Während die BBA nicht da war von Marron ================================================================================ Kapitel 5: Situationsanalyse ---------------------------- Im Hauptsitz der BEGA war man gerade mit anderen Dingen beschäftigt. Robert sah aus dem Fenster nach unten auf die Straße. Wie klein die Menschen doch schienen, wenn man aus dem höchsten Stock dieses Hauses sah... Und doch, irgendwo dort unten waren die Menschen, die ihm so viel bedeuteten. Absolut unwissend, was er für sie opferte. Aber so war es gut, sie hätten ihm das hier nicht durchgehen lassen – schlimmer noch, sie würden ihn hassen! Er schüttelte den Kopf. Jetzt war nicht die Zeit, um darüber nachzudenken. Er sollte sich eher darauf vorbereiten, Boris Spezialdienst hinter sich zu bringen. Mal wieder. Wieso konnte der Russe ihn nicht einfach nur als Spion einsetzen und gut? Warum war er auch noch so ekelhaft interessiert an Robert selbst? Der Deutsche schüttelte sich kurz. Wenn er nur daran dachte, dass der Chef der BEGA gerade unter der Dusche stand und gleich in den Raum rauschen würde, stellte sich Übelkeit bei ihm ein. Er wandte sich vom Fenster ab und betrachtete missmutig das Bett, in welchem er sich in wenigen Minuten wiederfinden würde. Trügerisch weiß strahlte die Bettwäsche, selbst in dem schwindenden Tageslicht. Er seufzte und setzte sich auf die Bettkante. Das Wasser lief schon nicht mehr. „Wie schön, dass ich mir diese Freude erlauben kann. Und noch besser, dass du hier bist“, schnurrte es von der Tür des Bades zu ihm hin. Er unterdrückte ein Schaudern und zog sich wortlos den Bademantel von den Schultern, als Boris mit großen Schritten auf ihn zukam... *~* Der verbliebene Rest der Majestics saß im Restaurant des Hotels beim Abendessen, doch keiner war hungrig. Stattdessen überlegten sie, was passiert sein könnte, dass Robert dachte, sie schützen zu müssen. Von seiner Familie lebte niemand mehr – seine Eltern waren vor Jahren mit dem Auto verunglückt. Gustav war zwar ein treuer Butler, doch Robert würde über eine Drohung gegenüber seinem Personal nur lachen. Diese Dinge hatten sie bereits ausgeschlossen, es musste also um sie gehen. „Womit sollte man Robert erpressen können?“, murmelte Oliver nun schon zum fünften Mal vor sich hin. „Damit, uns etwas anzutun“, antwortete Johnny. Es war seit Stunden das erste Mal, dass er etwas sagte. Oliver nickte unglücklich. „Aber wir können selber auf uns aufpasse, eh!“, begehrte Enrico auf. Dann sah er sich hektisch um und hob entschuldigend die Hände - der halbe Saal hatte ihn verdattert, beziehungsweise verärgert angesehen. Leiser fügte er hinzu: „Und überhaupt! Wase sollte er uns schon antun, eh?“ Hilflos hob der Franzose die Schultern. Auch der Schotte schüttelte nur resigniert den Kopf. „Ich denke-“, begann er, erstarrte dann jedoch. Seine Augen wurden groß, als er hinter Enrico und Oliver deutete. Die zwei drehten sich um. Etwas weiter weg, hoch über ihren Köpfen, war ein Fernseher angebracht. Und genau über dessen Bildschirm flimmerte gerade Tysons Gesicht in Großaufnahme. Darunter fand sich die Nachrichtenzeile `Weltmeister fordert BEGA heraus. Wer wird zu wem halten?` „Auweia!“, rutschte es Enrico heraus. Der Italiener fand diese Aktion zwar typisch Tyson, deshalb aber nicht minder unüberlegt. Tatsächlich könnte genau das für Robert noch unangenehmer werden. Was, wenn Boris ihn zwang, Stellung zu beziehen? Was, wenn der Deutsche sich weigerte? „Hat der sie noch alle?“, brauste Johnny halblaut auf. „Was sollen sie denn sonst tun?“, fragte Oliver verdattert. Schließlich musste Boris doch das Handwerk gelegt werden. „Ich meine nicht Tyson!“, erklärte der Rotschopf bemüht ruhig, „Da stand gerade, dass Kai zu BEGA gegangen ist! Er hat mal wieder sein Team verraten! Ist das zu fassen? Der Kerl ist wie ein Fähnchen im Wind!“ Das also hatte Kai vorgehabt, als sie ihn vorher getroffen hatten. Er hatte auf eine Gelegenheit gewartet, seine Seite zu wählen. Und Johnny reagierte auf Kai ja sowieso allergisch, seitdem er gegen Robert gewonnen hatte. Wie gut, dass diese beiden seitdem nicht mehr in einem Raum gewesen waren. Auch jetzt war das wohl lebensrettend – für Kai! Johnny sah aus, als wolle er dem Halbrussen an die Gurgel gehen. „Ich bring ihn um, wenn Robert seinetwegen Schwierigkeiten bekommt!“ Ja, diese Aussage zeigte, dass sie den Schotten mal wieder richtig eingeschätzt hatten! Er wurde jedoch in seiner Tirade gegen alle Russen – insbesondere natürlich ein Bestimmter – unterbrochen, da sein Handy klingelte. Hastig kramte er das Ding aus seiner Hosentasche. „Ja?“, meldete er sich und blieb dann länger still. Nach einer vollen Minute seufzte er schließlich leise auf. „Sei doch mal ruhig, große Schwester“, murmelte er, „Ich weiß, du hast Angst um mich, aber das sollst du doch nicht. Reg dich ab, das ist nicht gut für euch zwei! - Nein, natürlich bin ich vorsichtig. Gib mir mal meinen Schwager!“ Der Franzose und der Italiener sahen sich verblüfft an. Es war das erste Mal, dass sie etwas von Johnnys Familie mitbekamen. Bisher hatte Johnny nur hier und da mal erwähnt, dass er der Jüngste in der Familie sei. Dass er noch zwei Brüder und drei Schwestern hatte. Aber weitere Details hatte er nie enthüllt. Umso genauer hörten sie nun zu. Aber leider – oder zum Glück? - hielt der Rotschopf sich kurz und beruhigte seinen Schwager mit einigen kurzen Lügen: Er halte sich gänzlich aus dem Unsinn in Japan heraus. Er sei mit Freunden unterwegs und wisse gar nicht, was vor sich gehe. Er habe nur eine vage Ahnung, wer was von wem wolle. Er sei gar nicht in Japan. Er wäre müde und wolle nun seine Ruhe. Und zwischen all diesem Geplapper sagte er immer wieder, dass seine Schwester sich beruhigen solle. Genervt klappte er sein Handy schließlich zu. „Furchtbar!“ Oliver sah ihn mit vorsichtigem Blick an. „Macht deine Familie sich solche Sorgen um dich?“ Johnny nickte. „Ja, wenn sie nicht wissen, wo ich bin. Hab diesmal vergessen, Bescheid zu sagen. Meine Mutter ist übervorsichtig.“ Er schnaubte, um zu zeigen, wie viel er davon hielt. Enrico holte sein Handy hervor. „Sollten wir nichteh auch anrufen?“, fragte er und wedelte mit dem Handy vor Olivers Nase herum. Der schüttelte den Kopf. „Nicht, bevor wir Robert da rausgeholt haben!“ Sie nickten sich zu und schalteten ihre Handys gänzlich ab. Jetzt wollten sie eine Strategie entwickeln und dabei sollte niemand stören. „Wie machen wir das?“, fragte Johnny, der ja nicht beim ersten Angriff auf BEGA dabeigewesen war. Enrico schob überlegend die Unterlippe vor. „Wir könnten noch einmal den Aufzug probieren, no?“ „Keine Chance!“, fuhr Oliver dazwischen, „Wir hatten letztes Mal schon unwirklich viel Glück. Was, glaubst du, passiert diesmal? Unmöglich, dass wir nochmal soviel Dusel haben!“ Der Blonde sackte leicht zusammen. „Und dann?“ Johnny biss sich auf die Lippe. Ja, was dann? Wie sollten sie jetzt zu Robert vordringen? Müde rieb er sich über die Augen. „Können wir mal drüber schlafen?“ All der Stress, der doppelte Schock und die Sorge seiner Familie – all dies hatte ihn erschöpft und er sehnte sich nach Schlaf. Völlig zerschlagen konnte er niemandem helfen, das wusste er. Zögerlich nickten die anderen ihm zu. *~* Robert stand unter der Dusche. Eiskalt prasselte das Wasser auf ihn herab, während er versuchte, sich den Abend seiner Freunde vorzustellen. Er war sehr schnell auf die Idee gekommen, dass verdrängen in seinem Fall besser half, als der Wahrheit ins Auge zu sehen. So wandte er seine Gedanken dem einzig Erfreulichen zu, dass er noch hatte: Seinen Freunden. Insbesondere Einem. Wahrscheinlich saßen sie gerade jeder bei sich zu Hause und ärgerten sich, dass sie Robert nicht erreichen konnten. Ob sie sich etwas dabei dachten? Ob sie sich Sorgen machten? Oder waren sie so wütend auf ihn, dass sie gar nicht interessierte, was er machte? Es kribbelte ihn in den Fingern, sie anzurufen – einfach mal eine angenehme Stimme zu hören, aber er verbot sich den Gedanken sofort. Er durfte jetzt nicht schwach werden. Die Konsequenzen würde er sich niemals verzeihen, sollte das eintreten, mit dem Boris ihm gedroht hatte. Er würde Johnny nie wieder in die Augen sehen können... Mit einem energischen Dreh stellte er das Wasser ab und schlüpfte in seine Schlafkleidung. Er trottete in sein Zimmer und fiel ins Bett. Nur ein Gedanke tröstete ihn. Ein Gedanke, den er immer und immer wieder wiederholte: Nur noch so lange, bis Tyson gesiegt hat. Nur noch so lange... Und mit dieser Hoffnung schlief er ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)