Zombieiland von Tikila89 (Der Wutvirus) ================================================================================ Kapitel 7: Auf der Arbeit ------------------------- Kapitel 7 Wir sind drei Tage unterwegs, haben erst Robin, dann Zorro verloren und noch immer ist die Basis nicht in sichtweite. Wir mussten über eine Autobahn, die eine Seite voller Autos, die andere typisch leer. Alle wollten aus den Städten in die Dörfer oder Wälder. Wer weiß, was sie sich gedacht haben. Ich bin froh, dass wir uns damals zu hause verschanzt hatten. Unser Haus lag eh abgelegen von der Stadt und dank den Rollläden im ersten Stock war es gut gesichert. Ruffy hat sich jede Nacht zu mir gelegt. Irgendwann war ich mir nicht mehr sicher, ob er mich trösten wollte oder ob er Trost bei mir gesucht hat. Auch für ihn ist es nicht leicht. Robin und Zorro rennen jetzt irgendwo in der Stadt rum. Ich wollte sie erschießen, aber Ruffy hat mich gepackt und ich mit mir weg gelaufen. Sanji tut so, als würde er sich nur um Robin sorgen, aber ich spüre, dass auch Zorro ihm sehr leid tut. Auch, wenn sie sich immer gestritten haben, sie waren Freunde. Es ging mir in den letzten Tagen viel besser, daher kann ich es nicht leiden, dass jetzt die Stimmung umgeschlagen ist. Ich zögere noch, schaue kurz in die Runde und beginne dann einfach leise Beethovens Freude schöner Götterfunke zu summen. Ein Lied, welches jeder kennt und allein durch seine Melodie bessere Laune verbreitet. Die erste Strophe summe ich alleine, dann stimmt Brook ein, der begreift, was ich vor habe. Irgendwann gehen wir alle, in unseren Schutzklamotten, Taschen schleppend und dümmlich lächelnd, summend über die Straßen und weichen kleinen Blutlachen aus. Ein Psychiater hätte seine wahre Freude an uns. Das Lied verfehlt nicht seine Wirkung, die Stimmung hebt sich und auch unsere Schrittgeschwindigkeit gleicht sich der Melodie an. Irgendwann gehen wir alle im Gleichschritt, ohne es zu merken. So stolzieren wir in die kleine Stadt den Hügel herauf und über den kleinen Bolzplatz. Hier sieht alles noch so normal aus. Ich hab die Straße runter gearbeitet. Hier bin ich immer aus dem Bus ausgestiegen. Dann genau dieselbe Straße runter. Gleich bin ich da. Ich bin fast mit der Ausbildung fertig. Bald ist Abschlussprüfung und dann kann ich mir endlich ein richtiges, eigenes Leben aufbauen. Eine Wohnung hab ich ja schon, aber dann werde ich ganz umziehen. Nicht nur in der Woche in der Wohnung wohnen, sondern auch am Wochenende. Ich werde meine Eltern nicht so oft sehen, aber das ist normal. Es wird zeit, das Nest zu verlassen. Ich bleibe an dem Eingang zum Büro stehen, krame in der Tasche nach meinem Schlüssel und schließe die Tür auf. Es geht etwas schwerer als sonst. Sollte ich mal Cheffchen sagen. Muss bestimmt wieder geölt werden. „Morgen, Tobi.“, lächle ich ihm entgegen, der wie immer schon vor mir im Büro ist. Er sagt nichts, winkt mir kurz zu und hält den Hörer ans Ohr. Ich verstehe und sage auch nichts weiter, lege meine Tasche an meinen Platz und räume etwas meinen Tisch auf. Die Tür hinter mir geht von alleine auf, ich schiebe sie wieder zu. Es zieht. Tobias, mein Kollege, der mir schon im ersten Lehrjahr versichert hat, dass ich sehr wahrscheinlich übernommen werde. Er hat einen guten Draht zum Cheffchen, Herr Joseph, der ich streng ausbildet. Es geht um die Ordnung in unserem Beruf. Wenn ich einmal etwas falsch einordne kann es tausende Euros kosten. Das geht gar nicht. Neben meinem Bildschirm liegt ein Stapel Dokumente, die ich ordnen soll. So geht es beinahe Täglich. Ich nehme mir den Stapel unter den Arm, schalte das Radio in der Wand ein, es laufen gerade die Ärzte mit dem Lied Ist das noch Punkrock?, und gehe an den Schrank mit den Akten. Ich liebe dieses Lied, summe leise mit und verbessere mir selbst so meine Laune. Cheffchen ist entweder noch nicht da, oder er ist in seinem Büro. Ich kann ja nicht durch die Tür gucken, aber wenn er sieht, dass ich mir einen Kaffee nehme, bevor ich etwas getan habe, hat er den ganzen Tag schlechte Laune. Und die werde ich zu spüren bekommen. Darauf habe ich keine Lust. Ich gehe vor dem Schrank in die Hocke, lege den Stapel Papiere auf den Boden und suche nach den jeweiligen Ordnern. „Elena?“, fragt mich eine Stimme hinter mir. Cheffchen? Oje, bin ich zu spät? Ich drehe mich nicht um, damit ich konzentriert wirke. „Ja? Ich habe sofort Zeit, Augenblick, bitte.“ „Was machst du da?“ „Nur die Bestellungen einordnen. Bin sofort bei Ihnen.“ Ich hefte einen kleinen, zusammengetackerten Teil des Stapels in den Ordner des jeweiligen Monats und suche den nächsten heraus. „Hör auf damit.“ „Was?“ Ich drehe mich zu ihm um, meine Haare stören mich etwas, daher ziehe ich die Strähnen in einer geübten Bewegung zu einem Pferdeschwanz nach hinten zusammen und wickle ein Haargummi herum, welches ich immer um das Handgelenk trage. Cheffchen sieht mich an. Er ist genauso groß wie ich, nicht sehr groß für einen Mann, weshalb ich ihn Cheffchen nenne. Gut, dass er es nicht weiß. Aber seine Augen sind anders. Irgendwie ist er anders. „Hör auf damit.“ Er sieht mich mit einem Blick an, den ich nicht kenne. Was ist los mit ihm? Er duzt mich? Dieser Blick, diese Betonung. Hab ich irgendwas nicht mitbekommen? Ist jemand gestorben? Was soll das? Plötzlich greift mich die Realität so schnell, dass mir schwindlig wird. Ruffy geht vor mir in die Knie, mustert mich mitleidig und schweigt. Er war es, der mich angesprochen hat. Die Fenster im Büro sind kaputt, die Tür hängt schräg in den Angeln. Sonst sieht alles aus wie immer. Aber jetzt weiß ich wieder, was los ist, wo ich bin und vor allem, wann ich hier bin. Ich blicke an Ruffy vorbei, schlucke als ich die anderen in der Tür stehen sehe und nicke vorsichtig, als ich mich wieder sammle. Verdammt. Mir dreht sich alles, ich lasse mich von der Hocke auf den hintern fallen, lehne mich gegen den Aktenschrank und atme tief durch. Ich brauche Zeit, um mich wieder zu sammeln, sage in der Zeit jedoch nichts. Die Gruppe bewegt sich langsam aus dem Raum, wofür ich ihnen dankbar bin. Ruffy bleibt bei mir, setzt sich zu mir auf den Boden und schweigt gemeinsam mit mir. Das war alles so echt. Ich hab ihn richtig vor mir gesehen. Jetzt bin ich mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt noch lebt. Ich starre den Stapel Akten vor mir auf dem Boden an und atme tief durch. Ich hätte vermutet nach einem solchen Zusammenbruch zu weinen, zu schreien oder vielleicht sogar zu lachen. Bei mir passiert nichts. Ich fühle nichts. Alles ist weg und ich bin weder erschüttert noch verwirrt. Dass ich nichts fühle, beunruhigt mich, doch ich schweige. „Besser?“, unterbricht Ruffy irgendwann die Stille. Ich zucke mit den Schultern ohne ihn anzusehen. „Ich weiß es nicht.“, sage ich mit so monotoner Stimme, dass es erschreckend gut meine Gefühle wieder spiegelt. Ruffy mustert mich von der Seite, zögert dann keinen Augenblick mehr und schließt mich in die Arme. Noch immer nichts. Gar nichts. Ich bleibe vor ihm auf den Boden sitzen, erwidere die Umarmung, weil ich glaube, dass ich das machen sollte, doch ich fühle nicht, dass es mir dadurch besser oder schlechter geht. Ruffy scheint es zu spüren und presst mich noch enger an sich, atmet dabei tief ein und ich starre die Wand hinter ihm an. „Hör nicht auf zu Leben.“ Ich ziehe die Luft scharf ein, kneife die Augen zusammen und habe plötzlich das Gefühl erdrückt zu werden. Nicht von ihm, sondern von all den Gefühlen, die ich bis jetzt nicht erfassen konnte. Ich bin wütend, traurig, verzweifelt, erleichtert, glücklich, schadenfroh und gleichzeitig so hilflos. Wütend auf die Marine, traurig wegen meinen Freunden und meiner Familie, verzweifelt über meine verlorene Zukunft, erleichtert darüber, die Abschlussprüfung nicht bestehen zu müssen, glücklich darüber, dass ich noch lebe, schadenfroh über die Menschen, die ich hasse und Hilflos gegenüber meinen Gefühlen. Es ist nicht gut, sich gut zu fühlen, wenn so etwas Schreckliches passiert, doch es gibt Menschen, die es meiner Meinung nach verdient haben und das tut mir leid. Verdammt, so viele, widersprüchliche Gefühle. Tränen treten mir in die Augen und ich muss anfangen zu kichern. Ruffy presst mich weiter an sich und ich nicke auf seine Bitte. Er hat so Recht. Wenn ich aufhöre zu fühlen, höre ich auf zu leben. Es ist sogar besser infiziert zu sein, als innerlich aufzuhören zu leben, zu fühlen. Ich bin über die Grenze gegangen, wenn Ruffy mich nicht zurückgeholt hätte, hätte ich mich heute Abend noch erschossen. „Ich lass dich nicht allein.“, flüstert er dann kaum hörbar. Ich nicke dankbar, presse die Lippen zu einer schmalen Linie und presse die Augen zusammen. Mein Lachen verschwindet, die Tränen fließen weiter. Es hat sich alles verändert. Das Leben, was ich jahrelang gelebt habe, existiert nicht mehr. Nicht ich bin gestorben, alles um mich herum, alles, was ich aufgebaut habe, ist gestorben. Weg. Unwiderruflich verschwunden. Dass er jetzt sagt, dass er mich nicht alleine lässt, hilft mir sehr. „Danke.“, flüstere ich leise und presse ihn ebenfalls an mich. Er sagt nichts, nickt nur und dann... Er zieht zitternd die Luft in die Lungen. Weint er? Fuck. Ging es ihm so nah? Er presst mich enger an sich, ich bin so überrascht über seine Reaktion, dass ich nicht weiß, was ich machen soll. So bleibe ich weiter bei ihm, drücke ihn an mich und atme mit ihm zusammen, tief durch. „Ich hätte nie gedacht, was hier passiert. Die Insel sah aus wie eine Pause zwischen den Abenteuern. Und jetzt.“, er bricht ab. Wieder nicke ich, weil ich nicht weiß, was ich darauf sagen könnte. Eine Pause zwischen den Abenteuern. Eine Pause hätte ich auch gerne. Vor allem hier. Einfach weg und Pause, urlaub machen vor dem Ende der Welt. „Kannst du mich mitnehmen?“, sage ich dann, bevor mir klar ist, was ich da gesagt habe. Er nickt sofort, lässt mich aber nicht los. Es kommt mir so vor, als ob er auf die Frage gehofft hatte. Weg von hier. Viel zurücklassen kann ich ja nicht. Aber über ein Leben ohne ein festen zu Hause habe ich nie nachgedacht. Ein Leben ohne eine sichere Zukunft? Ist das was für mich? Abenteuer, Aufregung, Gefahren... Hört sich das alles wirklich so gut für mich an? Ich nehme es aber nicht zurück. Ich kann mich ja immer noch entscheiden, ob ich es so will, wenn ich weg von hier bin. Erstmal kosten, vielleicht schmeckt es mir ja. Irgendwann lösen wir von uns. Ich streiche mir mit dem Handrücken über die Augen, nicke vorsichtig und atme noch einmal tief durch. „Danke, Ruffy.“, flüstere ich erneut und blicke vorsichtig zu ihm auf. Seine Augen sind nicht nass, aber er war nahe dran zu weinen, da bin ich mir sicher. Er ist viel zu optimistisch für diese Situation. Als alles angefangen hatte, war ich genau wie er. Es wird alles wieder gut, alle werden wieder gesund und dann können wir so weitermachen, wie wir aufgehört haben. Selbst nachdem wir unsere Mutter erschossen hatten, hoffte ich, dass es noch gut wird. Irgendwie geht es auch ohne sie weiter, wir haben ja noch uns. Uns Geschwister. Jetzt nicht mehr. Nichts wird mehr so wie es mal war. Nichts wird wieder gut und nichts geht so weiter, wie es vorher war. Alles wird sich ändern und so ist es vielleicht auch nicht falsch, wenn ich mitfahren würde. Wir brauchen beide Zeit, um uns zu sammeln. Ich weiß nicht, wie lange wir uns nicht vor dem Büro blicken lassen, doch als wir vor die Tür treten regnet es und uns beiden geht es besser. Ohne, dass jemand etwas zu mir sagt, gehen wir weiter. Ich bin so froh, dass sie mich nicht darauf ansprechen. Es ist mir peinlich und ich habe beinahe das Gefühl, als ob Chopper damit gerechnet hätte. Wir gehen die Straße entlang auf den nächsten Feldweg zu. Das Dorf war nicht sehr groß, aber ich überlege ob wir heute Nacht nicht doch lieber noch hier bleiben. Es wird bald dunkel und in einem Haus zu schlafen ist besser als auf offenem Feld. Außerdem regnet es. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)