Während die BBA nicht da war von Marron ================================================================================ Kapitel 8: Der Wahrheit in`s Auge sehen --------------------------------------- Er war vier Tage lang ohne Bewusstsein gewesen. Das hatte jedenfalls der Arzt gesagt. Robert war erschrocken, dass es ihn so umgehauen hatte. Und weitere drei Tage hatten sie ihm keinen Besuch erlaubt – die Anwesenheit seiner Freunde war eine Ausnahmen gewesen, weil diese sich einfach nicht vertreiben ließen. Und sein erster „richtiger“ Besuch waren Kai und Tyson gewesen – wobei der Japaner auf ihn einplapperte und der Halbrusse wie immer geschwiegen hatte. Kai hatte bei seinem Treffen mit Oliver und Enrico noch gedacht, die Majestics hätten sich dazu entschlossen, BEGA allein herauszufordern. Erst in seiner eigenen Zeit dort hatte er zwei „Vorsitzende“ - die sozusagen direkt Boris unterstanden – über einen Deutschen reden hören und ihm wurde klar, dass Robert in Schwierigkeiten steckte. Er hatte nicht viel tun können, aber anscheinend hatte er so viele Wachen wie möglich ausgeschaltet, bevor er sich Brooklyn gestellt hatte. Robert rechnete ihm das hoch an, obwohl Kai scheinbar nicht wollte, dass man ihm dankte. Der Halbrusse hatte ihm beim Abschied nur einen Satz gesagt, der ihn beschäftigte: „Keine Angst, sie werden dich schon verstehen.“ Er war erstarrt und hatte nur ungläubig die Tür ansehen können. Was sollte das denn heißen? Wusste Kai etwa Bescheid? Woher? Hatte er sich irgendwie verraten? Und wieso hatte Tyson auf diesen Satz überhaupt nicht reagiert? Er fand keine Antworten darauf, egal, wie sehr er grübelte. Am nächsten Tag waren Mr Dickenson, Ray und Max gekommen. Sein Aufenthalt im Krankenhaus hatte wohl die Runde bei den Bladern gemacht. Keiner fragte ihn, wieso er eigentlich da war – Johnny hatte eine wirre Story erfunden, die ihm viel Interpretationsspielraum ließ. Alle zeigten sich besorgt und hatten entweder Bücher oder Blumen oder andere Geschenke dabei. Mit so viel Aufmerksamkeit und Anteilnahme hatte er gar nicht gerechnet. Es rührte ihn schon ein bisschen. Aber ein Punkt blieb. Er konnte nicht wegdiskutieren, dass er schlecht schlief. Immer wieder quälten ihn Albträume, in denen Boris ihn jagte. Fast schon jede Nacht holte ihn ein, was er nur vergessen wollte. Auch seine Reaktionen auf die anderen waren nicht mehr dieselben. Bei Max` Besuch hatte der Halbamerikaner sich wie immer verhalten – was in seinem Fall hieß, dass er Robert am liebsten in den Arm genommen und gedrückt hätte. Der Deutsche reagierte instinktiv und wich zurück. Sein Herz hämmerte in seiner Brust und einen kurzen Moment musste er gegen die Panik ankämpfen. Sie hatten ihn verdattert gemustert. „Alles okay?“, hatte Ray ihn zögerlich gefragt. Normalerweise hielt er einfach still, wenn Max ihn „ansprang“, aber jetzt wollte er verständlicherweise keinen Körperkontakt. Er hatte nur stumm genickt. Sein Team war eine andere Sache. Als Johnny sich überzeugt hatte, dass es Robert besserging, hatte er ihn mit einer Schimpftirade überzogen und sich dann schnaubend verzogen. Irgendwie war er immer noch verdattert – er musste den Schotten mal fragen, woher der all diese unflätigen Ausdrücke kannte. „Reg dich nicht auf!“, hatte Oliver versucht, ihn zu beschwichtigen, „Das Ganze war auch für ihn schlimm.“ „Ich weiß. Ich bin nicht sauer.“ Er betrachtete den Franzosen eingehend. Jetzt fiel ihm auf, dass dieser recht nahe an Enrico stand. „Sag mal“, begann er berechnend, „Eine Sache hat mich beschäftigt.“ „Ja?“, antwortete Oliver. Er wusste nicht, worauf Robert hinaus wollte. Der grinste leicht. „Die Blutspende...bist du dir sicher, dass das Enrico war?“ Er hatte den sonst so kühlen Franzosen nur necken wollen. Doch der trat verlegen von einem Bein aufs andere. „Ich?! Wieso sollte ich dir Blut spenden? Das war doch Oliver selbst!“, platzte der Italiener heraus. Das hatte er sich schon gedacht – Oliver hatte es schlicht versäumt, Enrico von seiner Ausrede in Kenntnis zu setzen. Dann betrachtete der Blonde ihn nachdenklich. „Wieso haste du das gesagt?“, verlangte er zu wissen. Oliver biss sich auf die Lippe. „Ja, warum?“, versetzte Robert. Es interessierte ihn wirklich. Da kam ihm eine Idee: „Warum bist du seit Neuestem so versessen darauf, Enrico in einem guten Licht dastehen zu lassen?“ Das tat der Franzose nämlich wirklich! Er betonte jedes Mal, wie gut Enrico seine Sache gemacht habe. Wie witzig er sein könne – obwohl er früher nie über diese Witze gelacht hatte. Oliver hatte für Roberts Verständnis völlig überraschend reagiert. Er wurde rot. „Öhm“, stotterte er dann, „Ist das so schlecht? Ich dachte, es fördert den Zusammenhalt im Team?“ Seine Stimme war nur ein kleines, verlegenes Piepsen gewesen. Da hatte Enrico nach seiner Hand gegriffen und ihre Finger verschränkt. „Dase ist süß, eh. Danke.“ Okay, da hatte Robert wohl was verpasst! Waren die sich bei seiner Rettungsaktion etwa näher gekommen? Er saß erneut in seinem Krankenzimmer und sah zum Fenster hinaus. „Hörst du überhaupt zu?!“, fuhr Johnny ihn an. Kurz zuckte er zusammen, ehe er den Kopf schüttelte. „Nein, tut mir Leid. Was sagtest du gerade?“ Der Schotte schnaubte. Er war heute allein gekommen, Oliver und Enrico ließen sich entschuldigen – wobei Robert nicht wissen wollte, was die zwei gerade machten. „Ich hatte gefragt, ob es dir besser geht!“ Verblüfft nickte er. „Ja, natürlich. Das sagte ich doch schon.“ Jeden Tag dieselbe Frage, aber seine immer gleiche Antwort schien nicht richtig zu sein. „Und wieso werden deine Augenringe immer schlimmer?“ Er zuckte erneut zusammen. „Das wird schon besser.“, sagte er und wandte sich ab. Er konnte Johnny jetzt nicht in die Augen sehen. Doch der Schotte griff nach seiner Hand und drückte sie sanft. „Robert“, seufzte er, „Da ist etwas, was du uns nicht sagst. Versuche gar nicht erst, es abzustreiten! Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst, aber such dir jemanden, der dir hilft.“ Lange starrte er seinen besten Freund an. Er tat so, als verstehe er nicht: „Was meinst du damit?“ Seit wann war Johnny so einfühlsam? Nicht, dass es ihn gestört hätte, aber er wollte wirklich nicht, dass der andere herausfand, was ihm zugestoßen war. Er fühlte sich sowieso so dreckig... „Du bist nicht wie sonst“, begann Johnny leise und sah auf seine Hände, „Ich habe gedacht, es würde schon werden, aber es wird nicht. Vielleicht solltest du mit jemandem reden. Jemandem, der es versteht und dir helfe kann.“ „Ich soll zum Seelenklempner rennen?!“ Der Gedanke hatte ihn empört. Na gut, er hatte etwas unschönes erlebt, aber er war doch kein psychisches Wrack! Er brauchte so eine Therapie doch nicht! „Im Leben nicht! Johnny, wie sähe das denn aus? Die Leute würden denken, ich wäre durchgeknallt!“ Wenn er nur daran dachte, was die Presse schreiben würde, würden sie das herausbekommen... Weitere vier Tage später sah er ein, dass der Schotte recht hatte. Diesmal war er sogar schreiend aus einem Albtraum erwacht und nur durch eine Schwester geweckt worden. Nachdem sich die Panik gelegt hatte, war es ihm furchtbar peinlich gewesen. Er musste etwas ändern – und wenn er dafür zum Psychologen gehen musste, dann würde er das eben tun. Nicht erfreut – das fehlte gerade noch. Aber wenigstens mit dem Wissen, dass es ihm danach hoffentlich besser gehen würde. Er seufzte schwer. „Worüber brütest du schon wieder?“ Heute war Tyson da. Kai war nicht aufgetaucht und keiner von ihnen beiden verlor ein Wort darüber. Sie wussten ja beide, dass Kai sich schwer tat, seine Gefühle zu zeigen. „Ich dachte darüber nach, was Johnny gesagt hat.“ Tyson drehte sich um und sah ihn prüfend an. Sie waren in der Parkanlage des Krankenhauses und hatten sich in eine der hintersten Ecken verzogen. Hier waren sie ungestört. „Du meinst die Sache mit der Therapie?“, fragte der Japaner und ließ Robert damit vor Schreck erstarren. „W-Woher weißt du schon wieder davon?“ Warum war Tyson auf einmal so scharfsichtig? Angesprochener grinste. „Weil er mir gesagt hat, ich solle dich überreden.“ Robert konnte es kaum glauben. Machte sich der Schotte etwa so viele Sorgen, dass er seine Stolz überwand und andere um Hilfe bat? Und dann auch noch ausgerechnet Tyson! „Also“, holte er den Deutschen zurück in die Wirklichkeit, „Machst du es?“ Roberts Schultern sackten nach vorn. „Ja“, seufzte er. Da hielt ihm Tyson eine Karte entgegen. „Ich kann dir eine gute empfehlen.“ Er sah erst auf die handschriftliche Karte, dann in Tysons braune Augen. „Woher kennst du eine Psychologin?“ Darauf antwortete der Japaner mit nur einem Wort: „Kai.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)