True and Permitted von Kit ================================================================================ Prolog: Vive la france! ----------------------- “Jane Hilary?”, der Polizeibeamte lehnte sich in seinem knarrenden Stuhl in einem Büro der britischen Flugsicherung zurück, während er mit einer Hand seine zerknitterte, mit Ketchup beschmierte Uniform eines zweitklassigen Sicherheitsdienstes hier in London glatt strich. In seiner rechten Hand hielt er meinen Pass und streckte ihn weit von sich, als er seine Brille auf der Nase nach unten schob und den Ausweis beobachtete. Er war höchstwahrscheinlich in den späten Fünfzigern. Vielleicht auch jünger mit Abnutzungserscheinungen aufgrund seines Jobs. Die Angesprochene setzte ihr schönstes Lächeln auf und blickte ihm tief in seine blutunterlaufenden Augen. „Es heißt „Jeanne Hilaire“. Das ist francais. Wie sie sicher schon gesehen haben, komme Ich aus Frankreich.“ Der Beamte nickte, während er immernoch das offizielle Dokument in seinen Händen begutachtete und die Augenbrauen zusammenzog. „Achja, hier steht es.“, seine schwieligen Finger schoben den Pass beiseite, gaben ihn Jeanne allerdings nicht zurück, was sofort ihre Alarmglocken leuten ließ. Sofort begannen sich ihre Sinne auf einen Kampf einzustellen. Als Waisenkind in einer Stadt wie Paris war man darauf programmiert solche Schwierigkeiten auf sehr subtile weise zu lösen. Sofort begann sie zu analysieren, wie ihre Chancen im Falle eines offenen Konflikts standen. Ihre Augen glitten über ihr Gegenüber. >Probleme beim Lesen. Starke Sehschwäche. Blasses Gesicht, schwitzige Hände, ungepflegtes Aussehen, geweitete Pupillen, wippt ständig mit dem Fuß auf und ab. Entzugserscheinung. Den finanziellen Mitteln nach zu ordnen, wohl Alkohol. Blickt ständig nervös zu der untersten Schublade seines Tisches und tippt sich mit dem rechten Zeigefinger ständig an die linke Aussentasche seines Hemds. Als er vorhin an den Tisch staß, hörte man Glas klirren. Mindestens zwei Flaschen in der untersten, eine in der Obersten Schublade. Einen Flachmann im Hemd.< Ein Kinderspiel. Als der Alkoholiker sich ihr nun wieder ganz zuwandte, und sprach, bildete sich ein gewinnendes Grinsen in Jeannes Gesicht. „Auch wenn mit ihrem Pass alles stimmt.“, er nahm ihn noch einmal zur Hand „165 cm groß, schwarzes Haar und blaue Augen....“ Er verstummte und blickte ihr noch einmal ins Gesicht, als wolle er sich noch einmal überzeugen, dass ihre Augen auch wirklich Blau und nicht etwa Blau mit Graustich waren. „... doch nichts desto trotz, erkenne Ich keinen Grund weshalb sie eine Schusswaffe mit sich führen, wenn sie einen hoch gesicherten Flug in Anspruch nehmen wollen.“ Jetzt lehnte sich der Beamte zurück und legte sich die Hände auf seinen aufquellenden Bauch und blickte Jeanne über seine runden, gesprungenen Brillengläser an. „Können sie mir das vielleicht erklären, Miss... Wallencart? Ich weiß nämlich beim besten Willen nicht, was Ich davon halten soll.“ Das war es. Dieses Tröpfchen brachte das Fass zum Überlaufen. Jeann sprang auf, trat gegen den Schreibtisch, um die unterste Schublade zu öffnen und schwang ihre Beine elegant über den Papierberg und schlang die Oberschenkel so um den Hals des Polizeibeamten, der daraufhin mit dem Kopf auf der Tischkante aufschlug, seine Brille verlor und keuchend loshustete. Sie ließ sich über den Schreibtisch gleiten und zog mit einer Hand die Flasche aus einer Schachtel hinter dem Bürotisch, während sie mit der andere den Kopf ihres Opfers noch einmal mit voller Wucht auf die Kante schlug. Es geschah alles innerhalb von wenigen Sekunden, weshalb der liebe Sir.. - ein Blick auf das Namensschild musste auch noch drin sein – William Derreck, erst jetzt versuchte sich unter dem Oberschenkel hervorzuziehen, welcher ihm die Luft abschnürte. Jeanne wusste, dass sie ihm körperlich unterlegen war, also drehte sie sich blitzschnell mitsamt seinem Kopf zwischen den Beinen um, und brach ihm so das Genick. Als sie das vertraute Knarzen hörte, das Knochen machten, wenn sie brachen und damit ihren Dienst aufgaben, zog sie ihre Beine unter dem zusammensackenden Mann zurück und setzte sich elegant auf den völlig unordentlichen Schreibtisch. Während sie die Beine übereinander schlug, griff sie noch in die Hemd tasche des toten Mannes und zog einen Flachmann herraus, den sie mit einem Grinsen an die Lippen hob und leerte. Brandy. Guter Stoff. Sie warf den Flachmann beiseite und sammelte in aller Seelenruhe ihre Dokumente sowie ihre SIG, die man ihre unfairerweise entwendet hatte, wieder ein. Ein Blick nach oben zeigte ihr, was sie suchte. Ein Lüftungsschacht, groß genug, um sich hindurchzuquetschen. Jeannes Augen glitten suchend in dem mittlerweile völlig chaotischen Büro um, bis sie schließlich einen Schraubenschlüssel auf einem Heizkörper liegen sah. „Ah, trés bon.“ Summend schländerte sie hinüber ans andere Ende des Zimmers, natürlich sorgsam darauf bedacht einen großen Schritt über die Leiche zu machen. Die Schuhe zu ruinieren wäre nun wirklich kein guter Start in England. Sie nahm sich den Schraubenschlüssel und hatte innerhalb weniger Sekunden den Lüftungsschacht geöffnet und war bereit sich ihren Weg ins Freie zu bahnen, doch als sie noch einen Blick zurück warf und wie immer das Bedürfnis hatte, das letzte Wort zu haben, hielt sie inne. (Auch wenn dies bedeutete mit Toten zu reden.) „Mein Name ist Vaillencourt. Jeanne Hilaire Vaillencourt. So blöd kann doch wirklich keiner sein.“ Kapitel 1: Alte Freunde, Alte Feinde.. -------------------------------------- Der Abend nach dem Mord am Flughafen verlief größtenteils ohne weitere Zwischenfälle. Jeanne war, so wie es ihr am liebsten war, still und leise aus dem Gebäude verschwunden und wurde weder gesehen noch gehört. Von einer Miss Vaillencourt hatte niemand Dokumente gesehen, und laut Staatsregister existierte diese Person auch nicht. Der einzige Augenzeuge der sie hätte belangen können war, wie es der Zufall so war, das Mordopfer selbst. Jeanne hatte sich am Abend in einem kleinen Bed and Breakfast niedergelassen und hatte sich dort erst mal eine Mütze Schlaf gegönnt. Am nächsten Morgen war sie wie es in dem Brief stand, den sie von ihrer ehemaligen besten Freundin erhalten hatte, an einem belebten Marktplatz an der Fleetstreet erschienen. Sie strich ihr schulterlanges Haar zurück und setzte ihre Sonnenbrille mit den runden Gläsern, im 70er Jahre Stil auf, bevor sie sich in einem Café namens „The ugly bride“ setzte. Sie wählte ihren Tisch mit Bedacht. Obwohl vier oder fünf andere Sitzplätze für normale Touristen wohl attraktiver erscheinen würden, musste sie auf mehr achten, als nur darauf, ob man einen guten Blick auf die Straßenkünstler und vorbei fahrenden roten Touristenbusse hatte. Sie wählte einen Tisch neben einem Laternenpfahl, direkt in der Mitte des Platzes, um alles im Auge behalten zu können. Um sie herum saßen laut lachenden Männer, unter denen sie nicht auffiel und sich auch schnell aus dem Staub machen könnte, da diese sich wohl sehr schnell in eine Prügellei einmischen würden, und ihr so Deckung geben würden. Mit einem beherzten Sprung könnte sie sich entweder über die Tische auf das Dach des Cafés mit dem seltsamen Namen retten, falls es eine Schießerei gäbe, oder sie könnte sich hinter einem neben ihr parkenden, großen Auto in eine Schusssichere Position bringen. Nicht unbedingt perfekt, aber der beste Platz der ihr blieb. Wenn sie hier von der Polizei durchsucht werden würde, hätte das einen Rattenschwanz an Problemen hervorgerufen, bei den geschätzten zehn Kilogramm Tötungsmethoden an ihrem Körper. Wenn Anfänger an die Waffen dachten, die sie am Körper trugen, waren sie oft versucht ihre Hand mit der Kleidung abzutasten um sich zu vergewissern, dass alles noch da war. Dies verriet sie oft, und machte dem Feind deutlich, welche Waffen man bei sich trug. Doch Jeanne war keine Anfängerin. Sie hatte ihre Ausbildung mit 15 Jahren beendet und hatte seitdem noch 5 Jahre Zeit gehabt, alles zu verfeinern. Also schlug sie vorsichtig ein Bein über das andere und spürte die zwei Knarren, die an den Seiten ihrer Oberschenkel unter der kurzen Jeans-shorts steckten. Die beiden Wurfmesser, die an ihren Springerstiefeln hinter der Zunge befestigt waren, spürte sie mit einem Anspannen der Wadenmuskulatur. Als sie einmal tief einatmete fühlte sie auch die beiden Messer die unter ihren Brüsten in ihrem Büstenhalter lagen. Dass die vier Giftampullen in ihren Ohrringen und Piercings in ihren Ohren noch da waren, wo sie hingehörten, wusste sie, als sie sich noch einmal unauffällig durch die Haare fuhr und dabei ihren kleinen Finger über jede einzelne gleiten ließ. Perfekt. Alles an Ort und Stelle. Sie bestellte sich einen Earl Grey und blickte auf die große Uhr auf dem Marktplatz. Zehn vor Zehn. Also hatte sie ncoh zehn Minuten, bevor Diana auftauchen würde. Diana Forsworth-Timber und Jeanne waren als Kinder gute Freunde gewesen. Sie wuchsen gemeinsam im Trainingslager in Deutschland auf und teilten viele schöne Erinnerungen. Sie waren zusammen auf Bäume geklettert, hatten Tanzstunden und gingen zusammen zur Schule. Außerdem hatten sie sich bis zum Ende ihrer Ausbildung ein Zimmer geteilt. Doch als Jeanne nach ihrer Ausbildung beschlossen hatte, die Bruderschaft zu verlassen, (naja, um ehrlich zu sein, sie ist eigentlich einfach abgehauen und war danach nicht mehr aufzufinden.) gingen sie getrennte Wege. Dr Forsworth-Timber war mittlerweile eine weltweit bekannte Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Genforschung des Erinnerungsvermögens und Gedächtnisvererbung. Also eine der Obermuftis. Jeanne kochte innerlich vor Wut. Auch wenn man es ihr nicht ansah, so machte ihr diese Begegnung die gleich folgen würde, richtig zu schaffen. In Gedanken ging sie den Brief, den sie von einem Kurier bekommen hatte, noch einmal durch. „Es tut mir leid, dass es soweit kommen musste. Wir brauchen dich. Ich weiß schon seit geraumer Zeit wo du bist, und Ich weiß auch was du tust. Ich habe immer alles verschleiert, weil Ich wusste, was die dir damals antaten. Verzeih mir, dass Ich mein Versprechen, dich zu beschützen, brechen muss. Unsere Zahl schwindet dramatisch. Cross wurde umgedreht und hat gewaltigen Schaden angerichtet. Nächste Woche Montag, 10 Uhr am alten Markt in London. Erscheine, oder Ich muss dich melden. - Didi“ Fluchend stieß sie genervt die Luft aus und zerknüllte in Gedanken das Stück Papier. Natürlich war das keine Option mehr, da sie es sofort nachdem sie es einmal aufgemacht hatte, sofort verbrannt hatte. Man konnte sich nie sicher sein, wo Spitzel lauerten. Und wenn Diana sie schon aufspüren konnte, dann würde Abstergo das auch schaffen, wenn sie davon Wind bekämen, dass sie näheren Kontakt zu einem Edensplitter gehabt hatte. Jeanne nippte an ihrem Tee und warf einen letzten Blick auf die Uhr. Genau in der Sekunde, in der der Zeiger umschlug und der Kirchturm schlug, erschien eine lange, dünne Gestalt direkt vor ihr. „Ich hab mich gefragt ob du wirklich auftauchst.“ Jeanne brauchte nicht aufsehen, sie wusste ganz genau, wer da vor ihr stand. „War ja nicht so, als hätte Ich eine große Wahl gehabt, n'est-ce pas?“ Als Sie schließlich doch einen Blick über den Rand ihrer Sonnenbrille gleiten ließ, fiel sie fast vom Stuhl. Vor ihr stand eine fast 1,80 Meter große, gertenschlanke Blondine mit Rollkragen Pullover, weißen Klinikhosen, Crocs und Doktorkittel. Die Haare hatte sich die ehemalige Miss Barbie kurzgeschnitten und sie standen ihr wild vom Kopf ab. Auf ihrer Nase saß eine quadratische Brille, mit dicken Rand. „Espèce de salope! Was ist denn mit dir passiert?!“, platzte Jeanne herraus und starrte auf ihre frühere beste Freundin. Diana hatte damals nichts getragen was nicht in der Vogue, Cosmo oder sonst einem Schundmagazin angepriesen war, und jetzt sah sie aus, als wäre sie intelligenter als der Rest der Welt. Was vermutlich auch stimmte, bei dem was man sich über ihre Erfolge und aussergewöhnliche Bemühungen in Studium und Universität erzählte. Sie sah immer noch fabelhaft aus, wenn nicht sogar absolut umwerfend. Ihre vollen Lippen und die dunklen Augen passten super zu ihrem glänzenden Haar und dem sanft rötlichen Teint. Sie war schon immer eine Sexbombe gewesen, aber jetzt war sie die unanständige Lehrerin die jeder Junge in der Schule haben wollte und hoffte, dass sie mal mit ihr alleine Nachsitzen mussten. „Roll die Zunge wieder ein, Süße. Ich bin mittlerweile verheiratet.“ , sagte Diana in einem kichernden Tonfall. Jeannes Mundwinkel zuckten und sie stand auf, um die blöde Ziege zu umarmen. „Als ob Ich mit so einer Dorfmatratze was anfangen würde!“, stichelte sie. Sie drückten sich fest bevor sie sich gemeinsam an den Tisch setzten, und die werte Akademikerin sich eine Chai Latte bestellte. Dann fiel der Groschen. „Du bist VERHEIRATET? Wann ist das denn passiert, tu Rombière?!“ Sie zog ihre Sonnenbrille an und starrte die ihr gegenübersitzende Blondine verdutzt an. Sie musste kurz grinsen, als diese erwiederte: „Mein Französisch ist nicht so eingerostet wie du glaubst! Ich bin keine alte Schachtel!“, ein bezauberndes Lachen huschte über ihre Züge, dann nahmen ihre Augen einen verträumten Ausdruck an. „Er.. Er gehört zu uns. Er programmiert den Animus. Bobby.. Also, ehm.. Robert Forester. Die Hochzeit war letzten März.“ Sofort bedauerte Jeanne es, gefragt zu haben. Jedes Mal wenn sie von glücklichen Paaren hörte, die das Glück hatten ihr Schicksal und ein gemeinsames Leben auf die Reihe zu bekommen, bedauerte Jeanne ihr eigenes Leben. Sie könnte niemals so eine Bindung zu einem Menschen eingehen. Die Risiken wären viel zu groß. Diese Gedanken brachten sie sofort wieder auf den eigentlichen Grund ihrer Reise. „Didi... Was ist mir Cross passiert? Warum braucht ihr meine Hilfe? Warum jetzt?“ Sofort wurde Diana ruhiger und man konnte spüren, wie sie sich etwas zurückzog. Instinktiv begann Jeanne ihr Verhalten zu analysieren. >Kopf gesenkt, Nervöses zucken mit dem rechten- < „Nein! Das wirst du schön lassen. Schau mir in die Augen und warte bis Ich dir erkläre was los ist. Lass deine Sherlock Holmes Scheiße bei mir bitte sein. Es läuft mir eiskalt den Rücken runter wenn du das tust.“ Didi hatte den linken Zeigefinger ausgestreckt und achtete jetzt darauf keine einzige Bewegung zu machen, die etwas verraten könnte. Es gab nur wenige Personen, die bemerkten wenn Jeanne dies tat, aber es war eigentlich klar, dass ihre beste Freundin dazu gehörte. Also schloss sie kurz die Augen und versuchte ihre Sinne einzudämmen um darauf zu warten, bis ihr Gegenüber bereit war, zu erklären was los war. „Cross war eine von ihnen. Er arbeitete für Abstergo. Es gab ein riesiges Loch im System, dass wir jetzt stopfen konnten. Doch wir sind schwach und brauchen vorallem die geborenen Talente. Also auch dich.“, sie stoppte kurz, als der Kellner ihr Getränk brachte und bis dieser wieder verschwunden war, sagte sie kein Wort. „Was weißt du über die Situation in Luxembourg?“ „Du meinst die Aufstände?“ Didi nickte. „Ich weiß nur, dass eine Firma einen riesen Batzen Geld dafür hingeblättert hat um die Großgrundbesitzer dazu zu zwingen, ihr Land zu verkaufen. Sie wollen irgendwelche Wetterstationen aufbauen, die sich nur dort perfekt auf den Sateliten einstellen lassen oder-“ „Abstergo.“ „Ich hatte eine Ahnung, aber war mir nicht sicher. Was sollten sie mit diesem unbedeutenden Land? Luxembourg hat weder große Auswirkungen auf die UNO oder NATO oder sonst was.“ „Das … wissen wir nicht mit Sicherheit. Aber es ist etwas Großes. Sonst würden diese geldgeilen Säcke nicht soviel Geld dafür hinblättern. Mehr kann Ich dir hier nicht sagen, aber Ich hatte gehofft du kommst mit zum Hauptquartier und-“ „Mooooment!“, Jeanne stand auf und fing an den Geldbeutel aus ihrer Tasche zu kramen. „Tut mir Leid, cherie. Ich werde nicht in dieses Hauptquartier marschieren und mir meine Strafe dafür aufbrummen lassen, dass Ich meinen Arsch gerettet hab.“ Sie warf zehn Pfund auf den Tisch und murmelte leise vor sich hin. „Hat mich gefreut dich wieder zu sehen, aber Ich werde ganz sicher nicht in dieses Bunkerloch zu William Miles laufen und mich von ihm verurteilen lassen, und außerdem-“ „Miles ist weg.“, unterbrach Diana sie, „Er ist vor fast einem halben Jahr nach Amerika zurückgeflogen. Die Leitung der Zelle hier hat mittlerweile jemand anderes.“ „Als ob das irgendwas ändert.“ Jeanne drehte sich um und schritt in Richtung Tradestreet, während sie sich eine Zigarette aus der Tasche fummelte und anzündete. Glimmstängel waren doch einfach die beste Art sich zu entspannen nach so einem Gespräch. „Warte!“ Wohl doch keine Entspannung. Jeanne blieb stehen und blickte über ihre Schulter und blickte in die verzweifelten Augen der ehemals wichtigsten Person ihres Lebens. „Wir brauchen dich. Überleg es dir. Komm zum alten Glockenturm, wenn du es dir anders überlegst.“ , irgendwas in ihrer Stimme irritierte Jeanne. Es wirkte mehr wie ein Flehen, als eine Bitte. Es musste wohl wirklich schlimm um die Assassinen stehen, wenn eine so stolze Frau wie Diana so bettelte. Jeanne nickte und blickte noch einmal kurz auf. „Ich überlegs mir.“ Dann drehte sie sich um und lief in Richtung ihres Hotels ohne zurück zu blicken. Während den zehn Minuten Fußmarsch dachte sie über das Gespräch nach. Über Luxembourg, Abstergo und ihre kranken Weltanschauungen, die Assassinen und ihr ständiger Kampf ums überleben. Wenn sie diesen Menschen, die Jahrelang ihre Familie gewesen waren, helfen konnte, warum sollte sie es dann nicht tun? Wahrscheinlich würde man sie nicht wieder aufnehmen und sie behandeln wie ein Stück Dreck... Darauf hatte Jeanne ganz sicher keine Lust. Sie war seit fünf Jahren frei, und genoss ihr Leben abseits dieses Kampfes und sie war sich nicht sicher, ob sie bereit war wieder im Spiel mit zu mischen. Als sie schließlich in der Straße ihres Bed & Breakfasts ankam, wurde ihr diese Frage allerdings abgenommen als sie dicke Rauchschwaden über den Häusern sah. „Merde...“ Der gesamte Häuserkomplex, stand in Flammen und von ihrem Zimmer war so gut wie nichts mehr übrig. Gerade als sie die Hände zu Fäusten ballte und überlegte wieviele Wertsachen sie bei sich hatte, und welche in den Trümmern wohl nicht zu retten seien, segelte ein unversehrtes Blatt vor ihr zu Boden. Jeanne hob es auf und ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie das Symbol der Templer darauf sah. Kapitel 2: Abstergoschaschlik ----------------------------- Fürs Zusammenbrechen blieb keine Zeit. Jeanne war klar, dass hier rumstehen und zuschauen wie ihre Sachen abfackelten, ganz sicher keine kluge Idee war. Sie stopfte sich den Zettel in ihre Hosentasche und rannte sofort in die entgegengesetzte Richtung. Sie wich sämtlichen Schaulustigen aus und sobald sie ein Bistro mit Flachdach erblickte, bahnte sich sich einen Weg durch die Menschen und rannte darauf zu. Sie bog in eine kleine Gasse ab, um zum Hintereingang des Gebäudes zu gelangen. Doch als sie die Tür sah, hatte sie etwas anderes im Sinn. Sie sprang auf den großen Müllcontainer rechts neben der Tür und zog sich von dort aus auf die Fensterbank des ersten Stocks hoch, bevor sie sich weiter an Gesims und losen Steinen hochzog, bis schließlich an der Brüstung des Flachdachs hing. Sie schwang ihre Beine mit einem Ruck nach oben und landete sanft und leise auf dem Geländer. Ohne zu Zögern rannte sie über die knapp fünf zentimeter schmale Brüstung und sprang auf den Balkon des nächsten Gebäudes. Dort zog sie sich wieder an Klappläden, Fenstern, und Balken hoch, wie sie auf dem Dach des Hauses stand. Jeanne stützte die Hände in die Hüften und atmete schnell und keuchend aus. Sie war definitiv nicht mehr so in Übung. Als ein kleiner Windstoß sie ein Stück zurückwanken ließ, schaffte sie es gerade noch rechtzeitig den steinernen Kamin zu ihrer Linken zu greifen, bevor sie zu Fallen drohte. Immer noch keuchend stieß sie ein kurzes Lachen aus. Gott sei Dank, hatte sie keine Höhenangst. Das wäre hier definitiv kontraproduktiv. Als sie wieder einigermaßen normal atmen konnte, schloss sie die Augen und versuchte nach dem Sinn zu suchen, den sie jetzt brauchte. Sie wusste nie genau was es wahr, doch es half ihr, sich zurecht zu finden. Sie sah wenn sie sich konzentrierte, viel mehr Dinge als normal. Es war wie eine andere Dimension die sich vor ihrem inneren Auge öffnete. Und als sie diese Taktik nun hier probierte, sah sie sofort wohin sie musste. Ungefähr zwei Blocks von hier fand sie einen alten Baukran, der sich derzeit nicht in Benutzung befand. Sie grinste und schaltete ihre „Supersicht“ aus um sich ihrer Gegenwart wieder bewusst zu werden. Jeanne merkte sofort, dass sie nicht allein war. Sie presste sich an den Kamin des Hauses und blickte vorsichtig um die Ecke. Sofort erkannte sie drei Personen die auf der Straße vor dem Bistro, welches sie vorher erklungen hatte standen und sich fragend umblickten. Jeanne war sich nicht sicher wer sie waren, doch ihr war instinktiv klar, dass sie auf der Suche nach ihr waren. >Anzüge, maßgeschneidert. Klunker an Händen und Hals. Wert? Echtes Gold. Körpermasse? Beträchtlich. In Muskelkraft definitiv überlegen. Bewaffnet. Mehrere Schuswaffen, einzelne Klingen in Futterale eingenäht und im Schuhwerk. Ein Ring am Finger< „Fuck.“ Templer. Drei verschissene Templer. Genau in diesem Moment blickte der größte der Hühnen in ihre Richtung und grinste als er ihren gehetzten Gesichtsausdruck sah. Sein Lächeln wurde immer breiter, während er langsam, aber siegessicher auf das Haus zuging, auf dem Jeanne stand. Sofort schoss sie los wie ein Blitz in Richtung des alten Krans. Während sie über die Dächer rannte, und versuchte nicht der Versuchung nachzugeben, sich umzudrehen und nachzusehen ob sie gleich Assassinenhackfleisch wurde, blickte sie der Sonne entgegen. Um die Mittagszeit versteckt es sich auf Dächern schwierig. Licht und Schatten konnten entscheiden bei einem Versteck. Ob man lebt, oder einem die Birne weggepustet wird, weil man einen Schatten so groß wie Paris wirft. Ein offener Konflikt war aus drei zwei Meter großen, offensichtlichen Gründen keine Option, und da Verstecken und warten bis der Kelch an einem vorrüberzieht auch nicht drin war, half nur noch die Flucht nach vorne. Also schläunigst auf diesen Kran und von da aus versuchen sie abzuschütteln. Entschlossener als je zuvor raste Jeanne über Dächer und Reklametafeln. Sprang von einem Sims zum nächsten, von Balkon zu Balkon. Als das abgesperrte Bauareal nur noch wenige Häuser entfernt war, wagte Jeanne einen Blick nach Hinten. Sie sah die Verfolger noch einige Meilen hinter ihr. Allerdings sah sie nur zwei. Einer war also entweder gefallen, oder jagte sie zu Fuß, was dumm wäre, in diesen Menschenmassen. Als quietschende Reifen unter ihr ihre Aufmerksamkeit erregten, wusste sie schlagartig, wo das dritte Arschloch geblieben war. Als eine Kugel neben ihr auf den Ziegeln einschlug, wusste sie, dass auch die nette Gesellschaft hinter ihr nicht mehr weit entfernt war. Verdammte scheiße! Sofort sprang sie vom Häuserdach in die Tiefe über den Zaun in den abgesperrten Bereich der längst geschlossenen Baufirma. Jeanne rannte immer weiter, und als sie keine Schüsse mehr hinter sich vernahm, wurde sie noch nervöser. Sie schossen nicht auf sie. Das vorhin war nur ein Warnschuss gewesen, ein Versuch sie zum Anhalten und Jammern zu zwingen. Sie wollten sie lebend... um sie wieder in den Animus zu stecken. Sofort verdoppelte sie ihre Anstrengungen und ignorierte das Brennen in ihren Muskeln und die Tränen die ihr in die Augen schossen. Als sie an dem Gerüst des Krans angekommen war, zog sie sich sofort mit aller Kraft hoch. Als sie sich ein Stück nach oben gekämpft hatte, und senkrecht an ungefähr der halben Höhe des Krans hing, hakte sie sich mit einem Arm in dem Gerüst ein und zog mit der anderen eine kleine graue Kugel aus ihrem Ausschnitt. Sie zog mit den Zähnen an der dünnen, roten Schnur und sofort stieg beißender Rauch aus der Kugel hervor. Die Rauchbombe verursachte immer mehr Qualm als Jeanne sie nach unten warf. Die Templer die mittlerweile auch das Gerüst erklimmen wollten, wichen zwar einen Schritt zurück, doch einen traf die Bombe mitten ins Gesicht. Dieser Aufschlag sorgte für die letzte, kleine Überraschung die diese fiesen Dinger auf Lager hatten. Sie explodierten mit einem letzten Schwall Rauch und verätzten dem Wichser das gesamte Gesicht. Dieser schrie vor Schmerz auf und fiel wie ein Sandsack vom Kran. Als er mit einem lauten Knall auf dem Boden aufkam, war Jeanne klar, dass er diesen Sturz nicht überlebt hatte. Das Knarzen klang eindeutig nach einem Bruch des Rückgrats. Doch Sie freute sich nicht zu sehr über ihren kleinen Sieg sondern kletterte höher, um sich selbst aus dem beißenden Rauch zu befreien. Die Ausmaße dieser Bombe waren enorm, was dafür sorgte, dass sie zwar sehr effektiv waren, aber auch den Benutzer in Mitleidenschaft zogen. Die Augen tränten und der Rauch kratzte in ihrem Hals, doch Jeanne stieg immer weiter auf dem Kran bis sie ganz oben ankam. Ein Blick nach unten verriet ihr, dass ihr die zwei Bodybuilder immer noch auf den Fersen waren. Blitzschnell zog sie einen Wurfstern aus ihren Springerstiefeln und konzentrierte sich auf den, der sie fast erreicht hatte. Sie zielte, holte aus, und warf genau dann, als der Mann wieder nach oben blickte. Der Wurfstern traf ihn direkt im rechten Auge. Der Schrei der daraufhin ertönte war einer der lautesten, den Jeanne je bei einem eigenen Opfer vernommen hatte. Der Mann plumpste allerdings nicht einfach vom Kran, wie der erste, sondern er schlitterte langsam aber schmerzhaft auf den einzelnen Stahlbalken des Krans nach unten, bis er schließlich abrutschte, und fiel. Jeanne wartete nicht auf den Knall, sondern setzte sich in Bewegung um auf dem großen Stahlträger, am Ende des Krans entlang zu balancieren. Dabei blickte sie immer abwechselnd nach links und rechts auf der Suche nach dem alten Kirchturm. Doch bevor sie ihre Sinne danach ausstrecken konnte, wackelte der Kran plötzlich tierisch und sie war gezwungen sich zu Bücken und sich zusätzlich mit beiden Armen auf dem schmalen Weg halt zu verschaffen. Der dritte Templer hatte sich auf den Kran gekämpfe und war völlig ausser Atem. Obwohl auch Jeanne schwer atmete, war sie noch lange nicht am Ende, was man über ihren kleinen Templerfreund hier nicht sagen konnte. Er keuchte, schnaufte und versuchte Luft in seine brennenden Lungen zu pressen. Das Jackett seines italienischen Anzugs hatte er bereits eingebüßt, und die Hose sowie das blassblaue Hemd hatten einige Schrammen und Löcher. Doch bevor Jeanne weiter die Kleidung ihres Feindes untersuchen konnte, sprang dieser auf dem schmalen Pfeiler mit einem beherzten Sprung nach vorne, was zur Folge hatte, dass beide das Gleichgewicht verloren und mit rudernden Armen versuchten sich irgendwie Halt zu verschaffen. Während der Kerl flach mit dem Bauch auf dem Pfeiler lag, und sich mit Armen und Beinen daran festklammerte, schaffte Jeanne es nicht so leicht, sondern rutschte ab und war kurz davor 40 Meter in die Tiefe zu fallen. Lediglich Waden, mit denen sie sich in den einzelnen Stahlbannern des Krans verschränkt hatte, bewahrten sie vor einem Schicksal als Assassinenmettwurst am Boden eines Londoner Bauunternehmens. Sie hing Kopfüber während sie wütend schnaubte: „Was bist du denn für ein débile?! Das ist ein Kran, der im Wind schwingt und nicht der verstärkte Fußboden deines Fitnessstudios. Sei vorsichtiger, oder du endest als Templersalami da unten.“ Offensichtlich war das nicht die Reaktion die er erwartet hatte, denn er starrte die kopfüberhängende Assassine vollkommen verdutzt an, als könne er nicht verstehen, was sie da grade von sich gegeben hätte. Besonders helle waren die Templer ja noch nie gewesen. Gerade als Jeanne sich wieder resigniert nach oben ziehen wollte, sah sie im Augenwinkel die spitze eines Kirchturms. „Aha! Da bist du ja! Hast dich aber gut vor mir versteckt.“ Sie holte kräftig Schwung und krabbelte so wieder hoch auf den Pfeiler und hockte sich wieder im Lotussitz auf den Kran. „Was? Wo hab Ich mich denn versteckt? Ich war doch die ganze Zeit hier. DU rennst doch weg.“ Oh, der Templerabschaum konnte reden. „Ich rede nicht mit dir, sondern mit dem Kirchturm.“ Wieder diese verdutzte Blick. Aus welcher unteren Bildungsschublade hatten diese Idioten den denn bitte rekrutiert? Jeanne zog eine Augenbraue hoch und blickte zu dem sich immernoch festklammernden Hühnen. „Tja. Tut mir leid, Ich hab leider keine Zeit mehr. Es ist schon fast-“, wie aufs Stichwort schlug die Uhr des Glockenturms am anderen Ende der Stadt. „... 12 Uhr! Die Party endet hier für dich, tut mir leid! Bitte steigen sie alle aus, gehen sie nicht über Los und beehren sie uns am besten auch nicht wieder.“ Mit einem Lächeln richtete sie sich auf und schritt langsam, aber mit festem Schritt auf ihren Feind zu. Dieser wusste mit ihrem letzten Satz anscheinend noch weniger anzufangen und wirkte noch verwirrter als vorher. Oder es war der Schock. Wahrscheinlich war MrMuscleBoy gerade aufgegangen dass sie verdammt weit oben waren, und die Templer es normalerweise nicht gerne auf die Art der Assassinen austrugen. Sie standen eher auf Konflikte am Boden, mit viel Geballer und Polizei. Hauptsache jeder schaut zu. Schrecklich aufmerksamkeitsgeiles Völkchen. Sie bückte sich vor dem zusammengekauerten Etwas und zog ihre schwarze Bluse etwas nach unten und entblößte damit ihren BH. Die Augen des Typen rissen sofort auf. „Oh, nein. Ganz sicher nicht mein Junge.“ Jeanne zog eins ihrer Messer aus dem Futteral des Büstenhalters und griff nach dem linken Ringfinger des Templers. „Das könnte jetzt etwas weh tun.“ Der immer noch vollkommen verschreckte Mann, schwieg immer noch, bis sie ihm mit einem kräftigen Schlag den Ringfinger, mitsamt dem Siegelring der Templer abschnitt. Sofort schrie der Mann wie am Spieß und Tränen liefen über sein Gesicht. Doch offensichtlich hatte ihn der Schock so tief die Glieder verschreckt, dass er sich immer noch so verkrampft am Kran festhielt, ohne sich auch nur ein bisschen zu bewegen. Schockstarre. Jeanne grinste. Das war eines der ersten Dinge die man als Assassine ablegen musste. Doch Templer waren halt eben Templer. „Den brauchen wir nicht.“, mit einem eiskalten Lächeln zog sie den Ring vom Finger und warf den Finger in die Tiefe. „Oh, und weißt du was? Dich brauchen wir auch nicht. Tja, Pech gehabt, ma petite caille.“ Mit einem kräftigen Sprung hüpfte sie über den Templer hinweg, und trat mit einem Fuß dabei kräftig an seinen Oberschenkel. Sofort verlor er die Kontrolle über seine Beine und hing baumelnd an dem langen Pfeiler. Lediglich seine protzigen Bodybuilderarme hielten ihn noch in 40 Metern Höhe. Noch mehr Tränen schossen aus seinen Augen und vermischten sich mit seinem Blut, dass sich bereits auf seinem Arm und dem Pfeiler verteilt hatte. Widerliche Sache. „W-W-Wieso erschießt … du m-mich nicht einfach?“, stotterte er vor sich hin. Lachend legte Jeanne den Kopf schief und betrachtete das Häufchen Elend. „Rate mal! Erstens: Du hast es nicht verdient. Zweitens: Es wäre schade um die Kugel. Drittens: Ich mag dich nicht.“ Sie blickte ihn an und wackelte mit den Augenbrauen. „Ehm... Ich hab es nicht v-verdient?“ „Bingo.“ Sie rammte ihr Messer jetzt tief in seinen Oberarm und drehte es genauso blitzschnell herum. Sofort ließen die muskelbepackten Arme los und ihr Opfer fiel mit rudernden Armen in die Tiefe. Sie schaute ihm nicht beim Fallen zu, sondern drehte sich um. Sie schaute ihren Opfern nie ins Gesicht wenn sie sie tötete. Das machte es zu... persönlich. Ein lauter Knall und ein beißender Schmerz riss sie aus ihren Gedanken. Sofort blickte sie dem Templer nach und sah, dass er eine Pistole in der unverletzten Hand hielt. Ein rasender Schmerz bohrte sich in ihren Oberschenkel. „FUCK.“ Sie sackte zusammen und lehnte sich an den Senkrechten Pfeiler des Krans. Sie legte die Hände um die Einschusswunde an ihrem Bein uns inspizierte die Verletzung. Glatter Durchschuss, kein Knochen verletzt. Wahrscheinlich nur ein paar Muskeln. „Fuck, tut das weh.“ Sofort sammelte sie sich innerlich und wappnete sich gegen den Schmerz beim Belasten des Beins. Als sie jedoch aufstand und ans Ende des Krans lief, wurde ihr bewusst, dass das schlimmste noch vor ihr lag. Sie blickte runter auf die Themse, in die sie gleich springen würde. Oh, klasse. Frische Schusswunde macht Bekanntschaft mit dreckigem Flusswasser. Sie drehte sich um und überlegte wieder herunter zu klettern, doch da sich der Rauch am Stahl festgesetzt hatte, und sie keine Handschuhe dabei hatte, würde sie wahrscheinlich abrutschten. Also entschied sie sich für die Themse. Der Todessprung war für jeden Assassinen ein besonderes Ereignis, wenn er ihn das erste mal Vollführte. Es war jedes mal ein Moment voller Adrenalin. Man wusste nie, würde man noch leben wenn man unten ankam? Konnte man seine Muskeln so sehr anspannen, um den tödlichen Schmerz abzufangen? Sprang man danach unversehrt wieder auf oder starb man einen qualvollen Tod verteilt über vier Straßen? Genau die Art Kick, den Jeanne schätzte und liebte. Sie breitete die Arme aus und schloss die Augen. Als sie sie wieder öffnete, blickte sie hinab auf den Fluss und kalkulierte ihren Flug. Sie wusste, wann sie abspringen musste im nicht vom Wind den Kurs verändert zu bekommen. Sie wusste, in welchem Winkel sie abspringen musste. Und dann, als sie den perfekten Moment für ihren Sprung sah, rannte sie auf das Ende des Krans zu und stürzte sich mit ausgebreiteten Armen in die Tiefe. Kapitel 3: Tintenfische die Tinte pinkeln ----------------------------------------- Es war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen diesen Sprung zu wagen. Zwar war alles glatt gelaufen, und Jeanne war unverletzt im Fluss angekommen, doch sie hatte förmlich gespürt wie die Bakterien des Flusses die Entzündung in ihrem Bein anfeuerten. Sie schwamm noch fast zwei Kilometer bevor sie sich aus dem Wasser zog. Da die Knarren sowieso hinüber waren, hatte sie sie einfach in den Fluss geworfen und war die letzten hundert Meter zur Kirche gehumpelt. Klatschnass versteht sich. Das Aufprallen auf dem Wasser, hatte ihre Wunder noch weiter aufgerissen, und hatte sie dazu gezwungen ihre Bluse auszuziehen und damit den Oberschenkel abzubinden, um die Blutung zu stoppen. Es sah bestimmt wahnsinnig klasse aus, wie diese halbnackte, klatschnasse voll Algen beschmierte Braut durch die engen Straßen Londons humpelte. Interessanterweise fragte aber niemand ob er ihr helfen könne. Scheiß arrogante Briten. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis sie an der alten Kirche angekommen war. Sie lehnte sich an die Steinwand und ließ die Sonne auf ihr Gesicht scheinen, während sie versuchte aufrecht stehen zu bleiben. Mitterweile war sie sich sicher dass sie Fieber hatte, und ihr Bein brannte wie Feuer, während es immer wieder pochte, als würde ihr Herz darin schlagen. Schwer atmend lehnte sie sich im Schatten an die Mauer der Kirche bevor sie sich schließlich dazu aufraffen konnte, sich weiter zu schleppen. Wo war der verdammte Eingang zum Glockenturm? Es dauerte eine noch viel längere Ewigkeit bis Jeanne endlich das kleine Zeichen der Assassinengilde in einen Stein geritzt fand. Als sie dagegen drücke, hörte man ein metallisches Klicken das Jeanne lächelnd mit der Stirn gegen den Stein fallen ließ. Das letzte was sie sah, war ein riesiger, dunkelhaariger Kerl, der sich über sie beugte. Wieso war er so riesig? War er ein Troll? Oh, Sie lag am Boden. Klar, macht Sinn. Gerade als sie sich fragte warum sie am Boden lag, und warum der Typ sie anbrüllte, wurde alles um sie herum schwarz. „Sie war noch nie gut in offenen Konflikten. Sie wird dann wahnsinnig und fängt an sich wie ein Quotenbösewicht aufzuführen. Hast du sie mal lachen gehört? Sie hört sich an wie der Joker von Batman wenn sie in ihrem „Aufschlitzmodus“ ist. Verdammt gruslig. Aber jemand der sich davon nicht beeindrucken lässt, kann das verdammt schnell gegen sie verwenden. Das sag Ich ihr schon ewig. Sie ist die beste Assassine die es gibt, versteh mich nicht falsch, aber sie ist einfach nicht für den offenen Kampf gedacht und bla bla bla“ Mehr vernahm Jeanne nicht als sie langsam wieder zu sich kam. Die Stimme war unglaublich nervig, laut... und vertraut. Aber das war ihr egal. Sie wollte einfach nur schlafen. „Ja, Ich weiß doch. Jetzt setz dich erst mal, Schatz. Du bist kreidebleich.“ Okay, die Stimme kannte Jeanne nicht. Männlich, tief und irgendwie sexy. Nein sie kannte keine Männer die sexy klangen.... Moment, wo war sie? Und was zur Hölle hatte man ihr gespritzt? Plötzlich schlug sie die Augen auf und ihr fiel alles wieder ein: Das Hotel, Die Verfolgungsjagd, Der Kran, Die Schusswunde... ihgitt und die Themse. Sie hob ihren tonnenschweren Arm und rieb damit ihre schmerzende Stirn. Doch etwas störte sie dabei gewaltig. An ihrem Handgelenk hingen komsiche Tentakel. War sie zu einem Tintenfisch geworden? Vielleicht sollte sie mal versuchen Tinte zu pinkeln? Aber nicht jetzt, dafür war sie zu müde, wobei sie echt mal musste. Nach und nach lichtete sich der Nebel und sie runzelte die Stirn. „Ich muss mal Tinte pinkeln.“ Noch ehe sie merkte, dass sie das laut ausgesprochen hatte, versammelten sich vier Leute um ihr Bett. Wobei den Umrissen und Farben zu Ordnen könnten es auch einfach bunte Papmaché Bilder sein. Sie war sich nicht sicher. Alles wirkte so zweidimensional. „Süße geht’s dir gut?“ „Hast du Kopfweh?“ „Was für Tinte?“ Die Fragen die auf sie einstürmten, konnte sie weder verarbeiten noch verstehen. Wenn zweidimensionale Bilder mit einem redeten war das echt nicht wichtig und einer Antwort gar nicht wert. Was? Was redete sie da eigentlich? Redete sie überhaupt? Sie brauchte eine gefühlte Stunde bis sie den Satz in ihrem Kopf formuliert hatte, und musste sämtliche Duden zu Hilfe ziehen, die in ihrem Gehirn in irgendwelchen Schubladen vergammelten. „Was habt ihr mir gegeben?“ Ihr wurde der Tentakel vom Arm gezogen und das Bett auf dem sie lag drückte sie nach oben, als wollte es nicht, dass sie auf ihm lag. Plötzlich saß sie aufrecht und wieder berührte ein neuer Tentakel ihre Rückhand. Augenblicklich wurde ihre Sicht etwas schärfer und sie erkannte die vier Menschen in ihrem Raum... Oder zumindest wusste sie jetzt, dass es Menschen waren. Eine davon war Diana, wie sie jetzt erkannte, die sie besorgt anblickte. „Das war Protolaktyrol. Ein Anästhetikum an dem Ich gerade arbeite. In ein bis zwei Minuten müsste wieder alles in Ordnung sein.“ Okay, neue Stimme. Da keiner der vier Personen in ihrem Blickfeld den Mund bewegt hatte, musste noch eine Person im Raum sein. Wie auf ihr Kommando schob sich ein rothaariger, Brillenträger in ihr Blickfeld. „Hastings?“, fragte sie noch etwas rau. Sie kannte ihn. Das war Daniel Hastings. Er war Arzt in der Zelle in Deutschland gewesen, bevor er zurück nach England versetzt wurde, Sein Bruder war mittlerweile bei den ganz Großen in den Staaten. „Vaillencourt. Lange nicht gesehen. Darf ich fragen wieso du dich nicht meldest um Hallo zu sagen bevor du dich erschießen lässt?“ Sein amüsierter Tonfall zeigte ihr schmerzlich, wie sehr sie die ganze Bande eigentlich vermisst hatte. „Sorry, Doc. Nächstes Mal, Ruf Ich vorher an.“ Ihre Stimme klang schon nicht mehr ganz so nach Tod. „Das will Ich doch hoffen, Engelchen.“ Er zwinkerte noch einmal bevor er sich wieder zurück vor seinen Computer schob. Ärzte sahen auf diesen Bürostühlen mit Rollen einfach lächerlich aus. Wobei, auf diesen Stühlen wahrscheinlich jeder lächerlich aussah. „Schluss mit dem Smalltalk. Was zur Hölle ist passiert Hil?“, Jeanne musste lächeln. Nur Diana durfte sie Hil nennen. So wie sie immer Didi gewesen war. „Ich hatte ja gehofft, dass du deine Meinung änderst, aber nicht so schnell. Ich denke mal du bist nicht ganz freiwillig hier?“ Wie immer kam Diana sofort zur Sache und hielt nicht viel von Hin und Her Gelaber. Weil das genau die Charaktereigenschaft war die Jeanne an ihr schätzte, antwortete sie ehrlich und genauso sachlich: „Mein Hotel wurde abgefackelt. Danach wurde Ich von drei Templern verfolgt. Höchstwahrscheinlich die, die meine Sachen gebrutzelt haben. Hab sie alle erledigt. Nur der letzte hat mich noch erwischt.“ Sie rutschte auf ihrem Bett ein Stück höher und zuckte vor Schmerz zusammen, doch sprach sofort weiter: „Warum waren diese Leute hinter mir her, Didi? Sie wussten nichts von mir.... und kaum treffe Ich mich mit dir, wollen sie mich einfangen. Nicht töten. Sie wollten mich fangen, Didi. In den Animus stecken.“ Ab da betonte sie jedes Wort indem sie mit dem Zeigefinger bei jedem Wort auf einen im Raum stehenden zeigte. „Ich. Will. Wissen. Warum!“ Alle Blicken wanderten zu Boden. Keiner sah ihr mehr in die Augen. „Wollt ihr mich verarschen?!“, schrie Jeanne und schlug auf die Bettdecke ein. „Cross.“, sagte einer der Männer die neben Didi standen. Als Jeanne sie jetzt genauer betrachtete, passten alle drei Männer, die das Bett neben Didi umringten in das Bild der Assassinengilde in Europa. Keine Bürohengste, sondern Aktive Kämpfer. Sie trugen schwarze robuste Hosen, Stahlkappen Stiefel, ein schwarzes Shirt. Oh, und jede Menge Waffen. Einer der Kerle lehnte an einer Maschine neben dem Bett und kaute Kaugummi. Sein blondes Haar hing ihm zottelig in die Stirn und er wirkte nicht älter als 30. Er versuchte total lässig und cool zu wirken, doch es wahr offensichtlich, dass ihn das Thema hier nicht ganz kalt lies. Der, der direkt neben Didi stand, hatte braunes lockiges Haar und war etwas kleiner als die anderen beiden. Er wirkte viel zu nett für diesen Job. Mit diesem „Ich bin ein süßer Junge“ Blick. Und als er die Hand von Didi ergriff, lief es Jeanne eiskalt den Rücken runter. Okay, das war also Bobby. Ihr Goldjunge. Würg. Der letzte lehnte an der anderen Seite des Raumes und blickte mich aus eiskalten, blauen Augen an. Er hatte kurzes, schwarzes Haar und wirkte weitaus grimmiger als die anderen Beiden. Er wirkte auch älter, aufgrund der tiefen Falten auf seiner Stirn. Er war derjenige der gesprochen hatte. „Was hat er angerichtet?“, fragte Jeanne an diesen grusligen Typen gerichtet. Seine Antwort wurde vollkommen emotionslos vorgepresst und enthielt nur wenig analysierbares Material: „Er hat die Zelle ruiniert. Sämtliche Daten. Sämtliche Infos. Alles bei Abstergo. Mitsamt der Mitschriften über dich und deine... Erfahrungen im Animus.“ Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Wenn es das hieß, was sie dachte, bedeutete das, dass sie in noch größerer Gefahr schwebte, als sie dachte. „Sie wissen... alles?“, hakte Jeanne nach. „Alles.“ „Merde.“ „Thats it, Baby.“, Der blonde Schönling hatte sich vorgebeugt und wollte anscheinend auch seinen Senf dazu geben. Offensichtlich mit einem amerikanischen Südstaatendialekt und absolut überflüssigen, widerlichen Koseworten. „Sie wissen ganz genau, dass du sie zum größten Schatz der Templer führen kannst.“ „Fuck.“ „Got it, sweetheart.“ Jeanne wusste nur zu gut was das bedeutete. Als sie vor fast Fünf Jahren das letzte mal im Animus war, hatte sie einen Tag miterlebt, der mehr als nur aussergewöhnlich in der Geschichte der Templer und Assassinen war. Sie hatte den Untergang der größten Zitadelle des Templerordens in Europa miterlebt. "Okay also bevor Ich mir darüber Gedanken mache... Ich muss mal." "Tinte pinkeln?", erwiederte Didi belustigt. Jeanne lief sofort knallrot an. Hatte sie das wirklich laut gesagt? Blondie beugte sich jetzt bis fast vor ihr Gesicht und flüstere: "We'll keep is as our little secret... between calamari and man, ya know." Kapitel 4: Stehe niemals in Unterwäsche vor deinem Chef ------------------------------------------------------- Nachdem sie auf der Toilette war und Blondie eine reingedonnert hatte, ging es Jeanne schon wieder viel besser. Diana hatte sie im Hauptquartier herumgeführt und ihr erklärt wo sie die Nacht verbringen konnte. Der gesamte Komplex war Unterirdisch gebaut. Die Kirche diente nur als einer von sechs Eingängen in das weitläufiger Areal der Assassinen. Dazu gehörten ein großer Trainingsparkour oberhalb der Erde und jede Menge unterirdischer Schlafräume, Trainingsräume und eine Krankenstation, mit der sich Jeanne ja schon bestens bekannt gemacht hatte. Das Zentrum wirkte wie ein riesiger Quader der in die Erde gelassen wurde. Es gab zwei Aufzüge, einen an der Nordseite und einen an der Südseite. Im Untersten Stockwerk erstrecke sich die Versammlungshalle, von der mehrere Treppen und Aufzüge nach oben führten. Rund um die diese Halle, waren an den Rändern Etagen angeordnet die sich zu den Seiten erstreckten. Es waren insgesamt drei Stockwerke auf jeder Seite. Im Westflügel befanden sich die Quartiere und die sogenannte Kommandozentrale. Im Ostflügel waren Krankenstation, Lagerräume und der Animusraum mit vier der hochmodernen Geräte. Der Oberste Stockwerk gehörte anscheinend dem Oberboss der Asssassinenzelle in England. Es wunderte Jeanne, das das Gebäude so strikt geregelt angeordnet schien. Das Gebäude an sich wirkte wie ein absoluter Verstoß gegen alles wofür die Assassinen standen. Freiheit des Lebens, der Ausbreitung, des Denkens. Hier wirkte alles geordnet und geplant. „Manchmal ist ein bisschen Ordnung eben notwendig um mit aller Kraft für etwas zu Kämpfen.“ , hatte Diana gesagt. Soweit Jeanne erfahren hatte, war das meiste hier von Wiliam Miles geplant und ausgearbeitet worden. Dies wiederrum wunderte sie überhaupt nicht. Sie hatte sich schon mehrmals in ihrem Leben mit Miles und seinen festgefahrenen Theorien angelegt. Trotz dieses großen Areals war es sehr leer in diesem riesigen Gebäude und wirkte eher verlassen als ein belebtes Hauptquartier. Es machte Jeanne traurig zu sehen, wieviel Schaden Cross angerichtet hatte. Nicht nur um ihres Schicksals wegen, sondern auch aufgrund der Verluste die die gesamte Bruderschaft einbüßen musste. Es waren mehrere hunderte Umgekommen bei dem Versuch Daniel Cross und seine Templer zu stoppen. In dieser Zelle lebten nur noch 20 Assassinen, von denen die Meisten außerhalb im Einsatz waren. Mit diesen ernüchternden Gedanken schleppte sich Jeanne in ihr Quartier. Dank der mit Sicherheit verschreibungspflichtigen Medikamente, die mit Sicherheit gegen das Arzneimittelgesetz verstießen, konnte sie schon wieder laufen, ohne allzu Große Schmerzen zu verspüren. Antibiotika, die sie fraß wie Tic Tacs und Zigaretten die den Schmerz betäubten waren ebenfalls eine gute Hilfe. Das Quartier war zwar elegant aber zweckmäßig eingerichtet. Es gab ein großes, bequemes Bett am Rande es Raumes, einen großen Schreibtisch, einen Laptop, einen Flachbildschirm und ein Kleiderschrank. Außerdem gab es zwei einfache Regale und an der Wand hängende Boxen für Bücher. Im Grunde wirkte alles so wie frisch aus dem Ikea Katalog bestellt. Seufzend ließ sie sich auf ihrem neuen Bett nieder. Das war also jetzt wieder ihr Zuhause? Unpersönliche, kahle Zimmer, die man sowieso nie sah, weil man durchgehend arbeitete, oder sich zusammenflicken ließ, weil man sich etwas gebrochen hatte? Jeanne kramte in der Tüte mit ihren Klamotten, die man ihr ausgezogen hatte um sie zu untersuchen und zog ihr Handy aus ihrem Büstenhalter. Wirklich praktisch so ein Ding. Wo steckten die Kerle nur ihr Mobiltelefon hin, wenn sie ausgingen um jemanden zu töten? Als sie über das Display fuhr, blinkten zwei neue Nachrichten. Die erste war von Diana: „Hey Hil, lass uns nochmal über alles reden. Es ist wichtig. -Didi“ Sie war von vor sechs Stunden geschickt worden, also war sie wahrscheinlich direkt nach ihrem Treffen in der Stadt verschickt worden. Jeanne strich sich über die OP Kleidung die sie trug und zog daran herum. Ekelhaftes Grün. Die zweite Nachricht war von Daniel Hastings, dem Arzt. Wie passend. „Hey Jeanne. Hättest du Lust mit mir nachher einen Kaffee zu trinken? Ich hab dich vermisst.“ Genervt stöhnend warf sie das Telefon neben sich aufs Bett. Oh, nein. Diese ganze Geschichte mit Hastings würde sie nicht wieder aufwärmen. Irgendwann musste auch Omas Gulasch, so gut es auch schmeckte, in die Biotonne gepfeffert werden. Das musste nun wirklich nicht sein. Damals war sie 15 gewesen und er 21. Sie hatte sich nach einer Vater Figur gesehnt, die sie nie hatte, und war beinahe mit ihm ins Bett gestiegen nachdem sie fast drei Wochen lang ständig in jeder Besenkammer des Schulhauses rumgeknutscht hatten. Sie hatte dem ganzen dann ein Ende gesetzt, indem sie einfach abgehauen war und sich nicht mehr gemeldet hatte. Oh achja, und dabei rein zufällig die gesamte Bruderschaft verraten hatte. Egal wie tief dieser Dorn des schlechten Gewissens auch saß, Jeanne Hilaire Vaillencourt würde nie wieder mit einem Mann auch nur irgendwas anfangen das nichts mit Blutvergießen zu tun hatte. Was sie in diesen Fünf Jahren gelernt hatte war: 1. Vertraue niemandem 2. Vertraue niemandem 3. Vertraue schon gar niemandem mit Penis der seine Mutter dafür verkaufen würde wenn er ihn in heißen Apfelkuchen stecken könnte. Also den Penis.. nicht die Mutter. Ein Klopfen an der Zimmertür ließ sie zusammenzucken und ihren Gedanken beenden. „Oui?“ Sie war viel zu erschöpft um noch darauf zu achten in welcher Sprache sie antwortete. Diana steckte ihren Kopf in die Tür. „Hey, Hil. Ich wollte nur sagen, der Boss will dich kennen lernen. Ich weiß du bist müde, aber komm in circa 20 Minuten bitte runter in die Versammlungshalle, okay?“ „Oui, ce n'est pas une probleme.“ Mist, da wars schon wieder. Ihre verhasste Muttersprache. „Gut. Bis dann!“ Sobald Didi ihren Kopf aus der Tür gezogen, und diese geschlossen hatte, griff Jeanne nach der Tablettenbox, die Hastings ihr mitgegeben hatte. Schmerzmittel halfen doch für gewöhnlich bei jeder Art von Schmerzen. Auch wenn es Stressbedingte Kopfschmerzen mit (wenn man ihre derzeitigen Sprachqualitäten bedachte) Migrationshintergrund sind. Fünfzehn minuten später stand Jeanne geduscht und in geliehenen schwarzen shorts und einem Tanktop in derselben Farbe in der Versammlungshalle. Ihr Lebenselixier (extrem starken, schwarzen Kaffee) hatte sie sich bereits besorgt und hielt es in ihren Händen. Ihre nassen Haare fielen ihr locker auf die Schultern. Als sie schließlich auf die anderen Beteiligten zutrat, spürte sie wie ein kollektives Einatmen durch die Halle ging. Sie wusste nicht was los war, aber als Didi auf sie zugestürmt kam, wusste sie, es war nichts gutes. „Weniger anziehen konntest du auch nicht, oder?“, flüsterte sie ihr wütend zu während sie Jeanne in eine leere Ecke zog. „Du hättest dir nehmen können was du willst! Und nicht nur Unterwäsche! Und seit wann hast du eigentlich so viele Tattoos?“ Achja, genau. Die hatte sie ganz vergessen. Das Assassinen Symbol trug sie auf ihrem linken Ringfinger, wie auch auf ihrem Handgelenk, davon wusste Didi auch bereits also war ihr Kommentar wohl eher auf den schwarzen Drachen bezogen der ihren rechten Arm zierte... Oder den Schriftzug auf ihrem linken Oberarm. „FREEDOM“ war dort in dicken, schwarzen Lettern in die Haut gestochen. Ausserdem trug sie noch ein Gewebe aus Muster und Ranken die sich in Tribal Form komplett um ihr rechtes Bein wanden. Das hatte sie vor Vier Jahren stechen lassen, um die Narben von einer Verletzung zu verdecken. Während einem Auftrag, als sie sich zwischendurch als Sicherheitskraft durchgejobbt hatte, wurde ihr Bein fast komplett unter einem Auto zerquetscht. Man konnte ihr Bein zwar retten, aber die hässlichen Narben hatten Jeanne seitdem immer gestört. „Die hab Ich schon ne Weile. Und Was ist denn? Ich hab was an, alle wichtigen Stellen sind bedeckt also passt doch alles.“ Didi blickte verdutzt in Jeannes Gesicht. „Hil … Du... Ach vergiss es. Setz dich da vorne hin.“, sagte sie und stapfte in Richtung Bank, auf der sie und ihr Milchbubi Bobby Platz genommen hatten. Mit dem hollywoodreifsten Hüftschwung den eine Französin zu bieten hatte, spazierte Jeanne auf eine der leeren Bänke zu. Sobald ihr Hintern die Bank berührte, plumpste auch schon eine zweite Gestalt direkt neben ihr darauf. Sie blickte gar nicht erst hin, sondern trank einen Schluck aus ihrem Becher und verdrehte die Augen bevor sie sprach: „Hey Hastings.“ „Hey Vallencourt. Nettes Outfit. Du willst die Templer wohl allein mit diesen heißen Kurven umbringen?“ Die Angesprochene wandte sich prustend an ihren Verehrer. „Hast du das grade echt gesagt, Daniel? Ehrlich?“ „Ich dachte Ich versuchs mal mit etwas subtilerem. Nachdem du auf meine SMS nicht geantwortet hast, musste ich mir doch was ausdenken und der Spruch wurde von Google vorgeschlagen.“ Als er anfing zu lachen musste sie einfach einstimmen. „Du bist so ein Idiot.“, sagte sie und wusste, dass sie auch ihn vermisst hatte. Ihn und seinen blöden Humor. „Ich hab dich auch vermisst... aber nicht auf die Tour. Tu as compris, chéri?“ Er nickte leicht betrübt und brabbelte in schlechtem Französisch: „Oui, madame.“ Sie alberten noch eine Weile herum bis plötzlich Stille in der gesamten Halle herrschte und nur noch Jeannes Lachen durch den riesigen Raum hallte. Sie blickte sich um und suchte nach dem Big Daddy der jetzt wohl offensichtlich eingetroffen war. Eine Tür zu Jeannes Linken wurde geöffnet und zwei Gestalten traten herraus. Die erste war derselbe dunkelhaarige Mann der sie vorhin, auf der Krankenstation über Cross aufgeklärt hatte. Der nächste überragte seinen Vorgänger um mindestens 15 Zentimeter und hatte die Ausmaße eines Kleiderschranks. Er hatte ebenfalls kurzes, schwarzes Haar und trug diesselben schwarzen Klamotten wie jeder hier, der im Einsatz war. Sein Auftreten war voller Arroganz und stinkte nach Egoismus. Er trat mit einem Zuhälterlächeln vor und zog die Augenbraue hoch, als er Jeanne sah. Er betrachtete sie abschätzig und blickte dann wieder in die Runde der Assassinen. Als er sprach, hallte seine tiefe Stimme im gesamten Raum wieder, und es war offensichtlich, dass ihm dieses Machtgehabe den Schwanz anschwellen ließ. Was für ein Arschloch. „Jeanne Hilaire Vaillencourt.“, säuselte er in perfektem Französisch. „Die wohl bekannteste Deserteurin unserer Sache, und doch die wichtigste Person im Krieg hier in Europa.“ Das Arschloch schnappte sich einen Stuhl, drehte in mit der Lehne zu den Anderen und setzte sich darauf. Er legte seine Arme auf die Lehne und blickte Jeanne von oben herab an. „Ich hätte sie mir größer vorgestellt.“ „Tja, und Ich wusste von Anfang an, dass du ein Arsch bist.“ Totenstille. In der gesamten Halle bewegte sich Niemand und es machte auch Niemand einen Mucks. Das Geräusch eines lauten basserfüllten Lachen, hallte als nächstes durch die gigantische Halle. Dieser Wichser hatte doch tatsächlich die Courage sich über sie lustig zu machen! Er fing an zu lachen! Als er zum Ende seiner Lachtirade kam, und sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel wischte, blickte er sie an und lächelte: „Ich wusste, du bist was besonderes, Kleines. “ Kleines? KLEINES? Bevor Jeanne jedoch auf ihn losgehen konnte, sprach dieser wieder in einem sachlichen und beherrschten Tonfall. Die Atmosphäre im Raum hatte sich wieder gelockert und die meisten lachten und saßen entspannt auf den Bänken und den Stühlen. Der kritische Moment war offenbar vorbei. Juhu, hieß das vielleicht, keine Bestrafung für die Fahnenflüchtige Assassinenfranzösin? Die Hoffnung starb doch bekanntlich zu letzt... „Ich hab dir ein Team zusammengestellt. Das ab sofort auf dich aufpasst. Du bist zu wichtig, als dass, wir es uns leisten könnten, dass dich irgend so ein daher gelaufener Abstergo Laufbursche abmurkst.“ Das gutaussehende Arschloch zeigte auf den hinter ihm stehenden dunkelhaarigen, grimmig aussehenden Mann. „Das ist Dan Lore. Er kommt aus der Zelle in Edinburgh. Lore? Sei nett, sie beißt schon nicht.“ Lore machte einen Schritt nach vorn und murmelte ein leises „Hi.“ bevor er sich wieder hinter seinen Chef stellte. Als ein blonder, selbstgefälliger Vollidiot aus den Reihen trat und sich neben Lore stellte, dachte Jeanne für einen Moment sie müsste kotzen. Den wollten sie zu ihrem Schutz abstellen? „Jackson Belhouse. Nice to meet ya, dear.“ Mit einem Augenzwinkern übergab er das Wort wieder an das Oberarschloch. „Und Ich werde mich persönlich noch mit anschließen... Nur zur Sicherheit.“ Sie biss sich so fest auf die Zähne wie sie nur konnte, ohne genervt aufzustöhnen. Erst als Hastings ihr einen kleinen Schubs gab merkte sie, dass sie ihre schwarz lackierten Fingernägel in ihre Handflächen grub. Als sie die Faust öffnete waren lauter kleine Halbmonde auf ihrer Hand zu sehen. Sie schluckte und legte die Hände wieder in ihren Schoß. Sie war nicht dumm. Sie wusste, dass sie den Schutz brauchte, wenn die Templer erst einmal Wind davon bekamen, dass sie wirklich in England war. Die drei vom Vormittag waren nur der Anfang gewesen. Spione, die sie ausfindig machen sollten. Doch wieso brauchte sie gleich drei davon? Wenn sie im Animus lag, würden ihr doch einer Reichen, der sie rausholte, wenn etwas schief ging. Gerade als sie das Großmaul danach fragen wollte, sprach er es selbst an. „Du brauchst den Schutz, weil wir mit den Erinnerungen arbeiten müssen, die du bereits hast. Wir können derzeit keinen Animus in betrieb nehmen, schon gar nicht mit so etwas wertvollem wie dir.“ Jeanne schluckte und blickte in diese eiskalten, grauen Augen. Es machte Sinn. Abstergo hatte bisher jeden ihrer Schritte vorhersehen können laut Diana. Aber sie konnten dies immer nur dann, weil vorher jemand im Animus lag, der ihnen den Schritt gewiesen hatte. Es war nur zu deutlich, dass der Animus etwas damit zu tun hatte. Wieso zur Hölle hatte sie da nicht dran gedacht? So ein Faux pas passierte ihr nicht nochmal. Dieser idiotische Vollidiot lenkte sie ab mit seinem Diktatorengebrabbel. „Okay. Klingt logisch.“ murmelte sie vor sich hin und verschränkte die Arme vor der Brust als sie aufstand und auf Monsieur Arschloch zulief. „.. Und wie lautet der Name meines zukünftigen Despoten?“ Wow, er war wirklich verdammt groß. Da sie mit ihren 1,65 Metern neben ihm wie ein Zwerg wirkte, bekamen ihre Worte nicht ganz so den festen Nachdruck, den sie hätten haben sollen. Er deutete eine kleine Verbeugung an und sagte: „Mein Name ist Mason Slater. Erfreut mich kennen zu lernen?“ „Ganz und gar nicht.“ „Das können wir gern ändern.“, säuselte er in einem erotischen Tonfall. „Oh, Gott.“ „Slater reicht, aber danke.“ Genervt drehte Jeanne sich um und wollte wütend davon rauschen, als sie spürte wie eine Hand sich mit einem Knall kräftig auf ihren Allerwertesten niederlies. Er hatte ihr auf den ARSCH geschlagen? Jetzt sah sie rot. „Okay, c'est finis. Du bist sowas von tot!“ Kapitel 5: Süße, runde Backen ----------------------------- Jeanne setzte ihre gesamte Kraft in diesen einen Schlag für das Überraschungsmoment. Sie schwang ihr Bein, bückte sich, und trat mir voller Wucht auf die Kniescheibe des Idioten. Als Slater zu Boden ging, rollte sie sich nach rechts um nicht unter diesem Fleischberg begraben zu werden. Doch in dem Moment als sie sich abzurollen versuchte, griff etwas an ihren linken Fuß und zug sie wieder zurück, weshalb ihre Beine von einem kräftigen Brustkorb am Boden gehalten wurden. Wütend schnaubend blickte sie nach hinten, und erhaschte Slaters Gesicht, welches sie höhnisch angrinste. Noch nie war irgendjemand schnell genug gewesen, ihren Attacken entgegenzuwirken, aber sie zu parrieren sollte eigentlich unmöglich sein. Um nicht zu viel Zeit zu verlieren holte mit dem rechten Arm aus und ließ ihren Ellenbogen auf den Druckpunkt an seiner Hüfte sausen. Doch kurz bevor sie ihr Ziel traf, wurde ihr Arm in eine menschliche Schraubzwinge gepackt und herumgewirbelt. Ihr Kopf kam hart auf dem Boden auf als ihr Kiefer ein bedenkliches Knarren von sich gab, während sie sich die Gehirnerschütterung des Jahrtausends zu zog. Wieder spürte sie das vertraute Gewicht auf ihren Beinen und diesmal auch auf ihrem Brustkorb. „Gibst du auf?“, fragte Slater und gab ihr noch einen belustigten Klapps auf den Hintern. Doch zu ihrer Befriedigung spürte sie, wie er schwerer atmete und ihn jedesmal ein kleies Zucken durchfuhr wenn er tiefer einatmete. Offensichtlich hatte sich Monsieur Arschloch die rechte Rippe verletzt. „Niemals.“ Sie schloss die Augen und analysierte ihr Opfer. >Groß, wahrscheinlich über zwei Meter. 110 Kilogramm, kein bisschen Fett, super in Form. Schont zwar die rechte Seite, blendet den Schmerz allerdings aus. Schützt seine Verletzung mit seinem vorbereiteten Kampfarm. Chancen auf Treffer der Wunde? Eher schlecht. Andere Verletzliche Stellen? Alles bedeckt und oder gut verteidigt. Hebelwirkung ihrer Beine nutzen? Negativ, Kraftaufwand zu hoch. Chancen auf Sieg? Verdammt gering.< So etwas war in ihrem ganzen Leben noch nicht passiert. Jeanne konnte durch ihre besonders geschärfte Wahrnehmung immer mindestens einen Plan B oder einen Plan C durchführen oder war zumindest vorbereitet um auf der Stelle umzudenken. Doch jetzt saß sie tatsächlich in der Klemme. Slater könnte ihren Kopf zertrümmern, ihre Beine brechen, sie mit dem Druckpunkt in ihrem Nacken ausknocken oder ihr schlicht und ergreifend ein Messer in den Rücken jagen, und das alles während sie mit dem Gesicht nach unten vor einer Masse gaffender Vollärsche lag. Was für geile Zukunftsaussichten. Offenbar hatte er gespürt, dass sie die Situation erfasst hatte, denn er lockerte sich etwas und stieg dann mit einem Satz von ihr herunter. Allein seine Worte hielten sie davon ab, ihn sofort erneut anzuspringen. „Das hättest du gleich vor dem Kampf tun sollen. Dann hättest du gesehen, dass du gegen mich keine Chance hast. War zwar ein netter Versuch, Kleines, aber seien wir mal ehrlich, Ich bin nicht der Anführer dieser Zelle geworden, weil Ich so ein nettes Lächeln auf Weihnachtskarten verschicke.“ Jeanne schluckte. Sie hätte wirklich vorher analysieren sollen was sie tat. Sie war schon immer ein Hitzkopf gewesen, und hatte sich schon immer ihre Regeln selbst geschrieben. Dies sorgte allerdings auch dafür, dass sie manchmal vergaß, dass andere nicht nach diesen Regeln spielten. Es wiederstrebte ihr zwar den Schwanz einzuziehen, doch weglaufen schien ihr im Moment die beste Möglichkeit. Sie gehörte nicht hier her. Welcher noch ganz normale Mensch fängt denn an seinem ersten Tag eine Prügelei mit seinem Chef an? Sie war nicht normal, und sollte auch nicht mit normalen Menschen zusammen wohnen. Wobei sollte sie ihnen schon helfen können. Gerade als sie sich umdrehen und auf den Aufzug zu gehen wollte, um das Gebäude zu verlassen, trat Slater noch einen Schritt vor und sprach etwas leiser in ihr Ohr: „Aber das war gut. Niemand hat mich bisher zu Boden gekriegt. Bleib hier und Ich zeige dir, wie du auch größere Gegner im Nahkampf besiegst.“ Es war zwar ein verlockendes Angebot, doch Jeanne war nicht überzeugt. Das bisschen Kampftraining würde sie schon erwerben wenn sie sich vor den Templern schützen musste. Ach, Gottverdammt... Die Templer! Die hatte sie komplett vergessen. Sie musste nichts analysieren um zu wissen, dass sie sehr schnell die Hirnfunktionen einer Paprika hatte, wenn die sie schnappten... was höchstwahrscheinlich früher oder später passieren würde, wenn sie nicht hier bei diesen Leuten war. Sie atmete tief ein, zog ihr verrutschtes Top wieder nach unten und rieb sich über die Gänsehaut überzogenen Arme. Sie konnte nicht glauben, was sie da gerade sagte. „Einverstanden.“, hauchte sie leise in seine Richtung. „Aber du lässt die Finger von meinem Arsch.“ Sie spürte Slater nun direkt an iherm Rücken stehen, und es überraschte sie erneut wie groß er eigentlich war. Doch bevor sie weiter über seine Größe nachdenken konnte, legte er ihr eine Tellergroße Handfäche auf den Hintern. Instinktiv holte sie mit der rechten Hand aus und wollte sie gerade nach hinten auf sein Gesicht klatschen lassen, als sie in der Luft abgefangen wurde. „Lektion Nummer Eins: Deine Wut macht dich angreifbar, also kontrolliere sie. Wenn eine Hand auf deinem Arsch landet, dann ignorier sie, und überlege dir stattdessen wie du den, der diese süßen, runden Backen einmal kneten will, eine überziehst.“, sagte er und drückte noch einmal ihr Hinterteil. Als sie mit der anderen Hand ausholen wollte, hielt sie sich zurück. Nicht hitzköpfig werden. Ruhig bleiben. Sie blickte sich kurz nach seiner zweiten Hand um, die ihren ersten Schlag abgefangen hatte, und ihre Hand immernoch fest umschlossen hielt. Sie drehte das Handgelenk um und packte seinen Arm, während sie sich in dieser Position umdrehte und packte mit ihrer freien Hand die Pranke, die sich an ihren „süßen, runden Backen“ zu schaffen machte. Sie stand ihm jetzt gegenüber und hielt seine unterarme umklammert, während sie nur eine Haaresbreite von seinem Gesicht entfernt war. Als sie tief einatmete konnte sie sein Aftershave und frischen Schweiß riechen, eine Kombination die sie nicht unbedingt uninteressant fand. Als sie ihm tief in seine grauen Augen blickte, wirkte er für einen Moment lang weder belustigt, noch hatte er sein spitzbübisches Grinsen aufgesetzt. Er starrte sie einfach nur so eindringlich an, dass sie das Gefühl hatte, er blickte ihr tief in die Seele. Sie verlor sich fast in diesem Meer aus hellem Grau, bis seine Gesichtszüge sich veränderten, und das amüsierte Lächeln wieder an die Stelle des nachdenklichen Ausdrucks trat. Als er sprach, wirkte er zwar wieder lässig und locker, doch sie wusste das unter dieser Oberfläche etwas gefährliches brodelte. Etwas, das bei jedem falschen Funkenschlag in die Luft gehen könnte, und dabei ganze Menschenmassen mit in den Abgrund reißen würde. „Schon besser. Immernoch verdammt stümperhaft, aber Ich denke das liegt an der mangelnden Übung.“ Als er ihre Arme schließlich loslies, durchfuhr sie ein Schauer. Irgendwas war ihr an diesem Typen absolut nicht geheuer. Der erste Tag im Unterschlupf war mehr als nur informativ gewesen. Sie hatte die komplette neue Formation der Assassinen in Europa und Kanada kennen gelernt, Infos über die derzeitigen Missionen in den USA erhalten, die wichtigsten Ereignisse der letzten Fünf Jahre verinnerlicht und alles über Daniel Cross und seinen Verrat erfahren. Außerdem hatte man ihr gesamtes Apartment von Frankreich nach England bringen lassen, welches am Abend eintraf. Es war nicht übertrieben zu sagen, das ganze Apartment, da sie wirklich nichts in den Schränken gelassen hatten. Sogar ein Halloweenkostüm von vor vier Jahren war mit in einem Karton gewesen. Jeanne hatte ihre Kleidung und wichtigsten Gegenstände, wie ihren Laptop und ihre Bücher verstaut und hatte den Rest einfach in den Kisten gelassen und die dann einfach in ihrem Zimmer gestapelt und als unnütze Dekoration ignoriert. Wofür sollte sie hier auch eine billige Kopie eine Kristallschale brauchen, in der sie früher ihre Süßigkeiten auf den Tisch stellte. Ganz zu schweigen, dass sie gar keine Süßigkeiten hatte, oder einen Tisch. Sie hatte den Tag über auch die Küche und den Speisesaal der Bruderschaft gefunden. Man hatte ihn unter der Versammlungshalle angelegt. Dort hatte sie sich einmal quer durch die vorhandenen Vorräte gefuttert und sich drei Flaschen Bier mit hoch in ihr Zimmer genommen. Von Slater war den Tag über keine Spur mehr gewesen, also hatte sie sich ihre schwarze Yogahose und ein weites Shirt der Band Nirvana übergeworfen, und starrte um halb zehn Abends auf den Fernseher. Sie hatte eine dieser unrealistischen, langweiligen, überraschend schlecht recherchierten Krimiserien angeschaltet, von denen die Briten so viel hielten. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt, saß sie im Schneidersitz auf dem Bett und hielt in der einen Hand die letzte, volle Flasche des Gebräus aus Deutschland, in der anderen einen Glimmstängel an dem sie genüsslich zog. Als sie den Rauch in Richtung Lüftungsschacht blies, klopfte es an der Tür. Sofort streckte sie ihre Sinne nach der Person ausserhalb der Tür aus. Diese erweiterte Wahrnehmung, die man wie sie jetzt wusste das Adlerauge nannte, erlaubte es ihr, genau zu erkennen wer vor ihrer Tür stand. Als sie ein nervöses Zittern und einen Blumenstrauß sah, stöhnte sie genervt auf und schloss die Augen bevor sie brüllte: „Komm rein, Hastings. Aber wenn du die Blumen mitbringst muss Ich sie dir leider in deinen Hintern schieben.“ Die Tür wurde geöffnet und ein lächelnder Rothaariger stand davor und lehnte sich an den Türrahmen. „Jetzt gleich? Ich dachte ja wir lernen uns erst mal kennen, aber wenn du darauf bestehst können wir auch gleich die versauten Details angehen.“ Wie immer wirkte er lässig und locker, obwohl Jeanne ganz genau wusste, dass Daniel Hastings alles andere als cool und ruhig war. Auf seinen Schultern saß ein kleines, peinlich berührtes Wollknäuel mit dem Namen Nervosität. Er wollte gerade in ihr Zimmer kommen, als sie eine Augenbraue hochzog und ihn kritisch beäugte. Sofort warf er den Strauß roter Rosen, ohne den Blick von ihr abzuwenden, hinter sich. Ein Kichern platzte aus Jeanne herraus und sie machte ihm Platz auf dem, indem sie den Aschenbecher auf ihr Beistelltischchen stellte. Er lachte ebenfalls als er die Tür schloss und sich neben ihr auf dem Bett niederlies. Sein Arztkittel und die OP-Kleidung wirkte in ihrem unaufgeräumten, neuen Domizil so deplatziert wie ein Stachelschwein mit Gehbehinderung das Elvis Presley während einer Sitzung des Konsulats imitierte. Der Doktor seufzte und spielte an seinen Fingernägeln. „Dan, was ist los?“, fragte Jeanne während sie ihre Zigarette ausdrückte und sich ihm zuwandte. „Du sollst morgen Nacht auf einen Auftrag mitgehen. Soweit Ich weiß in Jacksonville.“ Die kalte und monotone Art wie er den Satz aussprach, bereitete ihr ein wenig Sorgen. „Ja, und?“, fragte sie vorsichtig während sie sich umdrehte und sein Profil genau musterte. „Es werden Abstergo Mitarbeiter dort sein.“ „Mit denen werd Ich fertig.“ „So wie heute Morgen?“ „Das war etwas anderes.“ Genervt stand Jeanne auf und lief zu ihrem Handy, dass auf ihrem Schreibtisch am Ladegerät hing. Um ihn nicht ansehen zu müssen, drückte sie auf dem Touchscreen herum, als hätte sie etwas furchtbar wichtiges zu tun. Sie hasste Gesprächsthemen wie diese, besonders wenn sie ihr Versagen beinhalteten. „Ich kann sehr gut auf mich aufpassen. Das heute Morgen war ein Fehler, der mir nicht noch einmal passieren wird.“ Sie hasste es, wenn sich Menschen Sorgen um sie machten. „Ich glaube es sind weitaus größere Dinge im Gange, Jeanne.“ Na das ließ sie jetzt aufhorchen. „An dem Flughafen an dem du ankamst wurde der Polizist, der für dein Terminal verantwortlich war, kaltblütig ermordet. Ohne Spuren, ohne irgendwelche Hinweise. Das kann kein Zufall sein.“ Jeanne legte das Handy wieder beiseite und lehnte sich an den Schreibtisch während sie ihn belustigt musterte. „War es auch nicht. Das war Ich.“ Mit seinem Gesichtsausdruck hätte man Kinder erschrecken können. „Wie, das warst du?“ „Na der Sicherheitsmensch. Also Ich war das mit dem Mord und nicht der Typ selber, das wär ja seltsam.“ Die Falten auf Dans Stirn glätteten sich nicht. Er stand auf und ging einen Schritt auf sie zu, bevor er mit ausgestrecktem Zeigefinger auf sie deutete und bedrohlich, hektisch und verschwörerisch antwortete: „Hast du den Verstand verloren?! Wir töten keine Zivilisten. Wir SCHÜTZEN Zivilisten. Du kannst doch nicht einfach irgendwelche Leute umbringen... das geht einfach nicht!“ „... Und Burger machen fett, und Ich steh trotzdem auf Fast Food.“ „Was?!“ „Eben.“ Kapitel 6: Credo ---------------- Die Diskussion war größtenteils laut und dreckig verlaufen. Es sind Kraftausdrücke gefallen und mehrere Gegenstände waren in hohem Bogen durchs Zimmer geflogen. Meistens von Jeannes Seite. Die unbeherrschte Frau hatte mehrfach versucht ihr spärliches Mobiliar nach ihrem ehemaligen Freund zu werfen und ihn und seine dummen Leitsätze endlich zum Schweigen zu bringen. Was interessierte sie, was dieser Haufen Vollidioten dachte? Sie brachte um, wen immer sie umbringen wollte. So lief das eben. Nach fast drei Stunden mit Argumentschlammketschen kamen schließlich Mason Slater dazu, der sich innerhalb von Sekunden auf Jeanne geworfen hatte und auf ihr parkte wie ein Auto. „Es reicht!“, grollte er in Richtung Dan, der immer noch schrie und auf Jeanne einquasselte, während diese vollends damit beschäftigt war, den auf ihr sitzenden Bären von sich zu schubsen. Sofort wurde Jeanne klar, wieso dieser Mann der geborene Anführer war. Obwohl er viel herumalberte, blöde Witze machte und sie mehrfach sexuell an ihren süßen, runden Backen belästigt hatte, konnte sie nicht anders, als ihn zu bewundern, wie er die erhitzten Gemüter mit nur wenigen Worten zur Ruhe brachte. „Pflanz dich dahin!“, schrie er an Hastings gewandt und zeigte auf das Bett. „Aber, Ich-“ „Ich habe gesagt du sollst dich hinpflanzen, und Pflanzen reden nicht!“ Widerwillig ließ sich der Arzt auf die Bettkante plumpsen und starrte demonstrativ in die entgegengesetzte Richtung an die Wand. „Sie verletzt das Credo.“ , brachte er schließlich herraus. „Sie darf nicht hierbleiben. Sie ist gefährlich.“ Na, das ging ihr jetzt aber mal gewaltig gegen den Strich. Anketten, Wegschicken, Anketten, Wegschicken. Konnten die sich nicht mal einig werden? „Ach, gefährlich, gefährlich. Was ist nicht gefährlich? Ich meine, es ist schon gefährlich wenn man morgens aufsteht, über die Straße läuft und seinen Kopf in einen Ventilator steckt. Das ist schon gefährlich. Aber Ich? Ich bin weder gefährlich für dich, noch für deine kleinen Assassinenfreunde.“, schnautzte Jeanne in die Richtung ihres ehemaligen Lovers. Mason, der die Situation ruhig beobachtet hatte, warf ihr einen Blick zu, der sie sofort verstummen ließ. Nach einer Ewigkeit fragte er schließlich: „Was hast du getan?“ Eine einfache Frage, nichts großartiges. Nicht mal besonders wütend vorgebracht. Auch nicht bedrohlich, oder so. Es war einfach nur die Frage eines Mannes der sich vollkommen beherrschte, und die Situation zu analysieren versuchte, bevor er sich dem Problem annahm. Was in ihrem Falle, vielleicht sogar bedeutete, dass sie bald Radisschen von unten sehen würde. Jeanne war versucht zu lügen, wie immer wenn sie sich in solch einer Situation befand, doch während dieser Lastwagen von einem Mann auf ihr saß und sie mit seinen eiskalten Augen musterte, wurde ihr nicht nur physisch alle Luft aus den Lungen gedrückt. Sie könnte ihn nicht anlügen. Sie wusste instinktiv, dass es ihr Tod war, wenn sie ihn jetzt anlog. Also beschloss sie, ihm die Wahrheit zu sagen. Sie seufzte, wandte sich jedoch nicht ab, sondern starrte Mason noch tiefer in die Augen. „Ich hab einen Sicherheitsbeamten am Flughafen umgelegt, der mir meine Knarre wegnehmen wollte.“ Sein Gesicht nahm kurz einen überraschten Ausdruck an, dann verschwand jedoch wieder alle Regung, und er wirkte wieder eiskalt und desinteressiert. „Gibt es Beweise?“ „Nein.“ „Zeugen?“ „Keine die noch atmen.“ „Gut.“ Wobei dieses „Gut“ weniger nach der eigentlichen Bedeutung des Wortes klang, sondern sich in Jeannes Ohren eher wie ein: „Wenigstens hast du nicht den Orden verraten, verdammte Crackhure.“ Sie schluckte und schloss die Augen. Sie hätte wissen müssen, dass ihre Lebensweise nicht mit der, der Assassinen vereinbar ist. Sie hätte vielleicht besser an ihrer Infektion verrecken sollen, anstatt hier her zu kommen. Sie spürte wie das Gewicht von ihrem Körper wich, und sie an ihrem rechten Arm nach oben gezogen wurde. Als sie die Augen wieder öffnete, musterte Mason sie von oben bis unten. „Wieviele Menschen hast du in deinem Leben bereits umgebracht?“, fragte er und betrachtete sie mit einem abschätzigen Blick, als würde er sich fragen, wie so ein kleines Mädchen überhaupt etwas töten könnte. „geplante Attentate, während eines Kampfes oder aus Versehen?“, fragte Jeanne monoton. Wenn er eine genaue Zahl haben wollte, musste sie aussortieren. „AUS VERSEHEN?“, achja, Hastings. Den hatte sie ja ganz vergessen. Sie brachte ihn mit einem eiskalten Blick zum Schweigen und er blickte sofort wieder auf den Boden. Das hier war ein Gespräch zwischen dem Assassinenführer und ihr. „Rück einfach gleich mit allem raus. Und mich interessieren nur die, nach deiner Ausbildung, den zufällig weiß Ich dass dort niemand zu Schaden kommen darf.“ , sagte Mason und packte Jeannes Arm noch fester. Sie hielt es nicht für notwendig, ihm zu erklären, dass sie sehr wohl einen Menschen während ihrer Ausbildung getötet hatte, und dies ihr gesamtes Leben ruiniert hatte. „Es waren 24 Attentate. Das meiste davon waren Auftragsmorde. Im Kampf habe Ich 9 .. nein, halt. Mit gestern 12 getötet.... und einmal erschoss Ich aus Versehen einen Zivilisten, der sich in die Schussbahn geworfen hatte.“ Wieder huschte Neugierde über das Gesicht des Anführers, während man von Daniel nur ein geschicktes einatmen und ein gehauchtes „Mein Gott!“ hörte. „Hastings, raus hier.“, befahl Mason ohne den Blick von Jeanne abzuwenden. Während dieser sich eifrig daran machte, diesem Befehl Folge zu leisten, blickte sich Jeanne in ihrem Zimmer um. Es war komplett verwüstet. Ihr Beistelltisch war nur noch Brennholz, weil sie die Vase die sie in China nach einem Auftrag gekauft hatte, darauf geworfen und damit das Leben des Tisches und der Vase beendet hatte. Auf dem Boden lagen überall Scherben und Glas, die Überreste ihres Aschenbechers und ihre Bettdecke und Kissen. Als ihr Blick wieder auf Mason Slater fiel, hatte dieser die Augenbrauen zusammen gezogen und schob sie auf das Bett zu. „Setzt dich. Wir müssen reden.“ Als sie sich auf der Matratze niederließ, wanderte er im Zimmer auf und ab. Irgendwie war ihr klar gewesen, dass er sich nicht neben sie setzen würde. Er musste immer von erhöhter Position auf seine Untergebenen herabsehen, wie ein Arschloch es nun mal so tut. Er blieb kurz stehen und streckte die Arme aus. „Gib mir deine Schusswaffen.“, Die geöffneter Handfläche krümmte er die Finger zwei mal schnell nach oben, um den Befehl zu verdeutlichen. „Wenn der Polizist dir deine abnehmen wollte, dann musst du welche besitzen.“ „Die sind im Arsch. Ich konnte mich nur mit einem Todessprung in die Themse retten. Also hab Ich sie gleich da drin gelassen. Ich besitze nur noch ein paar einfache Klingen. Der Rest ist mir abhanden gekommen... aber hör mal, wenn euch meine Lebensart nicht passt, dann gehe Ich. Ich bin kein Assassine mehr, und Ich hab auch kein Interesse daran zurück zu kommen. Ich will nur mein Ding durchziehen.“ Als der Anführer der Assassinen anfing zu lauthals zu lachen, bis der ganze Raum vibrierte, wurde Jeanne sofort wütend. Lachte er sie etwa aus?! „Was ist so lustig, Arschloch?“, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Langsam verstummte er und ging vor ihr auf ein Knie um ihr in die Augen zu schauen. „Du erinnerst mich an mich als Ich noch jünger war. Sein Lächeln überraschte sie so sehr, dass sie fast umgekippt wäre, hätte sie nicht schon gesessen. Er grinste sie breit an während er ihr immer noch tief in die Augen starrte. „Ich will, dass du mit auf einen Auftrag nach Deutschland kommst.“, sagte er und lehnte seine Arme auf das aufgestellte Bein. „Deutschland? Was gibts in Deutschland?“ „Deutsche, hauptsächlich.“ „Sehr lustig.“ „Du hast gefragt.“ Jetzt musste auch sie kurz grinsen und wandte den Blick sofort von ihm ab und blickte auf den Boden. Erschrocken blickte sie auf als er seine Hände auf ihre Knie legte. „Erinnerst du dich an deine Zeit im Animus im Trainingslager?“ Sie wusste sofort welchen Vorfahren er meinte. „Shoshanna?“, fragte Jeanne. Sie wusste noch alles aus der Zeit der Judenverfolgung in Europa und ihre Zeit in den Erinnerungen von Shoshanna Facèt. Sie war eine Jüdin im besetzten Frankreich gewesen und hatte dort die Rebellion gegen Hitler unterstützt. Von ihr hatte sie all ihr Können als Assassine gelernt. Mason nickte und wartete auf eine Antwort auf seine ursprüngliche Frage. „Ich erinnere mich an Alles. An die Besatzung. Das Feuer. An den Tod, in diesem dunklen Keller.“, flüsterte sie leise. Eine Weile sagte keiner der Beiden etwas, bis er schließlich das Schweigen brach und aufstand. „ Wir haben womöglich den Bunker, in dem das Feuer wütete gefunden. Komm morgen früh um halb zehn in mein Büro im anderen Flügel, ganz oben. Da erkläre Ich dir alles weitere.“ Jeanne bemerkte kaum, wie er den Raum verließ. Sie war zu sehr damit beschäftigt, die Panikattacke die sie zu überwältigen drohte, nieder zu kämpfen. Sie musste ruhig bleiben. Sie war nicht in diesem Bunker. Sie leidete diese Schmerzen nicht! Das war sie nicht und hatte sie nie durchlebt. Sie war nicht Shoshanna. Sie atmete mehrfach tief ein und aus, wie sie es sich selbst als Beruhigungstaktik beigebracht hatte. Die Konfrontation mit ihren Erfahrungen im Animus hatten immer diese Anfälle zur Folge. Die Schmerzen die diese Frau durchlitten hatte, waren auch ihre Schmerzen gewesen. Für diese drei Jahre, in denen sie die Vergangenheit bereist hatte, hatte sie alles miterlebt, was Shoshanna passiert war.... Sie erinnerte sich noch gut an ihr erstes Mal. Das erste Mal in einem Körper einer verfolgten, einsamen Seele, mit einem großen Ziel: das dritte Reich vernichten. 1939 – Frankreich Ich bin so voller Stolz. Seit fast drei Jahren kämpfe Ich dafür, hier in den Reihen dieser Männer und Frauen, die ihr gesamtes Leben für ein höheres, edleres Ziel opfern, zu stehen. Ich opfere selbst Alles. Mein Leben, Meine Familie... Meine Liebe. Verlassen. Das fällt mir schwer. Es musste aber sein. Wenn ich meine Familie von diesen Tyrannen retten wollte, musste Ich dies tun. Sie bilden eine Gasse für mich. In diesem schäbigen alten Lagerhaus fühle Ich mich wichtig zwischen all diesen Menschen die für das selbe sterben würden wie Ich. Sie weichen ausseinander und lassen mich vortreten. Es wirkt wie ein weiter weg. Bis nach vorne... Zu meinem neuen Schicksal. Ich sehe ein Feuer, in dem ein Eisen liegt und weiß wofür es gut ist, weiß was damit getan wird. Und ich laufe vorwärts. Schritt für Schritt laufe Ich in Richtung des Mannes, der mir hilft mein Ziel zu erreichen. Mich zu retten. Er steht dort vorne, gemeinsam mit einem Mann der mir das Zeichen geben wird. Ich trage einen langen, schwarzen Mantel über meiner zierlichen Gestalt. Er soll mich verdecken, verstecken, verbergen. Obwohl Ich so stolz bin auf das, was Ich tue, darf es niemand wissen. Nur wir sind wissend. Nur wir sehen den Zusammenhang in dem was passiert. Wieder schreite ich nach vorne. Ohne Zögern. Zögern bedeutet Schwäche. Man darf nicht schwach sein bei einem Feind wie diesem. Wieder ein Schritt. Ein Feind, der mein Volk beschuldigt. Noch ein Schritt. Ein Feind, der mein Volk hasst. Noch ein Schritt Ein Feind, der mein Volk tötet. Ein Schritt. Ein Schritt. Ein Schritt. Ein Feind, der lediglich eine Marionette derer ist, die unser eigentliches Ziel sind. Nur ein unbedeutender Bauer auf einem Schachbrett, dass schon viel zu lange mit Figuren aus einem falschen Spiel bestellt wird, als dass wir einen logischen Zusammenhang zum Beginn finden könnten. Nazis, Hitler, Templer. Wir tun das Richtige. Wir wollen die Menschen retten. Wir müssen die Nazis stoppen. Ich muss sie stoppen. Ein letzter Schritt. Jetzt stehe Ich vor meinem Anführer. Er will, dass Ich schwöre dem Orden zu dienen. Das tue Ich. Das will Ich. Das sind wir. Wir arbeiten im Dunkeln, um dem Licht zu dienen. „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt.“, sage Ich und spüre wie sich die Nadel auf mein Fleisch senkt und die Menge jubelt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)