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Cherry's Nuzlocke Challenge [Gelbe Edition]

Pokémon Nuzlocke Challenge
von

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Der langersehnte Tag

Endlich… endlich war es so weit!

Endlich war er da, sein siebzehnter Geburtstag.

Jener Tag, den er herbei gesehnt hatte, seit sein ältester Bruder im gleichen Alter Alabastia verlassen hatte.

Drei Jahre später war auch der Zweitälteste aufgebrochen, um als Pokémon-Trainer durch die Kanto-Region zu reisen und das Ziel zu erreichen, der Beste zu werden.

Und nun war er da, der langersehnte Tag: Nach fünf langen Jahren, in denen er nur davon träumen konnte, im hohen Gras und in den dunkelsten Höhlen nach diesen kleinen Monstern zu suchen, sie zu trainieren und spannende Kämpfe austragen zu lassen.
 

Das Grinsen wollte einfach nicht von den Lippen verschwinden und bereits den gesamten Vormittag brachte er nicht mehr über diese als freudig erregtes „Jaaaa!!“.

Er konnte es kaum erwarten, endlich auf die Reise zu gehen.

Doch dazu fehlte ihm gerade noch etwas.

Und das war ein eigenes Pokémon, das ihn auf dem Weg über die Route 1 nach Vertania City vor wilden Rattfratz und Taubsi beschützen würde.
 

Allerdings gab es ein kleines Problem auf dem Weg zu dem ersehnten ersten Pokémon.

Das Problem trug den Namen „Bubbles“, hatte die braunen Haare zu einer Frisur gestaltet, dass die Stacheln einem Sandamer Konkurrenz machen konnten… und war außerdem vor einer Weile hier vorbei gekommen und im Labor verschwunden, weswegen sich Cherry nicht traute, jenes zu betreten.

Was musste dieser Kerl auch vor ihm da sein?

Und warum musste er ausgerechnet heute ebenfalls auf die Reise gehen?

Schon früher hatte Bubbles ihn immer geärgert und aufgezogen, ihm alles Mögliche weggenommen und versteckt, so dass er nach stundenlanger Suche aufgeben musste.

Letztlich war Cherry sogar in das nächstgelegene Gebüsch gesprungen, damit dieser Kerl ihn auf dem Weg zum Labor seines Großvaters, Professor Eich, auch ja nicht entdeckte und wieder aus Langeweile heraus triezte.

„Gnnh, verdammt!“

Da war die gute Laune gleich dahin.

Noch dazu war bereits einige Zeit vergangen, seit der Junge das Gebäude betreten hatte.

Seitdem war er nicht wieder heraus gekommen.

„Oh Gott!“, beschlich Cherry eine Ahnung, die ihm nicht besonders gefallen wollte.

Bestimmt lachte der sich gerade ins Fäustchen beim Gedanken daran, wie der Rotschopf reagieren würde, wenn er feststellte, dass er ihm sein sehnsüchtig erwartetes erstes Pokémon direkt vor der Nase wegschnappte!

Mit einem „Oh nein, das darf doch nicht wahr sein! Bitte nicht!!“ purzelte Cherry aus seinem Versteck und stürmte in Richtung Tür, ohne sich zuvor die Blätter, die sich in dem roten Schopf verfangen hatten, aus jenem zu entfernen.

Die Eile sollte nicht ungestraft bleiben, denn gerade als er panisch die Hand nach der Türklinke ausstreckte, stieß jemand von innen die Tür auf, die mit einem dumpfen Ton auf Cherry traf.

„Aua!“, schrie der Junge entrüstet auf, als er von dem Schwung der Tür mit dem Hosenboden auf den Weg befördert wurde, und wollte sich schon mit einem „Pass doch au-…!“ beschweren.

Doch da bäumte sich bereits Bubbles vor ihm auf und stemmte drohend die Fäuste in die Hüfte ehe er herablassend das kleine Häufchen aus Armen, Beinen und einer verletzten Nase im Gesicht musterte.

„Was willst DU denn?“, fragte er höhnisch, als könne er kaum glauben, dass der Kleine heute eine abenteuerliche Reise beginnen wollte.

Um aber noch eines drauf zu setzen fuhr er fort, ohne die Antwort abzuwarten: „Du bist zu spät, Kleiner. Mein Opa ist nicht da und außerdem hat er kein Pokémon mehr für dich übrig. Tja, Pech gehabt.“
 

„Wie? Was soll das hei-… hey, Moment!“

Cherry war verdattert, erst recht, weil er mit dieser unmöglichen Aussage auch noch einfach stehen gelassen wurde während sich Bubbles munter vor sich hin pfeifend von ihm entfernte.

Lässig mit den Händen in der Hosentasche, so dass der Rotschopf in Rage geraten wäre, wenn es gerade nicht wichtigere Dinge gab.

Was sollte das heißen, für ihn sei kein Pokémon mehr übrig?

„Pah!“, entgegnete er schnaubend und mit dem Fuß aufstampfend. Nun, da Bubbles bereits außerhalb seiner Hör- und Sichtweite war, konnte er sich das ja schließlich erlauben ohne damit rechnen zu müssen, dass der ihn für diese Frechheit verprügelte.

„Dir werd’ ich’s zeigen! Blödmann!“, fluchte er lauthals und stapfte von dannen, vorbei am Labor, vorbei an seinem Zuhause und dem besagten Blödmanns.

„Ich komme auch ohne Pokémon nach Vertania City, kaufe mir dort ein paar Pokébälle und dann fange ich mir eben ein eigenes Pokémon auf der Route 1!“

Vor sich hin brummend kam Cherry dem hohen Gras immer näher und kaum war die erste Fußspitze in dieses gesetzt erlebte er den ersten Schreck seines Lebens.

Zunächst sah er nur einen großen Schatten aus dem Gras hervor springen und mit einem „WOAH! Was ist daaaas!?“ wurde er regelrecht blass.

Hier war doch die Route 1! Die Route, auf der sich eigentlich nur Taubsi und Rattfratz herum treiben dürften. Der Schatten war aber viel größer als der Vogel und die Ratte!

„WAAAAAH!!!!“

Vor lauter Schreck plumpste Cherry erneut auf den Hosenboden, doch das hohe Gras war nicht hoch genug um ihn vor jenem Schatten zu schützen oder zu verstecken.

„Nein!!“

Den Kopf mit den Händen zu schützen versuchend machte sich der Junge so klein wie möglich. Was war das für ein Schatten? Ein Nidoking, ein Maschock, ein Rizeros? Egal, welches dieser Pokémon zutraf, für ihn stand eines fest: „Ich geb’ auf, ICH GEB’ AUF! Bitte tu mir nichts!!“

„Was ist das denn für ein Spiel?“

Hä? Die zusammen gekniffenen Augen öffneten sich und es wurde geblinzelt. Das Pokémon sprach? Die konnten doch gar nicht die menschliche Sprache? Stirnrunzelnd, aber noch immer ängstlich, was ihn erwarten würde, lockerte Cherry nur sehr zögerlich den festen Griff der Arme um den Kopf um diesen vorsichtig anzuheben.

Zuerst kamen Schuhe und Beine zum Vorschein, je weiter der Blick herauf wanderte, umso mehr erkannte er von der Gestalt des alten Professors, der ihn ziemlich verdutzt ansah.

„Oh, Professor Eich!“

Puh, da fiel dem Jungen ein ganzes Geowaz vom Herzen... es war kein furchterregendes Riesenpokémon gewesen sondern nur der Professor. Halt, „nur“ der Professor?

„Hey, war das etwa Absicht?!“

Der war doch absichtlich gerade jetzt aus dem hohen Gras gesprungen, nur um ihn zu erschrecken! Das war doch typisch, schließlich war das der Opa von diesem fiesen Bubbles und der musste seine Ideen ja von irgendwem haben…!

„Mann!“

Frustriert beeilte sich Cherry, wieder aufzustehen. Erst das Gebüsch, jetzt Gras und dreckiger Boden… wahrscheinlich würde ihn jeder für ein Straßenkind halten, aber gewiss nicht für einen Pokémon-Trainer. Allerdings war es keine gute Idee, das an dem Professor auszulassen, denn schließlich hatte er ihn ja ohnehin gesucht.

„Ich wollte mir mein Pokémon abholen!“

Bubbles hatte ihn doch bestimmt angelogen als er gesagt hatte, es gäbe keines mehr für ihn. Ganz bestimmt war das eine Lüge gewesen! Hoffnungsvoll sah er den Professor an, doch der brabbelte schon wieder von etwas ganz anderem und rückte mit erhobenem Zeigefinger immer näher.

„Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass im hohen Gras wilde Pokémon lauern? Du brauchst doch ein eigenes Pokémon, um dich zu schützen!“

Hä? Davon sprach er doch gerade…! Dass er eben dieses Pokémon eigentlich hatte abholen wollen…?

„Das hab’ ich doch gerade…“, begann Cherry, doch so langsam wurde ihm diese aufgezwungene Nähe sogar etwas zu viel und so machte er eingeschüchtert einen Schritt zurück.

Was sich als Fehler herausstellen sollte.

Denn der Schritt bewirkte, dass von hinten ein wütendes „Pika!“ ertönte und noch ehe Cherry sich umdrehen konnte knisterte es bedrohlich in der Luft und er bekam einen ordentlichen Donnerschock ab. „Woah!!“

Verdammt, da stellte es ihm ja gleich die kurzen roten Haare auf! Und er zitterte! Und überhaupt, wo war der vermaledeite Übeltäter?!

Er konnte gerade noch einen Blick auf das gelbe Pikachu erhaschen, welches ihn beleidigt ansah, da flog auch schon ein Pokéball an ihm vorbei um das Pokémon einzufangen.

„Das war knapp!“, erklang erneut die Stimme des Professors, der sich mit der Hand über die schweißnasse Stirn fuhr als habe er gerade einen kilometerlangen Lauf mit zig Kilos an Armen und Beinen hinter sich. „Los, komm, jetzt können wir zurück in mein Labor!“

„Wie, das war alles?“, entfuhr Cherry, der noch den Monolog des Professors im Kopf hatte. So viel dazu, dass er ein eigenes Pokémon bräuchte um sich vor wilden zu schützen. Der Professor hatte noch nicht einmal selbst eines eingesetzt um das Pikachu vor dem Fang zu schwächen.

Kein sehr gutes Vorbild für einen angehenden Pokémon-Trainer. Wenn ein Pokéball für den Weg nach Vertania City ausreichte, dann hätte er doch einfach gehen können?

Stattdessen ertappte sich Cherry dabei, dass er dem Professor wortlos folgte, sich dabei immer wieder umsehend, ob dessen Neffe nicht doch noch irgendwo lauerte.
 

Im Labor reihten sich die Bücherregale aneinander, wahrscheinlich allesamt über Pokémon und die Forschungen, die der Professor und seine Gehilfen, die ihnen zur Begrüßung zunickten, betrieben.

Allerdings hatte Cherry so gar keine Zeit, sich näher damit zu beschäftigen, denn sein Bubbles-Radar schlug lautstark Alarm als er den braunen Haarschopf etwas weiter vorne entdeckte.

„Argh!“ Der schon wieder! Er dachte, der wäre längst aufgebrochen?

Ihn traf ein böser Blick aus den Augen des anderen Jungen, woraufhin sich der Rotschopf hinter dem Professor zu verstecken versuchte, aber stattdessen in den älteren Mann hinein lief als dieser abrupt stehen blieb um sich an die beiden Jungen zu wenden.

„Aua. Entschuldigung!“

Schon wieder auf die Nase…! Seufzend trat Cherry einen Schritt zurück, da fiel ihm der Pokéball auf dem Tisch ins Auge. Der Kerl hatte ihn doch tatsächlich angelogen, da war doch ein Pokémon!

Er wollte Bubbles einen ebenso bösen Blick zuwerfen wie er ihn zuvor von ihm geerntet hatte, doch der Braunhaarige war bereits damit beschäftigt, seinen Opa anzuquengeln und ihn zu drängen.

Dabei ließ er sich auch nicht von dem „Du solltest doch erst später kommen…“ beirren, mit dem sich der Professor zunächst an Cherry wandte.

„Siehst du den Ball dort auf dem Tisch liegen, Cherry? Das ist ein Pokéball. Darin befindet sich ein ...“

„… Pokémon!“, beendete Cherry nun ebenso drängend wie Bubbles den Satz. „Ich weiß, du hast doch vorhin schon einen geworfen!“

Hatte der Professor die Begegnung mit dem Pikachu etwa schon vergessen? Musste wohl das Alter sein…

„Eigentlich wollte ich es dir schenken, aber wenn das so ist…“, begann der Professor, wohl etwas angefressen über die Unterbrechung durch den Rotschopf, der aber sofort eilig mit den Armen fuchtelte damit der Forscher nicht weiter sprach und die zu erwartende Drohung vollendete.

„Ich bin schon still!“, versprach Cherry, ehe er sich die Chance auf ein eigenes Pokémon vertat, und sah den Größeren aus treuen Hundeaugen an.

Seufzend nahm jener also seine Rede wieder auf und ließ sich breit schlagen, seine Entscheidung zu überdenken und dem Jungen doch noch das Pokémon zu geben.

„Halt, Opa! Und was ist mit mir!“

Ach mist, beinahe hätte Cherry vergessen, dass Bubbles auch noch anwesend war. Oh je! Hier waren sie, zwei Jungen und ein Pokéball. Bubbles konnte ja den Ball haben und er das Pokémon darin? Dann hätte jeder was davon… Allerdings sah der Braunschopf schon wieder derart wütend aus, dass sich Cherry den Vorschlag gar nicht zu nennen traute.

Zum Glück aber schien der Professor seinen Neffen gut unter Kontrolle zu haben, denn mit seinem „Habe einen Moment Geduld, Bubbles. Du bekommst später eines.“ machte er den Weg für Cherry frei, diesem zunickend, dass er sich das Pokémon nehmen solle.

Da allein das schon ein kleiner Sieg über den furchteinflößenden Bubbles war machte sich auf den Lippen des Rotschopfs ein triumphierendes Lächeln breit und die Situation genießend ließ er sich extra Zeit auf dem Weg zum Tisch und griff wie in Zeitlupe nach dem Pokéball.

Auf einmal schien Leben in den anderen Jungen zu kommen, der sich urplötzlich mit einem „Neeeeiiiiin!“ auf Cherry stürzte und diesen mit dem Arm beiseite schubste als wäre er in Begriff, eine hochexplosive Bombe anzufassen.

„Ich will dieses Pokémon!“, forderte der Junge und schnappte nach dem Pokéball als wären sie beide auf einer einsamen Insel gestrandet und saßen mit knurrendem Magen der einzigen Scheibe Brot gegenüber, die sie noch hatten.

„Hey! Das war meines!“, schimpfte Cherry als er sich von der unerwarteten Attacke erholt und einigermaßen beruhigt hatte.

„Hä, willst du dich mit mir anlegen?!“

Die Art, mit dem Gesicht so nahe zu kommen, hatte Bubbles wohl auch von seinem Opa. Nur, dass er sogar noch um einiges einschüchternder wirkte als der alte Mann!

„Bin schon still!“, presste Cherry angstvoll hervor und wagte keine weiteren Einwände über diese dreiste Aktion, mit der sich Bubbles einfach sein Pokémon geschnappt hatte.

Auch Professor Eich schien damit nicht sonderlich einverstanden zu sein, sagte aber nichts dazu sondern gestattete seinem Neffen mit einem Seufzen und einem Schulterzucken dieses Verhalten auch noch.

„Hmm, okay… Behalte dieses Pokémon. Es ist deines…“

Mit diesen Worten machte er sogar die Hoffnungen des jungen Rotschopfs zunichte, der insgeheim auf den Beistand des Professors gewartet hatte und nun nur noch ein enttäuschtes und zugleich ansatzweise entrüstetes „Waaas?“ von sich gab. Jammernd und kleinlaut, sich bereits von seiner geplanten Reise verabschiedend. Denn wie sollte er heil in Vertania City ankommen, ohne Pokémon und ohne Pokébälle? Die Taubsi würden ihn zerhacken und die Rattfratz ihn auffressen!

Betrübt ließ Cherry den Kopf hängen. Immer hatte Bubbles das Glück!

„Cherry, komm zu mir herüber.“, sprach ihn der Professor an um die Aufmerksamkeit des Jungen zu gewinnen und die Enttäuschung wieder gutzumachen.

Dennoch waren die Schritte des Angesprochenen eher schwerfällig und wenig hoffnungsvoll, die Schultern hingen traurig herab und der Kopf blieb so lange gesenkt bis ihm von den runzeligen alten Händen ein Pokéball ins Blickfeld geschoben wurde.

„Wie?“ Schlagartig wurde der Kopf gehoben und das Leuchten kehrte in die blauen Augen zurück. Der Professor hatte noch ein Pokémon?

„Ich habe noch ein Pokémon gefangen. Allerdings ist es ein wildes, ungezähmtes Pokémon…“

Oh-oh, hieß das etwa…?

„Ich gebe es dir.“

Und schon wurde ihm der Ball in die Hand gedrückt, rollte widerwillig in dieser hin und her bis sich der Ball schließlich öffnete und Cherry plötzlich mit dem Pikachu in den Händen dastand, das ihn aus runden Äuglein musterte.

„Äh…“

Sollte er das gut finden? Das Pikachu hatte ihm vorhin einen Donnerschock verpasst! Cherry wurde ganz blass um die Nase und lachte kurz, unkontrolliert und unnatürlich. „Äh..hähähä…“

So hatte er sich das nun eigentlich nicht vorgestellt…

„H-Hi!“, begrüßte er die gelbe Maus unsicher anlächelnd, doch erstaunlicherweise schien das kleine Pokémon in seinem Ball eine wahre Persönlichkeitswandlung durch gemacht zu haben. Zumindest lachte es mit einem herzerwärmenden, fröhlichen „Pika…“ zurück.

Ehe sich wieder zeigte, was selbst ein kleines Pikachu für ein Monster sein kann, und vor allem: Welche scharfen Zähne ein Pikachu besaß. Denn diese stellte die Maus sogleich mit einem angriffslustigen „…CHU!“ zur Schau als es sich aus dem Griff befreite und auf Cherry stürzte, um sich an dessen Nase festzubeißen.

„… Iiiaaaah!!“, kreischte das Opfer sofort los, während Bubbles nichts Besseres zu tun hatte, als lauthals zu lachen, und der Professor mit einem schwärmerischen „Ihr versteht euch aber gut!“ die Situation offensichtlich auch fehlinterpretierte.

Bis Cherry die rot gewordene Nase mit den Abdrücken der kleinen Zähne von dem gelben Monster befreit hatte liefen ihm bereits Tränen über das Gesicht und er konnte nur noch winselnd die Einschätzung des erwachsenen Mannes in Frage stellen.

„Ach wirklich? Was sah gerade eben bitte schön so aus als würden wir uns gut verstehen?“

Dieses Monster hatte ihn gebissen! Noch immer glaubte er, die spitzen Zähnchen zu spüren. War die Nase überhaupt noch dran? Zaghaft und bereits in Erwartung des Allerschlimmsten fuhren die Finger prüfend empor um sich zu vergewissern. Puh, alles noch dran. Aber wieso immer auf seine Nase?

„Geh zurück in deinen Pokéball!“, forderte er das Pikachu auf und hielt diesem das genannte Objekt entgegen. Um mit einem demonstrativ zur Seite ruckenden Köpfchen belohnt zu werden, mit dem das Pokémon kundtat, dass es davon so gar nichts hielt.

„Wie bitte?“ Sogar der Professor wirkte verdutzt.

„Schau dir das an! Es ist seltsam, aber dein Pikachu mag scheinbar keine Pokébälle... Es muss dich so begleiten.“

„Muss das sein!?“, murrte Cherry sofort, denn offensichtlich war das Pikachu weitaus gefährlicher als ein ganzer Taubsi-Schwarm! Wie sollte er ruhig schlafen können wenn er befürchten musste, den nächsten Tag nicht mehr zu erleben?

„Dann ist es auch glücklich!“, versuchte ihn der alte Mann wohl zu überreden. „Du kannst mit ihm sprechen und merkst dann, ob es dich mag.“

„Das ist doch sch…“, begann Cherry, doch beendete den entrüsteten Satz lieber nicht. Oder besser: Er suchte nach einem alternativen Wort, welches ihm allerdings nicht so recht einfallen wollte. Dadurch beendete er den Satz mit einem ganz harmlosen „… Mus.“

„Oh, das ist schön, dass du ihm sogar einen Spitznamen gibst. Mousse… das erinnert mich an Mousse au chocolat. Ich glaube, davon gönne ich mir mal etwas…!“

In diesem Moment wurden sie alle Zeuge davon, wie schnell selbst ein alter Mann noch rennen konnte. Kaum ging es ums Essen war er Feuer und Flamme, fit wie ein Turnschuh und vor allem schneller weg als Cherry schauen konnte.

Nun standen sie da also. Er. Das Pikachu. Und… Bubbles, oh je! Der war immer noch hier? Aber mit dem wollte er sich nicht mehr auseinander setzen, war außerdem beleidigt, dass der Kerl ihn vorhin ausgelacht hatte statt ihm gegen dieses bissige Monster zu helfen.

Also schnaubte Cherry lediglich und meinte mit einem „Komm, Mousse…“ an das Pikachu gewandt, dass es an der Zeit war, aufzubrechen. Er hatte hier ohnehin schon viel zu viel Zeit verschwendet. So stiefelte er bereits voran und bemerkte noch nicht einmal, dass das Pokémon ihm gar nicht hinterher tappste. Erst die verhasste Stimme des Braunschopfs ließ den Jungen innehalten.

„Du hast dein Pokémon ja gar nicht unter Kontrolle. Ich zeige dir mal, wie man das macht. Los, lass uns kämpfen! Komm schon, ich fordere dich heraus. Oder hast du Angst? So wie dein Pikachu, das sich nicht mal vom Fleck traut?“

„Hey!“ Das war nun wirklich gemein! Er hatte keine Angst! Die blauen Augen funkelten den Urheber dieses Schwachsinns wütend an. Und auch das Pikachu fand die Worte wohl gar nicht prickelnd. Es knurrte leise und Cherry wusste noch nicht so recht, ob es aufgrund der Aussage war oder weil Bubbles Mousse mit ihm auf eine Stufe stellte.

„Los, Mousse, dem zeigen wir’s!“

„Pika!!“ Das Pokémon nickte, zeigte sich damit einverstanden. Von wegen, er hatte es nicht unter Kontrolle!

„Ha, ihr werdet verlieren!“, prahlte Bubbles und zückte den zuvor unrechtmäßig an sich genommenen Pokéball. Dies beobachtend fiel Cherry ein, dass er gar nicht wusste, welches Pokémon sich eigentlich darin befand, und sich auch nicht daran erinnern konnte, dass das überhaupt einmal zur Sprache gekommen war. Aber eigentlich war das inzwischen auch egal, er hatte sein erstes eigenes Pokémon und das war das Pikachu, das sich bereits kampflustig aufbaute und bedrohlich kleine Funken aus den roten Bäckchen sprühte.

„Los, Evoli!“

Evoli! Das hätte seines sein können. Das kuschelig aussehende, braune Pokémon mit dem weichen Fell, welches er mit dem entsprechenden Stein zu einem Pokémon-Typ seiner Wahl hätte weiter entwickeln können. Entweder das blaue Aquana, das Wasserpokémon, das stachelig aussehende Elektropokémon Blitza oder hübsche Feuerpokémon Flamara. Mist, und die Chance hatte ihm Bubbles genommen… Der hatte bestimmt genau gewusst, welches Pokémon Cherry bekommen sollte.

Er würde sich dafür rächen… auf die Art, wie er sie vorhin selbst erfahren musste: „Los, Mousse, Donnerschock! Grill es!“

„Pika!“ Das ließ sich das kleine Pokémon nicht zweimal sagen und entlud seine elektrische Kraft gegen das Evoli, das erstaunlicherweise sogar so ausdauernd war, dass Cherry zwischendurch einen Trank an sein Pikachu anwenden musste, um nicht zu verlieren. Nach Gabe des Heilitems schien Pikachu wieder topfit im Gegensatz zu dem geschwächten Evoli, das mit einem weiteren Donnerschock endgültig außer Gefecht setzte und somit den Kampf entschied.

„Jaaa, gewonnen!“, freute sich Cherry wie ein kleines Kind an Weihnachten vor einem Berg Geschenke. „Mousse, wir haben gewonnen, gewonnen, Geeewooonneeeen!“

Die Stimme wurde immer lauter und das Pikachu immer fester gedrückt vor lauter Freude über den Sieg über den Rivalen, bei dem Cherry augenblicklich gar nicht mehr wusste, was ihm früher an ihm so viel Angst gemacht hatte. Eigentlich hatte der Kerl gar nichts drauf …

„Unmöglich… ich habe mir das falsche Pokémon ausgesucht!“

„Tja, das kommt davon, wenn man so gierig ist. Bäääh!“

Cherry streckte dem Braunschopf frech die Zunge heraus und beobachtete einen Moment später, dass das kleine Pikachu ihn dabei nachmachte. Vielleicht war das kleine Pokémon doch gar nicht so übel wie er zuerst geglaubt hatte. Außerdem hatte es ihm geholfen, gegen diesen Blödmann zu gewinnen, der irgendetwas von Training faselte und beleidigt davon stapfte.

„Das war super, Mousse!“, lobte der Rotschopf seinen neuen Freund überschwänglich und knuddelte es einmal mehr. Für ein Elektropokémon, bei dem er befürchtet hatte, einen Schock zu bekommen sobald er es berührte, hatte das Pikachu ein erstaunlich weiches Fell und wehrte sich auch nicht gegen den Liebesbeweis.

„Ich glaube, wir werden gute Freunde, meinst du nicht?“

„Pika…chuuu! Chu!“

Das Pokémon nickte eifrig, wand sich aber dennoch wieder aus dem Griff der Arme des Jungen.

Reflexartig kniff dieser die Augen zusammen, darauf wartend, dass wieder die Zähne in seine Nase gebohrt wurden, doch nichts geschah.

Als er das Gewicht des kleinen Pokémon auf seinen Schultern spürte wagte er die Augen wieder langsam zu öffnen. Scheinbar hatte sich Pikachu es sich dort gemütlich gemacht und deutete mit seinem kleinen Ärmchen in Richtung der Labortür.

„Ja, du hast recht… lass uns aufbrechen! Yeah, jetzt bin ich wirklich ein richtiger Pokémon-Trainer!“

Und motiviert noch dazu, als er enthusiastisch in die angewiesene Richtung schritt und mit stolz geschwellter Brust und seinem ersten Pokémon das hohe Gras ansteuerte, um endlich sein erstes Ziel, Vertania City, anzusteuern.~

Vom Pokémon-Trainer zum Postboten

Der Weg nach Vertania City war frei, zumindest in der Theorie.

In der Praxis sah es ein wenig anders aus, denn als Cherry mit dem Pikachu auf den Schultern das Labor verließ und sich gerade klammheimlich in Richtung der Route 1 begeben wollte, kam ihm seine Mutter in die Quere.

Und das tat sie im wahrsten Sinne des Wortes. Sie stellte sich ihm heulend in den Weg und schloss ihn so in die Arme, dass er fast keine Luft mehr bekam.

„Och, mein Kleiner!“, jammerte sie, als erlebe sie zum ersten Mal, dass ihr Kind flügge wurde. Dabei war es genau genommen das dritte…

„Mama, ich ersticke! Du erdrück-…“

Die schwachen Versuche, sich aus der eisernen Umarmung zu befreien, kamen von dem rothaarigen Jungen.

Mousse ging das Ganze viel offensiver an und gab erneut ein knurrendes „Piii…ka…“ von sich. Eine Vorwarnung, die Cherry bereits zu gut bekannt war, und die von seiner Mutter weitestgehend ignoriert wurde.

„Hm?“, fragte sie nur verwundert und lockerte den Griff ein wenig, um zu sehen, ob es nicht vielleicht Cherry’s Magen war, der da knurrte. Es war jedoch bereits zu spät und mit einem „…chuuuu!!“ entlud sich der nächste Donnerschock gen Mutter und Sohn.

„Ich hab’ … doch … gesagt …“, versuchte der Junge die Situation irgendwie zu erklären und zu retten ehe seine Mutter auf die Idee kam, das Pikachu am Schwanz zu packen um es in der nächstbesten Pfanne anzubraten.

Die Befürchtungen hätte er sich wohl aber sparen können, denn auch wenn seine Mutter offensichtlich erschrocken über das eben Geschehene war, so tat sie es mit einem „D-dein Pokémon ist aber munter…“ ab und betrachtete wieder seufzend ihren jüngsten Sohn.

„Mein kleiner Junge wird erwachsen…“, stellte sie fest, versank in der Erinnerung an die letzten Jahre. Vor fünf Jahren hatte ihr ältester Sohn Alabastia verlassen um der beste Pokémon-Trainer der Welt zu werden. Drei Jahre später war auch der zweite Sohn aufgebrochen und nun trat der Jüngste in ihre Fußstapfen und begann seine eigene Reise.

Da stahl sich gleich noch ein Tränchen aus den Augenwinkeln, welches sie demonstrativ weg wischte und ein Taschentuch hervor zog, um sich zu entfernen und damit zu winken als sehe sie ihren Sohn nie mehr wieder.

„Auf Wiedersehen, mein Sohn!“

Sogar mit Echoeffekt. Irgendwie beschlich Cherry das Gefühl, dass sie die Situation deutlich mehr ausreizte als es nötig war. Mit zur Seite geneigtem Kopf beobachtete er, wie die Frau immer kleiner und kleiner wurde und schließlich im Haus verschwand.

„… Irgendwie glaube ich, dass sie froh ist, wenn wir alle weg sind und sie das ganze Haus für sich hat…?“, murmelte er gedankenverloren vor sich hin, ehe ihn das Pikachu zurück in die Realität holte indem es fordernd die Zähne in seinen Ärmel versenkte und daran zog.

„Ja, du willst los, ich mach ja schon…“

Wirklich, das kleine Pokémon drängte ganz schön… wahrscheinlich wollte es kämpfen und bevor es seine Kampflust wieder an ihm ausließ, entschloss sich Cherry lieber dazu, das hohe Gras der Route 1 zu durchstreifen um nach wilden Pokémon Ausschau zu halten.

Kaum war er an dem Schild vorbei, welches jeden vorbei kommenden Wanderer darüber informierte, wo er war und wohin der Weg führte, tauchte auch schon das erste Pokémon auf.

Ein kleines Taubsi, das ihn aus dem Gras heraus beobachtete und abwehrend mit dem Schnabel klackerte als ließe er sich damit vertreiben.

„Ha, du kleines Taubsi, das kratzt mich nicht!“, tönte der Junge hochmütig dem Vogel entgegen und ließ es sich nicht nehmen, mit dem Zeigefinger darauf zu deuten als müsse unbedingt gezeigt werden, wer gemeint war.

„Los, Mousse, zeig ihm mal deinen Donnerschock!“

Als Elektropokémon sollte Pikachu einem Flugpokémon gegenüber im Vorteil sein und so war es auch. Taubsi konnte zwischen den beiden ausgewählten Attacken der gelben Maus nur den schwachen Versuch unternehmen, das Pokémon mit einem Windstoß hinfort zu wehen, doch der Donnerschock ließ sich auch aus Entfernung ausführen und so war Taubsi bereits nach sehr kurzer Zeit am Ende.

Dummerweise hatte er noch keinen Pokéball dabei. Cherry hätte den Vogel zu gerne gefangen um später mit ihm zu fliegen, wenn es größer geworden war. Allerdings war ihm verboten worden, wilde Pokémon aus ihrem Revier zu vertreiben.

„Mist.“

Er sollte ohnehin erst einmal ein wenig Geld für Heiltränke ausgeben. Der einzige, den er besaß, hatte er schließlich vorhin beim Kampf gegen Bubbles’ Evoli benutzt. Und da vorne sah er bereits den nächsten Trainer. Mit einem kurzen Seitenblick auf das munter vor sich hin summende Pikachu vergewisserte er sich, dass es noch fit genug war, um gegen das Pokémon eines anderen Trainers anzutreten.

Allerdings hatte er sich geirrt und der vermeintliche Trainer entpuppte sich in Wahrheit als der Angestellte des Pokémon-Supermarkts in Vertania City. Er war auf Kundenfang geschickt worden und drückte Cherry einen Trank als Kostprobe in die Hand.

Als ob er überredet werden musste, den Laden zu besuchen…

Dass er sich das längst vorgenommen hatte, verschwieg Cherry jedoch, kaum, dass mit dem Trank vor seiner Nase herum gefuchtelt wurde. Schließlich sollte man Geschenke nicht ablehnen und der Weg nach Vertania City war noch weit. Da würden sie sicher noch dem ein oder anderen Taubsi oder vielleicht sogar einem Rattfratz begegnen und nach einigen Kämpfen war wohl auch das kleine Pikachu so erschöpft, dass es einen Trank gebrauchen konnte.

„Cool, danke!“, freute sich Cherry daher über den Trank als wäre das das allererste Geschenk in seinem Leben und drückte es an sich, als sei es so kostbar, dass sich jeder sofort auf ihn stürzen würde. Eine Hand hatte er trotzdem frei, um sich winkend zu verabschieden und den Weg fortzusetzen.

Oh-oh, und da war auch schon der nächste Junge im hohen Gras auszumachen. Er lief hin und her als suche er nach wilden Pokémon. Das musste ein Trainer sein! Aber den sollte er besser umgehen und erst einmal einen Abstecher in das Pokémon-Center in Vertania City machen…

So blieb Cherry in sicherer Entfernung stehen und beeilte sich, um in einem unbeobachteten Moment an dem Trainer vorbei zu schleichen.

Etwas weiter entfernt stellte sich ihm jedoch das Pokémon in den Weg, das jener Trainer wohl so verzweifelt suchte. Ein kleines, lilafarbenes Rattfratz, das drohend mit den Zähnen knirschte und sich von Cherry’s leise gezischtem „Pssst, psssssssst!!! Sei doch still!“ so gar nicht beeindrucken ließ obwohl der Junge um einiges größer war. Auch das Pikachu, das letztlich mit seiner Elektroattacke für Ruhe sorgen musste.

Dem Rattfratz blieb gerade mal Zeit, auf absolut bedrohliche Art – was natürlich nicht gerade seinen Zweck erfüllte – die Rute hin und her zu schlagen, ehe es mit einer zweiten Attacke außer Gefecht gesetzt wurde.

„Oh je…“ Mit böser Vorahnung sah sich Cherry nach dem Trainer um. Hatte er den Kampf mitbekommen und wollte sich ihm und seinem Pikachu nun doch noch in den Weg stellen?

Nein, der Junge lief immer noch im Gras auf und ab wie im Zwang.

„Pst, Mousse.“

Eilig in die Hocke gehend erlaubte Cherry dem Pikachu, wieder auf seine Schulter zu klettern. „Vertania City ist gleich da vorne. Beeilen wir uns!“

Die wenigen Meter würde er noch schaffen, das hohe Gras samt dem zwanghaften Trainer lag hinter ihnen und er sah bereits die Häuserdächer von Vertania City.

Auf ins Pokémon-Center und den Markt. Und wenn er sich mit den Tränken eingedeckt hatte, würde er es diesem Trainer zeigen. Oder besser: Mousse würde es dem Trainer zeigen!
 

Aber zuerst sollte sich die Maus besser ausruhen, um im Vollbesitz seiner Kräfte in den Ring zu steigen. Schließlich wollte Cherry nun wirklich nicht am Anfang seiner Reise seine erste Niederlage einkassieren.

Also wurde das Pokémon-Center angesteuert, welches mit den großen Buchstaben nicht zu verwechseln war, und Schwester Joy das Pikachu vor die Nase gesetzt.

Erstaunlicherweise ließ sich Pikachu sogar trotz seiner Abneigung gegen Pokébälle in einen solchen stecken, so dass Cherry die Wartezeit auf die Genesung damit verbrachte, sich darüber Gedanken zu machen, ob das kleine Pokémon nicht einfach nur aus reiner Gemütlichkeit an der frischen Luft blieb. Eigentlich müsste es doch weitaus bequemer sein, sich im Ball herumtragen zu lassen? Vielleicht war in den Bällen wenig Platz? Andererseits fragte er sich dann, wie beispielsweise ein Onix darin bleiben konnte, das ja doch deutlich größer war und dementsprechend mehr Platz beanspruchte als ein Pikachu.

Als Schwester Joy nach ihm Ausschau hielt um ihm das ausgeruhte Pokémon zu überreichen war er immer noch zu keinem Ergebnis gekommen.

War ja auch egal…

„Geht’s dir wieder gut, Mousse?“, fragte er das Pikachu, welches fröhlich nickte.

„Sehr gut, dann auf in den Pokémon-Laden! Wo finde ich den denn?“, wandte er sich an einen Jungen, der wohl noch auf sein oder seine Pokémon wartete.

„Den wirst du niiie finden!“, bekam er allerdings nur als Antwort und mit genervt verzogener Miene entschloss sich Cherry, das Gebäude selbst zu suchen wenn er sich hier nur blöde Sprüche anhören musste.

Vor der Tür hatte er auch die Bestätigung, dass es wirklich ein blöder Spruch gewesen war.

Die Antwort klang, als müsse er sich auf eine lange Suche mit etlichen Irrwegen einstellen… und in Wahrheit war der Markt direkt neben dem Pokémon-Center errichtet worden, so dass Cherry kurzzeitig wirklich überlegte, ob er nicht die voll aufgeladenen Kräfte seines Pikachu dazu nutzen sollte, diesen Scherzkeks von eben explodieren zu lassen.

„Nein, das ist’s nicht wert… komm, Mousse, gehen wir lieber einkaufen!“

Und schon wurden die wenigen Meter bis zum Markt überbrückt und guter Dinge die Tür geöffnet ehe einem auch schon mit „Du kommst doch bestimmt aus Alabastia!“ ein riesiges Paket in die Hände gedrückt wurde.

„Huch, ich hab’ doch noch gar nichts gesagt?!“

Wow, was war das denn? Waren sie hier Hellseher und wussten, dass er vorbei kommen wollte um Tränke und andere Items zu kaufen!?

„Hä? Professor Eich schickt dich doch, oder?“

Es war schwer die Balance zu halten, aber irgendwie schaffte es Cherry trotzdem, über den Rand des Pakets hinweg einen kurzen Blickkontakt zu dem Sprecher herzustellen. War wohl der Verkäufer des Ladens, dieser schräge Vogel mit der übergroßen runden Brille, der ihn verdutzt ansah und dann ganz geschäftig in seinen Unterlagen blätterte.

„Egal, bring das zu Professor Eich und danach kannst du gerne zum Einkaufen kommen. Der Eintritt in den Laden kostet übrigens tausend Pokédollar. Kleiner Scherz am Rande. Aber jetzt beeil dich, der Professor wartet schon auf seine dringende Bestellung!“

Und schon war er aus der Tür geschoben und diese hinter ihm zugeknallt worden. Am liebsten hätte Cherry das Paket einfach in die nächste Ecke geworfen, allerdings sah er gerade noch, wie demonstrativ ein ’Geschlossen’-Schild an den Laden angebracht und er auffordernd angestarrt wurde.

Die würden ihm wohl nichts verkaufen wenn er nicht vorher das Paket ablieferte. Verdammt. Zurück nach Alabastia, obwohl er doch gerade erst von dort kam. Wahrscheinlich dachten sie zu Hause gleich, er wäre bereits gescheitert! Aber hier würde er gerade nicht weiter kommen, für die Fortsetzung seiner Reise brauchte er dringend die Tränke und vor Marmoria City würde er erst den Vertania Wald durchqueren müssen. Für den war es eindeutig praktischer, Gegengifte und Tränke bei sich zu haben.

Seufzend fand er sich damit ab, dass ihm wohl nichts anderes übrig bleiben würde.

„Tut mir leid, Mousse… ich schätze, wir müssen noch mal zurück…“

„Pikachu…“ Auch das Pokémon schien von der Entwicklung der Dinge nicht begeistert und ließ betrübt die langen Ohren hängen. Wahrscheinlich dauerte ihm die Reise bereits zu lange und es wollte endlich in der Pokémon-Liga gegen die ganz großen Trainer antreten.

„Hilft nichts… aber lass uns wenigstens die Abkürzungen nehmen und am hohen Gras vorbei, dann sind wir in Windeseile wieder in Alabastia, liefern das Paket ab und dann kann es weiter gehen. Versprochen!“

Der Vorteil, wenn man von Vertania City nach Alabastia wollte, waren nämlich die Vorsprünge, an denen man leichter hinunter springen konnte als man anders herum nach oben kam. Cherry sprang voran und breitete unten die Arme für das Pikachu aus, welches allerdings nicht immer dort landete. Mal purzelte es auf das Paket, mal in Cherry’s Gesicht, weil es ungeduldig war und so schnell wie möglich den ersten Arenakampf auf dem Weg zur Pokémon Liga bestreiten wollte.

Einige Vorsprünge später wagten sie sich nun doch durch das hohe Gras, welches sie erstaunlicherweise sogar ohne Begegnungen mit Vögeln und Ratten durchqueren konnten und schließlich wieder in Alabastia ankamen.

Es hatte sich nichts verändert. Noch immer waren die gleichen Leute auf der Straße und seine Mutter nirgends zu sehen. Diesmal würde er sie aber nicht besuchen sondern steuerte direkt das Labor an, um das Paket schnellstmöglich loszuwerden. Denn auf Dauer wurde es ganz schön schwer. Unhandlich war es sowieso. Und außerdem war es ein Hindernis zu der Einkaufstour, die er sich vorgenommen hatte!

Weil er nichts sah, lief er sogar noch an dem Eingang des Labors vorbei, aber Pikachu machte ihn quiekend und an den roten Haaren ziehend darauf aufmerksam, dass er zu weit gegangen war.

„Autsch, das kannst du mir doch auch sanfter mitteilen!“, beschwerte sich Cherry, war aber nicht allzu lange wütend darüber, denn so kurz vor dem Ziel gab es für ihn nur noch eines: „Professor Eich, ihr Paket!!!“ Weg damit!

„Ah, auf diesen Spezial-Pokéball warte ich schon lange!“

Der Professor nahm begeistert das Paket entgegen und ließ den fragend dreinblickenden Cherry stehen, obwohl diesem offensichtlich anzusehen war, dass er sich fragte, wie ein Pokéball so viel wiegen konnte… und warum ein so großes Paket nur für einen kleinen Ball nötig war.

„Ich möchte dich noch bitten, mir einen Gefallen…“

„Neeeeeiiiiin!!!“ Gedanklich schrie Cherry auf und glaubte, in ein tiefes Loch zu fallen. Er war doch ein Pokémon-Trainer und kein Laufbursche! Reichte doch, dass er gerade eben dazu verdonnert worden war, den Postboten zu spielen…!

Das kurz darauf ertönende „OPA!“ riss den Jungen allerdings aus seiner dramatischen Leidensszene und ließ ihn dafür noch Schlimmeres erahnen. Oh Gott, diese Stimme kannte er doch. Bubbles! Schon wieder der!

„Ah, Bubbles, du kommst genau zur rechten Zeit.“

Die Worte des Professors ließen den Rotschopf aufhorchen, in stummer Hoffnung, dass nun der Neffe derjenige war, der den angekündigten Gefallen erledigen sollte. Bubbles war sowieso ein Blödmann und als direkter Verwandter konnte er doch diese Arbeit übernehmen während er, Cherry, sich ganz dem widmen sollte, was er eigentlich war: Dem Dasein als Pokémon-Trainer!

Mit seinem „Ich möchte euch um einen großen Gefallen bitten.“ schaffte es der alte Mann jedoch einmal mehr, die Hoffnungen im Keim zu ersticken. Nicht nur, dass sie nun Beide den Gefallen erfüllen sollten… nein, auf einmal war es sogar nicht einmal mehr nur ein Gefallen sondern sogar ein großer Gefallen.

Der Professor wartete noch nicht einmal ihre Reaktion ab sondern drückte beiden Jungen ein kleines rotes Gerät in die Hand. „Hier. Das ist eine Erfindung von mir, der Pokédex. Er speichert…“

Schwupps war er abgedriftet, der Professor. Schwafelte und schwafelte, ratterte etliche mögliche Funktionen des Geräts herunter und warf mit Fachwörtern um sich, die außer ihm wohl kein Mensch verstand und die zumindest Cherry’s Kopf beinahe zum Explodieren brachten.

Irgendwie sah er wirklich nur die Bewegungen der Lippen, hörte einen unverständlichen Kauderwelsch als spreche der Professor irgendeine ganz andere Sprache. Cherry konnte nur ratlos schauen und mit einem Seitenblick auf Bubbles stellte er zumindest erleichtert fest, dass es diesem wohl nicht anders ging. Zumindest blickte er erstaunlich hohl drein als sei jegliches Leben seinem Körper entwichen.

„Ein Lexikon über alle Pokémon der Welt… Das war immer mein Traum!“, schwärmte der Professor weiter, inzwischen sogar wieder in Worten, die auch die Jungen verstehen konnten. Kurz darauf stockte er, hatte Cherry’s Mimik bemerkt, die stumm fragte, warum er sein Lexikon dann nicht schon längst angelegt hatte oder warum er es nicht jetzt noch tat? Alte Männer sollten ja eigentlich sonst nichts zu tun haben und wer verbrachte seine Rente nicht gerne mit einer langen, langen Reise?

„Aber ich bin zu alt!“, argumentierte der Mann deshalb, röchelte, hielt sich den Bauch und sah ganz jämmerlich dabei aus, wie er vor sich hin litt mit seinen alten Knochen. „Ich schaffe es nicht mehr…“

Nun übertrieb er wirklich. Er sank auf den Boden, Tränen kullerten über die Wangen, die Arme wurden theatralisch erhoben. Cherry glaubte ihm kein Wort, Bubbles dafür umso mehr.

„Alles klar, Opa!“, entgegnete er mit felsenfester Überzeugung. „Überlass es ruhig mir! Es tut mir leid, Cherry, aber ich brauche deine Hilfe nicht.“

Wie jetzt? Der Kerl wollte nicht gerade ernsthaft alle Lorbeeren für sich einheimsen? Das konnte er sich abschminken. Daran, dass ein einziges Pikachu für ein Lexikon nicht ausreichte, dachte Cherry im Moment der aufkochenden Wut nicht. Dem würde er es zeigen! Dass der überhaupt noch solche Sprüche klopfte, nachdem sein Evoli haushoch gegen Mousse verloren hatte…!

„Ich hab’s!“

„Was denn jetzt?“ Der Rotschopf war schon ganz genervt als die Stimme seines Rivalen erneut erklang. Und als er in das überheblich grinsende, von sich überzeugte Gesicht sah drohte der Geduldsfaden beinahe zu reißen.

„Ich leihe mir von meiner Schwester eine Karte. Und dir soll sie keine geben, Cherry! Hahaha!“

Zum Glück des Angesprochenen wandte sich Bubbles mit diesen Worten um und beeilte sich, aus dem Labor zu besagter Schwester zu kommen. So entging ihm, dass Cherry hinter seinem Rücken Grimassen schnitt und das Lachen nachäffte. Aber eine gute Idee lieferte er ihm dadurch, denn soweit Cherry wusste, hatte Professor Eich zu Hause ein halbes Kartenlager. Da würde sicher eine für ihn übrig bleiben und wenn er ganz lieb fragte, würde die Schwester ihn doch sicher unterstützen. Ansonsten musste er seine Geheimwaffe benutzen und ihr das supersüße, flauschige Pikachu unter die Nase halten – sei es nur zur Ablenkung, damit er sich eine Karte…ausleihen konnte.

„Einverstanden, Professor.“

Mit diesen Worten verschwanden der Pokédex in der Hosentasche und das Pikachu auf dem Arm, als sich Cherry zum Gehen wandte. Das Haus des Professors lag in der Nähe des Labors und genau dorthin ging er, bevor Bubbles seine Drohung wahrmachte und seiner Schwester irgendetwas androhen konnte falls sie Cherry doch eine Karte gab.

„Verzeihung?“, fragte er laut an der Tür, nachdem er mit dem Ohr an jener gelauscht hatte, ob er Bubbles’ innen sprechen hörte. Dem war nicht so, also nahm Cherry all seinen Mut zusammen und öffnete die Tür.

„Ah, Bubbles sagte, dass du wegen einer Karte kommen würdest…“

Oh Mist, war es etwa schon zu spät? Mit einem Mal schwand aller Mut und Cherry traute sich nicht einmal mehr, Pikachu’s Niedlichkeit als Ablenkungsmanöver einzusetzen.

Dabei kam es ganz anders und mit einem – irgendwie teuflisch wirkenden – Lächeln wurde ihm eine Karte in die Hand gedrückt, was ihn ziemlich verwunderte.

„Ich lasse mir doch von meinem jüngeren Bruder nichts verbieten.“, schnaubte die junge Frau und schob Cherry aus der Tür. „Kannst ihm gerne unter die Nase halten, wenn du ihn das nächste Mal siehst.“

„Oooo…kaaay…!?“

Bamm. Zu war sie, die Tür. Und es wurde ein verwunderter Blick zwischen Trainer und Pokémon ausgetauscht ehe sie synchron mit den Schultern zuckten.

„Na ja, dann… würde ich mal sagen, schnell wieder zurück nach Vertania City und in den Laden, bevor der Professor wieder irgendetwas bestellt?“, erkundigte sich Cherry und erntete Zustimmung für diesen Plan.

Also ging es wieder geradewegs in Richtung der Route 1, vorbei an dem Ladenangestellten, der sich leider noch gut genug an ihn erinnerte und deshalb mit einem weiteren Werbegeschenk geizte; vorbei an dem Trainer, der immer noch wie ein Irrer von einer Seite des Grasfeldes zur anderen lief.

Auch das Pokémon-Center hätte man unbeachtet lassen können, denn die zwei Taubsis, die sie in ihrer Eile im hohen Gras aufgeschreckt hatten, hatte das Pikachu kurzerhand mit zwei Donnerschocks erledigt. Da ein zusätzliches Päuschen jedoch nie verkehrt war, bog Cherry in das Gebäude ab.

Dabei hätte er eigentlich selbst ärztliche Hilfe gebraucht, wie er nach Pikachu’s Untersuchung beim Verlassen des Hauses feststellen musste, als er unachtsam einen Schritt zu viel machte und den Abhang herunter fiel. Welcher Idiot hatte eigentlich das Pokémon-Center an dieser Stelle hin gebaut? Er war schon wieder auf die Nase gefallen, die bekam heute ganz schön was ab! Allerdings konnte er sich nicht lange damit beschäftigen, sich selbst zu bemitleiden, denn in der Ferne erkannte er, dass schon wieder jemand am Öffnungsschild des Ladens herum nestelte.

Wollten die etwa schon schließen?

„Halt, ich brauch’ noch was!!“, plärrte er von Weitem um die Person daran zu hindern, sein Schicksal zu besiegeln, und rannte, so schnell er konnte, zu dem Laden, um sich noch flink durch die Tür hindurch zu quetschen.

Na, hoffentlich wurde ihm nicht gleich wieder ein Paket in die Hand gepresst, das er abgeben sollte…

In den Tiefen des Vertania Waldes

So, wenigstens war er schon einmal im Laden angekommen. Die erste Hürde, die das letzte Mal die Tür dargestellt hatte, hinter der die Gefahr lauerte, war überwunden und er gelangte ohne weitere Hindernisse sogar bis an den Tresen. Blieb jetzt also nur noch zu hoffen, dass die Tränke und Gegengifte, die er wollte, nicht ausverkauft waren, oder dem Verkäufer ein anderer Schabernack einfiel.

„Hallo! Ich hätte gerne sieben Tränke und fünf Gegengifte!“ Er hatte sein ganzes Erspartes dabei und der Großteil davon ging für besagte Bestellung drauf, die er sogar vollständig ausgehändigt bekam und in den Taschen verschwinden ließ. Denn so gierig, wie die Augen des Verkäufers hinter den riesigen Brillengläsern aufblitzten, und die Hände nach dem Geld grabschten, würde sich Cherry nicht wundern, wenn der Kerl sich als nächstes wieder die eben verkaufte Ware griff.

Dagegen hatte er aber seine ganz eigene Waffe dabei und Mousse blinzelte während des Vorgangs ohnehin die ganze Zeit misstrauisch über seine Schulter.

„Vielen Dank!“

Cherry war heilfroh, dass es mit dem Kauf nun endlich geklappt hatte! Wurde ja auch Zeit, dass sich der Einsatz als Postbote lohnte. Eigentlich hätte ihm der Mann nun wirklich Rabatt geben können, schließlich hatte er einigen Aufwand mit dem Paket gehabt.

Aber gut, so großzügig war der Herr dann wohl doch nicht, aber solange er den Jungen seines Weges gehen ließ, akzeptierte Cherry das sogar.

Immerhin verzichtete er lieber auf ein paar Pokédollar als dass er sich noch einmal für irgendwelche Botengänge oder anderes einsetzen ließ, denn schließlich war er immer noch in erster Linie ein Pokémon-Trainer und wollte nun endlich etwas erleben!

Und mit den Gegengiften und Tränken im Gepäck war der nächste Schritt in Richtung Abenteuer getan, so dass er Vertania City den Rücken kehren würde.
 

Vor der Tür breitete er deshalb erst einmal die Karte aus, die er von Bubbles’ Schwester bekommen hatte, um sich orientieren zu können.

Auch Mousse schien sehr interessiert und machte seinen Hals ganz lang um dem wandernden Finger seines Trainers folgen zu können.

„Hier sind wir, Vertania City. Da lang geht es in Richtung Pokémon-Liga, aber ohne die Orden lassen die uns nicht rein. Also müssen wir… da kommen wir her…“

Der Finger kreiste über die verschiedenen Punkte der Karte, markierte den Weg zur Pokémon-Liga und Alabastia sowie den aktuellen Standort. Dann wanderte die Fingerspitze gen Norden.

„Etwa hier müsste der Wald sein. Wenn wir den durchquert haben sind wir schon so gut wie in Marmoria City und können unseren ersten Arenakampf bestreiten. Allerdings…“

… hatten sie ein Problem. Der Arenaleiter von Marmoria City setzte auf Gesteinspokémon, gegen die Pikachu mit seinen Elektroattacken nichts ausrichten konnte. Ein anderes Pokémon hatte er allerdings nicht zur Verfügung. Hätte er doch zu Beginn Evoli bekommen… er hätte ihm einen Wasserstein geben können, denn mit Aquana wäre der Arenakampf schnell und einfach über die Bühne gegangen.

Aber nein, er hatte Pikachu. Was nicht heißen sollte, dass es nicht auch gut war. Er hatte es bereits richtig ins Herz geschlossen und so streichelte er Mousse seufzend über den Kopf. Und hatte gleich wieder die kleinen Zähne im Finger und auch wenn er mit dem Arm fuchtelte und wedelte, so ließ das kleine Pokémon nicht locker, geschweige denn los.

„Aua, Mousse, das tut weh!!“

War das seine Art, seine Zuneigung zu zeigen? Irgendwann würde ihn die Maus wirklich noch auffressen. Dabei war es doch so artig und folgsam in den Kämpfen gegen die wilden Pokémon, warum musste es ihn dann immer wieder angreifen?

Er hatte Mousse doch gar nichts getan und trug es sogar die meiste Zeit durch die Gegend.

„Willst du gegen die Gesteinspokémon in Marmoria City antreten?“, erkundigte sich Cherry mit der vagen Vermutung, dass vielleicht das der Grund für den Biss sein konnte.

Das änderte aber auch nichts daran, dass Mousse rein vom Typ her mehr Schwierigkeiten mit Gesteinspokémon haben dürfte als es umgekehrt der Fall war.

„Okay, aber dann müssen wir im Vertania Wald viel trainieren!“

Die Ankündigung meinte Cherry ernst. Der Wald dürfte ohnehin groß genug sein, um stärker zu werden. Aber dann sollten sie besser keine Zeit verlieren, denn er wollte dort nicht wirklich wochenlang herum irren.
 

„Aaaaaaaah…“

Der langgezogene, zufriedene Laut kam von etwas weiter vorne. Von einem fester gebauten Mann, der seinen runden Bauch tätschelte und glücklich schmatzte.

Cherry und Mousse runzelten gleichermaßen die Stirn, nicht so recht wissend, wie sie auf dieses Verhalten reagieren sollten.

„Ah! Ich hatte endlich meinen Kaffee!“, schwärmte der Fremde weiterhin, bis er den Rotschopf bemerkte, der offensichtlich an ihm vorbei wollte. Schließlich musste er das, wenn er in den Wald gehen wollte. Aber der Mann war gerade noch im Weg und schob sich auch bewusst in diesem wenn Cherry gerade versuchte, sich an ihm vorbei zu drücken.

„Tut mir leid, dass ich vorhin so grob zu dir war!“

Hä? Er verstand gar nichts mehr.

Er kannte diesen Mann doch gar nicht.

Wann also sollte er grob zu ihm gewesen sein?

Die Falten auf der Stirn des Jungen gruben sich immer tiefer in diese hinein als er überlegte, wann er dem Mann begegnet sein sollte. Vorhin? Hier hatte er lediglich in das Pokémon-Center und den Supermarkt hinein gesehen und bei beiden Gebäuden konnte er sich nicht erinnern, diesem Kerl hier gegenüber gestanden zu haben.

„Dafür zeige ich dir jetzt, wie man Pokémon fängt!“, schlug der Mann vor, euphorisch und von seiner Idee vollends begeistert.

„Ähm… nein, danke. Ich darf doch sowieso keine fangen…“

Schließlich wäre das gegen die Regeln. Allerdings ließ der Kerl keine Widerrede zu sondern lockte ein Rattfratz heran, welches er mit einem Pokéball bewarf.

Der Ball rollte über den harten Untergrund, wackelte auf der Stelle wild hin und her und öffnete sich schließlich, um die Ratte wieder in die Freiheit zu entlassen. Das Rattfratz war noch zu fit als dass es sich so einfach fangen ließ.

Sogar Cherry wusste die Grundlagen für das Fangen von Pokémon. Im Gegensatz zu diesem selbstüberzeugten Mann, bei dem man eigentlich jetzt hätte erwarten können, dass er zum Einen ein superseltenes Pokémon fing und zum anderen, dass er überhaupt eines fing. Weder das Eine, noch das Andere war der Fall gewesen.

Cherry konnte nur den Kopf über diese Zeitverschwendung schütteln, andererseits war es vielleicht ganz praktisch, dass das Rattfratz davon tappste und der Mann erfolglos in den Taschen nach weiteren Bällen kramte.

„Ich habe keine Bälle mehr… muss mir neue kaufen…“, murmelte er letztlich, als er sich mit dieser Tatsache abfinden musste, seinen dicken Bauch hin und her schwingend an dem dünnen Rotschopf vorbei trug und in Richtung des Ladens aufbrach.

Das sollten sie nutzen! Schnell weg, ehe der zurückkam, und ihnen noch einmal aufzwang, ihm beim Fangen – oder dem Versuch, das zu tun – eines Pokémon zuzusehen.

„Los, Mousse, lau-… woah!“

Cherry wollte gerade die Beine in die Hand nehmen und losstürzen, da brachte ihn etwas zu Fall, was er erst nach der Landung auf allen Vieren als Trank identifizieren konnte. Womöglich gehörte er dem Mann, doch hatte der Junge nun wirklich keine Lust, dem das Zeug auch noch hinterher zu tragen und sich dafür eine weitere Stunde im Sachen Pokémon-Fang anzutun. Er wollte den Trank eigentlich einfach liegen lassen, aber Mousse schnappte sich das Item und wollte es partout nicht mehr loslassen.

Es gab ein kleines Gerangel, zumindest so lange, bis der Rotschopf in der Ferne den eigentlichen Besitzer des Tranks näher kommen sah. Dann war es ihm auch egal, ob der Trank wirklich ihm gehörte und dass er ihn quasi wissentlich stahl. Hauptsache er kam endlich weg!

Da wurde sich mal schnell das Pikachu samt Trank unter den Arm geklemmt und los gelaufen bis er außer Sichtweite des Mannes war und vor dem Eingang zum Vertania Wald stand.

Dorthin würde ihm der Kerl doch bestimmt nicht folgen und selbst wenn… der Wald war groß und verworren, da konnte er ihn sicher abhängen.

„Also los…“, murmelte er mehr zu sich selbst und setzte das Pikachu ab, ehe es ihm für das Festhalten noch einmal einen Donnerschock verpasste. Es sollte selber laufen und seinen Trank auch selber tragen.
 

Beim Betreten des Waldes kam er sich vor als betrete er damit automatisch eine andere Welt.

Das Blätterdach der Bäume war sehr dicht und ließ nur stellenweise Licht hindurch. Da hätte er beinahe einen jungen Trainer übersehen, der ihn allerdings gar nicht erst zum Kampf forderte sondern ihm lediglich drohte, dass er erwartet wurde.

Von wem denn? Und wofür? Die Fragen konnte sich Cherry in dem Moment noch nicht beantworten. Grund genug, sich Sorgen zu machen. Wollten sie ihn überfallen, wollten sie ihn zur Teilnahme an einer Sekte überreden, wollten sie ihn essen?

Am Besten war es wohl, hier schnellstmöglich wieder heraus zu kommen?

Doch welcher Weg war der richtige? Allein hier zu Beginn konnte man sowohl nach rechts als auch nach links gehen…

Cherry knobelte mit Mousse mittels Stein-Schere-Papier aus, welchen Weg sie nehmen sollten. Der Gewinner, das kleine Pikachu, das mit seiner Schere Cherry’s Blatt zerschnitten hatte, deutete zielsicher nach links. „Pika!“ sollte dann wohl heißen, dass er dort lang gehen sollte.

Gesagt, getan.

Und bereits im nächsten Grasfeld sah er sich einem jungen Mädchen gegenüber, das – wer hätte es gedacht? – feststellte, dass er ein Pikachu bei sich hatte. Mit ihren beiden Nidoran, dem hellblauen weiblichen Nidoran und dem violetten gehörnten Nidoran, war sie allerdings kein Gegner für Mousse.

Nach dem Sieg über das Mädchen irrten sie noch weiter durch das hohe Gras, stolperten über einen Pokéball und das Pikachu gönnte sich unterwegs den Trank – hatte wohl keine Lust mehr, das Item mit sich herum zu schleppen.

Als hätte Mousse es geahnt folgte kurz darauf der nächste Kampf als ein kleines Raupy ins Blickfeld kroch. Allerdings genügte ein einzelner Donnerschock, um es außer Gefecht zu setzen. Cherry hatte gar keine Zeit mehr, das Pokémon zu fangen, konnte aber auch nicht mehr dem Pikachu sagen, dass es sich ein wenig zurückhalten sollte.

So zeugte lediglich das „Aaaahhhhh!!“ davon, dass der Junge die grüne Raupe sehr gerne gefangen hätte – ihm fiel auch erst kurz danach ein, dass er das ja gar nicht durfte. Noch dazu war der nächste Gegner ein Safcon, das die ganze Zeit über nicht mehr tat als seinen Kokon zu verhärten.

Dann war da auch noch eine Sackgasse, als hätten sie gerade nicht schon genug Pech.

Cherry konnte über die Erkenntnis nur seufzen während das kleine Pikachu noch recht munter wirkte, fröhlich mit den roten Bäckchen vor sich hin knisterte und anderes Kleingetier damit paralysierte ohne direkt einen Donnerschock einsetzen zu müssen. Vielleicht würde sich die Donnerwellen-Attacke später noch als praktisch erweisen?

Zuerst aber mussten sie hier voran kommen!

Also ging es wieder an dem Trainer, der ihnen vorhin gedroht hatte, vorbei und schon standen sie dem nächsten gegenüber, der entgegen der Drohung gar nicht auf einen Kampf aus war.

Stattdessen stellte der junge Käfersammler lediglich fest, dass er keine Pokébälle mehr besaß, und riet Cherry, immer ein Auge darauf zu haben.

Mit dem Rat konnte der Rotschopf allerdings recht wenig anfangen, denn ihm war bei dem Kampf mit Raupy ja wieder einmal eingefallen, dass er gar kein wildes Pokémon fangen durfte. Die Arena in Marmoria City wurde sicher schwierig mit dem vom Typ her unterlegenen Pikachu…

„Wo sind denn jetzt überhaupt die Trainer?“, fragte Cherry laut, dann raschelte es auch schon im nahen Gras und um die Frage baldmöglichst zu beantworten stolperte ein weiterer Käfersammler heraus und forderte ihn zum Kampf.

Seine beiden Raupy hielten wenigstens etwas mehr aus als das in der freien Wildbahn vorhin. Cherry grinste zwischendurch triumphierend angesichts der Erfahrung, die Mousse sammeln konnte. Sie mussten ohnehin noch eine ganze Weile trainieren ehe sie sich in die Arena wagen konnten.

Nach dem Sieg über die beiden Raupen mieden Trainer und Pokémon jedoch lieber das hohe Gras, allein schon aus dem Grund, weil die Käfersammler offensichtlich die größere Herausforderung waren und somit auch mehr nutzten als wilde Käfer. Na ja, zumindest die Trainer, die ihn sahen. An einem von ihnen hätte er sich vorbei schleichen können, lief hinter ihm hin und her, machte Krach, tanzte, … der Kerl drehte sich erst um als er angesprochen wurde. Und hatte auch noch die Dreistigkeit, Cherry zu unterstellen, dass er sich davon stehlen wollte. Ja ja… Deswegen hatte er ihn ja auch gerade angesprochen, alles klar!

Im Endeffekt hätte er es ohnehin lassen können, denn der Trainer hatte außer zwei nutzlosen Safcon nur ein Raupy zu bieten, welches von Mousse paralysiert wurde und sich dementsprechend herzlich wenig wehren konnte.

Und weiter ging’s! Sie kamen gerade ziemlich gut voran, wagte Cherry zu behaupten.

Aber bekanntlich sollte man den Tag nicht vor dem Abend loben, denn kaum hatte er diesen Gedanken im Kopf und sich darüber gefreut, dass sie auf diesem Weg sicher bald aus diesem Wald heraus kamen, sah er sich auch schon der nächsten Sackgasse gegenüber.

„Häää?!“

Wie ging das denn? Vorhin war er nach links gegangen und in einer Sackgasse gelandet, jetzt war er nach rechts unterwegs und stand schon wieder einem Meer aus Bäumen gegenüber, in das man sich nicht einfach hindurch quetschen konnte. Und das konnte nur eines bedeuten: Er hatte sich verlaufen!

„Wo geht’s hier laaang!? Ich will hier raaaauuuus!!!!“
 

War er außerdem nicht gerade irgendwie im Kreis gelaufen?

Zumindest konnte er in der Ferne den gerade eben besiegten Käfersammler entdecken, aus einer Distanz heraus, die zuvor nicht gegeben war.

„Hä?“ Cherry’s Wortschatz bestand wohl nur noch aus diesem Wort, aber er konnte sich seine aktuelle Situation wahrlich nicht erklären. Da half es auch nichts, die Karte zu Rate zu ziehen, denn die zeigte ihm lediglich eine Übersicht der Städte an, aber keine detaillierte Wegbeschreibung durch den Vertania Wald. Er hätte gerade einiges für eine solche gegeben!

„Hmm… was meinst du, Mousse?“ Sie standen hier mitten im hohen Gras und auch wenn die Käfer für das Pikachu keine Herausforderung waren, so hatte der junge Trainer trotzdem seine Bedenken. Es war sicher nicht gut, hier lange herum zu stehen.

Der Ausgang des Waldes war noch nicht in Sicht und irgendwann würden auch die Heiltränke zur Neige gehen. Und was dann?

„Piii…“, erklang leise, doch es war mehr das Zupfen am Hosenbein, das Cherry aus seinen Gedanken riss und zu seinem Pikachu blicken ließ, welches zielsicher in die Richtung deutete, in welcher das hohe Gras gen Süden weiter ging.

„Meinst du?“, fragte Cherry etwas zweifelnd, ob es sich dabei auch wirklich um den richtigen Weg handelte oder ob sie nicht noch mehr im Kreis liefen und sich vollends verliefen. Dann würden sie irgendwann als Skelette enden – gruselige Vorstellung!

„Chu!“ Und schon kam der nächste Donnerschock, bereits um einiges stärker als zu Beginn ihrer Reise. Das Pikachu plusterte die roten Bäckchen auf und sah damit ziemlich beleidigt aus.

„Entschuldigung…“

Das gelbe Monster war wohl von der aggressiven, kampflustigen, aber auch ganz schön sensiblen Sorte. Er sollte es sich langsam mal merken, denn irgendwann würde er die Schockattacken wahrscheinlich nicht mehr überleben und er wollte eigentlich auch nicht wissen, wie sich ein durch geschmortes Taubsi dann fühlen musste…

„Also gut!“, gab er nach und folgte dem munter voran tapsenden Pikachu durch das von den dichten Bäumen umrandete Gras – direkt vor die Nase eines neuen Trainers, der sich in diesem versteckt hatte!

„Ich bin der Beste! Du kannst mich nicht besiegen!“, prahlte der Käferfreak und zückte einen Pokéball, der sogleich geworfen wurde – und im Gesicht des armen Cherry landete, so dass nicht wirklich zu sagen war, ob er dieser Worte oder doch der Landung des Balls so sauer wurde, dass seine Augen ebenso feurig aufblitzten wie die der kleinen Elektromaus.

Das Raupy seines Gegners führte erst nach zwei Donnerschocks mit letzter Kraft eine schwache Tackle aus, die das Pikachu nicht sonderlich kratzte. Und das folgende Safcon war, wie schon seine Vorgänger, erst recht kein Problem.

„Ha!“, entgegnete Cherry triumphierend und stemmte die Fäuste in die Hüfte. Das hatte der Kerl von seiner Angeberei!

„Dabei habe ich mich so angestrengt!“, jammerte der Käfersammler daraufhin und ließ die Sieger von dannen ziehen, die sich zum Einen über den gewonnenen Kampf freuen konnten, aber auch darüber, dass sie wohl wieder auf dem richtigen Weg waren – dank Mousse.

Denn so wie die bisherigen Besitzer der Käferpokémon platt gemacht wurden war denen wohl nicht allzu schnell nach einer Revanche. Dazu würden sie erst noch eine ganze Weile trainieren müssen. Vielleicht wurde die Arena in Marmoria City doch ganz einfach…?

Mousse strotzte nur so vor Kraft und Energie, dass es kaum stillhalten wollte und sich gleich wieder daran machte, munter vor sich hin quiekend durch das Gras zu hüpfen, dabei noch einem wilden Safcon einen ordentlichen Tritt verpassend.

Kaum war das besiegt lenkte Cherry die Aufmerksamkeit seines Pokémon auf sich.

„Hör mal, am besten ruhen wir uns noch einmal kurz im Pokémon-Center von Vertania City aus? Jetzt wissen wir ja den Weg…“

Er wusste wirklich nicht, wie lange sie hier drin schon unterwegs waren, geschweige denn, ob es inzwischen nicht bereits Nacht geworden war. Es war einfach so dunkel in dem Wald, dass es schwer war, das einzuschätzen. Und sie hatten doch durchaus ein gutes Stück geschafft und konnten sich guten Gewissens eine Pause gönnen.

Auch wenn das einen sehr langen – er hätte wirklich nicht erwartet, dass sie wirklich schon so tief in den Wald eingedrungen waren! – Rückweg bedeutete und unterwegs der Gedanke verworfen wurde, noch einmal im Supermarkt vorbei zu sehen.

Nach einer Weile waren sie im Center angekommen und verließen es erst wieder mit vollen Kräften.

Und dem Vorhaben, diesmal nicht nur ins Innere des Waldes vorzudringen, sondern auch in Marmoria City anzukommen. Denn Cherry brannte förmlich darauf, seinen ersten Arenasieg zu erkämpfen, und Mousse ging es wohl nicht anders.

„Auf geht’s, der erste Orden gehört uns!“

Natürlich, wenn sie es heil durch den letzten Abschnitt des Waldes schafften, aber das sollte nun wirklich kein Problem sein.

Die Generalprobe für Rocko

Zurück im Wald mussten lediglich zwei Raupy und ausnahmsweise sogar einmal ein Taubsi mit jeweils einem Donnerschock aus dem Weg geräumt werden und schon waren sie – sehr zu Cherry’s Erstaunen – wieder dort angekommen, wo sie zuvor umgedreht hatten.

Für sein Zeitgefühl war es allerdings von Nachteil, denn während er das Gefühl hatte, auf dem Rückweg nach Vertania City ewig zu brauchen, erreichten sie besagte Stelle im Wald nun so schnell, dass er irgendwie Zweifel hegte, ob sie wirklich so bald in Marmoria City ankommen würden. Der Abstecher ins Pokémon-Center stellte sich daher als eine wirklich gute Idee heraus. Und Mousse genoss seine starken Donnerangriffe sichtlich, quiekte ein munteres „Piii…kaaa..chuuu!“ vor sich hin und flitzte wie ein geölter Blitz durch das Gras, auf der Suche nach weiteren Gegnern. Durch die Pause schien es zu einem richtigen Energiebündel geworden zu sein, welches sich unbedingt austoben wollte.

Sehr zum Leidwesen des nächsten Taubsi, welches meinte, sie angreifen zu müssen, denn auch dieses war nach einem kurzen Knistern und einer Stromentladung geröstet. Ebenso erging es einem Safcon nur ein paar Schritte weiter, welches wohl auch Glück gehabt hatte, dass das Taubsi dummerweise Mousse als Gegner vorgezogen hatte.

Dann waren sie auch schon an dem jungen Käfersammler vorbei, der sich wohl noch immer nicht von seiner Niederlage erholt hatte. Tja, Hochmut kam ja bekanntlich vor dem Fall!

Ab jetzt sollten sie wohl aber wieder ein wenig aufpassen und auf den Weg achten, damit sie sich kein weiteres Mal verliefen. Schließlich hatte Cherry vor, nun endlich in der nächsten Stadt anzukommen. Der Gedanke, als Skelett im Wald zu enden, war nämlich immer noch wenig verlockend!

Im Moment war der Weg immerhin recht übersichtlich, nicht so verworren wie im Herzen des Waldes. So war der Rotschopf recht zuversichtlich und freute sich über das gute Vorankommen. Die Laune ließ sich auch nicht durch weitere angreifende Pokémon trüben, denn Mousse mischte die Vögel und Käfer ordentlich auf.

Er sollte wirklich froh darüber sein, dass dieser Blödmann Bubbles ihm das Evoli weggeschnappt hatte. Da er noch keinen Stein besaß, um das kleine braune Tier einem effektiveren Element zuzuordnen, war das Pikachu eindeutig der bessere Partner für die Kämpfe hier im Wald.

Die würden ohnehin bald ein Ende haben.

Der Weg hatte sich erneut in zwei Richtungen aufgeteilt und Cherry kurzzeitig einen Schrecken verpasst, ehe er feststellte, dass er beim linken Weg nach ein paar Schritten bereits wieder in einer Sackgasse landete, dort aber wenigstens einen verloren gegangenen Trank entdeckte. Sehr gut, die konnte man schließlich immer brauchen!

Es tröstete ihn auch über den kurzen Abstecher hinweg, zumal nach ein paar Metern die Weggabelung ohnehin wieder erreicht war und es in die andere Richtung weiter gehen konnte.

„Hey, Mousse, da hinten ist der Ausgang!“, stellte der Junge erfreut rufend fest und sah sich nach seinem Pikachu um, welches ihm brav hinterher trottete, mit seinem „Pi!“ allerdings zu spät darauf hinwies, dass da noch ein Trainer zwischen ihnen und dem Gebäude weiter hinten lauerte.

Der Käfersammler war nicht sonderlich erfreut darüber, dass Cherry über ihn stolperte, und ihm somit die Chance auf ein neues Käferpokémon versaute. Zumindest verschwand gerade noch etwas raschelnd im Gras…

„Hey, warte mal! Warum die Eile?!“, wurde der rothaarige Trainer grimmig angemotzt als er sich gerade mit entschuldigender Miene aus dem Staub machen wollte.

„Deinetwegen ist mir das Pokémon entwischt, dafür wirst du büßen! Raupy, los, mach ihn fertig!!“

Und schon war er mitten im nächsten Gefecht, aber das Pikachu schaffte es trotzdem, mit einem einzelnen Donnerschock den Käfer zu schwächen.

„Raupy, benutze Tackle!“, war der Befehl des kleineren Jungen, der nicht kampflos aufgeben wollte. Allerdings verursachte besagte Attacke noch lange nicht den gleichen Schaden wie Mousse zuvor angerichtet hatte.

„Das wird einfach!“, rief Cherry unbeabsichtigt laut und konnte es mit seinem „Los, Mousse, mach den Käfer mit deinem Donnerschock fertig!“ auch nicht mehr wirklich übertönen.

„Piii…kaaa…“

Da kam wohl etwas Großes, denn im Moment knisterten nicht nur die runden Bäckchen der Maus sondern auch der lange, gezackte Schwanz sowie die kleinen Pfoten… und vor lauter Energie erwischte Mousse nicht nur das Raupy, sondern auch die beiden Trainer.

„Uff!“ Der Käfersammler war ebenso geplättet wie sein Pokémon.

„Du bist zu gut! Ich gebe auf!“

Etwas anderes blieb dem Jungen auch nicht übrig, aber Cherry blieben die verhöhnenden Worte aufgrund der Attacke sichtlich im Hals stecken. Das war wirklich nichts für seine Nerven und schon gar nicht für seinen Körper. Wobei es wahrscheinlich gut zu wissen war, dass das Pikachu bestimmt sehr gut für Wiederbelebungsmaßnahmen geeignet war und jeden Defibrillator alt aussehen ließ!

„Puh, Mousse, ich wäre dir echt dankbar, wenn du dich nur auf deine Gegner beschränken würdest…irgendwann klagen sie mich noch wegen Körperverletzung an oder so…“

Und mit der Polizei wollte er nun wirklich keinen Ärger! Und in den Knast auch nicht, denn wie sollte er dort drin zum Pokémon-Champion werden?

Mit einem Quieken gab Mousse zu verstehen, dass es verstanden hatte, dann kletterte es wieder auf Cherry’s Schultern und machte es sich dort gemütlich, um sich von ihm bis zu dem Gebäude tragen zu lassen, welches den Ausgang des Vertania Waldes markierte. Der Junge war zufrieden mit der Leistung seines kleinen Monsters. Es war unheimlich stark geworden hier drin.

Und doch sollte er aufpassen, schließlich würden die Gesteinspokémon trotzdem schwer zum Knacken sein, zumal die Elektroattacken nichts ausrichten dürften und Mousse selbst mit seinem Ruckzuckhieb wahrscheinlich keinen so harten Dickschädel hatte wie Pokémon dieses Typs.

Die Erkenntnis kam allerdings ein wenig spät. Denn er kam gerade, das hohe Gras vor der Stadt meidend, in Marmoria City an und eigentlich stünde einem knallharten Gefecht in der Arena nichts im Wege. Die Stadt war recht übersichtlich mit ihren paar Häusern und dem doch recht imposanten Museum, aber für Sightseeing hatte er nun wirklich keine Zeit.

„Besser, wir ruhen uns noch einmal kurz aus und trainieren dann noch eine Weile.“, schlug er seinem munteren Pokémon vor. Dem war es wohl recht egal, wer sein Gegner war, solange es überhaupt welche hatte…

„Vor der Stadt finden wir vielleicht noch ein paar Pokémon, gegen die wir kämpfen können!“

Und wieder einmal schade, dass er keines davon fangen durfte, aber bisher war er nur mit Mousse ja ziemlich problemlos voran gekommen.

Wobei ihn das kleine violette Nidoran mit seinem giftigen Horn durchaus gereizt hätte… Aber er hatte ja noch nicht einmal Pokébälle dabei und die Regeln verboten ihm den Fang des Pokémons, so dass es nur den Zweck hatte, Mousse zusätzliche Kampferfahrung zu schenken.

Im Großen und Ganzen waren es ohnehin immer die gleichen Pokémon, die sich auf sie stürzten. Neben dem männlichen Nidoran entdeckte Cherry auch weibliche, dazu haufenweise Ratzfratz und Taubsi. Vor allem die Ratten schienen hier eine regelrechte Plage zu sein obwohl sich die Fläche mit dem hohen Gras nun wirklich nicht endlos ausdehnte. Dass die hier alle überhaupt Platz hatten, sich zu verstecken, war echt ein Wunder…

Er zählte inzwischen schon gar nicht mehr die vielen Exemplare wilder Pokémon, auch wenn deutlich auffiel, dass recht wenige männliche Nidoran auftauchten. Aber dennoch genug, um ihn jedes Mal schmerzlich an die Regeln zu erinnern.
 

Die Kämpfe schienen kein Ende zu nehmen und langsam nagte es an Cherry’s Motivation. Natürlich war es wichtig, für den bevorstehenden Arenakampf zu trainieren, damit sie keine allzu große Schwierigkeiten haben würden, aber langsam nervte es ihn, dass er auf der Stelle trat und nicht wirklich voran kam.

Das wurde auch nach einer Pause im Pokémon-Center nicht besser, denn bereits kurze Zeit später durchforstete er erneut mit seinem Pikachu das hohe Gras vor Marmoria City. Die Gegnermassen nahmen noch immer nicht wirklich ab und wahrscheinlich würde er das Feld auch nie vollständig von wilden Pokémon befreit haben…

„Puh, wollen wir uns nicht doch langsam an richtige Gegner wagen?“

Immer nur die Ratten, Vögel und Nidoran beider Geschlechter zu jagen war inzwischen ziemlich eintönig.

„Mousse?“, fragte er erneut mit runzelnder Stirn als er keine Antwort von der Maus bekam. Irgendetwas machte das Pokémon gerade. Er verstand nicht so ganz, was. Fakt war aber, dass er sich kurzzeitig einbildete, das Monster doppelt zu sehen.

„Mousse!“

„Cha?“ Augenblicklich brach das Pikachu seine Aktion – was auch immer das darstellen sollte – ab und blickte ihn fragend an.

„Machen wir noch einmal eine Pause und probieren dann, ob wir unseren ersten Orden bekommen können?“

Er würde es sich wünschen, denn die Gegner vor der Stadt waren längst keine richtigen Gegner mehr, und östlich von Marmoria City kam er im Moment nicht weiter. Es sei denn, er wollte sich zur Arena verschleppen lassen, aber dafür wollte er dann doch lieber ein Pikachu in Höchstform. Man bedenke schließlich nach wie vor, dass die Gesteinspokémon ihm überlegen sein würden. Was Cherry natürlich nicht zur Sprache brachte, weil das Mousse sicher kränkte und das Kleine sich wahrscheinlich damit rächen würde, ihm eine neue Kostprobe seiner verstärkten Kräfte zu geben.

„Bist du wieder fit?“, fragte er deshalb nur, teils ein wenig besorgt, teils aber auch irgendwie erfreut darüber, dass das Pikachu aus Schwester Joy’s Armen in die seinen sprang. Wer hätte schließlich am Anfang gedacht, dass er dem kleinen Elektromonster scheinbar so ans Herz wachsen würde? Umgekehrt aber auch… Deswegen würde er Mousse einfach vertrauen. Wenn sein Glaube in sein Pokémon nur stark genug war, würden sie die Arena schon meistern!

Auf dem Weg dorthin entdeckte er außerdem noch den Markt, weshalb er lieber noch einmal abdrehte – obwohl die Arena deutlich verlockender war! – um sich vorsichtshalber mit ein paar zusätzlichen Tränken einzudecken. Denn auf das Wohlbefinden seines Pokémon zu achten und ihm neue Kraft zu schenken war seine Aufgabe als Trainer.

Diesen Kampf mussten sie beide führen! Zusammen!

Dafür opferte er auch gerne fast sein ganzes Geld, auch wenn es nur noch für drei Tränke reichte und er sich jetzt noch nicht einmal mehr ein Gegengift leisten könnte… aber es war eine Investition, die sich sicherlich lohnen würde!

„Und jetzt lass uns die Arena aufmischen, ja?“

Cherry war zuversichtlich und das übertrug sich wohl auch auf das kleine Pokémon, das ihn kampflustig und mit geballten Fäusten anquiekte.
 

Die Arena war nicht zu übersehen.

Als sie das Gebäude betraten staunte Cherry aber nicht schlecht!

Spätestens jetzt war klar, welcher Typ Gegner sie hier erwarten würde, denn die vielen Steine waren nun wirklich nicht zu übersehen.

Dafür aber beinahe ein Junge dahinter. Ein junger Pfadfinder, den Cherry irrtümlicherweise fragte „Bist du Rocko?“, weil er doch arg jung aussah…

Und frech war er auch, weil er den rothaarigen Herausforderer als „Kleiner“ bezeichnete obwohl er selbst doch gar nicht so viel größer war. Da waren es gerade mehr die Backen des Trainers, die sich aufplusterten, und ihn einen Schmollmund ziehen ließen.

„Es dauert noch Lichtjahre, bis du gegen Rocko antreten kannst!“, meinte der fremde Junge und beantworte damit wenigstens die zuvor gestellte Frage. Irgendwie. Es sei denn, der Kerl litt an irgendeiner Persönlichkeitsstörung und sprach von sich selbst in der dritten Person?

Cherry vermochte das nicht so recht zu beantworten, aber dazu war ohnehin nicht die Zeit, denn er musste sich auf den Kampf konzentrieren!

Sein Gegner wählte ein Digda, was ihn schon einmal schlucken ließ.

Ob er das schaffen konnte? Auch als Bodenpokémon dürfte es gegen den Donnerschock immun sein, egal, wie stark die Attacke war. Das war eindeutig eine größere Herausforderung als das Kleingetier bisher. Cherry konnte auch nicht so recht die tatsächliche Stärke des Gegners einschätzen, ebenso wenig, wie lange sich Mousse behaupten konnte.

Moment, er würde auch darauf achten müssen, dass sich das Digda nicht eingrub! Konzentration jetzt!

„Ruckzuckhieb, Mousse!“, befahl er seinem Schützling, der es sogar schaffte, das Digda ziemlich böse zu treffen. Oder lag es an der vielen Erfahrung aus den vorherigen Kämpfen, dass das kleine … Würmchen, oder was auch immer es darstellen sollte, gerade recht fertig wirkte, sich aber dennoch mit einem Kratzer zur Wehr setzte?

„Noch einmal Ruckzuckhieb, schnell!“

Zum Glück war Mousse inzwischen ziemlich flink geworden und konnte das Digda außer Gefecht setzen ehe es noch eine Attacke nachsetzte.

„Jaaa!“, jubelte Cherry und riss die Hände empor, wollte sich schon über seinen Sieg freuen, wäre da nicht ein ernüchterndes „Mist, dann bist du jetzt an der Reihe, Sandan!“ zu hören.

Oh nein, noch eines?!

Es hatte sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Pikachu, sah auch irgendwie ein wenig aus wie eine Maus. Aber deutlich härter als das weiche Fell des Elektropokémon…

„Oh je, los, versuch, es mit deinem Ruckzuckhieb zu erwischen!“, feuerte Cherry Mousse an, welches sein Bestes gab. Aber das Sandan war trotzdem ziemlich ausdauernd und konnte seinerseits einige Treffer landen, die dem Pikachu einige Kratzer bescherten.

„Piiiiii…!!“ Es keuchte bereits und durch die Kratzer sah es auch nicht mehr ganz fit aus, aber das galt auch für das geschwächte Sandan.

„Mousse, das ist deine Chance!“

Das war ein Nervenkitzel! Ganz knapp wurde die Sandmaus besiegt und das erschöpfte Pikachu sank in die Arme seines erfreuten Trainers, der es überschwänglich für seinen Einsatz lobte.

„Mist…“

Der Pfadfinder hatte kein weiteres Pokémon mehr, um den Kampf fortzusetzen – worüber der Rotschopf sehr froh war, denn Mousse hatte dringend noch eine Pause nötig!

Der Junge brabbelte ohnehin gerade noch irgendetwas von seinen Lichtjahren, Entfernung und Zeit, aber spätestens nachdem Cherry mit seinem „Ja ja…“ abdampfte würde der Junge wohl bemerkt haben, dass ihm gar nicht zugehört wurde.

Denn da war der Herausforderer bereits auf dem erneuten Weg in Richtung Pokémon-Center um die Wunden seines Pokémon versorgen zu lassen.

Diesmal dauerte es zwar etwas länger, aber die Wartezeit machte sich bezahlt und Mousse sah hinterher erfrischt und wie neu aus.

„Vielleicht sollten wir lieber noch ein bisschen trainieren… der Kampf gegen Rocko wird sicher hart! Härter als gegen das Digda und das Sandan…“

In seiner Stimme klang deutlich die Besorgnis mit, dass dem Pikachu Schlimmeres zustoßen könnte als die kassierten Kratzer, die es auch schon geschwächt hatten. Was, wenn es von einem Fels zermalmt wurde? Irgendwie traute er sich gerade nicht so recht, Rocko herauszufordern. Der Kampf gerade eben war knapp gewesen, auch wenn er noch keinen Trank benutzt hatte und das gegen den Arenaleiter wahrscheinlich sein Ass im Ärmel sein würde. Aber was, wenn Mousse wirklich stark verletzt oder sogar besiegt wurde?

Das würde er sich nicht verzeihen können…

Selbiges galt aber auch für das Pokémon, denn trotz der Anstrengung im vergangenen Kampf wollte das Pikachu weiter wachsen und stärker werden. Und vor allem seinem geliebten Trainer eine Freude machen, indem es dafür sorgte, dass er seinen ersten Orden in den Händen halten konnte.

Die runden Augen blickten Cherry eine lange Zeit an, dann schien das bockige Verhalten bei ihrer ersten Begegnung sich durchzusetzen.

„Cha.“, meinte Mousse, und warf den Kopf zur Seite. Dem Blick seines Trainers wurde ausgewichen und deutlich signalisiert, dass es von weiterem Training nicht viel hielt.

Erst etwas später wagte es einen kurzen Blick zu Cherry um zu sehen, ob dieser die Reaktion richtig deutete und sich von dem Gedanken, noch mehr zu üben, abbringen ließ.

Denn in den tiefschwarzen Augen der Maus machte es keinen Sinn.

Für den Kampf gegen Gesteins- und Bodenpokémon hatte es zu wenig Erfahrung und im hohen Gras waren sie diesem Typ bisher nicht begegnet. Es war also unwahrscheinlich, dass sich das ändern würde. Und was brachten Volltreffer gegen dieses Kleingetier?

„Pika-Pii!“

„Bist du dir sicher?“

Cherry bemühte sich zwar, sich seine Zweifel nicht anmerken zu lassen, aber so ganz vermeiden konnte er es nicht. Obwohl sich Mousse wirklich alle Mühe gab, diese Zweifel zu zerstreuen, indem es kraftvolle Posen einnahm, bis der Junge schließlich lachen musste und wenigstens ein kleines bisschen zuversichtlicher wirkte.

„Okay… ich vertraue dir.“

Und im Notfall hatte er schließlich immer noch die Tränke, also ließ sich Cherry nun doch überreden, die Arena anstelle des hohen Grases anzusteuern und an dem Pfadfinder vorbei dem anderen anwesenden Trainer zu nähern.

Das musste Rocko sein. Er sah wirklich stark aus und schien von seinem Job als Arenaleiter einiges zu verstehen.

Und gleichzeitig war er wider Erwarten sogar recht freundlich und erzählte ihm von seiner Vorliebe für Gesteinspokémon. Wobei… war das wirklich freundlich? Er sagte etwas von felsenfester Verteidigung und das klang nicht besonders motivierend.

Aber er hatte seinem Pikachu versprochen, ihm zu vertrauen, und so schluckte der Rotschopf jegliche Zweifel und Sorge hinunter und ließ sich auch von Rocko’s Nachfrage, ob er es immer noch mit ihm aufnehmen wolle, nicht beirren.

Der entschlossene Blick war wahrscheinlich Antwort genug.

Die Mundwinkel des Arenaleiters bildeten ein knappes Grinsen.

„Ok. Zeige mir, wie gut du bist!“

Das würde wohl ihr erster wirklich schwerer Kampf werden…!

Und mit einem „Los, Kleinstein, ich wähle dich!“ wurde dieser von Rocko eröffnet.

Ein harter Brocken

„Okay, Mousse, zeig was du kannst!“

Wer denn auch sonst, außer dem Pikachu hatte Cherry ja ohnehin noch kein weiteres Pokémon, also blieb ihm nichts anderes übrig als die Elektromaus gegen den Felsen mit zwei harten Fäusten in den Kampf zu schicken.

„Setz gleich mal deinen Ruckzuckhieb ein!“

Auch hier galt: Was auch sonst? Sowohl der Donnerschock als auch die Donnerwelle dürften keinen Effekt haben und es war besser, wenn er gnadenlos draufschlagen ließ als dass Mousse mit wackelnder Rute versuchte, das Kleinstein zu irritieren und zu schwächen.

Allerdings musste der Rotschopf seine Strategie bald überdenken, denn das Gesteinpokémon schien der Treffer so gar nicht zu stören. Immerhin steckte auch Mousse die folgende Attacke von der Seite seines Gegners gut weg, was wohl wirklich der vielen Erfahrung zuzuschreiben war.

„Okay, und jetzt Rutenschlag!“, befahl Cherry und kam nicht umhin, das wackelnde Mäuschen irgendwie amüsant zu finden – dabei war die Lage ernst.

Das Kleinstein ließ sich noch nicht so wirklich aus dem Takt bringen und griff weiter offensiv an. So viel zum Thema, Rocko setze auf Verteidigung. Das sah für den Herausforderer nun wirklich nicht sehr defensiv aus, was der Trainer seinem Pokémon befahl. Vielleicht wollte er den Kampf schnell zu Ende bringen und als Sieger daraus hervorgehen, weil es sich ja ohnehin „nur“ um ein Pikachu als Gegner handelte?

„Mousse, hier, benutze den Trank!“

Mit dem Ruf wurde das Tänzchen seines Elektropokémons unterbrochen und es blickte gerade noch rechtzeitig zum Trainer um den Trank nicht an den Kopf zu bekommen.

„Piikaaa!“, ertönte mit neuer Energie und bereit zum Gegenangriff.

„Jetzt Ruckzuckhieb!“

Es schien zwar immer noch nicht allzu viel Schaden anzurichten, aber das Kleinstein wurde aus seinem Trott gebracht und wirkte nun doch ein wenig verwirrt über die Stärke des Pikachu. Das Blatt hatte sich zu Gunsten des Rotschopfes und seiner gelben Maus gewendet!

Nach ein paar wenigen Runden wirkten beide Kontrahenten wieder ziemlich geschwächt, aber Cherry hatte noch einige Tränke im Gepäck und so nutzte er einen weiteren davon, um Mousse neue Kraft zu schenken.

„Noch einmal Ruckzuckhieb, dann haben wir es!“

Hoffentlich. Denn auf Dauer würde er wohl nicht der einzige Trainer sein, der Tränke einsetzte. Und wer wusste schon, ob Rocko nicht womöglich der erste war, der diese Taktik hatte?

„Kleeeiiin…stein!“

Um ein Haar hätte der Treffer das Pokémon ausgeknockt, aber das Kleinstein war deutlich ausdauernder als gedacht. Trotz aller Schwäche wollte es weiter kämpfen und attackierte Mousse mit einer weiteren Tackle. Doch nicht nur seine eigene Energie hatte abgenommen sondern auch die Wucht der ausgeführten Attacken, so dass er nur noch wenig Schaden anzurichten vermochte.

Aber gut, dann würde er die Chance nutzen!

„Mousse!“, machte Cherry daher noch einmal die Maus auf sich aufmerksam, um den nächsten Trank anzubieten, damit das angesprochene Pokémon fit gegen das nächste Pokémon antreten konnte. Das Kleinstein konnte ja schließlich unmöglich das Einzige sein, was der Arenaleiter einsetzte…

Da konnte es noch so unnachgiebig sein und noch einen weiteren Treffer landen, letzten Endes musste es sich trotzdem dem nächsten Ruckzuckhieb beugen.

„Komm zurück, Kleinstein! Du hast gut gekämpft!“, lobte Rocko trotz der unerwarteten Niederlage gegen das Pikachu.

Da musste er sich wohl doch etwas mehr anstrengen. Wer hätte auch gedacht, dass ein Elektropokémon sich so gut gegen sein Kleinstein behaupten konnte?

Er sollte besser etwas härtere Geschütze auffahren wenn er den Orden angemessen verteidigen wollte…

Die Hand griff nach dem nächsten Pokéball und mit einem „Los, Onix!“ schickte er sein nächstes Pokémon in den Kampf.

„Wooooaaaaah!! Was ist das denn!?“

Cherry blieb fast die Luft weg angesichts des riesigen Pokémon, das sich da meterhoch vor Mousse aufbaute. Oh Gott, wenn das Onix das kleine Pikachu erwischte, war es garantiert Matsch!

„Mousse!!“

Selbst dem Pokémon wurde wohl etwas mulmig zumute, doch als Cherry es rief als wolle er fragen ob er den Kampf nicht lieber aufgeben sollte hüpfte es blitzartig von einer Seite auf die andere und quiekte lautstark.

„Na klar!“, fiel es dem Trainer wie Schuppen vor die Augen.

Die geringe Größe seines Pokémon musste nicht unbedingt ein Nachteil sein. Das riesige Onix konnte ihn wahrscheinlich mit einer Attacke platt machen, aber dazu musste er das kleine, wendige Pikachu erst einmal erwischen. Und wenn Mousse eines war, dann war das schnell. Außerdem konnte es ja ohnehin erst einmal dafür sorgen, dass es Onix schwächte…

„Los, Rutenschlag!“

Pikachu führte die Attacke aus und wurde dabei misstrauisch von der Gesteinsschlange beobachtet ehe das Onix einen schrillen Schrei ausstieß, bei dem Trainer wie Pokémon erst einmal schmerzlich das Gesicht verzogen und die Hände auf die Ohren pressten. Argh, das klang, als hätte jemand mit seinen Nägeln über Glas gekratzt!

Was für ein scheußlicher Ton!

„Oh nein!!“, stieß Cherry aus, als er die Folge des Schreis erkannte. Mousse’ Rutenschlag ließ die Verteidigung seines Gegners nur langsam sinken. Mit dem Kreideschrei jedoch tat Onix es ihm taktisch gesehen gleich, aber deutlich effektiver, weil durch das Zuhalten der Ohren jegliche Deckung verloren ging.

„Mach weiter, Mousse, und lass dich nicht erwischen!“

„Cha…. Cha…. Chaaa!“

Eine Tackle traf trotz des Wackelns und Tänzelns, dann befahl Rocko seinem Onix „Geduld!“ zu haben. Als wolle er sehen, was das Herumspringen des Pikachu überhaupt bringen sollte.

Der Kampf schien von jetzt auf gleich in Stillstand zu geraten.

Das Onix beäugte das deutlich kleinere Pokémon, griff aber nicht weiter an.

Und Mousse tat nicht mehr, als die Rute zu schütteln als hinge sein Leben davon ab.

Nun ja, gewissermaßen tat es das ja auch, denn das Onix war wahrscheinlich noch sehr viel härter und ausdauernder als Kleinstein.

„Hier, nimm besser noch einen Trank!“, bot Cherry seinem Pokémon an, um die Zurückhaltung der Riesenschlange auszunutzen. Vielleicht konnte Mousse im Folgenden schon einmal ein wenig Schaden anrichten und das Onix mit seinem Ruckzuckhieb langsam, aber stetig, bearbeiten?

Auf einmal war es jedoch vorbei mit der Starre und der Gegner stürzte sich auf die Maus, die jedoch durch den Rutenschlag ohnehin in ständiger Bewegung war und somit keine großen Schwierigkeiten hatte, der imposanten Schlange auszuweichen. Das war ihre Chance!

„Jetzt schnell Ruckzuckhieb einsetzen! Und noch einmal!“

Irgendwie wirkte es noch nicht so, wie Cherry sich das vorgestellt hatte.

Das Gesteinspokémon war wirklich ein harter Brocken…!

„Onix, Geduld!“, befahl Rocko und sorgte damit dafür, dass sich sein Pokémon erneut zurückzog. „Sammel deine Kraft für den nächsten Angriff!“

Oh? Bedeutete das etwa erneut eine Lücke? Sollte er angreifen oder lieber wieder den Rutenschlag fordern, bis er irgendwann keine Wirkung mehr zeigte? Gerade eben hatte es ja eigentlich ganz gut funktioniert. Vielleicht konnte Mousse besagtem nächsten Angriff noch einmal so gut ausweichen und sofort angreifen?

Er würde es ausprobieren…! „Rutenschlag! Und pass auf, dass es dich nicht erwischt!“

Einmal wirkte er noch, doch dann schien das Onix die wedelnde Rute über zu haben und ließ sich nicht mehr beeindrucken. Dennoch ließ Cherry das Pikachu weiter machen, einfach, damit es es leichter hatte, der Attacke des Gesteinpokémon ausweichen zu können.

So war es dann auch, wie erwartet. Das Geschehen von vorhin wiederholte sich:

Die Schlange raste mit hoher Geschwindigkeit auf Mousse zu, mit dem Kopf voran, um es zwischen sich und dem felsigen Boden einzuklemmen.

Allerdings ohne Erfolg, denn die Maus wich erneut aus und ging einen Wimpernschlag später seinerseits wieder zum Angriff über. Es hatte wohl Cherry’s Strategie erkannt und benötigte deshalb keine weiteren Befehle mehr von seinem Trainer.

Dafür war die Gegnerseite – zum Glück für Cherry und Mousse! – wenig einsichtig. Oder Rocko hoffte darauf, dass sein Pokémon das Pikachu doch noch erwischte? Denn er mahnte die Schlange weiterhin zur Geduld.

Und wieder bohrte sich der Kopf in den Boden, trotz des Typvorteils bemerkte man inzwischen aber, dass die Geschwindigkeit nachließ. Das Onix wurde wohl langsam müde…

„Dann eben Tackle, Onix!“, veränderte Rocko nun seinerseits seine Strategie und ging nun wirklich in die Offensive.

Zu spät, wohlgemerkt.

Denn auch wenn es die Schlange schaffte, Mousse noch ganz schön zu schwächen, war es trotzdem die Maus, die nach einem letzten Ruckzuckhieb den Riesen nieder streckte.

„Jaaa, geschafft! Mousse, du bist super, absolut genial!“

„Pi..ka…“

Für allzu große Freudensprünge hatte das Pikachu nicht mehr die Kraft, auch wenn es innerlich wahrscheinlich gerade vor Stolz platzte, dass es gewonnen hatte. David gegen Goliath. Und wieder einmal zeigte sich, dass es nicht auf die Größe ankam.

„Ich habe dich falsch eingeschätzt!“, gab Rocko zu. Er rief sein Onix zurück und näherte sich Cherry, der schon längst auf das Kampffeld gelaufen war, um sein Pikachu in die Arme zu schließen.

„Juhu, juhu, juuuuhuuuu!“

Der Rotschopf war derart enthusiastisch, dass er dem Arenaleiter schon gar nicht mehr zuhörte, aber die ausgestreckte Hand erinnerte ihn dennoch daran, wo er sich befand.

„Nimm den Felsorden als Zeichen meiner Ehrerbietung.“

Ach ja, richtig! Der Orden, der Grund für ihr Hiersein. Er sah nicht sonderlich spektakulär aus, hatte dem Namen entsprechend eine steinähnliche Form und glänzte in schönem Marmor.

„Vielen, vielen Dank! Schau mal, Mousse! Das habe ich dir zu verdanken!“

Der kleine Orden wurde von der dargebotenen Handfläche genommen und dem Pikachu gezeigt, in dessen Augen sich mit einem langgezogenen und von einem doch recht mühsam erzwungenen Lächeln begleiteten „Pikachuuu…“ das Zeichen über den Sieg gegen Rocko widerspiegelte.

„Du scheinst ein sehr begabter Pokémon-Trainer zu sein.“, stellte der Arenaleiter fest als er Cherry mit seinem Pokémon beobachtete. Es war von dem Kampf sehr erschöpft, aber der Rotschopf behandelte die kleine Maus sehr liebevoll und Rocko ging davon aus, dass der nächste Weg des Jungen wahrscheinlich ins Pokémon-Center führte.

„Übrigens…“

Er wollte dem jungen Herausforderer noch etwas anderes von ihrem Kampf mitgeben.

„Wenn du möchtest, kannst du einem deiner Pokémon Geduld beibringen.“

Dann erklärte er Cherry noch, was es damit wirklich auf sich hatte. Geplant war, dass Onix die Kraft von den Angriffen des Pikachu absorbierte und in einem günstigen Moment mit doppelter Macht zurückschlug. Aber der Rotschopf hatte seine eigene Strategie gefunden und schüttelte mit einem Blick auf Mousse den Kopf.

„Danke, aber ich glaube, das brauchen wir nicht.“

„In Ordnung. Die nächste Arena befindet sich übrigens in Azuria City auf der anderen Seite des Mondbergs. Versuche dort dein Glück!“

Rocko war eindeutig ein harter Gegner gewesen mit seinen Felsbrocken, aber als Mensch schien er wirklich sehr freundlich zu sein.

„Alles klar, danke! Aber jetzt muss ich Mousse erst einmal zu Schwester Joy bringen!“

Der Mondberg musste warten, bis die gelbe Maus wieder fit war.

„Mach’s gut, Rocko!“, verabschiedete sich Cherry noch von dem Arenaleiter ehe er ihm den Rücken zukehrte. Das Nicken des Angesprochenen entging ihm dadurch zwar, aber womöglich hätte er es ohnehin nicht mehr bemerkt, weil die Gedanken unter den roten Haaren längst beim Pokémon-Center waren, welches er sofort ansteuerte.

Mousse hatte sich die Pause wirklich verdient!

Er war so unheimlich stolz auf seinen Begleiter!
 

Bis die Behandlung abgeschlossen war hatte Cherry Zeit, sich seine Karte genauer anzusehen. Azuria City auf der anderen Seite des Mondbergs, hatte Rocko gesagt.

„Aha…hm… ah, da!“

Sie mussten nach Osten und immer dem Weg folgen, dann würden sie beim Mondberg ankommen. Wenn sie diesen erklimmt hatten, war der Weg zu der nächsten Stadt nicht mehr weit.

„Oh, du gehst zum Mondberg?“

Die freundliche Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und der Junge hob den Kopf, als Schwester Joy ihn ansprach. Sie wollte ihm sein ausgeruhtes Pikachu bringen, welches sich sogleich an seinen Trainer kuschelte, und hatte dabei einen Blick auf seine Karte geworfen.

„Am Eingang befindet sich noch ein Pokémon-Center. Dort könnt ihr euch noch einmal ausruhen bevor ihr euch in den Berg wagt.“

„Danke für den Rat!“

Sehr gut zu wissen, dass sie die Gelegenheit haben würden, noch eine Pause einlegen zu können. Auf dem Weg befanden sich gewiss einige Trainer und die Behandlung im Pokémon-Center war nun effektiver als sich die ganze Zeit über mit Tränken zu behelfen.

„Pika, Pika!“

Mousse sprang hochmotiviert in die Höhe, holte wohl auch noch die Freudensprünge über den Arenasieg nach und würde offensichtlich trotzdem am liebsten schon in der nächsten Arena kämpfen.

„Du bist aber gut drauf!“, stellte Cherry lachend fest, rollte die Karte zusammen und verabschiedete sich mit einem Winken von Schwester Joy.

„Komm jederzeit wieder vorbei!“, rief ihm diese noch hinterher als er das Gebäude verließ. Er war ihr wohl ans Herz gewachsen und umgekehrt war er ihr auch sehr dankbar, dass sie die ganze Zeit auf sein Pikachu geachtet hatte. Nach dem Arenakampf wie auch in den Trainingseinheiten davor war sie immer für ihn und Mousse da gewesen.

„Lass uns noch einmal kurz im Laden vorbeisehen, danach müssen wir nach Osten.“

Er wollte sich vorsichtshalber noch einen Trank und zwei Fluchtseile kaufen, falls er später keine Gelegenheit mehr dazu hatte. Ein Supermarkt vor dem Mondberg wäre zwar für den Tourismus gut, aber bisher hatte noch niemand gesagt, dass man am Eingang noch schnell das Nötigste kaufen konnte und Cherry wollte sich ungern auf sein Glück verlassen.

„Okay, es kann losgehen.“

Auf nach Osten!
 

Vorhin war hier noch ein Trainer gewesen, der ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Oder hatte er sich das eingebildet? Kaum hatte er Marmoria City verlassen und sah sich nach dem Kerl um konnte er ihn nirgends mehr entdecken.

„Was soll’s…“

Ein Problem – oder leider eine Chance – weniger, aber so konnten sie wenigstens ungehindert der Route folgen. Da hinten wartete auch schon ein Mädchen. Vielleicht wollte sie kämpfen? Cherry brannte darauf, auszuprobieren, wie mächtig Mousse durch den Kampf gegen die Gesteinpokémon geworden war!

„Was starrst du mich so an?“, erkundigte sich das Mädchen bei ihm, als er sich so zielstrebig näherte. Fühlte sie sich belästigt? Oha, nicht, dass sie da irgendetwas hinein interpretierte. Besser, er sagte gleich, was er wollte!

„Ich möchte kämpfen!“

„Das kannst du haben… los, Taubsi!“

Das würde einfach werden… so ungewohnt einfach. „Mousse, Donnerschock.“

Jetzt wirkte es ja wieder – und wie es wirkte. Der Vogel war mit einer Attacke besiegt und trotz ihres erschrockenen „Huch!“ schickte die Göre ein weiteres Taubsi in den Kampf. Dem erging es ebenso wie seinem Vorgänger.

„Du bist gefährlich!!“, meinte das Mädchen entrüstet und wich zurück. Sie wollte wohl kein Pokémon mehr einsetzen und rückte deshalb ohne weitere Worte sein Preisgeld heraus.

„Wow, Mousse, du bist echt stark geworden…“, bemerkte Cherry überrascht, als er sich von der Taubsi-Trainerin abgewandt hatte und einen der Käfersammler ansteuerte. Gegen die Käfer hatte sich Mousse schon im Vertania Wald sehr gut behaupten können.

Und als hätte er es geahnt…

„Hey! Ich kenne dich aus dem Vertania Wald!“

Öhm… die Käfersammler sahen alle gleich aus, deswegen konnte sich der Rotschopf nicht wirklich daran erinnern und sah etwas ratlos drein. Zum Kampf war er aber trotzdem bereit und wenn schon ein Trainer aus dem Wald auf eine Revanche aus war, dann konnte er sich natürlich liebend gerne noch eine Niederlage abholen!

Mousse schockte sich ausdauernd durch die beiden Raupy und das Hornliu, ohne dass die drei Käfer großartig etwas dagegen unternehmen konnten.

„Jawoll!“

„Du hast mich wieder besiegt…“

Obwohl der Käfersammler trainiert hatte, war er erneut unterlegen. „Oh mann…“

Seine Käfer waren dem Pikachu einfach nicht gewachsen. Damals im Wald war es auch schon stärker gewesen, aber sooo stark? Er hatte eigentlich geübt, um seine Niederlage wett zu machen, aber scheinbar war auch der rothaarige Trainer nicht untätig gewesen.

„Ich muss weiter!“, rief Cherry zum Abschied und stolperte beinahe in einen jungen Teenager, der über Brennesseln klagte.

„Äh…?“ Selber schuld, würde er sagen? Der Junge trug kurze Shorts, kein Wunder, dass es auf der Haut fürchterlich brannte, wenn er so viel Angriffsfläche an den Beinen bot.

„So ein MIST!“, schimpfte der Teenager weiter und verfluchte jemanden, den Cherry nicht kannte. Irgendeinen anderen Jungen. Vielleicht hatte er eine Wette verloren oder war auf einen Trick hereingefallen? Der Kopf mit den roten Haaren wurde geschüttelt und der Trainer mit einer Herausforderung zum Kampf von seinem kleinen Problem abgelenkt.

Das Rattfratz konnte ja noch erstaunlich gut austeilen, einfach, weil es mit seinem Ruckzuckhieb schneller war als Mousse mit dem Aufladen seines Donnerschocks. Aber das Pikachu hatte sich wohl so einiges bei Rocko’s Gesteinpokémon abgeschaut – unter anderem deren Ausdauer, denn es ließ sich nicht unterkriegen und attackierte nach dem Sieg über die Ratte auch das Rettan. Der Kampf wurde knapp und letztlich durch einen letzten schnellen Ruckzuckhieb entschieden.

Aber irgendwie ging es Mousse nicht gut. Es sah erschöpft aus, aber auf eine irgendwie andere Art und Weise als sonst. Es schwitzte und die Augen glänzten etwas fiebrig als sei ihm unheimlich heiß. Auch das „Ka…chuuu…“ klang nicht mehr besonders fit als es mit einem kläglichen Blick in die Arme seines Trainers sank und signalisierte, dass es gerade nicht weiter kämpfen konnte.

Das jammernde Pokémon wurde dem jammernden Teenager eindeutig vorgezogen.

„Mousse, was ist denn los?“, fragte Cherry sorgenvoll.

Die winzige Vorderpfote deutete schwach auf die Stelle, an der gerade eben noch das Rettan gewesen war. Es hatte seinen Giftstachel eingesetzt… wollte Mousse ihm das sagen?

„Warte, hier… ich habe noch Tränke und auch etwas gegen Gift…“

Der Trainer ging in die Hocke, legte seinen Schützling vorsichtig auf dem Boden ab und kramte in seinen Taschen nach den Items.

„Bist du wieder in Ordnung?“, erkundigte er sich etwas später. Er hatte dem Pikachu eine kurze Pause gegönnt, damit das Gegengift seine Wirkung entfalten konnte. Was sogar erstaunlich schnell geschah. Zum Glück, denn andernfalls wäre er so schnell es ging zurück ins Pokémon-Center gelaufen. Aber es schien gerade nicht nötig zu sein, denn kaum war die Verschnaufpause vorbei tapste Mousse bereits zum nächsten Trainer.

„Bist du auch ein Trainer?“, fragte dieser Cherry, nachdem ihm das Pikachu aufgefallen war.

„Ja, schon…“

„Lass uns kämpfen!“

Ob das so eine gute Idee war, Mousse gleich alles abzuverlangen? Der Rotschopf beugte sich kurz zu der Maus hinunter um davor zu warnen, dass es sich verausgabte. Erst dann nahm er die Herausforderung des Käfersammlers an.

Der hatte einige Pokémon, darunter auch ein Hornliu, das mit seinem Giftstachel versuchte, Pikachu zu vergiften, so wie es dem Rettan zuvor gelungen war. Doch anscheinend dauerte das Gegengift noch an und so kam Mousse diesen Schmerzen davon und sorgte mit seinem Ruckzuckhieb dafür, dass das Hornliu keine weitere Gelegenheit mehr bekam.

Kokuna, Raupy und Safcon waren hingegen keine schwierigen Gegner mehr, denn außer der Raupe griff ohnehin niemand mehr an und so konnte Mousse sie ganz langsam und gemütlich schwächen, ehe es sie besiegte. Da halfen auch die vielen Härtner-Attacken nichts mehr.

Wenige Meter entfernt war auch schon die nächste Göre, die ihren Kampf beobachtete, und dann auf ihn zukam, kaum, dass ihm ihre Blicke aufgefallen waren.

„Warum schaust du mich so fasziniert an?“, fragte sie mit koketten Wimpernschlägen.

Himmel, die war ja genauso drauf wie das andere Mädchen vorhin… fühlten die sich denn wie der Mittelpunkt allen Geschehens oder warum glaubten sie alle, ER würde schauen? Wie auch immer, Mädchen waren kompliziert und die musste man auch nicht verstehen können… war ohnehin unmöglich. Die waren wie Außerirdische…

„Rattfratz, Nidoran, los!“, schickte die Brünette in der Zwischenzeit ihre beiden Pokémon in den Kampf, damit sie sich eine Schocktherapie à la Mousse abholen konnten. Der Kampf war so schnell beendet, dass Cherry es irgendwie gar nicht mitbekam.

„Oh, schon vorbei?“, stellte er erst später fest und beeilte sich lieber, an der Göre vorbei zu kommen, ehe sie noch in Tränen ausbrach oder so…

Damit war er dummerweise auch noch zu schnell dran – mit der Folge, dass er bei dem Abhang abrutschte und einem anderen Teenager vor die Füße plumpste, der gerade triumphierend über seinen dummen Bruder sprach, der auf seinen Rat hin Shorts trug.

Oh? Dann war das der Kerl, von dem der Knabe vorhin gesprochen hatte? Der mit dem Brennessel-Problem…

Der eine Bruder hatte gegen ihn verloren, auch der zweite würde es.

„Cool, ein Habitak!“, identifizierte Cherry das Pokémon seines Gegners. Es war ein Vogel, ähnlich wie Taubsi, aber deutlich stärker, wie er fand. Es sah auch cooler aus! So eines hätte er auch gerne, aber man stahl einem anderen Trainer kein Pokémon und es gab ja immer noch die Regeln, die es ihm verboten, sich selbst eines zu fangen. Zu schade… wieder mal!

„Mousse, Donnerschock!“

Nach der Attacke stellte der Rotschopf einen weiteren Unterschied zwischen Taubsi und Habitak fest: Die Taubsi erledigte Mousse inzwischen mit nur einer Attacke, aber das Habitak war ein wenig stärker und ließ sich nicht mit einem einzigen Donnerschock platt machen.

„Haabiiitak…“, heulte das Pokémon dennoch, denn auch wenn es nicht gleich besiegt war, so war der Schock trotzdem sehr effektiv gewesen und schreckte selbst den aggressiven Vogel ab.

„Oh nein, verloren!“

Er hatte es ja gesagt – na ja, gedacht: Der eine Bruder verlor, der andere würde es auch. Aber wie kam er jetzt wieder zurück? Der Vorsprung, an dem er herunter gefallen war, war zu hoch, um wieder hinauf zu klettern.

„Oh mann…“ Da musste er wohl eine kleine Runde drehen, vorbei an den bereits besiegten Trainern und an der Stelle, an der er zuvor abgerutscht war, sehr vorsichtig voran schreitend, damit er nicht wieder abstürzte. Wie weit war es noch bis zum Mondberg? Der musste doch langsam mal in Sichtweite kommen… schließlich war es ein Berg! Und ein Berg war groß, größer noch als Rocko’s Onix!

„Hey du!“, sprach ihn auf einmal ein weiterer Junge an, der unbedingt seine neuen Pokémon testen wollte. Den hatte er gerade noch gar nicht gesehen weil er Ausschau nach dem Berg gehalten hatte…

„Dann mach mal…“, provozierte Cherry und winkte Mousse, damit es sich den Pokémon, welche auch immer da kommen mochten, stellte.

Im Mondberg

Der Kampf gegen den jungen Käfersammler sollte sich als Kinderspiel herausstellen, denn weder sein Raupy noch sein Safcon hatten auch nur entfernt eine Chance gegen Mousse’ Donnerschock.

Und das, obwohl Mousse bereits durch die voran gegangenen Kämpfe bereits einem Teil seiner Energie beraubt worden war.

„Du hast meine Pokémon besiegt.“, stellte der Verlierer gerade fest als er entdeckte, dass er kein weiteres Monster mehr zur Verfügung hatte um es dem Pikachu heim zu zahlen.

Cherry grinste ihn an und setzte danach seinen Weg fort. Mit solchen Versagern wollte er sich nicht länger beschäftigen. Warum forderten die ihn eigentlich heraus, wenn sie ja doch keine Chance hatten? Es war ihm ein Rätsel als er pfeifend und mit den Händen in der Hosentasche am hohen Gras vorbei spazierte.

„Huch!“

Da stolperte gerade ein Mädchen aus dem hohen Gras, war wohl auch auf der Suche nach neuen Pokémon gewesen. Oder beobachtete ihn. Wie auch immer.

„Sollen das etwa Annäherungsversuche sein?“, fragte sie den verwirrten Rotschopf, der sich einmal mehr fragte, was in die Gören hier gefahren war. Kamen die sich so toll vor, dass sie davon ausgingen, sie würden jedem vorbei kommenden Jungen den Kopf verdrehen? Er war doch nur auf dem Weg in Richtung Mondberg, nicht auf Frauensuche…!

Außerdem hatte er sie doch gar nicht gesehen…

Aber das war dem Mädchen wohl herzlich egal, denn sie schickte sogleich ein Pummeluff in den Kampf.

Das pinke, ballförmige Pokémon sah zwar niedlich aus, vor allem mit den riesigen blauen Augen, aber Cherry wusste, dass er Acht geben musste.

„Pass auf seinen Gesang auf, Mousse!“, warnte er sein Pokémon, das den Gegner gerade mit einem Donnerschock paralysierte.

„Pika!“

Durch die Ablenkung gelang es dem Pummeluff, Pfund einzusetzen, doch die Rache folgte prompt in Form eines weiteren elektrischen Schlages, der den Feind außer Gefecht setzte. Um Himmels willen, hoffentlich flennte die nicht gleich aufgrund ihrer Niederlage. Besser, er machte sich gleich wieder aus dem Staub und setzte seinen Weg fort!

Dennoch hörte er die Göre lauthals keifen: „Bleib mir fern!!“
 

Inzwischen hatte er sich wohl auch bereits ein gutes Stück von der Stadt entfernt, denn nach jenem Mädchen dauerte es eine Weile, bis er überhaupt wieder einen anderen Menschen antraf. Ein Junge, später noch ein Mädchen, doch keiner der Beiden forderte ihn zu einem Kampf heraus.

Sie hatten wohl inzwischen eingesehen, dass es keinen Sinn machte, sich ihm und Mousse in den Weg zu stellen. Es wäre ohnehin reiner Selbstmord, denn die Sichtung des Pokémon-Centers am Eingang des Berges ließ Cherry seine Schritte beschleunigen, damit er seiner gelben Maus eine Pause gönnen konnte.

Und kaum war Mousse wieder fit, dürfte es doch nichts und niemanden mehr geben, der ihn aufhalten könnte, direkt im Anschluss den Eingang des Mondbergs anzusteuern.

Es hatte zwar um einiges länger gedauert als er erwartet hätte, aber nun hatte er sein Ziel erreicht und nach knapper, nickender Verständigung mit seinem Pokémon war klar, dass sie die Pause nicht unnötig verlängern würden.

Also entfernten sie sich zunehmend vom Tageslicht, gingen durch einen schmalen Gang in den Berg und bogen bei der ersten Gelegenheit nach links ab.

Dort entdeckte Cherry eine TM, die er sogleich einsteckte. Er sollte hier wirklich die Augen offen halten. Es würde ihn zumindest nicht wundern, wenn er mehr verloren gegangene Gegenstände fand, und da dürften doch gewiss brauchbare Items dabei sein.

Mit dem Blick auf den Boden und trotz des warnenden „Pi!“ bemerkte er das wilde Zubat erst, als es sich auf ihn stürzte und vor lauter Hektik wild flatternd gegen seinen Kopf klatschte.

Wahrscheinlich hörte man den Schreckensschrei, den der Junge dabei ausstieß, durch den gesamten Berg…!

Wild fuchtelnd versuchte er, die blau-violette Fledermaus zu verscheuchen. Immerhin kam Mousse von selbst auf die Idee, seinen Donnerschock gegen den Blutsauger einzusetzen, obgleich die Beobachtung dieser Szenerie durchaus amüsant war.

„Puh, danke, Mousse!“

Dem Trainer fiel ein Stein vom Herzen, doch sonderlich lehrreich war es wohl nicht gewesen.

„Ah, ein Trank!“, rief er erfreut aus, als er das nächste Fundstück auf dem Boden entdeckte. Sehr gut, den konnten sie bestimmt brauchen, denn schließlich wanderten sie hier gerade durch das Innere eines Berges und der hatte von außen schon nicht sonderlich klein ausgesehen.

„Los, schauen wir mal, ob wir noch mehr finden!“, schlug er vor und animierte das Elektropokémon dadurch, schnüffelnd auf allen Vieren voran zu tapsen. Vorbei an einem Käfersammler, in den der ebenfalls suchende Cherry beinahe hinein gelaufen wäre, hätten ihn seine Schritte nicht bereits verraten.

„Wer da?!“, erklang die ängstliche Stimme und der Junge drehte sich um.

„Wohin man schaut: Überall nur zwielichtige Gestalten!“, wurde sich noch beschwert, was ein entrüstetes Schnauben von dem Rotschopf auslöste.

Zwielichtig? Wo war er denn bitte schön zwielichtig? Und wen meinte der Knirps überhaupt? Er sah sich um, konnte aber außer ihnen beiden niemanden entdecken. Der bekam wohl schon Halluzinationen…?

Und genau das sagte er dem Fremden auch, löste allerdings dadurch auf der anderen Seite ein ebenso entrüstetes Schnauben aus und schon im nächsten Moment flog ihm ein Pokéball an den Kopf und ließ ein giftiges Hornliu frei.

„Aaargh!!! Mousse, Donnerschock! Mach es weg, mach es weeeg!“

Der Donnerschock brutzelte in diesem Fall allerdings wieder Trainer wie Pokémon, da sich der Wurm irgendwie an den roten Haaren befestigte und erst nach einem Ruckzuckhieb löste.

„Spinnst du!?“, plärrte Cherry beleidigt den Käfersammler an, der jedoch nur ein „Tze.“ von sich gab und sein Kokuna in den Kampf rief.

Da ging der Rotschopf sofort in Deckung, um keinen weiteren Donnerschock aus den knisternden Bäckchen seines Begleiters abzubekommen. Diesmal traf ihn ohnehin nichts, denn Mousse vergrößerte mit einem weiteren Ruckzuckhieb die Distanz zwischen seinem Trainer und dem gegnerischen Pokémon, dessen Härtner es vor der nächsten Stromentladung auch nicht mehr schützen konnte.

„Pika…Pika-Pi…Kachu!“, quiekte es den anderen Trainer an und auch wenn keiner so recht verstand, was es eigentlich sagte, war deutlich heraus zu hören, dass Mousse irgendetwas nicht passte. Oder es wollte den Käferfreak in die Flucht schlagen, dem mit seiner Erkenntnis und besiegten Pokémon doch ohnehin nichts anderes übrig blieb als das Pokémon-Center zu besuchen ehe die Zubat den wehrlosen Trainer entdeckten.

„Hier ist irgendwie nichts mehr…“, stellte Cherry fest, der sich zu diesem Zeitpunkt längst wieder auf die Suche nach verlorenen Items gemacht hatte. „Gehen wir zurück.“

Gesagt, getan, doch auf das Tageslicht, das am Eingang ein klein wenig herein strahlte, wurde noch nicht einmal mehr mit einem kurzen Blick bedacht sondern direkt daran vorbei geschritten, vor die Nase einer Göre.

„Was gibt’s?“, fragte sie mit klimpernden Augen und erinnerte stark an die Mädels auf dem Weg hierher. „Meine Kumpels müssten gleich hier sein.“

Wollte sie ihm damit Angst machen? Cherry starrte sie kurz unverwandt an, machte sich dann aber über ihre Worte lustig indem er deutlich übertrieben die Arme über den Kopf zusammen schlug. „Oh neeeiiiin, was soll ich dann nur tun?“

Er fand seine schauspielerische Leistung überragend, sie wohl weniger.

„Das lasse ich mir nicht bieten! Los, Piepi!“

„Los, Pipi…“, äffte Cherry sie nach als sie die kleine Fee einsetzte, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Pummeluff hatte. Es war ebenso pink und hatte den gleichen Gesang drauf.

Er sollte es besser schnell erledigen!

Doch auch Piepi setzte den Gesang nicht ein um das Pikachu einzuschläfern. Was nicht heißen sollte, dass es keine ähnlich schmutzigen Tricks auf Lager hatte. Kaum traf es ein Donnerschock heulte das pinke Pokémon jämmerlich und derart erbärmlich, dass sogar Mousse irritiert näher tappste und mitleidig frage: „Pi?“, für seine Sorge jedoch direkt einen Pfund kassierte.

Von dieser hinterlistigen Taktik überrascht verfehlte die Maus die Fee sogar mit dem weiteren Donnerschock, was zur Folge hatte, dass Piepi noch einmal mit Pfund angreifen konnte.

„Oh-oh…“

Das wanderte gerade in eine Richtung, die dem Trainer so gar nicht gefiel.

„Mousse, konzentrier dich!“, mahnte er sein Pokémon, damit der nächste Donnerschock traf. Aber noch immer reichte es nicht aus, um die Fee zu erledigen.

„Ich hab verloren?“

Die Göre schien es kaum glauben zu können, aber wenn ihr Pokémon schon so eine fiese Nummer drauf hatte, war Cherry auch gegenüber der Trainerin skeptisch. So schnappte er sich lieber Mousse und machte sich eilig auf den Weg ins Pokémon-Center. Es hatte ja doch einiges abbekommen.
 

Aber Mousse wäre wohl nicht Mousse, wenn es sich davon unterkriegen lassen würde. Kaum war es wieder auf den Beinen drängte es darauf, in den Berg zurück zu kehren. Es wollte sich wohl mit den angekündigten Freunden und deren Pokémon anlegen um seine Kräfte unter Beweis zu stellen.

„Autsch, verdammt!“, fluchte Cherry, als ihm erneut ein wildes Pokémon gegen den Kopf donnerte. Ihm wurde kurz schwarz vor Augen und er glaubte sich an der Grenze zur Ohnmacht. Was war das denn gewesen?

„Kleinstein!“, beantwortete das Pokémon selbst die unausgesprochene Frage und selbst wenn es keinen Ton von sich gegeben hätte, hätte es Cherry als eines von Rocko’s Pokémon identifiziert. Verdammt, Mousse’ Elektroattacken waren wirkungslos, zum Glück konnte es inzwischen Ruckzuckhieb! Doch selbst davon waren mehrere nötig um den Gesteinsbrocken mit seinen zwei harten Fäusten zu erledigen.

Zum Dank für seinen Sieg in diesem Kampf erhielt Mousse von Cherry einen Trank, denn schließlich war er nicht sonderlich erpicht darauf, nach jedem Trainer oder wilden Pokémon zurück ins Center zu rennen. So würden sie hier niemals durch kommen.

„Fünf, sechs, sieben… acht.“, zählte der Rotschopf die verbliebenen Heiltränke. Sie würden sicher noch eine Weile reichen. „Mal sehen, ob wir diesmal komplett durch kommen.“, meinte er an das Pikachu gewandt als sie gerade wieder an der zuvor besiegten Göre mit ihrem Piepi vorbei kamen. Deren Freunde noch nicht da waren. Wahrscheinlich hatte sie ihn angeschwindelt und versucht, Eindruck zu schinden oder sich selbst vor der Niederlage zu bewahren…

„Oh mist…“

Das Fluchen entwich den Lippen des Rotschopfes, denn er hatte gerade festgestellt, dass es schon wieder mehrere mögliche Richtungen gab. Sie könnten nach links gehen, geradeaus weiter, eine Treppe hinunter, ihre Schritte generell nach rechts lenken, … woher sollte man da denn wissen, welcher Weg der richtige war?! „Hmmm…“

„Pikachu!“ Mousse deutete nach rechts, wollte dort entlang. Vielleicht hatte es auch beim Schnüffeln etwas gefunden? Eine heiße Spur, ein seltenes Item, ein starkes Pokémon? Cherry vermochte es nicht zu sagen, aber er war neugierig und nickte deshalb. Er würde sicher gleich sehen, warum Mousse unbedingt in diese Richtung wollte.

„Hey! Schleich nicht so herum!“

Ups, aufgeflogen! Der Kerl, der da gerade näher kam, sah auch nicht besonders freundlich aus und zückte einen Pokéball.

War der einer von den zwielichtigen Gestalten, von denen ihn der Käfersammler gewarnt hatte?!

„Du bekommst ihn nicht!“, fauchte Cherry und umklammerte schützend sein Pokémon, wirklich in Erwartung, der Kerl wollte es mit dem Ball fangen. Der sah halt auch leicht irre aus mit seiner Brille und dem weißen Kittel! Bestimmt wollte er mit Mousse irgendwelche Experimente durchführen… Das würde er nicht zulassen!

„Magnetilo!“

„Hä?“

Zuerst dachte der Rotschopf, der Streber sprach irgendeine unbekannte Fremdsprache, aber es war recht bald offensichtlich, dass er sein einem Magnet ähnelndes Pokémon in den Kampf rief. Ach so, er wollte nur kämpfen? Das konnte er haben! Im Gegensatz zu seinem Gegner warf Cherry keinen Ball sondern direkt das gelbe Pokémon und befahl „Ruckzuckhieb!“ einzusetzen.

„Mist, komm zurück, Magnetilo. Du bist dran, Voltobal!“

Na, das sah doch mal wirklich einem Pokéball zum Verwechseln ähnlich! Die gleiche runde Form, dieselbe Farbaufteilung… mit dem Unterschied, dass das Voltobal keinen Knopf als Nase hatte, dafür aber ziemlich biestig starrende Augen.

Doch solange es nicht explodierte und Mousse mit in den Tod riss – was ungünstig wäre, denn ohne Pokémon könnte er seine Reise nicht fortsetzen und Mousse war ihm inzwischen so sehr ans Herz gewachsen, dass er das wohl nicht verkraften würde – war Voltobal relativ harmlos und ebenso wie das Magnetilo nach zwei Ruckzuckhieben besiegt.

„Meine Pokémon bringen es nicht!“, schimpfte der Streber und stampfte frustriert mit dem Fuß auf. Cherry hätte ihm auch nur den Tipp, zu trainieren, geben können, aber es glitzerte im Eck und so machte er sich lieber unauffällig auf den Weg zu jenem Trank. Der war dem Streber wohl gar nicht aufgefallen, und weil der doof war, würde er ihn auch gar nicht erst auf seinen Fund aufmerksam machen.

Unschuldig pfeifend setzte er seinen Weg nach links fort und entdeckte sogar noch ein Sonderbonbon. Mousse sah ihn zwar bettelnd an und wollte das Bonbon wohl haben, aber Cherry hatte gerade andere Pläne für seinen Begleiter. Das Ziel dieser Pläne war ein weiterer Käfersammler, den er kurz zuvor entdeckt hatte.

„Du erreichst Azuria City, wenn du es durch diese Höhle schaffst!“, teilte ihm der Junge sogar freundlicherweise mit. Wenn auch mit einem Unterton, der Cherry irgendwie zweifeln ließ. Das klang, als bestünden Zweifel daran, dass er es hier durch schaffen würde!?

Aber gut, es handelte sich ja auch um einen schwachen Käfersammler, der keine Ahnung von Mousse’ Stärke hatte! Noch nicht.

Erst nachdem sein kleines Raupy mit einem einzigen Donnerschock k.o. ging wurde dem Jungen wohl so langsam seine eigene Schwäche bewusst. Kein Wunder also, dass er Zweifel daran hatte, dass es jemand durch die Höhle schaffte. Er selber dürfte mit diesem Team kaum in der Lage sein. Zumindest erging es seiner zweiten Raupy ebenso wie der ersten und nur das Safcon konnte sich vor einem Volltreffer retten, wurde aber mit der nächsten Attacke nieder gestreckt.

Bei ihrem Kampf hatten sie wohl aber ein Zubat aufgeschreckt, denn kaum hatte sich Cherry von dem Trainer abgewandt, stürzte es sich kreischend auf ihn. Und bekam auch gleich eine kostenlose Kostprobe von den Elektroattacken ab.

„Was machst du da?“

Das Zubat war gebrutzelt, aber Pikachu machte irgendetwas… Merkwürdiges. Es lief ein kleines Stück auf allen Vieren, ließ sich dann mit dem Bäuchlein voran auf den Boden plumpsen. Und hatte anscheinend eine Menge Spaß bei dieser Aktion, über die sein Trainer lediglich den Kopf schütteln konnte. Aber gut, sollte Mousse seinen Spaß doch haben. Hier drin gab es ohnehin wenig Abwechslung. Viele Fledermäuse, hier und da mal einen Trainer, gelegentlich einen Umweg der dann doch wieder zur ursprünglichen Weggabelung führte, vereinzelt ein auftauchendes Kleinstein, … eigentlich viele Dinge, die aber durch ihre stetige Wiederholung langsam an Cherry’s Nerven zerrten.

Zumindest, weil er gerade an jener Weggabelung von vorhin ankam und sich prompt daran erinnerte, dass dort ja eine Leiter gewesen war. Vielleicht musste er da lang?

„Dann hätten wir uns diesen Umweg ja echt sparen können…“, murrte er. Leise, aber das Pikachu hörte es trotzdem und dankte es ihm auf die altbekannte Art.

„Sorry, du hast ja Recht! So konnten wir wenigstens kämpfen, Erfahrung sammeln und haben noch ein paar Sachen gefunden…“

Irgendwann würde er das wirklich nicht mehr überleben… und seine Mutter würde wohl demnächst einen Zeitungsartikel lesen, der sie darüber informierte, dass ihr Sohn seinem Pokémon zum Opfer gefallen war. Wundervoll, gab es bessere Neuigkeiten?

„Komm!“, wurde das Pikachu gerufen, welches die unausgesprochene Aufforderung verstand und wieder artig auf die Schultern seines Trainers kletterte als sich dieser der Leiter nach unten näherte. Sie landeten in einem kurzen Gang, folgten diesem zu einer weiteren Leiter, erledigten unterwegs noch ein paar Zubat und ein Piepi, und standen prompt in einem überschaubaren Raum.

Und jetzt erst, aber diesmal wirklich, erkannte Cherry eine dieser zwielichtigen Personen!

Ein gänzlich schwarz gekleideter Mann, sogar mit Mütze, und einem leuchtenden R auf dem Oberteil stellte sich ihm in den Weg. Na ja, fast gänzlich schwarz. Handschuhe wie Schuhe waren weiß… aber wen interessierte das schon in diesem Augenblick?

„Wir sind Team Rocket!“, stellte sich der Kerl sogar vor als er sich drohend vor dem Trainer aufbaute. Sprach er von sich selbst in der Mehrzahl? Schräger Vogel. Und hätte der Fremde nicht „Die Pokémon-Räuber!“ hinzugefügt hätte Cherry auch einen entsprechenden Kommentar zu diesen Worten oder gar der kostümierten Aufmachung abgegeben. So aber musste er aufpassen, dass ihm sein Pikachu nicht gestohlen wurde! Wie nett von dem Mann, ihn vorzuwarnen!

Dann würde er – oder besser gesagt würde Mousse! – ihm gleich eine Lektion erteilen und dafür sorgen, dass er gar nicht erst auf die Idee kam, auch nur eine Fingerspitze an das gelbe Mäuschen zu legen! Denn dessen Bäckchen knisterten wieder drohend und angriffslustig. Aber ganz so dumm war das Mitglied von Team Rocket dann wohl doch nicht, zumindest hatte ihm wohl auch irgendwann einmal jemand erklärt, dass man fremde Pokémon erst schwächen musste.

An sich war der Einsatz eines Sandan auch eine gute Idee, um dieses Ziel zu erreichen, aber auch wenn Mousse’ erster Slam das Boden-Pokémon verfehlte, so traf der zweite. Und das sehr effektiv, auch wenn Cherry sich wunderte, wie das Gewicht des Mäuschens so erschlagend sein konnte. Wahrscheinlich durch den Anlauf? Das war ja gemein gefährlich!

„Urgs!“, bemerkte auch der Rüpel, dass sein erstes Pokémon nicht mehr weiter kämpfen konnte. Das war wohl nichts. Aber er gab nicht auf, schickte noch ein Rattfratz und ein Zubat in den Kampf, die allerdings nicht sonderlich viel gegen den Donnerschock ausrichten konnten. Ha, dem hatte er es gezeigt!

„Ich hab’s vermasselt!“

Der murrende Rüpel wurde zurück gelassen, dem Pikachu ein Trank gegeben und ihm bei dieser Gelegenheit ins lange, spitze Ohr geflüstert, dass es sich bitte auch weiterhin auf seiner Schulter aufhalten sollte. Oder irgendwo anders, wo der die Anwesenheit deutlich spüren konnte. Nicht, dass er dem Kerl den Rücken zuwandte und der nutzte die Unachtsamkeit um sich doch noch das Mäuschen zu schnappen!

Allerdings verstand Mousse das Ganze wohl etwas anders und hoppste testweise auf ihm herum, biss sich in die Kleidung, legte sich auf seinen Kopf, klammerte sich wie eine Klette an Bein und Arm… aber irgendwann stellte es dennoch fest, dass es auf den Schultern am gemütlichsten war. Von dort aus hatte es ja auch über den rothaarigen Schopf seines Trainers hinweg die beste Aussicht.

Und das auch in diesem Moment zum Vorteil seines Trainers, denn so entdeckte es ein KP-Plus auf einem kleinen Vorsprung und deutete mit wildem Gefuchtel, bei dem es beinahe von seinem Platz fiel, und „Pika-Pika!“ darauf.

Mehr gab es hier dann allerdings auch nicht…

Also führte der Weg gar nicht hier herunter sondern sie mussten woanders lang. Aber wo, wenn sie doch zuvor im Kreis gelaufen waren? Halt, es ging ja da noch weiter! Er war nach rechts gelaufen und war bei der nächsten Gelegenheit, bei der es auch geradeaus weiter gegangen wäre, zur Leiter zurück gekehrt. Besser, er sah dort noch nach, denn das war gerade der einzige noch unerkundete Weg, der ihm einfiel.

Auf dem Weg zurück zur Leiter plumpste er jedoch erst einmal noch über ein Paras. Das war gerade ohnehin das richtige Wort – eigentlich waren hier gerade alle wilden Pokémon wahre Parasiten! Sie griffen in den ungünstigsten Momenten an und hier unten gerade ziemlich extrem. Sollten die sich doch den Rüpel vorknöpfen, der ihn beobachtete als warte er eine Gelegenheit für einen Pokémon-Raub ab. Pah, da konnte er lange warten! Cherry achtete nämlich verstärkt darauf, ob er irgendwo noch die kleinen Pfoten seines Pokémon spürte.

Allerdings war Mousse schon geschwächt und klammerte sich nicht sonderlich stark an ihn. Vielleicht sollten sie noch einmal im Pokémon-Center vorbei sehen, damit es sich ausruhen konnte. Und danach dem richtigen Weg folgen, bis sie – hoffentlich – aus dem Berg heraus kamen.

Dafür opferte Cherry sogar sein Fluchtseil, um auf dem schnellsten Weg in das Center zurück zu kehren, damit sie dort neue Kraft tanken konnten.

Und diesmal würden sie wirklich direkt durch den gesamten Berg kommen!

… Wirklich?

Hoffentlich…

Team Rocket ist los!

„Wow! Hier drinnen kann man sich leicht verlaufen!“

Dass ihn die Göre einfach so anquatschte verriet dem jungen Trainer, dass er sich jetzt wohl immerhin auf dem richtigen Weg befand. Dann konnte er ja doch hoffen, dass sie hier bald heraus kamen – auch wenn sie gerade erst wieder nach der Pause im Pokémon-Center wieder den ganzen Weg von vorne gegangen waren.

Aber es war erstaunlich, dass sie kommentierte, was er längst festgestellt hatte. Zum Glück war er nicht noch einmal im Kreis gelaufen, das wäre äußerst nervig gewesen.

Und ein Pokémon-Kampf zur Ablenkung kam ihm gerade recht!

Solange die nicht auch lauter Piepi und Pummeluff dabei hatte…

Um das herauszufinden beobachtete er aufmerksam den näher kommenden Ball, der sich öffnete und ein kleines Myrapla aus dem roten Licht entließ.

Er erkannte das Ding im ersten Moment noch nicht einmal als Pokémon, war sich nur sicher, dass es nicht rosa war. Aber mit seinen riesigen Blättern und dem blauen Körper, der nur aus zwei Beinen, Augen und einem Mund zu bestehen schien, hatte der Gegner mehr Ähnlichkeit mit einer Pflanze als mit einem Monster.

Würde es sich zur Hälfte im Boden eingraben, hätte es sicher eine perfekte Tarnung!

Aber all das würde es nicht davor bewahren, seinem Pikachu zum Opfer zu fallen, das er sogleich mit einem Ruckzuckhieb angreifen ließ.

Dann erkannte er, was selbst bei dieser kleinen Pflanze den Nervfaktor massiv erhöhte: Mit seinem Absorber raubte es dem Pikachu ein wenig Energie und genau das war es wohl, was ihn sogar einer zweiten Attacke standhalten ließ.

Und es setzte noch einen Absorber ein, wollte sich wohl mit der geraubten Energie vor einer vorzeitigen Niederlage retten, aber dafür richtete Mousse mit seinen Attacken eindeutig zu viel Schaden an als dass das Myrapla lange durchhalten konnte.

Die eine Pflanze wurde zurück gerufen, eine andere dafür in den Kampf geschickt. Ein kleines Bäumchen, das aussah, als würde es vom kleinsten Windstoß davon geweht werden, weil es sich mit seinen dürren Ästen nirgends festklammern konnte.

Und wäre Pikachu nicht nur rund, sondern – wahrscheinlich durch die Herumtragerei – sehr rund, um nicht zu sagen dick, hätte es das Knofensa womöglich geschafft, die Maus mit einem Happs in seinem großen Maul verschwinden zu lassen.

Auf die Idee kam jedoch keiner, wie es schien, denn die Göre ließ ihr Pokémon einen schwachen Rankenhieb einsetzen und Mousse gab ihm keine zweite Chance.

„Nein! Ich habe verloren!“, jammerte das Mädchen als sie auch das besiegte Knofensa zurück rief.

Man legte sich eben auch nicht mit einem frisch ausgeruhten Pikachu an!

Aber damit er auch einmal eine gute Tat vollbrachte, deutete Cherry mit einem „Da ist der Ausgang!“ hinter sich. Er wollte schließlich voran kommen und nicht wieder zurück laufen – schon gar nicht, damit sie hier heraus kam! Schließlich hatte er sein eigenes Abenteuer und das wollte er fortsetzen.
 

Voller Zuversicht lief er also voran und schoss um die nächste Ecke – mit der Folge, dass er direkt in ein großes Loch fiel, die hinunter führende Leiter zuvor übersehen habend.

„Autsch!!“, entfuhr ihm, als er unten ankam und sich den schmerzenden Po rieb.

Hätten die nicht irgendein Warnschild aufstellen können, dass hinter der Ecke gleich Gefahr lauerte?

Und wo war er jetzt eigentlich gelandet?

Der Raum wirkte auf ihn kleiner als der vorherige.

Schon wieder eine Sackgasse.

Und schon wieder ein schwarz gekleideter Typ von Team Rocket…

Die nervten ganz schön!

„Mousse, komm lieber wieder auf meine Schulter!“, meinte der Rotschopf an sein Pokémon gewandt, denn schließlich hatte er bei dem letzten Mitglied schon gelernt, dass es besser war, seinen Schützling und Begleiter nicht aus den Augen zu lassen.

„Wir drehen hier ein dickes Ding! Mach dich vom Acker!“

Erste Frage: Wer bitte schön war „wir“? Hier war doch nur einer?

Zweite Frage: Wieso plauderten die so bereitwillig und ungefragt ihre Pläne aus?

Cherry schüttelte den Kopf und konnte einfach nicht anders, als sich zu denken: „Idioten…“

Der Kerl meinte es aber ernst damit, dass er sich verziehen sollte, denn um seinen Worten Nachdruck und dem Jungen Beine zu verleihen hetzte er ihm sogleich ein Zubat und ein Rettan auf den Hals.

Die lernten es auch einfach nicht, dass sie keine Chance gegen Mousse hatten! Schließlich hatte er es inzwischen sehr gut trainiert und das Pokémon hatte entsprechend viel Kampferfahrung, um beide Gegner mit einem Donnerschock auszuschalten.

„Du bist ’ne harte Nuss, Kleiner!“, stellte der Rüpel mit einem Hauch von Anerkennung in der Stimme fest als er bemerkte, kein weiteres Pokémon zur Verfügung zu haben und deshalb aufgeben zu müssen.

Trotzdem stierte der ihm ziemlich auffällig hinterher als Cherry einen Äther und eine TM einsammelte. Wahrscheinlich hatte der Kerl das für Leute wie ihn als Köder hingelegt um die Ablenkung für einen Diebstahl der Pokébälle zu nutzen.

Zu dumm nur, dass er aufgrund der Regeln außer Mousse ohnehin noch kein weiteres Pokémon hatte und der Griff somit ins Leere ging. Cherry quiekte trotzdem erschrocken los und ebenso schreckhaft entlud Mousse seine elektrische Energie im Raum.

Oh mann! Cherry zweifelte fast schon daran, ob seine Kraft überhaupt noch ausreichen würde, die Leiter empor zu klettern.

Inzwischen war wohl er derjenige, der ständig eine Pause im Pokémon-Center brauchte, und nicht sein Pokémon!

Aber egal, er wollte nicht noch einmal zurück!!
 

Nach dem Sieg über einen Teenager und ein paar wilde Zubat schien er sich auch endlich so langsam in Richtung Ausgang zu bewegen.

Ein dicker Wanderer baute sich zwar vor der Leiter auf, war aber nicht breit genug um zu verhindern, dass man sie trotzdem sah. Er blickte stur geradeaus und so nutzte Cherry die Chance, sich an der Wand entlang an diesem Koloss vorbei zu schleichen, und bei der Gelegenheit gleich noch einen Mondstein einzupacken.

Super, wenn auch unbrauchbar! Schließlich würde er einen Donnerstein benötigen, wenn er sein Pikachu weiterentwickeln lassen wollte. So würde es stärker werden, doch im Moment war das ohnehin noch nicht nötig. Es war bereits verdammt stark und hätte bestimmt auch die Pokémon des Wanderers platt gemacht!

Ach, er würde es dem jetzt einfach zeigen. Nicht vorbei schleichen, denn das taten nur Feiglinge.

Also stellte er sich neben den Schrank von Mann und tippte ihn an.

„Hilfe! Überfall!!!“, brüllte dieser sofort mit einem erschrockenen Sprung in die Höhe, der bei der Landung den Boden erbeben ließ. „Ach, du bist ja nur ein Kind!“

Das war natürlich ein Argument!

Zum Glück hatte Cherry Mousse zuvor noch einen Trank gegeben, so dass die beiden Kleinstein erst einmal noch kein großes Hindernis darstellten. Dafür war das folgende Onix zwar auch kein Hindernis, aber dafür zumindest groß.

Cherry fühlte sich beinahe in den Kampf gegen Rocko zurück versetzt. Mit dem Unterschied, dass es ein Kleinstein mehr zu besiegen galt, und Pikachu durch die neu erlernte Slam-Attacke stärker gegen die Steinpokémon vorgehen konnte als damals lediglich mit dem Ruckzuckhieb, der natürlich trotzdem zum Einsatz kam um das Onix zu besiegen.

Ha, wer sollte denn noch groß etwas gegen Mousse ausrichten können wenn sogar die vom Typ her überlegenen Monster vom Typ Gestein in der Überzahl keinen Sieg erringen konnten?

„Wow! Du hast mich total überrumpelt!!!“

Ja, da konnte man mal sehen, dass Größe nicht entscheidend war! Was übrigens nicht nur für Pokémon galt, sondern auch für Trainer.

Jetzt konnte er endlich in aller Ruhe die Treppe hinab steigen und den Duft der Freiheit einatmen. Denn andere Wege gab es hier nicht mehr, also konnte der Ausgang nur noch direkt vor ihm liegen.

Mousse bekam zur Belohnung über seinen Sieg noch einen Trank für den Endspurt durch den Gang, den Cherry kurz darauf motiviert durchschritt und bereits nach herein strahlendem Tageslicht Ausschau hielt.

Stattdessen war da noch eine Leiter, als wolle ihn irgendjemand unbedingt auf die Folter spannen. Das würde aber nicht klappen.
 

Beziehungsweise: Würde es doch. Tat es auch.

Denn kaum war die Leiter erklommen erstreckte sich vor ihm noch ein großes Areal.

„Oh neeeiiiin!!“

Er hatte doch gehofft, dass er endlich hier heraus kommen würde!

Stattdessen lief er noch einem Mitglied des Team Rocket beinahe in die Arme.

Die waren hier bald häufiger anzutreffen als Zubat, das konnte doch gar nicht sein. Die vermehrten sich ja wie die Rattfratze…

„Geh Erwachsenen nicht auf den Wecker, du Nervensäge!“, brummte der Rüpel missmutig. Sah ja auch sehr beschäftigt aus, der Mann. Sicher war es eine unglaublich verantwortungsvolle Aufgabe, dazustehen und vorbeikommende junge Trainer anzupöbeln sobald sie ins Blickfeld gerieten.

Dafür hatte der immerhin mal ein Rattfratz, das sich einigermaßen behaupten konnte. Mit seinen vielen Ruckzuckhieben hätte es durchaus zu einer Gefahr werden können, da Mousse für das Aufladen seiner Donnerschocks doch etwas länger brauchte und somit einige Treffer einstecken musste.

Dafür war der Sieg über das Zubat, das der Rüpel ebenfalls ins Gefecht schickte, leicht errungen und der schwarze Trainer somit ohne weitere Blessuren besiegt.

„Ich bin sauer!“, teilte er Cherry mit, der natürlich ein beinahe explodierendes Interesse an der ganzen Bande und ihren finsteren Machenschaften hatte. Solange die die Finger von Mousse ließen war es ihm egal, was die hier trieben. Sollten sie doch Wurzeln schlagen während sie auf unaufmerksamere Leute warteten. Vielleicht sollte mal jemand der Polizei einen Wink geben, dass sie hier zuschlagen sollte?

Kopfschüttelnd gab der Junge seinem Begleiter einen weiteren Trank, damit es sich von den Wunden, die ihm das Rattfratz zugefügt hatte, erholte. Denn anscheinend würde es hier doch noch eine Weile dauern…

Außerdem konnte er so das Pokémon unauffällig auf den Arm nehmen und weiter voran schreiten ohne eine Gelegenheit zum Diebstahl zu bieten. Er war ja auch nicht blöd!

Es ging wieder einige Male um’s Eck.

In Erinnerung an den vorherigen Fall bog Cherry deutlich vorsichtiger ab, ließ Mousse noch ein Zubat rösten und ein Kleinstein nieder machen, das immer noch ein wenig zu fest war um ein Kinderspiel zu sein.

So wurde noch ein Trank nötig, denn ein paar Schritte weiter vorne wartete – wer hätte es gedacht? …

Ein weiteres Team Rocket-Mitglied. Wie überraschend!

Stimmte gar nicht.

Da hatte er wohl einem Streber Unrecht getan, der sich voller Leidenschaft vor zwei Fossilien warf.

„Stop! Hände weg!“, fauchte er und sah dabei aus wie eine aggressive Katze, der das Fell zu Berge stand um Feinde abzuschrecken.

Oh Mann, was sollte er denn mit einem Fossil?

„Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die Fossilien gehören MIR!“

„Ja ja, ich will doch eh keines!“, gab Cherry murrend zurück, nahm die Herausforderung zum Kampf jedoch sehr gerne an. Der sollte sich bloß nicht einbilden, dass er scharf auf sein Zeug war. Es lag aber im Weg und er musste daran vorbei, um endlich hier heraus zu kommen!

Hätte ein wildes Paras kurz vorher nicht Mousse paralysiert und Cherry festgestellt, dass er kein Heilmittel dagegen dabei hatte, so wäre der Kampf gegen Sleima, Voltobal und Smogon gewiss schneller beendet gewesen…

Aber gut, das Großmaul war besiegt. Mehr wollte Cherry ja auch gar nicht.

„Kann ich jetzt vorbei?“, fragte er bissig über diese unnötige Zeitverschwendung, die die Diskussion wegen der Fossilien in seinen Augen darstellte.

„Na gut, ich gebe dir eins ab!“, murmelte der Streber überaus großzügig.

„Ich will doch… ach, vergiss es!“

Er wollte doch nur vorbei und hatte, wie er schon erwähnt hatte, gar kein Interesse an dem Zeug! Aber da es im Weg lag und der Streber ihn ohnehin schon genug Nerven gekostet hatte schnappte er sich einfach irgendeines der Fossilien und ließ die Brillenschlange allein.

Hauptsache weg hier, bevor der es sich noch einmal anders überlegte und seinen Kram zurückforderte. Darauf hatte Cherry nun wirklich keine Lust mehr!

Der könnte sich ja mit Team Rocket herumschlagen, das wäre doch ideal.

Dann würden die sich gegenseitig auf den Keks gehen und er hätte seine Ruhe.

Was war denn eigentlich mit Mousse los? Es schien sich mit der Paralyse sehr zu quälen und immer wieder kullerte eine dicke Träne über das runde Gesicht, dass Cherry das Pokémon leid tat. Er musste hier endlich heraus und in ein Pokémon-Center!

Konnte doch gar nicht sein, dass dieser Berg so riesig war, schließlich waren hier hauptsächlich Anfänger und Neulinge unterwegs. Da war es erstaunlich, dass sich nicht bereits die Skelette türmten! Selbst durch den Vertania Wald dürfte er in der Zeit, die er hier bereits herum irrte, mehrmals gekommen sein…

Oh, da entdeckte er sogar noch eine Leiter!

Vielleicht führte die jetzt endlich mal ins Freie?

„Wir haben es bald geschafft, Mousse, halt durch!“

Sicher war er sich logischerweise nicht, aber die Maus sah aus als könne sie eine Aufmunterung dieser Art vertragen. Einen Hoffnungsschimmer, der es die Zähne zusammen beißen und durchhalten ließ.

„Bleib auf der Stelle stehen!“

Oh nein, schon wieder…!?

Jetzt fuhr Team Rocket wohl seine schweren Geschütze auf…

Dass die Frisur des einen Mitglieds so perfekt saß war das Erste, was Cherry auffiel. Das zweite war, dass er gar keine Zeit mehr hatte, um noch mehr Kämpfe zu bestreiten. Er musste dafür sorgen, dass Mousse die Paralyse loswurde!

„Das Fossil gehört Team Rocket!“

„Ach ja? Das könnt ihr haben, hier bitte schön und jetzt lasst mich in Frieden!“

Er wollte das Fossil doch sowieso nicht! Wie waren die überhaupt so schnell an dem Streber vorbei gekommen? Aus der Richtung mussten sie ja irgendwie gekommen sein…

Konnten die nicht einfach dem Kerl erst einmal sein Fossil wegnehmen?

Egal. Das seine wurde aus der Tasche genommen und dem Mitglied mit den lila Haaren in die Hand gedrückt. Beinahe hätte er es sogar mit seinem Pikachu verwechselt und dieses weg gegeben, weil es von dem anderen Arm gehalten wurde. Zum Glück bemerkte Cherry rechtzeitig, dass da etwas nicht stimmen konnte…

Es reichte trotzdem nicht aus.

„Gib lieber auf und bekämpfe uns nicht!“, plapperten die beiden Mitglieder synchron und stellte sich in Position.

Was wollten die denn noch? Ihr blödes Fossil hatten sie doch…

„Ihr nervt!“

Seinem Pikachu ging es doch gar nicht so gut, dass es kämpfen konnte! Aber das war diesem Pack wohl ziemlich egal, denn ihm wurde gleich ein Rettan auf den Hals gehetzt, welches Mousse sofort umwickelte und zudrückte. Durch die Paralyse dauerte es eine Weile, bis das quiekende Pikachu die Gelegenheit hatte, sich mit seinem Donnerschock zur Wehr zu setzen.

„Mauzi, los!“, schickten die Beiden das nächste Pokémon in den Kampf.

Eine Katze, wie niedlich. Es würde ebenso scheitern wie die Gesteinpokémon! Denn trotz der Wirkungslosigkeit seiner Elektro-Attacken hatte Mousse sie platt gemacht. Und so würde die Maus auch die Katze platt machen!

Hoffentlich schaffte Mousse das, die Paralyse schien ziemlich hartnäckig und schmerzhaft zu sein…

Er musste diesen Kampf möglichst bald beenden, so viel war klar!

Cherry schnaufte und drückte gedanklich seinem Pokémon so fest die Daumen, dass sie in der Realität bereits schmerzten. Und Team Rocket war immer noch nicht besiegt sondern schickte auch noch ein Smogon hinterher.

Das durfte einfach nicht wahr sein!

Mousse war fast am Ende seiner Kräfte und musste von der Giftschleuder auch noch weitere Treffer einstecken, weil es sich aufgrund der Lähmung kaum rühren konnte.

„Mousse!! Halt durch!“, feuerte der Rotschopf sein Pokémon an, das geschwächt am Boden lag und sich nur noch sehr zittrig auf die Beine hieven konnte.

„Zeig ihm deinen voll aufgeladenen Donnerschock!!“

„Pii…kaaa…“

Das Smogon kam bereits heran geschossen um mit einer Tackle vielleicht den Sieg über Mousse zu erringen.

Beinahe hätte es auch geschafft, das Pikachu zu berühren, doch kurz vorher knisterte die Luft und mit dem abschließenden „…chuuuuuu!!!“ steckte Mousse seine letzte Kraft in die Attacke. Mit Erfolg, denn auf einmal war das Smogon gar nicht mehr lila sondern kohlrabenschwarz und sackte besiegt auf den harten Untergrund.

Das frustrierte Zischen von Seiten der beiden Mitglieder des Team Rocket verriet Cherry, dass sie wohl kein viertes Pokémon einsetzen würden.

Das hieße dann wohl, dass er gerade noch die Kurve bekommen und gewonnen hatte!

„Super, Mousse!!“

Auch der Kampf wäre ohne die Paralyse sicher einfacher gewesen…

„So ein Balg hat uns besiegt!?“

Die Beiden schienen es gar nicht fassen zu können und begannen, heftig miteinander zu diskutieren, wessen Fehler das nun eigentlich gewesen war.

Cherry war es egal und er ignorierte sogar die Beleidigung seiner Person.

Es war einfach zweitrangig. Mousse wieder aufzupäppeln hatte oberste Priorität und so schlich er sich klammheimlich davon in Richtung der Leiter und steuerte – endlich – den Ausgang des Mondbergs an!

Und diesmal war es tatsächlich der Ausgang und nicht eine weitere Ebene des Berges.

Das war wirklich knapp gewesen…

Aber jetzt, wo ihn das Sonnenlicht regelrecht blendete und ihn das verwundete Pikachu näher an seine Brust drücken ließ um es vor dem Licht zu schützen, gewann er auch selbst wieder ein wenig an Zuversicht.

Jetzt durfte es nicht mehr allzu weit nach Azuria City sein…

Zum Glück entdeckte er auch keine Trainer, egal, wie oft er an einem Vorsprung herunter hüpfte und bei einem anderen wieder hinauf kletterte.

Entweder trieb sich alle Welt in Azuria City herum oder irrte im Mondberg umher. Hier war jedenfalls rein gar nichts los und angesichts von Mousse’ Zustand war Cherry das gerade auch nur recht.

Hohes Gras kam in Sicht, wurde jedoch ignoriert. Er würde erst ins Pokémon-Center müssen! Und danach würde er sich recht bald auf den nächsten Arenakampf vorbereiten.

Was Cherry in jenem Moment jedoch noch nicht einmal ansatzweise ahnte, war, dass in Azuria City so einige Überraschungen auf ihn warten sollten…

Und die würden nicht alle positiv sein…

Wasser marsch!

Wohin führte wohl der Weg als Erstes nach einer beschwerlichen Bergwanderung, deren Ende man erst nach mehreren Anläufen erreichte, und mit einem Pikachu, das aufgrund der Paralyse seinen schmerzvollsten Gesichtsausdruck zeigte?

Natürlich ins Pokémon-Center, war doch klar!

Denn Cherry wollte sich nun wirklich nicht auf sein Glück verlassen und darauf hoffen, dass ihnen unterwegs nicht doch noch irgendein Trainer im Weg war, der unbedingt kämpfen wollte.

Mousse war ohnehin schon am Limit.

Das war eine Situation, mit der der Rotschopf definitiv nicht mehr gerechnet hätte.

Doch so panisch er darauf reagierte, so beruhigt atmete er beim Anblick des Centers auf.

Sofort wurde der Schwester die verwundete und beinahe bewegungsunfähige Elektromaus in die Hand gedrückt und abgewartet, bis es einem wieder vollständig erholt und mit lautem „Pika-Piiiika!“ in die Arme sprang.

Und was nun? Er war derart von dem Gedanken besessen gewesen, einfach nur in irgendeinem Pokémon-Center anzukommen, dass er noch gar nicht darüber nachgedacht hatte, was er danach tun wollte.

Um den Orden in der hiesigen Arena kämpfen, die sich gleich neben dem Pokémon-Center befand?

Besser nicht, er wollte Mousse noch ein klein wenig Ruhe gönnen.

„Komm, schauen wir uns mal ein bisschen die Stadt an!“, schlug er deshalb nach einigem Überlegen vor als sie vor der Tür des Centers standen. Nach links ging es zur Pokémon-Arena von Azuria City, also brachen sie nach rechts auf.

Auch hier befand sich schließlich ein betretbares Haus. Dass auch niemand seine Haustür abschloss… und das, wenn solche Schurken von Team Rocket in der Nähe herum wuselten und sich alles unter den Nagel reißen wollten, was nicht fest geklebt war!

Kaum hatte er das Gebäude betreten fühlte er sich im ersten Moment, als hätte er sich im Weg geirrt und war wieder ins Pokémon-Center gelaufen. Einige Pokémon tapsten hier frei herum, wie sein Pikachu. Er entdeckte ein Myrapla, ein Sandan, ein Bisasam… und eine Frau, die ihn beobachtete. Oh Mist, wahrscheinlich bekam er gleich Schelte, weil er einfach so herein gekommen war…!

„Ich kümmere mich um verletzte Pokémon.“, erzählte sie jedoch stattdessen vertrauensselig und mit theatralischer Gestik. „Ich habe dieses Bisasam geheilt und gepflegt. Es braucht einen guten Trainer, der für es sorgt.“

Cherry wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, dass sie ihre Worte wie ein einstudiertes Theaterstück hervor brachte. Eher stimmte es ihn skeptisch und ließ ihn vorsichtig rückwärts wieder in Richtung der Tür gehen.

Da stürzte sich die Frau auf einmal förmlich auf ihn, zumindest war ihr Gesicht überdimensional vergrößert in nächster Nähe wie das einer Katze gegenüber einer Ameise. Wollte die ihn auffressen!?

„Würdest du dich um dieses Bisasam kümmern?“

Er wusste gar nicht, wie ihm geschah, da wurde ihm das Pflanzen-Pokémon auch schon in die Hand gedrückt und er aus der Tür geschoben. Diese wurde hinter ihm zugeschlagen und während er noch völlig verdattert auf den Eingang starrte hörte er dahinter einiges Gerumpel.

Was trieb die da? Und vor allem: Was sollte er denn jetzt mit dem Bisasam machen?

Er hielt es mit einem Arm fest, kratzte sich verwirrt am Kopf.

„Ähm, ja… das widerspricht ja eigentlich nicht den Regeln…“, murmelte er dann in Richtung der beiden Pokémon. Er durfte kein eigenes Pokémon fangen. Aber er fing Bisasam ja nicht, sondern hatte es aufs Auge gedrückt bekommen…

„Ich nenne dich Knospe!“, wurde der neue Begleiter deshalb gleich mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck getauft.

Eigentlich konnte ihm doch gar nichts Besseres passieren? Ein Bisasam und ein Pikachu, gegen die Wasser-Pokémon in der Arena würden sie leichtes Spiel haben.

Zumindest, wenn Bisasam besser trainiert worden wäre.

Aber wie sollte das auch funktionieren? Denn auch wenn keiner der Drei es sah: Die Züchterin, die ihm das Bisasam gerade in die Hand gedrückt hatte, schlich sich gerade auf Zehenspitzen und vollbeladen mit Koffern und einem Hut hinter seinem Rücken an ihm vorbei. Und war bereits auf und davon bis Cherry die einzige Lösung für sein momentanes Problem gefunden hatte: „Gehen wir trainieren!“

Damit Knospe eine gute Pflanzenattacke gegen die Wasser-Pokémon parat hatte. Nur mit Egelsamen würde es ewig dauern. Im besten Fall lernte es Rankenhieb oder sogar Rasierblatt.

Obwohl Mousse natürlich den gesamten Arenakampf auch alleine gewinnen würde.

Aber er wollte ja nicht, dass Knospe gleich in seinem ersten Kampf drauf ging.

Nun gabelte sich aber der Weg und Cherry, der vorhin vor lauter Eile gar nicht darauf geachtet hatte, wohin er lief, hatte gar keine Ahnung, wie er nun eigentlich zurück zu der zuvor gemiedenen Grasstelle kam.

Weiter nach Norden vielleicht?

Da waren aber noch mehr Häuser und keiner war bereit, ihm irgendeine Auskunft darüber zu geben, wo er wilde Pokémon antreffen konnte. Lediglich ein Mann, der ihm etwas über die Orden erzählen wollte, und den Kopf des Rotschopfs derart überlastete, dass der versehentlich durch die falsche Tür nach draußen ging und auf einmal im Hinterhof stand.

Was immerhin den Vorteil hatte, dass Mousse’ Spürnase oder Adlerauge ein Sonderbonbon entdeckte.

„Gut gemacht, Mousse.“, wurde die Maus gelobt, und sich dann umgesehen.

Ach, eigentlich hätte er gleich darauf kommen können, dass er sich an dem riesigen Mondberg orientierte. Er kam aus dessen Richtung – um also wieder ins hohe Gras zu kommen musste er wieder in genau diese Richtung zurück gehen!

Dass ihm das nicht früher eingefallen war…

Das war wirklich ein Grund, sich selber mit der flachen Hand auf die Stirn zu schlagen.

Nun aber auf zum Training!
 

Und das hatte es in sich!

Bestimmt zehn Habitak sowie ein paar Sandan und Menki waren nötig, bis das momentan irgendwie noch ziemlich unfähige Bisasam genug Erfahrung gesammelt hatte um seinen Rankenhieb einsetzen zu können.

Allerdings war es im Vergleich zu Mousse wissbegieriger, denn die Maus fühlte sich sichtlich unterfordert und gab sich deshalb keine große Mühe bei den Kämpfen.

Entsprechend stieg sein Erfahrungswert nur minimal an ehe Cherry mit den beiden Kämpfern das Pokémon-Center und danach den Supermarkt ansteuerte.

„Verdient hast du’s ja eigentlich nicht…“, beschwerte er sich trotzdem bei dem Pikachu, welches nur mit einem Schnauben den Kopf wegdrehte und beleidigt tat.

Sein Trainer deckte sich dennoch mit Tränken, Aufweckern und Para-Heilern ein, damit sich eine Situation wie im Mondberg nicht wiederholte.

Das war nämlich wirklich verdammt knapp gewesen und um ein Haar hätte er seine Reise abbrechen müssen weil Mousse besiegt worden wäre!

„Und jetzt…“

Kam, was kommen musste:

„… gehen wir weiter trainieren!“

Der Rotschopf war eindeutig motiviert, die Pokémon jedoch ächzten bei dieser Nachricht nur.

Also wieder zurück zur Route – diesmal hatte er sich wenigstens den Weg gemerkt! – und auf in den Kampf gegen weitere Habitaks und einige Rattfratze. Sandan und Menki waren weit und breit nicht mehr zu sehen, aber merkwürdigerweise reichten die Vögel und Ratten aus, um ziemlich bald wieder ins Center zu müssen.

Es ging hin und her, hin und her… vom Center zum Gras, vom Gras zum Center.

„Ach egal!“

Cherry’s Motivation war inzwischen nicht mehr vorhanden.

Er wusste ohnehin nicht, warum er eigentlich so viel Zeit und Energie für Training verschwendete, wenn er doch doppelten Typvorteil in der Arena hatte.

Die würde doch auch ohne Training ein Klacks werden!

„Los, ab in die Arena!“

Aus inzwischen bereits einer Gewohnheit heraus wäre er jedoch nach dem Verlassen des Pokémon-Centers wieder in Richtung Gras abgebogen.

Und hätte es wahrscheinlich erst dort gemerkt, aber Knospe und Mousse zogen beide an ihm um ihm vor Augen zu führen, dass die Arena doch in der anderen Richtung lag!

„Ups!“

An seinem Orientierungssinn musste er noch arbeiten.

Das war ihm im Wald und im Mondberg schon aufgefallen.

Und es gab ja noch sehr viel zu entdecken.

Immerhin fand er auch mit dieser zu wünschen übrig lassenden Orientierung den Eingang zur Arena und stand auf einmal… am Pool!?

„Sollen wir hier ein Wettschwimmen machen, oder was?!“

Was hatte das denn bitte schön mit einem Pokémon-Kampf zu tun?

Er verstand es nicht und hatte auch keine Gelegenheit, um zu fragen, denn schon nach ein paar Metern in Richtung eines Schwimmers platschte eine hohe Welle über sie hinweg und durchnässte sie bis auf die Knochen.

„Na toll!“

Das gab Rache! „Mach ihn platt, Knospe!!“

Er wollte ja nicht gleich seinen Trumpf aus dem Ärmel schütteln – auch wenn sich das nicht wirklich vermeiden ließ, solange Mousse nicht in den Pokéball wollte! Denn so sah man ihn schon von Weitem.

Aber um die kleinen Gegner konnte sich auch das Bisasam kümmern und es setzte sich gegen Seeper und Muschas erstaunlich gut zur Wehr.

Na ja, eigentlich nicht wirklich erstaunlich. Schließlich war sein Rankenhieb gegen die Wasser-Pokémon sehr effektiv und musste trotz des niedrigeren Levels nur jeweils zwei Mal eingesetzt werden um die Muschel und das Seepferdchen auszuknocken.

„Das darf nicht wahr sein!“, jammerte der Schwimmer, als Muschas noch nicht einmal eine zweite Attacke einsetzen konnte ehe es geplättet wurde.

„So!“

Cherry war zufrieden.

Damit hatten sie sich ausreichend dafür gerächt, dass sie hier klatschnass herum laufen mussten.

So beschloss er lieber, noch nicht weiter durch das Schwimmbad – äh, die Arena! – zu laufen, sondern den Weg zurück anzutreten. Er brauchte frische Klamotten!

Außerdem dürfte es für Knospe bald an der Zeit sein, sich zu entwickeln, und das hieß … ja, genau! T r a i n i n g !
 

Frisch eingekleidet und mit einem Bisaknosp bewaffnet verließ er das „Schlachtfeld“, bestehend aus zwei Habitaks und einem Menki, und steuerte das nächste an: Die Arena.

Dort sah er bereits die Arenaleiterin warten. Sie stand ziemlich freizügig gekleidet und mit verschränkten Armen da, wollte wohl einschüchternd wirken.

Aber diese Taktik zog bei ihm nicht, schließlich hatte er immer noch den Vorteil!

Also setzte er bereits dazu an, das doch recht junge Mädchen anzusprechen, wurde jedoch von einer Pfadfinderin unterbrochen, die ihn beinahe ins Wasser geschubst hätte um zuerst an der Reihe zu sein.

Dass die alle immer so erpicht auf Niederlagen waren…

Sie setzte ein Goldini ein, aber was sollte so ein kleiner Goldfisch schon gegen sein Bisaknosp ausrichten können?

Gut, den Rankenhieb steckte es gut weg.

Und der Superschall war eindeutig nervig!

Knospe wackelte bedrohlich als fiele es jede Sekunde in Ohnmacht und als Cherry’s Stimme an sein Ohr drang und den Rankenhieb-Einsatz forderte, war das Pflanzen-Pokémon derart unkoordiniert, dass es sich mit seiner eigenen Attacke traf.

„Mist… komm zurück, Knospe. Und erledige du das, Mousse!“

Das Bisaknosp wurde zurück in seinen Ball gerufen und dafür die Elektromaus ins Gefecht geschickt um alledem ein Ende zu machen.

Es war zwar zu langsam, um eine Attacke einzusetzen, ließ sich aber nicht so stark verwirren wie Knospe.

Somit brachte dem Goldini es herzlich wenig, Mousse zu verwirren, denn es bekam trotzdem einen ordentlichen Donnerschock ab.

Und war besiegt.

Wie es sich gehörte.

War doch klar. Ohne solche faulen Tricks waren die Pokémon hier einfach kein Gegner für ihn!

„Ich bin überwältigt!“, gab die Pfadfinderin zu und rief ihr besiegtes Goldini zurück.

Cherry war stolz wie Oskar und platzte beinahe vor Tatendrang.

Jetzt aber endlich zu der Arenaleiterin!

Beziehungsweise gleich.

Denn er wollte sie mit seinen Pokémon fertig machen, wenn diese im Vollbesitz ihrer Kräfte waren. Und wer wusste schon, ob sich Knospe nicht im nächsten Kampf immer noch selber verdreschen wollte…
 

„Hi! Du musst neu hier sein!“

Kaum war er wieder an der gleichen Stelle wie gerade eben, sprach Misty ihn auch schon an.

Cherry war zwar viel zu abgelenkt, um zuzuhören, aber ein paar Wortfetzen drangen dennoch an seine Ohren – und ließen ihn skeptisch die Augenbrauen zusammen ziehen und etwas dümmlich drein blicken.

Was erzählte die ihm da eigentlich von ihrer Taktik? Das erzählte man doch nicht!

„Wie gehst du vor?“, wollte sie danach von ihm wissen.

Ha, darauf fiel er nicht herein. Er würde ihr das garantiert nicht sagen.

Sollte sie doch ins offene Messer laufen.

„Deine Gastgeberin ist Misty, die berühmte Schönheit!“

Eingebildete Schönheit traf es wohl eher. Und warum sprach sie überhaupt von sich selbst in der dritten Person? Irgendwie hatten so einige, die er auf seiner Reise getroffen hatte, sie nicht mehr alle…

„Bist du bereit, Süßer?“

Wollte sie jetzt mit ihm flirten? Von wegen, ihre Taktik war der offensive Einsatz von Wasser-Pokémon… sie setzte einfach nur ihre weiblichen Reize ein um ihn von dem eigentlichen Kampf abzulenken!

„Darauf fall ich nicht rein!“, teilte er ihr deshalb mit und zückte Knospe’s Pokéball.

„Tse.“

Misty schnaubte verächtlich und warf ihrerseits einen Ball in Richtung des Kampffeldes, so wie es auch Cherry tat.

Der Kampf um den zweiten Orden der Kanto-Region sollte also beginnen.

„Sterndu, Tackle!“, wies die Trainerin ihren Seestern an, den sie als Erstes ausgewählt hatte. So viel zum offensiven Einsatz von Wasser-Pokémon. Offensiv ja, effektiv nein.

Das war hingegen der Rankenhieb, mit dem sich Knsope zur Wehr setzte, und den Kampf für sich entschied noch ehe das Sterndu ihm mehr als die Hälfte seiner Energie rauben konnte. Es wirkte noch ziemlich fit, aber wieder tat Cherry es der Ordenverteidigerin gleich.

Schließlich wollte er sie mit haushoher Überlegung schlagen und nicht mit einem angeschlagenen Bisaknosp. Sie – oder besser gesagt ihr Starmie – würden die geballte Stromladung von Mousse abbekommen.

Da würde es dem violetten Seestern auch rein gar nichts helfen, dass er deutlich robuster aussah als das im Vergleich irgendwie zart und schwächlich wirkende Sterndu war.

„Hier, Starmie, X-Abwehr!“

Jetzt setzte die auch noch Items ein? Und was für welche…

Als ob etwas zum Erhöhen der Verteidigung wirklich etwas bringen würde.

Mousse’ Donnerschock würde wahrscheinlich die stärkste Mauer niederreißen!

Da konnte sie ruhig versuchen, ihre Taktik schnell zu ändern und von der Offensive in die Defensive umzusteigen.

„Donnerschock!“, befahl Cherry seinem Pokémon und war sich bereits seines Sieges sicher.

Aber Starmie war verdammt stark. Es hielt nicht nur der Elektro-Attacke stand sondern konterte mit einem äußerst energieraubenden Blubbstrahl, der Mousse von seinen kleinen Beinchen fegte und schwer verletzte.

„Was zum…!?“

Was zur Hölle war DAS denn gewesen!?

Eilig kramte der Rotschopf einen Trank hervor um Mousse ein wenig von seiner Energie zurück zu geben. Noch einmal so etwas und in der Stärke… und dann würde Mousse verlieren!

„Tackle, Starmie.“

Misty genoss seine aufkeimende Panik wohl und zog die Situation in die Länge.

Cherry opferte noch einen Trank, um den kleinen Hoffnungsschimmer auszunutzen. Vielleicht würde Starmie die Attacke nicht noch einmal einsetzen. Er hoffte es!

„Aquaknarre!“

Verdammt! Er kam nicht mehr wirklich zum Zug. Kaum heilte er Mousse mit einem Trank griff Starmie wieder an und raubte ihm die gerade erst erhaltene Energie sogleich wieder.

Das Pikachu war an seinem Limit. Nach einem weiteren Blubbstrahl war es ziemlich wackelig, hielt sich aber tapfer auf seinen Beinen.

Für einen Angriff reichte es trotzdem nicht mehr. Und letztlich war es fast eine Aquaknarre, die Mousse außer Gefecht setzte.

Oh nein, er musste etwas unternehmen!

„Lassen wir es darauf ankommen! Donnerschoooock!!!“

Mousse musste es einfach schaffen, das Starmie mit seiner Stromentladung nieder zu strecken.

Es musste einfach klappen!

Er drückte seine Daumen so fest, dass sie taub wurden und schmerzten.

Und das auch umsonst, denn auch nach der Attacke wirkte Starmie als fehle ihm überhaupt nichts.

„Chaaaa….“

Mousse sackte jammernd zu Boden als ihn eine erneute Aquaknarre traf.

Es konnte einfach nicht mehr…

Egal, wie sehr Cherry seinen Namen rief und es anfeuerte, wieder aufzustehen. Es ging einfach nicht. Und so schlossen sich die Augen des kleinen Pikachu, das ihn von Anfang an begleitet hatte, langsam. Dahinter wurde es schwarz.

Doch das wurde es auch für Cherry, dem der Anblick nicht nur einen Stich im Herzen versetzte sondern einen regelrechten Schock.

Wie war das möglich? Mousse war ein Elektro-Pokémon und die waren gegenüber einem Wasser-Pokémon im Vorteil. Es hatte mehr Kampferfahrung als Starmie, also warum unterlag es? Er verstand es nicht…

„Mousse… Mousse?! MOUSSE!“

Die eigene Stimme zitterte, presste den Namen nur mühsam hervor.

Das Pokémon reagierte nicht mehr.

Er rief lauter, doch konnte noch immer nicht einmal ein Zucken bemerken.

Diese blöde Kuh mit ihrem Starmie!

Die blauen Augen blitzten sie wütend an, die Finger verkrampften sich beinahe auf dem Pokéball.

„Das wirst du büßen! Mach sie fertig, Knospe, mach sie einfach nur fertig!!“

Knospe war vom Level her zwar unterlegen, aber vom Typ her überlegen.

Na ja, eigentlich. Denn schließlich hatte er das bei Mousse auch gedacht.

Sein Hochmut hatte Mousse das Leben gekostet.

Deshalb war es egal, wie dieser Kampf ausgehen würde…
 

Seine Reise war vorbei.



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