Stille Nacht von Palaver98 (Lasst uns gemeinsam singen) ================================================================================ Kapitel 3: Lasst uns singen (1) ------------------------------- "Alarm, Alarm! Prepare for defense!", schallte es zusammen mit den Pfeifsignalen durch die abendlichen Gräben. Sofort wandelte sich die bisherige trügerische Ruhe in hektische Lebendigkeit. Wer im Bunker saß oder im Bett lag, sprang auf und schnappte sich beim Herausstürmen sein Gewehr. Wer im hinteren Teil der Gräben war, rannte los. Reihen von Soldaten eilten dicht gedrängt zwischen den engen Grabenwänden nach vorne. Der Grabenboden erbebte unter ihren Stiefeln. "Hurry, Hurry!", riefen die Unteroffiziere und trieben ihre Mannschaften zur Eile an. Im vordersten Graben angekommen, wurden Schützenauftritte und Maschinengewehre besetzt und Gewehre geladen und angelegt. Dann machte sich eine ruhige, aber angespannte Erwartung angesichts des bevorstehenden deutschen Angriffs bereit. Die Soldaten drängten sich hinter dem Grabenrand wie Hühner auf einer Stange, spähten mit nervösen Blicken auf das Niemandsland heraus, kauten auf ihren Lippen, atmeten in kurzen Stößen und hielten sich bereit. "What's the situation?", fragte Arthur mit harschem Ton, als er sich ebenfalls schnellen Schrittes auf den Weg zu den Schützenauftritten machte. "Wir haben auf der Seite von Germany's Gräben Lichter dicht am Boden entdeckt. Wahrscheinlich bereiten sie sich auf den Angriff vor", erklärte sein Adjutant hinter ihm eilig. Die ganzen letzten Tage über hatte es keinen Angriff gegeben, aber jetzt, zur Abenddämmerung, schien dieser Germany doch noch auf Ärger aus zu sein. Und dann auch noch kurz bevor die Weihnachtsfeiertage beginnen würden. War dem denn gar nichts heilig ? Versteh den mal einer. Aber was sollte man auch von jemanden erwarten, der auf die Idee kam, die Seemacht der Royal Navy und des British Empire herauszufordern ? Sie erreichten die Schützenauftritte des vordersten Grabens. Arthur trat herauf, öffnete das Holster an seiner rechten Hüfte und zog seinen schweren Webley-Revolver heraus. Er legte sich die große Schlaufe der Kordel um den Hals und spannte mit dem Daumen den Hahn. Der Engländer drängte sich zwischen die Soldaten,um einen besseren Ausblick zu haben. "Be careful, England, sir", hörte er seinen Adjutanten hinter sich. Arthur hob seinen Revolver und machte sich so klein, dass er gerade über den Grabenrand hinausschauen konnte. Es war noch früh am Abend, trotzdem war die Sicht bereits nicht mehr so gut, aber das schwache Licht wurde von dem Schnee, der noch lag, ein wenig gespiegelt und so verstärkt. Über ihnen war der Himmel dunkel, aber sternenklar. Er kniff seine Augen zusammen und suchte mit nervös hin und her springendem Blick die gegenüberliegende Seite ab. Tatsächlich entdeckte er dort mehrere, aber vereinzelt stehende, kleine, gelbe Lichter, dort, wo Deutschlands Graben verlief. Doch nichts geschah. Arthur biss die Zähne zusammen. Was war das schon wieder für eine Masche? Sie warteten weiter. Ein Schweißtropfen lief Arthurs Stirn trotz der winterlichen Kälte herunter. Dann glaubte Arthur etwas von drüben zu hören. Er spitzte die Ohren. Es ertönte erneut. War das etwa Lachen? God-damned laughing? Dann mischte sich etwas Neues hinein. Es klang melodisch und breitete sich über die gesamte andere Seite aus. Arthur runzelte verwundert die Stirn. Das war tatsächlich Gesang. Leise noch, aber er schwoll schnell an. "They're singing", sagte er leise, "sie singen Lieder." "Und, was haben Sie bekommen, Herr Deutschland?", fragte ein bärtiger Soldat mit einer Pfeife im Mund, vom Bunkereingang aus."Weiß ich noch nicht. Ich habe das Paket noch nicht aufgemacht", antwortete Ludwig, das verschnürte Paket Monikas prüfend mit beiden Händen wiegend. "Dann machen Sie mal. Sie sollten froh sein, dass ihnen überhaupt jemand was schickt", forderte ihn der Soldat auf und blies eine Rauchwolke zwischen den Lippen hindurch in die kalte Winterluft. Es war später Nachmittag, mitten im Dezember des ersten Kriegsjahres. Weil Weihnachten war, hatten viele Soldaten von ihren Verwandten und Liebsten ganz besondere Pakete geschickt bekommen. Ohne diese Pakete hätte Ludwig beinahe vergessen, dass es Weihnachten überhaupt noch gab. Sie enthielten bunte Karten, Kekse, Plätzchen, Schnaps, Christstollen und dergleichen. Natürlich war alles inzwischen trocken und zerkrümelt, aber es war mehr als willkommen. Nicht nur als Abwechslung für den Magen. Jetzt saß, wer solche Pakete erhalten hatte, im Bunker oder Graben und öffnete diese neugierig. Auch wurden Sonderrationen ausgeteilt. Ludwig legte das Paket wieder auf dem Tisch ab und zog sein Messer, um die Schnüre zu durchtrennen. Das Paket war relativ lang und ziemlich gut in billigen Stoff eingewickelt worden. Luise wollte wohl sicher gehen. Nachdem er auch den Stoff auseinander gefaltet hatte, sog Ludwig kurz die Luft ein. Ein rotes Blechkästchen lag neben einem zusammengeschnürtem Packen Briefe, sowie mehreren Pappschachteln. Das Blechkästchen war bis zum Rand mit Plätzchen gefüllt. Ludwig beugte sich herunter und roch vorsichtig mit geschlossenen Augen daran. Natürlich waren sie trocken, weil sie schon so lange in diesem Blechkästchen lagen, aber gleichzeitig hatten sie so einen Teil ihres Duftes beibehalten. Ein Geruch nach Teig, gemischt mit leichten Gewürznoten. Es kam ihm vor, als hätte er so etwas Köstliches seit Jahren nicht mehr gerochen. Ludwig musste sich schwer zurückhalten, um nicht gleich das ganze Kästchen leer zu essen. In einer der Pappschachteln waren sechs lange, weiße Kerzen, in einer anderen Zündhölzer. Eine weitere enthielt Zigaretten einer besonders guten Marke. Außerdem hatte Monika ihm noch ein Paar dicke Wollsocken und Glücksbringer an einer langen Kette geschickt. Er bestand aus einem kleinen, silbernen Kreuz, dass auf einem fünfzackigen Messingstern befestigt war. Auf der Rückseite schwungvoll eingraviert stand "Mein Liebster". In einem Brief waren mehrere Fotos. Das erste zeigte Monika in ihrer Reit- und Jagdkleidung. Hose, Reitstiefel, offene Jacke und Bluse, so, wie Ludwig sie gewohnt war. Ihr kräftiger, großer Körperbau kam dabei besonders gut zu Geltung. Sie saß auf einer kleinen Bank mitten im Garten ihrer Stadtvilla. In ihrem Rücken stand ein großer Busch, der vereinzelt Blüten trug. Das zweite hingegen zeigte sie in ihrem besten Festtagskleid. Es war ziemlich tief ausgeschnitten, sodass man einen klaren Blick auf ihren üppigen Busen hatte. Verstärkt wurde die Wirkung noch durch das enge Korsett unter dem Oberteil, sodass das Kleid äußerst kurvenbetont ausfiel. Die Stola über ihren Schultern, der weite, aufwendig gefaltete und mit Spitzen und Rüschen verzierte Rock und die Spange in ihrem kurzen, blonden Haar, rundeten ihr Bild ab. Das dritte Foto war ein Querformat. Darauf waren er, sein älterer Bruder Preußen, sowie Monika und Maria zusammen zu sehen. Er saß links, Preußen rechts in der Mitte. Schräg hinter ihnen standen Monika und Maria. Die beiden Männer trugen schwarze, offene Anzüge, Monika ein helles und Maria ein dunkles Kleid. Wahrscheinlich Preußischblau, ihre und seines Bruders erklärte Lieblingsfarbe. Sie waren in einem großen Zimmer, neben ihnen stand ein prächtig geschmückter Weihnachtsbaum. Es war das Erinnerungsfoto der Weihnachsfeier des letzten Jahres. Das Datum stand sogar in der rechten Ecke, unten. Ludwig spürte bei der Erinnerung daran ein kräftiges, inneres Zittern. Als Ludwig das vierte und letzte Foto anschaute lief er sofort rot an. Monika saß auf der Bettkante eines prächtigen, weiß bezogenen Himmelbettes, den Oberkörper leicht nach hinten gelehnt und stütze sich nach hinten mit beiden Händen ab. Ihren Kopf hatte sie zur Seite gewendet, sodass man ihr Gesicht im Profil sah. Ihre Oberschenkel waren gespreizt, ihr rechtes Bein angehoben und angewinkelt, sodass der gestreckte, zarte Fuß das linken Knie berührte. Sie trug nichts als schwarze, mit Rüschen, Schleifen und Spitzen geschmückte, enge und äußerst knappe Reizunterwäsche. Hastig schob Ludwig das Foto unter den Briefstapel. Dann öffnete er den nächsten Briefumschlag. Der Brief war auf sehr feinem Papier mir schwarzem Zierrand geschrieben. Er las im gelblich flackernden Schein der Petroleumlampe: "Lieber Ludwig, wir haben schon mit den Vorbereitungen für unsere Weihnachtsfeier angefangen. Wir sind natürlich bei Wilhelm II. eingeladen. Leider werden dieses Jahr wohl nur Maria und ich von uns vieren zusammen feiern können. Wir bedauern es sehr, dass Preußen und du nicht bei uns sein könnt. Ohne euch ist es einfach so schrecklich leer im Haus. Aber lass dir versichert sein, dass wir so viel Freude wie immer haben werden , wenn nicht sogar mehr. Schließlich schlagt ihr die Schlachten da draußen ja auch für uns. Ich bin überzeugt, dass es euch gut geht und dass ihr euch tapfer haltet. Sicherlich habt ihr Frankreich, England und Russland bereits soweit, dass wir schon nächtes Ostern alle zusammen feiern können. Vor allem Maria ist, selbstverständlich, vollkommen davon überzeugt, dass wir einen großartigen Sieg erringen werden. Um dir die Weihnachtszeit da vorne etwas näher und fröhlicher zu machen, habe ich ein besonderes Päckchen verschickt. Es ist nicht allzu viel, aber es sollte dich für ein paar Augenblicke von dem ganzen Kämpfen ablenken und dir das Herz erwärmen. Wir beten und hoffen inständig täglich für euren siegreichen Kampf und vor allem für euer Wohlbefinden und eure baldige Rückkehr. Bitte enttäuscht uns nicht. In Liebe, deine Monika" Es war nicht gerade ein langer Text, wie von Monika gewohnt, aber Ludwig wusste erst gar nicht, was er denken sollte. Das kam so gut wie nie vor. Aber er wusste, dass es ihm kaum möglich wäre, ehrlich und sicher auf den Brief zu antworten. Langsam steckte er ihn wieder zurück. Die übrigen Briefe öffnete er gar nicht. Nachdem Ludwig so schweigend eine Weile dagesessen hatte, griff er in das rote Blechkästchen und aß ein paar der Kekse. Sie schmeckten wie erwartet wunderbar. Nachdem er einige gegessen hatte, nahm er die übrigen Briefe und las sie ebenfalls. Er las sie immer und immer wieder. Plötzlich hörte Ludwig von draußen aus dem Graben Lachen und fröhliche Rufe. Sicher, es war Weihnachten und man hatte schöne Päckchen und Grüße bekommen, aber war das bereits Grund genug zum Lachen? Ludwig erhob sich, setzte seine Schirmmütze auf und trat aus seinem Bunker heraus nach oben. Er schaute sich mit seinen strengen, blauen Augen um. Es war inzwischen Abend geworden. Zwei Soldaten gerade damit beschäftigt, einen kleinen, dunkelgrünen Weihnachtsbaum, eigentlich war es ja nur der obere Teil eines Tannenbaumes, unter dem Grabenrand zu befestigen. Weitere Soldaten standen um die beiden herum. Das Bäumchen war mit buntem Allerlei geschmückt, dass wahrscheinlich mit der Post gekommen war. Auf der Spitze steckte sogar ein glänzend polierter Messingstern. Außerdem waren drumherum mehre Kerzen in die Erde gesteckt und entzündet worden. "Seid ihr denn des Wahnsinns? Geht doch gleich rüber und zeichnet auf Englands Karte ein, wo wir unsere Stellungen haben!", rief Ludwig laut. Überrascht drehten sich die Soldaten zu ihm um. Einige grüßten. Andere nicht. Sie schauten sich schweigend an. "Nu kommen se schon, Herr Deutschland. können se nich mal den Kameraden ein bissl Weihnachtsfreude gönnen?", wurde er dann unerwartet von einem Leutnant gefragt. Ludwig straffte bereits seinen Rücken um eine scharfe Antwort zu geben, dann hielt er jedoch inne. Es stimmte doch. Es war Weihnachten, der Krieg war um Längen nicht so verlaufen, wie er eigentlich sollte und alle waren erschöpft. Das war bei England und Frankreich drüben sicher genauso. Einen Abend wenigstens sollte man auch mal an etwas andres denken können, außer, dass man jeden Moment sterben könnte. Einen Abend wenigstens. Ludwig schloss den Mund wieder. Dann nickte er und sagte: "Fahren Sie fort." Sofort fingen die Männer um ihn herum wieder an zu grinsen und die Beiden kümmerten sich wieder um den kleinen Baum. Als Ludwig sich umsah, entdeckte er noch weitere, die ebenfalls entweder unten oder oben am Graben angebracht worden waren. Und hin und wieder waren Kerzen entzündet worden, deren kleine, gelb flackernden Flammen dafür sorgten, dass sich die Schatten, die die Männer warfen, zu bewegen schienen. Obwohl es durch die Abenddämmerund bereits grau geworden war, verbreiteten diese kleinen Lichtinseln einen schwachen, aber erleichternden Schein inmitten des dunklen, eintönigen Grabens. Dann begann jemand plötzlich Mundharmonika zu spielen. Stille breitete sich aus und jeder hörte zu, jeder erkannte die Melodie sofort. Einige fingen an zu summen. Ludwig schwieg. Dann, ohne wirklich darüber nachzudenken, erhob er heiser und leise seine Stimme: "Stille Nacht, heilige Nacht! Alles schläft; Einsam wacht, nur das traute heilige Paar!..." Er stockte immer weniger und sang immer lauter und voller: "...Holder Knab im lockigen Haar; Schlaf in himmlischer Ruh! Schlaf in himmlischer Ruh!" Mit dem Refrain fielen einige Männer mit in das Lied ein: "Stille Nacht, heilige Nacht! Gottes Sohn, o wie lacht; ..." Nun sang jeder, egal ob er stand, lehnte oder saß: "...Da uns schlägt die rettende Stund; ..." Der Gesang tönte durch den ganzen Grabenabschnitt. Die Stimmen waren heiser und brüchig, aber der Gesang war laut und kräftig. Sie sangen weiter, Strophe für Strophe. Wer den Text nicht kannte, summte mit: "...der Retter ist da!" Schließlich waren sie fertig. Schweigen breitete sich aus, niemand rührte sich. Irgendjemand schluchzte. Verständlich. Plötzlich ertönte etwas von drüben über das Niemandsland. "Sagt mal, Kameraden, hört ihr das auch?", fragte einer der Mäner, als er wie alle verwundert umher schaute und horchte. "Klingt nach Musik aus Englands Graben", sagte Ludwig. "Aber was genau ist das?", fragte ein weiterer. Ludwig hörte konzentriert hin. Dann antwortete er: "Dudelsäcke, glaube ich." "Silent night, holy night! All is calm, all is bright! Round yon virgin mother and child...", sangen die Männer so laut und kraftvoll sie konnten. Das mussten sie auch, um gegen die entsetzlich laute Begleitmusik anzukommen. Arthur sang ebenfalls mit. Neben ihm stand Allister und spielte seinen Dudelsack. Nachdem sie verstanden hatten, was drüben in Deutschlands Graben gesungen wurde und, dass das auf dem Grabenrand tatsächlich kleine, kerzenerleuchtete Weihnachtsbäume waren, hatte sich die Anspannung schlagartig in Verwunderung verwandelt. Und dann hatte Allister seinen Dudelsack geholt und angefangen die Melodie dieses Liedes, das sie alle kannten, zu spielen. Immer mehr Spieler der Royal Scott Guard waren mit eingefallen und schließlich sangen auch die übrigen Männer mit. Auf einmal erschienen auch welche, die ebenfalls kleine Weihnachtsbäume in den Händen trugen und stellten sie auf den Grabenrand. Kerzen wurden entzündet, während sie sangen. "Chantez, chantez!", feuerte Francis seine Soldaten an. "Douce nuit; sainte nuit! Dans les cieux; l'astre luit! Le mystére annoncé s'accomplit!...", wurde von all seinen Männern so vollstimmig wie möglich gesungen. Francis hatte damit angefangen, als er erst den leisen Gesang aus Deutschlands Richtung von der anderen Seite de no man's land und dann diese horrible Dudelsäcke aus Englands Graben gehört hatte.Weihnachten war das Fest d'amour, da wollte er um keinen Preis zurückstehen, erst recht nicht hinter Allemagne und Angleterre, auch wenn sie gerade mitten im Krieg waren. Er hatte einem der Soldaten befohlen, seine Zieharmonika zu holen und Douce nuit nachzuspielen. Es war schon trés curieux. Krieg herrschte, sie hatten sich allesamt in die Erde gegraben und lebten wie die Ratten im Dreck, wenn nicht gerade angegriffen wurde. Sein Erzfeind Allemagne lag nur gerade mal einhundert Meter, peut-être sogar weniger, von ihm entfernt und nun sangen sie. Sangen Weihnachtslieder. Aber Francis kümmerte das nicht. Er sang und mit jeder Strophe wurde ihm das Herz etwas leichter. "...C'est l'amour infini; C'est l'amour infini!", beendeten sie auch schon das Lied. Viel zu früh, für Francis' Geschmack. Langsam herrschte wieder Schweigen. Niemand sagte etwas oder rührte sich, alle schienen auf etwas zu warten. Oder würden sie wieder in die Anspannung wie die Tage zuvor zurückfallen? Francis dachte nicht lange nach. Er wandte sich um. Erst zögerlich, dann immer sicherer kletterte er die Sturmleiter hinauf. Hinter sich hörte er die erschreckten Rufe seienr Männer: "France, France, was machen Sie da? Sind Sie fou?", rief einer laut. "Non, mais nous avons besoin de vous!", rief ein weiterer ängstlich. Francis hatte breits seinen einen Fuß auf dem Boden des schneebedeckten Niemandslandes gestellt, mit dem anderen war er noch auf der letzten Sprosse der Sturmleiter, als er sich endlich umdrehte und lächelnd antwortete: "N'avez pas so große Sorgen. Um unsergleichen umzubringen braucht es mehr, als ein Jahr Krieg. En plus, je ne crois pas, dass ich in Gefahr bin. Attendez." Mit diesen Worten stolperte Francis zwischen dem Stacheldrahtverhau hindurch, auf den gegenüberliegenden Graben zu. "...the savior is born!" Das Lied war zu Ende, die schottischen Spieler setzten ihre Dudelsäcke ab. Trotz der abendlichen Dunkelheit, der ständigen Präsenz des Grabens, der Sandsäcke und des Stacheldrahts fühlte Arthur eine gewisse Ruhe in sich. Kein Gefühl des Friedens, aber ein Gefühl der Erleichterung. Es war nicht viel, was sie hatten. Kein Festessen, kein bunt geschmückter Saal, keine Festtagskleidung und keine Familie. "Comrades!", erhob Arthur seine Stimme "Wir haben nur mud in den Gräben, barbed wire im Niemandsland und beinharte cakes als Rationen. Aber, comrades, lasst uns trotzdem unser bestes tun, diese heilige Nacht zu feiern. Wäre doch a shame, bliebe ich hinter Germany zurück!" Mit den lezten Worten riss er grinsend beide Fäuste in die Luft. Die Männer applaudierten und riefen laut hooray. Jetzt wurden auch endlich die ersten Weihnachtspäckchen herausgeholt. Lachen und eine, unter diesen Umständen, heitere Stimmung breiteten sich aus. Arthur lehnte sich mit dem Rücken gegen die Grabenwand. Of course, er hatte Alice in weiser Vorraussicht bereits vor einiger Zeit einen Weihnachtsbrief geschickt, aber bis jetzt hatte er noch keine Antwort erhalten. Natürlich, die Feldpost war nicht gerade die zuverlässigste und natürlich wurde nicht alles sofort abgeschickt und obendrein auch kontrolliert, aber er fühlte sich trotzdem leer. Und er vermisste sie. Alle, seine Alice, den schüchternen Canada und sogar diesen undankbaren jungen Kerl America. Wehmütig dachte er an die Weihnachtsfeste der letzten Jahre. Da klopfte ihm jemand auf die Schulter. Arthur wandte sich um. Allister stand neben ihm und hielt ginsend eine Flasche besten Scotch-Whiskey in der Hand. "What is it, England? Warum so niedergeschlagen? Du hast doch selbst eben erst gesagt: do your best to enjoy this night!" Damit drückte er ihm die Flasche in die Hand. "B-but, Scotland...ich kann doch nicht, i mean, das ist ein Geschenk für dich, isn't it?", stammelte Arthur überrascht. "No worries!", erwiderte Allister lachend und deutete mit dem Daumen über seine rechte Schulter auf eine offene Holzkiste, die auf dem Boden lag "meine Jungs haben mir 'ne ganze Ladung geschickt! Und jetzt, cheers, du altes, britisches Ekel!" Allister zog eine weitere Flasche hervor und öffnete sie, um mit Arthur anzustoßen. Arthur schluckte. Ob das angesichts der Kriegslage eine gute Idee war? "England, da draußen tut sich was!", rief plötzlich jemand laut. Schlagartig riss Arthur mit weit geöffneten Augen seinen Kopf herum. Damn it, er hätte diesem trügerischem Frieden doch nicht trauen sollen! Im ganzen Graben erstarb die verhältnismäßig fröhliche Laune schlagartig. Ernüchterung und Anspannnung machte sich wieder breit. Arthur trat ans Scherenfernrohr heran. "Let me see for myself", sagte er und schaute hindurch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)