Die Unbekannte von Corocoro (Girl Fishing at San Vigilio) ================================================================================ Kapitel 1: One Shot ------------------- Ich komme oft hier her, doch nicht nur wegen der atemberaubenden Landschaft, nein, auch wegen ihr. Es war Zufall dass ich mich unter den hiesigen Baum nahe dem Ufer niederließ. Doch es war kein Zufall dass ich Tag um Tag nach der Arbeit wieder herkam um sie zu sehen. Ihren Namen, den kenne ich nicht und es ist auch nicht von Bedeutung ihn jemals zu erfahren. Umso weniger ich wusste desto mehr sehnte ich mich nach den stillen Stunden in denen ich sie am Ufer stehen sah. Ihr Haar glänzt wie das Morgengold in der Frühjahrsabendsonne und kaum das sie sich einen Schritt zu nah an das Wasser wagte, saugte sich der Saum ihres hellen Kleides voll. Ihre zierlichen Hände, die einst so zart waren wie der Windhauch der sie umgarnte, hielten das schwere spröde Holz. Die harte Arbeit des Fischens ließen ihre Hände von Tag zu Tag stumpfer werden. Doch nichts konnte ihrer Schönheit schaden, wie sie dort stand. Einmal da drehte sie sich in meine Richtung, unsere Augen streiften sich für einen Wimpernschlag. Fragt mich und ich könnte nicht sagen welche Farbe sie haben. Sie spiegelten alles wieder was ich sah und begehrte. Sie waren blau wie der Himmel, grün wie das Blattwerk über mir, braun wie das warme Holz des Stammes an dem ich lehnte und doch grau und wild wie das Wasser hinter ihr. Sie waren Alles und zeitgleich Nichts. Für diesen kurzen Moment blieb mein Herz stehen, doch so schnell wie der Moment begann, so verflog er auch als sie sich abwand und ihre Sachen zusammen packte. Ob sie mich überhaupt wirklich wahrnahm und merkte wie ich jeden Tag hier auf sie wachte? Knirschend drang das Geräusch ihrer Schritte an mein Ohr als sie sich fortbewegte. Noch lang ließ ich den Moment verstreichen und genoss die Stille der Natur die mich umfing, bevor ich aufstand und den Dreck von der Hose klopfte. Zuhause bannte ein warmes Feuer, welches mir die Kälte aus den Knochen vertrieb, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht bemerkt hatte. Ein angenehmer Geruch drang mir entgegen und ich entledigte mir Mantel, Hut und Schuhe, achtlos fielen die Sachen auf den alten Eichenstuhl in der Ecke. Leise schlich ich mich in die Küche, umfing den zarten Leib, welcher vor dem Herd stand. „Ich bin wieder da mein Herz, was gibt es heute Abend zu essen?“ Ja, ich bin verheiratet, lebe mit der Frau seit vier Jahren in glücklicher Ehe unsere zwei Kinder sind mein ganzer Stolz. Und doch suche ich Tag für Tag die Unbekannte auf um ihren Anblick zu genießen. Wehe mir, ich bringe Schande und Unglück über meine Familie, doch sehnt sich mein Herz nach einer Anderen. Nie würde ich mich trauen Sie anzusprechen. Gönne mir den stummen Anblick aus der Entfernung um nicht in Versuchung geführt zu werden noch mehr Sünden zu tragen. Sie wird bleiben in meinem Herzen, ein stummer Wunsch, ein stilles Geheimnis welches mir die Nacht versüßt. Also komme ich jeden Tag nach der Arbeit hier her zurück, doch mit den Tagen kam auch der Frost und umso kühler es wurde, desto seltener kam sie ans Ufer. Letztendlich wartete ich alleine mit der Sehnsucht auf dass der Schnee schmolz und das Grün der Bäume zurückkehrte. Doch auch als das Grün wieder kam, so blieb sie fern. Tag für Tag, Woche um Woche und Monat für Monat, doch sie kam nicht zurück. Ich wartete lange, vergebens, allein der Wunsch ihr noch einmal zu zusehen ließ mich jeden neuen Tag am Ufer ausharren um mich abends in die wärmenden Arme meiner Frau zu retten. Und selbst nach zwei Jahren sitze ich hier mit der Hoffnung sie wieder zusehen, ein letztes Mal. Egal wie klein die Wahrscheinlichkeit ist, solange sie mir bleibt bin ich guten Mutes. Sanft dringt das Rauschen des Wassers an meine Ohren und mir wird zum ersten Mal bewusst wie schön der Sonnenuntergang ist der das Wasser erhellt und ich fälle einen Entschluss. Erhobenen Hauptes kehre ich am nächsten Tag zurück, ein letztes Mal. Ein guter Freund begleitet mich, ich bin kein Künstler doch will ich die Erinnerung festhalten. Als malt er nur für mich das Ufer ohne die Unbekannte welche ich immer beobachtet habe. „Soll ich Sie mit malen?“ drang die raue Stimme meines alten Freundes an mein Ohr und ich sah ihn verwirrt an, bevor mein Blick zum Ufer kehrte. Sie war wieder da, nach der ganzen Zeit und doch konnte sie ihr nichts anhaben. Zögernd nicke ich, ein Einverständnis sie auf dem Gemälde zu festzuhalten. Auch wenn es kaum ihrer wahren Schönheit gerecht werden konnte. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, ein letztes Mal wollte ich sie sehen und das tat ich auch. Heute war der letzte Tag bevor ich nicht mehr hier her kehren wollte, ob sie es geahnt hatte? Vermutlich nicht, doch dieser Zufall erfreute mein Herz und ich wusste dieser Abschied würde mein Herz noch lange in Erinnerung behalten. Also ging ich fort, fort von dem Ufer, fort von ihr. Der Schönheit in Erinnerung, in mein wirkliches Leben zurück. Selbst als ich am Sterbebett liege, hängt das Gemälde noch an der Wand und lässt mich in Gedanken schwelgen. Was mit ihr geschah? Ich weiß es nicht, genauso wenig wie ich ihren Namen kenne. Doch ich bete bei meinem letzten Atemzug dass sie noch immer am Ufer steht und unter der Sonnen letzter Strahlen genießt. Lebwohl… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)