"Ich muss euch was erzählen..."
Es ist ein schöner, sonniger Tag und die Taubsis zwitschern, als Flampion und Serpifeu wartend auf einer kleinen Lichtung im Stadtnahen Wald stehen.
“Wo bleibt Mauzi denn bloß?!”, klagt Flampion ungeduldig. “Erst sagt er, wir sollen so schnell es geht hier herkommen und nun lässt er uns warten.”
Serpifeu klopft Flampion beschwichtigend auf die Schulter. “Bleib ruhig, Flampion. Mauzi sah sehr aufgeregt aus, als er sagte, wir sollten ihn an unserem geheimen Spielplatz treffen. Lass uns einfach warten und hören, was er zu sagen hat… Ah, wenn man vom Teufel spricht!”
Just in diesem Moment betritt Mauzi die Lichtung.
Flampion hüpft aufgeregt im Kreis. “Da bist du ja endlich, Bro’! Wir warten hier schon Ewigkeiten auf…” “Seit drei Minuten.”, unterbricht Serpifeu seinen quirligen Kumpel. “Aber wir sind natürlich sehr neugierig, was du uns so dringendes erzählen möchtest, was du offenbar nicht in der Stadt konntest…”
“Du hast uns neugierig gemacht, jetzt schieß los!”, wirft Flampion ein.
Mauzi kratzt sich verlegen am Kopf. Er war nervös, furchtbar nervös, aber er wollte es einfach nicht für sich behalten.
“Kennt ihr Eneco?”, fragt er zunächst.
Serpifeu nickt verstehend und Flampion lässt ein bewunderndes Raunen vernehmen.
“Doch nicht etwa DIE Eneco von dieser brünetten Trainerin im Nachbarhaus? Mit dem niedlichen Gesicht, der wohlklingenden Stimme, den langen Beinen und dem Hintern zum anb…” “Schon gut, ja die Eneco meine ich!”, ruft Mauzi schnell dazwischen, bevor Flampion noch mehr erzählt.
“Jedenfalls habe ich sie gestern gesehen, als sie im hohen Graß mit den Smettbos spielte. Ich war so gebannt von ihr, dass ich ihr eine Zeit lang zusah. Doch dann kam ein wildes Rattikarl und griff sie an.
Ich wusste gar nicht, dass es hier in der Nähe welche gibt…
Jedenfalls musste ich Eneco helfen und wusste erst nich wie. Da fielen mir die unglaublich klebrigen Lakritzbonbons meines Trainers ein und als Rattikarl Hyperzahn einsetzen wollte, tackelte ich ihn aus seiner Bahn und stopfte ihm das Bonbon in die Schnauze. Während er damit kämpfte, floh ich mit Eneco in die Stadt.
Wir waren ganz aus der Puste, als wir ankamen.
Sie bedankte sich bei mir, bevor sie nach Hause ging und wie sie mich dann ansah…”
Mauzi seufszt verträumt und errötet leicht.
“Da ist es passiert. Ich habe mich verliebt.”
“In ein Rattikarl!?”, schreit Flampion auf.
Serpifeu schüttelt genervt den Kopf. “In die kleine Miss Eneco natürlich.”
“Richtig.”, bestätigt Mauzi. “Und nun brauch ich eure Hilfe. Ich möchte es ihr sagen, aber ich habe das Gefühl, nicht gut genug für sie zu sein. Was kann ich tun, damit sie mich nicht abweist?”
“Ooooh, ich weiß da was!”, fällt Flampion ein. “Der gestiefelte Kater ist cool. Besorg’ dir schicke Stiefel!”
Serpifeu sieht Mauzi fast schon mitleidig an. “Warum glaubst du, du könntest nicht gut genug für sie sein? Sei einfach ganz du selbst. So funktioniert es sicher am ehesten…”
“Und komm auf einem Ponita angeritten! Mädchen stehen auf sowas.”
“Ich bin sicher, so wie du bist, mag sie dich am meisten.”
“Und lade sie zu einer Schale Milch ein!”
So viele Tipps auf einmal. Mauzi weiß gerade nicht so recht, was er denn nun tun soll…
Mauzi macht sich zum Menki
Es ist Freitag Nachmittag. Flampion und Mauzi haben sich in der Stadt verabredet. Flampion ist mit Feuer und Flamme dabei Mauzi zu helfen, worüber dieser sich sehr freut. Doch als er dann sieht was sein Kumpel ihm mitgebracht hat, fängt er schon langsam zu zweifeln an. Aufgeregt, von einem Bein auf das andere hüpfend, hält Flampion ein paar knallrote Gummistiefel mit Flammenaufdruck empor.
“Stark, oder?”, ruft Flampion aus, als er Mauzis Blick missversteht. “Die hab’ ich dir besorgt. Gehören eigentlich der Schwester meines Trainers, aber die hat so viele Schuhe, da fällt es bestimmt nicht auf wenn die fehlen. Also los, zieh’ sie schon an!”
Mauzi springt über seinen Schatten und zieht die Stiefel an. Vielleicht schreckt ja bloß die Farbe so ab und in Wirklichkeit sehen sie sogar tatsächlich gut aus?
Er versucht ein Stück damit zu laufen.
Sie sind viel zu groß für ihn.
“Das muss ich aber noch üben…”, gibt Mauzi zu bedenken.
“Nicht unbedingt.”, meint Flampion. “Wenn du auf einem Ponita angeritten kommst, ist es egal, wie du darin läufst.”
“Das leuchtet ein. Aber wie bekommen wir ein Ponita dazu mitzumachen?”
“Was bist du? Ein Mauzi oder eine Maus? Du wirst - mit meiner Hilfe natürlich - eines für heute zähmen! Mädchen stehen auf sowas, glaub’ mir!”
Flampion zwinkert dem immer mehr zweifelnden Mauzi zu und reicht ihm - ein Lasso?! Das kann doch nicht sein Ernst sein. Doch Mauzi ist nun mal verliebt und für Eneco würde er im Moment wahrscheinlich alles tun. Außerdem vertraut er seinem Freund. Denn so viel Einsatz seinerseits hätte er nicht erwartet.
Sie waren nun an der nahegelegenen Weide angelangt. Hier grasen zahlreiche Ponita und einige wenige Galoppa.
Der kleine Kater, der den Übereifer seines Kumpels bereits ahnt, bremst diesen diesmal sofort aus.
“Wir nehmen aber nur ein Ponita, kein Galoppa. Klar?”
Leicht zerknischt, aber einsichtig, willigt Flampion ein.
Die beiden suchen sich ein relativ ruhiges Ponita aus, welches weiter abseits der Herde steht.
Mauzi begibt sich mit dem Lasso in Position. Flampion rennt vor, springt, gestikuliert, ruft um Ponitas Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, was ihm auch gelingt. Entgeistert und etwas verwirrt blickt es auf Flampion herab.
Nun - glaubt der lassoschwingende gummigestiefelte Kater - sei der beste Zeitpunkt das Seil zu werfen. Er holt weit aus und zieht das Lasso mit Schwung nach vorne. Dieses fliegt im eleganten Bogen auf Ponita zu und legt sich wie geplant um ihren Hals. Mauzi, der sein Glück noch gar nicht fassen kann, steht wie erstarrt da und begutachtet sein Werk.
Doch das war ein Fehler, wie er nun feststellen muss, denn Ponita, die die Sache mit dem Lasso gar nicht so lustig findet, reißt Mauzi mit Hilfe des Seils zu Boden. Er findet mit den neuen viel zu großen Stiefeln natürlich keinen Halt und stürzt ungebremst auf den glücklicherweise nicht ganz so harten Rasen.
Doch dabei lässt Ponita es nicht bleiben und läuft los, wohlwissend dass sie das kleine Mauzi mit sich zieht. Dieser will aber nicht einfach aufgeben.
Er kneift die Augen zusammen und hält sich so fest er kann an dem Seil fest.
Nach wenigen Sekunden bleibt Ponita stehen um zu schauen, ob Mauzi nicht bereits genug hat. Dieser öffnet vorsichtig die Augen (Ist Ponita etwa schon erschöpft?) und sieht direkt vor sich
Eneko.
Eneko, die ihn mit entsetztem Blick und angehaltenem Atem fixierte, wie er da auf dem Boden lag.
Er wird rot.
Das alles ist ihm auf einmal einfach nur peinlich. Und nur weil ihm nichts besseres einfällt, ruft er ihr zu: “Möchtest du ein Glas Milch mit mir trinken gehen?”
Doch noch bevor Eneko antworten kann, wird die Situation Ponita zu doof. Mit einem kräftigen Ruck schleudert sie Mauzi fort.
Flampion, der bisher nur panisch umhergehüpft war, unwissend wie er seinem Freund helfen sollte, rennt in die Richtung in die er flog.
Spaziergang in Gedanken
Es wird bereits dunkel als Mauzi das Pokémon Center verlässt. Dort haben sie seine körperlichen Verletzungen gänzlich geheilt. Doch gegen seinen seelischen Kummer konnten sie nichts tun.
Immerzu muss er an Eneko denken und auch daran, wie sehr er sich heute blamiert hat.
Um den Kopf wenigstens ein bischen frei zu bekommen, macht Mauzi einen Abendspaziergang.
Die Umgebung ist in einem sanften Orangerot der Abendsonne getaucht. Auf dem naheliegenden See müsste diese Farbenpracht besonders schön zur Geltung kommen, denkt sich Mauzi. Also steuert er seinen Spaziergang geradewegs in Richtung See.
Fast beim See angekommen, bleibt Mauzi abrupt stehen. Ihm stockte der Atem bei dem, was er da sah.
Dort, wo Mauzi gerade hin wollte, saß Eneco! Eneco zusammen mit…
Serpifeu!?
Mauzi rieb sich noch mal die Augen, aber doch - es stimmte. Dort unten am See war Eneko mit seinem Kumpel Serpifeu und sie sahen sich gemeinsam den Sonnenuntergang an.
Beim genaueren Hinsehen bemerkte er sogar, dass sie konzentriert miteinander sprachen.
Sein eigener Freund Serpifeu also… Wie konnte er ihm das antun? Wenn er doch Interesse an Eneco hat, oder gar bereits mit ihr zusammen war, warum hat er ihm das denn nicht gesagt?! Warum hatte er ihm dann erst noch dazu ermuntert dran zu bleiben?!
Mauzis Gedanken drehen sich im Kreis, genauso wie sein Magen. Das konnte er sich nicht länger mit ansehen und ehe sie ihn bemerken, geht er lieber.
Er ist so in Gedanken, dass er gar nicht mitbekommt, wie er schon fast die gesamte Strecke bis nach Hause gelaufen ist. Für ihn ist es eher so, als liefe er vor einem Abgrund entlang.
Kurz vor der Katzenklappe schafft er es, einen Entschluss zu fassen.
Er muss mit Serpifeu reden! Gleich morgen, wenn sie sich wieder auf ihrem geheimen Spielplatz treffen, will Mauzi ihn zur Rede stellen.
Die Karten liegen offen
“Was hast du denn gemacht, Mauzi!?”
Mit diesen Worten begrüßt Flampion den übermüdeten Kater, der gerade den geheimen Spielplatz betritt.
Die ganze Nacht hatte er kein Auge zu gemacht. Die Gedanken kreisten immer wieder um das, was er gestern beobachtet hatte. Solange diese Sache mit Serpifeu und Eneco nicht geklärt war, würde Mauzi wohl nie mehr gut schlafen können.
In diesem Moment betritt Serpifeu die Lichtung.
“Guten Morgen ihr beiden…
Huch, Mauzi?! Wie siehst du denn aus? Was ist passiert?”
“Ich muss dringend mit dir reden, Kumpel.”
Innerlich spricht sich Mauzi noch einmal Mut zu. Egal wie das hier nun ausgehen sollte, als Freund will er Serpifeu auf gar keinen Fall verlieren.
“Am besten komme ich auf den Punkt.. Es ist nämlich so, dass ich dich gestern Abend gesehen habe…
mit Eneco.
Wenn etwas zwischen euch beiden läuft, dann wäre es nur fair von dir gewesen, mir etwas zu sagen!”
“Is’ nich’ wahr!”, staunt Flampion.
Serpifeu dagegen bleibt ganz gelassen.
“Du hast Recht Mauzi, ich habe dir etwas verheimlicht, was Eneco und mich betrifft.”
Ein lautes Plonk ertönt, als Flampions Kinnlade auf dem Boden ankommt. Serpifeu spricht unbeirrt weiter.
“Wir sind alte Freunde, Eneco und ich. Und gestern Abend habe ich mich mit ihr getroffen, um sie hierhin einzuladen, damit ihr beide mal miteinander reden könnt. Sie dürfte jeden Augenblick hier sein.”
“Oh mann, Serpifeu!” Flampion hat offensichtlich seine Kinnlade wiedergefunden. “Eneco ist zwar nett und so, aber ihr unser GEHEIM-Versteck zu verraten?! Man beachte das geheim.”
“Sollte ich dann besser wieder gehen?”
Eneco hatte soeben die Lichtung betreten.
Flampions Wut sprang plötzlich über zur freudiger Überraschung. “Aber nicht doch. Jetzt wo du schon mal hier bist, lassen wir dich so schnell nicht mehr gehen!”
Erleichtert atmet sie aus, doch schon im nächsten Augenblick fixiert sie Mauzi nervös. “Du wolltest mit mir sprechen?”
Derweil buxiert Serpifeu Flampion mit den Worten “Lassen wir die beiden mal alleine” außer Hörweite.
Derweil fängt Mauzi an zu sprechen. Sein Kopf wird von einem Moment auf den Anderen hochrot.
“Richtig, ja ähm… Ich muss dir was sagen… Das ist aber nicht so einfach und überhaupt - und weshalb - denn - nein eher…”
Er atmet einmal tief durch und versucht es noch einmal, während Eneco überaus geduldig wartet.
“Ich bin in dich verliebt. Aber ich hatte mich nicht getraut es dir zu sagen, weil ich denke, dass ich vielleicht nicht gut genug für dich bin.”
Enecos Augen weiten sich.
“Was meinst du mit >nicht gut genug<?!”
“Nun…” Mauzi wippt leicht mit dem Fuß. “Ich bin nicht besonders groß. Stark bin ich auch nicht. Allgemein bin ich nicht besonders großartig, also…”
Eneco unterbricht Mauzi mir ihrem Lachen. “Das ist nicht dein Ernst, oder? Jetzt denk’ doch mal nicht so schlecht von dir!” Sie fängt sich wieder und schenkt Mauzi ein mitfühlendes Lächeln. “ Es stimmt schon, dass du nicht der Größte bist. Dafür aber bist du das netteste, selbstaufopfernde und gutherzige Pokémon, das ich kenne. Und hast du die Sache mit dem Rattikal schon vergessen?”
Nun wurde ihr Blick so warm, dass es Mauzi fast zum schmelzen bringt.
“Seitdem bist du mein Held.”
Mauzi wusste nicht mehr, was er sagen sollte.
Sein Herz klopft in einem ungesund schnellen Rhytmus und er hatte das Gefühl jeden Moment abzuheben. Doch noch bevor er irgendwas zusammenstottern kann, erinnert Eneco ihn an etwas.
“Wolltest du mich nicht noch auf eine Milch einladen?”
“Du hast es nicht vergessen?”
“Wie könnte ich, bei dem Angebot!”
Sie sie beide fangen an zu lachen und gehen gemeinsam, Seite an Seite, um ihr erstes gemeinsames Date zu erleben.
Ende