage stellte. "Also, nicht unbedingt in nächster Zeit. Aber vielleicht in ein paar Jahren?" "Wie soll das denn gehen?", wich Crocodile dieser Frage aus. "Ich bin homosexuell!" "Du weißt, was ich meine", warf sein Partner ein. "Adoption. Leihmutterschaft. Es gibt viele Wege, um Vater zu werden." Crocodile zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht", sagte er schließlich wahrheitsgemäß. "Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Keiner der Männer, mit denen ich jemals zusammen gewesen bin, hat deutlich gemacht, dass er irgendwann einmal Kinder haben möchte. Vielleicht möchte ich irgendwann Kinder; vielleicht auch nicht. Derzeit kommt es für mich jedenfalls nicht infrage, Vater zu werden." Und weil er spürte, dass es sich bei dieser Antwort nicht um diejenige handelte, die sein Verlobter gerne hören wollte, fügte er hinzu: "Lass uns nichts überstürzen, Doffy, ja? Zuerst konzentrieren wir uns auf unsere Hochzeit. Und auf das Baby, das Hancock bekommen wird. Wenn wir beide verheiratet sind, ist es ja sozusagen auch deine Nichte oder dein Neffe. Später können wir von mir aus noch einmal über eigene Kinder reden." Doflamingo lächelte zaghaft. Er legte seinen Arm um die Schulter seines Partners und drückte diesen an sich. Crocodile ließ die Berührung geschehen und schloss sogar die Augen. Er atmete den angenehmen Geruch seines Partners ein. Um ehrlich zu sein, hatte er nicht damit gerechnet, dass Doflamingo ihn jemals nach Kindern fragen würde. Aber dasselbe hatte er ja auch über ihre Verlobung gedacht. Es gab Seiten an seinem Partner, die überraschten Crocodile. Doflamingo war nicht so egoistisch, rücksichtslos und genusssüchtig, wie viele glaubten. Vielleicht vermisst er es, eine Familie zu haben, schoss es Crocodile durch den Kopf und er konnte nicht verhindern, dass ihn dieser Gedanke traurig stimmte. Hatte Doflamingo ihm einen Heiratsantrag gemacht und ihn auf Kinder angesprochen, weil ihm seine Eltern und sein jüngerer Bruder fehlten? Tat er nach außen hin bloß immer so unbeschwert und ausschweifend, um zu verdecken, dass er sich in Wirklichkeit nach einer festen Ehe, einer Familie sehnte? "Woran denkst du?", fragte Doflamingo ihn und streichelte sein Handgelenk. "An uns", antwortete Crocodile wahrheitsgemäß. "Und daran, wie sehr ich dich liebe." Es hatte ihn geschockt, als sein Partner ihm von seinen Eltern und Corazon erzählt hatte. Crocodile war der Meinung, dass Doflamingo eine intakte Familie verdiente. Genauso wie er selbst. Aber Kinder bekommen, fügte er gedanklich hinzu, sollten sie allerfrühestens erst dann, wenn er keine Schulden mehr hatte und es ihm psychisch wieder besser ging. * Um genau vierzehn Uhr dreißig parkte Crocodile seinen Mercedes C 216 vor dem Bürogebäude von Tom's Workers. Es war kleiner als er es vermutet hätte, doch im Nachhinein erschien ihm dieser Umstand sinnig: Immerhin ging es um die Organisation einer Messe; sicherlich gab es vieles, was vor Ort besprochen und geregelt wurde. Crocodile holte eine Zigarre aus seiner Manteltasche hervor, zündete sie an und nahm einen tiefen Zug. Sofort beruhigte ihn der Geschmack des Tabaks in seinem Mund. Im Kopf ging er noch einmal alle wichtigen Informationen durch. Er war sehr zuversichtlich, dass es ihm gelingen würde, sich bei dem bevorstehenden Vorstellungsgespräch gut darzustellen. In seinem Leben hatte er bereits Dutzende solcher Gespräche geführt. Das erste Mal im Alter von sechzehn Jahren, als er einen Nebenjob beim örtlichen Supermarkt angenommen hatte. Um vierzehn Uhr fünfzig betrat Crocodile das Bürogebäude. Er hielt nach einer Orientierungstafel oder Ähnlichem Ausschau, die er schließlich neben dem Aufzug fand und die ihm verriert, dass er hoch in das zweite Stockwerk musste. Bevor er den Raum Nummer 44 betrat, holte Crocodile noch einmal tief Luft. Er bemühte sich um seinen selbstsicheren Gesichtsausdruck und eine gerade Körperhaltung. Nur wenn er den Eindruck erweckte, von sich selbst überzeugt zu sein, würde es ihm gelingen, auch andere Menschen zu beeindrucken. Zuversichtlich klopfte er an die Zimmertüre an. Erst als Crocodile ein freundlich klingendes "Herein!" vernahm, öffnete er diese. Im Inneren des Raums hielten sich ein Mann und zwei Frauen auf. Die beiden Frauen waren (vermutete Crocodile) Zwillinge oder zumindest Geschwister, denn sie sahen sich sehr ähnlich. Nicht nur, was die Gesichtszüge und den Körperbau, sondern auch die Frisuren und den Kleidungsstil anging. Die dritte Person war ein großer, bulliger Mann, der Crocodiles Ansicht nach absolut unpassend gekleidet war: Er trug eine kurze Hose und ein buntes Hawaii-Hemd. Trotzdem ließ Crocodile sich nicht beirren. Nicht zuletzt sein eigener Verlobter hatte ihn gelehrt, dass die Garderobe eines Menschen nicht unbedingt etwas über seine Intelligenz oder seinen Einfluss aussagen musste. "Guten Tag", begrüßte ihn der lächerlich gekleidete Mann mit freundlicher Stimme und reichte ihm seine Hand, in die Crocodile ohne zu Zögern einschlug. "Mein Name ist Cutty Franky. Sie sind sicherlich Sir Crocodile, nicht wahr?" "Ja, das ist richtig", meinte er und bemühte sich um einen festen Händedruck. "Es freut mich, Sie kennenzulernen." Anschließend schüttelte er den beiden Damen im Raum die Hand. Die Frau, die eine gelbe Bluse trug, stellte sich als Mozz vor; diejenige mit der roten Bluse als Kiwi. Crocodile setzte ein charmantes Lächeln auf, als er ihr die Hand schüttelte und merkte an, dass sie beide ja bereits schon telefoniert hätten. "Bitte setzen Sie sich doch", sagte Franky zu ihm; Crocodile kam dieser Aufforderung zu gerne nach. Er schob den Stuhl zurück, der vor dem ausladenden Schreibtisch stand, hinter den sich Franky setzte, und ließ sich darauf nieder. Kiwi und Mozz suchten sich zwei Stühle ein Stück weiter abseits aus. Alle drei Gesprächspartner musterten ihn neugierig. Franky tat es ganz unverhohlen, während die beiden Frauen (vermutlich seine Sekretärinnen) bloß immer mal wieder verstohlen zu ihm hinüberlinsten. Crocodile ließ diese Inspizierung über sich ergehen, ohne auch nur ein einziges Anzeichen von Unwohlsein zu zeigen. "Haben Sie gut hergefunden?", fragte Franky ihn mit freundlicher Stimme. "Am Ende der Straße gibt es seit Neuestem eine große Baustelle; dort steht der Verkehr immer lange." "Prinzipiell schon", meinte Crocodile, der in dieser Frage einen ersten Test sah. "Ich habe zwar, ich weiß nicht, zehn oder fünfzehn Minuten dort festgehangen, aber zum Glück bin ich zeitig genug losgefahren." Auf einen unerfahrenen Bewerber hätten Frankys Fragen wahrscheinlich den Eindruck von nettem Smalltalk gemacht, doch Crocodile wusste es besser: Viele Arbeitgeber stellten gleich zu Beginn des Vorstellungsgesprächs Fragen, bei denen man leicht in ein Fettnäpfchen treten konnte. Crocodile nahm sich vor, achtsam zu sein; gleichzeitig durfte er jedoch nicht unauthentisch wirken. Es war alles eine Sache des Fingerspitzengefühls. "Das ist schön zu hören", meinte Franky, ehe er endlich auf den eigentlichen Anlass für ihr Treffen zu sprechen kam: "Wissen Sie, wofür wir zuständig sind und welche Stelle Sie gegebenenfalls einnehmen würden?" "Natürlich", antwortete Crocodile, dem nun seine ausführliche Vorbereitung zugute kam. "Sie organisieren die Elektronikmesse Tom's Workers. Da es nur noch wenige Monate dauert, bis diese stattfindet, gehe ich davon aus, dasss ich jemanden vertreten soll, der kurzfristig verhindert ist." Franky nickte. "Um ehrlich zu sein", meinte er, "haben Sie damit vollkommen Recht. Ein wichtiger Mitarbeiter ist vor kurzem bei einem sehr tragischen Autounfall ums Leben gekommen. Sein Name war Iceberg; ein sehr kompetenter Mann. Sein Verlust trifft uns nicht nur auf emotionaler Ebene hart. Ich möchte Ihnen nichts vormachen, Sir Crocodile: Der Job, den wir Ihnen anbieten, wird kein leichter sein. Sie müssen innerhalb kurzer Zeit viel Arbeit leisten. Es wird stressig. Sie müssen wissen, was Sie tun, und vor allem müssen Sie zeitlich flexibel sein." "Mein herzliches Beileid", sagte Crocodile. "Dass ich die Arbeit von jemand Anderem fortsetzen muss, habe ich mir bereits gedacht. Mit diesem Umstand werde ich auf jeden Fall zurechtkommen. Ich bin es gewohnt, hohe Verantwortung zu tragen und auch unter Stress gute Leistungen zu erbringen. Vor welche Probleme Sie mich auch immer setzen werden: Ich werde Sie lösen." Franky zog eine Augenbraue hoch. Crocodile fragte sich, ob sein Gegenüber beeindruckt von ihm war oder ob er ihn bloß für einen reißerischen Prahler hielt. Er war sich dessen bewusst, dass er eben relativ dick aufgetragen hatte, doch diesen Schritt hatte er aus gutem Grund gewagt. Anscheinend wurde hier jemand gesucht, der eine Position bekleiden konnte, die mit viel Stress und Hektik verbunden war. Hätte er sich verunsichert oder zweifelnd gegeben, würde man ihn sicherlich nicht nehmen. Ganz im Gegenteil: Er musste sich als einen sehr selbstbewussten Menschen präsentieren, der immer einen kühlen Kopf bewahrte. Auch jetzt in dieser Situation ließ Crocodile sich seine Nervosität nicht im geringsten anmerken. "Von Nico Robin, Ihrer ehemaligen Sekretärin, habe ich erfahren, dass sie zuvor als Manager gearbeitet haben", fuhr Franky fort. "Sie sprach in höchsten Tönen von Ihnen und vor allem ihrer hohen Kompetenz. Darf ich fragen, wieso Sie Ihre Arbeitsstelle wechseln möchten?" Crocodile zögerte bloß eine halbe Sekunde, ehe er sich für die Wahrheit entschied: "Ich habe einen Fehler gemacht, der als Vorwand genutzt wurde, um mir zu kündigen. Den finanziellen Schaden, den ich verursacht habe, hätte ich ohne allzu viel Mühe wieder ausgleichen können. Den wahren Grund für meine Kündigung kenne ich nicht. Nun, wie auch immer: Infolgedessen suche ich nun eine neue Arbeitsstelle." In einem anderen Vorstellungsgespräch hätte Crocodile womöglich gelogen, doch da Franky mit Robin gut befreundet zu sein schien, hielt es für klüger, bei der Wahrheit zu bleiben. Arbeitnehmer unterhielten sich lieber mit einem Bewerber, der einen Fehler gemacht hatte und offen zu diesem stand, als mit einem Lügner. Und er konnte nicht ausschließen, dass Robin Franky über seine Kündigung informiert hatte. "Haben Sie denn eine Vermutung, was der eigentliche Grund für Ihre Kündigung sein könnte?", hakte Franky mit ernster Stimme nach. Crocodile zuckte mit den Schultern. Schließlich meinte er: "Vermutlich meine Sexualität. Womöglich aber auch persönliche Differenzen. Ich habe mich mit meinen Vorgesetzten nie gut vorgestanden." "Ihre Sexualität?" Franky warf ihm einen überraschten Blick zu. Crocodile hatte nicht damit gerechnet, dass Franky nicht über seine sexuelle Ausrichtung Bescheid wusste. Um ehrlich zu sein, war er davon ausgegangen, dass Robin ihm davon erzählt hatte. Er hätte diese Tatsache lieber verschweigen wollen. Sollte Franky sich als homophob herausstellen, wären seine Chancen auf diesen Job praktisch bei null. Jetzt war es allerdings sowieso zu spät. "Ich bin homosexuell", sagte Crocodile und bemühte sich um eine feste Stimme. Franky blinzelte zweimal und starrte ihn verwundert an. Crocodile seufzte leise und zwang sich dazu, nicht mit den Augen zu rollen. Da er nicht dem Klischee des typischen Schwulen entsprach, war er solche Reaktion gewohnt. Viele Menschen wollten ihm gar nicht glauben, dass er homosexuell war. Sie sagten dann immer, er sähe, nun ja, heterosexuell aus. Crocodile selbst konnte solche Oberflächlichkeit überhaupt nicht nachvollziehen. Er war der Meinung, dass die Sexualität eines Menschen nichts mit dessen Äußeren zutun haben musste. Natürlich gab es homosexuelle Männer, denen sah man ihre Neigung sofort an (wie zum Beispiel Doflamingo oder Dellinger), doch ebenso gut gab es auch welche, bei denen man es eigentlich nicht vermuten würde. Dazu zählte Crocodile sich selbst, aber auch zum Beispiel Law und die meisten seiner Exfreunde. "Bitte verstehen Sie mich nicht falsch!", warf Franky sofort hektisch ein, als er zu bemerken schien, wie rücksichtslos und schroff seine Reaktion gewirkt haben musste. "Ich habe überhaupts nichts gegen Schwule oder Lesben! Ein paar meiner besten Freunde sind homosexuell! Man würde es, na ja, bei einem Mann wie Ihnen einfach bloß nicht erwarten." "Ist schon gut", erwiderte Crocodile. "Viele Menschen reagieren überrascht, wenn sie von meiner Sexualität erfahren. Aber ich denke, in diesem Verhältnis tut die Frage, ob ich an Männern oder Frauen interessiert bin, sowieso nicht zur Sache. Seien Sie sich bitte sicher, dass meine sexuelle Ausrichtung überhaupt nichts mit der Frage zu tun hat, ob ich gute oder schlechte Arbeit leiste." "So etwas würde ich auch niemals behaupten", warf Franky rasch ein. Er schien sich sehr dafür zu schämen, dass er eben einen solch unhöflich Eindruck erweckt hatte. "Um ehrlich zu sein, wirken Sie auf mich überaus kompetent. Ich denke, Sie sind genau der Mann, den wir suchen. Wenn von Ihrer Seite also nichts dagegen spricht, würde ich Ihnen gerne noch heute Ihren Arbeitsvertrag mitgeben. Wir sind zeitlich in starkem Verzug und möchten Sie gleich am Montag bei uns begrüßen." "Ähm, ja natürlich, sehr gerne." Crocodile war stolz darauf, dass er nicht angefangen hatte zu stottern. Er konnte sein Glück kaum fassen. Träumte er? Am liebsten hätte er sich selbst in den Arm gekniffen, um sicherzugehen, dass er wach war. Dass er tatsächlich eine neue Arbeitstelle gefunden hatte. "Wunderbar!", meinte Franky und stand von seinem Schreibtischstuhl auf. "Kiwi wird Ihnen am Montag Ihren Arbeitsvertrag in dreifacher Ausführung aushändigen. Bitte unterschreiben Sie alle drei Versionen und geben dann zwei an uns zurück. Ihre Arbeitswoche beträgt 40 Stunden. Das monatliche Gehalt liegt bei 30.000 Berry. Für Überstunden, Arbeit nach zwanzig Uhr und an Feiertagen erhalten Sie einen Zuschlag von 25 Prozent auf den Studenlohn. Ihnen stehen außerdem 20 Urlaubstage zu. Befristet ist die Stelle bis Ende dieses Jahres. Sollten Sie uns jedoch von sich überzeugen können, steht einem unbefristeten Arbeitsverhältnis sicherlich nichts im Wege." Er stand auf und reichte ihm die Hand. Crocodile kam sich vor wie in einer Art Trance, als er einschlug. Die ganze Situation kam ihm unwirklich vor. Er schämte sich dafür, doch er musste sich ernsthaft zusammenreißen, um sich nicht selbst zu kneifen. Die Tatsache, dass er nicht mehr arbeitslos war, war noch lange nichts bis zu ihm durchgedrungen. "Ich muss mich jetzt leider entschuldigen", fuhr Franky fort. "Es gibt viel zu tun. Bis Montag! Bitte erscheinen Sie um acht Uhr morgens in Raum 7, meinem Büro. Dann besprechen wir Ihre Aufgaben." Crocodile nickte. Einen Moment später war Franky verschwunden; Crocodile blieb mit Kiwi und Mozz im Raum zurück. Er schreckte auf, als er hörte, wie beide leise zu kichern begannen. Verwundert wandte Crocodile sich zu den zwei Schwestern um und warf ihnen einen fragenden Blick zu. Er konnte überhaupt nicht verstehen, was diese plötzlich so unfassbar lustig fanden. Oder lachten Kiwi und Mozz ihn etwa aus? Handelte es sich um einen Scherz? Waren dieses Vorstellungsgespräch und der versprochene Arbeitsvertrag nichts anderes als ein schlechter Witz gewesen? Immerhin schien es sich bei Cutty Franky um einen doch sehr eigenartigen und kuriosen Menschen zu handeln. Ein bitterer Geschmack legte sich auf Crocodiles Lippen, als ihm diese Möglichkeit in den Sinn kam. Es war wohl einfach zu schön gewesen, um wahr zu sein. "Entschuldigung", meinte Kiwi und hielt sich eine Hand vor den Mund, als sie seinen Blick bemerkte. "Es ist nur so, dass Franky eben ein riesiger Stein vom Herzen gefallen ist." "Was meinen Sie denn damit?", fragte Crocodile und zog die Augenbrauen zusammen. "Nun ja", erwiderte Mozz grinsend. "Franky ist nun bereits schon seit einiger Zeit an Robin interessiert. Da Sie allerdings von ihr so inständig empfohlen worden sind, ist er davon ausgegangen, dass Sie beide ein Paar wären. Glücklicherweise hat sich ja nun aber herausgestellt, dass dies nicht der Fall ist. Franky ist ein kompetenter Mann, aber manchmal fällt es ihm schwer, Privates und Berufliches zu trennen. Ich denke, mitunter der Tatsache, dass Sie homosexuell sind und somit keine Konkurrenz für ihn darstellen, haben Sie Ihre neue Anstellung zu verdanken." "Cutty Franky und Nico Robin?", murmelte Crocodileund fuhr sich mit der rechten Hand durch sein Haar. Ob er es zugeben wollte oder nicht: Auch ihm fiel ein Stein vom Herzen. Also nahm man ihn doch nicht auf den Arm. Alles ging mit rechten Dingen zu. Am Montag würde er seinen Arbeitsvertrag unterschreiben und dann würde er endlich wieder Geld verdienen. Er könnte seine Schulden tilgen. Und er könnte Doflamingo heiraten. Seine Probleme würden sich in Luft auflösen. Ein zaghaftes Lächeln schlich sich auf Crocodiles Lippen. "Ich erinnere mich daran, dass Robin ab und an einen Mann namens Franky erwähnt hat", meinte Crocodile an Kiwi und Mozz gewandt. "Sie hat stets in höchsten Tönen von ihm gesprochen." Sofort brachen die beiden Geschwister erneut in fröhliches Gelächter aus. "Wir haben eine Wette abgeschlossen", sagte Kiwi. "Ich glaube, dass Franky und Robin demnächst ein Paar werden. Mozz hält allerdings dagegen." "Ich bin auf Ihrer Seite, Kiwi", meinte Crocodile. Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln. "Das freut mich. Franky und Robin gehören einfach zusammen. Aber nun Schluss mit dem Klatsch und Tratsch! Wir möchten Sie nicht langweilen, Sir Crocodile. Ich bringe Sie zur Tür. Bis Montag!" * "Hoffentlich freut Hancock sich über unsere Geschenke", meinte Doflamingo mit aufgeregter Stimme. Sie waren gerade auf den Weg zur Schwangerschaftsparty. Crocodile fuhr seinen Mercedes C 216, während Doflamingo neben ihm auf dem Beifahrersitz saß und wild zu schwadronieren begann. "Bestimmt", erwiderte Crocodile mit eher desinteressiert klingender Stimme. Noch immer konnte er die übertriebene Vorfreude seines Verlobten nicht ganz nachvollziehen. Er hatte sich zwar inzwischen mit dem Gedanken angefreundet, Onkel zu werden, doch Doflamingos Begeisterung hielt er beinahe schon für unangemessen. Immerhin war dieser mit dem Kind ja noch nicht einmal verwandt. "Meinst du, es wird ein Junge oder ein Mädchen?" Crocodile zuckte mit den Schultern. Über diese Frage hatte er sich bisher keine sonderlich großen Gedanken gemacht. Immerhin war es nicht so, als hätte das Sinnieren über das Geschlecht des Kindes irgendeinen Einfluss auf das tatsächliche Faktum. Außerdem würden sie es doch sowieso schon in wenigen Stunden erfahren. "Zum Glück haben wir geschlechtsneutrale Kleidung für das Baby besorgt", fuhr Doflamingo fort, der die Teilnahmslosigkeit seines Partners entweder nicht zu bemerken oder sich daran nicht zu stören schien. "Ich persönlich hätte zwar kein Problem damit, einem kleinen Jungen einen rosafarbenen Strampler anzuziehen, aber vermutlich sind Hancock und Luffy in dieser Hinsicht ein wenig traditioneller eingestellt als ich. Ich hoffe, dass den beiden die Farbe des Kinderwagens zusagt. Vielleicht hätte ich vorher doch lieber unauffällig nach Hancocks Lieblingsfarbe fragen sollen..." "Ich bin mir sicher, beide werden sich über unsere Geschenke sehr freuen", warf Crocodile augenrollend ein. Er glaubte beim besten Willen nicht, dass Hancock einen 5.000 Berry teuren Kinderwagen ablehnen würde, weil ihr womöglich die Farbe nicht gefiel. Obwohl seine Schwester manchmal ein echtes Frauenzimmer sein konnte, schätzte Crocodile sie nicht als so furchtbar wählerisch und anspruchsvoll ein. Vor allem in ihrer derzeitigen finanziellen Lage nicht. Sicherlich würde sie sich über jede Art von Unterstützung freuen, die sie bekam. "Vermutlich hast du Recht", lenkte Doflamingo ein, der gleich ein wenig beruhigter klang. "Schließlich sind sowohl der Kinderwagen als auch die Babykleidung wirklich hübsch. Ich kann es kaum erwarten, Hancocks Gesicht zu sehen, wenn sie die vielen schönen Sachen auspackt!" "Mir geht es genauso", erwiderte Crocodile und konnte nicht verhindern, dass seine Stimme leicht zynisch klang. Allmählich ging ihm die überzogene Vorfreude seines Verlobten gewaltig auf die Nerven. Crocodile parkte seinen Mercedes nicht weit von dem Haus entfernt, in dem seine Schwester wohnte. Ähnlich wie sein Bruder Mihawk lebte auch Hancock in einem kleinen Einfamilienhaus in der Vorstadt. Es war ein hübsches Gebäude mit Fensterläden und einem hingebungsvoll gepflegten Vorgarten. Hancock war eine Frau, die viel für Dekoration und Kitsch übrig hatte, und diese Schwäche sah man ihrem Zuhause auch sehr deutlich an. Liebevoll war das Haus sowohl von außen als auch von innen geschmückt und verschönert worden. Bevor Crocodile aus dem Wagen ausstieg, wandte er sich an seinen Partner. Er warf Doflamingo einen unwilligen Blick zu und seufzte leise. Anschließend sagte er: "Hör mal, Doffy: Ich, ähm, ich habe meinen Geschwistern noch nichts von unserer Verlobung erzählt. Weil Hancock kurz darauf ihre Schwangerschaft bekannt gegeben hat und ich ihr nicht die Show stehlen möchte. Wenn ich auf meinen Ring angesprochen werden sollte, dann erzähle ich von unserer Verlobung. Ansonsten möchte ich mich allerdings lieber bedeckt halten. Es wäre sehr unhöflich, Hancocks Schwangerschaft auf diese Weise in den Schatten zu stellen. Wir warten einfach noch ein paar Tage ab und verkünden dann unsere Verlobung. Ist das in Ordnung für dich?" Doflamingo zögerte einen Augenblick lang, ehe er nickte. "Ich denke, du hast Recht", sagte er. "Es würde einen sehr wichtigtuerischen und arroganten Eindruck machen, während ihrer Schwangerschaftsparty unsere Verlobung bekannt zu geben. Mir macht es nichts aus, noch ein bisschen zu warten." "Ehrlich?", hakte Crocodile nach. Es erleichterte ihn, dass Doflamingo auf seinen Vorschlag so unerwartet verständnisvoll reagierte, doch er war sich nicht sicher, ob dieser seine Worte tatsächlich ernst meinte. Sein Partner konnte manchmal eine sehr selbstsüchtige und rücksichtslose Person sein. Und er wollte ihn nicht verletzen, indem er ihre Verlobung herabsetzte. Zumindest Doflamingo schien sie sehr wichtig zu sein. "Ganz ehrlich." Doflamingo lächelte, beugte sich zu ihm hinüber und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Crocodile seufzte erleichtert auf. Er legte seine rechte Hand in den Nacken seines Verlobten und zog diesen zu sich hinunter. Anschließend küsste er ihn auf den Mund. Es war kein sanfter und zaghafter, sondern ein sehr leidenschaftlicher Kuss. Doflamingo erwiderte ihn überraschend stürmisch. "Crocodile, Doflamingo; wie schön, dass ihr da seid", begrüßte seine Schwester sie beide herzlich, als sie das Wohnzimmer des kleinen Einfamilienhauses betraten. Es war ein liebevoll eingerichteter Raum mit bodentiefen Fenstern. Überall waren Dekoartikel jedweder Art platziert: auf dem Tisch stand eine selbst bemalte Vase mit Blumen, am Fenster hingen kleine Basteleien herab und an jedem freien Fleckchen befanden sich ein paar Kerzen. Natürlich war alles farblich aufeinander abgestimmt worden. Auch Crocodile selbst hatte sich bei der Ausstattung seiner Loft-Wohnung viel Mühe gegeben, doch für Dekor hatte er einfach nichts übrig. Seiner Ansicht nach sollte die Einrichtung eines Raums möglichst funktional sein. Blumenvasen und Kerzen waren für ihn bloß nutzlose Staubfänger. Der Gedanke an seine Loft-Wohnung, in der er sich sehr wohl gefühlt und die er so schnell wieder aufgegeben hatte, betrübte Crocodile. Rasch zwang er sich dazu, ein freundliches Lächeln aufzusetzen und sich auf seine Schwester und ihre Schwangerschaft zu konzentrieren. Zur Begrüßung umarmte er sie herzlich und erklärte, es wäre ihm eine Freude, heute hier zu sein. "Möchtet ihr etwas trinken?", fragte Hancock und führte sie zum ausladenden Sofa hinüber, auf dem bereits einige andere Leute Platz genommen hatten. "Stilles Wasser, bitte", meinte Crocodile und setzte sich neben Sondersonia, eine gute Freundin seiner jüngeren Schwester. "Ich hätte gerne einen Kaffee", sagte Doflamingo, ließ sich jedoch noch nicht auf dem Sofa nieder. "Wenn du möchtest, kann ich die Getränke für dich tragen." "Vielen Dank für das Angebot; es ist wirklich sehr lieb, dass du helfen möchtest, Doflamingo", erwiderte Hancock mit freundlicher Stimme und winkte ab, "aber das schaffe ich schon allein." "Okay, gut." Endlich setzte Doflamingo sich neben seinen Verlobten. "Aber falls du bei irgendetwas Hilfe brauchen solltest, dann sprich mich ruhig an. Schließlich sollte man sich nicht übernehmen, wenn man schwanger ist." "Pass auf, dass du Hancock durch deine übertriebene Hilfsbereitschaft nicht in eine unangenehme Lage bringst", raunte Crocodile seinem Partner leise zu. Ob er es sich eingestehen wollte oder nicht: Es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass dieser sich seiner hübschen Schwester gegenüber so fürsorglich verhielt. "Sie ist schwanger, nicht schwerkrank." "Das weiß ich selbst", flüsterte Doflamingo zurück. "Ich versuche doch nur, nett zu sein. Eine Schwangerschaft ist nicht immer eine einfache Sache. Wir sollten sie unterstützen, wo auch immer wir können." "Sie ist erst in der zwölften Woche", hielt Crocodile dagegen. "Man sieht noch nicht einmal, dass sie schwanger ist. Du übertreibst völlig." Er verstummte notgedrungen, als Hancock ins Wohnzimmer zurückkehrte und ihnen ihre Getränke reichte. Crocodile war nicht unbedingt ein Mensch, der leicht eifersüchtig wurde, doch er gab zu, dass ihn Doflamingos Interesse an seiner Schwester störte. Bei Hancock handelte es sich um eine wunderhübsche, liebevolle Frau; und sein Partner war nicht homo-, sondern bisexuell. Er kam nicht umhin, sich Sorgen zu machen, wenn Doflamingo sich so aufmerksam um sie kümmerte. "Darf ich mal deinen Bauch anfassen?", hörte er ebenjenen mit aufgeregter Stimme fragen. Crocodile verschluckte sich beinahe an seinem Wasser. Entsetzt sah er zu seinem Verlobten und seiner Schwester hinüber. Hancock nickte und schob den violetten Pullover, den sie heute trug, ein Stück nach oben. Obwohl Crocodiles Ansicht nach von einem Schwangerschaftsbauch noch überhaupt nichts zu sehen war, fuhr Doflamingo zärtlich mit seiner rechte Hand über die makellose Haut. "Ich freue mich schon sehr darauf, das Geschlecht das Babies zu erfahren", meinte er mit freundlicher Stimme und ohne ihren Bauch loszulassen. "Hoffst du auf einen Jungen oder auf ein Mädchen?" "Ach, das ist mir ganz egal", meinte Hancock schmunzelnd. "Hauptsache das Baby ist gesund. Aber natürlich bin ich trotzdem aufgeregt. Nachher werden Luffy und ich den Brief öffnen, den der Frauenarzt uns mitgegeben hat. Darin steht das Geschlecht des Kindes." Doflamingo gluckste fröhlich und ließ endlich von der Schwester seines Verlobten ab. Hancock bedeckte ihren schlanken Bauch wieder mit ihrem Pullover und wandte sich nun Ran zu, die sie ansprach. Crocodile starrte missgelaunt auf den Fußboden und biss sich selbst auf die Unterlippe. Wieder einmal kam ihm in den Sinn, dass alle seine Partner, die bisexuell waren, ihn wegen seiner Schwester verlassen hatte. Hancock war zwar auf die Avancen keines einzigen eingegangen, sie hatte sich sogar jedes Mal bei ihm entschuldigt, obwohl sie prinzipiell keine Schuld trug, doch trotzdem hatte Crocodile sich irgendwann vorgenommen, sich bloß noch auf homosexuelle Männer einzulassen. Indem er die Beziehung mit Doflamingo eingegangen war, hatte er diesen Vorsatz gebrochen (wobei er zu Beginn gar nicht gewusst hatte, dass sein Partner nicht homo-, sondern bisexuell war). Plötzlich kamen Crocodile Zweifel. Jeder bisexuelle Mann, mit dem er ausgegangen war, hatte sich in seine wunderhübsche Schwester verliebt. Warum sollte es bei Doflamingo anders sein? "Geht es dir gut, Wani?" Crocodile schreckte auf, als er spürte, dass sein Verlobter ihn sachte am Arm berührte. "Hast du etwa wieder Magenschmerzen bekommen?" "Ich bin okay", erwiderte er rasch. "Sicher?", hakte Doflamingo nach und Crocodile kam nicht umhin festzustellen, dass die Stimme seines Partners sehr besorgt klang. "Du hast eben dein Gesicht ganz schmerzerfüllt verzogen... Wenn es dir schlecht geht, musst du mir das sagen, ja? Notfalls fahren wir zum Arzt oder nach Hause. Ich möchte nicht, das du dich quälst. Auch wenn ich mich sehr auf Hancocks Schwangerschaftsparty gefreut habe, gehst du natürlich vor. Und vor allem deine Gesundheit." "Mir geht es gut", sagte Crocodile und bemühte sich um eine gefasst klingende Stimme. "Wirklich." "Okay", erwiderte sein Verlobter, der nur halb überzeug wirkte. "Aber sag mir bitte Bescheid, falls der Fall doch eintreten sollte, ja?" Crocodile fuhr sich durch sein Haar und nickte. "Klar doch." Hancocks Schwangerschaftsparty war nett, doch nicht sonderlich spannend. Crocodile bemühte sich darum, einen interessierten Eindruck zu erwecken, obwohl er mit dem vielen Trubel um die Schwangerschaft seiner Schwester nicht allzu viel anfangen konnte. Schließlich war das Baby noch nicht einmal auf der Welt. Und auch ein Ansatz des Schwangerschaftsbauchs war nicht zu erkennen. Man könnte genausogut meinen, Hancock hätte sich die ganze Sache bloß ausgedacht. Aus diesem Grund war für Crocodile der Fakt, dass er bald Onkel werden würde, nur schwer zu fassen; er konnte es sich noch gar nicht richtig vorstellen. Vielleicht fand er sich besser in diese neue Rolle ein, sobald sein Neffe oder seine Nichte geboren worden war und er ihn oder sie vor sich sehen konnte. Auch mit dem Ultraschall-Bild, das seine Schwester ihm reichte, konnte Crocodile nicht sonderlich viel anfangen. Er machte auf dem schwarz-weißen Foto weder ein Baby noch sonst irgendetwas Anderes aus; Doflamingo hingegen betrachtete absolut entzückt die schwarzen und weißen Flecken auf dem Foto. Er schien völlig hingerissen zu sein von allem, was mit Hancock und ihrer Schwangerschaft zusammenhing. Aufgeregt grinsend überreichte er ihr auch die Babykleidung und den Kinderwagen, den sie beide für Hancock besorgt hatten. Entgegen Doflamingos Befürchtung freute sich diese sehr über die Geschenke. Freudestrahlend schloss sie ihren Bruder und dessen Partner in die Arme und bedankte sich überschwänglich. Auch von den anderen Gästen der kleinen Party erhielt Hancock Geschenke: von ihrem Bruder Mihawk bekam sie ein Babybett, von Sondersonia eine Krabbeldecke, von Ran Umstandskleidung und noch einige andere Dinge. Beliebte Geschenkideen waren Babykleidung, Spielzeug und Windeln gewesen. Das mit Abstand teuerste und größte Geschenk stellte definitiv der Kinderwagen dar, den Doflamingo und er für sie besorgt hatten. Um ehrlich zu sein, war Crocodile beinahe schon froh angesichts der Tatsache, dass Hancock den hohen Preis für den Wagen nicht kannte. Ansonsten hätten sein Verlobter und er wohl einen schrecklich arroganten und aufschneiderischen Eindruck erweckt. "Ich bin sehr froh darüber, dass Hancock unsere Geschenke gefallen haben", meinte Doflamingo zu ihm, während ebenjene sich daran machte, die Torte anzuschneiden. Wie üblich sah das gute Stück einfach wunderbar aus. Die zweistöckig Torte war mit bunten Blüten aus Zuckerguss dekoriert, während obenauf zwei kleine Teddybären aus Marzipan thronten. Hancock ließ verlauten, dass ihr beim Backen der Torte ihre beste Freundin Sondersonia geholfen hätte, genauso wie bei den Vorbereitungen für die kleine Party. "Das habe ich dir doch die ganze Zeit über schon gesagt", flüsterte Crocodile zurück und sah dabei zu, wie die hübsche Torte an die fröhlichen Gäste verteilt wurde. Er selbst wurde ausgespart: Allein bei dem Gedanken an den vielen Zucker, den ein einzelnes Tortenstück enthielt, wurde ihm schlecht. Er wollte sich gar nicht erst ausmalen, wie sein empfindlicher Magen reagieren würde, sollte er es tatsächlich wagen, die Torte zu probieren. "Hancock hat sich mal wieder selbst übertroffen, was die Torte angeht, findest du nicht auch?" Crocodile zuckte mit den Schultern. Es ärgerte ihn, dass sein Partner schon wieder auf seine Schwester zu sprechen kam. Natürlich verstand Crocodile, dass bei diesem Anlass Hancock im Mittelpunkt stand, doch er fand, dass Doflamingo trotzdem wenigstens ab und an einmal über etwas Anderes sprechen könnte. Seiner Eifersucht tat es jedenfalls nicht gut, wenn seine Schwester das einzige Gesprächsthema für diesen darstellte: Hancocks Schwangerschaftsbauch, das Geschlecht ihres Babies, die Geschenke, die sie bekommen hatte, die Torte... "Oh, verdammt, schon wieder ins Fettnäpfchen getreten", hörte er da plötzlich mit Doflamingo mit vollem Mund sagen. "Erst hinunterschlucken, dann sprechen", meinte Crocodile zu diesem. Es war unfassbar, dass ein solch erfolgreicher Geschäftsmann wie Doflamingo ab und an doch sehr manierlos werden konnte. "Und was meinst du überhaupt damit?" "Ich habe schon wieder von Hancocks Torte geschwärmt und ganz vergessen, dass du sie überhaupt nicht essen darfst", gab sein Partner mit schuldbewusst klingender Stimme zu. "Ist schon gut", erwiderte Crocodile und lächelte zaghaft. Daran hatte er überhaupt nicht gedacht gehabt. Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als Hancock um Ruhe bat. Sie wollte nun den Briefumschlag öffnen, in dem von ihrem Frauenarzt das Geschlecht des Kindes festgehalten worden war. Alle Gäste der kleinen Party schauten gespannt zur Gastgeberin herüber, während diese mit leicht zitternden Händen den Umschlag öffnete. Luffy, der neben ihr stand, hatte einen aufgeregten Gesichtsausdruck aufgesetzt. Plötzlich begann Crocodile sich furchtbar schlecht zu fühlen wegen seiner Eifersucht. Es war nicht gerecht, dass er sich wegen Doflamingo über seine jüngere Schwester ärgerte. Hancock konnte schließlich nichts dafür, dass ihr die Männer der Reihe nach verfielen. Sie flirtete ja nicht einmal. Und außerdem war es ihr gutes Recht, heute im Rampenlicht zu stehen. Ihre Schwangerschaft war immerhin Anlass dieser Zusammenkunft. Insgeheim beschloss Crocodile, sich so gut wie möglich zurückzunehmen. "Mädchen", verkündete Hancock mit gerührter Stimme. Die Partygäste begannen zu klatschen und zu jubeln. Sondersonia stand von ihrem Platz auf und stürmte zu Hancock hinüber, um diese zu umarmen. Andere, die sie ebenfalls beglückwünschen wollten, folgten rasch. Auch Crocodile und Doflamingo standen auf. "Wir hätten also doch den rosafarbenen Kinderwagen kaufen können", raunte ihm sein Partner mit verschmitzter Stimme zu, während sie darauf warteten, dass sie an die Reihe kamen. Crocodile zuckte mit den Schultern. "Das haben wir ja vorher nicht wissen können", meinte er. Er fragte sich, wieso er sich noch immer so schrecklich schlecht fühlte. Im Augenblick war er nicht zornig auf Hancock; ganz im Gegenteil: Er freute sich für diese und schloss sie herzlich in den Arm, als sie sich ihm zuwandte. Trotzdem wurde er das ungute Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreitete, einfach nicht los. Woher rührte seine Missstimmung bloß? "Herzlichen Glückwunsch", meinte Doflamingo mit freudiger Stimme und umarmte Hancock. "Danke", erwiderte diese lächelnd. Sie wirkte ganz aufgeregt und schien ihr Glück noch gar nicht richtig fassen zu können. "Hast du dir schon einen Namen für das Baby überlegt? Jetzt, wo du ja weißt, dass es ein Mädchen wird." Sie schüttelte den Kopf. "Luffy und mir ist noch kein passender Name eingefallen. Aber wir haben ja auch noch einige Monate Zeit, um ihn uns zu überlegen. Schließlich dauert es noch sechs Monate, bis das Baby, ähm, bis sie endlich da ist." "Falls ihr beide Hilfe bei irgendetwas brauchen solltet, kannst du mich gerne anrufen", bot Doflamingo freundlich an. "Crocodile und ich freuen uns schon sehr auf das Baby. Wir werden euch unterstützen, wo auch immer wir können." "Vielen Dank." Hancock lächelte. "Es tut gut zu wissen, dass man nicht alleine dasteht und andere Menschen sich ebenfalls sorgen. Ich möchte mich außerdem noch einmal für die tollen Geschenke von Crocodile und dir bedanken. Der Kinderwagen ist wirklich wundervoll. Und ich bin mir sicher, dass unser kleines Mädchen auch die vielen Strampler, die ihr uns geschenkt habt, lieben wird." "Keine Ursache", erwiderte Doflamingo, der plötzlich recht verlegen wirkte. "Es hat mir großen Spaß gemacht, die Sachen einzukaufen." Er kicherte leise und fügte hinzu: "Die Verkäuferin hat geglaubt, Crocodile und ich bekämen ein Baby. Du kannst dir nicht vorstellen, wie peinlich ihm dieser Irrtum gewesen ist." "Tatsächlich?", meinte Hancock und warf ihrem Bruder einen verschmitzten Blick zu. "Nun ja, vielleicht werdet ihr beiden irgendwann auch mal einen Kinderwagen für euer eigenes Baby einkaufen. Wer weiß schon, was die Zukunft bringen wird?" Crocodile senkte den Blick. Plötzlich kam ihm in den Sinn, woher seine schlechte Laune herrühren könnte: Womöglich lag es daran, dass Doflamingo in letzter Zeit nichts Anderes als Kinder im Kopf zu haben schien. Crocodile schluckte. Er erinnerte sich daran, dass sein Partner ihm gesagt hatte, er könnte es sich sehr gut vorstellen, später einmal eine Familie zu gründen. Um ehrlich zu sein, wusste Crocodile selbst nicht so recht, wie er sich bei diesem Thema verortete. Über Kinder hatte er sich nie zuvor Gedanken gemacht. Er fragte sich, ob Doflamingo ihn verlassen würde, wenn er sich weigerte, eine Familie zu gründen. Sein Verlobter schien sich sehr nach familiären Zusammenhalt zu sehnen; vor allem nach dem Tod seiner Eltern und seines Bruders. Ob es sich wohl um ein K.O.-Kriterium handelte? Crocodile spürte, wie ihm schlecht wurde. Doflamingo war bisexuell. Vielleicht hatte er sich immer schon vorgestellt, eines Tages eine Frau zu heiraten und gemeinsam mit ihr Kinder zu zeugen. Selbst wenn er es wollte, würde Crocodile seinem Partner diesen Wunsch jedoch niemals erfüllen können. Gegen Mitternacht löste sich die kleine Partygesellschaft allmählich auf. Um null Uhr dreißig waren die Gastgeberin Hancock, ihr Freund Luffy, ihre beiden Brüder und Doflamingo die einzigen Gäste, die noch anwesend waren. Fleißig halfen sie dabei, aufzuräumen und das Wohnzimmer wieder in Ordnung zu bringen. Erst gegen ein Uhr machten sich auch Crocodile und sein Partner auf den Weg nach Hause. "Es freut mich sehr, dass ihr heute gekommen seid", sagte Hancock zu ihnen, als sie im Flur standen. "Vielen Dank für eure wunderbaren Geschenke und für eure Hilfe beim Aufräumen. Ich schätze es wirklich wert, dass ihr beide mich unterstützt." "Das ist doch selbstverständlich", erwiderte Doflamingo leicht verlegen und winkte ab. Crocodile, der keine Lust hatte, viele Worte zu verlieren, nickte zustimmend. Um ehrlich zu sein, wollte er sich am liebsten so schnell wie möglich auf den Rückweg machen und ins Bett legen. Er hatte genug von dem Gerede über Schwangerschaft und Kinder; davon wollte er nichts mehr hören. Plötzlich mischte sich Mihawk ein. "Crocodile", sagte er mit bedachtsamer Stimme, "darf ich mich unter vier Augen mit dir unterhalten? Es dauert nicht lange." "Ähm, klar", meinte Crocodile, der ein wenig überrascht war. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Bruder vertraulich mit ihm sprechen wollte; er hatte auch keine Vorstellung davon, worum es gehen könnte. Trotzdem folgte er Mihawk in den Nebenraum. Sein Bruder schloss die Tür hinter ihnen. Anschließend meinte er: "Da es beim heutigen Anlass um Hancock und ihre Schwangerschaft ging, wollte ich dich nicht vor all den Partygästen darauf ansprechen; doch ich kam einfach nicht umhin, zu bemerken, dass du einen neuen Ring am Finger trägst. Und zwar an dem Finger, den du normalerweise immer frei lässt. Stimmt meine Vermutung? Haben Doflamingo und du sich verlobt?" Crocodile schwieg einen kurzen Moment lang. Anschließend nickte er. "Ja, das haben wir", antwortete er lächelnd. "Vor ein paar Tagen in unserem Urlaub. Allerdings haben Doflamingo und ich beschlossen, dass wir unsere Verlobung noch nicht bekannt geben, weil wir Hancock mit ihrer Schwangerschaft nicht in den Schatten stellen wollten. Es freut mich, dass dir der Ring dennoch aufgefallen ist." Mihawk lächelte leicht. "Herzlichen Glückwunsch", sagte er und schloss seinen Bruder in den Arm. "Ich freue mich für euch. Auch wenn ihr beide sehr unterschiedlich seid, passt ihr gut zusammen." Er zögerte kurz, ehe er mit ernster Stimme hinzufügte: "Freust du dich auch? Hast du Doflamingo inzwischen von deiner Kündigung erzählt?" "Ich freue mich sehr über unsere Verlobung", meinte Crocodile. "Und ich brauche mir auch keine Sorgen mehr zu machen, weil mir gekündigt worden ist. Ich habe eine neue Arbeitsstelle gefunden. Ich werde dabei helfen, die im Herbst stattfindende Elektronikmesse Tom's Workers zu organisieren. Sie zahlen mir weniger als die Bank es getan hat, doch das Gehalt reicht aus, um nach und nach meine Schulden zu tilgen. Das bedeutet also, dass meiner Hochzeit mit Doflamingo nichts mehr im Wege steht." Überraschenderweise wirkte Mihawk nicht begeistert angesichts dieser Aussage, sondern verzog besorgt den Mund. Schließlich meinte er: "Ich finde es gut, dass du neue Arbeit gefunden hast und nun dazu in der Lage bist, deine Schulden abzubezahlen. Und ich weiß auch, dass ich kein Recht dazu habe, mich in eure Beziehung einzumischen... doch denkst du nicht, dass du Doflamingo endlich die Wahrheit sagen solltest? Da du jetzt wieder ein Einkommen hast, gibt es ja keinen Grund mehr für dich, um deine Kündigung länger geheimzuhalten. Hältst du es für richtig, mit einer Lüge in eure Ehe zu starten? Ich bin der Meinung, dass dein Verlobter die Wahrheit verdient." Crocodile senkte den Blick. Er wusste nicht so recht, was er von dem Ratschlag seines Bruders halten sollte. Er war sich dessen bewusst, dass dieser prinzipiell Recht hatte, doch gleichzeitig machte es ihn auch wütend, dass Mihawk es wagte, ihm einreden zu wollen, was richtig und was falsch war. Sein Bruder konnte seine Lebenssituation doch gar nicht nachvollziehen! Er wusste nicht, wie es war, mit einem Multimillionär zusammen zu sein, während man selbst völlig mittellos war. Schlimmer noch: Überschuldet. "Ich musste ihn anlügen wegen meiner Kündigung", sagte er also. "Ich hatte keine Wahl. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich geschämt habe. Mir blieb doch gar nichts anderes übrig als zu lügen!" "Das verstehe ich", erwiderte Mihawk. "Ich finde deine Entscheidung nicht gut, doch ich verstehe sie. Allerdings hat sich die Situation nun geändert: Du hast eine neue Arbeitsstelle gefunden. Es besteht keine Notwendigkeit mehr, die ganze Sache zu vertuschen. Ich werde dich selbstverständlich zu nichts zwingen, doch ich rate dir, ihm endlich die Wahrheit zu erzählen. Je früher du das Netz aus Lügen, das du selber gestrickt hast, auflöst, desto höher ist die Chance, dass Doflamingo dir vergibt. Wartest du zu lange, wird er vielleicht nicht mehr dazu in der Lage sein, dir zu verzeihen." "Ich danke dir für deine Sorge, aber ich tue, was ich für richtig halte", sagte Crocodile und bemühte sich um eine gefasste Stimme. Mihawk seufzte. "Du bist und bleibst ein Sturkopf", meinte er schließlich. "Ich hoffe bloß, dass dein Stolz nicht das Ende für deine Beziehung zu Doflamingo bedeuten wird. Er liebt dich sehr. Und ich denke, dass er ein guter Mensch ist. Es würde mir für euch beide leidtun." Crocodile nickte bedächtig. "Wir sollten zurückgehen", meinte er. "Doflamingo wartet sicherlich schon auf mich." "Bitte lass dir meine Worte noch einmal durch den Kopf gehen", sagte Mihawk, während er seine Hand an die Türklinke legte. "Du bist mein kleiner Bruder und ich wünsche mir alles Gute für dich." "Ich schätze deine Sorge um mich sehr", erwiderte Crocodile und kehrte gemeinsam mit seinem Bruder in den Flur zurück, wo Hancock und Doflamingo auf sie warteten. Crocodile umarmte seine Schwester und warf Mihawk einen nachdrücklichen Blick zu, ehe er gemeinsam mit seinem Verlobten das Haus verließ. Draußen war dunkel und kalt. Sofort begann Crocodile zu zittern; er war ein Mensch, der sehr empfindlich auf Kälte reagierte. "Worüber wollte Mihawk mit dir sprechen?", fragte Doflamingo ihn mit teils neugierig, teils besorgt klingender Stimme, während sie sich auf den Weg zum Auto machten. "Ihm ist mein Verlobungsring aufgefallen", antwortete Crocodile. "Er wollte mir zu unserer Verlobung gratulieren." * Franky hatte nicht gelogen, als er prophezeite, dass eine Menge Arbeit und Stress auf ihn zukämen. Kaum trat Crocodile am Montag seinen ersten Arbeitstag bei Tom's Workers an, überschüttete man ihn mit wichtigen Aufgaben verschiedenster Art. Er hatte gerade einmal seine Jacke aufgehangen und das Foto von Doflamingo, das er immer am Arbeitsplatz stehen hatte, auf seinen Schreibtisch gestellt, als Kiwi in sein Büro kam und meinte, in fünf Minuten würde ein Kunde anrufen, der kurzfristig noch einen Stand für die bereits in wenigen Monaten stattfindende Messe mieten wollte. Crocodile nickte und atmete tief durch. Es war ein überwältigendes Gefühl zu wissen, dass man eine wichtige Position bekleidete. Dass man gebraucht wurde. Entscheidungen fällte. Nicht der Niederste in der Kette war. Crocodile genoss seine neue Arbeit sehr. Endlich wurde er nicht mehr mit unwichtigen und stupiden Aufgaben gequält. Diese Zeit war vorbei. Er gab offen zu, dass er ein Workaholic war; ein echtes Arbeitstier. Nicht umsonst hatte Crocodile sich für ein teures Studium entschieden und sich mühselig bis zu Spitze hochgearbeitet. Es ging ihm nicht nur ums Geld. Er wollte seinem Leben Bedeutung verleihen. Er wollte etwas erreichen. Dass er viel Arbeit zu erledigen hatte, störte ihn dabei nicht im geringsten. Man konnte die Karriereleiter nicht erklimmen, wenn man die Hände in den Hosentasche hatte. Crocodile warf dem Foto von Doflamingo einen liebevollen Blick zu und lächelte breit, als er das Telefon abnahm. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich das letzte Mal so gut gefühlt hatte. Auf dem Weg nach Hause kam Crocodile an einem kleinen Blumenladen vorbei. Plötzlich erinnerte er sich daran, dass sein Partner ihm vor ein paar Wochen einen Rosenstrauß mitgebracht hatte. Ohne irgendeinen Anlass; einfach aus einer Laune heraus. Crocodile beschloss kurzerhand, diese liebe Geste zu erwidern. Es war lange her, seit er das letzte Mal einen Blumenstrauß verschenkt hatte. Eigentlich war Crocodile kein Mensch, der viel für Pflanzen übrig hatte. Er bevorzugte praktische und funktionale Geschenke. Doflamingo hingegen war verrückt nach jeder Art von Kitsch und Romantik. Crocodile war sich sicher, dass er sich über einen hübschen Blumenstrauß freuen würde. "Guten Tag", begrüßte ihn freundlich die junge Verkäuferin, die hinter dem Verkaufsthresen stand. "Mein Name ist Marguerite. Kann ich Ihnen helfen?" Crocodile nickte. "Ich suche einen hübschen Blumenstrauß. Nicht zu groß, nicht zu festlich. Gerne mit ein paar seltenen Blumen." "Hier sind Sie genau richtig", meinte Marguerite. "Heute erst sind uns einige sehr seltene und wunderschöne Orchideen geliefert worden. Welche Farbe bevorzugen Sie?" Crocodile brauchte nicht lange zu überlegen. "Haben Sie zufällig Orchideen mit rosafarbenen Blüten da?", fragte er. Marguerite nickte. "Möchten Sie bei einer Farbe bleiben oder eine zweite dazunehmen?", fragte sie, und führte ihn in den Bereich des Blumenladens, in dem die besagten Orchideen ausgestellt wurden. "Orchideen sind sehr farbenreiche Pflanzen. Sie haben die Auswahl zwischen faktisch allen Farben, die es gibt. Auch die Form der Blüten ist variabel." "Ich möchte bei einer Farbe bleiben", erwiderte Crocodile und musterte die Blumen, die Marguerite ihm zeigte. Er kannte sich nicht sonderlich gut aus, was Pflanzen anging. Schlussendlich entschied er sich für eine Orchideenart mit großen, rosafarbenen Blüten und einem starken, hellgrünen Stiel. Sie wirkte sehr außergewöhnlich; Crocodile zweifelte nicht daran, dass sie seinem nicht weniger extravaganten Verlobten gefallen würde. Marguerite stellte ihm einen hübschen Strauß zusammen: Das Hauptaugenmerk lag auf der seltenen Orchidee, außerdem fügte sie ebenfalls rosafarbenes Beiwerk hinzu. Crocodile selbst hatte nicht sonderlich viel für diese mädchenhafte Farbe übrig; doch er wusste, dass Doflamingo sie liebte. Und schließlich ging es darum, seinem Verlobten eine Freude zu bereiten, und nicht ihm selbst. "Das macht sechsundzwanzig Berry", sagte Marguerite, während sie den entsprechenden Betrag in die Kasse eintippte. Crocodile holte dreißig Berry aus seinem Portemone hervor und überreichte sie Marguerite. "Das stimmt so", meinte er und begutachtete den Blumenstrauß in seiner Hand. Er hoffte wirklich sehr, dass Doflamingo sich freuen würde. Wenn schon nicht über die seltene Orchidee, dann doch wenigstens über die Geste. "Vielen Dank", sagte Marguerite und lächelte freundlich. "Beehren Sie uns bitte bald wieder." bye sb Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)