Des Schnees heller Glanz von oODestinyOo (Wichtelgeschenk für NekoMauren) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Frisch wie des Schnees heller Glanz   Es war einer jener stürmischen Tage, an denen man am liebsten die Straße gar nicht erst betrat. Der leise rieselnde Schnee wurde von den immer heftiger werdenden Windböen aufgewühlt und davon getragen. Es hätte idyllisch wirken können, als tanzten die weißen Flocken umher - vom Wind getrieben - doch das tat es nicht. Vielleicht lag es an der immerzu melancholischen Stimmung, die das sich mitten im Winter befindende Moskau, ausstrahlte. Zeit seines Wesens war es so gewesen und es würde wohl auch immer so bleiben.   In dieser eisigen Kälte eilte ein junger Mann durch die Straßen. Geschwind, den Blick gen Boden gerichtet, scheinbar ein klares Ziel vor Augen. Seine Bewegungen waren hastig und des öfteren warf er einen Blick auf die schmale Uhr, die sein Handgelenk zierte. Ohne wirklich auf die Uhrzeit zu achten, nur weil es eben so eine Geste war, wenn man sich beeilte, um unter anderem dem eisigen Wetter zu entfliehen. Der rot Haarige beachtete seine Umgebung nicht und schien dafür auch gar keine Zeit haben zu wollen. Doch dann blieb er abrupt stehen. Man hätte meinen können, eine unsichtbare Wand – oder auch aus Glas – habe ihn aufgehalten, so unvermittelt war er zum stehen gekommen.   Der warme Atem, der bei seinem keuchenden ausatmen ins Freie gelangte, bildete kleine Wölkchen in der Luft. Dann glitt sein Blick in den Himmel. Wozu die Eile und Hektik, war sie denn von Nöten? Er beschloß, dass dem nicht so war und so lief er seinen Weg gemächlich weiter. Zuhause wartete letztendlich ja doch niemand auf ihn. So war es seit geraumer Zeit. Oder, vielleicht war es schon immer so? Es lag im wesentlichen wohl im Auge des Betrachters. Was ist ein Zuhause? Sollte es ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt? - Dann hatte er wohl nie eines besessen. Denn die Abtei,  die seinerzeit einmal sein „Zuhause“ gewesen war, hatte sicher nie ein Wohlgefühl aufkommen lassen. Und auch dort hatte niemals jemand auf ihn gewartet. Nun gut, das konnte auch daran liegen, dass er die Mauern nicht verlassen durfte, aber dieser Punkt, war noch ein anderer. Ähnlich, aber anders.   So in seinen Gedanken versunken merkte der Neunzehnjährige gar nicht, wie weit er eigentlich schon gekommen war. Rot schimmernde Strähnen fielen in das blasse Gesicht als er den gesenkten Kopf hob, sich umblickend, um die Orientierung zurück zu gewinnen. Tatsächlich war sie sogleich wieder zurück. Nicht mehr weit. Nur noch ein paar Meter und er war bei seinem neuen Zuhause. Auch wenn es nach gut einem Jahr nicht mehr ganz so neu war und anhand der letzten Feststellung die ein Zuhause ausmachte auch kein wirkliches Zuhause war. Letztendlich auch egal. Unbewusst schüttelte er den Kopf, sinnlos und unwichtige Gedanken, mit denen er sich da befasste.   Seiner Meinung nach, war dies sonst nicht seine Art. Zumindest glaubte er das und es war ihm lieber, sich nur auf das wesentliche zu konzentrieren. So wie in diesem Moment. Das Wesentliche. Den dummen Hauschlüssel finden. Ja, das war wichtig. Auch wenn der – nicht mehr ganz  - weiße Häuserblock steril und wenig einladend aussah. Er wollte hinein, in die wärmende Wohnung. Innerlich machte der Junge sich eine Notiz, das nächste Mal würde er sich wieder beeilen. Es brachte doch nichts, sich nicht zu beeilen außer das seine Hände nun ganz klamm waren.  Zitternd fischte er den Schlüssel aus einer seiner abgewetzten Jacken Taschen und schloss die Tür auf, ohne genau zu wissen weshalb, mit einem leichten zögern. Als traue er seiner sicheren Heimkehr noch nicht so ganz. Den Laut, den die sich wieder schließende Tür von sich gab, bekam er jedoch nicht mehr mit, war er doch bereits die Treppen hoch, auf dem Weg zu seiner Wohnung. Es war unpraktisch im letzten Stock zu wohnen, dass sah er mittlerweile ein. Und er bereute es, wie so vieles in seinem kurzen Leben. Vielleicht wäre es besser gewesen in eine andere Gegend zu ziehen, aber wen interessierte es schon wo er sich befand? Zu seinen alten Teamkollegen hatte er ja doch keinen Kontakt mehr und hier ließ man ihn zumindest zufrieden. Niemand störte einen und es war nicht ungewöhnlich wenn die Leute kamen und gingen. Es passte schon zu ihm – wie er fand.   Doch auf dem letzten Treppenabsatz blieb er stehen. Überrascht, verwirrt. Der andere saß da, vor seiner Tür, als sei es schon lange abgemacht gewesen. So, als hätte er es vergessen. Im Schneidersitz und mit einem grimmigen Gesicht. „Vozrast  Tala, wo in drei Teufels Namen warst du den ganzen Tag? Ich frier’ mir seit einer halben Ewigkeit den Arsch ab! Du kannst Froh sein, das mich einer der traurigen Gestalten die sich deine Nachbarn schimpfen rein gelassen hat, draußen hätte ich sicher nicht gewartet! “   Tala wusste darauf nichts zu erwidern, was hätte er auch schon sagen können? Er war immer noch viel zu perplex. Mit vielem hatte er gerechnet, da war ja dieses Gefühl gewesen, doch nicht mit Bryan, der einfach so vor seiner Tür saß. Es fühlte sich an, als sei die Zeit zurückgedreht worden. Gestern hatten sie noch gemeinsam für die nächste Meisterschaft trainiert, so fühlte es sich an. Natürlich war das nicht der Fall. Noch immer hatte der junge Russe kein Wort gesagt. Aber er gab dem Lilahaarigen mit einer Handbewegung zu verstehen, von der Stelle zu weichen, damit er die Wohnung aufschließen konnte. Mit einem knarren sprang seine Wohnungstür auf. „ Hat deine Tür ’nen Nebenjob im Geisterhaus?“, wieder schien der ältere sich einen Kommentar nicht verkneifen zu können. Ein brummen war Talas viel sagende antwort. Es war nicht so, dass es ihn gar nicht erfreute seinen ehemaligen Teamkollegen nach langer Zeit mal wieder zu sehen, doch hatte er eben keine Lust auf große Reden. Der Blauäugige hatte noch nie wirklich etwas mit Konversation anfangen können und wollte auch gar nicht damit anfangen. Es war schon gut so wie es war. Außerdem war Bryan zumindest in seinen Erinnerungen auch nie der gesprächigste gewesen. Und zumindest da war er sich immer sicher gewesen, seine Teamkollegen zu kennen. Dem war doch so, oder? Zumindest besser als Boris ihre wahre Natur gekannt hatte, nicht? Abermals war es Bryan der ihn aus seinen Gedanken riss, dieses Mal jedoch nicht mit Worten sondern weil er seinen Kühlschrank laut krachend hatte zu fallen lassen. Jetzt beschloss Tala sich doch einmal stimmlich zu betätigen: „Hey, wer hat dir erlaubt, dich an meinem Kühlschrank zu bedienen?“   „ Ach nein, du bequemst dich ja doch noch mit mir zu sprechen und ich dachte schon wir müssten uns jetzt den restlichen Abend anschweigen. Außerdem, was regst du dich so auf? Der war ja sowieso leer. Und meine Frage hast du mir auch noch nicht beantwortet, wo warst du den ganzen verdammten Tag? Wichtige Termine können’s ja nicht gewesen sein, schließlich hast du dich ja ziemlich abgekapselt und bist mehr oder weniger untergetaucht.“ Der Redeschwall der auf den Rothaarigen nieder prasselte überrumpelte diesen. Es war schwierig auf diese Frage zu antworten, sowohl wahrheitsgemäß als auch zufrieden stellend. Denn beides in Kombination war kaum möglich.  In ihm verkrampfte sich alles und er presste die Lippen aufeinander. „Wüsste nicht was dich das angeht, Verrat mir lieber weshalb du heute hier bist?“ Ein heiseres Lachen dröhnte durch die Wohnung. Nur klang es nicht wirklich glücklich. „Du bist immer noch ganz der Alte. Genau wie früher. Gut ich will dir verraten, weshalb ich heute hier bin der Grund ist: Nichts. Schlichtweg nichts.“, ein lächeln umspielte Bryans Lippen. Sanft, fast liebevoll, ungewohnt. „Nichts…“. Tala wiederholte es ungläubig und sah ihn misstrauisch an. Dann erzählte Bryan ihm, er sei nur hier, um einmal nach im zu sehen. Er habe sich Sorgen gemacht, fügte er hinzu. Tala konnte und wollte das irgendwie nicht glauben und er war nicht so sicher, ob ihm das überhaupt behagte. Wollte er denn jemanden, der nach ihm schaute? – Nein, er war doch kein kleines Kind mehr. Er brauchte keine Hilfe. Er war erwachsen und er war stark!   Er war stark! Es durchfuhr den Neunzehnjährigen wie ein Blitz. Er brauchte keine Verbindung mehr zu seinem alten Leben, letztendlich zog ihn das doch nur runter.   „Geh jetzt!“, es war mehr als eine Aufforderung, es war ein Befehl. Bryan sah ihn ungläubig an. Da war es wieder, dieses stechen in seiner Brust, welches ihn bereits in der Abtei immer überfallen hatte, wenn der ältere ihn mit diesem Blick bedacht hatte. Diese warme Gefühl, dass sich innerhalb seines Brustkorbes ausbreitete und sich wie ein Lauffeuer fortbewegte, ihn glühen, verbrennen lies. Er hasste es, obwohl es sich gar nicht schlecht anfühlte. Doch er wollte es nicht. Da war etwas, tief in ihm, dass alles tun wollte um es los zu werden. Und er wusste, dass es wohl der wahre Grund war, weswegen er Bryan weg schickte. Denn es war bereits da gewesen, als er ihn vor seiner Tür erblickt hatte. Nur nicht so stark, doch jetzt konnte er es einfach nicht mehr ignorieren. Unmöglich.   Bryan wollte Einwände erheben, stellte klar das er nicht umsonst den weiten weg nach Moskau gemacht habe und wollte noch weitere Argumente anführen, doch schlussendlich erhob er sich – von der abgewetzten Ledercouch auf der er es sich mittlerweile gemütlich gemacht hatte – als er merkte, dass Tala nicht einmal ansatzweise nachgab und sich stur stellte. Der Zwanzigjährige war gerade an der Tür als Talas Stimme die Stille durchschnitt: „ Warte, warte noch…“, der Rotrhaarige ging auf eine Eichenholz Kommode zu, eines der wenigen Möbel Stücke welches in der Wohnung vorhanden war, und zog die oberste Schublade auf. Zum Vorschein kam Wolborg. Langsam, fast andächtig nahm der junge Russe den Blade aus der Schublade. Dann ging er mit festen Schritten auf den Lilahaarigen zu und drückte ihm diesen in die Hand. „ Hier nimm ihn mit, ich mache endgültig Schluss mit dieser Zeit“, dieses Mal war Bryans Blick hart. „ Gut, unter einer Bedingung“, er zog Falborg aus seiner am Gürtel befestigten Tasche „… wir werden gegeneinander antreten und solltest du gewinnen… nehme ich ihn mit mir!“   In Talas inneren schrie es ‚Nein, Tu es nicht!’ doch irgendwas in ihm wollt auch nicht, dass Bryan jetzt nach so langer Zeit schon wieder ging. Außerdem beschwichtigte sich der junge Russe mit dem Gedanken, dass alles was ihn an seine frühere Zeit erinnerte dann ja weg sei. ‚Alles was dich an Bryan erinnerte’ echote eine leise Stimme in seinem Kopf. Gemeinsam verließen sie nun die Wohnung, Seite an Seite, beinahe wie damals wenn sie vor einem Turnier ins Stadion einzogen. Sie begaben sich in den Hinterhof, wo sie ihr Match bestreiten würde. Ein Match das für Tala einen neuen Lebensabschnitt bedeuten würde, ganz gleich wie es ausginge.     „ 3, 2, 1 Let it Rip!“, es hallte durch den Hof, in dunkler Nacht und erinnerte an die früher oft gemeinsam bestrittenen Trainingseinheiten. Etwas in Bryans Blick sagte Tala, dass dieser das gleiche dachte.  Der Kampf war rasant, schnell. Sie kämpften, wie sie es – so empfand es Tala – selten getan hatte. Beide voll auf Offensive. Die Funken flogen und die Beyblades rasten nur so über den Platz: Bryan war der erste, der sein Bitbeast rief: „Folborg, Los!“, ein strahlen tauchte die schwarze Nacht in helles Licht als der riesige Falke erschien. Doch das konnte der Rothaarige auch und so rief er nun auch Wolborg. Der Wolf erschien sogleich und der Kampf ging unerbittlich weiter. Eine ganze Weile ging es hin und her. Es sah dennoch stark für einen Sieg für Bryan aus, etwas das Tala nicht zu lassen wollte. „Lightning Bomb Attack!“, der Move traf Tala aus heiterem Himmel doch im letzten Moment konnte er kontern. Sein Novae Rog konnte das schlimmste verhindern, so dachte er. Doch als die Rauchwolke die durch die Attacken gebildet worden war sich aufgelöst hatte, sah man sowohl Wolborg als auch Folborg reglos am Boden liegen.   Unentschieden, es war tatsächlich ein unentschieden. Der Neunzehnjährige wollte sich aufregen, sauer sein über seine – indirekte –  Niederlage. Doch er war einfach zu erschöpft, ja fast schon müde. Auch Bryan ging es nicht anders, er atmete schwer. „In meine Wohnung?“, ein Teil seines Unterbewusstseins konnte kaum glauben, dass er Bryan dieses Angebot machte, doch es fühlte sich richtig an. „ In deine Wohnung“, entgegnete dieser. Zusammen saßen sie nun auf Talas abgewetzter Ledercouch, in stiller Eintracht. Dieser Moment brauchte keine Worte, er war gut so.  „ Jetzt ’n Wodka“, Tala musste grinsen. Er stand auf, ging zum Gefrierschrank und holte eine Flasche heraus. Jetzt war der Moment gut so. Seine Hand begann merkwürdig zu kribbeln, als er dem älteren ein volles Glas Wodka reichte und der leichte rot Schimmer um Bryans Wangen verwirrte ihn. So viel hatten sie doch noch gar nicht getrunken. Genau genommen noch gar nichts, oder war er bereits dicht?   Quatsch, seine Einbildung spielte ihm da einen Streich, jedoch war er sich da nach Fünf weiteren vollen Gläsern nicht mehr so sicher.  Dann zog Bryan ihn plötzlich ruckartig zu sich. „Nicht erschrecken“, nuschelte er. Aber Tala hatte sich gar nicht erschreckt, sondern war wie gebannt von Bryans Augen. Eisblau traf auf leuchtend Violett. Und dann geschah es. Erst nur ganz zaghaft legten sich ihre Lippen aufeinander. Doch dann wurde der Kuss intensiver, fordernder. Bryans Zunge strich über seine Lippe und er gewährte ihr Einlass. Dieser Kuss war perfekt. Dieser Moment war… „ Betrunken oder nicht…“, Tala kam einfach nicht umhin die Worte auszusprechen, doch Bryan kam ihm zuvor: „ Dieser Moment ist perfekt“.   Ja, dieser Moment war Perfekt. Dieser Kuss war perfekt. Dieses Gefühl war perfekt.   Frisch, neu, wie des Schnees heller Glanz. Der in dieser Nacht auf Moskaus Straßen lag.   Die Nacht ist dunkel, kein Stern ist zu sehen, doch heute bist du bei mir, um an meiner Seite zu stehen. Der weg war einsam, hart und lang. Mehr als einmal vermisste ich deiner Stimme Klang.   Aber du warst fort, weit entfernt von mir, Und ich war gefangen im jetzt und hier. In meiner Eile, in meiner Hast, ganz ohne Ziel und ganz ohne Rast.   Und dann warst du hier, auf einmal. Jetzt hatte ich sie nicht mehr, die Wahl. Du warst nicht mehr auf weit entfernten Erden, ich musste mir über die Gefühle zu dir klar werden.   Doch sie waren da, diese Gefühle, so herrlich klar wie des Lichtes Kranz. Frisch und irgendwie neu, aber ehrlich, wie des Schnees heller Glanz   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)