The taste of falling rain. von Anemia ([Crashdiet - FF]) ================================================================================ Prolog: Prolog - "Wahrscheinlich habe ich einfach Talent." ---------------------------------------------------------- "Jetzt bin ich dran." Keine Reaktion folgte meinerseits auf seine Worte, die ein kokettes Lächeln begleiteten. Jenes fiel mir trotz meiner Konzentration auf die ganze Situation auf, als ich mich über sein Gesicht beugte. Peter fackelte nicht lange, ergriff sanft meine Hüften und ich sah dies als endgültiges Zeichen, mich auf den Rücken zu legen. Unter ihn. Erst jetzt fühlte ich, wie feucht meine Haut geworden war. Erschreckend schweißbenetzt lag ich da, mich etwas unsicher auf das Polster der Couch schmiegend und kämpfte mit den unaufhörlich kreisenden Gedanken in meinem Kopf. Doch jeder einzelne Kuss, den Peter auf meine Haut drückte gepaart mit der Gewissheit, dass er sich meiner intimsten Stelle mit jeder verstreichenden Sekunde mehr näherte, ließ mich mehr und mehr in eine Welt der Willenlosigkeit abdriften. Egal, ob ich das wollte oder nicht. Es waren kleine Blitze, die durch mich fuhren, wann immer seine Lippen mich berührten, zusätzlich bauten sie einen starken Druck in meinen Lenden auf. Und er wurde stärker, als Peter mich letzten Endes in den Mund nahm. Ich bäumte mich vor Erschrecken und aufgrund des überwältigenden Gefühls auf. Keuchte sogar leicht, gab mir jedoch Mühe, sofort wieder zu verstummen. Ich wollte mir selbst nicht eingestehen, dass ich mich ihm hingab. Seine Zärtlichkeiten genoss. Seine Zunge in diesem Augenblick anbetete wie eine Königin der Lust. Doch ich tat es. Mein Körper gehorchte meinem Kopf einfach nicht mehr. Trotzdem ich kaum mehr klar denken konnte, realisierte ich erstaunt, wie gekonnt Peter mich zu verwöhnen wusste. Ehrlich, es trieb mich beinahe ins Jenseits, als er mich immer schneller lutschte und sich speziell auf meine Spitze konzentrierte. Er konnte es. Er konnte es so viel besser als ich. Dennoch hatte es ihm sichtlich gefallen, meine etwas unbeholfenen Zärtlichkeiten zu empfangen. Laut war er, und es hatte mich sogar mit einem kleinen Schamgefühl berührt, ihn so außer sich zu erleben, komplett außer Kontrolle. Nun war ich es, der sich gegen seinen Willen immer weniger zu beherrschen vermochte. Zu sehen, wie der blonde Haarschopf sich direkt über meiner Mitte auf und ab bewegte, forderte meine Lust zusätzlich heraus. Der Druck stieg ins Unermessliche. Ich hielt die Luft an. Immer dann, wenn er mich beinahe so weit hatte. Um das Gefühlte zu kompensieren, versuchten meine Hände Halt im Stoff des Sofas zu finden. Doch es half nichts. Ich musste mich letztlich diesem Wahnsinn beugen, ich konnte einfach nicht mehr. Noch einmal spürte ich den Druck in mir aufsteigen, welcher so intensiv war, dass es mir kam. Aber schon nach wenigen Sekunden, in denen die Lust Zeit hatte, abzuebben, lag ich heftig atmend da und erlangte meine rasenden Gedanken zurück. Meine Schuldgefühle. Reue. Und sogar Scham. Peter schien von all den Dingen, die in meinem Kopf vor sich gingen, nichts mitbekommen zu haben. Sein Schmunzeln wollte nicht mehr aus seinem etwas geröteten Gesicht weichen, auch nicht, als er sich auf mich schmiegte und ich auf nichts, was er tat, reagierte. Natürlich bekam ich mit, wie liebevoll er ein paar Haarsträhnen von meiner verschwitzten Stirn löste und sie nach hinten strich. Ich hätte natürlich auch eine Reaktion zeigen können. Doch trotz allem war Peter mein Freund, mein bester Freund. Ich hätte ihn niemals schlagen können. Jedoch war es genau das, was ich am liebsten getan hätte. Eine ungreifbare Wut war in mir erwacht und es kostete mich meine ganze Kraft, ihrer Auslebung zu widerstehen. "Du scheinst Erfahrung mit Männern zu haben." Meine Stimme klang noch immer rau und zerschnitt die friedliche Stille selbst für meine Ohren viel zu plötzlich. Jedoch benötigte ich irgendeine Ablenkung, um nicht doch meine Hand zu erheben und gegenüber Peter, der im Grunde nicht mehr Schuld an dem Ganzen trug als ich, handgreiflich zu werden. Ich blickte ihn nicht an, sondern betrachtete die Dämmerung, die vor dem Fenster eingesetzt hatte. Hoffend, diese vermochte mich ein wenig zu beruhigen. Aber das war schwer. Erst recht, als Peter zu einer Antwort ansetzte. Viel zu nahe an meinem Ohr. "Ach, Erfahrung", murmelte er, und man konnte seiner Stimme entnehmen, dass er noch immer lächelte. "Erfahrung kann man es nicht nennen. Wahrscheinlich habe ich einfach Talent." Nun lächelte auch ich. Jedoch war meines kein echtes Lächeln, das von Freude oder Zuneigung rührte. Nein. Meines war ein bitteres Lächeln. Und ich spürte, wie es noch einige Zeit auf meinem Gesicht schwelte, ohne wirklich zu verschwinden. Peters Haarsträhnen kitzelten mich in der Halsbeuge. Wut flammte auf, stärker denn je. Als ich dann noch seinen Kopf realisierte, wie dieser sich behutsam auf meine Schulter legte, spannte sich jeder Muskel meines Körpers an und ich wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Dass ich der Situation entkommen musste. Sie zu beenden hatte. Doch da ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, reagierte ich vollkommen falsch. Wenn ich gegen irgendjemanden handgreiflich vorgehen musste, dann war es nur ich selbst. Ich durfte Peter nicht die ganze Schuld in die Schuhe schieben. Zu manchen Dingen gehörten einfach zwei und eigentlich hatte nur ich es zu verantworten, dass es passiert war. Nur ich und mein Weltschmerz. Meine Suche nach Trost. Allerdings war diese vergebens. Im Grunde vermochte mich niemand zu trösten. Auch nicht Peter. Und schon gar nicht mit solchen Mitteln. Dave war tot und wurde auch, indem ich Sex mit meinem besten Freund hatte, nicht mehr lebendig. Der Stich in meinem Herzen musste verschwinden. Ich hielt ihn nicht aus. Er zerfraß mich regelrecht, machte alle meine Gedanken mürbe und verwandelte mich in ein willenloses Wesen, das von seinen Emotionen beherrscht wurde. Das durfte nicht sein. Ich war ein starker Mann, ein starker Mann, der sein Leben in die Hand nahm, immer. Der sich eigentlich nie zu so einer Tat hinreißen gelassen hätte. Auch der tiefe Seufzer, den ich tätigte, wusste die Anspannung in meinen Knochen nicht zu lösen. "Lass uns ins Bett gehen", murmelte ich, woraufhin ich mitbekam, wie Peter sich erhob und über mich hinwegkletterte. Nur ich machte noch immer keine Anstalten, aufzustehen. Auch nicht, als mein Freund für meinen Geschmack viel zu nackt vor mir stand und ich an seinen unruhig wirkenden Beinen erkannte, dass er es kaum erwarten konnte, im Bett mit dem weiterzumachen, womit wir begonnen hatten. Wahrscheinlich erhoffte er sich eine erneute Sexrunde, aber die konnte er sich gleich abschminken. Schon dieses eine Mal war einmal zu viel. Jede Berührung, jeder noch so kleine, aber eindeutige Blick durfte nicht stattfinden. Vielleicht hätte ich das Ganze weniger bereut, wenn ich keine Frau gehabt hätte. Vielleicht hätte ich dann in Peter meinen Trost gefunden. Vielleicht hätte es mir geholfen, für ein paar Minuten mal nicht an Dave zu denken. Vielleicht aber hätte es auch gleich noch unsere Freundschaft zerstört. Das Wichtigste, was mir noch geblieben war. Nie hätte ich es mir verziehen. Aber vielleicht war der Konjunktiv auch überflüssig. Vielleicht hatte ich Peter mit dem ersten Kuss bereits verloren. Und der Sex hatte schließlich alles noch halbwegs Heile kaputt gemacht. Dahingerafft. Wie mein ganzes Leben. Es war ein Scherbenhaufen. Ein einziger Scherbenhaufen. Kapitel 1: 1. Kapitel - "Du bereust es, nicht wahr?" ---------------------------------------------------- Es gab Tage, an denen fühltest du die Müdigkeit zwar physisch, dennoch findest du partout keinen Weg ins Traumland. Heute war so ein Tag. Und ich fühlte mich, als ob ich wahnsinnig werden müsste. Auf der Straße vor dem Haus war längst die Ruhe der Nacht eingekehrt. Alle Welt schien sich in sanften Schlummer zu wiegen und selbst Peter atmete bereits sehr tief und ruhig. Nur ich wälzte mich seit Stunden hin und her und konnte meinen kreisenden Gedanken kein Ende bereiten. Auf der einen Seite war da Dave, der mich schelmisch angrinste, mir grob auf den Rücken klopfte und literweise Alkohol vernichtete. Vor meinem geistigen Auge wirkten diese Bilder so echt, so greifbar und so real, als ob mein Freund noch immer unter den Lebenden verweilen würde. Aber das tat er nicht. Dave war tot. Unwiederbringlich tot. Obwohl es schon einige Wochen zurücklag, an dem ihn einer seiner besten Kumpels leblos in seiner Wohnung aufgefunden hatte, schmerzte es noch so wie in der Minute, als ich von seinem Ableben erfahren hatte. Alles krampfte sich bei dem Gedanken, Dave nie wieder zu sehen, in mir zusammen. Es fühlte sich schier unerträglich an und so unfassbar, dass ich es manchmal für einen bösen Traum hielt. Aber das war es nicht. Es war kein Traum. Und es würde kein Erwachen geben. Aber vielleicht, und nur vielleicht erging es Dave nun besser, dort wo er sich nun befand. Die Welt war nicht der richtige Ort für ihn, das hatte er erkannt. Nur verdammt noch mal, Selbstmord ist das Egoistischste, was man durchziehen kann! Es gab doch immer Menschen, die einen liebten, einen vermissen würden - und in Daves Falle waren das abertausende! Die Fans, seine Freunde und nicht zuletzt seine Band! Wir hätten doch eine Lösung finden können für seine Probleme. Irgendwie ging es doch immer weiter, egal, wie hart das Leben schien. Es war sinnlos. Wie oft hatte ich diese Gedankengänge verfolgt, ohne zu einer Lösung zu kommen? Schließlich gab es diese nicht. Wir alle waren vor vollendete Tatsachen gestellt worden, ganz plötzlich, wie aus dem Nichts. Es war Daves Entscheidung und es war Daves Leben und er konnte verdammt nochmal damit machen, was er wollte. Egal, ob uns das gefiel. Und im Grunde war Dave schon immer jemand gewesen, der nicht auf andere hörte und sein eigenes Ding durchzog. Zudem fast immer erfolgreich. Zum wahrscheinlich hundertsten Mal drehte ich mich um. Deckte mich auf. Deckte mich wieder zu. Streckte alle Viere von mir. Zog die Beine an meinen Körper. Doch es half nichts. In meinem Kopf wütete ein Chaos immensen Ausmaßes und ich hatte keine Ahnung, wie ich der ganzen, irren Materie Herr werden sollte. Zwischen die Erinnerungen an Dave mischten sich nun auch noch die frischen Reuegefühle, die mir die Sache mit Peter beschert hatte. Unfassbar, Sweet, unfassbar. Da fuhr deine Ehefrau für ein paar Wochen zu ihrer alten, kranken Mutter nach Malmö, um für sie zu sorgen und du danktest ihr diese gute Tat, indem du sie vom Allerfeinsten betrogst. Mit deinem besten Freund. Anfangs sollte er mir lediglich eine Schulter zum Ausweinen bieten. Doch dann waren diese Dinge einfach passiert. Plötzlich verspürte ich den Wunsch, Peter ganz nah zu sein, ihn zu küssen, ihn zu streicheln und noch ganz andere Sachen mit ihm zu machen. Von einem Augenblick auf den anderen war er für mich zum schönsten Menschen auf der ganzen Welt geworden und diese Erkenntnis schlug in mich ein wie eine Bombe. Willenlos saß ich neben ihm, schaute ihm wie verzaubert in die Augen und verlor jeglichen Funken Beherrschung. Ja, zum Teufel nochmal, ich war an allem schuld! Ich hatte angefangen, Rotz und Wasser zu heulen und versucht, meinen Kummer in Alkohol zu ertränken. Ich war es, den der Totalflash hinterrücks überfallen hatte und nicht mehr losließ. Nicht Peter. Ich hätte ihn nicht für meinen Bockmist verantwortlich machen dürfen. Aber ich tat es. Schließlich hatte mich Peter nicht von diesem wahnsinnigen Unsinn abgehalten, sondern war fröhlich mit eingestiegen und schlug letztendlich vor, zu mir zu gehen, um mich happy zu blasen. Ja, und nun lagen wir hier, er tief und fest schlafend, während ich schwitzte wie ein Tier, mich hin und her wälzte und keine Ruhe mehr fand. Als ich mich erneut von Peter wegdrehte, um ihn nicht mehr sehen zu müssen, stieß ich diesen versehentlich mit dem Fuß an, sodass er leise etwas grummelte und offensichtlich erwachte. Es dauerte noch eine Weile, ehe er seine Sprache widererlangte, aber schließlich erfuhr ich, dass er selbst im Schlaf bemerkt haben musste, wie unruhig ich war. "Was ist denn los?", wollte er schlaftrunken von mir wissen, ich aber betrachtete abwesend die Jalousie vor dem Fenster und fand Peters Nähe noch unerträglicher, als der andere sich hörbar im Bett bewegte. "Kannst du nicht schlafen?" Und der Preis für die intelligenteste Frage geht an Mister London. Herzlichen Glückwunsch. "Nach was sieht's denn aus?", gab ich mürrisch zurück und hoffte inständig, der Typ würde nicht auf die Idee kommen und sich an meinen Rücken kuscheln. In diesem Falle hätte ich für nichts garantieren können. Auf meine ebenso bekloppte Gegenfrage wusste Peter nichts zu antworten. Er verhielt sich für einen Augenblick wieder ruhig, dann aber regte er sich wieder hinter mir mit einem leichten Rascheln der Bettdecke. "Ist ziemlich warm, mh?" Die einzige Reaktion, die ich daraufhin zeigen konnte, war ein belustigtes Schnauben mit sarkastischem Grinsen. War er tatsächlich so ignorant oder tat er nur so? Eigentlich dachte ich, Peter wüsste nun ein wenig besser, wie es in meinem Kopf aussah, da ich ihm lang und breit mein Herz ausgeschüttet hatte, aber wahrscheinlich hatte ich mich getäuscht. Wahrscheinlich glaubte er, nur weil er mir einen geblasen hatte, dass mit dem Sperma auch die Sorgen und Probleme aus mir gewichen wären, sich Peter in den Mund spritzten und er sie einfach schlucken konnte. War er naiv oder einfach nur dämlich? Oder hatte er mir überhaupt nicht zugehört, als ich ihm meinen Kummer beichtete? Besonders krass war allerdings auch die Tatsache, dass Peter überhaupt nicht zu leiden schien. Ich hatte ihn nicht eine Träne um Dave weinen sehen, nicht mal auf der Beerdigung kam ein Funken Gefühl von seiner Seite. Nichts. Dabei war Dave nicht nur meiner, sondern auch Peters Freund gewesen. So dachte ich. Aber inzwischen zweifelte ich ehrlich daran, ob er Dave wirklich geliebt hatte, so wie Eric und ich. "Könntest du rüber auf die Couch gehen? Das Bett ist zu klein für uns, glaube ich." "Aber hier schläfst du doch auch mit deiner -" "Peter." Das letzte Wort klangen drohend, und das sollte es auch. Ich war ein friedlicher Zeitgenosse, ohne Frage, aber heute konnte ich für nichts garantieren. Wer nervte, lief Gefahr, ein paar aufs Maul zu bekommen. Da konnte Peterchen noch so niedlich aussehen. Im Moment war mir alles egal. Ich wollte einfach nur, dass er verschwand. Ich ertrug es nicht mehr, ihn neben mir liegend zu wissen. Denn es fühlte sich falsch an. Komplett falsch. Hätte ich die Zeit zurückdrehen können, ich hätte es ohne zu zucken getan. Aber ich war nicht Gott. Ich war gar nichts. Ich war einfach nur ein Mensch, der mit sich selbst kämpfte. Und dem man auch nicht helfen konnte. Weil man ihn nicht verstand. Peter hatte es mir ja eindeutig bewiesen. Ich hörte am Rascheln der Bettwäsche und am Absenken der Matratze, dass Peter sich schließlich erhob und ohne ein weiteres Wort zu verschwenden in den Nebenraum ging. Für einen Moment lang fühlte ich ein Gefühl der Erleichterung in mir aufsteigen, aber an Schlaf war noch längst nicht zu denken. Die Gedanken an Dave, aber auch an Marie und Peter raubten mir den letzten Nerv. Inzwischen hatte sich ein Gewitter zusammengebraut und irgendwo donnerte es bereits leise. Vereinzelt erhellten Blitze mein Schlafzimmer und lenkten mich etwas von meinem Hirnchaos ab, dennoch fand ich einfach keine Ruhe. Obwohl es sich stark abgekühlt hatte und von den sommerlichen Temperaturen des Tages nicht mehr viel übrig war, suchten mich ständig Schweißschauer heim, die meine Haut feucht werden ließen und sich unerträglich anfühlten, passend zu meiner Gedankenflut. Die ganze Welt schien mich in den Wahnsinn treiben zu wollen und das Schlimme war: Sie schaffte es auch. Selbst nach einigen gefühlten Stunden hatte sich das Gewitter noch immer nicht weggefunden. Immer wieder grollte wütend der Donner nach einem aufzuckenden Blitz. Wie spät war es wohl? Wollte ich es überhaupt wissen? Egal, meine rechte Hand griff unweigerlich zum Handy, das ich wahrscheinlich irgendwo in meinen Klamotten - Verdammt. Meine Klamotten lagen im Wohnzimmer, dort, wo ich sie ausgezogen hatte, um mit Peter...ich dachte besser nicht näher darüber nach, sonst drehte sich das Gedankenkarussel nur noch schneller. Ich beschloss, aufzustehen um das Ding holen zu gehen. Länger hielt ich es ohnehin nicht mehr im Bett aus, es war ekelhaft warm und so ungemütlich, als hätte ich meinen Rücken auf einen Stein geschmiegt. Deswegen war ich fast schon froh darüber, mich endlich in die Horizontale begeben zu können und ein paar Schritte durch die Dunkelheit zu unternehmen. Den Weg zur Tür fand ich zum Glück blind und als ich die Klinke nach unten drückte, bemühte ich mich, dies so leise wie möglich zu tun. Peter zu wecken wollte ich um jeden Preis vermeiden, denn der hätte gleich wieder mit seiner dämlichen Fragerei begonnen und förmlich nach einer Ohrfeige gebettelt. Wenn er aber im Traumland verblieb, und ich war mir ziemlich sicher, dass er schnell wieder eingeschlafen war, schließlich schien er den Seelenfrieden für sich gepachtet zu haben, hielt er wenigstens seinen Mund. Doch da das Schicksal mich ohnehin hasste, hörte ich es von der Couch her rumoren, als ich den ersten Fuß in das Wohnzimmer setzte. Schön, dachte ich sarkastisch und verdrehte seufzend die Augen. Wenn er auch nur ein Wort sagte, würde ich mich zum Blumentopf schleichen, die Stange, die für ein gerades Wachstum der Pflanze sorgte, herausrupfen und sie Peter in den Arsch schieben. Quer, versteht sich. Denn ich hatte dermaßen die Schnauze voll von ihm, dass es mir fast schon zu viel war, ihn auch nur in meiner Wohnung zu wissen. Ohne den anderen zu beachten, näherte ich mich dem Sofa, bückte mich, um in meinen davor liegenden Klamotten zu wühlen, schnappte mir schließlich mein Handy und wollte mich wieder verpissen, aber Peter machte mir selbstverständlich einen Strich durch die Rechnung. Argh, schrie alles in mir. Und das Donnergrollen passte perfekt zu mir und meiner Laune. Nun war Peter fällig. Denn er räusperte sich und machte dann den Mund auf, um Worte herauspurzeln zu lassen, die ich nicht hören wollte. "Kannst auch nicht schlafen, was?" "Nee." "Ich auch nicht mehr." Ach was! Selbst der coole, lässige Peter litt an Schlaflosigkeit. Wie konnte das denn funktionieren? Der helle Haarschopf bewegte sich in der Dunkelheit. Letztlich hatte er sich mitsamt seinem Besitzer komplett aufgerichtet und nun wusste ich auch, dass Peter mich anschaute und es ebenso wenig wie ich weiterhin versuchen wollte, einzuschlafen. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Aber was wollte ich machen? "Das Gewitter ist ganz schön heftig", setzte der andere wieder an, obwohl er nun langsam mal gemerkt haben müsste, dass mir nicht der Sinn nach einem Gespräch stand. "Kann man das nicht irgendwie ausschalten?" So wie deine Gefühle?, dachte ich und schnaubte. Sag mir, wo sich dein Knopf befindet, mit dem du alle Emotionen ausknipst. Ich würde dich für dieses Wissen lieben, Peter. Ach was, ich würde dich auf der Stelle heiraten. Warum ich eigentlich noch nicht die Flucht ergriffen hatte, blieb mir selbst rätselhaft. Aber ich stand selbst Sekunden später noch im Raum und ließ meine Blicke mal hierhin, mal dahin wandern. Ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen. Doch das war für Peter natürlich kein Anreiz, es mir gleichzutun. Und um ehrlich zu sein befand sich dieses Mal eine echt brillante Idee zwischen seinen leeren Worthülsen. "Willst du auch eine rauchen?" ***** Nun standen wir hier. Auf dem Balkon. Mitten im Gewitter. Aber kümmerte es uns? Nein. Ich fröstelte nicht einmal, obwohl ich lediglich meine Unterhose angezogen hatte und selbst die Blitze konnten mich nicht davon abhalten, mich mit den Armen auf der Brüstung abzustützen. Ob es Peter kalt war? Er trug ebenfalls nicht mehr als ich, aber er sah auch nicht so aus, als würde er sich jeden Moment den Tod holen. Und er fürchtete sich vielleicht nur ein klein wenig mehr vor der Naturgewalt, die weit über uns tobte. Er wirkte nicht minder entspannt als ich, nur lehnte er sich nicht so weit vor wie ich es tat, sondern stand unter der Plane und hielt die Wand davon ab, umzufallen. "Wusstest du, dass die Götter im Himmel Sex haben, wenn es donnert?" Natürlich, ein Sinnloskommentar. Etwas, das mich momentan so sehr interessierte wie das Verdauungssystem eines Seesterns. Wenn Peter neben Bassspielen etwas gut konnte, dann war es labern. Labern, labern, über Gott und die Welt, aber auf einem Niveau, das so manchen Philosophen die Kloschüssel anbeten gelassen hätte. "Nee. Wusst ich nicht." "Dann weißt dus jetzt." Ich schwieg. Wollte auf seinen Unsinn schlichtweg nicht reagieren. Gleichzeitig war ich allerdings ein wenig neidisch auf ihn. Er konnte denken, an was er wollte, und ich musste mich dem fügen, was mein Gehirn so an Informationen durch die Windungen schickte. Peter war frei. In jedem Belang. Peter hatte weder eine Frau, die sich auf seine Treue verließ, noch juckte ihn die Sache mit Dave. Dafür juckte sie mich umso mehr. Die ganzen Szenarien, welche sich hinter meiner Stirn aufbauten, verursachten Magenschmerzen, die ich mit dem Inhalieren des Zigarettenrauches zu überdecken versuchte. Aber meine Nerven beruhigte heute Nacht nichts mehr. Selbstmitleid ahoi. "Du bereust es, nicht wahr?" Mein Blick schweifte langsam über die graue Nachtlandschaft und hing irgendwann an der blonden Gestalt, die ich nur schemenhaft wahrnehmen konnte. "Was?" Peter zuckte nur die Schultern. "Du weißt genau, was." Natürlich. Und ob ich das wusste. Ich konnte nur nicht fassen, dass Peter tatsächlich über einen der größten Fehler meines Lebens debattieren wollte. Im Stillen hatte ich bereits zur Genüge über unsere Zusammenkunft nachgedacht und sie tatsächlich bitter bereut. Alles andere wäre auch extrem verwerflich gewesen. Man betrog nicht einfach die Frau seines Lebens und erinnerte sich mit Stolz an jedes noch so kleine Detail der pikanten Szene, die hätte niemals stattfinden dürfen. Wenn Peter auch nur ein einziges Mal mitgedacht hätte, hätte er sich seine Frage selbst beantworten können. Aber so war unser Bassist nun mal. Er lebte in den Tag hinein und machte sich über nichts Gedanken. Ein Kind war er, ein verdammtes Kind, welchem solche Gefühle wie Liebe zu einer Frau völlig unbekannt waren. Seine Beziehungen bestanden alle nur aus Sex, das war es, was er sich von einer Dame erhoffte. Und was er einer Dame geben konnte. "Natürlich bereue ich es." Da hatte er seine Antwort. Sollte er nun damit tun und lassen, was er wollte. Ich jedenfalls war es leid, über die Sache nachzudenken. Wollte sie viel lieber totschweigen. Niemand sollte davon erfahren. Auch nicht Marie. Im Grunde war die Sache, die ich nicht mal als Sex bezeichnen würde, eine unbedeutende Angelegenheit, die sich einfach nicht gelohnt hatte. Schlecht war es nicht, objektiv betrachtet, aber auch nicht besonders. Männer waren einfach nicht mein Ding und Peter hatte es deutlich zu spüren bekommen, glaubte ich. Besagter allerdings entließ mich noch nicht wieder in meine tiefe Gedankenwelt. Er verhörte mich weiter. Und die Wut auf ihn wuchs wieder. "Warum hast du es dann nicht einfach abgebrochen?" Meine Fresse. Als hätte ich mir selbst diese Frage noch nicht gestellt. Aber ich gelangte zu keiner einleuchtenden Antwort, egal, wie lange ich mir den Kopf darüber zermarterte. Wahrscheinlich waren in jenem Augenblick die Triebe stärker als die Vernunft. Auch ich war nur ein Mann und Männer waren recht einfach gestrickt, das schien immer eindeutiger zu werden. Die meisten Vertreter dieser Gattung standen auf Sex, erkoren es zu der wichtigsten Sache in ihrem Leben und stellten dafür alles andere in den Hintergrund. Unbewusst war ich auch so. Es war mein Schicksal, lag in meinem Chromosomensatz. Trotzdem, das entschuldigte nichts. Überhaupt nichts. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, dass Peter sich nun von der Wand löste und sich schließlich zu mir an die Brüstung gesellte. Nun waren wir schon zwei, die sich die stille Nacht anschauten, als wäre sie das Interessanteste auf der ganzen Welt gewesen. Irgendwie war sie es sogar. Wenn sich der aufsteigende Rauch unserer Zigaretten vermischte, dann übte das eine nicht greifbare Faszination auf mich aus. Weil mich der Anblick beruhigte. Auch wenn es nur für wenige Sekunden eine Flucht aus meiner Gedankenwelt bedeutete. "Dir hat es gefallen. Deswegen hast du nicht aufgehört." Meine Mundwinkel zuckten. Wie konnte er es wagen, so eine These in den Raum zu stellen, obwohl er nichts wusste, überhaupt nichts wusste, sich auch gar nicht für das interessierte, was in mir vorging? "Nee. Nicht wirklich." Und ich log nicht einmal. Wenn Peter es verlangt hätte, ich hätte es ihm auch klipp und klar ins Gesicht gesagt, dass es nicht berauschend mit ihm fand. Dass ich schon bessere Partner hatte. Weibliche Partner, die ich zu verwöhnen wusste. Nur blasen, das ließ ich als Peters geheimes Talent durchgehen. Wahrscheinlich hätte ich es als gut betrachtet, wäre da nicht diese verdammte - "Aber mir hat es gefallen", hörte ich Peter neben mir säuseln. Einen letzten Zug nahm ich von meiner Zigarette, ehe ich den Stummel in die Tiefe sausen ließ. "Schön für dich", seufzte ich, versuchte, so gelassen wie möglich zu klingen. Aber das war schwer. Jedes seiner Worte glich für mich einer hintergründigen Provokation und bereits jetzt presste ich die Zähne aufeinander und ballte meine Hände zu Fäusten. Schön für ihn. Schön, dass er seinen Spaß hatte. Auf meine verdammten Kosten! Und er schien sein Ziel noch nicht erreicht zu haben. Er wollte mich unbedingt austicken sehen, mutmaßte ich. Oder er merkte überhaupt nicht, dass er kurz davor war, sich eine einzufangen. Er hing mit dem Kopf in den Wolken und sah nur die Dinge, die er sehen wollte. So kannte ich ihn, so kannten wir ihn alle. Doch seine Ignoranz war manches Mal einfach nicht zu ertragen. Er war näher gekommen, das realisierte ich erst, als seine Schulter die meine streifte. Diese Berührung erschien mir unerträglich. Deswegen wich ich ein paar Zentimeter zurück. Aber es hielt Peter nicht davon ab, nun die größte Bombe zum Platzen zu bringen. "Zu sehen, wie mein süßer, heterosexueller Martin meinen Schwanz im Mund hat, war einfach...obergeil." "Halts Maul, London. Und verpiss dich." Meine letzte Drohung. Und sie fand Gehör. Peter machte sich tatsächlich vom Acker, allerdings erst, nachdem er mir im Bruchteil einer Sekunde einen frechen Kuss auf die Wange gedrückt hatte, was mit einem Wuscheln durch mein ohnehin schon zerzaustes Haar einherging. Kaum, dass ich mitbekam, was geschehen war, hatte Peter sich schon in das Wohnzimmer zurückgezogen und mich allein im Gewitter gelassen. Da es nun allerdings leicht zu tröpfeln begann, sah auch ich zu, dass ich dem anstehenden Regenschauer entkam. Und vielleicht noch ein bisschen schlief, wenigstens für ein paar Minuten. Peters aktuelle Frechheiten vermochte ich noch locker zu ignorieren, aber das, was ich selbst zu verantworten hatte und das, was ich nicht beeinflussen konnte, wogen noch immer schwer in meinem Magen. So ziemlich jede Stelle meines Körpers schien zu schmerzen und derzeit schob ich es noch auf die mir keine Ruhe lassende Gedankenflut. Aber am nächsten Morgen musste auch ich einsehen, dass mein Hirn nicht alles zu verantworten hatte. Kapitel 2: 2. Kapitel - "Du bist ein Scheißfreund, London." ----------------------------------------------------------- Das Übel begann irgendwann nach Anbruch des neuen Tages. Anscheinend hatte man mir doch noch das Tor zur Traumwelt aufgestoßen, in dem ich für ein paar Stunden verweilen durfte. Allerdings fühlte es sich dennoch so an, als hätte ich die ganze Nacht kein Auge zugetan. Meine schmerzenden Glieder ließen nur einen äußerst langsamen, schwerfälligen Gang zur Toilette zu, und wäre nicht bereits helllichter Tag gewesen, ich hätte mir wahrscheinlich meine Zehen an irgendeiner Schrankkante gebrochen. Obwohl es meine Wohnung war, die ich in- und auswendig kannte. Doch der sich dazu gesellende, durchdringende Schmerz in meinem Kopf machte es mir fast unmöglich, die Augen offen zu halten. Oh scheiße. Wie konnte das sein? In Sachen Alkoholkonsum hatte ich mich gestern gezügelt, besser gesagt, Peters Gesellschaft war mein Ersatz für die eklige Plörre, die ich nur in Ausnahmefällen zu mir nahm. Schnaps war einfach widerlich. Und ich hatte ihn leider nur zu deutlich in Peters Mund schmecken können. Aber ich wollte mich nicht an das Dilemma erinnern. Nicht schon wieder. Mir ging es beschissen, und die Gedanken an den Abend ließen nun auch noch meinen armen Magen Purzelbäume schlagen. So plötzlich, dass ich fürchtete, mich an Ort und Stelle übergeben zu müssen. Hektisch torkelte ich durch den Flur zum Badezimmer, wurde aber von meinen bleiernen Beinen davon abgehalten, auf Hundertachtzig zu beschleunigen. Inzwischen fühlte ich auch die Übelkeit in meiner Kehle aufsteigen. Beinahe hätte mich der Kotzreiz übermannt. Aber es war ja noch nicht aller Tage Abend. Noch konnte ich direkt auf der guten Auslegware rückwärts essen. Und das nur, weil Peter gerade mit seinem fetten Arsch das Klo blockierte. Panisch wanderten meine Blicke von ihm weg, blieben für einen Moment am Waschbecken hängen, ich verwarf allerdings den Gedanken schnell wieder, es für meine Zwecke zu missbrauchen, denn das hätte eine fürchterliche Schweinerei gegeben. Nur die Vorstellung meiner eigenen Kotze im Ausguss genügte, damit ich mir die Hand vor den Mund halten musste. Wäre ich fit gewesen, ich hätte Peter so lange mit Schimpfwörtern und Ausdrücken versehen, bis er sich aus dem Staub gemacht hätte. Aber es war mir nicht möglich, auch nur ein Wort zu sagen, ohne mich zu erbrechen. Peter allerdings schien mal wieder nichts zu raffen, absolut nichts. Natürlich, er sah mich an wie die Kuh wenns donnert, aber eine Reaktion folgte nicht. Friedlich kackte er weiter, bis ich es nicht mehr aushielt. Der Duft, den Peters Ausscheidungen verströmten, trugen letztendlich dazu bei, dass ich mich verzweifelt der Badewanne entgegenwarf und mich würgend in ihr entleerte. Oh fuck, so gereihert hatte ich zuletzt, als Dave noch lebte. Dave... Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis mein Körper mich endlich zur Genüge durchgebeutelt hatte. Ich verharrte noch eine Weile über der Badewanne, nur zur Sicherheit, und bemerkte erst jetzt, dass meine Haare etwas abbekommen hatten. Meine schönen, langen, schwarzen Haare. Mein Kapital. Mein Heiligtum. "Alles klar?", hörte ich eine Stimme neben mir fragen. Peter. Er hatte das alles mit angesehen und wollte noch wissen, ob alles klar war? Tickte der noch ganz sauber? Rhetorische Fragen gut und schön, aber man sollte sie mit Bedacht und Verstand einsetzen und nicht so sinnlos unschuldigen, leidenden Menschen an den Kopf knallen! "Du bist ein Scheißfreund!", donnerte ich los, ignorierte das abschwächende Zittern in meiner Stimme. "Anstatt du mir mal die Haare zurückgehalten hättest, aber nee..." "Ich kann nicht aufstehen, Martin." Ein ungläubiges Schnauben entwich mir, während ich mich auf dem Wannenrand aufstützte, um meinen schwachen Körper in die Horizontale zu ziehen. "Ach? Soll ich den Rollstuhl holen? Oder dich gleich im Seniorenheim anmelden? Der alte Peter kann nicht mehr auf. Mir kommen gleich die Tränen. Frag mal, was mir alles weh tut und urteile dann neu!" "Martin, ich kacke..." Ich schwieg. Raffte meine Haare hinten zusammen, als ich wieder aufrecht stand. Stellte mich vor den Spiegel, in dem ich leider nicht nur meinen neuen Modeschmuck namens Augenringe bewundern durfte, sondern auch das Spiegelbild des scheißenden Peters. Man hätte ihn malen sollen, so, wie er da saß und die Zeitung studierte. Aber dann hätte man es leider nicht plumpsen hören. Bilder mit Ton waren noch immer nicht erfunden und dabei schrieben wir das einundzwanzigste Jahrhundert. Wahrscheinlich hatte Peter wenigstens mitbekommen, dass ich ihn durch den Spiegel anschaute. Auf für mich sehr unangenehme Weise trafen sich unsere Blicke, aber ich hielt ihnen stand. Weil ich wütend war. Weil er meinen nach vorne geschobenen Kiefer sehen sollte. Okay, das hätte er auch, wenn ich den anderen ignoriert hätte, aber ich hoffte, dass zusätzlich die rote Glut in meinen Augen funkelte und von dort aus zwischen seine Beine hopste. Tat sie natürlich nicht. Denn meine Augen blickten alles andere als sauer in die Weltgeschichte. "Du siehst echt scheiße aus." Mit einem milden Lächeln legte ich meinen Kopf schief. Und das nicht, ohne Peter aus den Augen zu lassen. "Wenn du Frauen auch immer solche Komplimente machst, dann wundert es mich nicht mehr, dass du noch single bist. Ach, eigentlich wundert es mich sowieso nicht." "Wieso?", empörte er sich da zugleich, blieb aber wesentlich ruhiger als ich. Von seiner plötzlich erregten Stimmung zeugte eigentlich nur das Weglegen der Zeitung. "Du hast selbst gesagt, dass ich gut im Bett bin." Hatte ich das? Falls ja, dann konnte ich mich nicht daran erinnern. Ich hatte lediglich resultierend aus seinen Blasfähigkeiten gemutmaßt, dass er öfter mal etwas mit Männern hatte. Deep Throat war schließlich etwas, dass man als Laie nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln konnte. Deep Throat war eine Kunst. Die Kunst der schwulen Männer. Oder erfahrener Frauen. "Aber ehrlich, Süßer, du siehst schlecht aus. Total blass", griff Peter wieder den ursprünglichen Faden auf. Großzügig überhörte ich den Kosenamen. Von Peter wollte ich nicht so genannt werden. Allenfalls im Scherz ließ ich es gewähren, aber da mir momentan nicht nach Jux und Tollerei zumute war, hätte ich ohnehin nur zickig auf das kleine, harmlose Wörtchen reagiert. "Was denkst du, wieso ich gerade gekotzt habe?", kam es von mir. "Weil es mir so viel Spaß macht?" Peter schwieg, putzte sich den Arsch ab, was ich mir nicht unbedingt ansehen wollte, weswegen ich mich damit ablenkte, mein heißes Gesicht abzuwaschen. Selbst in den Wangenknochen donnerte der Kopfschmerz, der wahrscheinlich durch die nächtliche Gedankenflut bedingt aufgekreuzt war. Wieso um alles in der Welt musste mich der liebe Gott, falls es diesen gab, so bestrafen? Wenn einer es verdiente, ordentlich gefickt zu werden, dann war es der London-Typ. Aber nicht ich. Okay, vielleicht ja doch. Ein ehrenwerter Bürger war ich spätestens, als ich Peter den Marsch blies, nicht mehr. Ich war ein Arsch, ein riesengroßer Oberarsch! Der Chefarsch persönlich! Wäre ich tatsächlich ein Arsch gewesen und kein Mensch, hätte man mir wahrscheinlich einen LKW rektal einführen können. Man betrog seine Frau nicht. Man betrog sie einfach nicht. Nicht mit einer anderen Schnitte, nicht mit einem Mann und schon gar nicht mit seinem eigentlich besten Kumpel! "Scheiße, verdammte!" Der Schuss ging gehörig daneben, denn meine geballte Faust traf lediglich das sehr resistente Porzellan des Waschbeckens und leitete den Schmerz durch meine Hand zurück in mein Rückenmark, welches es wiederum an mein Oberstübchen schickte und mein Gehirn 'Aua!' schreien ließ. Und nicht nur mein Gehirn. Ich hätte heulen können. Es war nicht dieser neu hinzugekommene Schmerz, der mir die Tränen in die Augen trieb, es war alles. Ich fühlte mich, als würde ich jeden Moment Dave besuchen gehen und wollte einfach dieser scheiß Wirklichkeit den Rücken zudrehen, fröhlich winken und gehen. Aber es ging nicht. Ich musste es ausbaden. Alles. Die Emotionen kochten so heftig in mir, dass es mich nicht einmal kümmerte, dass Peter seine Hände auf meine Oberarme gelegt hatte und mir mit leiser, sanfter Stimme zu verstehen gab, dass ich mich beruhigen sollte. Doch wie sollte das gehen? Ich bebte am ganzen Körper, kämpfte gegen den Kloß in meinem Hals und sah vor meinem inneren Auge mein ganzes Leben den Bach hinuntergehen. Teilweise war es ja schon dahin, einfach weggeschwommen. Mit Daves Tod war auch ein großes Stück meiner selbst gestorben. Als er noch lebte, hätte ich nie gedacht, dass ich ihn so liebte. Aber manchmal realisierte man das erst, wenn der Mensch nicht mehr an seiner Seite war. "Dave war etwas Besonderes", entwich es mir zitternd, während ich Halt am Waschbecken suchte und starr in die weiße Schüssel starrte. "Dave war...toll. Einfach nur toll." Ich schniefte. Wieso sagte ich das eigentlich? Peter verstand es ja doch nicht. Schon gestern hatte er es nicht verstanden. Warum sollte sich das über Nacht geändert haben? Außerdem wollte ich nicht noch einen Zusammenbruch vor seinen Augen erleiden. Wir beide wussten, wie das beim ersten Mal geendet hatte. Wenn ich litt wie ein Hund konnte ich einfach für nichts garantieren. Dann war jeder, der mich tröstete, meine große Liebe. So absurd es auch klang. "Shhh." Das war alles, was von Peter kam. Mehr nicht. Immer nur dieses Geräusch, welches mich beruhigen sollte. Doch ich wollte mich nicht noch einmal von ihm einlullen lassen. Ich wusste, Peter war auf dem besten Weg, mich erneut dazu zu bekommen, ihm um den Hals zu fallen und ihn abzuknutschen, als gäbe es keinen Morgen. Nein. Heute war ich schlauer. Schüttelte entschieden seine Hände ab, drückte mich an ihm vorbei und schlich in das Schlafzimmer, um dort weiter in Selbstmitleid zu baden. Ungestört, wie ich hoffte. Aber Peter war hartnäckiger als so mancher Schimmelpilz. Selbstverständlich ließ er mich nicht in irgendeiner Ecke liegen und auf meine Verwesung warten, nein, er kam mir hinterhergekrochen und mimte zu allem Entsetzen auch noch die Krankenschwester. Ja, es gab Momente, in denen konnte Peter ein echter Freund sein, aber oftmals ging er mir einfach nur auf den Sack, ohne dass er es selbst merkte. Jetzt war so ein Moment. Ein Moment, in dem ich ihn am liebsten auf den Mond geschossen hätte. Ich fühlte mich wie ein seltenes Tier, welches im Zoo ausgestellt wurde. Und das nur, weil Peter meinte, sich direkt vor mein Bett zu knien und mich sorgenvoll aus seinen großen Augen anzusehen. Nein, ich war bei Weitem nicht nur ein Tier einer raren Gattung, sondern auch ein im Sterben liegendes Furunkel. Fragt mich nicht, wie ich auf diesen Vergleich komme. Wenn man sich schlecht fühlt, dann hat man manchmal seltsame Ideen. "Du gefällst mir echt gar nicht", kam es passend zu seinem besorgten Blick von Peter. "Du mir auch nicht", gab ich in eben der angstvollen Tonlage zurück. Leider kümmerte der andere sich überhaupt nicht um mein Kompliment, sondern streckte den Arm aus, um mir unverhohlen die Stirn zu betatschen. Mürrisch ließ ich es über mich ergehen. Ich war viel zu schwach, um Gegenwehr zu leisten. Ich nahm mir vor, einfach all meine Wut zu bündeln und sie irgendwann, wenn es mir besser ging, dem lieben Herrn London entgegenzuschleudern. "Du bist ganz warm", stellte Peter fest, nachdem er mich ausreichend befühlt hatte und seine Augen immer größer wurden. "Nicht so warm wie du, Bruder", fiel es mir ein und ich schreckte nicht zurück, meinen Gedanken einfach auszusprechen. Außerdem entsprach es einer Tatsache, dass Peter schwule Momente zu seinen special Effects zählte. Jedenfalls nahm ich das ganz stark an. Ich fühlte so etwas wie Erleichterung in mir aufsteigen, als der aufdringliche Hoden sich endlich erhob und ein paar Schritte von mir wich, allerdings begutachtete er mich noch immer so fachmännisch wie eine Krankenschwester, was mir auch nicht passte. "Ich geh mal kurz in die Apotheke", kündigte er an und lief auch schon in Richtung Wohnzimmertür. "Bisschen was für dein Fieber und deinen Bauch holen, Sweetie." Für mein Fieber? Wollte er es schüren? Mh. Ich sagte nichts dazu. Denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, ihm den Unsinn auszureden. Plötzlich konnte ich sogar wieder auf der Bettkante sitzen, wenn auch schief wie eine Bogenlampe und mit zugekniffenen Augen, weil mein Kopf noch immer rebellierte und wahrscheinlich auch nicht vorhatte, mich in Ruhe zu lassen. Theoretisch hätte er mit Peter einen Club gründen können. Den Club der Quälgeister. "Du musst nichts holen", grummelte ich, woraufhin Peter kurz inne hielt und mich erneut musterte. Von oben bis unten. "Mir geht's schon wieder viel besser." Peter aber konnte man nicht austricksen. Man mochte es nicht für möglich halten, aber er besaß genügend graue Zellen, um zu erkennen, dass ich gerade das Blaue vom Himmel log. Mir ging es offensichtlich beschissen, und ich trug mein innerstes Empfinden auch äußerlich zur Schau, wie Peters Komplimente deutlich bewiesen hatten. Deswegen schüttelte meine private Krankenschwester auch entschieden das blonde Haupt und drückte die Klinke nach unten. "Ich bin gleich wieder da. Dann kümmere ich mich um dich." Oh wacke. Das klang nicht gut. Ganz und gar nicht gut. In diesem letzten Satz schwang so viel Zweideutigkeit mit, dass es mir das Gehirn durchschüttelte vor Panik. Normalerweise hätte ich nun zugesehen, dass ich mich verflüchtigte, aber das war mir nicht möglich. Es war mein Schlüssel, den ich ihm Flur klappern hörte, was mir signalisierte, dass Peter das Teil entführen wollte, um sich wenig später wieder in meine heiligen Hallen zu schleichen. Nun, natürlich vertraute ich ihm, schließlich kannte ich ihn schon lange und wusste, er würde das Ding nicht nachmachen lassen, damit er jederzeit zutritt zu meiner Wohnung besaß. Trotzdem gefiel mir das nicht. Noch weniger aber gefiel mir mein sich plötzlich bemerkbar machendes Handy. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Mit summendem Kopf tastete ich nach dem nervigen Gerät, welches zum Glück nicht mehr irgendwo im Wohnzimmer lag und von dort aus wie am Spieß nach Papi brüllte. 'Eric', las ich auf dem Display und augenblicklich wurde mir wieder ganz übel. Konnte mich das Leben nicht mal für ein paar Stunden in Ruhe lassen? Aber nein, kaum hatte ich es geschafft, mir Peter von Backe zu machen, da klingelte mir der Drummer die Ohren wund. Ehrlich gesagt hätte ich am liebsten auf das kleine, rote Hörersymbol getippt, aber dann wäre die Kacke sicher mächtig am Dampfen gewesen. Und Ärger war das letzte, nach dem ich mich derzeit sehnte. "Mh", brummte ich in das Teil, konnte mich allerdings nicht mehr in mein Kissen sinken lassen, um gemütlich Erics Worten zu lauschen. Wenn es das gab, dass man von einer Stimme überrannt werden konnte, dann geschah eben dieses in genau diesem Moment mit mir. Abrupt erstarrte ich in der Bewegung, während ich mich fühlte, als ob meine Augen aus den Höhlen quellten. "Martin, ich hätte da jemanden, der unser neuer Sänger werden könnte! Der Junge ist ein Goldstück! Du wirst ihn lieben!" Halthalthalthalt. "Was?" "Neuer Sänger!" Ja, im akustischen Sinne hatte ich schon verstanden, was er meinte. Aber ansonsten... Puh. Ich wurde von einem Moment auf den anderen dermaßen überfahren, dass kein einziges Wort mehr meine Kehle verlassen wollte. Mit allem hätte ich gerechnet, mit der Zombie-Apokalypse, mit der Eiszeit und vielleicht auch nicht mit der Nachricht, Eric hätte die Fähigkeit entwickelt, Eier zu legen, aber nicht damit. Nee. Nie und nimmer. Crashdiet war schließlich mit Dave gestorben, schließlich war es sein Baby und wir hatten uns darauf geeinigt, es für immer ruhen zu lassen. Weil es ohne ihn einfach nicht funktionierte. Allen Anscheins jedoch war ich der einzige, der dieser Meinung war. Sonst hätte Eric sich nicht nach einem Ersatz umgetan. Einem Ersatz für Dave. "Sag mal, spinnst du bisschen?" Endlich schwieg die aufgebrachte Stimme am anderen Ende der Leitung still. Damit hatte der Gute anscheinend nicht gerechnet. Wahrscheinlich hatte er sich eingebildet, ich wäre vor Freude in die Luft gesprungen und ihm direkt um den Hals. Eric, der Retter unserer Band. Dabei wollte ich gar nicht, dass man sie rettete. "Habe ich mich nicht klar ausgedrückt? Ohne Dave keine Crashdiet. Welches Wort davon verstehst du nicht?" Man merkte förmlich, wie Eric nach Worten rang. Nun war er es, der überfahren wurde. Von mir. Martin, dem Riesenarsch. Groß wie eine LKW-Garage. "Martin...ich weiß ja, dass es dir schwer fällt, aber ich glaube nicht, dass Dave gewollt hätte, dass wir alles hinschmeißen", versuchte er mich nach einer Weile zu beschwichtigen und selbst ich musste einsehen, dass dies ein verdammt vernünftiger Grund war, die Band am Leben zu erhalten. Dennoch hätte ich ein echt mieses Gefühl gehabt, hätten wir einfach ohne Dave weitergemacht. "Weißt du denn, ob es in seinem Sinne wäre?", fragte ich deshalb und erhielt nur ein tiefes Seufzen als Antwort. Natürlich, er wusste es nicht. Niemand wäre ja auch auf die Idee gekommen, dass Dave sich so bald vom Planeten Erde verpisste, um als Geist sein Unwesen zu treiben. Weshalb hätten wir ihn also fragen sollen, was nach seinem Ableben geschehen sollte? Wut und Trauer überfielen mich mal wieder gleichermaßen. In Kombination mit meinen Kopf- und Bauchschmerzen stellten diese beiden Gefühle eine explosive Mischung dar. Und ich konnte es auch nicht verhindern, dass Eric alles abbekam. Außerdem verdiente er es meiner Meinung nach auch ein wenig. Schließlich hatten wir eine Abmachung! Aber er schiss auf diese scheiß Abmachung. Das machte er mir deutlich. Und irgendwie erpresste er mich sogar und drehte es so hin, dass die Entscheidung letztlich bei niemand anderem als Peter lag. "Wenn Peter derselben Meinung ist wie ich, dann bist du überstimmt." Auch von seiner ruhigen Vortragsweise konnte ich mir nichts kaufen. Alles hing von Peter ab, das wurde mir klar. Würde Peter einem neuen Sänger zustimmen und damit auch einer Fortführung der Band, durfte ich sehen, wo ich blieb. Fein. Gespräch beendet. Dave war also für alle Welt ersetzbar. Meine Bandkollegen gingen bereits wenige Tage nach dem Vorfall zur Tagesordnung über, besonders Peter mimte den Coolen oder besser gesagt: Er war der Coole. Das konnte keine Fassade sein. Keine gute Miene zum bösen Spiel. Bei einem derartigen Verlust ließen sich Gefühlsausbrüche einfach nicht unterdrücken. Und wenn, dann nur, weil man zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. Peter würde einem neuen Sänger zustimmen, das ahnte ich. Und ich musste mich unterordnen. Oder gehen. Wenn Dave ersetzbar war, dann erst recht meine Wenigkeit. Mit zitternden Knien und einem gefühlten Backstein im Magen schob ich meinen schwachen Körper von der Matratze, um mich meiner Stereoanlage zu nähern. Es musste einfach sein. Wenn sie dich alle vergessen hatten, ich nicht, dachte ich, während ich die CD mit dem Song herauskramte, der seit Daves Tod mein treuer Begleiter war. Wild Rose. Wenn ich diese Lyrics hörte, dann hatte ich das Gefühl, Dave hätte das Lied nur über sich selbst gesungen. Als hätte er es schon so viele Monate vorher gewusst, dass er diesen nicht mehr rückgängig zu machenden Schritt gehen würde. "Oh, wild rose is gone he was one of the greatest of them all but the wild rose lives on even though he's forever and ever gone." Ich kuschelte mich in meine Bettdecke ein. Spürte den Kloß in meinem Hals, der nun bereits gegen meinen Unterkiefer drückte. Meine Lippen bebten. Niemand konnte Dave ersetzen. Niemand durfte das. Dave war viel zu wertvoll, um ihn einfach als gegangener Teil seines Lebens irgendwo in einer hinteren Ecke des Gedächtnisses abzulegen. Ich vermisste ihn so. Denn ohne ihn hatte sich die Welt zu einem ganz anderen Ort verwandelt. Und niemand war mehr da, der mich wirklich verstand. Wahrscheinlich lag ich stundenlang unbeweglich da, vielleicht aber waren es nur Minuten, die mir so lang vorkamen aufgrund des Schmerzes, der sie ausfüllte. Irgendwann vernahm ich den Schlüssel im Schloss und wusste, dass Peter zurückgekommen war. Dennoch machte ich keine Anstalten, mich aufzurappeln oder der Endlosschleife des Liedes ein Ende zu setzen. Hätte ich dies vorgehabt, ich hätte es sowieso nicht durchziehen können, so schnell wie der andere auch schon in das Schlafzimmer schoss. Ohne anzuklopfen, versteht sich. Über den Rand der Bettdecke konnte ich sehen, wie Peter allerdings in der Bewegung erstarrte, das Kinn schockiert zurückzog und den Kopf schüttelte, nachdem er die Tür fast wieder geschlossen hatte. "Was ist denn hier los?", wollte er verständnislos in Erfahrung bringen und blickte mich beiläufig, aber nicht minder fragend an. "Da verfällt man ja nach drei Sekunden in eine schwere Depression! Martin, Martin..." Selbstverständlich verstand er mal wieder überhaupt nichts. Und genau deswegen schritt er geradewegs auf die Anlage zu und sorgte dafür, dass der Song verstummte. "So, jetzt wäre das erledigt", lächelte er mir zu, überhaupt nicht bemerkend, dass ich ihm die Sache unheimlich übel nahm. "Und jetzt bist du dran, Baby." Argh. Ich wollte aber nicht dran sein. Peter verdiente es, dran zu sein. Ich wollte ihn umbringen und aus seinem Schädel einen hübschen Dekorationsgegenstand machen, den ich mir auf das Fensterbrett stellen konnte. Aber ich durfte nicht. Und irgendwie stand mir dann doch nicht mehr der Sinn danach. Denn Peterchen ließ sich ungefragt auf der Matratze nieder und eröffnete mir, er würde mir nun einen Tee kochen und derweil die beschmutzte Badewanne säubern. Das klang klasse. Er hätte mir allerdings nicht unbedingt über die Wange streicheln müssen. Auch ohne diese Geste mochte ich Peter viel zu sehr dafür, dass ich ihn eigentlich an die Wand klatschen wollte. Irgendwie war er ja lieb. Manchmal. Wenn er meine Schwäche nicht gerade schamlos ausnutzte, um mich flachzulegen. Und wenn er mich bemutterte. Ja, das war schon niedlich. Obwohl ich noch vor wenigen Minuten fand, die Rolle der Krankenschwester würde Peter nicht stehen. Ach, sollte er mich doch bedienen, wenn er es brauchte. Ich jedenfalls würde mich auf die andere Seite drehen, versuchen, an nichts zu denken und die Augen schließen, bis... Ja, bis ich wach wurde und in Peters Gesicht sah, welches mir fast schon liebevoll entgegenlächelte. Er hatte sich wieder auf der Matratze niedergelassen und niemand wusste, wie lange er bereits hier ausharrte und mich beim Schlafen beobachtete. "Na, mein Hübscher, ausgeschlafen?" Hübscher? Es war doch noch gar nicht lange her, da hatte er mir zu verstehen gegeben, dass ich ihm nicht gefiel. Um ehrlich zu sein zweifelte ich tatsächlich stark daran, dass ich hübsch war. Man, ich fühlte mich wie dreimal mit dem Trecker überfahren, hatte eine harte Nacht hinter mir und zudem eine Kotzattacke. Das ruinierte die Optik schon ganz gern mal. "Ich bin doch sicher total grün, aber wenn du das als hübsch bezeichnen möchtest...", krächzte ich mehr, als dass ich vernünftig redete. Peter aber schmunzelte nur noch breiter und beugte sich nun zum Tisch, um die darauf abgestellte Teetasse herbeizuholen und sie mir zu reichen. "Hier, die Wärme tut gut bei Bauchschmerzen", sagte er, während ich mich etwas aufzusetzen versuchte und die Tasse samt Untertasse in Empfang nahm. Auf letzterer fand ich eine längliche Tablette vor. "Gegen das Fieber", erklärte mir Peter, noch immer mit diesem unwahrscheinlich vergnügten Ausdruck im Gesicht und ich nickte lediglich verstehend, bevor ich das Medikament mit einem großen Schluck Tee zu mir nahm, hoffend, Peter würde recht behalten und das Fieber würde sich mitsamt den ekelhaften Kopfschmerzen auf Nimmerwiedersehen verpissen. Aber da war ja noch etwas. Etwas, das ich zur Besserung meines Schädelfickens beitragen konnte. Vielleicht hätte ich das Thema auf später verschieben sollen, aber ich verspürte den Drang, die Sache jetzt anzusprechen. In der Hoffnung auf ein kleines Wunder, das mir Peter mit sofortiger Wirkung mehrere Meilen näher gebracht hätte. Geliebt hätte ich ihn für die Antwort, die ich hören wollte. Bedingungslos, so glaubte ich. "Eric hat angerufen", eröffnete ich also das Gespräch, nippte erneut an meiner Tasse, aber ließ Peter nicht aus den Augen. "Er meint, er hätte einen Ersatz für Dave gefunden..." Dies war das erste Mal, seitdem er neben mir saß, dass er wegschaute. Sein Blick schweifte durch den Raum und ich hatte das Gefühl, er würde mit seiner Antwort zögern. "Ich weiß", sagte er schließlich. Ach so? Peter war also bereits eingeweiht? Dann hatte Eric bestimmt ganze Überzeugungsarbeit geleistet, um Peter auf seine Seite zu ziehen. Wenn das überhaupt nötig gewesen war... Aber ich klammerte mich an den kleinen, noch bestehenden Hoffnungsschimmer, wollte ihn für nichts auf der Welt aufgeben. "Dann weißt du ja sicher auch, dass ich gegen eine Fortführung der Band bin. Noch immer." Peter nickte. Starrte ins Leere. Er ahnte sicher, welche Frage ich nun stellen würde. "Und du? Möchtest du Dave einfach ersetzen?" Nun entschied sich die Zukunft der Crashdiet. Sie lag ganz alleine in Peters Hand. Würde er sich hinter mich stellen, würde die Band, Daves Baby, ewige Ruhe finden. Würde er allerdings Erics Meinung sein, würden sie gemeinsam die Leiche ausgraben, um sie lieblos wiederzubeleben. Es war so falsch. Doch Peter hatte sich bereits entschieden. "Hör zu, Martin...", begann er und das sagte bereits alles. Mehr brauchte ich nicht, um zu wissen, dass er hinter Eric stand. Und nicht hinter mir. "Ist okay, ist okay", wehrte ich zugleich mit einer hektischen Handbewegung ab, nachdem ich die geleerte Tasse auf dem Nachtschränkchen geparkt hatte. "Dann macht es doch. Macht weiter. Wenn euch Dave so egal ist." "Du weißt ganz genau, dass -" "Spar es dir, London", fiel ich ihm ins Wort und verkroch mich wieder unter meiner Decke. "Du hast keine Träne um ihn geweint. Keine einzige. Hast du ihn überhaupt geliebt? Du bist ein Scheißfreund, London. Ein richtiger Scheißfreund!" Nun schien Peter endgültig schachmatt gesetzt zu sein. Eine ganze Weile schwieg er und mir war es recht, denn ich hätte seinen Worten nichts mehr entgegensetzen können. Der Schmerz war mit einer solchen Intensität zurückgekehrt, dass er mir den Boden unter den Füßen wegriss. Mein Körper zitterte und Tränen legten sich auf meine Augen wie ein weißlicher Schleier. Und ich konnte nichts dagegen tun. Ich wurde übermannt von meinen Gefühlen. Heftiger als gestern Abend. Deswegen heulte ich schließlich auch richtig. Weil ich nicht mehr konnte. Beinahe wäre mir der warme Körper entgangen, der sich von hinten an mich schmiegte und mich ganz fest an sich drückte. Nicht mal dagegen konnte und wollte ich mich mehr wehren. Es war mir egal, dass Peter einfach über mich gekrabbelt war und nun mit mir kuschelte wie ein Lover, mein Haar küsste, als wäre ich ihm das Liebste auf der Welt. Und trotzdem hasste ich ihn. Ja, in jenem Augenblick hasste ich ihn wirklich. "Du bist so scheiße!", warf ich ihm im Heulkrampf an den Kopf, aber der andere schien sich daran überhaupt nicht zu stören. Er blieb an meiner Seite und hielt mich in seinen Armen, bis ich mich nach und nach beruhigte. Selbst dann ließ er mich noch immer nicht los und rührte sich nicht, nur seinen Kopf hatte er sanft auf meinen gelegt. "Du stehst ja total neben dir", bemerkte er irgendwann leise, während ich einfach nur vor mich hinstarrte, auf den Fußboden. "Mein Süßer...in dem Zustand kann ich dich vorläufig nicht alleine lassen. Ich werde dann später meine Klamotten holen und für so lange wie nötig zu dir ziehen. Du brauchst jemanden." Ich hasste ihn so sehr, wie ich ihn liebte. Peter konnte so ein Goldstück sein, wieso war er nur nicht immer so? Er war zwar ein Scheißfreund, mit dem man gemeinsam in die Scheiße ritt, aber wenn man einmal im stinkenden Pfuhl lag, dann leckte er einen sogar sauber. Ehrlich, ich wusste nicht mehr, was ich ihm gegenüber fühlen sollte. Ich wollte einfach nur, dass er hier liegen blieb und mich nicht mehr losließ. Alles andere hatte im Moment an Bedeutung verloren. Kapitel 3: 3. Kapitel - "Peter ist verrückt." --------------------------------------------- Anfangs hegte ich noch Zweifel. Aber bald schon musste ich mit Erstaunen feststellen, dass das Zusammenleben mit Peter funktionierte. Keiner von uns wurde in Versuchung geführt, obwohl wir schon nach wenigen Tagen dazu übergegangen waren, es uns des Nachts gemeinsam im Ehebett gemütlich zu machen. Jeder behielt seine Finger bei sich und es kam auch kein einziges Mal vor, dass wir aneinander gekuschelt aufwachten. Peter schien verstanden zu haben, dass ich keine Absichten ihm gegenüber hegte und da ich - seitdem ich ein wenig Ablenkung erfuhr und mich somit nicht mehr so intensiv in meinen Gedanken an Dave verlor - auch keine Schwäche mehr gezeigt hatte, bot ich auch keine Angriffsfläche. Ich war schier nicht mehr empfänglich für Verführungsversuche. Peter war wieder mein bester Freund, so, wie es sich gehörte. Zwar besah er mich täglich mit irgendwelchen albernen Kosenamen, aber mittlerweile hörte ich es schon gar nicht mehr und reagierte sogar auf Hübscher, Süßer oder Baby. Hätte ich nicht neulich auf meinem Ausweis gesehen, dass ich eigentlich Martin hieß, wäre mir es wahrscheinlich komplett entfallen. Aber es waren nicht nur die Spitznamen, die seltsam anmuteten. Sicher waren sie ein Relikt unserer noch tiefer gewordenen Freundschaft, allerdings zweifelte ich daran, ob man Küsse auf den Mund ebenfalls dazu zählen durfte. Ja, manchmal geschah es einfach. Und das nur, weil Peter so extrem niedlich sein konnte, dass es physische Schmerzen verursachte. Wenn er sich ungefragt im Haushalt betätigte, Wäsche wusch oder das Schlafzimmer wischmobbte (er mobbte tatsächlich das Schlafzimmer und ich sagte nichts Gegenteiliges!), dann hatte ich ihn so schrecklich lieb, dass ich mein fleißiges Peterchen irgendwie wertschätzen wollte. Und da Gesten manchmal mehr als Worte sagten, gab ich ihm eben einen Kuss. Fressen durfte ich meine Krankenschwester, Putzfrau und Gesellschafterin natürlich nicht, dann wäre sie ja in meinem Bauch verschwunden und diesen Verlust hätte ich wahrscheinlich noch einen Zacken weniger verkraftet als den Daves. Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen, aber Peter war im Moment so ziemlich das Beste, was mir passieren konnte. Natürlich, er benahm sich oft wie ein notgeiler Hammel, nicht nur mir gegenüber, sondern auch gegenüber anderen, und das konnte Heikel werden, denn nicht jeder wusste, dass er nur scherzte. So kam es, dass er eines Tages ungefragt an mein Handy ging und den Anrufer mit Pornostimme begrüßte. "Guten Tag, Sie sprechen gerade mit Playground 'Feuchtwiese'. Drücken Sie die eins für unser neues, exklusives Programm 'One night in London' oder die zwei für unseren Klassiker 'Sweet and Sinful'. Sollten Sie den speziellen Kick suchen, wählen Sie die Nummer drei für 'Sweet London'. Dann bekommen sie einen geilen Dr-" Hektisch entriss ich ihm das Handy, ließ beinahe das Handtuch fallen, mit dem ich meinen noch feuchten Körper nach dem Duschen abrubbeln wollte und presste mir das Gerät an das Ohr, in der Hoffnung, der Anrufer wäre ein Spaßvogel, der sich niveaulosen Witzchen nicht abgeneigt zeigte. "Oh, Marie!", stellte ich da auch schon fest und spürte, wie mein Gesicht zu glühen anfing. Peter allerdings beobachtete mich grinsend, während ich versuchte, den Playground 'Feuchtwiese' mental zum Einsturz zu bringen. "Sorry, Peter ist eben..." "Peter ist verrückt", ergänzte sie zugleich, aber zu meinem Glück schien sie nicht sauer zu sein, sondern zeigte sich eher amüsiert über die Kreativität meines Freundes. "Peter ist ein verdammtes Ferkel", berichtigte ich und betrachtete dabei den immer breiter grinsenden Peter ausgiebig. 'Ferkel' war für seine Begriffe ein Kompliment. Und nicht nur das... "Gib mir Tiernamen, mein Schönster", säuselte er dreckig und kam nun auf allen Vieren über das Bett zu mir hinüber gekrochen. Haltet ihn mir vom Leib! "Boah, Peter!", schimpfte ich lachend, als der andere es fast geschafft hatte, mich auf den Rücken zu zwingen. "Man merkt, dass du viel zu lange nicht mehr gevögelt hast." In der Tat war es lange her. Peter war sexuell inaktiv, genau wie ich. Ungefähr seit - Seit wir etwas miteinander hatten. Wie gut ich das verdrängt hatte. Aber nun machte es mir umso mehr zu schaffen. Zumal ich meine Frau gerade am Telefon hatte und sie das, was für Peter und mich liebevolle Neckereien darstellte, sicher nicht als so harmlos empfinden würde. Zurecht, denn schließlich war zwischen uns bereits einiges geschehen. Und ich wollte die Erinnerungen daran einfach verdrängen. Weil es für mich so unwichtig war. Zu bedeutungslos, um Marie darüber in Kenntnis zu setzen. Es hätte alles nur so verdammt kompliziert gemacht. Peter war erfolgreich abgewimmelt. Er machte sich jetzt etwas zu Essen warm. Gut, denn in diesem Falle war er für eine Weile beschäftigt und ruhig gestellt. "Und, wie geht's deiner Mama?", wollte ich nun von Marie wissen, die allerdings nur mit einem tiefen Seufzen antwortete. "Na ja, nicht besser, aber auch nicht schlechter", urteilte sie schließlich. "Ich werde wohl noch eine Weile bei ihr bleiben. Wenn mein Ehemann denn zu Hause ohne mich klarkommt." Ich lachte auf, konnte nicht verhindern, dass es ein wenig nervös klang. Wenn sie gewusst hätte, dass besagter Ehemann ganz und gar nicht klarkam, so wenig, dass sich Peter freiwillig als mein Kindermädchen angestellt hatte, hätte sie sich wahrscheinlich in den nächsten Zug gesetzt, um für Pflegefall Martin da zu sein. Da es mir momentan allerdings ganz gut ging, setzte ich sie gar nicht erst über meine Gefühlsausbrüche in Kenntnis. Und für den Fall der Fälle gab es ja noch Peter. An Peters Schulter konnte man sich wunderbar ausweinen und zudem es gehörte eindeutig zu seinen Talenten, einen Haushalt zu führen. Das andere Talent verbannte ich schnell aus meinen Gedanken. Sonst wäre ich rot und ein wenig stotterig geworden. Ja, es brachte mich noch immer ganz aus dem Konzept. Obwohl ich äußerst selten darüber nachdachte. Im Grunde war es das ja auch gar nicht wert, denn ich hatte es ja höchstpersönlich zu einer Nichtigkeit erklärt. Und trotzdem. Hätte es den Playground 'Feuchtwiese' tatsächlich gegeben mitsamt seiner vielfältigen Programme, alle Kunden hätten Peter gebucht. One night in London. Oh scheiße. Ich glaube, das machte ihn selbst total an. Und ich fand es ebenfalls ziemlich...interessant. "Und bei dir so? Was gibt's Neues?" Mh. Wo sollte ich anfangen? Ach ja. Vielleicht mit der Sache, von der ich selbst noch nicht glauben konnte, dass ich mich zu ihr hinreißen gelassen hatte. Und nein, damit meinte ich nicht Peters und meine kleine Zusammenkunft. "Wir schauen uns morgen einen neuen Sängerkandidaten an." "Was? Das ist nicht dein Ernst! Für Crashdiet?" Marie konnte es also ebenso wenig fassen wie ich. "Ja, natürlich für Crashdiet", erwiderte ich. "Wäre doch irgendwie schade um die Band..." Mein ganzes Denken schien einen kompletten Wandel durchlaufen haben. Umso mehr ich Zeit hatte, die ganze Sache zu sezieren und zu analysieren, desto stärker festigte sich in meinem Kopf der Gedanke, dass Eric und Peter irgendwie recht hatten, auch wenn ich das ihnen nicht gerne zugestand. Wir waren schon seitdem wir uns kannten ein klasse Team, harmonierten nicht nur charakterlich, sondern vor allen Dingen auch musikalisch und hatten gemeinsam ein paar tolle Songs produziert. Natürlich wusste ich noch immer nicht, ob wir es ohne Dave packen würden, aber ich wollte der ganzen Sache eine Chance geben. Ganz zur Freude meines neuen Mitbewohners, welcher mir bei Bekanntgabe meines Entschlusses um den Hals fiel und mich ins Koma knutschte. Angst hätte er gehabt, Angst davor, dass ich die Band verlassen würde, aber plötzlich hatte sich das alles in Wohlgefallen aufgelöst. Ich blieb meiner Rolle als Gitarrist treu; nur, weil ich mir eingeredet hatte, Dave hätte es nicht gewollt, dass wir alles hinschmissen. Und im Grunde war die Band ein Mittel, um Dave für immer am Leben zu halten. Wenn er es nicht mehr konnte, zogen wir eben sein Baby groß. Es sollte so lange wachsen und gedeihen, bis wir das Gefühl hatten, es geschafft zu haben. Ich glaubte fest daran, dass es das Richtige war, was wir taten. Dave hätte es so gewollt. Und im Grunde würde er für immer ein Teil der Band bleiben. ***** Die Stunde der Wahrheit rollte mit einer ungeheuren Geschwindigkeit auf mich zu. Kaum, dass ich es mir versehen hatte, war der nächste Tag angebrochen und bereits am frühen Nachmittag sollte uns Eric sein Findelkind präsentieren. Ich musste nicht erwähnen, dass ich gespannt wie ein Regenschirm war und ich glaubte, Peter ging es genauso. Seit Stunden schon hatte er sich im Badezimmer eingeschlossen und es war unmöglich für mich geworden, mein Geschäft zu verrichten. Als ich Peter über meinen Blasendruck in Kenntnis setzte, meinte dieser nur, ich solle mich im Hof erleichtern, es würde noch eine Weile dauern. Klasse. Ich musste mittlerweile wirklich dringend und theoretisch hätten mein Gesicht sowie mein Haar vor dem Treffen auch noch einer kleinen Generalüberholung bedurft. Wahrscheinlich würde ich wie ein Bruder des Yetis ausschauen, wenn ich mich gleich der Öffentlichkeit präsentierte. Und das war absolut unter meiner Würde. Peters Schönheit würde im Schein der Sonne erstrahlen und ich sollte das hässliche Entlein an seiner Seite spielen. Aber das durfte er sich ganz gepflegt abschminken. Der geheimnisvolle Sängerkandidat sollte schließlich nicht nach dem ersten, natürlich negativen Eindruck in Ohnmacht fallen. Doch sagtet das mal Peter. "Du bist immer sexy, Mäuschen", rief er mir lediglich vom Inneren des Badezimmers aus zu und ich wusste nicht wirklich, was ich mit dieser Information anfangen sollte. "Falls du dich da drinnen einer Schönheits-OP unterziehen solltest: Es sei dir gesagt, dass du ebenfalls immer schön bist", antwortete ich, erhielt daraufhin allerdings keinen blöden Kommentar mehr. Peter war verstummt und ich vermutete ganz stark, dass er sein Kunstwerk zum Abschluss begoss. Mit naturgewonnener Sahne. Mh. "Peeeeter!", rief ich nach einer Weile, als mir das Warten zu bunt geworden war und der Zeiger auf dem Ziffernblatt der Zwölf gefährlich nahe kam. "Wichsen kannst du später auch noch! Ich müsste da auch mal rein." Aber in diesem Moment öffnete sich die Tür und ich fühlte mich wie in einen falschen Film versetzt. Klar, die Realität mutete oftmals recht langweilig an, aber in dieser Art Film wollte ich dennoch kein Schauspieler sein. Das war nicht so ganz meins...und dennoch starrte ich hin. Weil man hinstarren musste. "Wo musst du rein, Schöner?", säuselte der im Türrahmen lehnende Peter mit Schlafzimmerstimme und lächelte mir lasziv entgehen. "Falls es das ist, an das ich denke...dann brauchst du dafür aber ein Ticket nach London. Erst dann kann ich dir Einfahrt gewähren." Ich war komplett durch den Wind. Ehrlich gesagt kümmerte mich seine dreckige Anmache gerade weniger, denn der optische Reiz überwog den akustischen momentan drastisch. Peter hatte sich in Schale geworfen, und wie er das hatte. Sein absolut schwules, pinkfarbenes und hautenges Shirt mit der vielsagendes Aufschrift 'Glam' (welches ich mehrfach vergeblich versucht hatte, zu entsorgen) hatte er mit einem ultrakurzen Minirock kombiniert und als wäre das noch nicht genug gewesen zeigte er auch noch aufgrund der Netzstrumpfhose Bein. Sehr viel Bein. Nein. Ich wusste nicht mehr, was ich deswegen fühlen sollte. Ob ein Lacher angebracht gewesen wäre, ein tief von Herzen kommendes 'Wow' oder einfache Ignoranz. Theoretisch tendierte ich ja zu letzterem. Aber Peter ließ mich nicht. Näher kam er. Noch näher. Viel zu nahe. Bis seine Fußspitzen schließlich meine berührten. Und dann sah er mir direkt in die Augen, während seine Hände sich über meine Brust stahlen. Alarmstufe rot! Peter, dieses Drehbuch war das falsche! Das Reallife ist kein Porno! Na gut, manchmal ja schon. Trotzdem. Hör auf, hör auf! "Das bringt dich ja wohl ganz schön durcheinander", hörte ich Peter raunen, woraufhin ein leises, amüsiertes und dunkles Kichern folgte. "Aber mach dir nichts draus - nachdem wir den Neuen gefilzt haben, bin ich ganz dein. Dann kannst du mit mir machen, was du willst. Mhhh... Und nach einer kleinen Kunstpause: "Ich kann deinen Blick kaum erwarten, wenn du siehst, was ich drunter trage..." Endlich schien es in meinem Hirn 'Knack' gemacht zu haben und ich lief wieder rund. War aus meiner Schockstarre erwacht. Und drängte Peter entschieden ein paar Zentimeter von mir weg. Damit hätte er nicht gerechnet und wenn ich ehrlich sein sollte, ich auch nicht. "Peter...", begann ich vorwurfsvoll. "Wie kommst du jetzt eigentlich auf so einen...Schwachsinn? Hat dir dort drin jemand ins Hirn geschissen, oder was?" Aber da griffen schon wieder zwei vorwitzige Hände nach dem Stoff meines Tanktops und eine Reihe strahlend weißer Zähne grinste mich an. "Martin...", lenkte Peter ein, es klang allerdings nicht so, als hätte er das weiße Resignationsfähnchen geschwenkt. "Machen wir uns nichts vor: Im Grunde führen wir uns doch beide sexuell zueinander hingezogen. Die Küsse, die Gesten, die Blicke...das alles spricht eine eindeutige Sprache. So harmlos, wie du sie aussehen lassen möchtest, sind sie nicht." Fassungslos stand ich da. Blickte Peter zwar an, allerdings sah ich ihn nicht mehr wirklich. Er war nur noch ein Schema, etwas, dem es an Bedeutung fehlte, das aber mein ganzes Weltbild zum Einstürzen brachte. Ich Arschloch hatte tatsächlich geglaubt, dass wir Freunde wären, beste Freunde, die die kleinen Zärtlichkeiten beide als das sahen, was sie für mich waren. Schöne, kleine Firenzchen ohne Hintergedanken. Dass Peter die ganze Sache in den falschen Hals bekam, hätte ich mir eigentlich denken können. Seit der Blowjob-Nacht, wie ich sie im Stillen nur noch nannte, war unser komplettes Verhältnis gekippt. Ja, vielleicht hatte ich missverständliche Zeichen ausgesandt, aber ich hatte geglaubt, die Sache wäre vom Tisch gewesen und schwelte nicht mehr zwischen uns. Und eigentlich wusste Peter doch ganz genau, dass ich es bereute, mich auf ihn eingelassen zu haben. Genauso wie ihm doch wohl klar war, dass es nicht die Lust war, die das kleine Abenteuer anheizte, sondern einfach nur die Suche nach einem offenen Ohr, nach Trost. So wie es aussah, verstand Peter noch immer nichts. Nicht das Geringste. Nun stand er vor mir und machte sich Hoffnungen. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Wortlos drängte ich mich an ihm vorbei, um letztendlich noch ein paar Minuten in trauter Zweisamkeit mit dem Badezimmer zu verbringen. Da konnte sexy Peter vor der Tür wettern, wie er wollte, all seine Überredungskünste liefen ins Leere. Ich wollte keine Nacht in London verbringen und ich wollte schon gar nicht sehen, was er unter seinem kleinen Röckchen trug. Denn entweder war es nichts oder zumindest ein Hauch von Nichts, welches auf den Namen pinker Stringtanga mit böserer Aufschrift als 'Glam' hörte. 'Whore' hätte zu ihm gepasst. Oder 'Hustler'. Am liebsten hätte ich ihn an meinen Gedanken teilhaben lassen, aber das wäre auf zu viel Gegenliebe gestoßen. Peter fuhr schließlich auf Tiernamen ab, wie sollte es dann erst werden, wenn man ihn als professionellen Ficker hinstellte? Wahrscheinlich hätte ihm das einen Ständer beschert. Und genau das wollte ich vermeiden. Also schwieg ich mich aus, trug ein bisschen Make Up auf und warf mich in Schale. Ohne, dass Peter mir dabei zuschaute, verstand sich. Wenn der Kunde bereits gewusst hätte, was uns bei dem Treffen mit Eric und dem neuen Sänger erwartete, hätte er mich schon eher links liegen gelassen. Kapitel 4: 4. Kapitel - "Eifersuchti. Eifersuchti!" --------------------------------------------------- "Woah, der sieht ja aus wie Britney Spears!" Ich hatte zuvor eindeutig zu viel damit zu tun, Peter nicht an den Kopf zu werfen, dass er manchmal ziemlich billig daherkam. Deswegen konnte ich mich jetzt beim besten Willen nicht mehr beherrschen. Es platzte einfach so aus mir heraus, als uns Eric den Bandzuwachs präsentierte. Weil dies mein erster Eindruck von ihm war. Ohne Mist, er sah aus wie Britney Spears. Zwar hatte er freilich kein Holz vor der Hütte, aber doch lange, blonde Haare und riesige Ringe in den Ohren, die ihm fast bis auf die Schultern reichten. Natürlich zeigte sich der Neue, der, wie sich herausstellte, auf den klangvollen Namen Olli hörte, nicht sonderlich begeistert von meinem Vergleich. Nicht, dass er Britney Spears hässlich gefunden hätte, nein, er hatte eher Probleme damit, dass ich seine Optik mit der einer Frau gleichstellte. Dabei war er doch Mann auf ganzer Linie, wie er bei einer Probeperformance eines unserer Songs unmissverständlich demonstrierte. Obwohl Peter sich auf seinem pinken Bass des Öfteren verspielte, da ihn irgendetwas wohl ziemlich durcheinandergebracht hatte und ich ebenfalls nicht wirklich bei der Sache war, machte der Britney-Spears-Olli seine Sache super und wurde mit sofortiger Wirkung engagiert. Obwohl ich anfangs noch zögerte. Freilich, er besaß ein Goldkehlchen, traf alle Töne und verstand es zu Posen wie ein wahrer Sleaze-Sänger, und dennoch fühlte es sich irgendwie...ungewohnt an, nicht mehr Dave, sondern Olli hinter dem Mikro zu wissen. Nicht falsch, aber doch seltsam. Wahrscheinlich benötigte ich meine Zeit, um mich daran zu gewöhnen. Das würde schon werden, so hoffte ich zumindest. Peter und Eric jedenfalls waren Feuer und Flamme für den blonden Schönling, der stets und ständig zu lächeln schien. Es war bei Weitem kein gewöhnliches Lächeln, nein; du spürtest die Sonne regelrecht aufgehen, wenn er strahlte. Man musste dem Kerl einfach in das Gesicht schauen, auch wenn du in diesem und auch in seiner ganzen Attitüde einen Funken Arroganz zu erkennen glaubtest. Seit mir dieser Britney-Sunnyboy zum ersten Mal vor die Funzel gekommen war, spürte ich eine gewisse Abneigung ihm gegenüber, die ich allerdings nicht als Gegenargument bezüglich seiner Anstellung als neuer Sänger anbringen konnte. Weil ich sie niemals hätte begründen können. Und außerdem waren Peter und Eric wie gesagt gleichermaßen verliebt in Olli. Nein, Peter noch ein bisschen mehr als Eric. Ersterer schien sich total verguckt in den Jungen zu haben. Und das meine ich so, wie ich es sage. Mir boten sich genügend Gelegenheiten, um Olli aber auch Peter genauestens zu studieren, denn bald darauf fläzte sich eine Horde ungehobelter Jungs auf meine gute Wohnzimmercouch und stieß die Bierflaschen zur Feier des Tages klirrend gegeneinander. Keine Ahnung, wieso es stets meine Wohnung war, die dran glauben musste, wenn die Nacht wahrscheinlich feuchtfröhlich werden würde. Vielleicht, weil sie groß war und in der Stube bloßes Parkett prangte im Gegensatz zu Erics Wohnung, in der man sogar affige Spitzendeckchen und kitschige Dekorationsgegenstände vorfand. Klar, auch ich zelebrierte die Festlichkeiten mit liebevollen Kleinteilen, weil es hübsch aussah und vor allen Dingen auch, weil Marie auf so ein Zeug abfuhr. Peter aber lachte uns schon seit Jahren für den Zirkus aus, hatte er doch nie Sinn für unnötigen Kleinkram gehabt. Bei Peter musste alles groß sein. Peter liebte große Spielzeuge. Anscheinend solche wie Olli. Oder besser gesagt Ollis Ohrringe. Zunächst. Irgendwie schmeckte mir das Bier heute überhaupt nicht. Es war eine einzige, nicht schluckbare Plörre und ich fragte mich ernsthaft, wer das Zeug eingekauft hatte. Allerdings nur, bis es mir dämmerte, dass ich mir erst vor wenigen Tagen gemeinsam mit Peter den Wagen damit vollgeladen hatte. Dennoch war nicht ich für dieses abscheuliche Zeug verantwortlich. Peter war derjenige mit einem schlechten Geschmack. Auf ganzer Linie. Und nicht nur in Bierfragen. Es machte nicht wirklich viel Spaß, Peter und Olli zuzuschauen. Deswegen stützte ich meine Ellenbogen auf die Knie und ließ meinen Blick über das schöne Muster des Parketts schweifen. Anscheinend aber schaute ich dabei so grimmig, dass davon sogar der schwer beschäftige, von Peter belagerte Sänger Notiz nahm. "Ey, euer Schwarzhaariger...Ma -" "Martin", wurde ihm auf die Sprünge geholfen. "Martin. Ist der eigentlich immer so...ein Langweiler?" Wahrscheinlich waren diese Worte nicht für meine Ohren bestimmt, aber dennoch hörte ich sie. Pech, wenn man ein derart lautes Organ besaß. Gespannt, aber auch ein bisschen drohend schaute ich nun auf. Direkt zu dem halb auf Olli liegenden Peter, den er noch immer mit irgendwelchen peinlichen Wangenküssen besah. Und das im Akkord, seitdem wir unsere Ärsche auf die Couch gepflanzt hatten. Die blöden Quietschgeräusche schienen gar nicht mehr abreißen zu wollen. Nur jetzt hielt Peter für einen Augenblick inne, musterte mich prüfend, hatte dann aber wieder nur Augen für sein Herzblatt Olli und beantwortete ihm seine Frage bezüglich meines Langweilerdaseins. "Nee, eigentlich ist Martin echt gechillt", kam es von Peter. "Aber heute hat er seine Tage." Ach, hatte ich die? Und woran machte er das fest? An meinem bösen Blick? Oder etwa an der Tatsache, dass ich ihn vor nicht allzu langer Zeit von der Bettkante geschubst hatte? Ach, sollte er doch. Was interessierten mich die Lästertanten. Im Gegenteil, es freute mich schon fast für Peter, dass er endlich eine Lästerschwester gefunden hatte. Im Grunde seines Herzens war Peter nämlich ein wahres Mädchen. Ein kleines, perverses, notgeiles Mädchen. Und eben letzteres demonstrierte er heute mal wieder deutlich. Zu deutlich, jedenfalls für Erics und meinen Geschmack. "Ein Glück, dass ich nicht meine Tage hab", raunte Peter und soff einen gehörigen Schluck von der ekligen Plörre, die sich eigentlich in meiner Flasche befand, aber ich war mittlerweile eh zum Rauchen übergangen. Wichtige Information erhalten: Peter hatte nicht seine Tage. Wichtige Frage diesbezüglich: Was hatte er stattdessen? Eisprung? In der Tat. So ähnlich schien es tatsächlich zu sein. Noch während ich an meinem Glimmstängel saugte, erhob sich Peterchen, machte sich an seinem Röckchen zu schaffen und - schob es entschieden nach unten. Das Ganze unterstrich er mit einem lauten 'Party!'-Gröhler. "Och nö, Peter!", seufzten Eric und ich unabgesprochen im Chor und highfivten uns für den gleichen Gedanken. Danach aber wussten wir beide nicht mehr wirklich, wo wir hinschauen sollten. Natürlich gab es an Peter fast nichts, was ich noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, und auch Eric kannte gezwungenermaßen den Körper des blonden Bassisten, aber trotzdem war der Anblick immer wieder aufs Neue schockierend. Nicht, weil Peters Schwanz so hässlich war, dass man ihn am liebsten in irgendeinem Blumentopf versenkt hätte, es war viel eher die Tatsache, dass Peter oft so unerwartet blank zog. Immer dann, wenn man es am wenigsten erwartete, präsentierte er seine Blöße. Wenigstens für Olli bot sich ein ganz neues Bild. Und man musste kein Medium sein, um mitzubekommen, dass es Britney ziemlich interessierte, was sich zwischen Peterchens Beinen befand. Mit einem hoffentlich gleichgültigen Blick guckte ich dabei zu, wie der Sänger am Bein des Bassisten rumgrabschte und sich noch extra weit vorbeugte, um genau zu sehen, wie Peter sein Ding schwang. Olli grinste sich einen ab, aber das tat er ja sowieso, seitdem ich ihn kennengelernt hatte. Nur ich, aber vielleicht auch Eric schienen der Sache überhaupt nichts abgewinnen zu können. Eric trank sein Bier und spielte an seinem Handy herum, während ich mich versuchte, auf das Rauchen zu konzentrieren und die Fremdscham wegzuwischen. Dies allerdings stellte sich als schwieriger heraus, als es klang. Wir alle liebten Peter von ganzen Herzen und ich wusste, ich würde auch für Eric mitsprechen, aber manchmal gab es Momente, in denen du dich am liebsten ganz unauffällig von ihm entfernt hättest. Besonders schlimm wurden Peters notgeile Spiele aber immer erst dann, wenn sie auf Gegenliebe stießen. So wie heute. Peters Schwänzlein, welches bedingt durch die Stöße in die Luft lustig wackelte, hätte ich ja eventuell noch tolerieren können. Und ja, irgendwie war es ja auch schön, dass Peter seinem besten Stück frische Luft gönnen wollte. Aber als er und Olli zu einer leeren Flasche griffen und merkwürdige Dinge mit dieser veranstalteten, war der Augenblick für mich gekommen, um das Weite zu suchen. In meinem Fall war das Weite meine hauseigene Toilette. Ich liebte sie manchmal für den Schutz, den sie mir bot. Aber für immer konnte ich mich leider nicht einschließen. Auch nicht für den restlichen Abend, schließlich musste ich darauf achten, dass der wilde Peter samt seines neuen Spielgefährten die Wohnung heil ließ. Also schlich ich mich zurück in die gute Stube, musste allerdings feststellen, dass alles noch sauber und ordentlich anmutete sowie sich alles an seinem angestammten Platz befand - außer Peter und Olli. Erst guckte ich ziemlich dumm in der Gegend herum, dann aber fiel mein Blick auf den noch immer total ruhig gebliebenen Eric, welcher die Augen kaum mehr von seinem Handy lassen konnte. "Wo sind denn die beiden?" Es dauerte ein paar Momente, ehe Eric stumm den Kopf zu mir herumdrehte und mit einem Schulternzucken reagierte. "Die Turteltäubchen? Weg", war alles, was er zu sagen hatte. Weg. Hä? "Wie weg? Wo sind sie hin?", hakte ich schon aufgebrachter nach, obwohl ich auch keine Ahnung hatte, wieso ich mich nun so echauffierte. "Weiß ich doch nicht", grummelte Eric noch einmal und signalisierte mir somit, dass er in Ruhe gelassen werden wollte. Dies war eigentlich so ziemlich immer der Fall, wenn er etwas getrunken hatte. Da sich aus dem Drummer keine Informationen herauspressen ließen und die Party beendet zu sein schien aufgrund des Fehlens des Ehrengastes, verabschiedeten wir uns knapp und ich beschloss gleich nach Erics verschwinden mein Bett heimzusuchen. Müde war ich geworden, es lag ja auch ein bekloppter Tag hinter mir mit komischen Entwicklungen und Eindrücken. Erst rannte Peter als Crossdresser durch die Kante, willens mich zu vernaschen, dann kreuzte dieser Smiley auf, welchen ich anscheinend so schnell nicht mehr von Backe bekam und letztendlich bot sich mir ein Schwulenporno direkt vor der Funzel; live und in Farbe, verstand sich. Das war selbst für mich zu viel und ich hatte schon einiges mit Peter erlebt. Nur leider war die lange Kette der Ereignisse für diesen Tag noch längst nicht beendet. Es sollte noch eine, besonders grell funkelnde Perle geben, die das Schicksal auf das Bändchen fädelte. Und ich hätte kotzen können. Aber sowas von. Eimerweise. Die Freude auf mein Bett wurde mir jäh zunichte gemacht. Als ich nämlich die alten Flaschen weggeräumt hatte und in mein Schlafzimmer wackelte, hörte ich bereits ein verdächtiges Rascheln, doch zu dem Zeitpunkt glaubte ich noch, das wäre der Wind, der durch das angekippte Fenster in den Raum wehte. Doch nichts da. Kein Wind, aber blasen war schon mal nahe dran. Wie immer ließ ich mich mit Karacho auf die Matratze plumpsen, heute jedoch schrie das olle Ding lauthals auf, als ich es unsanft knuffte. Reflexartig packte ich die Zudecke, zog sie hoch, schleuderte sie weg - und erblickte einen auf dem Rücken liegenden Olli, der plötzlich gar nicht mehr so blöd grinste wie sonst immer. Das wäre ja noch gar nicht so schlimm gewesen, schließlich sah Ollis von mir gequetschter Arm noch recht funktionstüchtig aus. Aber dann fand ich Peter vor. Nackt. Und dafür mit einem dicken Schmunzeln im Gesicht bekleidet. "Spinnst du, Mann?", wetterte Olli, während ich noch nach Fassung rang und doof aus der Wäsche guckte. "Du kannst doch nicht einfach hier dazwischen platzen!" "Ach, Ollilein, lass doch", mischte sich da plötzlich der schrecklich lallende Peter ein und grabschte mit der flachen Hand dem Sänger unbeholfen ins Gesicht. In einer anderen Situation hätte ich wahrscheinlich lauthals aufgelacht, aber im Moment wusste ich überhaupt nicht mehr, wie ich das, was sich mir hier bot, finden sollte. Ein Olli im Bett ging ja noch, den hätte ich einfach rausschmeißen können, und ein nackter Peter war ebenfalls in Ordnung, falls er sich benahm. Aber ein Olli und ein nackter Peter war mir etwas zu viel. Zumal das hier mein Bett war und niemand sich ungefragt in jenes legen durfte. Und darin vögeln ging gar nicht! Angepisst hing ich mehr draußen, als dass mein Arsch auf der Matratze ruhte. Mit Olli wollte ich nicht unbedingt auf Kuschelkurs gehen, das war mir einfach zuwider. Zwar kümmerte ich mich nicht sonderlich um diese ganzen Sexualitäten, aber mit einem Mann ging ich trotzdem eher ungern auf Tuchfühlung. Der besoffene Peter schien das allerdings anders zu sehen. Kurzerhand grabbelte er über Olli hinweg direkt auf mich zu und zwickte mir nicht sonderlich liebevoll in die Wange, sodass ich mir ein gequältes 'Aua!' nicht verkneifen konnte. "Willst du mitmachen, schöner Martin?", murmelte er so undeutlich, dass ich es kaum verstehen konnte. Und an Olli gewandt folgte: "Martin liebt meinen Schwanz. Den hatte er sogar schon in Mund. Was denkst du, wie ich gekommen bin, als er -?" "Ist gut, Peter", murrte ich und schob den anderen von mir runter, sodass er auf Olli zu liegen kam und auch damit zufrieden schien. "Das wollen wir alle gar nicht wissen. Sag lieber deinem Herzblatt, dass es sich verpissen soll." "Hö. Was?", kam es allerdings nur von unserem kleinen Nackedei, was er mit einem amüsierten Glucksen unterstrich. Okay. Dann musste ich eben deutlicher werden. "Tschüss, Olli!", sagte ich sehr fest und tat mein Bestes, um den Fremden mit Händen und Füßen aus meiner Koje zu befördern. Doch so einfach war das gar nicht. Der Junge schien fünf Tonnen zu wiegen und sträubte sich gewaltig gegen eine Verabschiedung. Seinen Worten nach hatten er und Peter nämlich erst damit angefangen, intim zu werden. Wie schade, dass ich sie nun dabei störte. Ich böser, böser Cockblocker. "Raus, raus, raus", murmelte ich, während ich den widerwillig zur Tür schleichenden Olli begleitete. "Ach, aber Peter darf bleiben?", empörte er sich plötzlich nach einer Phase der Folgsamkeit und drehte sich zu mir herum, um mich so anzusehen, als könnte er mit seinen Blicken meine tiefsten Gedanken und Empfindungen lesen. "Peter wohnt hier", erklärte ich so ruhig wie möglich, obwohl ich nun endgültig zu schwitzen anfing. "Erzähl nicht", fuhr mir Olli barsch über den Mund. "Du willst den jetzt bloß durchficken. Bist doch selber scharf auf den Kleinen." Unverzüglich zog sich meine linke Augenbraue in die Höhe. Sie entwickelte immer ein Eigenleben, wenn sich die Welt vor meinen Augen ziemlich bunt färbte. Leider krähte nun auch noch Peter dazwischen - und sein Beitrag war ebenfalls nicht sonderlich intelligent. "Martin ist eifersüchtig!", freute er sich und grunzte selig. "Eifersuchti. Eifersuchti!" "Wenn du nicht gleich die Fresse hältst, fliegst du auch raus", stellte ich klar und plötzlich klappte es mit dem Schweigen des Peters. Warum nicht gleich so? Ehrlich gesagt fragte ich mich wirklich, wieso ich Peter nach der Nummer bei mir behalten wollte. Die Nacht würde der Horror werden, das ahnte ich bereits jetzt. Peter würde mich belagern wie eine Ritterburg und mit seinem kleinen Speer...na ja, ihr wisst schon, was er mit seinem Speer vorgehabt hätte. Olli hatte ihm mächtig eingeheizt und nun war er sicher scharf wie Nachbars Lumpi. Oh je, oh je, gab es hier eigentlich noch ein Richtig und ein Falsch? Irgendwie schien es nicht so. Aber Olli musste trotzdem gehen. Gnadenvögeln war nicht drin. Ich würde schon irgendwie mit Peter fertig werden, redete ich mir ein. Doch da wusste ich noch nicht, wie schwer ich ihn mir vom Leib halten konnte. Sofort nach Ollis Abzug und nach einem tiefen Durchatmen trollte ich mich wieder in Richtung des Bettes, in der Hoffnung, nun endlich meinen Frieden zu finden. Zunächst mutete es auch so an, aber kaum dass ich mich auf den Rücken gelegt und mich in die Decke eingekuschelt hatte, robbte Peters warmer Körper auf mich zu und presste sich schwer wie ein Stein auf meine Brust. Argh. Und dann schnurrte er wie eine Miezekatze vor sich hin, woraufhin ich überhaupt nicht mehr wusste, was ich tun sollte. Friedlich war er ja momentan noch, aber wie würde es aussehen, wenn ich ihm klarmachte, dass ich meinen Freiraum brauchte? Würde er mir die Ohren vollheulen und wenigstens auf einen Handjob bestehen, da ich ihm schließlich Olli abspenstig gemacht hatte? Egal, wie seine Reaktion ausfallen würde, ich musste es darauf ankommen lassen. Mit einem Felsbrocken, der einem die Luft abschnürte, schlief es sich schlecht und außerdem nervte mich jetzt schon das Gefühl von Peters Schwanz an meinem Oberschenkel. Besser gesagt: Es behagte mir nicht. Ganz und gar nicht. "Peter...", murmelte ich und versuchte den anderen zunächst mit sanfter Gewalt von mir runterzuschubsen, aber genau wie zuvor schon Olli wog er mindestens so viel wie ein Kleinwagen. Vielleicht kam mir dies auch nur so vor, weil Peter überhaupt nicht wegbewegt werden wollte und demzufolge alle Muskeln erschlaffen ließ. Trag mal einen nassen Sack weg, der so groß ist wie du. Nach zehn Zentimetern wirst du erschöpft vor ihm auf die Knie sinken und ihm seinen Sieg über dich zugestehen. Doch vor Peter wollte ich nicht auf die Knie sinken. Peter war stockbesoffen und vielleicht schlief er sogar schon, weil er sich gar nicht mehr rührte und auch nicht mehr brummelte. Ich weiß nicht, was es genau war, was mir einen Anflug von Panik versetzte, jedenfalls verpasste ich dem Blondchen einen ziemlich heftigen Schlag mit der flachen Hand auf die Wange, der Peterchen aber gottseidank wieder neues Leben einhauchte. "Mhh...", machte er unwillig. "Was soll'n das?" 'Weißt du, ich bin paranoid', hätte ich theoretisch antworten müssen. 'Es hätte ja sein können, dass du mir unter den Augen wegstirbst und ebenfalls wie Dave die Fliege machst, einfach so.' Aber natürlich verkniff ich mir diese Tiefgründigkeit, Peter hätte sie heute ohnehin nicht mehr verstanden. Ach, im Grunde hätte er mich selbst im nüchternen Zustand deswegen ausgelacht. Peter lag natürlich schon bald wieder auf mir. Nur fuhr nun auch noch seine Hand über meinen Oberkörper, was mich in eine Art Schockstarre versetzte. Peters zufriedenes Gebrummel verbesserte die Situation erst recht nicht. Ich war in meinen Bewegungen eingeschränkt und sah keine Fluchtmöglichkeit von einer Sache, die mir leider irgendwie gefiel... Nein. Nichts hier mit gefallen. Spätestens als Peter am Saum meiner Unterhose nestelte, erlangte ich meine Besinnung wieder und entwickelte mit einem Male eine schier mörderische Kraft, mit der ich Peter auf den Rücken bezwang. "Boah man, können wir uns die groben Spielchen nicht für morgen aufheben und jetzt etwas...Gemütliches machen?", brabbelte Peter, der nun wieder reglos neben mir lag. "Gute Idee", lobte ich den Einfall meines Bettgefährten. "Findest du schlafen gemütlich genug? Friedliches, geruhsames Schlafen?" "Mh. Schlafen ist gut", kam es vom tiefentspannten Peter. "Mit dir schlafen aber noch besser." Musste ich erwähnen, dass ich kurz vor dem Ausrasten stand? Ich schwor mir, Peter nie mehr auch nur in die Nähe von etwas Alkoholischem zu lassen, da ihm dies überhaupt nicht bekam. Es schiss ihm mächtig ins Hirn und verstärkte seine eh schon ausgeprägten Triebe noch zusätzlich, steigerte sie auf ein schier unerträgliches Maß. Aber wie so oft galt es, mich zu beherrschen. Peter war zwar nicht übermäßig aggressiv, wenn er getrunken hatte, doch ich wusste nicht, wie er abging, wenn man ihm Liebe verweigerte. "Wir pennen jetzt einfach, gute Nacht", stellte ich klar, aber Peter schien meine Worte überhaupt nicht beachtet zu haben. Plötzlich wurde er sehr gesprächig und sogar ungewohnt tiefgründig für seine Begriffe. Und ich näherte mich meiner Rage mehr und mehr. "Musst nicht eifersüchtig auf Olli sein", meinte er. "Ich bin nur dein Bückstück. Aber da du ja deine Tage hast, muss ich ja mit jemand anderem Vorlieb nehmen. Ich bin rattig, verstehst du? Ich könnte dich theopraktisch durch die gesamte Wohnung vögeln. Mein geiler, heißer Martin." War er nicht tiefgründig, der gute Peter? Na, nicht wirklich. Aber dermaßen ehrlich war er selten. Langsam begriff ich den Ernst der Lage. Und dieser Ernst bestand darin, dass Peter von mir sowie der Idee, mich bekommen zu können, besessen zu sein schien. Er wollte mich unbedingt, das wurde mir klar. Das würde auch morgen nicht anders sein, wenn er wieder bei Sinnen war. Aber so gern wie ich ihm das gegeben hätte, nach was er sich so verzehrte - ich konnte es nicht. Erneuter Sex mit Peter war ein No Go, ich hätte es mir nie im Leben verziehen, wäre ich seinen Reizen noch einmal erlegen. Meine ganze Ehe stand auf dem Spiel und selbst wenn ich Peter ziemlich gern mochte, so musste ich mich zusammenreißen, wenn ich Marie nicht verlieren wollte. Sie war die Frau meines Lebens, verdammt! Wieso wollte sich Peter mit allen Mitteln über diese Tatsache hinwegsetzen? Wieso hätte er mir mit Freude alles kaputt gemacht? Weil er egoistisch war. Er dachte nur an sich. Im Grunde war ich ihm genauso egal wie Dave. Meinen Körper fand er sexuell anziehend, aber als Mensch ging ich ihm am Arsch vorbei. "Penn jetzt endlich", versuchte ich es erneut, aber Peter war in seinem Redeschwall nicht mehr zu beruhigen. "Du musst nicht eifersüchtig auf Olli sein", wiederholte er sich und wurde plötzlich wieder sehr anhänglich. Da ich ihm mittlerweile den Rücken zugewandt hatte, diente dieser ihm als Ziel für seine Zärtlichkeiten und ich beschloss, ihn um des lieben Friedens willen gewähren zu lassen. Aber eine Sache wollte ich ganz gern noch klarstellen. Nein, eigentlich waren es mehrere. "Weißt du, Peter", begann ich. "Im Grunde ist es mir scheißegal, in welchen Löchern du dich versenkst. Hiermit erhältst du freien Eintritt für jeden Arsch, den du entern möchtest. Und sei es für Ollis." "Und für deinen?" "Nein, für meinen nicht. Der ist Tabu für dich." "Dann vögel du mich." "Nein. Ich werd nicht mal hart, wenn du mich anfasst." "Sicher?" Selbstverständlich schlag Peter nun amüsiert glucksend die Arme um mich und fasste mich gierig überall an, damit er seine Wirkung auf mich austesten konnte. Aber so lange lieferte ich mich ihm gar nicht erst aus. Peter bettelte geradezu danach, dass ich ihn erneut von mir wegschubste. Und das tat ich im Folgenden auch. "So, jetzt ist Ruhe im Karton", sagte ich bestimmt, während ich Peters Silhouette zusammengesackt an der Wand liegen sah. "Kann ich jetzt endlich die Augen zumachen und darauf vertrauten, dass du nicht über mich herfällst?" "Ist ja gut...", kam es angepisst von Peter. "Sag ja." "Ja, man..." "Gut. Und sollte ich morgen früh keine Schlüpper mehr tragen, bist du dran. Kapiert?" "Du machst mich an, wenn du so herrisch bist..." "Peter!" "Jaja." Ich schnappte nach dem Rand der Bettdecke, um sie über mir auszubreiten, hatte aber plötzlich einen losen Stofffetzen in der Hand. Zuerst fürchtete ich, ich hätte die Zudecke zerrissen, dann aber erkannte ich, dass es sich hierbei um etwas anderes handelte. Kurzerhand suchte ich mein Handy heraus, sorgte für Licht - und betrachtete Peters rosa Stringtanga, der die wunderschöne Aufschritt 'Sweets' trug. Herrliches Wortspiel, aber ich beschloss, erst morgen ausgiebig darüber zu lachen. In der Zeit dazwischen träumte ich von Sweets Sweets und Dingen, die ich aus Jugendschutzgründen gern zensiert wüsste. Obwohl es ja mittlerweile auch Wurst gewesen wäre, schließlich kannte die Welt bereits Peters geheime, schmutzige Gedanken. Doch ich wollte mir mein letztes Stückchen Keuschheit noch ein wenig bewahren. Und in Zukunft sollte sich das nicht allzu schwierig gestalten. Kapitel 5: 5. Kapitel - "Ich glaube, das geht so nicht weiter." --------------------------------------------------------------- Ein furchtbar penetrantes Lied riss mich aus meinen versauten Träumen. Vielleicht dauerte es ein paar geschlagene Sekunden, ehe ich mich zu regen begann, um auf dem Boden nach Peters Handy zu wühlen, denn das schreckliche Lied stammte von diesem. Zum Glück konnte ich es ohne große Mühen ausfindig machen, packte es noch ziemlich schlaftrunken und schmiss es ohne Rücksicht auf Verluste nach Peter. Dieser stöhnte getroffen auf und bewegte sich träge, setzte aber der quietschigen Melodie noch immer kein Ende. "Man!", muffte ich, nachdem ich mich auf den Bauch gedreht hatte um zu demonstrieren, dass es draußen zwar taghell, ich aber noch längst nicht ausgeschlafen war. Doch ich konnte meckern, wie ich wollte - Peter ließ sich Zeit. Wahrscheinlich war sein Promillewert noch immer genauso lang wie sein Schwanz und deswegen störte ihn sein Klingelton auch nicht. Mich allerdings machte er rasend. Noch ein paar Augenblicke ließ ich es klingeln, dann aber schreckte ich hoch, riss das Telefon an mich, tippte heftig mit dem Zeigefinger auf den grünen Button und blökte gereizt in das Gerät. "Hallo?!" "Ohhh, ganz ruhig, ganz ruhig, Brauner!", sagte eine Stimme, die ich nicht sofort zuzuordnen wusste. Als der Typ allerdings weiterquatschte, konnte ich mir denken, mit wem ich die Ehre hatte, ein Gespräch in aller Herrgottsfrühe zu führen. "Eigentlich wollt' ich mit Peter quatschen, aber -" "Peter ist beschäftigt", grummelte ich, hatte mich aber schon ein wenig beruhigt und lag wieder gemütlich eingekuschelt in meinem Kissen, während Peter mit geschlossenen Augen und leisem Gebrummel nach seinem Telefon pfotelte. "Ach so", erkannte Olli und ich hätte Gift darauf nehmen können, dass er dreckig grinste. "Er hat was im Mund und kann nicht sprechen. Verstehe." "So ein Schmarrn!", wiegelte ich seine Vermutung ab und runzelte die Stirn. Ehe ich mich allerdings noch weiter aufregen konnte, hatte Peter es geschafft, sich sein Eigentum an den Nagel zu reißen und stöhnte herzzerreißend ein Wort in das Gerät, welches wohl ein verstümmeltes 'Ja' sein sollte. Nun würde Olli erst recht denken, dass ich mit unserer Quotenblondine zugange war, obwohl das doch überhaupt nicht stimmte. Wieso dachte eigentlich jeder, ich wäre selbst auf Peter scharf gewesen, nur weil ich den komischen Britneyabklatsch nicht in meinem Bett Sex haben lassen wollte? Schließlich war das keine Spielwiese für Hinz und Kunz, sondern ein Ort zum Schlafen. Mein Ort zum Schlafen, den ich allenfalls mit Peter teilte, egal, ob nackt oder angezogen. Mit Peter war es schließlich etwas komplett anderes. Peter war mein bester Freund, welchen ich gern in meiner Nähe wusste. Im Gegensatz dazu war Olli ein Fremder für mich, und fremde Leute durften einen gehörigen Abstand zu mir wahren. Wie frech es eigentlich anmutete, am Tag des Kennenlernens schwulen Sex in meinem Bett haben zu wollen. Ich konnte darüber echt nur den Kopf schütteln. Wie ich aus Peters Gespräch heraushören konnte, war es wohl schon fast zwölf und deswegen wollte Schleimer Olli Peter zum Mittagessen einladen. Selbstverständlich sagte Peter zu, da half auch mein ungewollt recht flehender Blick nicht viel. "Hahaha, du guckst ja wie ein getretener Hund, Süßer", neckte mich Peter, nachdem er Olli endlich abgewürgt hatte und nun schon viel wacher wirkte. Zwar sahen seine Augen noch immer recht geschwollen aus, aber seine Stimme war bereits wieder auf dem Damm. Ich wusste nicht, wie ich auf seine Feststellung reagieren sollte. Es wäre blöd gekommen, hätte ich gesagt, dass ich mit ihm trotz der Horrornacht einen entspannten Tag zu Hause verbringen wollte. Peter erhoffte sich sicher noch immer einiges von mir, das ich ihm nicht geben konnte und wollte. Der Alkohol hatte nur dafür gesorgt, dass er seine Wünsche unverblümt aussprach. Ach, scheiße, wie sollte es jetzt weitergehen, fragte ich mich ernsthaft. Doch die Antwort erhielt ich bereits kurz darauf. Und sie missfiel mir. Auf ganzer Linie. Gleichgültig sah ich Peter dabei zu, wie er sich seine Transensachen überzog, wobei er ziemlich lange nach seinem rosa Tanga mit der zweideutigen Aufschrift suchte, bis ich ihm das Teil, welches noch immer neben meinem Kopfkissen ruhte, an den Kopf schleuderte. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er noch auf der perversen Anspielung herumreiten würde, dies war allerdings nicht der Fall. Seine Gedankengänge waren momentan viel zu ernst, um weiterhin über mich und meinen unsichtbaren Keuschheitsgürtel zu witzeln. "Du, Martin", begann er und bereits in jenem Moment rutschte mit das Herz in meine noch auf dem Leib hängenden Boxershorts. "Ich glaube, das geht so nicht weiter." "Was geht so nicht weiter?", wollte ich erschrocken wissen, während ich nun auch noch spürte, wie sich meine Kehle zuschnürte. Aufgeregt schaute ich Peter an. Wollte er mir die Freundschaft kündigen? Aus der Band aussteigen? Nun verspürte ich tatsächlich eine Scheißangst. "Na...ich sollte vielleicht wieder zu mir ziehen", klärte er mich letztendlich auf, während er noch immer mit seinem Röckchen kämpfte und unkoordiniert auf einem Bein herumhüfte. "Wieso?", kam es von mir wie aus der Pistole geschossen. Zugegeben, das klang zwar wesentlich besser als eine Freundschaftskündigung, allerdings schmeckte mir der Gedanke trotzdem nicht, dass ich schon bald wieder ganz alleine war. Wie sehr hatte ich mich an Peters Gesellschaft gewöhnt und sie mit der Zeit sogar genossen. In diesen wenigen Wochen wurden wir zu noch dickeren Freunden, als wir es bereits vorher schon waren. Ich wollte nicht, dass die schöne Zeit schon vorbei war. Wer sollte nun die Küche wischen, wenn es Peter nicht mehr tat? Und wer würde mein Bett vorwärmen? Peter raffte zwar, dass mir seine Idee nicht zusagte, aber er beharrte darauf. Fertig angezogen ließ er sich auf meiner Seite des Bettes nieder und musterte mich eindringlich. Noch immer hoffte ich ein wenig, er würde mich nicht verlassen, wenn ich den Hundeblick beibehielt, aber er schien es ernst zu meinen. "Wir machen uns doch nur gegenseitig verrückt", sagte er und schüttelte leicht den Kopf. "So wirklich kann ich mich zwar nicht mehr an die letzte Nacht erinnern, aber das, was ich noch weiß ist Zeug, das wahrscheinlich keine einmalige Sache bleiben wird. Mir fällt das auch verdammt schwer, meinen süßen Kuschelwuschel alleine zu lassen, aber es quält uns doch nur. Es quält uns beide. Ich kann nicht garantieren, dass ich meine Hormone immer unter Kontrolle halten kann. Wenn du in der Nähe bist, dann fällt mir das nämlich extrem schwer..." "Ich passe einfach auf, dass du keinen Alkohol mehr trinkst", schlug ich vor, aber Peter schüttelte weiterhin den Kopf, während ich erkannte, dass ich mich benahm wie ein kleines Mädchen. Peinlich, aber wahr. Peter schien das ebenfalls nicht entgangen zu sein. Mit einem irgendwie wehmütigen Lächeln strich er mir eine Haarsträhne aus der Stirn und seufzte dann. "Martin...auch ohne Alkohol kann ich austicken", erklärte er. "Glaub mir, es ist besser für uns beide. Ich will einfach Dinge, die du nicht willst. Das ist okay. Aber wir können uns in dem Zustand nicht dauernd auf der Pelle hängen." 'Ich will ja, aber ich kann nicht', raste es für den Bruchteil einer Sekunde durch meine Hirnwindungen, aber ich schüttelte diesen irren Gedanken schnell wieder ab. Nein, das war Schwachsinn. Gerade eben mochte ich Peter wieder so unheimlich gern und dann spielte im Oberstübchen schon einmal etwas verrückt. "Irgendwie hast du ja recht", gestand ich ihm. "Aber...du hast doch selbst gesehen, wie mir die Decke auf den Kopf fällt, wenn ich allein bin." "Im Moment geht es dir doch aber ganz gut", erwiderte Peter, dessen Hand gar nicht mehr von meinem Gesicht loskam, mich unaufhörlich streichelte. "Und wenn irgendwas ist..." Er formte mit der linken Hand einen Telefonhörer. "Du kannst mich jederzeit anrufen. Tag und Nacht. Dann bin ich für dich da." Er sah mich an. Seine Blicke waren an meinen Augen hängengeblieben. Ein leichter Schleier hatte sie überzogen. Genau wie in der Nacht, in der wir uns einander hingaben. Und dann hakte etwas bei mir aus. "Komm her", säuselte ich und drückte Peter am Rücken auch schon sanft zu mir hinunter. Er entzog sich mir nicht. Beugte sich so weit vor, bis sich unsere Nasen beinahe berührten. Ich küsste ihn. Musste das einfach tun. Länger hätte ich dieser plötzlichen Anspannung in meinen Gliedern kaum widerstehen können. Es waren harmlose Küsse, die ich auf seinen Lippen verteilte, zarte Küsse, die Peter nach einem kurzen Zögern erwiderte. Das Ganze endete damit, dass ich den anderen auf mich zog und mein Gesicht in seine Halsbeuge drückte. Immer dann, wenn ich mich dazu hinreißen ließ, an seiner empfindlichen Haut zu knabbern, spannte er sich am ganzen Körper an und keuchte leise. Und auch ich konnte nicht leugnen, dass es in meinen Lenden zu prickeln begann. Heftig. Bis es mir dämmerte, dass ich drauf und dran war, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen und die ganze Sache beendete. Schnell und schweren Herzens. ***** Eine harte Zeit für mich brach an. Nicht nur, dass Peter weg war setzte mir ziemlich zu. Zwischen Peter und Olli wuchs in den nächsten Wochen etwas immensen Ausmaßes, das weder Eric noch ich wirklich verstanden. Es gab diese Tage, an denen man tatsächlich glaubte, unsere beiden Quotenblondinen wäre ein Liebespaar, aber es gab ebenso Momente, in denen sie sich wie stinknormale Kumpels nebeneinander auf das Sofa im Proberaum fläzten und sich überhaupt nicht füreinander interessierten. Wir fragten niemals nach. Es ging uns im Grunde nichts an, was Peter und Olli hinter verschlossenen Türen taten. Und dennoch interessierte es mich brennend. Es gefiel mir nicht, wenn die beiden vor meinen Augen knutschten, es gefiel mir noch weniger, wenn sie sich gegenseitig mit albernen Kosenamen besahen. Trotzdem wollte ich wissen, was die beiden taten, wenn niemand dabei war. Auch wenn es im Prinzip ohnehin keine Rolle spielte. Denn seitdem Peter und Olli dieses seltsame Freundschaftsding am Laufen hatten, kam ich an meinen besten Freund fast gar nicht mehr heran. So nah wie wir uns während der Zeit, in der wir zusammen wohnten gekommen waren, so weit hatten wir uns danach voneinander entfernt. Von heute auf morgen war ich allein. Nicht nur in meiner Wohnung. Sondern auch psychisch. Peter war irgendwie weg, nicht mehr greifbar, mir längst nicht mehr so vertraut wie in jenen Momenten, in denen wir gemeinsam aufwachten und über Gott und die Welt laberten. Wahrscheinlich war es aber gut so, denn ich hatte ja selbst gemerkt, wie schwer uns das Zusammenleben fiel, eben durch diese entstandene Nähe, die nicht sein durfte. Zu irgendeinem Zeitpunkt hatten wir eine unsichtbare Grenze überschritten. Vielleicht geschah dies aber bereits während unserer ersten Nacht. Im Grunde hatte sie alles verändert, während unsere letzte Nacht, in der allerdings nichts passiert war, den Schlussstrich zog. Doch ins Lot zu rücken vermochte sie nichts mehr. Zwischen mir und Peter war einiges passiert, das man wahrscheinlich nicht mehr rückgängig machen konnte. Bloße Ignoranz half gegen diese viel zu innigen Gefühle, die ich für ihn entwickelt hatte. Bloße Ignoranz, wie sie auch Peter ausübte. Ignoranz, die mich einsam machte. Einsam und sehr nachdenklich. Und das schwarze Loch gaffte bereits wieder auf, ehe ich es auch nur bemerkt hatte. Das Übel begann mit einem Anruf. Mit einem einfachen, harmlosen Telefongespräch. Eines schönen Sonntags war Eric am Apparat. Zum Glück hatte ich mich gerade aus der Bettdecke geschält und musste nicht mit unserem lieben Drummer schimpfen, weil er mich geweckt hatte. Deswegen plauschte ich ganz gemütlich mit ihm und war sogar irgendwie froh darüber, dass ich eine vertraute Stimme an einem üblicherweise langweiligen Sonntag hören durfte. Marie hatte sich seit Tagen nicht mehr gemeldet und das war auch okay für mich, denn wahrscheinlich hatte sie einiges um die Ohren. Und Peter...ach, der war gestern eh wieder in irgendeiner Kneipe versumpft, gemeinsam mit Freund Olli, versteht sich. Um ehrlich zu sein war es mir mittlerweile allerdings recht egal geworden, dass wir beide nicht mehr so dicke zusammen waren. Wir hatten ja eine schöne Zeit zusammen, aber die hatte ich auch mit Dave. Und dem trauerte ich noch immer hinterher. Zwar nicht mehr so exzessiv wie noch vor wenigen Wochen, aber es gab Nächte, in denen ich wach lag und grübelte über ihn und uns nach. Fragte mich, was wir falsch gemacht hatten. Immer und immer wieder. Obwohl es sinnlos war. So sinnlos. "Du, ich glaube, du musst noch meine Digitalkamera haben", meinte Eric nach einiger Zeit, in der wir den Gesprächsfaden vorläufig verstrickt hatten und uns für ein paar Sekunden anschwiegen. "Wozu brauchst du denn die?", lautete meine erste Frage, denn es wunderte mich ziemlich, dass Eric auf den alten Schinken zurückgreifen wollte, wo er doch ein IPhone besaß. "Auf der Speicherkarte sind noch ein paar Aufnahmen", erklärte er und ich dachte sofort wieder versaut. Das hatte ich von Peter gelernt. Er war ein klasse Lehrer, wenn es um das zweideutige Denken ging. "So, Nacktbilder, was?", zog ich meinen Kumpel auf, der sofort zu widersprechen begann. "Nee. Von ner Familienfeier. Louise will sie sehen." Louise war seine Freundin. Das nur am Rande, falls es jemanden interessiert. "Ja ja, Familienfeier", blieb ich allerdings skeptisch und grinste frech vor mich hin. "Ich weiß ja nicht, wie ihr feiert, aber ich war bei meiner Hochzeit angezogen." "Ich weiß, ich war dabei", erinnerte mich Eric seufzend an seine Anwesenheit an jenem wundervollen Tage. Und prompt fiel mir eine kleine Anekdote ein. Ein Insiderwitz sozusagen. "Leck meine Stiefel", sagte ich mit bebender Stimme und als ich hörte, wie Eric am anderen Ende der Leitung zu lachen anfing, konnte auch ich nicht mehr länger an mich halten. Wir brauchten eine ganze Weile, um uns zu beruhigen, aber als wir das Ganze weiter ausschlachteten, erlagen wir weiteren Lachanfällen. "...und dann ist Peter also auf die Knie gegangen und unter den Tisch gekrochen. Hast du ihn gesehen? Ich ja nicht...", überlegte ich glucksend. "Na klar. Aber ich hab nichts gesagt. Ich hab mich nur ziemlich gewundert, was er dort unten macht. Und um ehrlich zu sein weiß ich es bis heute nicht. Doch es kam extrem geil, wie du irgendwann unter die Tischdecke geguckt hast und wie aus der Pistole geschossen gefragt hast -" "Leckst du meine Stiefel oder was?“, vervollständigte ich und prustete los. „Ich glaube aber mittlerweile eher, dass Peter mir an die Eier wollte. Oder er suchte ein Versteck, weil du ihm mit der Kuchengabel gedroht hast und Dave von Natursekt anfing." "Tehehe. Ach, der hat doch so viele perverse Kinks, das schockt den nicht." Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Mein Grinsen war here to stay. Aber so was von. Wir laberten noch eine ganze Weile über dies und das, aber schließlich erinnerte mich Eric noch einmal daran, dass ich nach der Kamera suchen sollte und ich machte mich gleich auf die Socken, nachdem das Gespräch ein Ende gefunden hatte. Alle Schränke durchsuchte ich. Und das waren nicht gerade wenige. Über die Jahre hatte sich Massenweise Gelumpe angesammelt, von dem ich mich aber auch nicht trennen konnte, obwohl es mittlerweile alt und hässlich geworden waren. Hätte ich Marie, die gute Seele, nicht gehabt, wäre ich wahrscheinlich zu einem waschechten Messie mutiert. Im Schlafzimmer fehlte jede Spur von Erics Kamera und ich zweifelte daran, ob ich sie wirklich hortete. Vielleicht hatte er sie auch selbst gefressen, konnte ja sein. Aber da das Gespräch mit ihm heute so toll war, suchte ich weiter. Und weiter. Und weiter. Bis ich mich schließlich bis zum Dachboden vorgearbeitet hatte und mit den Staubflusen und Spinnweben kämpfte. Lecker, was da so alles zum Vorschein kam. Dinge, die mir meine Oma vor vielen, vielen Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte, wie hässliche, grüne Strichpullover mit Ponymotiv. Ja, sie war der Meinung, so etwas konnte man selbst als Teenager noch tragen. Dass ich den Kajalstift bevorzugte, ignorierte sie ganz gern. Im Grunde hielt sie mich aber immer schon für schwul, obwohl sie es nie laut ausgesprochen hatte. Ich wusste es einfach. So, nun noch die letzte Kiste. Wenn hier Erics Kamera nicht war, dann hatte sie sich anscheinend in Wohlgefallen aufgelöst. Oder er hatte sie tatsächlich zum Mittag verspeist. Eric fraß nämlich alles, Hauptsache, es sah schön aus. Stark daran zweifelnd, dass ich das Ding tatsächlich auf den Dachboden geschafft hatte, hob ich den schweren Deckel hoch und kam mir dabei vor wie ein Pirat, der gerade die Schatztruhe mit den Goldmünzen öffnete. Ja, und so ähnlich war es schließlich auch. Hastig wühlte ich mich durch den Kram, den eigentlich kein Mensch mehr gebraucht hätte. Hielt verschiedene Kleidungsstücke in der Hand, die nicht mal unser Transenpeter getragen hätte. Wahrscheinlich stammte das ein oder andere von Marie, aber das hier, das hatte eindeutig ich - Oh. Mit einem Male hielt ich inne. Starrte auf die schwarze Lederjacke, die mir in die Hände gefallen war. Und dann war alles wieder da. Kapitel 6: 6. Kapitel - "Wie schmeckt Regen?" --------------------------------------------- Es fühlte sich an wie ein Tritt mitten ins Herz. Hätte ich eine Ahnung gehabt, was ich hier oben vorfinden würde, ich hätte wahrscheinlich alles getan, um dem Dachboden fernzubleiben. Andererseits tat es auf eine perverse Art und Weise gut, sich ihm wieder so nah zu wähnen. Dave. Ich erinnerte mich noch zu gut an jenen Tag, an dem ich Frostbeule spielte, weil ich mal wieder nur im Tanktop auf die Straße gegangen war. Natürlich klapperte ich schon bald mit den Zähnen, was Dave nicht verborgen blieb. Ganz der Gentlemen legte er mir seine Lederjacke über die Schultern mit den Worten, ich könne sie ihm ja bei Gelegenheit wieder vorbeibringen. Gelächelt hatte er dabei. Und seine Jacke hatte er nie mehr zurückbekommen können. Denn die Szene hatte sich kurz vor seinem Tod zugetragen. Meine Hände zitterten, als ich über das glatte, kühle Material des Kleidungsstücks strich, was den Krampf in meinem Magen noch unerträglicher machte. Wie konnte ich auf seine Jacke vergessen? Und wieso hatte ich sie auf den Boden geräumt? Viel mehr wollte ich sie doch bei mir haben, besonders jetzt, wo ich so allein war. Natürlich stellte sie nicht das letzte Erinnerungsstück dar, was uns von ihm geblieben war, aber gerade diese Jacke war es, die ihm so viel bedeutet hatte. Fast täglich trug er sie, schlief manchmal sogar in ihr, und dass er sie mir geliehen hatte, kam einer großen Ehre zuteil. Für mich war es damals ein Zeichen unserer tiefen Freundschaft. Dave war besonders zum Schluss mein engster Vertrauter. Nicht mal Peter oder Eric wussten so genau wie er, was in meinem Kopf vor sich ging. Und wenn sie es doch wussten, dann hatten sie es nicht verstanden. Dave aber verstand mich immer oder zumindest versuchte er es. Und er hatte stets einen Rat. Einen Lösungsvorschlag. Jedoch war der Tod niemals einer davon. Deswegen schlug die schlimme Nachricht auch so hart ein. Erschütterte mich komplett. Ja, ich hatte gewusst, dass Dave manchmal recht depressive Phasen durchmachte, aber Selbstmord war eine Sache, die man nur aus Filmen oder den Nachrichten kannte und einem deshalb so fern vorkam. Nie hätte ich damit gerechnet, dass er auf solch eine Weise mit sich Schluss machte. Und mich somit ganz alleine ließ. "Oh so sad you're never coming back but your soul will shine in all our minds." Ich hörte es immer wieder. Auf Endlosschleife. Dieses eine Lied, welches ich mit Dave in Verbindung brachte. Wild Rose. Den gesamten restlichen Tag verbrachte ich in meinem Bett, die Lederjacke fest an mich gedrückt und mit einem Schmerz, der zu tief saß, damit Tränen an die Oberfläche dringen konnten. Und dann das Lied. Traurig und so schön zugleich. Jedes Wort stach mir wie ein Dolch in die Brust, aber irgendwie war er da, wenn ich seine Stimme hörte. Dann waren die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit so lebendig und greifbar wie selten zuvor. Denn ich wollte Dave irgendwie am Leben halten. Irgendwie bei mir haben. Wenn es schon nicht körperlich war, dann sollte er wenigstens in meinem Kopf weiter existieren. Ich wusste, es würden keine neuen Erinnerungen an und mit ihm hinzukommen, deswegen durften die alten niemals verblassen. Dave sollte mir nicht ferner werden mit der Zeit. Auch wenn es wehtat. Für ihn quälte ich mich gern. Für ihn und das, was ich noch von ihm hatte. Doch der Mensch war von Natur aus kein schmerzperverses Individuum. Die Seele wusste sehr gut, was sie ertrug und was nicht und da konnte ich auch nicht mit meinen Gedanken entgegensteuern. Irgendwann gestand ich mir ein, dass ich es nicht mehr aushielt. Dass ich in einer Situation steckte, aus die es weder einen Ausweg noch ein Happy End gab. Es war eine Sache, die man nicht mehr ändern konnte, egal, wie sehr man es sich wünschte. Und genau das war es, was es schier unerträglich machte. Wenn man die Kontrolle über die Dinge verlor, die sich um einen herum abspielten, dann wurde man wahnsinnig. Ich zumindest spürte mehr und mehr, wie ich den Boden unter den Füßen verlor. Würde ich so weitermachen, würde ich Dave vielleicht sogar folgen, überlegte ich, während ich verzweifelt die Kontaktliste meines Handys durchscrollte. Ich hatte mich plötzlich wieder an Peters Worte erinnert. Auch wenn er nicht mehr hier wohnte, er wollte für mich da sein. Ich konnte ihn anrufen, zu jeder Tageszeit. Über den Dächern schwelte mittlerweile ein dunkler Schleier und läutete die kommende Nacht ein. Doch an Schlaf war für mich nicht zu denken. Das Gedankenkarussell hatte mich und würde mich in nächster Zeit wahrscheinlich nicht mehr entlassen. Es gab so viel, was mich beschäftigte, so viel, dass mir bereits der Kopf brummte. Und ich spürte, dass ich einen Halt benötigte. Ich brauchte Peter. Ewig ließ ich es klingeln. Doch das gleichmäßige Tuten machte auch nach drei Minuten keinen Platz für Peters vertraute Stimme. Irgendwann gab ich auf. Legte mich zurück in mein Bett. Frierend. Zitternd. Bitter enttäuscht. Er hatte gesagt, er wäre für mich da. Hatte mir so oft gezeigt, wie viel ich ihm bedeutete. Doch das alles schien mit einem Mal einzustürzen. Ich glaubte, dass Peter mich nie so sehr geliebt hatte, wie er vorgab. Wie hätte er sich sonst auf Olli einlassen können, wenn er doch nur mich wollte? Für ihn war es ein Leichtes, über unsere Zeit hinwegzukommen. Nur ich musste mit dem nagenden Kummer kämpfen, dem ich allerdings nicht die Oberhand gewinnen lassen wollte. Peter war kalt. Manchmal fühlte es sich so an, als ob er wirklich etwas für einen empfand, aber dann bewies er dir, dass du ihm scheißegal warst. Ich war ihm genauso egal wie Dave. Hauptsache, er hatte seinen Spaß. Hauptsache, er bekam seinen Willen. Hauptsache, er hatte Sex. Was andere fühlten, das interessierte ihn einfach nicht, auch wenn er es manchmal glaubwürdig rüberbrachte und einen somit einlullte. Vielleicht stellten das alles nur Verschwörungstheorien dar. Doch egal, ob es stimmte oder nicht: Peter war kein Freund. Peter war einfach jemand, den man liebte, ohne, dass er es sich verdient hatte. Aber selbst liebte er nicht wider. Er konnte es nicht. Vielleicht, weil er im Grunde noch ein Kind war. Weil er so vieles nicht kapierte. Weil er nicht wahrhaben wollte, wie hart die Realität sein konnte. Deswegen ließ auch er mich allein. Weil es ihm zu kompliziert wurde. Und deswegen ging er jetzt auch nicht an sein Handy. Weil er bestimmt gerade mächtig viel Spaß mit Olli hatte und für seinen eigentlich besten Freund keinen Sinn. Dabei hätte es mir doch genügt, wenn er mich einfach nur an sich gedrückt hätte, wie bei meinem ersten Zusammenbruch. Ich hätte keine Ratschläge von ihm erwartet. Keine weisen Worte. Ich wollte einfach nur, dass er da war. Doch er war mir im Grunde ferner als Dave. Weil die neuen Erinnerungen und Begebenheiten die alten, schönen überdeckten. Weil es sie wertlos machte. Warum sollte ich noch an ihnen festhalten, wenn sie doch eh nicht aus Aufrichtigkeit entstanden waren? ***** Irgendwann kam der Zeitpunkt, ab dem ich mich von mir aus der Gesellschaft anderer Menschen entzog. Dennoch war ich nicht einsam. Irgendwann war ich es nicht mehr. Denn ich hatte einen treuen Begleiter gefunden, auf den ich mich immer verlassen konnte: Die Musik. Lange Zeit hatte ich an einem Kreatief gelitten, meine Gitarre in einer Ecke verschimmeln lassen, doch plötzlich, wie über Nacht, spürte ich, dass es Zeit war, wieder etwas zu schaffen. Etwas, das mir helfen sollte, meinen Kopf, der noch immer sehr mit dem Verlust Daves haderte, auf andere Gedanken zu bringen. Und gleichzeitig sollte es mich meinem engsten Vertrauten wieder näher bringen. Ihn noch lebendiger machen. Für mich. Doch wenn ich ehrlich bin, wollte ich einfach nur ausdrücken, wie sehr er mir am Herzen lag. Egal, wo er jetzt war - den Platz in meinem Herzen würde er niemals aufgeben. Dave war besonders. Dave ging nicht einfach, ohne wiederzukommen. Doch ich wusste, dass er mich im Grunde genauso im Stich gelassen hatte wie Peter. Und trotzdem liebte ich sie. Ich liebte sie beide. Nur deswegen konnte ich sie auch so hassen. Tiefe Gefühle empfand man nicht einfach für einen Menschen, der einem egal war. Wenn du etwas liebtest, konntest du es theoretisch auch hassen. Und nur geliebte Menschen vermochten dich in deinem tiefsten Inneren zu verletzen. Irgendwo hatte ich mal gehört, dass Melancholie und schwere Zeiten kreativ machten. Und ich wusste nun, dass es stimmte. Da mir zu Hause mit jedem Tag die Decke ein Stückchen mehr auf den Kopf fiel, verzog ich mich samt meines Instrumentes in den Proberaum. Heute würde sich dort keiner aufhalten, wusste ich, die Arbeiten an einer neuen Platte sollten erst in ein paar Wochen beginnen und selbst dann galt es eher, das Tonstudio aufzusuchen anstatt den kleinen, gerümpeligen Keller, der mit dem gemütlichsten Sofa auf der ganzen Welt aufwartete, zu belagern. Als ich die Tür aufstieß, umfing mich sofort ein warmes Gefühl, welches ich nicht wirklich einordnen konnte. Vielleicht lag es daran, dass wir manche Tage und sogar Nächte zu viert auf diesen paar Quadratmetern verbracht hatten und uns genauso häufig auf den Pisser gingen wie wir Spaß hatten. Vielleicht war es aber auch nur eine weitere Erinnerung an die Zeit mit Dave, die mir gut tat, mich auf der anderen Seite aber auch ganz schwach werden ließ. Es kam selten vor, dass ich allein hierher kam. Wenn alles so ruhig war wie jetzt, war die Atmosphäre eine ganz andere, als wenn wir vier wilden Typen Remmidemmi in der Bude veranstalteten. Aber da ich gerade die Einsamkeit vorzog, störte es mich nicht sonderlich, im Gegenteil. Es fühlte sich gut an, mal rausgekommen und gleichzeitig niemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Meine Gitarre war schließlich geduldig, sie fragte nie nach meinem Befinden oder dem, was in meinem Kopf für Gülle rumflatterte. Und wenn ich wollte, dass sie mit mir sprach, zupfte ich einfach ihre Saiten. Melodien stellten ohnehin eine ehrlichere Sprache da als die, die Worte benötigte, um etwas auszudrücken. Musik war etwas so Persönliches, aber zugleich konnten sich so viele Menschen an ihr weiden. Ob das Lied, welches ich an diesem Tag schrieb, jemals ein Fremder zu Gesicht bekommen würde, wusste ich noch nicht. Denn eigentlich diente es mir nur dazu, meine Gedanken nach außen zu befördern. Die Gedanken, die niemand hören wollte. Die mir aber so wichtig waren. So wichtig, dass ich sie nicht mehr länger nur in meinem Kopf aufbewahren wollte. Ich vertiefte mich regelrecht in mein Spiel. Notierte ab und an Griffe oder Wortgruppen. Bis ich letztendlich den Refrain zusammenhatte. Und dieser war so metaphernreich gestaltet, dass wahrscheinlich kein Außensteher verstanden hätte, was diese Worte bedeuteten. Mir bedeuteten. Dass ich bald schon nicht mehr allein sein sollte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Deswegen erschrak ich umso mehr, als ich einen sich bewegenden Schatten aus den Augenwinkeln wahrnahm. Mit rasendem Herzschlag blickte ich ihn an. Peter. Was macht er hier, war mein erster Gedanke, aber schon bald wurde mir das Was gleichgültig. Viel wichtiger war doch die Frage, wieso er sich mit einem angedeuteten, ungewohnt zaghaften Lächeln neben mich auf die Couch setzte und gar nichts sagte. Ich versuchte mich währenddessen wieder auf mein Lied zu konzentrieren, aber bei Peters Anwesenheit fiel mir das schwer. So viel ging mir plötzlich wieder durch den Kopf. Zuvor hatten all meine Gedanken an Tempo verloren und nun machte mir der Bassist das alles zunichte. War es ihm plötzlich unangenehm geworden, dass er mich so lange ignoriert hatte? Woher wusste er, dass ich hier war? Wollte er mich überhaupt antreffen oder war das alles nur ein bekloppter Zufall? Ich konnte es nicht erfragen. Wollte nicht sprechen. Wollte nicht mit ihm sprechen. Und doch ließ es sich nicht umgehen. "Darf ich mal sehen?" Peters sonst so laute Stimme hatte eine ganz andere, ungewohnte Tonlage angenommen. Ja, natürlich hatte ich ihn schon so reden gehört, auf diese Art, die so einfühlsam klang und es doch nicht war. Unverwandt schaute ich ihn für ein paar geschlagene Sekunden an. Sein Blick allerdings galt nicht mir, sondern dem Blatt mit meinen Notizen. Sollte ich es ihm zeigen? Er würde nicht kapieren, was ich damit ausdrücken wollte. Weil er nicht dasselbe fühlte wie ich. Doch vielleicht war genau das gut so. Es würde mir genauere Fragen ersparen. Er würde denken, dass ich einfach ein neues Lied mit bedeutungslosen Lyrics schrieb, die nach viel klangen, aber nicht mehr als Schall und Rauch waren. Nach einigem Zögern reichte ich ihm das Blatt. Spielte währenddessen ein paar Akkorde, die richtig gut klangen. Zum ersten Mal seit langem spürte ich ein durch und durch positives Gefühl in mir aufsteigen. Stolz. Ja, ich war stolz auf mich. Ich hatte meine Trauer in etwas Sinnvolles verwandelt. Alles im Leben hatte sein Gutes. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so schien. "Uh, taste of falling rain, uh, the tears that I can't take." Es dauerte eine Weile, bis Peters Blicke sich von den wenigen Worten lösen konnten. Es wirkte, als dachte er angestrengt über irgendetwas nach. Als er das Blatt allerdings zurück auf den Tisch gelegt hatte und ich nicht mehr damit rechnete, stellte er etwas fest, das mich ihn gleichermaßen ertappt wie überrascht anstarren ließ. "Du denkst wieder an Dave." Auf meinem Gesicht wuchs so etwas wie ein Lächeln, das jedoch keines war, welches von Amüsiertheit oder ähnlichem zeugte. Ich wollte es vermeiden. Ich wollte dieses Gespräch um jeden Preis vermeiden. Aber es entglitt mir. Ich sprach, ohne dass ich es verhindern konnte. "Ja. Seit Tagen denke ich an nichts anderes mehr." Sag bloß, Peter konnte auch sensibel sein. Er schien schon wieder nachzudenken. Wenn er nicht nachgedacht hätte und in Wahrheit die ganze Zeit bei Olli war, hätte ich ihn auf der Stelle zum Roboter erklärt. Wenn er kapiert hatte, dass ich wieder in mein Loch gefallen war und ohne ihn an meiner Seite schon viel zu lange mit mir selbst kämpfte, dann war da doch so etwas wie ein Funken Verständnis. Dachte ich. "Wie schmeckt Regen?", fragte er plötzlich vollkommen zusammenhanglos. Doch als ich ihm direkt in die Augen schaute, musste ich feststellen, dass er es wirklich wissen wollte. Er hatte die Metapher also nicht erkannt. Oder? "Salzig", antwortete ich knapp. Dann folgte wieder eine dieser unerträglichen Pausen, in der ich Peters gleichmäßigem Atem lauschte. Ich weiß nicht, warum ich es tat, aber im Nachhinein glaube ich, ich sehnte mich einfach nach diesem Geräusch, das von Menschlichkeit zeugte. Zu lange war ich schon allein. In Wahrheit war diese Einsamkeit pures Gift für mich gewesen. Doch das hätte ich mir nie eingestanden. "Salzig. Wie Tränen." So leise kam das über Peters Lippen. So leise, dass es mir einen kleinen Stich versetzte. Tränen. Er wusste es. Er wusste doch mehr, als ich angenommen hatte. Ich fühlte mich durchschaut, obwohl es dafür keinen Grund gab. In Wirklichkeit hatte ich oft genug vor Peter blank gezogen, er kannte mein Innenleben. Fraglich war nur, ob er es kennen wollte. Und das konnte ich selbst jetzt noch nicht beantworten. Ich nickte schließlich geruhsam, um seine Worte zu bestätigen. Tränen. Ja, es waren Tränen. Die Tränen, die ich all die Tage vergossen hatte, waren zu Worten geworden. Zu Worten auf Papier. Und erst dadurch fühlte ich mich so richtig leer. Nicht ausgebrannt oder mürbe, aber leer. Es war eine angenehme Leere. Doch umso länger Peter neben mir saß, umso mehr spürte ich, wie er diese Leere wieder zu füllen versuchte. Mein Herz wog schwerer und es wurde auch nicht besser, als Peter sich mir nähere, um den Kopf an meine Schulter zu lehnen. Im Gegenteil. Es zerriss mich beinahe. Der Mann, der mich genauso zerstört hatte wie Dave, der mich ignoriert und mit meinem Kummer allein gelassen hatte, tat etwas so Unlogisches. Mit einem Mal war er mir wieder so nah. Nicht nur körperlich. Sondern psychisch. Es war, als wäre er nie weggewesen. Ich ließ es zu. Tat, als wäre nichts geschehen. Doch das stimmte nicht. Und wenn Peter so sensibel war, wie er gerade vorgab, hätte er es bemerkt. Er hätte merken müssen, wie sehr es mir zusetzte. Wie ich mental schon wieder komplett seins war. Der Hass hatte sich herumgedreht und somit die Liebe freigegeben. Er hätte es wissen müssen. Doch er wusste gar nichts. "Du musst versuchen, dich von Dave zu lösen, Süßer", säuselte er. "Es tut dir weh. Du leidest." Ich hielt inne. Alle meine gegenwärtigen Bewegungen erstarrten zu Stein. Was hatte er da gesagt? Ich sollte mich von Dave lösen? Von dem einzigen Menschen, der zu mir gestanden hatte und der mir noch immer das Wichtigste war, weil es keiner schaffte, ihm Konkurrenz zu machen? Unfassbar. Der kleine Funken Nähe zwischen Peter und mir war schneller erloschen, als er aufgeglommen war. "Niemals", sagte ich leise, aber dennoch fest. "Dave loszulassen ist für mich, als wenn ich einem Freund, den ich noch immer liebe, einfach den Rücken zuwende. Das kann ich nicht. Und das will ich nicht." "Du kannst dich aber nicht ewig an ihm festklammern", widersprach mir Peter mit sanftem Druck, noch immer an meine Schulter gelehnt, was ich bald nicht mehr aushalten konnte. "Dave ist tot, aber dein Leben geht weiter. Denkst du, er hätte gewollt, dass du dich so gehen lässt? Nein. Denn Dave hat das nicht getan, um uns zu ärgern. Er hat das getan, weil er eg-" "Uns? Du sprichst von uns?" Mir platzte nun tatsächlich der Kragen. Die innere Stille hatte sich aufgelöst. Vor Schreck war Peter endlich von mir gewichen und schaute mich aus seinen großen Augen an. Damit hatte er allen Anscheins nach nicht gerechnet. Langsam und zutiefst enttäuscht wiegte ich mein Haupt. "Du verstehst gar nichts, Peter. Du vermisst Dave ja nicht mal. Deswegen hast du auch leicht reden. Du bist so kalt." Sofort schnappte Peter nach Luft, um Einspruch zu erheben. "Du verstehst auch so vieles nicht, Martin. Du versteht ja nicht mal deine eigenen Gefühle." Das genügte. Ich weiß nicht mehr, wie ich es schaffte, Peter aus dem Raum zu befördern, aber ich weiß noch ganz genau, wie es sich anfühlte, als er weg war. Ich war allein. Aber es tat nicht mehr weh. Peter Nähe hatten mich mehr verletzt, als es jede Einsamkeit vermocht hatte. Um ehrlich zu sein wollte ich ihn nie wiedersehen. Doch das Schicksal hatte es so nicht vorgesehen. Es hatte einen anderen Plan geschmiedet. Einen Plan, der so unerwartet wie heftig über mich hereinbrach. Und er war...wunderschön. Kapitel 7: 7. Kapitel - "Wusstest du, dass Regen nicht immer salzig schmeckt?" ------------------------------------------------------------------------------ Wir lebten nebeinander her, aber nicht miteinander. Zwar sahen wir uns jetzt wieder regelmäßiger, dennoch hatte sich eine schier unüberwindbare Klippe zwischen Peter und mir aufgetan. Und es lag nicht einmal an ihm. Wäre es nach Peter gegangen, wären wir wahrscheinlich längst wieder beste Freunde. Er nahm es mir nicht übel, dass ich ihn als kalt bezeichnet hatte und ich mutmaßte deswegen, dass er es selbst als die Wahrheit identifiziert hatte. Wir hätten wieder beste Freunde sein können. Ich spürte regelrecht, wie Peter seine Hand nach mit ausstreckte, um mich auf seine Seite zu ziehen. Doch das konnte ich nicht. Selbst nicht, wenn er auf Kuschelkurs ging und Olli ignorierte. Es war zu viel geschehen, das mich meilenweit von ihm entfernt hatte. Es fühlte sich nicht mehr richtig an. Nicht richtig, stellenweise jedoch ziemlich gut. Doch ich unterdrückte es. Wurde nicht mehr schwach. Weil ich die Kontrolle über mein Leben zurückgewinnen wollte. Ich wollte nicht mehr von Fremdeinwirkungen gesteuert werden. Das war es im Grunde, was mich in den Abgrund trieb. "Du verstehst auch so vieles nicht, Martin. Du versteht ja nicht mal deine eigenen Gefühle." Wieso eigentlich? Wie kam er dazu, solch eine These aufzustellen? Viele, viele Wochen grübelte ich darüber nach. Fragte mich, welche Gefühle ich seiner Meinung nach nicht verstand. Ging gedanklich alles durch, was sich in letzter Zeit ereignet hatte. Und blieb schließlich an Peter hängen. "Die Küsse, die Gesten, die Blicke...das alles spricht eine eindeutige Sprache." Das konnte doch nicht sein. Er war also noch immer davon überzeugt. Dabei hatte ich damals nie etwas beabsichtigt. Bis...ja, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er mir gestand, dass er ausziehen wollte. Da war was. Etwas, das mich beinahe erschlug mit seiner Intensität. Aber es war von kurzer Dauer. Verflüchtigte sich so schnell, wie es gekommen war. Und jetzt war es endgültig erloschen. Peter und ich konnten nicht mal mehr Freunde sein und erst recht kein...Liebespaar. Es ging nicht. So glaubte ich. So glaubte ich ganz fest. Doch ich wurde eines besseren belehrt. Schon sehr bald. Denn manchmal wird eine Freundschaft unmöglich, da ein anderes Gefühl den Platz des sanften, harmlosen aber tiefen Vertrauen eingenommen hatte. Nein, kein anderes Gefühl. Nur eines, welches einen stärker festhielt. Einen komplett überwältigte. Und alles andere unmöglich machte. ***** Heute war der Tag gekommen. Der Tag, an dem ich es zum ersten Mal wagte. All die Monate vorher hatte ich schon bei dem Gedanken daran ganz weiche Knie und einen Kloß im Hals bekommen. Aber ich spürte, dass es sein musste. Wahrscheinlich würde es mich wieder in das tiefe, schwarze Loch ohne Boden fallen lassen, aber ich würde mich Dave erneut ein paar Schritte näher wähnen. Das wusste ich. Und das war es, was mich dazu drängte. Das Wetter sah nicht sonderlich vielversprechend aus. Bestimmt würde uns bald ein kräftiger Regenschauer heimsuchen, aber selbst das hielt mich nicht von meinem Vorhaben ab. Schließlich war ich nicht aus Zucker und konnte ein paar Tropfen aushalten. Nichtsdestotrotz spürte ich, wie meine Hände etwas schwitzig wurden und die Stängel der Blumen aufweichten. Natürlich war ich nervös, während ich durch den kleinen Park schlenderte, der mich direkt zu Daves letzter Ruhestätte führen sollte. Noch schien der Wolkenbruch fern zu sein, aber das konnte sich schnell ändern. Selbst der Himmel würde um Dave weinen... Doch ich wollte nicht weinen. Ich hatte mir vorgenommen, mich ganz lässig vor Daves Grabstein zu stellen und ein bisschen mit ihm zu labern. Wie mit einem besten Freund. Ich wollte ihm von all den Begebenheiten erzählen, die sich seit seinem Tod zugetragen hatten. Mein Leben war schließlich zu einer Chaosveranstaltung mutiert und meine Gefühle waren ein einziger Flashmob. Es gab viel zu berichten und wenn ich nicht gerade anfangen wollte, wie ein kleines Mädchen ein Tagebuch zu führen, so war der beste Weg, mit jemandem darüber zu quatschen. Egal, ob er Antworten bereithielt oder einfach nur geduldig zuhörte. Seit der Szene mit Peter im Proberaum wusste ich, wie fatal Ratschläge sein konnten, wenn sie einem nicht in den Kram passten. Schweigen war eben wirklich Gold. Heute aber würde weniger geschwiegen werden, als ich erhofft und erwartet hatte. Die ganze Situation nahm eine unerwartete Wendung. Das stellte ich spätestens fest, als ich eine mir sehr bekannte Person vor Daves Grabstein erblickte. Mit allem hätte ich gerechnet. Mit einer Auferstehung von Daves Geist, mit einer Zombieattacke oder auch mit einem Blutsaugerangriff. Aber nicht mit diesem friedlichen Bild, welches sich mir bot. Er wirkte fast wie einer der Steinengel, die auf manchen Grabsteinen hockten und traurig auf den Boden blickten. Für nichts auf der Welt wollte ich diese harmonische, aber auch äußerst melancholische Szene zerstören. Deswegen hielt ich einen gewissen Abstand zu dem knienden Peter und beobachtete ihn für eine ganze Weile aus der Ferne. Der Wind zerzauste sein blondes Haar, aber selbst, als ihm ein paar Strähnen in das Gesicht schlugen, rührte er sich nicht. Es war, als hätte sich Peter irgendwo in seinen Gedanken verloren und konnte sich selbst nicht mehr finden. Es erinnerte mich an sein Verhalten im Proberaum, dem ganz und gar unlogische Taten folgten. Vergessen sollte ich Dave seiner Meinung nach. Aus meinen Gedanken verbannen. Obwohl er mein einziger Halt war. Mein Halt und gleichzeitig mein Verderben. Und nun war es ausgerechnet Peter, der den Weg hierher gefunden hatte. Aber wieso? Es leuchtete mir absolut nicht ein. Doch ich wollte die Gründe in Erfahrung bringen. Irgendetwas drängte mich dazu. Also lief ich los. Kniete mich geräuschlos neben Peter, der meine Anwesenheit zugleich realisierte. Er schaute mich an, aber etwas in seinem Blick war anders als sonst. Schmerz stand in ihm. Ein Schmerz, den ich so noch nie in seinen Augen gesehen hatte. Und mit einem Mal wusste ich, dass Peter doch nicht so kalt war, wie er immer tat. Dass er einfach nur ein Meister der Verdrängung war. Um sich selbst zu schützen. Doch das war meiner Meinung nach genauso falsch wie die Trauer ungeniert zuzulassen. Aber was war in diesem Falle schon richtig? Ich glaube, es gab einfach kein Richtig. Es gab nur mehrere Falschs und diese musste man so lange verfolgen, bis Licht am Ende des dunklen Tunnels erschien. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Hatte mit einem Mal keine Ahnung mehr, welche Worte die richtigen gewesen wären. Deswegen erhob ich mich leicht und legte sacht meine Blumen auf das Grab. Dann ging ich wieder in die Hocke und beobachtete die sich nicht verändernde Szene. Die Blütenblätter, welche von kleinen Wassertropfen geziert wurden. Es regnete. Doch weder Peter noch mich schien das zu stören. Wir hockten hier, Seite an Seite und brauchten keine Worte, um uns zu verständigen. Trotz der Schwere und Traurigkeit der Begebenheit umfing mich plötzlich so etwas wie Wärme. Und Freude. Eine Freude, deren Grund ich nicht nennen konnte. "Warum...hat man nie gemerkt, wie sehr es dir zusetzt?" Ich weiß nicht, ob ich das hätte aussprechen sollen. Aber es brannte mir auf den Lippen und wollte hinausgelassen werden. Peter blickte mich nicht mehr an. In Gedanken war er bereits wieder irgendwo an einem ganz anderen Ort. An einem besseren Ort. So grausam wie das Kopfkino sein konnte, so schön war es manchmal auch. Ich wusste das. Plötzlich aber ging ein Zucken durch Peters Körper. Verwirrt sah ich ihm dabei zu, wie er sich erhob und mit bitterer Miene den Grabstein musterte. Und dann fing er an, den Stein mit Füßen zu treten. "Weil Dave es nicht wert ist, dass man um ihn weint! Es ist so scheiße von ihm, dass er uns das angetan hat. Es war eine verdammte Egotour und es war ihm scheißegal, dass wir ihn alle verdammt vermissen würden. Das ist doch -" "Hey, hey", versuchte ich Peter zu beruhigen und drückte ihn fest an mich. Für ein paar Momente lang wehrte sich der andere noch gegen mich, versuchte, den Stein erneut zu treffen, aber es gelang ihm irgendwann nicht mehr. Irgendwann ließen seine Kräfte nach und auch seine Wut. Ich hielt ihn und wusste währenddessen, dass ich eine Grenze überschritten hatte. Doch das zählte jetzt nicht. Jetzt zählte nur, dass Peter wieder zu Verstand kam. Mit einer Zerstörung des Grabsteins war es nicht getan. Es hätte ihm wenn überhaupt nur kurzfristige Befriedigung verschafft. Selbst durch die Kleidung spürte ich, wie Peters Körper zitterte. Und es wurde nicht besser. Sein Atem bebte und ich hatte keine Ahnung, was ich nun tun sollte. "Ich bin auch verdammt sauer auf ihn", erklärte ich, hatte aber das Gefühl, dass Peter mir gar nicht zuhörte. "Und du hast recht, es war eine Egotour...aber trotzdem. Ich habe ihn geliebt. Jemanden, den man liebt, kann man zwar hassen, aber nicht so sehr, dass die Liebe irgendwann verschwindet. Die Liebe wird immer da sein. Und irgendwie...wird auch Dave immer da sein." Peter reagierte nicht. Er starrte einfach nur in das Leere, während ich mich an seinen Rücken schmiegte. Weil ich selbst einen Schutz brauchte. Und weil es Nähe darstellte. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr ich diese Nähe gebraucht hatte. Und trotzdem. Peter war noch immer nicht wieder da. Und er würde es nie mehr sein. Eine gefühlte Ewigkeit standen wir einfach nur so da. Ignorierten den Regen, der unaufhörlich auf uns niederprasselte. Ich wartete, bis Peters Atem wieder gleichmäßig ging und er nicht mehr am ganzen Körper bebte. Doch selbst dann ließ ich ihn noch nicht los. Irgendwie konnte ich es nicht mehr. "Dave ist weg", sagte Peter wie beiläufig nach einiger Zeit. "Er hat sich verpisst. Aber wir haben ja noch uns." "Nein", erwiderte ich zugleich und schüttelte den Kopf. "Nein. Es gibt kein Wir mehr." Peter drehte sich in meinen Armen. Guckte mich schließlich verständnislos an. Doch noch ehe er etwas sagen konnte, sprach ich weiter. "Wir können keine Freunde mehr sein. Weil du kein Freund bist. Ich habe dich angerufen, als es mir schlecht ging, und du bist nicht an dein Handy gegangen. Du hast mir beteuert, dass du Gefühle mir gegenüber hegst, andere Gefühle als freundschaftliche. Doch das war eine Lüge. Wenn du mich wirklich...lieben würdest, dann hättest du dich nicht so schnell Olli an den Hals geworfen. Liebe ist nichts, was von heute auf morgen vergeht." Für ein paar Sekunden war Peter sprachlos. Starrte mich einfach nur an. Aber dann legten sich seine Hände plötzlich auf meine Hüften. "Martin...ich...ich hab das doch nur gemacht, weil -" "Weil du Dave ähnlich bist", ergänzte ich. "Weil du genauso egoistisch bist wie er. Du wolltest meine Ehe kaputtmachen und du hast auch ein Stück von mir kaputtgemacht." "Nein", widersprach Peter und schaute mich nun flehend und eindringlich an. "Ich wollte doch nur, dass du erkennst, wie sehr du mich eigentlich willst. Ich hatte eigentlich gedacht, dass du es irgendwann nicht mehr aushältst, mich und Olli so zu sehen, aber du hast immer den Tapferen gespielt. In Wahrheit habe ich Olli nicht einmal rangelassen. Weißt du, manchmal, da merkt man erst, wie sehr man jemanden liebt, wenn er nicht mehr da ist. Du liebst Dave nach seinem Tod mehr als damals, als er noch lebte." "Das stimmt gar nicht." "Doch", nickte Peter ernst. "Das ist so. Aber mich...mich vermisst du nicht. Dabei dachte ich wirklich, dass das zwischen uns mehr ist als..." "Warum machst du eigentlich so eine Scheiße?", wollte ich provokant wissen. "Du hast also nur Spielchen mit Olli gespielt. Ey, der Typ leidet bestimmt wie ein Hund, weil du sein Herz gefickt hast." Und dann hörte ich etwas, das mich erstarren ließ. "Ehrlich, Martin: Es ist mir scheißegal. Nur du bist mir wichtig. Niemand sonst. Nicht Olli, auch nicht Eric. Nicht mal Dave." So war das? Meine Gedanken begannen zu rasen. Ich war verstummt. Konnte die richtigen Worte nicht mehr finden. Überwältigung machte sich in mir breit. Und mit einem Mal kam mir alles so logisch vor. Alles, was Peter getan hatte, diente einem bestimmten Zweck. Er wollte mich wachrütteln. Und verdammte Scheiße, es war ihm gelungen! Manchmal mussten eben auch miese Spiele gespielt werden, um ein wichtiges Ziel zu erreichen. Man musste sich auf eine gewisse Sache fokussieren und alle anderen außer Acht lassen. Ergriffen legte ich meine Hände auf seine Wangen. Schaute ihm tief in die Augen. Strich eine seiner langen Haarsträhnen nach hinten. Sie war feucht vom Regen. Genau wie seine Lippen. "Wusstest du, dass Regen nicht immer salzig schmeckt?", flüsterte ich. "Manchmal...manchmal schmeckt er auch süß." Sacht überbrückte ich das letzte Stück Distanz zwischen uns und presste meine Lippen auf seine. Weil es im Moment das einzig Richtige war. Nein, wir konnten keine Freunde mehr sein. Weil wir noch mehr fühlten. Noch mehr voneinander wollten. Und selbst ich konnte mich dagegen nicht mehr zur Wehr setzen. Es mochte falsch sein, aber manch falsches Ding war dennoch gut. Sogar besser als manches Richtige. "Küss mich richtig. Wir sind doch nicht im Kindergarten", säuselte Peter und grinste in den Kuss. Nun wusste ich, dass er wieder ganz der Alte war. Frech und ein bisschen pervers. Eigenschaften, die ihn für mich unwiderstehlich machten. Und das eigentlich schon immer. "Du verstehst auch so vieles nicht, Martin. Du versteht ja nicht mal deine eigenen Gefühle." Nun verstand ich sie. Es war, als hätte man eine bis jetzt verschlossene Tür geöffnet, damit alles, was sich angestaut hatte, hinausfließen konnte. Es war mir nicht klar gewesen, dass ich Peter auf diese Art liebte. Weil ich es nicht wollte. Doch manche Dinge geschahen trotzdem, auch wenn man sich gegen sie wehrte. Das wusste ich spätestens seit Daves Tod. Zunächst ziemlich zaghaft leistete ich Peters Wunsch Folge. Öffnete langsam meine Lippen, aber so, wie ich den anderen kannte, konnte er nicht mehr länger warten. Er überfiel mich regelrecht. Knutschte mich so lange ab, bis ich fast besinnungslos wurde. In seinem Körper muss die ganze Zeit eine Leidenschaft ohne gleichen getobt haben, das wurde mir bewusst. Er konnte sich kaum mehr beherrschen. Doch mir fiel es mit jeder Berührung unserer Zungen ebenfalls immer schwerer, die Contenance zu wahren. Alle negativen Gedanken waren zu einem unklaren Brei verschwommen und im Grunde fühlte ich nur noch. Wollte nur noch all die schönen Emotionen in mir aufsaugen. Sie ausbrechen lassen. Ich wollte mich nicht mehr zurückhalten. Viel zu lange schon war ich abstinent. Ich wollte Peter. "Lass uns zu mir gehen", schlug ich vor, woraufhin Peter zugleich mit verschleiertem Blick nickte und sich bereitwillig von mir an der Hand aus dem Ort der Trauer führen ließ. Hier war kein Platz mehr für uns. Wir waren Liebende, die nicht mehr klar denken konnten. Die ihr Glück genießen wollten. Und für die der Regen nicht mehr salzig schmeckte. Kapitel 8: 8. Kapitel - "Für dich würde ich alles tun, mein Schönster." ----------------------------------------------------------------------- "Boah, an mir klebt alles." Angewidert zupfte ich an meinem Shirt, um es sofort wieder an meinen Körper klatschen zu lassen und die Nase zu rümpfen. Zum Glück standen wir bereits vor meiner Wohnungstür und ich musste nur den Schlüssel zücken, um in das Innere zu gelangen. Und dann konnte ich die nassen Klamotten endlich abstreifen. Ich hasste dieses Gefühl. Peter allerdings schaute im Gegensatz zu mir relativ zufrieden aus der Wäsche. Doch es war in Wahrheit keine Zufriedenheit, die sich da auf seinem Gesicht abzeichnete. Es war etwas viel Hinterhältigeres. "Mh, sexy", nickte er mir mit hochgezogener Augenbraue zu, während er mich ausgiebig von oben bis unten musterte. Unter seinen Blicken fühlte ich mich irgendwie entblößt, denn ich hatte das Gefühl, sie würden mich mit Haut und Haaren verschlingen. "Aber ekelhaft", warf ich ein und sah nun zu, dass ich die Tür aufschloss. "Dann guck mich mal an." Das tat ich auch, den Schlüssel bereits im Schloss drehend. Peter zog sein Shirt nach unten und mir offenbarten sich fast vergessene Anblicke. Dadurch, dass sein Shirt zum größten Teil aus weißem Stoff gefertigt war, wies es durch die Feuchtigkeit eine ziemlich starke Transparenz auf und entblößte Peters Oberkörper. Augenblicklich drehte ich den Schlüssel nicht mehr weiter, weil mich das, was sich mir gerade bot, ziemlich durcheinanderbrachte. Ich kannte Peter natürlich auch ganz nackt, aber trotzdem war es immer wieder aufs Neue faszinierend, wie gut der andere aussah. Besonders bei einem Wet Shirt Contest. Da hätte er ohne zu Zucken den ersten Platz belegt. Ich sagte nichts, wollte die Perversität meiner Begleitung nicht unnötig provozieren. Dennoch tat ich genau das, als ich einen Fuß in den warmen Korridor gesetzt hatte. Wie durch einen Reflex ausgelöst zog ich mir mein nasses, kaltes Shirt über den Kopf und wusste, dass Peter mir wahrscheinlich auf meinen nackten Rücken schauen würde. Doch ich ignorierte es und versuchte, ihn ein wenig abzulenken. "Was ich jetzt brauche, ist eine warme Dusche", stellte ich klar, wurde aber noch ehe ich richtig 'Dusche' sagen konnte von hinten überfallen. Nicht wie von einem wilden Berserker, aber ein Überfall musste nicht immer hart aber herzlich ausfallen. Peters Überfall sah viel schlimmer aus. Er schlang die Arme um meine Hüften und brummelte mir süffisant ins Ohr, was mir gegen meinen Willen die Sinne raubte. Es machte mich schier wahnsinnig. "Also ich glaube ja, dass du erst mal etwas ganz anderes brauchst", säuselte er und umklammerte mich noch fester. Der Kontakt mit seinem nassen Shirt raubte allerdings etwas von der aufgeladenen Stimmung. Und dennoch lag hier eindeutig Sex in der Luft. Ganz plötzlich konnte man es regelrecht schmecken und einatmen, bis es durch deine Lungen in die Blutbahn gelang. "Lass uns das Duschen auf später verschieben. Aufwärmen können wir uns auch anders." "Was meinst du?", fragte ich unschuldig, konnte mir jedoch ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, was mir einen Schlag auf den Po einbrachte. "Tu nicht so", raunte Peter und ließ mich nicht los, ehe wir das Schlafzimmer erreicht hatten. "Ich hab sie bereits pochen gehört, deine perverse Ader. Frag dich mal, wofür du mich mitgenommen hast." Trotz nasser Hose ließ ich mich auf dem hinteren Bettende nieder und seufzte tief, während ich den vor mir stehenden Peter betrachtete und mir das, was ich sah, einmal mehr sehr gefiel. "Zum Wäschewaschen und Putzen?", überlegte ich gespielt und kratzte mich am Kinn. "Falsch", schüttelte Peter den Kopf. "Höchstens zum Nacktputzen. Das würdest du ziemlich gut finden, oder?" "Vielleicht", gab ich mich undurchschaubar und musste mir eingestehen, dass mir das kleine Spielchen gefiel. Und auch Peter hatte sichtlich seinen Spaß. Nur fürchtete ich, er würde sich eine miese Grippe einfangen, würde er nicht bald aus den nassen Klamotten kommen. "Vielleicht habe ich dich aber auch mitgenommen, um dich auszuziehen?", wagte ich den ersten leicht perversen Ausspruch, der mir ein Prickeln im Körper besorgte. Dirty Talk war eigentlich nicht das, was ich tagtäglich praktizierte, aber es war genau das, auf was Peter stand. Schon während unserer ersten Nacht wollte er mich zu schmutzigen Worten und Sätzen animieren. Aber damals gab ich ihm noch nicht das, nach dem er sich verzehrte. Heute allerdings konnte die Sache ganz anders aussehen. Denn heute galt: Alle Wege führen in eine Richtung. Und sie führen auch wieder hinaus. Hinaus und hinein. Immer im Wechsel. Woah. Das machte mich ganz wuschig. Peter aber wollte noch mehr hören. Er stellte sich zwischen meine gespreizten Beine und streichelte mir flirtend über die Schulter. Und in seinem Blick loderte bereits die Glut. Ich wollte gar nicht wissen, wie sichtlich die Vorfreude an mir zehrte. Wahrscheinlich wäre ich ziemlich erschrocken, da ich mich doch so selten dem hingab, was ich am wenigsten kontrollieren konnte. Gefühlsausbrüche stellten kein Problem dar, aber das hier war mehr als nur ein Gefühl. Es war eine Leidenschaft. "Und wenn du mich ausgezogen hast...was willst du dann tun?", wollte Peter wissen; seine Stimme spiegelte die wachsende Erregung eindeutig wider. Es war zugegeben ein bisschen unheimlich, ihn so zu erleben, aber auf der anderen Seite gab es auch mir einen wahnsinnigen Kick. "Mh", grinste ich vor mich hin, aber Peter legte plötzlich seinen Zeigefinger unter mein Kinn und ich konnte nicht mehr anders, als ihm unentwegt in die Augen zu sehen. "Sag es. Was willst du mit mir anstellen?" Es fehlte nicht mehr viel und ich hätte meinen eigenen Herzschlag spüren können. Und den von Peter gleich mit. All meine Muskeln schienen weich geworden zu sein und das nur bedingt durch Peters Worte. Zudem schwelte bereits ein Ziehen zwischen meinen Beinen. Hatte er mich wirklich schon so weit? Nein, nicht ganz. Einen kleinen Rest Beherrschung besaß ich noch. Deswegen zierte ich mich auch ein wenig, das auszusprechen, nach dem Peter verlangte. Was er hören wollte. Gesprochene Worte konnten um einiges heftiger und intensiver sein als geschriebene oder nur gedachte. Konnte ich es ihm also überhaupt sagen, was...? "Lass dich gehen, Schöner", riet mir Peter, der anscheinend gemerkt hatte, wie schwer ich mich noch tat. "Du kannst alles rauslassen. Dinge, die du noch nie rausgelassen hast. Jegliches Schamgefühl ist heute fehl am Platz. Ich will dich erleben, wie du wirklich bist. Komm schon. Sag mir, was du mit mir machen willst." Ich leckte mir über die Lippen. Spürte, wie meine Mundwinkel zuckten. Ich wollte es versuchen. Wollte genauso ungezügelt wie Peter sein. Und im Grunde verspürte ich den Wunsch, ihn total verrückt im Kopf zu machen. Ich wusste, dass ich das konnte. Es war nur noch ein winziger Schritt... "Vögeln werde ich dich." Peter nickte und das Funkeln in seinen Augen hatte augenblicklich an Intensität gewonnen. "Ich werde dich durchreiten, bis du keinen klaren Gedanken mehr fassen kannst. Willst du das?" Peter nickte noch immer, aber es sah nun dringender aus. Er hatte die Lippen fest aufeinander gepresst und ging jetzt dazu über, sich das Shirt auszuziehen. Ich fackelte nicht lange und beschäftigte mich derweil mit seinem Gürtel. Währenddessen fiel mir auf, dass die Hose, die er trug, nicht sonderlich viel Raum für Fantasie bot. Bereits jetzt konnte man eindeutig die Auswirkungen unseres kleinen Spielchens erkennen und das gab mir einen weiteren Anreiz, das Geschenk auszupacken. Sonderlich viel anzufangen wusste ich allerdings nicht mit einem männlichen Geschlechtsteil, aber dennoch spürte ich den Wunsch, endlich mal wieder zu sehen, was Peter hatte. Unsere erste Nacht war so lange her und die Erinnerungen fast verblasst... Peter schien es zu gefallen, meinen Händen dabei zuzusehen, wie sie sich nahe seinem Schritt zu schaffen machten. Oben ohne stand er nun vor mir und erwartete den Moment, in dem ich sein bestes Stück endlich ausgepackt hatte. Doch ich nahm mir mit voller Absicht Zeit. Wollte ihn ein bisschen ärgern, was ich ihm mit einem kecken Grinsen zu verstehen gab. Immer wieder fuhr ein Zucken durch Peters Hände, wahrscheinlich weil er es kaum noch aushielt und die Sache eigenhändig beschleunigen wollte. Obwohl ich ellenlange Pausen zwischen dem Öffnen des Gürtels, des Knopfes und des Reißverschlusses einlegte und ihm in diesen frech über die Oberschenkel fuhr, kam schon bald der Augenblick, ihm seine Hosen samt Unterhose hinunterzuziehen. "Schade, dass du heute deinen Tanga nicht trägst", bedauerte ich, aber Peter war viel zu konzentriert auf das, was ich tat, um dass er mir hätte eine Antwort geben können. Den Tanga jedenfalls hätte ich heute sehr zu schätzen gewusst. Aber auch das kleine Röckchen. Im Grunde gefiel es mir schon immer, aber wie so vieles wollte ich es mir nie eingestehen. Oh Mann. Wie bereits erwähnt trug Peter eine knallenge Hose - wie hatte er es also geschafft, dieses Teil in ihr zu verstecken? Damals, als ich es lediglich im Halbdunkel zu Gesicht bekam, hatte ich noch gar nicht bemerkt, wie viel Peter zu bieten hatte. "Fast so viel wie ich", raunte ich mit einem verschmitzten Lächeln, Peter allerdings schien noch immer dermaßen gefangen von der ganzen Sache und seinen Gelüsten zu sein, dass er auch auf diese Bemerkung nicht einging. "Fass mich an", forderte er mich mit belegter Stimme auf und irgendwie mutmaßte ich deshalb, dass das vielleicht keine so gute Idee war. So ausgehungert, wie mein Freund schien, würde er wahrscheinlich nicht lange brauchen, um sich zu vergessen. Dennoch tat ich es. Ich wollte sehen und spüren, wie Peter auf mich und meine Berührungen reagierte. Sobald ich meine Hand langsam um seinen Schaft schloss und sacht pumpte, zog sich ein Beben durch seinen erregten Körper, und sein Atem vibrierte in der erhitzten Luft. Es gefiel ihm. Natürlich gefiel es ihm. Wie erwartet gefiel es ihm zu gut. Ich musste an dieser Stelle inne halten, wenn ich auch noch auf meine Kosten kommen wollte. Und das wollte ich. Unbedingt. Obwohl ich noch immer mit einigen Unsicherheiten kämpfte und nicht so recht wusste, ob das, was wir hier taten, richtig oder falsch war. Doch Peter dabei zuzusehen, wie seine Lust wuchs und wuchs und er sich in Nichtbeherrschung wandte, ließ auch mich nicht kalt. Ganz offensichtlich. Peter missfiel es natürlich, dass ich schon von ihm abließ, aber es musste sein. Ob er es einsah, wusste ich nicht, ich bekam lediglich seine Gier in Form eines plötzlichen Überfalls zu spüren, der mich rücklings auf die Matratze verfrachtete. Als ich den spitzen Peter so über mir erblickte und das wahnsinnige Verlangen in seinen Augen mich fast sprachlos werden ließ, zog es erst recht in meinen Lenden und so wie ich einen kurzen Blick auf das warf, gegen das Peter sein nacktes Knie presste, schluckte ich gedanklich. Doch ich war noch immer wild entschlossen, mich einfach treiben zu lassen. Weil Peter mich so sehen wollte. Weil ich mich endlich so erleben wollte. Am Rande jeglicher Vernunft. Wo es kein Richtig oder Falsch gab. Sondern nur gut oder nicht gut. Und das hier war auf jeden Fall ersteres... "Hey, lass mich doch erst mal meine Hose ausziehen", versuchte ich lachend den gierigen Peter zu bremsen, der mich bereits überall gleichzeitig anzufassen schien. Ein Wunder, dass ich noch zu Worten fähig war. Das allerdings ließ der andere sich nicht zweimal sagen. Er rutschte an mir hinab, bis er mich schließlich aus der nassen Hose befreite und ich im wahrsten Sinne des Wortes im Freien stand. Kaum, dass ich einen Atemzug tun konnte, stülpte Peter bereits seinen warmen Mund über meine Erregung, was mich mit einem tiefen Seufzen zurück auf das Kissen sinken ließ. Ich konnte mich währenddessen nicht entscheiden, ob ich die Augen offen oder geschlossen halten sollte, denn einerseits konnte man mit geschlossenen Augen viel besser genießen, andererseits war es absolut sehenswert, Peter dabei zuzugucken, wie er gänzlich ohne Übung Dinge vollführte, zu denen man bestimmt geboren sein musste. "Wahrscheinlich habe ich einfach Talent." Mit einem sachten Schmunzeln erinnerte ich mich an jene Szene, aber das heute war besser. Viel besser. Erleichternder. Weil mich keine bösen Gedanken quälten. Jedenfalls nicht im Moment. Wir waren gefangen in unserer eigenen, kleinen Welt und schienen selbst vergessen zu haben, wo sich der Schlüssel befand. Das hier war so schön und leidenschaftlich, dass es am besten nie mehr enden sollte. Deswegen hielt auch ich mich tapfer zurück, biss die Zähne zusammen und bedeutete Peter irgendwann, aufzuhören, indem ich ihm leicht an den Haaren zog. In dem frechen Grinsen, welches er mir daraufhin schenkte, glaubte ich lesen zu können, was er nun erwartete. Und in seinen Worten fand ich die Bestätigung. "Fick mich jetzt." Direkt und aussagekräftig. Manchmal brauchte es eben keine blumigen Umschreibungen für die schönste Nebensache der Welt. Obwohl ich selbst seltener derartige Worte in den Mund nahm, gefiel es mir, wenn Peter Dirty Birdy spielte. Mir gefiel es schon immer. Schon damals, als er sich an Olli ranmachte und einfach blankgezogen hatte. Verdammt, war ich eifersüchtig auf unseren Sänger! Deswegen war ich ihm auch nicht sonderlich freundlich gesonnen. Aber wieso dachte ich jetzt über all diese Dinge nach? Selbst Peter bemerkte schon, dass ich mit dem Kopf wieder irgendwo in den Wolken hing und biss mir leicht in die Brustwarze, um meine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. Das wirkte. Autsch. Fiesling. Kleiner, geiler Fiesling. "Ich biete dir meinen Arsch an und du schläfst ein", schüttelte Peter gespielt ärgerlich den Kopf und seine blonden Haare fielen ihm ins Gesicht, doch seine hungrig funkelnden Augen schimmerten noch immer hinter den Strähnen. Wie schön er war. Und wie sexy... "Ich schlafe gar nicht ein", murrte ich, woraufhin Peter sich rittlings auf mich setzte und sein Po sich gefährlich meiner Erregung näherte. Das Kneifen in meine Wange lenkte mich allerdings zur Genüge ab. "Du bist so verdammt niedlich, wenn du schmollst", neckte mich der andere und ich hätte am liebsten die Arme vor der Brust verschränkt. Konnte ich jedoch nicht, da Peter sich nun so weit vorbeugte, dass er auf mir zu liegen kam und mich mühelos küssen konnte. Und ab da war alles vergessen. Eigentlich wollte ich Peter noch erklären, über was ich nachgedacht hatte, aber das erübrigte sich nun, schien unwichtig. Nur das hier zählte noch. Sein Körper an meinem. Das Gefühl seiner Haut unter meinen Händen. Sein Duft. Sein Geschmack. Seine Berührungen, die mich letzten Endes komplett aus dem Konzept brachten. Fahrige Bewegungen. Reibung. Stöhnen. Meines eher verhalten, Peters viel ungenierter. Und dann wollte er es endgültig. Legte sich neben mich und bedeutete mir, dass ich mich auf ihn legen sollte. "Ich will dir dabei in die Augen sehen. Ich will sehen, wie der liebe, süße Martin die Beherrschung verliert. Und ich will wissen, ob du wirklich so aussiehst, wenn du kommst, wie ich es mir vorstelle." Er machte mich wahnsinnig. Nicht nur seine Taten trieben mich an den Rand des Wahnsinns, sondern vor allen Dingen auch seine Worte. Ich konnte gar nicht mehr anders, als mich zwischen seine gespreizten Beine zu schmiegen und derweil mit den Fingern behutsam sein Loch zu suchen. "Mach feucht", warf mir Peter zu und ich zögerte noch kurz, ehe ich mir meine Finger selbst in den Mund steckte und großzügig mit Speichel benetzte. Und dann war die Unsicherheit wieder da. Klar, ich wusste schon, wie zwei Männer miteinander Zugange waren, schließlich war ich kein Baby mehr, aber in der Theorie erschien einem die Sache als wesentlich leichter als in der Praxis. "Mach schon", gab Peter nun ungeduldig von sich; hatte er etwa vergessen, dass ich komplett unerfahren war, wenn es um Ärsche ging? Unsicher schob ich meine Hand seinen Damm entlang, bis ich schließlich das ertaste, auf das es ankam. "Ich kanns nicht", gestand ich und schüttelte den Kopf. "Sorry, es geht nicht." "Ach, Mausi", seufzte Peter nur. "Du hattest doch schon Frauen...ist doch auch nichts anderes." Ich zuckte die Schultern, befürchtete nun, dass Peter nicht sonderlich erfreut über mein Versagen sein könnte, auch wenn ich wusste, dass er mich viel zu gerne hatte, um es mir übel zu nehmen. Zum Glück wäre Peter nicht Peter gewesen, hätte er keine Lösung für das Problemchen parat. Kurzerhand beförderte er mich nun auf den Rücken, lachte darüber, dass ich wohl guckte wie das Schwein ins Uhrwerk, fand mich einmal mehr zuckersüß und platzierte sich ohne großes Trara auf meinem Schoß. "Ich hab das zwar auch noch nie gemacht", sagte er nun wieder etwas ernster. "Aber wir schaffen das schon." "Sei vorsichtig", warnte ich jedoch. "Das Ganze soll nicht unbedingt in einer Katastrophe enden." Peter aber blieb selbstsicher wie immer und fing bereits an, sich mit den Fingern zu dehnen. Dabei hatte er noch immer dieses unwiderstehliche Lächeln auf den Lippen, und die ganze Begebenheit erinnerte mich ein klein wenig an einen Pornofilm. Vielleicht würde ich es ihm bei Gelegenheit sagen, dass er bestimmt Pornostar wäre, wenn er niemals das Bassspielen gelernt hätte... Auch wenn ich nicht wirklich zuschauen konnte, wie Peter sich diese ungewohnte Körperöffnung bearbeitete, so genoss ich das Bild im Ganzen doch irgendwie. Und ein klein wenig hoffte ich auch, dass der andere bald bereit sein würde, denn um ehrlich zu sein gierte es auch mir wie verrückt nach Erlösung. Glücklicherweise rückte diese in immer greifbare Nähe. Der Genuss überwog deutlich das leichte Schaudern, das mich durchfuhr, als mich Peters Enge umfing. Gleichzeitig bewunderte ich den Kerl für seinen Mut und hoffte, er wüsste, was er da tat, denn ich wusste es schon längst nicht mehr. Schlimm genug, dass wir für Kondome keinen Sinn hatten sondern einfach so drauflosbumsten, aber wir waren jung und wild, es sei uns verziehen. Länger dachte ich ohnehin nicht mehr darüber nach. Weil ich es nicht konnte. Ich fühlte nur noch. Bis der Druck so groß wurde und ich ohne Rücksicht auf Verluste in Peter kam. Und ihm ging es ebenfalls nicht viel anders, wie ich spürte, als etwas Warmes über meinem Bauch tropfte. Leider verbrachte Peter danach eine halbe Stunde auf der Toilette, um mein Sperma aus seinem Inneren zu entfernen und ich bereute es spätestens jetzt, ihn nicht mit Gewalt von mir runtergezerrt zu haben, denn nun hatte ich niemandem zum Kuscheln. Ja, ich war einer der wahrscheinlich wenigen Männer, die auch nach dem Sex noch Zärtlichkeiten benötigten. Und ich hoffte, dass Peter mir diese noch zu geben bereit war. Wenn er denn mal mit sich fertig wurde... In der Zwischenzeit wollte ich es mir eben allein ein bisschen gemütlich machen. Auch wenn sich das wahrscheinlich schwieriger gestalten würde als mit einer geliebten Person an meiner Seite. Doch wozu hatte man ein Kopfkissen? Kurzerhand knüllte ich es zusammen, schmiegte meine Wange hinein und...fand darunter Daves Lederjacke vor. Die hatte ich ganz vergessen. Heute Morgen noch kuschelte ich hingebungsvoll mit ihr und dachte an meinen verstorbenen Freund, an den Idioten, der sich einfach aus dem Staub gemacht hatte, ohne nach Erlaubnis zu fragen. Ich wollte seinen Todestag eigentlich auch gar nicht feiern oder besser gesagt nutzen, um ihm besonders intensiv zu gedenken. Na ja, irgendwie wollte ich das aber doch...ach, es war nach wie vor eine verzwickte Sache. Eine ausweglose Geschichte. Eine furchtbar dramatische Geschichte ohne Happy End. Ich hasste so was. Zögerlich strichen meine Finger über das robuste Material, bis ich das Kleidungsstück schließlich an mich drückte, allerdings mit einem leichten Gefühl des Widerwillens. Und dann fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Ausgerechnet an Daves Todestag hatte ich mein wirkliches erstes Mal mit Peter gehabt. Na super. Es war bei Weitem nicht so, dass ich es bereute, nein, aber nun würde dieser Tag für immer ein zweischneidiges Schwert bleiben. Mit guten und mit schlechten Erinnerungen. Die schlechten würden wahrscheinlich nicht mehr so schwer wiegen mit den guten im Hinterkopf, aber die guten konnten sich ebenfalls nicht frei entfalten und unbeschwerten Genuss erhalten. Obwohl sie das sicher ohnehin nicht konnten. Denn das mit Peter war falsch. Falsch und gleichzeitig gut. So ziemlich das Beste, was mir je passiert war. Ich vernahm ziemlich deutlich, wie sich die Tür öffnete, dennoch reagierte ich nicht. Weil ich keinen Schimmer hatte, wie. Im Moment war mir nicht wirklich danach, Peter mit offenen Armen zu empfangen und ihn zurück ins Bett zu zerren. Einerseits wollte ich ihn einfach nur spüren, andererseits trieb mich das leichte Gefühl der Reue schon wieder von ihm weg. Letzteres wollte ich allerdings noch weniger als ersteres. Ich wollte meinen Peter. Ich wollte ihn endlich ganz haben. All die Wochen hatte er mir so gefehlt, ohne, dass ich es tatsächlich bemerkte. "Es war wirklich höchste Zeit, dass du wiedermal Sex hast", bemerkte Peter, noch während er wahrscheinlich mitten im Zimmer stand. Sehen konnte ich ihn nicht, da ich ihm meinen Rücken zugewandt hatte. "Du bist ja für Dreie gekommen. Hast mich total überflutet von innen." Daraufhin lachte er leicht, aber ziemlich amüsiert und endlich hörte ich Schritte, bis sich schließlich die Matratze senkte und ich spürte, wie der andere sich an mich drückte. In dem Moment war mir, als würde mir das Herz aufgehen und jegliche Reue wich in den Hintergrund. Peter war das Beste, was mir passieren konnte, dachte ich und wollte die Lederjacke unauffällig unter der Bettdecke verschwinden lassen, da ich ja nun eine viel bessere Kuschelgelegenheit geboten bekam. Aber Peter hatte leider schon Notiz von dem Kleidungsstück genommen und griff ziemlich unsanft mit der Hand über mich hinweg und nach dem Teil. So wie er es mir entzog, drehte ich mich auf den Rücken und beobachtete Peter stumm, aber nicht sonderlich erfreut dabei, wie er sich die Jacke von allen Richtungen beguckte und nachdenkliche Geräusche von sich gab. "Ich hab wohl Konkurrenz?", mutmaßte er nicht ganz ernst gemeint und schaute mir fragend in die Augen. Nun wusste ich, dass ich auch gleich mit der Wahrheit rausrücken konnte. "Die ist von Dave", gab ich leise zu, woraufhin Peter die Jacke sinken ließ, mich noch immer anschauend, aber viel ernster. "Ach Baby", seufzte er und rückte noch ein Stück näher an mich heran, um den Kopf an meine Schulter zu schmiegen. "Wollen wir noch eine Runde vögeln, damit du endlich nicht mehr über...damit du nicht mehr so viel denkst?" Peters Humor, der selbst in den schwersten Stunden nicht abbrechen wollte, war echt legendär. Aber mir war nicht wirklich nach Scherzen zumute. Jeglicher Gedanke an Dave tat noch immer weh, ob ich wollte oder nicht. Und eigentlich wollte ich tatsächlich nicht mehr. "Du musst versuchen, dich von Dave zu lösen, Süßer. Es tut dir weh. Du leidest." Peter hatte so Recht gehabt. Und nun sah ich es. Ich wollte mich nicht mehr an Dave und den Erinnerungen festkrallen wie jemand, der keinen anderen Halt mehr hatte. Denn genau diesen hatte ich. Er lag direkt neben mir. "Hör mal", begann Peter nach einer Weile des Schweigens, während er an die Decke starrte und ich es ihm gleich tat. "Vielleicht...also...du weißt ja, wie ich über deine Trauer denke...vielleicht wäre es wirklich das Beste für dich und auch für uns beide, wenn du..." "...wenn ich Dave endlich in Frieden ruhen lassen würde", ergänzte ich und spürte nun ganz genau, wie Peters erstaunter Blick an mir hing. Schließlich erwiderte ich diesen. "Ich war nur so einsam die ganzen Wochen...deswegen bin ich wieder in dieses Loch gefallen...und na ja...wenn du mir hilfst und für mich da bist, dann denke ich, dann schaffe ich es auch." Ein kleines Lächeln breitete sich auf Peters Gesicht aus und sein Arm legte sich um mich. "Ich liebe dich, Martin, und jetzt, wo du es auch endlich erkannt hast, was du für mich fühlst, muss ich dich nicht mehr alleine lassen." Er drückte seinen Kopf in meine Halsbeuge und schmuste tatsächlich wie eine kleine Katze. Es war einfach nur süß. "Für dich würde ich alles tun, mein Schönster." Wirklich, ich war hin und weg von seinen Worten. Der oftmals so versaute Peter säuselte Liebes- und Treueschwüre. Unfassbar. Unfassbar schön. Unfassbares Glück. Bloß gut, dass er es mir nicht übel nahm, dass ich ganz sprachlos geworden war. Aber manchmal waren Worte wirklich nicht das, was man benötigte, um sich auszudrücken. Manchmal genügte einfach nur ein Blick oder ein Kuss, um preiszugeben, was man gerade dachte oder fühlte. Und genauso handhabte ich es im Moment. Knutschte meinen Peter ab, als ob es keinen Morgen mehr geben würde. Doch zum Glück würde es diesen geben. Es würde immer weitergehen. Mit Peter an meiner Seite würde ich alles überdauern können. "Dave ist weg. Er hat sich verpisst. Aber wir haben ja noch uns." Für immer. Epilog: Epilog - "Du bist dran, Martin. Rock die Hütte." -------------------------------------------------------- "Das war gut. Das war richtig gut. Klasse, Olli." Olli strahlte über das ganze Gesicht. Wenn man ihn lobte, ging er ab wie Schmitz' Katze. Aber er verdiente es sich schließlich. Auch wenn ich zuerst arge Zweifel hatte, ob er dem Lied wirklich gerecht werden konnte, so waren diese nun endgültig zerstreut. Zumal wir den Text ein wenig abgeändert hatten, damit er nicht mehr so stark an Dave erinnerte. Wie wir alles verändert hatten, was in meinem Leben von Dave geblieben war. Nur der Chorus war größtenteils geblieben, wie er war. Denn man konnte ihn auf diverse Arten deuten. Das Leben kannte viele Anlässe für Regenfälle, aber nicht immer muteten diese traurig an. Genau wie meine Erinnerungen an Dave. Die melancholische Denkweise war einer komplett anderen gewichen. Einer positiven. Wir alle hatten eine schöne Zeit zusammen, die wir nicht mehr missen wollten, aber Wege trennten sich nun mal und manche würden sich nie wieder kreuzen. Schwer war es mir gefallen, das einzusehen. Aber dank des Mannes an meiner Seite hatte ich es geschafft. Olli strahlte noch immer. Wahrscheinlich hätte er am liebsten einen Purzelbaum mitten im Proberaum geschlagen. "Man, geht der ab darauf", amüsierte sich Peter, der neben mir saß und das Kinn auf meiner Schulter abgestützt hatte. "Ein Glück, dass ich so was nicht brauche. Ich hab ja genug Sex..." "Peter!", ermahnte ich ihn und verdrehte die Augen. "Musst du das so laut sagen?" "Ach, ist doch eh kein Geheimnis mehr", mischte sich nun Eric ein und klopfte mir auf die freie Schulter. "So laut, wie ihr immer seid, wenn wir auf Tour sind, bekommt das ein Tauber mit. Nicht, Olli?" Olli aber winkte nur ab. Er wollte davon nach wie vor nicht viel wissen. Wahrscheinlich tat es ihm noch ein bisschen weh, da Peter ziemlich fies mit ihm gespielt hatte, nur um mich eifersüchtig zu machen. Manchmal tat er mir sogar ein wenig leid, da ich wusste, wie es war, wenn man verletzt wurde von einem Menschen, den man liebt. Wir alle wussten das. Ich, Olli, Peter, aber vor allen Dingen auch Marie. Sie hatte mich in flagranti erwischt, als ich gerade mit Peter zugange war und mich augenblicklich sitzen lassen. Aber war es ihr zu verübeln? Nein. Doch von Anfang an hatte ich diesen Augenblick gefürchtet. Es war ja nicht so, dass ich Marie hasste oder nicht mehr mochte, ich liebte sie nur nicht so sehr wie Peter. Mir tat es unheimlich leid, dass ich sie so verletzen musste, aber Gefühle waren nun mal unberechenbar und kämpften erbittert für ihre Auslebung. Lange Zeit wollte ich mich ihnen nicht hingeben, aber ich war nicht so stark wie das, was sich in meinem Herzen abspielte. Der Kopf, welcher für das Abwegen von Richtig und Falsch zuständig war, mochte zwar immer korrekt handeln wollen, aber im Grunde sollte man doch auf sein Herz hören, welches zwischen Gut und Schlecht unterschied. Denn so egoistisch wie es klang: Wenn deine Seele leidet, gehst du unter und deine Mitmenschen ebenfalls. Besonders die, die du liebst. "Du bist dran, Martin. Rock die Hütte." Augenblicklich schnappte ich mir meine Klampfe und erhob mich, aber nicht, ohne mich noch einmal zu Peter umzudrehen, der mich aufmunternd anlächelte. "Schaffst du!", versicherte er mir und nickte. "Denk einfach dran, dass ich es bin, den du bearbeitest." "Na super!", rief ich aus. "Dann verspiele ich mich ja." "Guitarists finger faster!", krähte nun auch Olli und bekam sogar einen High Five von Peter für diesen Spruch. Dann zwinkerte mein Freund aber wieder mir zu. "And bassists do it deeper." Ich konnte nicht verhindern, dass mir ein wenig warm im Gesicht wurde, deswegen verzog ich mich lieber schnell in die Aufnahmekabine und versuchte mich auf den Song zu konzentrieren. Mit drei verrückten Typen, die vor der Scheibe Faxen machten, gestaltete sich dies allerdings recht schwierig. Ich entschied mich, einfach nicht mehr hinzugucken und mein Ding durchzuziehen. Ich spielte ein fantastisches Intro. Mit all den Erinnerungen an jenen Tag, an dem ich das Lied schrieb in meinem Kopf. Meine Ehe mit Marie war vorbei, aber dieser Tag war der Anfang eines Beginns. Eines Beginns mit Peter. Und eines ganz neuen Lebens mit Regen, welcher nicht mehr salzig schmeckte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)