Stille Nacht, heilige Nacht von KathlynRiddle (Adventskalenderstory) ================================================================================ Kapitel 4: ... schlafe in himmlischer ruh ... --------------------------------------------- 4. Dezember - Snow (Schnee)  : snow || schlafe in himmlischer ruh : Leise schlich Harry durch die Gänge, streng darauf bedacht, kein Geräusch von sich zu geben - es war gerade einmal sechs Uhr morgens, und er wollte sich die Bestrafung seiner Eltern gar nicht vorstellen, sollten sie in jetzt hier erwischen. Auch der hohe Lord würde wohl enttäuscht sein; Harry glaubte nicht, dass dieser sein Verhalten gutheißen würde - zumal er sich immer noch krank und erschöpft fühlte, mit ziemlicher Sicherheit Fieber bekommen hatte und ein leichter Schwindel durch seinen Kopf raste, wenn er diesen zu schnell bewegte. Aber - es hatte geschneit. Heftig geschneit; als Harry aus dem Fenster gesehen hatte, war der gesamte Garten von einer zentimeterdicken Schneeschicht bedeckt gewesen. Harry war sich nicht ganz sicher, ob der gesamte Schnee in dieser Nacht gefallen war oder auch in den vielen Stunden zuvor, in denen er bewusstlos das Bett des hohen Lords beansprucht hatte - aber es war ihm auch egal. Er liebte den Schnee, die schönen weißen Flocken, die langsam vom Himmel hinabsegelten - und er würde jetzt hinausgehen, egal, wie dreckig es ihm ging, bevor Lily ihn wieder im Haus einsperren und sein Zimmerfester verhängen würde, damit er den Schnee nicht einmal ansehen konnte. Er würde jetzt einfach eine Stunde draußen im Schnee verbringen, dann wieder hineinkommen und in das Zimmer des Lords schleichen - niemand würde bemerken, dass er fort gewesen war. Hoffte er. Harry musste einen Freudenschrei unterdrücken, als er die schwere Holztür aufgestemmt hatte und ihm sofort kleine, weiße Flocken entgegenflogen. Stattdessen begannen seine Augen hell zu leuchten und er quetschte sich rasch durch den dünnen Spalt und ließ die Tür langsam wieder hinter sich zufallen. Seine Hand klammerte sich an das Geländer, als er die Stufen zum Garten hinunterging - hier war es meist sehr glatt und Harry konnte sich noch immer sehr gut an den ersten Winter erinnern, als er sich hinausgeschlichen hatte und auf den Treppenstufen ausgerutscht war und damit das gesamte Haus geweckt hatte.  Manchmal meinte er die Schmerzen immer noch zu spüren, wenn er über die dünnen Narben strich, die er von diesem Tag zurückbehalten hatte. Doch daran wollte er jetzt nicht denken, genauso wenig wie an die Kälte, die ihn Zittern ließ - kein Wunder, wenn man nur im dünnen Schlafanzug, ohne Schuhe, Schal, Mütze oder Handschuhe nach draußen in den Schnee ging. Langsam steckte Harry seine Zehen in den eisigen Schnee, fröstelte leicht, und sprang dann mit einem kleinen Satz von der obersten Stufe mitten in das weiße Pulver hinein. Er lächelte, kniete sich hin und steckte auch seine Hände in den Schnee, genoss die flockige Konsistenz. Dann stand er auf, ging ein paar Schritte weiter - und ließ sich dann einfach nach hinten in den Schnee fallen, mit ausgestreckten Armen und schloss entspannt seine Augen. Es fühlte sich erstaunlich gut an, bemerkte er, während er seine Arme und Beine wie bei einem Schneeengel bewegte, trotz der eisigen Kälte. Harry war schließlich Schlimmeres gewöhnt. "Wo bist du denn gewesen?", fragte eine beinahe entsetzte Stimme, als Harry vorsichtig die schwere Holztür, die ihn von der Außenwelt trennte, hinter sich zuzog. Er erstarrte mit den Fingern noch an der Türklinge und versuchte die Stimme zuzuordnen, um herauszufinden, was wohl die beste Reaktion wäre - aber sein Kopf war wie leer. Wenn seine Mutter nun herausfinden würde, dass er verbotenerweise draußen gewesen war ...  Wenn sie genauso sauer sein würde, wie letztes Mal ... Vor Harrys innerem Auge tauchten schon die vielen Bestrafungsinstrumente auf, die seine Mutter das letzte Mal verwendet hatte. "Harry, hey, Kleiner...", flüsterte eine sanfte Stimme direkt hinter ihm und Harry versteifte sich noch ein wenig mehr, als eine Hand nach seinem Arm griff, und ihn zu der unbekannten Person herumzog. "Hey, du musst atmen - Harry, hörst du - atmen!", aus reinem Instinkt schnappte Harry nach Luft, als eine große Hand auf seinen Rücken schlug. "Ich bins doch nur, Harry", flüsterte die Gestalt und dann erkannte Harry die Stimme endlich und sein Blickfeld wurde langsam wieder klar und war nicht mehr trüb vor Panik. "Peter?", flüsterte er leise. "Ja, ja, ich bins", murmelte die vertraute Stimme Peter Pettigrews und Harry schoss nach vorne und warf sich in seine Arme. "Peter", murmelte er in einer unendlichen Mantra. "Du bist hier, du bist wirklich hier..." "Hab ich dir doch versprochen", sagte der pummelige Mann, schlang seine Arme um Harrys schmalen Körper und hob ihn vorsichtig hoch. "Wohin solls gehen? Ich hab gehört, du schläfst nicht mehr in deinem Zimmer?" "Der hohe Lord hat mich in sein Zimmer gebracht, ja", murmelte Harry, und als Peter nur ein kleines, unverständliches Geräusch von sich gab, fiel im schlagartig wieder ein, was Peter ihm einmal von dem Lord erzählt hatte - das dieser ihn gezwungen hatte, Todesser zu werden, seine Gefolgsleute oft gequälte und folterte, wie seine Mutter es mit ihm tat - aber ohne Stöcke; nur mit gemeinen Zaubern - und er kein Mann war, dem man vertrauen sollte, weil er nur so lange nett war, bis man sich ihm hingegeben und sein Leben für ihn aufgegeben hatte. Harry zuckte zusammen. "Bist du sauer?" "Was? Nein - warum sollte ich denn sauer sein?", fragte Peter und trug ihn die vielen Treppenstufen hinauf, die zum Zimmer des Lords führen würden. "Du magst den Lord doch nicht" "Wenn er dir wehtut, sagst du mir bescheid, versprochen?", verlangte Peter statt einer Antwort und Harry nickte schnell. "Gut - schlaf ein wenig", murmelte Peter, streichelte über Harrys Rücken. Und jetzt, wo Peter es ausgesprochen hatte, bemerkte Harry erst, wie erschöpft er eigentlich war. Nur Sekunden, nachdem er seine Augen geschlossen hatte, war er in einen unruhigen Schlaf gefallen, begleitet von Peters schaukelnden Schritten und der pummeligen Hand, die ihn sanft streichelte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)