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Weil du doch mein Freund bist

von

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Lautes Donnern erklang durch das Einfamilienhaus. Eine getragene Socke flog durch das elterliche Schlafzimmer. „Lardna! Wo ist meine zweite karierte Socke? Und wo hast du meine schönste Krawatte hingelegt?“ Entnervt stampfte der Mann Richtung Badezimmer und klopfte gegen die verspiegelte Türe. „Ich bin nicht dein Kindermädchen!“, bekam er als Antwort zu hören. Knurrend drohte Aloysius die gläserne Türe einzuschlagen, wenn sie sich nicht sofort dazu entschloss, ihm zu helfen seinen Schlips zu suchen. Genervt zog die Frau ihre grossen Lippen mit ihrer favorisierten Farbe nach und überprüfte ihr Aussehen im gerahmten Spiegel. Unbemerkt schlich sich ein blonder Junge zurück ins Kinderzimmer. Er öffnete leise die Türe, lief zu einem Bett und rüttelte an der Decke.

„Du kriegst riesigen Ärger, wenn du nicht sofort aufstehst!“ Als er keine Antwort bekam, zog der Junge ruckartig die Decke weg und hüpfte auf das knirschende Bett. „Mom und Dad sind ziemlich gestresst. Sie streiten auch wegen gestern weiter. Dad ist böse auf Mom, weil sie nicht mitkommen will. Du weisst doch, heute ist ein wichtiger Tag für Dad. Hat er doch gesagt.“ Da der im Bettliegende sich immer noch schlafend stellte, musste sein kleiner Bruder direkter werden. Er schüttelte heftiger an der linken Schulter und liess erst locker als der Angesprochene ihn mürrisch wegschupste. „Du kleine Ratte, lass mich in Ruhe!“, knurrte Porky wütend, während er die Decke wieder über sich ziehen wollte. Jedoch schnappte sein Bruder Picky die Decke und sprang mit ihr vom Bett. Auch als der Kleine von seinem älteren Bruder beleidigt und ihm die schlimmsten Strafen angedroht wurden, gab er das Gewünschte nicht aus den Händen. Irgendwann fielen Porky keine Argumente mehr ein. Er gab sich murmelnd geschlagen. Natürlich nahm er die Warnungen seines kleinen Bruders ernst, aber er hatte seine Gründe um nicht aufzustehen. Da nahm er den Zorn seiner Eltern gerne in Kauf. Die bedrückte Stimmung im Kinderzimmer wurde von einer heftigen Diskussion der Eltern begleitet. Das Wort Versager vernahm man in wenigen Sekunden öfters geschrien, welches aber von verwöhntem Weibsstück gekontert wurde. Es folgten die üblichen Drohungen, das er es nicht mehr lange in so einer undankbaren Familie aushalten würde und das er sein Leben bis jetzt verschwendet hätte. Sie warf höhnisch ein, dass sie Besseres verdient habe und sie jederzeit einen bedeutenderen Mann finden könnte. Picky zuckte zusammen, als die Erwachsenen Richtung Esszimmer eilten. Bittend blickte er Porky an: „Ich hab dich gewarnt. Ehrlich, ich will nicht das du Ärger bekommst.“ Der Junge liess die Bettdecke fallen und ging zu Türe.

„Ach ja. Alles Gute zum Geburtstag, Porky.“ Schulterzuckend verliess er den Raum.
 

Lardna nippte an der geblümten Kaffeetasse. Kalt betrachtete sie ihren Ehemann und zog erneut ihre Lippen nach. Aloysius biss in das dick mit Butter bestrichenes Brot und schnauzte seine Frau an: „Du musst dich nicht versuchen auf zu hübschen. Nützt bei dir nicht mehr. Und kostet unnötiges Geld“ Da er im Augenblick nicht beachtet wurde, getraute Picky sich ein Brötchen zu nehmen. Während seine Eltern laut diskutierten, ass der Junge still sein Frühstück. Die Erwachsenen stopften ihre Portion sprechend in sich hinein.

Picky überlegte sich gerade wegzuschleichen und seinem Bruder das Brötchen hinauf zu schmuggeln, als die unüberhörbare Stimme des Vaters erklang: „Wo steckt dieser dicke Faulpelz von einem Sohn schon wieder?“ Sein Blick glitt zu seiner Gattin, die gleichgültig ihre Bluse zu Recht zupfte. „Ich hab ihn seit gestern Nachmittag nicht mehr gesehen. Oder war es Abend?“, flötete sie und erhob sich vom Stuhl. „Ich bin nicht eure Sklavin. Ob ihr es glaubt oder nicht: Es gibt Menschen, die mich noch als Frau sehen.“ Theaterisch stöckelte Lardna davon. Aloysius knurrte empört: „Ist es gottverdammt zu viel verlangt, wenn ich mir wünsche, das wir wie eine normale Familie zusammen die Mahlzeiten einnehmen? Zwei Mal pro Tag. ICH LASSE MIR NICHT SO AUF DER NASE HERUMTANZEN!“ Poltern schoss der Mann hoch, knallte die Tasse auf den Tisch und stampfte Richtung Treppe. „Dad, warte!“, Picky, der bis jetzt geschwiegen hatte, stellte sich vor ihn hin. „Porky ist …“ klatsch Picky taumelte zur Seite, hielt sich betroffen seine rechte Wange und spürte, wie Tränen in seine Augen stiegen. Der Lärm von unten drang verständlicherweise bis nach oben. Porky zitterte am ganzen Körper. Natürlich war ihm bewusst, das seine Aktion den Zorn seines Vaters auf sich zog. Dieser war heute aufgebrachter als sonst.

„DU KOMMST AUGENBLICKLICH AUS DEM BETT ODER ICH …!“, Aloysius betrat schnaubend das Kinderzimmer. Er zertrat einen Spielzeugsoldaten, zog grob die Decke von Porky und packte ihn an Arm. Obwohl der Junge versuchte seinen Vater zu erklären, warum er noch im Bett lag, wurde er heftig durch geschüttelt. Danach ins Badezimmer geschoben. „Du bist das dümmste, faulste und dreckigste Kind, welches ich je gesehen habe. Manchmal denke ich, ich habe ein Schwein grossgezogen.“ Porky biss die Zähne zusammen und nickte nur. Es hatte keinen Sinn seinem Vater zu widersprechen. Er setzte sich auf die Toilette. Er wollte nachdenken, doch er hatte nicht damit gerechnet das sein Vater ihn seine Kleidung hinterher schleppte. „Warum hast du dich nicht schon ausgezogen?“, wurde er angebrüllt. „Dad, mir …“, fing er an, da wurde Porky gepackt. Eine weitere Ohrfeige war zu hören. „Ich arbeite mir den Rücken krumm und so was ist mir der Dank? Ist es zu viel verlangt, das man meinen Worten gehorcht?“ Endlich liess der Vater von seinem Sohn ab. Sein Blick erhielt den ganzen Groll, den Aloysius auf die Welt hatte. Porky, der auf dem gepunkteten Badezimmerteppich kauerte, nuschelte mit aller Demut, den er aufbringen konnte konnte: „Entschuldige mein schlechtes Verhalten, Dad.“
 

Die nächsten fünf Minuten war Porky alleine im Raum. Er bettete seinen Kopf auf den kühlen Badewannenrand. Seine Gedanken kreisten wirr im Kopf herum, jedoch stach einer besonders hervor. Eines Tages werde ich stärker sein als du. Wenn ich König über die Welt bin, wirst du niemanden mehr wie Dreck behandeln. Der dickliche Junge ballte seine Hände zu Fäusten. Doch das Gefühl von Schwäche verschwand nicht. Plötzlich stand die Mutter in der Türe und sah überrascht auf ihren Sohn. „Was machst du hier?“ Ihr Gesichtsausdruck wurde strenger. Direkt sah sie ihn an. „Junger Mann, auch für dich ist Schule. Oder ist heute ein besonderer Tag?“

War ja klar, dass sie meinen Geburtstag vergessen. Porky atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Das er vor wenigen Minuten eine Ohrfeige von seinem Vater bekam, interessierte seine Mutter nicht. Vermutlich dachte sie eh, dass er es verdient hätte. So lief es immer, egal ob bei Picky oder ihn. „Ich habe Bauchschmerzen. Und mir ist übel“,sagte der blonde Junge. Seufzend wedelte sich die Frau Luft zu. „Das geht nicht. Heute habe ich mein Mädchen-Ausgeh-Tag. Ich kann nicht absagen. Und dein Vater“, Lardna verdrehte genervt die Augen, „hat heute sein Geschäftsessen. Wenn der Versager sich nicht schon wieder ungeschickt anstellt, bekommt er endlich eine Beförderung.“ Sie überlegte und sah ihr Kind schnippisch an: „Geh in die Schule oder bleibe zu Hause. Aber falle uns nicht auf die Nerven.“

Sie packte ihn und zog in sein Schlafzimmer. „Manchmal wünsche ich mir, das du und dein Bruder in einem Internat wohnen.“ Mit zwei Fingern griff die Mutter nach einer sauberen, gestreiften Unterhose, warf diese dem gedemütigten Jungen zu und schnaubte tief. „Ihr seid heute Mittag alleine. Koch was für deinen kleinen Bruder. Aber mach die Küche nicht wieder schmutzig!“ Porky, der mit seiner Unterhose in den Händen herum spielte, sah seiner Mutter ins Gesicht und nickte brav. Bevor er jedoch wieder ausgeschimpft wird, entschloss er sich sicherheitshalber mit einem Satz zu antworten: „ Ja, das werde ich tun. Darf ich aber jetzt zu Hause bleiben? Mein Bauch tut echt stark weh.“ Lardna rollte die Augen. „Mach was du willst, du Nervensäge. Mama ist beschäftigt.“ Sie hatte das Zimmer noch nicht verlassen, da murmelte der unglückliche Junge „Du dumme Kuh! Ich brauch dich nicht.“ Und kroch wieder in sein Bett.

Wenn ich König über das Universum bin, wirst du mich auch einmal in die Arme nehmen. Und Dad schlägt uns nicht mehr. Es wird jeden Tag mein Lieblingsessen geben. Und Geschenke, die meiner würdig sind. Leise lachte er vor sich hin und ein breites Grinsen zierte sein bleiches Gesicht. Die Haustüre wurde geräuschvoll geöffnet. Seine Eltern redeten immer noch hitzig miteinander. Kaum waren sie aus Sichtweite, herrschte friedliche Ruhe. Nur das ticken der Uhr im Gang war zu hören.

Porky atmete tief aus und schloss erleichtert die Augen.
 

Sein Bruder trappelte die Treppe hoch. „Willst du nicht zur Schule?“, fragte dieser ihn emotionslos. „Nein. Heute will ich meine idiotischen Mitschüler nicht sehen“, knurrte Porky. Sein Bauch tat langsam wirklich weh. Warum fragten ihn alle, weshalb er die Schule schwänzte? Er war niemanden eine Antwort schuldig. Es kümmerte ja in Wahrheit eh keinen, wie es ihm ging. Er brauchte auch kein geheucheltes Mitgefühl! „Geh in die Schule, du kleiner Wicht.“ Trotz der feindseligen Stimmung ging Picky nicht. Unschlüssig musterte er seinen Bruder. Langsam nährte sich der Jüngere dem Bett. „Ich weiss ja, das du nicht gerne in die Schule gehst“, sprach Picky und setzte sich auf die Bettkante, „aber heute ist doch dein Geburtstag.“ Sanft stich er über die verschwitzen Haare seines älteren Bruders. Porky seufzte innerlich. „Das sagst ausgerechnet einer, der ein Mädchen als einzigen wirklichen Freund hat. Auf dein Mitleid verzichte ich, du Schwächling.“ Eigentlich wollte Porky das nicht sagen. Aber die Worte sprudelten aus seinem Mund. Picky stand auf, zog die Schultern hoch und ging.
 

Einige Minuten verstrichen. Picky war nun auch aus dem Haus. Der Blonde erhob sich aus dem Bett und öffnete das Fenster. Er spähte nach draussen. Als er Picky von weiten erkannte, stolperte der Junge nach hinten. Panisch suchte er nach dem Fernrohr, welches schon lange in seinem Besitzt war. Zwar war es kaputt und die Farbe splitterte ab. Für einmal kurz durchschauen sollte es aber noch reichen. Nachdem Porky es beäugt hat, rannte er zurück zum Fenster. Konzentriert schaute er hinaus. Tatsächlich unterhielt sich sein Bruder mit dem nervigen Nachbarsmädchen. Diese wuselte um ihn herum. Porky schüttelte genervt den Kopf. Als die nächste Person dazukam, musste der Junge sich beherrschen um nicht vor Wut das Fernrohr ganz zu zerbrochen. Picky plauderte wahrlich mit Ness.

Ness, der ja von allen so sehr geschätzt wurde. Ness, der das Glück hatte, eine tolle Familie zu haben. Ness, der alles besser kann als ich. Tränen stiegen in seine Augen. Schnell wischte er sie weg. Picky würde jetzt zur Schule gehen. Erleichtert wollte Porky das Fernrohr weglegen, da bemerkte er was. Aufgeregt unterhielt sich sein Bruder mit dem Nachbarsjungen. Dieser blickte Richtung Haus. „Stirb doch einfach“, schrie Porky und warf das unschuldige Fernrohr an die Wand. Ness war es doch egal, ob er zur Schule ging. Sicher hatte auch er seinen Geburtstag vergessen. Aufgewühlt schlug der blonde Junge mit den Fäusten an die Wand, bis seine Knöchel aufgeschürft waren. Mit Tränen in den Augen fiel er aufs Bett.
 

All die Jahre ging Porky nie während seinem Geburtstag zur Schule. Es interessierte eh niemanden, ob er da war oder nicht. Für die Mitschüler war er ein fettes Schwein. Ein Versager. Ein Trottel. Warum sollten Sie den bei seinem Geburtstag freundlich zu ihm sein? Die Erwachsenen schmunzelten über seine Sorgen. Nannten die Streiche und Hänseleien die ihm angetan werden harmlose Kindereien. Das diese Hänseleien sich wie Messerstiche in sein Herz und Seele bohrten, ignorierten sie. Manchmal hatte Porky Glück und sein Ehrentag fiel auf die Ferien oder Wochenende. Dann musste er nicht so tun, als würde er sich über die vorgemachten Glückwünsche der Mitschüler freuen.
 

Die Sekunden und Minuten krochen langsam dahin. Der dickliche Junge wachte aus seinem Nickerchen auf. Er wischte sich den Schweiss vor der Stirn. Die blonden Haare klebten an seiner Haut. Mühsam erhob Porky sich, gähnte laut und schlürfte erschöpft ins Bad. Wie näher er kam, desto intensiver stieg ihm der blumige Geruch eines Frauenparfüms in die Nase. Natürlich, hat sich wieder schick gemacht. Manchmal konnte er die Erwachsenen nicht verstehen. Warum sagten sie Dinge, die sie nach wenigen Tagen wieder vergassen? Immer wieder predigten sie, man müsste jederzeit ehrlich und höflich zu den Mitmenschen sein. Aber selber durften sie Theater spielen. Logen sich an. Für mehr Geld und Ansehen. Wie lächerlich sie doch alle waren.

Sein nächster Halt war die Küche. Das Geschirr war im Becken gestapelt und das Essen weggeräumt. Seine Augen wanderten Richtung Küchentisch. Auf seinen Platz. Ob es irgendwer merken würde, wenn er nicht da wäre? Würde die Polizei nach ihm suchen? Würde sein Steckbrief auf Milchflaschen gedruckt? Entschieden schüttelte er den Kopf um diese Gedanken wegzukriegen und holte sich ein sauberes Glas aus dem dunkeln Küchenschränkchen. Während er sich ein Tablett mit einem verspäteten Frühstück richtete, summte er die Happy Birthday Melodie vor sich hin. Er streckte sich drei Kekse in den Mund und grinste.

„Alles Gute zum Geburtstag, Porky!“, schmatzte der Junge und balancierte das volle Tablett hoch ins Kinderzimmer.

Gemächlich schlenderte Picky nach Hause. Eigentlich verlief es in der Schule ganz angenehm. Seine Mathearbeit war gut gelaufen und sein Aufsatz wurde gut benotet. Auch gab es endlich wieder einmal eine Projektarbeit. Die machten immer Spass und die Lehrerin liess ihnen genügend Freiheit in der Gestaltung. Der Junge bliess sich seine Harre aus dem Gesicht und lächelte glücklich. Das er mit Tracy zusammenarbeiten durfte, versüsste alles noch mehr. Er balancierte ein Steinchen auf seiner Schuhspitze. Seine Wange tat auch nicht mehr so weh. Der blonde Bursche betrat sein Haus. „Ich bin wieder da!“, rief er und lugte in die Küche. Sein älterer Bruder rührte gerade in einem Topf. Auf einem Schneidebrett lag eine halbe Zwiebel. „Wie war es in der Schule?“ Porky blickte erwartungsvoll zu seinem Bruder. Dieser wusste auf was Porky hinauswollte. „Ich habe gesagt, ich bin gegen die Küchentüre gelaufen“, antworte der Jüngere langsam. Nickend drehte sich der Ältere den Topf zu. „Nun, nur Tracy hat nachgefragt …“, fing Picky zu erzählen, jedoch wurde er sofort von seinem Bruder fixiert. „Dieses Gör wollte sich schon wieder einmischen?“, fragte er angriffslustig nach. Mit drei Schritten war er bei Picky und stemmte seine Hände in die Hüfte. Gelassen erwiderte der Jüngere den Blick.

„Nur weil du Probleme mit Ness hast …“

„Ich habe kein PROBLEM mit diesem kleinen Pups!“

Porky grinste breit und zählte auf in, was er alles besser als Ness wäre. Er endete seine Aufzählung mit der Feststellung, dass er der Beste auf der Welt sei. Picky verdrehte die Augen. Er kannte diese Leier zur Genüge. „Bruder, ich habe heute keine Schule mehr. Irgendwas ist wohl im Gebäude kaputt.“ Schulterzuckend bliess der Gesprochene seine Haare aus dem Gesicht. Porky hastete zum Herd zurück, da das Wasser bedrohlich brodelte. „Ist gut …“, murmelte er. Dann konnte er was anderes kochen. Während Porky Richtung der Vorratskammer lief, hörte er die Klingel der Haustüre.

Die Konservendosen standen in Reih und Glied. Die Vorräte waren exakt geordnet. Seufzend sah er sich um. Durfte er es wagen und etwas aus der Tiefkühltruhe nehmen? Kopfschüttend entschied Porky sich dagegen. Dann lieber eine Konserve. Der Junge streckte sich, um auf das Regel zu sehen. Er griff nach einer länglichen Dose. Besser als nichts. Ausserdem würde seine Mutter deswegen nicht böse sein. Beschwingt schritt Porky nach oben. Doch eine bekannte Stimme liess ihn heftig zusammen zucken. Warum wagte es diese Person in sein Haus einzudringen? Reichte es nicht, das er ihn schon sonst belästige? Porky umklammerte die Konserve zitternd.
 

„Meine Mutter war echt überrascht. Zuerst glaubte sie es mir nicht das wir keine Schule mehr haben. Tracy freut sich riesig!“ Der Junge mit der Basketballmütze plauderte munter weiter. Erst als sich Picky umdrehte, hörte er auf zu reden. „Porky, geht es dir besser?“, fragte Ness lächelnd und erhob sich vom Stuhl. Finster blickte der Angesprochene den Gast an. „Was machst du hier?“

Sicherlich wollte Ness sich an seinen Schmerzen ergötzen. Sehen, ob es ihm wirklich schlecht geht. Oder auf gute Nachbarn machen und ihn gute Besserung wünschen. Damit sein Musterknaben ansehen weiterhin bestehen blieb.

Ness liess sich nicht beirren. „Ich wollte nur schauen, wie es dir geht. Ausserdem …“, der Junge mit den schwarzen Haaren schnappte sich das Geschenk auf den Tisch und streckte es dem dicklich Jungen hin. „... alles Gute zum Geburtstag!“

Porky sah ihm skeptisch in die Augen. Meinte Ness es ernst? Er entdeckte kein Zeichen von gespielten Gefühlen. Unschlüssig blickte der Blonde auf seinen Gast. In seinem inneren brodelte es. Konnte es sein das Ness es ernst meint? Er nahm ihn auch immer in Schutz vor den Attacken seiner Mitschüler. Er spielte mit Picky und ihn. Egal ob er sich damit auch ins aus schoss. Einen Augenblick stand Porky einfach nur da. Doch dann stieg in dem Jungen eine Wut auf. Wut darüber, dass er nicht so war wie sein Nachbar. Und Angst nicht gut genug für ihn zu sein.

„Wie es mir gehen soll? Grossartig natürlich! Ich, Porky, habe die schreckliche Krankheit überwunden.“ Ablehnend lachend zeigte Porky auf Ness: „Du kannst gehen, Versager!“ Der Angesprochene, welcher sich umgesehen hatte, liess sich nicht so schnell vertreiben. „Wer kocht den? Ist deine Mutter nicht hier?“ Bevor Porky was sagen konnte, meldete sich Picky zu Wort. „Unsere Eltern sind nicht hier. Beide kommen erst am Abend nach Hause. Wenn überhaupt.“ Ness kratzte sich verlegen am Kopf. „Mmmh, dann seid ihr zwei wieder einmal alleine zu Hause.“ Plötzlich hellte sich seine Miene auf. Misstrauisch sah Porky seinen Nachbarn an. „Wartet hier, Ok?“, sprach Ness hastig und stürmte nach draussen.
 

Porky schaute sauer zu seinem Bruder. „Hey, es ist die Wahrheit“, verteidigte sich der Jüngere. Schnaubend stampfte Porky zurück zum Schneidebrettchen. Doch er konnte nicht mehr weiter kochen. Seine Hand zitterte und sein Kopf war wie vernebelt.

„Es gibt nichts Warmes zu essen“, rief er nach einigen Minuten und fing an aufzuräumen. Der Topf wurde vom Herd gezogen, ausgeschüttet, die Tupperware herausgesucht. Seine Eltern würden ziemlich böse werden, wenn er zu viele Lebensmittel verschwendete. Mit einem Lappen wischte Porky jedes Spürchen von Schmutz von der blitzblanken Oberfläche. Sein Bruder deckte in der Zwischenzeit den Tisch. Das Geschenk wartete immer noch darauf ausgepackt zu werden. Gerade wollte Porky Picky bitten diese Beleidigung aus seinem Blickfeld zunehmen, da klopfte es an der Türe. Bevor einer der zwei blonden Jungs sich rühren konnten, wurde sie aufgestossen.

Ness stand keuchend im Wohnzimmer, sein Lächeln strahlte über das ganze Gesicht. „Es ist alles klar“, fing er an atemlos zu erzählen, „meine Mutter ist einverstanden.“ Stirnrunzelnd legte Porky den Kopf schief. Picky füllte dem hereingeplatzten Gast ein Glas Wasser auf. Porky gefiel es überhaupt nicht, nicht zu wissen, was los war. „Mit was ist deine werte Frau Mutter einverstanden?“ Hastig leerte der Junge mit der Mütze das angebotene Glas. Als er ausgetrunken hatte, drehte er sich um, drückte dem verdutzenden Picky das Glas zurück in die Hände und hüpfte zum argwöhnisch dreinblickenden Porky.

„Du und Picky übernachten bei mir! Dann können wir deinen Geburtstag nachfeiern. Und es ist doch schöner als alleine zu Hause zu sein. Es ist doch heute dein Geburtstag. Und den feiert man doch nicht alleine. Natürlich Picky ist noch da, aber …“

„Langsam. Wer hat gesagt das du meine gutaussehende Wenigkeit einladen darfst?“

Mit aller Kraft versuchte Porky nicht zu zeigen, wie sehr er sich freute.
 

Die Mutter von Ness war eine freundliche und warmherzige Frau. Und ihre Kekse und Sandwiche waren unbeschreiblich lecker. Picky, der bis jetzt still am Küchentisch sass und das Muster der Tischdecke nachzeichnete, lächelte spitzbübisch den Nachbarsjungen mit grossen Augen an. Porky sah ein das er keine Chance hatte. Er räusperte sich und sagte so gebieterisch wie möglich: „Gut, wir nehmen deine Einladung an. Aber nur ausnahmsweise!“

Bellend sprang der Hund an Ness hoch. „Braver Junge!“, lachte der Schwarzhaarige und tätschelte den Kopf des Tieres. „Schau, wir haben Gäste, King!“ Der weisse Hund schnupperte freudig an den zwei blonden Jungs. Freundlich kläffte er und wedelte mit dem Schwanz. Die Türe wurde aufgerissen und ein Mädchen sprang heraus. „Mama, Sie sind da!“, rief es strahlend. Lächelnd schritt die Mutter auch hinaus. Ihr Blick wanderte zu den Jungs. „Porky, Picky. Schön das ihr da seid“, sprach sie und wischte sich die Hände an der karierten Schürze ab. Die Angesprochenen verkrampften sich unweigerlich ein bisschen. Picky schaute ein wenig schüchtern zu Boden, bevor er zum Gruss nickte. Porky setzte ein geschäftsmässiges Lächeln auf: „Es ist uns eine Ehe bei Ihnen Übernachten zu dürfen, Ma'am.“ Er verbeugte sich. Als sein Bruder ihn fragend ansah, zischte Porky den Jüngeren was zu. Im nächsten Moment sprang Porky auf und drückte Picky herunter. Die Frau lachte innerlich. Sie war es sich gewohnt so von Porky begrüsst zu werden. Die Mutter wandte sich an ihren Sohn: „Bring doch das Gepäck der Zwei nach oben. Auch die Schlafsäcke ... Obwohl, wenn es schön bleibt, könnt ihr draussen übernachten.“ Die Kinder jubelten. Tracy hopste um Picky und kicherte lebhaft. Ness grinste und stupste Porky freundschaftlich an. King gähnte sich und trollte zurück ins Haus. Er wollte sich ein Nickerchen gönnen.
 

„Du kannst ruhig noch eines nehmen.“ Die Mutter tat Picky ein Sandwich auf den Teller. „Noch Jemand Kakao?“ Die Kinder schüttelten den Kopf, Picky trat Porky sicherheitshalber ins Bein, und plauderten weiter. Sie schritt zurück in die Küche. Öffnete den Ofen, besah sich den Kuchen und summte vergnügt. Noch ein kleines Bisschen. Wo waren jetzt nur die Dekorationartikel? Lachen drang aus dem Wohnzimmer. Waren die Sachen für Feierlichkeiten nicht im Keller? Nach einem kurzen Wühlen in den Kisten und Kartons schritt die Mutter wieder hinauf. Kurz dachte sie, die Kinder wären nach draussen gegangen. Verwundert horchte sie. Was war los? Vorsichtig lugte die Frau ins Wohnzimmer. Dort sassen die Vier in Gedanken versunken.

„Ist was passiert?“, fragte sie und trat eilig ins Wohnzimmer. „Nein“, nuschelte Ness. Tracy flüsterte ein „Es ist nichts.“ Die beiden Gäste wechselten einen angsterfüllten Blick aus. King hob den Kopf. Da er aber nicht gerufen wurde, legte er sich genüsslich wieder hin. Langsam schwoll in der Frau ein Verdacht hinauf. Jedoch wollte sie die Kinder nicht bedrängen.

Unruhig erhob sich Porky langsam.

„Unsere Eltern wurden nicht gefragt.“

„Und er war nicht in der Schule!“, schwatzte Ness dazwischen.

„Nicht in der Schule?“, fragte die Frau sanft. Ihre Hand legte sie achtsam auf die Stirn des schwitzenden Jungen. Die blauen Flecken, welche immer noch im seinen Gesicht zu sehen waren, stimmten die Frau ziemlich unglücklich.

In der Nachbarschaft gab es etliche Gerüchte darüber das bei den Minchs der Familienfrieden schief hing. Das die Nachbarskindern öfters blaue Flecken hatten, fielen auch Tracy und Ness auf. Aber was sollte sie schon tun? Mit Lardna und Aloysius wollte sie darüber schon öfters sprechen. Jedoch, wie schnitt man so ein heikles Thema am besten an? Ohne als Tratschtante abgestempelt zu werden und Porky und Picky noch mehr in Schwierigkeiten zu bringen?

„Nun, wir können das Problem sicher irgendwie lösen“, sprach die Mutter aufmunternd. „Zuerst messen wir dir aber sicherheitshalber Fieber“, sagte sie und strich über die blonden Haare des Burschen.
 

Verunsichert rutschte Tracy auf dem Sofa hin und her. Picky zerbröselte die Brotschreiben und verteilte den Rest im Teller. Schwanz wedelt nährte sich der weisse Hund dem Tisch in der Hoffnung einen Happen zu erbetteln. „Keine Sorge, Mama wird das schon klären“, versuchte Ness die Anderen zu beruhigen.

Porky, der gerne den Fiebermesser ausgespuckt hätte, musterte skeptisch seinen Nachbaren. War das eine Falle? Hatte Ness Picky und ihn mit der Absicht eingeladen um zu sehen, wie sie geschlagen werden? Vermutlich. Gut, wenn das so wäre … „Mama!“, rief Tracy und rannte zu der Frau. „Und?“ Die Kinder blickten gespannt. „Alles der Reihe nach, meine Süssen.“ Sie zog den Fiebermesser aus dem Mund und warf einen Blick darauf. Wie sie sich es dachte Porky war gesund. Jedoch wollte sie die Kinder nicht länger im Unklaren lassen.

„Ich habe mit meinen Mann telefoniert“, fing die Frau an und sah die die Gäste fröhlich an, „Es ist alles gut. Ich weiss, das eurer Vater heute eine Besprechung hat. Mein Mann wird ihn ausrichten, das ihr bei uns übernachtet.“

Ness sprang jauchzend auf und umarmte stürmisch seine Mutter. Überrascht blickten sich Porky und Picky an. Doch dann lachten Sie befreit.

Ihr Vater war ein unnachgiebiger und jähzorniger Mann, doch von Ness seinem Vater hatte er Respekt. Demütig stammelten die zwei blonden Jungs Danke, jedoch lächelte die Frau nur.
 

„Es ist so schönes Wetter und ihr habt einen geschenkten Nachmittag“, sprach sie und tätschelte den Kopf ihres Sohnes. Dieser nickte und rannte um den Holztisch. Tracy packte den immer noch lachenden Picky, zog ihn plaudernd Richtung ihres Kinderzimmers. Ness versuchte Porky dazu zubewegen aufzustehen, dieser ass die Reste seines Bruders, und schmiedete schon Pläne für den Tag. Schliesslich stiess er seinen Gast mit sanfter Gewalt nach draussen in den Garten. King folgte treu hinterher.

Die Mutter schmunzelte. Die Kinder freuten sich-auch Porky und Picky. Dafür würde sie auch ihre geliebte Seifenoper sausen lassen. „Oh Nein, der Kuchen!“, rief sie und tippelte zurück in die Küche.
 

„Wünsch dir was und blasse die Kerzen aus.“ Porky schloss die Augen, überlegte kurz und pustete. Grinsend sah er in die Runde. Sie klatschten begeistert. „Jetzt sollte dein Wunsch sicher in Erfüllung gehen“, sagte die Mutter und schnitt den glasierten Kuchen an.

„Ich hoffe, du magst ihn.“

„Keine Sorge, Ma'am, er frisst alles.“

Porky errötete und gab seinen Bruder eine Kopfnuss. „Das ist nur, weil Ness´s Mutter so lecker kocht“, verteidigte er sich. „Ist klar“, nuschelte Picky, während er sich das Partyhütchen wieder richtete. Ness klopfte dem Geburtstagskind auf den Rücken: „Ärgere dich nicht. Wir mögen dich so, wie du bist.“ Tracy fütterte King mit einem Stückchen Kuchen. „Genau“, sprach die Mutter sanft, „Geniesse einfach deinen Geburtstag, Porky. Du bist ein stattlicher, junger Mann.“

Bessere Worte um den Jungen aufzumuntern, hätte sie nicht finden können. Er strahlte in die Runde und sein Gesicht zierte sein typisches Grinsen. Das brachte Picky dazu, seine Augen zu verdrehen. Leise wandte er sich zu Tracy: „Jetzt darf ich mit einem selbstgefälligen Porky leben.“ Sie lächelte in an und legte nachdenklich den Kopf schief. „Aber er passt immer auf dich auf und kümmert sich um dich.“

Seufzend blickte der Jüngere zu seinem Bruder, der gerade nach einem zweiten Stück Apfelkuchen verlangte, und blies sich seine Haare aus dem Gesicht. Dennoch musste er seiner Freundin recht geben. Sie passten aufeinander auf. Auch wenn Picky öfters das Gefühl hatte, den Part des älteren Geschwisterteils zu übernehmen …
 

„Kalt.“

„Kalt.“

„Jetzt, wird es wärmer.“

„Wärmer. Jetzt wird es kälter.“

„Wärmer. Wärmer.“

„Heiss.

Drei der Kinder lachten und wiesen das Geburtstagskind zum Topf. Er tastete sich mit einem Kochlöffel zum Ziel. King, von Tracy dekoriert mit Luftschlangen und einem blauen Partyhütchen, döste faul in der Sonne. Er war nicht mehr der Jüngste. Nach dem jedes der Kinder einmal mit dem Topfschlagen dran war, servierte die Mutter eine kleine Erfrischung. Die kühle Limonade wurde durstig getrunken. Sie war auch froh, dass die Kinder sich nicht um die Gewinne balgten.Sie sind ja nicht mehr klein. Ausserdem sind alle gut erzogen …Ihr Blick wanderte zu den Nachbarskindern. Tracy kraulte den Hund und schwatzte mit Picky. Geduldig hörte der Junge zu. Die Frau musste schmunzeln. Die Zwei waren wirklich ein Herz und eine Seele.

„Porky? Was wünschst du dir zum Abendessen?“ Der Angesprochene schaute verdutzt zu der Mutter. Er wollte gerade das nächste Spiel vorbereiten und hatte sich ein Teil seiner gewonnen Süssigkeiten schon genehmigt. „Eigentlich habe ich keinen besonderen Wunsch. Bei Ihnen schmeckt alles deliziös“, schmeichelte er und warf Picky einen warnenden Blick zu. Dieser schnitt Grimassen, während er sich die Haare aus dem Gesicht wischte. Ness, in seinen Armen verschiedene Spielzeuge gehortet, wollte gerade „Wie wäre es mit Steak?“ rufen, aber seine Mutter schüttelte den Kopf. „Keine Sorge, Honey“, ermunterte die Frau den Burschen „sag es ruhig. Die Läden haben noch offen. Was wünschst du dir?“

Fast schüchtern schritt Porky zu ihr. Sie beugte sich zu ihm herunter. Zögerlich flüsterte der Junge sein Wunsch ins Ohr. Würde sie wirklich nicht böse sein? Oder war es nur ein Spass von ihr? Verlagen schaute er zu Boden und scharrte mit den Füssen. Schmunzelnd strich die Mutter über die von Spielen erörterte Wange von Porky. „Ist gut. Ich muss dafür nur schnell ein paar Kleinigkeiten einkaufen." Nickend nuschelte der Junge ein Dankeschön. Sanft drückte die Frau Porky an sich.

Der innige Moment wurde durch Ness, welcher unter der Last der Spielzeuge zusammenbrach, unterbrochen. Picky machte sich über das mädchenhafte Verhalten von seinem Bruder lustig. Schnaubend und gestikulierend rannte Porky auf seinen Bruder zu, welcher flink auswich. Tracy versuchte es zu schlichten. Was sollte sie aber schon gross tun? Wenn die zwei Brüder sich stritten, dann hörten sie so schnell nicht auf. Ness lachte nur und befreite sich von dem Spielzeugberg.Sie amüsieren sich. Wie schön, dachte sich die Mutter fröhlich, während sie zurück ins Haus ging.
 

Gerade wollte sie nachschauen, ob sie alle Zutaten für das gewünschte Gericht da hatte, da klingelte das Telefon. Eine aufgeregte Kinderstimme meldete sich.

„Hallo, ist Ness da?“

„Er ist draussen am Spielen. Darf ich ihm was ausrichten?“

„Darf ich ihn bitte selbst sprechen?“

Der schwarze Höher wurde auf das Telefontischen gelegt und sie schritt wieder nach draussen. Porky rannte immer noch wütend hinter Picky her. Tracy kämmte eine ihrer Püppchen und Ness tätschelte King. „Ness? Telefon für dich.“ Der Junge sprang auf, setzte seine Mütze auf und schlenderte ins Haus.

„Ma'am, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“ Porky, er war ein paar Mal hingefallen und trug nun einige Grasflecken auf seinen Hosen, stand vor der Mutter. „Nein, Darling“, sagte die Frau, stoppte ihm Satz und korrigierte sich. „Doch. Ihr wolltet doch noch ein Spiel spielen. Reisszwecken sollte es in der linken Schublade des Wohnzimmerschrankes haben.“ Sie klopfte ein paar Dreckflöckchen von seinem T-Shirt und schmunzelte. Sicherlich verwöhnte sie Porky und Picky zu sehr, jedoch brauchten auch sie Liebe und Geborgenheit. Die Mutter sagte den zwei Jüngeren, dass sie nun noch zum Laden ging. Hoffentlich würden um diese Zeit nicht wieder einige der Sharks in der Stadt herumlungern …

Porky, ganz der Gentleman, half der Frau noch in den Mantel und begleitete sie zum Gartenzaun. Nachher lief er in das Wohnzimmer. Da lenkte ihn die aufgeregte Stimme von Ness von seinem Vorhaben ab. Eigentlich wollte er nicht lauschen, jedoch war es auch unhöflich einfach hineinzuplatzen. Ausserdem war es nur Ness, der Versager.
 

„… Nö. Egal was du sagst. Warum? Weil mein bester Freund Geburs… Hey, das will ich nicht gehört haben! Na und? Weisst du was, ich muss auflegen. Schönen Abend noch.“ Grummelnd schlenderte der Junge hinaus aus dem Zimmer, nachdem er dem schwarzen Telefon die Zunge herausstreckte. Seinen Gast hatte er nicht gesehen. Porky hatte sich versteckt. Sein Herz klopfte. Wer hatte angerufen? Was genau haben sie besprochen? Warum hat Ness ihn schon wieder in Schutz genommen? Wütend schlug der dickliche Junge auf das Telefon. Nein, du darfst nicht das Eigentum von fremden Leuten kaputt hauen. „Wo warst du?“ Tracy schaute Porky mit grossen Augen an. „Ich hab was gesucht …“ Langsam befestige der Angesprochene die ausgeschnittenen Papierstreifen und Wollfäden an die Reiszwecke. Tracy kicherte und schnappte sich ihren Eselschwanz für das Spiel.
 

„Möchte noch jemand Sauce?“ Die Mutter blickte über den Tisch. Als alle den Kopf schüttelten, lächelte sie. Trotzdem schöpfte die Frau den beiden Gästen Kartoffeln nach. Friedlich assen sie zusammen das Abendessen. Sogar King bekam manchmal einen Happen ab. Eigentlich bewilligte die Mutter dies nicht. Hunde sollten nicht bei Tisch gefüttert werden, jedoch machte sie eine Ausnahme. Ausserdem konnte sie bisweilen selbst nicht Kings Betteleien widerstehen. Es wurde geplaudert und gelacht, jedoch auch gestritten und diskutiert. Die Stimmung war richtig familiär.

„Porky, ist alles in Ordnung?“, Ness schaute mit grossen Augen seinen Freund an. Die Mutter runzelte die Stirn. „Es ist nichts, Ma'am. Das Essen ist köstlich und ich fühle mich sehr wohl.“ Beschämt kratzte er sich am Kopf. Was sollte er schon sagen? Ness, ich habe dich belauscht? Nö. Ausserdem wollte sich Porky das Essen nicht vermissen lassen. Er schleckte sich die Finger ab und streckte den Teller verlangend hin: „Nochmals von allem, Bitte.“
 

Die Luftschlangen und Ballone wippten im Wind. Das Dessert wurde serviert. Tracy rieb sich müde die Augen. Brüderlich tätschelte Ness ihren Kopf. Während Porky Pickys Dessert aufass, holte die Mutter noch Taschenlampen. „Habt ihr alles?“, fragte sie besorgt nach. Die Schlafsäcke lagen schon ausgerollt im Gras. „Jetzt kommt rein, um euch die Zähne zu putzen und eure Pyjamas anzuziehen.“ Tracy gähnte und lehnte sich an ihren Bruder. Sanft stupste er sie an. Im Gänsemarsch trotteten die vier Kinder die Treppe hoch und drängelten sich um das Waschbecken. Natürlich musste sich Porky noch eine Handvoll Bonbons in den Mund stopfen. Obwohl die Kinder noch miteinander redeten bemerkte man ihre Müdigkeit. Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Mutter. Als alle in ihren Schlafsäcken steckten, gab die Frau jeden einen Gutennacht Kuss. Die zwei blonden Jungs erröteten leicht.

„Warte“, rief sie und ging zurück ins Haus. „Fast hätten wir dein Geschenk vergessen.“ Das Paket legte sie vorsichtig auf den Schlafsack mit den Schweineschnäschen. Neugierig schnüffelte King an dem Geschenk. „Falls was ist, kommt rein. Die Türe ist offen. Oder ruft laut.“ Die Frau strich die Schürze glatt. „Gute Nacht und träumt was Schönes.“ Ness, der King am Ohr kraulte, blickte zu Porky. Dieser ignorierte das Geschenk. Die Arme verschränkt und die Augen geschlossen lag er da. „Mein Junge, willst du bei uns übernachten oder ins Haus?“ Winselnd legte der Hund den Kopf schief. Lachend gab Ness ihn einen freundlichen Klaps.
 

Kaum war die Mutter und King im Haus verschwunden, grinste Picky breit. „Hey Bruderherz, hast du keine Angst vor Dracula oder Gespenstern?“ „Re-red keinen Un-unsinn, Schwä-ch-chling“, stotterte Porky während er panisch die Lage überprüfte. Tracy schluckte und klammerte sich an den Arm ihres Bruders. „Keine Angst“, sprach Ness herzlich und legte den linken Arm um das Mädchen.

„Ich beschütze dich. Vor allem und jeden, der dir Böses will.“

„Vergiss mich nicht, den unglaublichen gut aussehenden und mächtigen König der Welt“, rief Porky und wedelte mit den Armen. Picky schüttelte den Kopf. Warum war sein Bruder so ein Angsthase?
 

Eine beruhigende Stille legte sich über das Städtchen Onett. Tracy schlief friedlich, mit einer Hand hielt sie die von Ness und mit der anderen die von Picky. Der Junge lächelte im Schlaf. Was würden die anderen Kinder in der Schule sagen, wenn die wüssten, dass er bei Tracy übernachtete und ihr so Nahe war?

„Hey Ness. Schläfst du schon?“ Porky schüttelte den freien Arm seines Freundes. Schnarchend grunzte dieser. „Ness?“, Porky schüttelte fester. Sabbernd drehte sich Ness um. „Mein Steak … gut durch und mit Sauce … Mama du …“

„Wach auf!“, Porky hielt dem Träumenden die Nase zu. Wie erwartet wachte Ness auf. „Po …Po …Porky?“, gähnend rieb sich der Junge die Augen. „Musst du auf die Toilette?“ Zischend schüttelte der Blonde den Kopf. Verwundert sah Ness ihn an.

„Ich ...“ Porky atmete tief durch. Wie sollte er es am besten sagen? Er konnte wegen des Telefonates nicht einschlafen. Picky drehte sich um. Er hatte auf der geschlagenen Wange geschlafen. Sein Schlafsack war fast ganz offen.

„Musst du wirklich nicht auf die Toilette?“

„Verflucht, Nein!“

Porky verstand es einfach nicht. Warum feierte Ness nur mit ihm Geburtstag? Er hätte sich mit lustigeren Leuten treffen können. Porky biss sich auf seine Lippen. Das Paket lag immer noch unausgepackt auf der Seite.
 

„Sag mal, warum machst du das?“, flüsterte Porky. Stirnrunzelnd gähnte Ness. „Warum bist du so nett zu uns? Wir sind doch die Versager. Die Kinder der Minchs.“ Tränen stiegen in seine Augen. „WARUM?!“ Ness riss die Augen auf. So kannte er seinen Freund nicht.

„Du bist kein …“

„Spar dir dein erbärmliches Mitleid!“, schluchzend wollte Porky wegrennen, kriegte aber seinen Schlafsack nicht auf. „Porky“, Ness kontrollierte, ob die anderen zwei noch schliefen und wandte sich seinen Freund zu „beruhige dich.“ Er legte sanft eine Hand auf Porkys Schulter. Streichelte über seine Haare. Wartete geduldig, bis sein Freund sich gefasst hatte.

„Ness … Ich … Es …“

„Schon gut.“ Oh Gott, ist mir das peinlich. Warum gerade vor dem Liebling der Stadt? Zum Glück ist es dunkel … Ob die Kleinen aufgewacht sind? Verstollen blickte Porky auf Tracy und Picky.

Ness neigte den Kopf. „Was wolltest du mir sagen?“, fragte er ohne weiter auf Porkys Anfall einzugehen. „Weshalb bist du nicht zu deinen richtigen Freunden gegangen? Ich hab alles gehört. Leugne es nicht!“ Ohne Luft zu holen, ratterte Porky es runter. Er fixierte Ness. Dieser verstand nicht, was sein Freund meinte.

Seine richtigen Freunde? Porky war sein Freund. Nein. Er war sein bester Freund. „Porky. Du bist in letzter Zeit … Irgendwie …“ Ness versuchte die richtigen Worte zu finden.
 

Er erinnerte sich an ein Gespräch mit seinem Vater. Auch wenn dieser beruflich oft beschäftigt war, telefonierte der Mann so oft es ging mit seiner Familie.Was hat Dad mir geraten? Ich soll Porky und Picky zeigen, dass ich hinter ihnen stehe und sie mir alles anvertrauen können. Jedoch wie sollte er schon verstehen, wie es den zwei Jungs ging? Er und Tracy stritten sich auch mit den Eltern -welches Kind schon nicht?- dennoch wurden sie geschätzt und geliebt. Und egal was die Leute in der Stadt behaupteten, Porky und er waren Freunde.
 

„Ich weiss nicht, wie du dich fühlst. Zu Hause ist es für dich … sicher nicht leicht.“ Ness tätschelte den Arm seines Freundes. Er zog ihn nicht zurück. „Und mir ist es wirklich egal, was Maik und Johnny sagen. Du bist mein allerallerbester Freund. Weisst du warum?“ Ungläubig blinzelte Porky. Doch er klammerte sich trotzdem an seinen Freund. „Du bist echt einzigartig. Nein, nicht so gemeint.“ Schnell hob Ness beschwichtigend seine Hände.

Eine Katze huschte durch den Garten und genehmigte sich einen Happen aus Kings Futternapf. „Porky. Egal was die Anderen dir einreden wollen: Du bist einmalig. Du hast sogar Eigenschaften, die ich auch gern hätte.“ Nickend winkte er die stumme Frage des Freundes ab. „Du bist ehrgeizig. Pfiffig. Du weisst genau, was du willst. Hast ein Ziel für dein Leben. Kannst Leute motivieren und bist ein guter Stratege. Weisst immer, was man zu wem was sagen muss. Du bist wirklich geborener Anführer.“

Ness befreite sich aus dem Schlafsack und umarmte den überraschten Porky. „Komm, mach endlich das Päckchen auf.“ Nur zu gerne tat dies der Angesprochene. Nicht weil er so dringend wissen wollte, was drin war. Sondern um die für ihn peinliche Situation zu mildern.
 

Leise wickelte der Junge das Geschenk auf. Ness hielt ihm die Taschenlampe. „Na wie findest du es? Ich hoffe er gefällt dir. Oder etwa nicht?“ Schweigend betrachtete Porky den Jo-Jo. Ness schien nervös zu sein. Endlich sagte Porky was. „Danke.“ Sein Blick glitt zu Ness. Dieser wusste genau, was sein Freund als nächstes Fragen würde.

Er stupste sanft Porkys Nase, lächelte und sagte schlicht:“ Weil du doch mein Freund bist.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  KiraNear
2013-09-26T21:43:00+00:00 26.09.2013 23:43
Ich muss jetzt mal ganz ehrlich sein - in der Anfangszeit, in der ich Porky kennenlernte, mochte ich ihn überhaupt nicht. Ich fand ihn egoistisch, nervig, betrügerisch - kurz gesagt, er war wie eine Art 2. Cartman für mich. Nur ohne die ganzen rassistischen Sprüche. Als ich mir das LP zu Earthbound ansah (und das Spiel auch selbst spielte), war er wie ein Rivale für mich. Immer einen Schritt voraus, immer am längeren Hebel, immer ausnutzend, gemein und verletzend. Ich mochte ihn wirklich nicht. Als ich dann das LP zu Mother 3 sah, waren auch da seine Aktionen unverständlich für mich. 

Bis ich mir Gedanken machte. Bis ich schließlich noch das LP zu Mother 1 sah. Und bis ich mich mit dem Charakter näher befasste. Beim zweiten Mal, als ich das Spiel wieder anspielte, hat mir Porky viel mehr Leid getan. Seine Familie ist im Grunde kaputt - seiner Mutter ist alles egal, sein Vater ist herrschsüchtig und jähzornig - hat man ja mitbekommen, dass er seine Kinder geschlagen hat. Ich finde es im Spiel nur schade, dass nicht so wirklich rüberkommt, wie Ness über Porkys Entwicklung denkt. Aber vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen, eben, weil er auch nichts schlechtes über ihn gesagt hat. Und dann das Jo-jo im dritten Teil ...

Eigentlich ist die ganze Serie irgendwo voll mit Dramen und Leid, wenn man mal ganz ehrlich ist^^°

Sorry, das musste ich loswerden - nun aber zur FF selbst: Es hat wirklich, wirklich sehr viel Spaß gemacht sie zu lesen. Zwischenzeitlich sind mir auch die Augen ein wenig feucht geworden. Wie ich bereits angedeutet habe, fällt es mir immer leichter, Porkys Motive und seine Hintergründe zu erkennen - und deine FF hat auch einen weiteren Teil dazu beigetragen. Und schon wieder wünschte ich mir, ich könnte während des Spielens des zweiten Teils Ness' Gedanken dazu lesen >_<

Ich freu mich schon auf eventuell weitere FFs, falls du noch welche in Planung haben solltest^^
Antwort von: Lupus-in-Fabula
27.09.2013 13:26
Ganz unter uns Gebetsschwestern: Ich habe ihn auch nicht gemocht. Kam auch von Aligator, der beim LP nie ein gutes Wort für Porky übrig hatte. Für mich war Porky ein richtiges A-kind. Jemand den man einfach nicht mochte. Der beim Spielen immer die Regel ändert. Der dir das letzte Stück Kuchen wegfrisst.
Und im dritten Teil wünschte ich ihn die Pest und Cholera an den Hals. Er sollte grausam Sterben.

Bei mir war der Stein des Anstosses, als ich es selbst spielte. Und ich mich im Netz herum sah. Da tauchten einige Fanarts auf. Auch las ich FF über ihn.
Das er geschlagen wird (auch wenn die amerikanische Version abgeschwächt wurde) sah man. Was mich auch irritierte war, das sein Vater das Büro vergolden liess. Da kommt mir der verdacht, das der Gute das erste und letzte Mal stolz auf Porky war... Aber das ist eine andere Geschichte :)
Was ich sagen wollte: Wie mehr ich mit den NPC im Spiel sprach und ich mich im Netz informierte, desto mehr Mitleid bekam ich für ihn. Auch einige Stellen in Mother 3 machten mich hellhörig.

Ja, die Mother Serie könnte mit den klassischen Werken mithalten. Liebe, Hass, Verrät, Tod, Leben, Freundschaft...

Kein Problem.
Wir wenigen deutschen Motherfans müssen zusammenhalten :D
Und ich plaudere gern über alles mögliche (Ok, dass hat zwar in den Kommentare nichts verloren, aber egal).

Zu der Kritik zu der FF:
Das grösste Lob ist für mich, das dir die Augen feucht geworden sind. Dieses Gefühl wollte ich beim Leser hervor rufen.
Und das du dir mehr Gedanken über Porky machen konntest, freut mich.
Wichtig ist auch das es Spass gemacht hat zu Lesen. Ich wollte die Lebensfreude und Spontanität von Ness gegen die Verbitterung und Abscheu gegen die Menschen von Porky gegenüber stellen.

Ich lade noch einen OS und zwei Kapitel (diesmal nichts direktes von und mit Mother)hoch.
Und mit Porky habe ich was besonderes vor. Lass dich überraschen :)

P.s
Ich hätte auch öfters gern Ness Gedanken zu den Ereignissen gesehen. Besonders als Venus ihm ein Bussy gegeben hat ;)


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