You and me von TerrorTofu ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Kiras PoV   Ein äußerst nervtötender Ton riss mich unsanft aus dem Schlaf, war wahrscheinlich auch besser so, bei dem Müll, den ich geträumt hatte... Trotzdem klatschte ich meinen Wecker mit voller Wucht gegen die nächstbeste Wand, woraufhin das Gerät in tausend Teile zersprang und endlich Ruhe gab. Verdammt, jetzt musste ich mir schon wieder einen neuen Wecker zulegen. Das war jetzt schon der dritte in diesem Monat, langsam ging diese Weckerkauferei richtig ins Geld... aber ich war ja selber schuld, wenn ich die Dinger jeden Montag gegen die Wand schmiss, weil ich keinen Bock hatte, zur Schule zu gehen. Ich wusste, ich sollte mich nicht so aufregen, schließlich war das mein letztes Jahr und die Abschlussarbeiten hatte ich auch schon alle bis auf eine hinter mir, aber ich hatte einfach keinen Bock mehr. Na ja, eigentlich war ja alles halb so schlimm, heute würde ich meine letzte Arbeit schreiben und ab Freitag würde ich mit dem Rest meiner Klasse für die letzten drei Wochen vor den Ferien auf Abschlussfahrt sein... Nachdem ich es endlich fertig gebracht hatte, mein warmes Bett zu verlassen und mich ins Bad zu schleppen, stand ich nun angezogen im Wohnzimmer und band meine, heute in alle Richtungen abstehenden Haare, die sich einfach nicht hatten bändigen lassen wollen, schnell zu einem Zopf zusammen, bevor ich mir meine Schultasche schnappte und meine Wohnung verließ. "Du bist spät dran", erklang eine, mir nur allzu bekannte Stimme, als ich um eine Ecke bog. Kato lehnte lässig an einer Laterne, hatte, wie üblich, eine Kippe im Mund und grinste mich breit an. "Was du nicht sagst?", entgegnete ich genervt. Nein, heute war absolut nicht mein Tag. Aber Kato konnte ja eigentlich nichts dafür... ich verstand selbst nicht, warum ich meinen besten Freund so blöd anmachte. Ihm schien das jedoch ziemlich egal zu sein, denn er zuckte bloß mit den Schultern und meinte, wir würden zu spät kommen, wenn wir weiter so sinnlos in der Gegend herumstanden, woraufhin wir uns gemeinsam auf den Weg zur Schule machten. Wir kamen gerade noch pünktlich, der Lehrer betrat kurz nach uns den Klassenraum und verteilte die Aufgaben für unsere letzte Arbeit, eine sechsstündige Klausur in Englisch. Zum kotzen. Freie Textproduktion zu einem Thema von dem ich absolut keinen Schimmer hatte, Kato schien es nicht viel anders zu gehen, wie ich nach einem kurzen Blick über die Schulter feststellte. Aber wie hieß es doch so schön: Improvisation ist alles! Also begann ich, mir einfach irgendwelche Sachverhalte zusammen zu spinnen und das Beste aus dieser verkorksten Situation zu machen. Etwas Anderes blieb mir ja auch kaum übrig, oder? Nun ja, sechs Schulstunden später war ich dann erlöst und konnte endlich raus an die frische Luft, welche Kato allerdings sofort mit Zigarettenqualm verpestete. Wir machten uns schweigend auf den Weg nach Hause. "Hey, Kira", ertönte plötzlich Katos Stimme neben mir. "Hm?" "Hast du heute Abend schon was vor? Die Jungs und ich wollten nachher noch was trinken gehen, hast du nicht Lust mitzukommen?" "Nee, lass mal... kann ich heute gar nicht drauf..." Er zuckte bloß ratlos mit dem Schultern. "Hm, dann nicht. Selbst schuld, wenn du dir den ganzen Spaß entgehen lässt..." Kurz darauf erreichten wir meine Wohnung. "Wir sehen uns dann morgen." "Japp, bis denne", grinste Kato und bog um die nächste Ecke. Ich schloss die Haustür auf und schleppte mich die unendlich vielen Stufen bis in den zweiten Stock hinauf. Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss und meine Sachen achtlos auf den Boden fallen. Erschöpft schlurfte ich in mein Zimmer und schmiss mich aufs Bett. Ja, ich brauchte jetzt erst mal ein zwei Stunden Schlaf, bevor ich zu irgendwas zu gebrauchen war. Es war bereits kurz vor sieben, als ich schließlich wieder wach wurde und einen Blick auf die Uhr warf. Ich stand auf und ging in die Küche, um mir schnell was zu essen zu machen. Anschließend ließ ich mich auf der Couch im Wohnzimmer nieder und nahm mir ein Buch, nach fernsehen war mir momentan nicht zumute, kam ja eh nichts Vernünftiges… Ein Klopfen an der Tür ließ mich aufsehen. Mein erster Blick fiel auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand. Halb neun. Leicht verwirrt erhob ich mich und öffnete die Tür.. "Was machst du denn hier?" "Nette Begrüßung!", gab der vor der Tür stehende Blondschopf schlecht gelaunt zurück. "Ich kann auch wieder gehen..." "Nein, schon gut, komm rein." Kato spazierte ohne ein weiteres Wort an mir vorbei ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen. Ich ging derweil in die Küche und holte zwei Flaschen Bier, bevor ich mich neben ihn setzte und ihm eine der Flaschen reichte. Seine langen, blonde Haare verdeckten seine rechte Gesichtshälfte. Kato fluchte leise vor sich hin und starrte die Flasche in seiner Hand an, als wollte er sie mit seinen Blicken erdolchen. "Was ist passiert, dass du so penetrant gute Laune hast?", fragte ich, stellte mein Bier auf den Tisch und holte eine Schachtel Zigaretten aus meiner Hosentasche. "Mudo." Er spie diesen Namen so verächtlich aus, dass jeder außenstehende gedacht hätte, er würde sich gleich übergeben müssen. Ich seufzte. "Ich hab dir doch gesagt, du sollst ihn in Ruhe lassen, Kato", tadelte ich ihn. "Ich weiß, aber manchmal schreit dieses Arschloch einfach nach Schlägen." Wieder ein Seufzen meinerseits. "Wieso habt ihr euch diesmal geprügelt?" "Der Spast hat mich einfach über den Haufen gerannt!" "Das ist doch kein Grund, du Volltrottel!" "Halt die Klappe!", fauchte er und verschränkte trotzig, wie ein kleines Kind, die Arme vor der Brust. "Lass sehen." "Häh? Was?" "Dein Gesicht, Kato. Zeig her." Er zögerte einen Moment, bevor er sich die langen Haarsträhnen aus dem Gesicht strich. Er hatte ein blaues Auge, welches, meines Erachtens nach, ziemlich schmerzhaft sein musste. "Vielleicht wär's gesünder für dich, wenn ihr zwei euch einfach mal nicht prügeln würdet", meinte ich. "Vielleicht wär's gesünder für dich, wenn du einfach mal dein Maul halten würdest, Kira!", keifte Kato und ballte eine Hand zur Faust. Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern und lehnte mich zurück, der würde sich schon wieder einkriegen... Kapitel 2: ----------- Katos PoV   Gott, wie ich ihn in diesem Moment mal wieder hasste. Ja, zugegeben, vielleicht hätte ich mich nicht unbedingt mit Mudo prügeln sollen, aber der Kerl war ja selbst Schuld, wenn er mir quasi in die Faust rannte! Ich verstand sowieso nicht, wieso Kira mit dem befreundet war und ihn immer in Schutz nahm, aber das würde ich auch wohl nie verstehen... Nun ja, zurück zum eigentlichen Thema: Kira. Ich hasste es, wenn er mir mal wieder sagte, was ich besser tun und lassen sollte. Er wusste doch genau, dass mich das - zumindest in Bezug auf Mudo - kein Stück interessierte. Okay, das ein oder andere Mal hatte ich seinen Rat schon befolgt, nämlich, wenn ich mal wieder kurz davor stand von der Schule zu fliegen, die ich sowieso nur sehr selten besuchte. Wenn man es genau bedachte, hatte Kira in all den Jahren, die wir nun schon befreundet waren, unheimlich viel für mich getan. Und ich war ihm unglaublich dankbar für alles, aber an manchen Tagen - so wie heute zum Beispiel - würde ich ihm am liebsten den Hals umdrehen. Ja, ich war gerade ziemlich auf hundertachtzig, aber da ich nun auch nicht meinen ganzen Frust wegen des scheiß blauen Auges an ihm auslassen wollte, trottete ich in die Küche und holte mir noch ein Bier. Vielleicht half der Alkohol ja meine Laune ein wenig zu verbessern... Als ich in meine Hosentasche griff musste ich allerdings feststellen, dass meine Kippen alle waren. Heute war irgendwie nicht mein Tag. Erst setzte ich meine Abschlussklausur in den Sand, weil ich absolut keine Peilung von dem verdammten Prüfungsthema hatte, dann verpasste mir Mudo ein blaues Auge - wobei man erwähnen sollte, dass ich ihn weitaus schlimmer zugerichtet hatte als er mich - , anschließend die kleine Auseinandersetzung mit Kira und jetzt waren auch noch meine Kippen alle. Viel schlimmer konnte der Tag meines Erachtens nach kaum noch werden. Allerdings würde sich das Problem mit den Kippen bestimmt lösen lassen, Kira hatte doch immer irgendwo welche... Ich schlurfte also von der Küche zurück ins Wohnzimmer und ließ mich wieder neben Kira auf die Couch fallen. Er hielt mir eine Zigarette hin und ich war mal wieder völlig verblüfft, woher er gewusst hatte, dass ich keine mehr hatte, aber sowas kam in letzter Zeit häufig vor, was mir irgendwie ein klein wenig unheimlich war. Konnte er Gedanken lesen oder was? Na ja, wie auch immer, wenigstens hatte ich jetzt endlich 'ne Kippe, die ich natürlich sofort anzündete. Ich atmete den Rauch tief ein und merkte schon, wie ich mich langsam wieder ein wenig beruhigte. Ich durfte einfach nicht zu viel über Mudo nachdenken, dann ging's mir schon ein ganzes Stück besser. Der konnte einem aber auch tierisch auf den Sack gehen, so wie der immer an meinem Kira klebte. Ähh, Moment... sagte ich gerade ernsthaft an meinem Kira!? Ich sollte echt weniger Drogen nehmen, dann faselte ich auch nicht solchen Müll. Also, auf jeden Fall konnte ich es nicht leiden, dass der Kerl ständig an Kira - ja, an Kira, nicht an meinem Kira - hing. Arrgh! Das durfte dich wohl nicht wahr sein! Jetzt machte ich mir schon wieder Gedanken über diesen Arsch! Ich würde irgendwann noch verrückt werden, wenn das so weiterging. Aber es waren ja nur noch vier Tage, bis ich mit Kira und den anderen auf Abschlussfahrt war und das hieß: ganze drei Wochen, ohne Mudo! Ich musste grinsen. Besser ging es kaum noch, das würden die besten drei Wochen meines ganzen Lebens werden! Yeah! Erst jetzt fiel mir auf, dass Kira mich ziemlich skeptisch anblickte. "Was?", fragte ich und griff nach meiner Bierflasche. "Ich frage mich nur gerade, warum du so dämlich grinst", antwortete er monoton und beugte sich halb über mich, um seine Zigarette im Aschenbecher auszudrücken, wobei er mich keine Sekunde aus den Augen ließ. "Ähh... ich...", war alles, was ich herausbrachte. Ja, sehr geistreiche Antwort Kato, ganz klasse. Ich wusste selbst nicht wieso, aber irgendwie fühlte ich mich ertappt. Und dass er mich die ganze Zeit über so... ja, wie eigentlich? Ich konnte es selbst nicht genau sagen... aber, dass Kira mich eben so ansah, brachte mich nur noch mehr aus dem Konzept. Vielleicht sollte man zusätzlich erwähnen, dass er sich, seit er seine Kippe ausgedrückt hatte, keinen Millimeter bewegt hatte, nur so rein informativ... Könnte mir mal bitte jemand erklären, wieso meine Hände auf ein Mal so schwitzig waren? Wieso sich dieses merkwürdige Kribbeln in meinem Körper ausbreitete? Ich leicht zu zittern anfing und mein Herz raste, als hätte ich gerade einen Marathonlauf hinter mich gebracht? "Kato? Alles in Ordnung?", erkundigte sich Kira, richtete sich langsam wieder auf und lehnte sich dicht neben mich, was nicht gerade dazu beitrug, dass etwas Ordnung in meine wirren Gedanken kam. Im Gegenteil... Ich nickte heftig. "Alles bestens." War natürlich gelogen, ich konnte ihm ja schlecht sagen, was gerade wirklich in mir vorging... "Sicher? Du bist knallrot..." "Was? Echt?" Jetzt hatte er mich völlig aus dem Konzept gebracht, ch stand total neben mir. Kapitel 3: ----------- Kiras PoV   Ich hatte absolut keine Ahnung, wieso Kato nicht mit der Sprache rausrücken wollte. Irgendwie benahm er sich heute ein bisschen merkwürdig. Würde ich's nicht besser wissen, würde ich denken, er würde was von mir wollen, aber das würde so überhaupt nicht zu ihm passen. Kato und schwul waren einfach zwei Wörter, die man besser nicht miteinander in Zusammenhang setzen sollte, wenn einem sein Leben lieb war...   Katos PoV   Gott, wie lächerlich ich mir gerade vorkam! So, wie ich mich momentan aufführte, musste Kira wohl unweigerlich glauben, ich wäre in ihn verknallt... Um die, jetzt hundertprozentig, aufkommende Frage zu beantworten: Nein, war ich nicht! Oder doch? Mann, was sollte denn der Mist!? Natürlich wollte ich nichts von meinem besten Freund! Das wäre ja wohl noch schöner... Und jeder, der jetzt gerade dachte, ich sei schwul oder sich tatsächlich getraut hatte meinen Namen und das Wort schwul in einem Satz zu verwenden, würde noch gehörig eine aufs Maul bekommen! Denn ich war alles andere als schwul, klar!? So, wo war ich gerade stehengeblieben? Ach ja, richtig: Kira. Dieser Typ, der sich als mein bester Freund bezeichnen durfte, saß immer noch so verdammt dicht neben mir und verzog keine Miene, währen er mich weiterhin so - ja, mir war immer noch keine passende Beschreibung dafür eingefallen... - ansah. Nun ja, wenigstens hatte ich mich wieder so weit im Griff, dass mein Herz nicht mehr so schnell raste als wollte es zerspringen. Das mit dem Zittern hatte ich leider noch nicht ganz so gut unter Kontrolle, aber das würde sich mit der Zeit sicher von allein wieder legen... hoffte ich zumindest. "Sag mal, ist dir kalt oder weshalb zitterst du so?", fragte Kira. Ich nickte leicht. Es stimmte zwar nicht, dass mir kalt war, aber jetzt hatte ich wenigstens eine einigermaßen plausible Erklärung für das Zittern. "Hast du Fieber? Du bist doch sonst nicht so 'ne Frostbeule..." Er beugte sich - falls das überhaupt noch möglich war... - noch dichter zu mir rüber und legte mir eine Hand auf die Stirn. Ich enthielt mich jeglichen Kommentars, da ich Angst hatte, meine Stimme würde mir den Dienst versagen. "Hmm... scheinst gesund zu sein", meinte Kira und musterte mich skeptisch. "Sicher, dass es dir gut geht?" Ich nickte und schaute zu Boden. Wie es dazu kam, dass ich mich kurz darauf in Kiras Armen wiederfand, konnte ich nicht erklären. Er hatte seine Arme von hinten um mich geschlungen, seine Hände auf meinen Bauch und seinen Kopf auf meine Schulter gelegt. Ich konnte die Wärme spüren, die von ihm ausging. Mir lief ein Schauer über den Rücken und eine leichte Gänsehaut überzog meinen gesamten Körper, als sein heißer Atem meinen Hals streifte. Mein Herz begann erneut wie wild zu schlagen, mein Atem ging auf ein Mal so furchtbar schnell. Was war, verdammt noch mal, mit mir los!? "Besser so?", flüsterte er mir ins Ohr. "Ja, ein wenig", antwortete ich, wobei meine Stimme ein wenig heiser klang. Was ich gesagt hatte, war natürlich gelogen. Eigentlich war es noch schlimmer als vorher, ich schien völlig die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren und das machte mich, verdammt noch mal, wahnsinnig! Kapitel 4: ----------- Kiras PoV   Was hatte dieses merkwürdige Verhalten bloß zu bedeuten? Ich seufzte leicht frustriert auf, da ich aus Kato einfach nicht schlau wurde und beschloss, besser aufzuhören, mir den Kopf über meinen besten Freund zu zerbrechen, bevor ich noch durchdrehte, weil mir keine Erklärung dafür einfiel, wieso er sich heute so aufführte. Ich ließ Kato wieder los und stand von der Couch auf. "Lass uns schlafen gehen, es ist spät", meinte ich und streckte mich erst einmal ausgiebig. "Ist gut", antwortete er und folgte mir in mein Zimmer. Nachdem wir uns beide bis auf die Boxershorts ausgezogen hatten, schmiss sich Kato auf die kleine Schlafcouch, während ich es mir in meinem Bett bequem machte. Es dauerte nicht lange, bis er eingeschlafen war, ich konnte es an seinem ruhigen, gleichmäßigen Atem hören. Ich konnte allerdings vorerst keinen Schlaf finden, deshalb lauschte ich dem Regen, der gegen die Fensterscheibe trommelte und dem Wind, der um das Haus heulte... Es musste etwa zwei oder drei Uhr gewesen sein, als ich dann doch noch allmählich anfing immer mehr ins Reich der Träume abzudriften. Ein nervtötendes, schrillendes Geräusch riss mich extrem unsanft aus dem Schlaf. Völlig entnervt ließ ich meine Hand über den Nachttisch wandern, bis ich diesen verdammten Wecker schließlich zu fassen bekam. Ich konnte mich gerade noch dazu ermahnen das Gerät nicht an die nächstbeste Wand zu befördern, ich wollte ja nicht wieder unnötig Geld für einen neuen Wecker ausgeben, also schaltete ich das immer noch klingelnde Ding aus und stellte es zurück auf meinen Nachttisch. Kato murmelte einige unverständliche Worte in sein Kopfkissen, bevor er sich anschließend auf den Rücken drehte, an die weiße Zimmerecke blickte und sich leise seufzend mit der Hand durch das zerzauste, blonde Haar fuhr. Ich schwang die Beine aus dem Bett und verzog mich mit einem Stapel Klamotten ins Bad. Ich stieg in die Dusche und schaltete das Wasser ein, welches meinen Körper in Strömen hinablief, alle meine ungeordneten Gedanken fort wusch... "Ey, Kira! Lass mir auch noch 'n bisschen warmes Wasser über, ich hab keinen Bock kalt zu duschen!", sagte Kato, der nun auch ins Bad gekommen war und lehnte sich an die geschlossene Tür. "Ja, schon gut, ich beeil mich", gab ich zurück und sah zu, dass ich mir schnell das Shampoo aus den Haaren wusch. Ich stellte das Wasser wieder ab, wickelte mir ein Handtuch um die Hüften und trat aus der Dusche heraus. Mit einem weiteren Handtuch rieb ich meine Haare kurz ein wenig trocken, bevor ich mich daran machte, sie zu föhnen und mich anschließend anzog. Als ich damit fertig war, ging ich in mein Zimmer, schnappte mir meine Schultasche und suchte einige Bücher und Hefte zusammen, die ich achtlos in die Tasche stopfte. Ich hatte heute Morgen einfach keine Lust, die Sachen ordentlich zu verstauen, nicht einmal die Mühe, die Hefte, die ich heute sowieso nicht brauchte, aus der Tasche herauszunehmen, machte ich mir. Als nächstes machte ich mich auf den Weg in Richtung Küche, um Kaffee zu kochen. Meine Schultasche schmiss ich irgendwo auf halber Strecke zwischen meinem Zimmer und der Küche auf den Fußboden - hoffentlich fand ich sie nachher auch wieder... Kato hatte kaum die Küche betreten, als ich ihm auch schon eine Tasse Kaffe in die Hand drückte. Er nahm sie wortlos entgegen und trank einen Schluck, wobei er sich erst einmal gehörig verbrannte. Woher ich das wusste? Nun ja, sein leises vor sich hin Gefluche war eigentlich nicht zu überhören gewesen. Ich glaube, mehr brauchte ich dazu nicht zu sagen, oder? Ich wollte eigentlich niemandem zumuten, sich all diese Schimpfwörter anhören zu müssen, die Kato dem unschuldigen Kaffee gerade an den Kopf warf - ähhm... konnte man das so sagen? Kaffee war schließlich nur eine Flüssigkeit... ach egal, passte schon... Etwa zehn Minuten später mussten wir los zur Schule. Wir sprachen kaum ein Wort auf dem ganzen Weg, er war extrem schweigsam heute Morgen. Irgendwie hatte ich so den Verdacht, dass er wegen seines merkwürdigen Verhaltens von gestern Abend so still war. Gut möglich, dass er dachte, ich würde ihn darauf ansprechen, aber das hatte ich eigentlich nicht vor. Wenn er reden wollte, würde er schon irgendwann damit anfangen, mich vollzulabern, also, wieso sollte ich groß nachfragen? Im allgemeinen war es sowieso besser, ihn nicht mit Fragen zu löchern, denn wenn er eines nicht leiden konnte, dann war es das. Kato war einfach ein Mensch, den man am besten in Ruhe ließ. Wenn er irgendwelche Probleme hatte, kam er schon von allein. Er bat zwar nie direkt um Hilfe, aber wer ihn kannte, wusste sein Verhalten zu deuten und konnte dementsprechend reagieren. Ich persönlich hatte nicht lange gebraucht, um ihn zu durchschauen, als ich ihn kennen gelernt hatte. Er machte auf seine Umwelt zwar einen sehr aggressiven Eindruck, aber wenn man ihn erst mal besser kannte, war er ein ganz netter Kerl, auch, wenn er das niemals freiwillig zugeben würde. Dafür war er einfach zu stolz, wahrscheinlich seine negativste Eigenschaft, die ich aber des Öfteren zu meinem eigenen Vorteil ausnutzte, da ich ihn aufgrund seines Stolzes sehr leicht nach meinem eigenen Willen manipulieren konnte. Abgesehen davon machte es mir auch einen Heidenspaß ihn zu ärgern und mit ein paar blöden Sprüchen zur Weißglut zu bringen. Aber ich war wahrscheinlich auch der einzige Mensch, der hm blöd kommen durfte, ohne gleich eine aufs Maul zu bekommen und das lag nicht ausschließlich daran, dass ich sein bester Freund war. Nein, mitnichten. Ich war schlichtweg stärker als er, wie wir in einigen Rangeleien herausgefunden hatten, weswegen er einiges an Respekt vor mir hatte. Seit wir uns nach einem Streit vor ein paar Jahren geprügelt hatten, wobei er einiges hatte einstecken müssen, überlegte er sich lieber zwei mal, ob er mir wirklich eine verpassen wollte, wenn ich ihn mal wieder in den Wahnsinn trieb... Als wir den, heute extrem langweiligen, Unterricht hinter uns gebracht hatten, verabschiedete sich Kato kurz von mir und machte sich anschließend aus dem Staub. Er meinte, er wolle sich noch mit ein paar Kumpels treffen und später noch was trinken gehen. Ich räumte meine Sachen zusammen und verließ das Schulgebäude. Draußen auf dem Schulhof traf ich auf Setsuna, wieso er eine Sonnenbrille trug, konnte ich mir problemlos zusammenreimen: Kato musste ihm bei ihrer kleinen Prügelei ein blaues Auge verpasst haben, er selbst hatte ja von Setsuna auch eins als Andenken bekommen. "Er kann es einfach nicht lassen!", meckerte Setsuna, nahm die Sonnenbrille ab und blickte Kato wütend hinterher, der gerade das Schulgelände verlassen hatte und die Hauptstraße überquerte. "Sieh dir das an!", er deutete auf sein rechtes Auge, welches von einem dunklen Bluterguss umrandet wurde. "Du kennst ihn doch... er kann dich nun mal nicht ausstehen. Warum hast du nicht einfach auf mich gehört und bist ihm aus dem Weg gegangen? Ich hab dir doch gesagt, dass er nur nach einem noch so nichtigen Grund sucht, dir eine reinzuhauen", entgegnete ich gleichgültig und pustete mir eine Haarsträhne aus der Stirn. "Denkst du, ich lasse mich von diesem Arschloch beleidigen, Kira!? Er hat es einfach übertrieben und da hab ich ihm eine aufs Maul gehauen." "Das war die dämlichste Idee, die du je hattest, Setsuna. Du weißt doch, wie schnell er ausrasten kann, ganz besonders, wenn ihm jemand eine verpasst." "Ach ja? Und was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen?" "Gar nichts." "Wie bitte!?" "Du solltest ihn nächstes Mal einfach ignorieren, das ist wahrscheinlich gesünder für euch beide", meinte ich und ging. Den Rest des Tages verbrachte ich allein in meiner Wohnung. Der nächste Schultag verlief ähnlich langweilig, wie der heutige. Nachdem ich den Unterricht irgendwie überstanden hatte, machte ich mich auf den Weg nach Hause. Dort angekommen, beförderte ich meine Schultasche in die hinterste Ecke meines Zimmers, kramte meine Reisetasche unter dem Bett hervor und begann damit meine Sachen für die Abschlussfahrt zu packen. Das würden die drei besten Wochen meines Lebens werden, Kein langweiliger Unterricht, keine Klausuren mehr und das allerbeste: kein Setsuna, was unweigerlich bedeutete, dass er sich nicht mit Kato streiten konnte. Endlich würde ich ein Mal von ihrem Rumgezicke verschont bleiben. Etwa eine halbe Stunde später war ich fertig mit packen. Ich stellte meine Reisetasche im Flur ab und ging in die Küche, um mir ein Bier zu holen. Regen prasselte von draußen gegen die Fensterscheibe. Es hatte wie verrückt zu schütten begonnen, weswegen ich es gleich vergessen konnte, heute Abend noch mal wegzugehen. Ich schmiss mich im Wohnzimmer auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Lustlos zappte ich durch die vielen Programme. Außer irgendwelchen langweiligen Talkshows und Kindersendungen lief absolut gar nichts im Fernsehen, also schaltete ich das Gerät etwas frustriert wieder ab. Es klingelte an der Tür. Ich schrak hoch, strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und warf einen Blick auf die Uhr: Ein Uhr siebzehn. Ich musste irgendwie auf der Couch eingeschlafen sein. Ich stand auf und wankte verschlafen in Richtung Tür. Wer auch immer davor stand, schien ungeduldig zu werden und begann damit Sturm zu klingeln und energisch gegen die Tür zu klopfen. Ziemlich genervt riss ich sie auf. "WAS!?", keifte ich. "Musste weg von zu Hause", sagte Kato monoton, schob sich an mir vorbei in die Wohnung und stellte auf dem Weg ins Wohnzimmer seine Tasche neben meiner ab. Ich blickte ihm etwas verwirrt nach, bevor ich schließlich die Tür wieder schloss und ihm ins Wohnzimmer folgte. "Hast du mal 'ne Kippe?", fragte er mit belegter Stimme. Er saß im Schneidersitz auf der Couch und blickte zu Boden. "Sicher..." Ich hielt ihm eine Zigarette hin. "Danke...", entgegnete er kaum hörbar und steckte sie sich zwischen die Lippen. Ich zündete die Zigarette mit meinem Feuerzeug an, steckte es anschließend zurück in meine Hosentasche und setzte mich neben ihn. Kato sog den Rauch tief ein und ließ ihn leise seufzend wieder aus seiner Lunge entweichen. "Was ist passiert?", wollte ich wissen. Er zuckte zurück und gab einen gequälten Laut von sich, als ich ihm eine Hand auf die Schulter legte. "Lass mal sehen", forderte ich. "Es ist nichts", meinte er und rückte ein Stück von mir weg, den Blick noch immer auf den Boden gerichtet. "Lüg mich nicht an! Er hat dich wieder verprügelt! Hab ich nicht recht?" "Kira! Hör auf, bitte. Es ist nichts Schlimmes, okay?" Er sprach immer noch mit dieser leisen, zerbrechlichen Stimme, die sich anhörte, als würde sie ihm jeden Moment den Dienst versagen wollen. "Wie du meinst...", antwortete ich und trank einen Schluck Bier. Kato lehnte sich zurück, sichtlich froh darüber, dass ich ihn nun endlich in Ruhe ließ. "Lass uns schlafen gehen", sagte er und erhob sich. "Wir müssen morgen früh raus..." Ich nickte knapp und folgte ihm in mein Zimmer. Wir zogen uns beide wortlos aus und legten uns schlafen. Es dauerte nicht lange, bis Kato eingeschlafen war, ich lag jedoch noch etwas länger wach, bevor auch ich endlich ins Reich der Träume abdriftete. Das Heulen des Windes weckte mich wieder auf. Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber besonders lange konnte es nict gewesen sein, da es noch dunkel war, als ich meine Augen wieder aufschlug. Der Raum wurde nur schwach von dem Licht der Straßenlaterne vor dem Fenster erhellt, ich konnte nicht wirklich viel um mich herum erkennen. Ich ließ meinen Blick zur Couch hinüber schweifen. Kato war nicht mehr da. Leicht irritiert blickte ich mich weiter im Zimmer um und entdeckte ihn schließlich doch. Er saß auf der Fensterbank. Kapitel 5: ----------- Katos PoV   Ich war recht früh eingeschlafen, aber auch ziemlich früh wieder wach. Es war gerade mal  halb vier als ich meine Augen aufschlug und ins Dunkeln blinzelte. Gelangweilt schwang ich die Beine aus dem Bett und lief im Zimmer auf und ab. Leise natürlich, damit ich Kira nicht weckte. Wenigstens einer von uns sollte schließlich seinen Schlaf bekommen, ich konnte ja auch noch später im Bus schlafen. Irgendwann wurde mir das Rumgerenne zu langweilig. Ich öffnete das Fenster und setzte mich auf die Fensterbank. Kalte Nachtluft schlug mir entgegen und ließ mich frösteln, aber das interessierte mich im Moment herzlich wenig. Da ich gerade nicht besseres zu tun hatte, begann ich damit, die Leute, die sich noch auf der Straße aufhielten, zu beobachten. Ein Pärchen schlenderte Hand in Hand die Straße entlang, ich sah ihnen nach, bis sie aus meinem Blickfeld verschwanden und irgendwie fühlte ich mich furchtbar einsam... Gott, was dachte ich da!? Ich brauchte doch keine nervige Freundin, die mir ständig hinterher dackelte und mich nicht eine Sekunde aus den Augen ließ! Kein Mädchen, dass von mir ernst gemeinte Gefühle, Liebe erwartete. Wie kam ich nur darauf, dass ich einsam war? Ich hatte genug Freunde, also wozu brauchte ich so ein nerviges Weib, das sich als meine feste Freundin bezeichnen durfte? Ich genoss mein Singleleben in vollen Zügen und wenn ich auf Sex aus war, brauchte ich nur in eine der Bars zu gehen, die ich des Öfteren mit meinen Freunden besuchte, und irgendein Mädchen aufzureißen. Ich schüttelte den Kopf und strich diese Gedankengänge aus meinem Kopf. Schien nicht mein Tag zu sein, ich faselte zu viel Unsinn. Vielleicht lag es ja auch einfach an den Schlägen, die ich kassiert hatte, weil mein Alter mal wieder schlechte Laune gehabt hatte. Genau, ständig verprügelt zu werden, machte irgendwann einfach blöd. Mein Gehirn war bestimmt nicht ganz in Ordnung. Aber egal, das tat ja jetzt nichts zur Sache. Ließen wir mein nicht ganz richtig funktionierendes Gehirn mal meine Sorge sein. Ein leises Rascheln riss mich schließlich aus meinen Gedanken und ließ mich aufsehen. Kira hatte die Bettdecke zurückgeschlagen, war aufgestanden und kam nun auf mich zu. Er blieb vor mir stehen und musterte mich in dem schwachen Licht, dass von draußen in den Raum fiel. Ich spürte, dass sein Blick auf meinem Gesicht ruhte. Ich schaute ihn nicht an. "Ist alles in Ordnung?", fragte er. Ich nickte und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Sicher, alles bestens, ich konnte nur nicht schlafen... Leg dich wieder hin, ein paar Stunden haben wir noch." "Und was ist mit dir?" "Ich kann sowieso nicht schlafen", antwortete ich und schlang unbewusst die Arme um meinen, noch immer, etwas schmerzenden Bauch. Ich wusste nicht, ob Kira die Blutergüsse im Halbdunkeln sehen konnte, aber ich hoffte, er konnte es nicht, sonst würde er sich nur wieder Sorgen um mich machen. "Tut 's sehr weh?", fragte er. Anscheinend hatte er doch etwas gesehen. "Nein, es ist nichts", log ich und verdeckte meinen geschundenen Oberkörper so gut, wie es mir momentan möglich war, mit den Armen. "Sicher?" "Ja und jetzt geh wieder schlafen." Er zögerte einen Moment, bevor er antwortete. "Ist gut." Dann schlurfte er zurück in Richtung Bett und verschwand wieder unter der dunklen Decke, sodass nur noch sein Kopf heraus lugte. Ich ließ die Beine aus dem Fenster Baumeln und blickte stumm ins Leere. Aus der Innenstadt Tokios drang leise das Geräusch des niemals abreißenden Verkehrs hinüber. Ein kalter Windstoß ließ mich frösteln. Ich stieg von der Fensterbank hinunter und schloss das Fenster. Nun war es völlig still im Zimmer. Das einzige Geräusch, das noch an mein Ohr drang, war Kiras ruhiger Atem. Er musste bereits wieder eingeschlafen sein. Da ich nicht wusste, was ich tun sollte, legte ich mich wieder ins Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte Löcher in die Luft. Ich wusste nicht, wie lange ich in dieser Position bereits verharrt hatte, als irgendwann meine verletzte Schulter durch unangenehm stechende Schmerzen auf sich aufmerksam machte und ich mich gezwungenermaßen auf die Seite rollte, um meine Schulter zu entlasten. Ein leicht frustriertes Seufzen entkam meiner Kehle. Mir war stinklangweilig, eigentlich war ich todmüde, konnte aber aus unerfindlichen Gründen nicht einschlafen und, ach ja, mein ganzer Körper schien plötzlich zu einer einzigen vor Schmerz pochenden Wunde geworden zu sein. Es war echt zum kotzen, aber dummerweise nicht zu ändern. Ich stand auf, streckte mich erst einmal ausgiebig - nun ja, zumindest so gut, wie es mir in meiner momentanen Verfassung eben möglich war - und warf einen kurzen Blick auf den Wecker auf Kiras Nachttisch. Es war kurz nach sechs. Da wir sowieso vorgehabt hatten um halb sieben aufzustehen, beschloss ich schon mal ins Bad zu gehen und zu duschen. So konnte ich wenigstens verhindern, dass Kira meinen geschundenen Körper doch noch zu Gesicht bekam und sich nur wieder unnötig Sorgen um mich machte. Als ich mir die Haare geföhnt und mich angezogen hatte, steuerte ich die Küche an. Ich schaltete die Kaffeemaschine ein und ging anschließend zurück ins Wohnzimmer, wo ich mich auf die Couch fläzte und mal wieder Löcher in die Luft starrte. Kira musste schon aufgestanden und ins Bad gegangen sein, vermutete ich zumindest, da es bereits fünf nach halb sieben war. Zehn Minuten später stand ich wieder auf und ging in die Küche, um den mittlerweile fertigen Kaffee zu holen. Gerade, als ich die beiden Tassen auf dem Tisch abstellte und mich wieder auf die Couch setzen wollte, kam Kira ins Wohnzimmer. "Wann bist du aufgestanden?", fragte er und nahm neben mir platz. "So gegen kurz nach sechs", antwortete ich. "Wie geht's deiner Schulter?" Jetzt fing er schon wieder damit an. Ich hatte ihm doch letzte Nacht gesagt, es sei nicht schlimm, wieso konnte er es nicht einfach dabei belassen? "Den Umständen entsprechend", antwortete ich, in der Hoffnung, er würde nicht wieder nachfragen oder die Verletzung sehen wollen. "Sicher, dass ich sie mir nicht doch mal ansehen soll?" "Ach quatsch, es ist nichts. In ein zwei Tagen ist das wieder weg", log ich, um ihn ein wenig zu beruhigen. In Wahrheit konnte ich froh sein, wenn die ganzen Blutergüsse und Prellungen nach ein, zwei Wochen langsam zu heilen begannen. "Wie du meinst", erwiderte er und ging nicht weiter darauf ein. Wir tranken in Ruhe unseren Kaffee und machten uns um viertel nach sieben allmählich auf den Weg zur Schule. Der Reisebus stand bereits da, als wir ankamen. Wir waren so ziemlich die Letzten, die eintrudelten, also verstauten wir schnell unser Gepäck und sahen zu, dass wir noch halbwegs gute Plätze im Bus bekamen. Wir machten es uns in der letzten Reihe bequem. Unsere anderen Freunde saßen alle irgendwo weiter vorne und von den anderen, die nach und nach noch eintrudelten, schien auch niemand besonders erpicht darauf zu sein, sich neben uns zu setzen, weswegen wir im Endeffekt die letzte Reihe für uns allein hatten. Mir kam das gerade recht, so konnte ich mich einfach breit machen und versuchen ein wenig zu schlafen, da sich die Müdigkeit jetzt doch wieder bemerkbar machte. Kapitel 6: ----------- Kiras PoV   Ich selbst nahm nur einen der Sitze in der letzten Reihe ein, während sich Kato einfach auf den restlichen ausstreckte. Er war schon eingeschlafen, bevor wir überhaupt losgefahren waren. Ich blickte aus dem Fenster. Da wir noch in der Innenstadt waren, gab es, abgesehen von Wolkenkratzern und Menschenmassen, nicht viel zu sehen. Ich kramte meinen MP3-Player hervor, schaltete ihn ein und schloss die Augen. Bis wir den Flughafen erreichten, konnte es noch etwa zwei bis drei Stunden dauern. Wohin wir eigentlich fliegen würden, wusste keiner so genau. Unser Tutor wollte uns unbedingt überraschen und hatte deswegen über das Reisziel geschwiegen wie ein Grab. Aber mir war eigentlich sowieso egal, wohin die Reise ging. Hauptsache ich hatte die nächsten drei Wochen meine Ruhe und konnte mal so richtig ausspannen. Kato schien seine Liegeposition ein wenig zu unbequem zu sein, weswegen er mich einfach als Kopfkissen missbrauchte und seinen Kopf auf meinen Schoß legte. Ich schenkte ihm nur für einen kurzen Moment lang meine Aufmerksamkeit, bevor ich meine Augen wieder schloss und der Musik lauschte. Mich interessierte das nämlich herzlich wenig. Knapp drei Stunden später hielt der Bus an und ich schlug meine Augen wieder auf. Ein kurzer Blick aus dem Fenster bestätige mir, dass wir endlich den Flughafen erreicht hatten. Ich berührte Kato leicht an der Schulter, woraufhin er mich verschlafen anblickte. "Was'n los?", fragte er und gähnte. "Wir sind am Flughafen", antwortete ich. Er richtete sich ohne ein weiteres Wort auf und schickte sich dazu an, den Bus zu verlassen. Ich folgte ihm in geringem Abstand. Draußen angekommen, suchten wir unser Gepäck zusammen und machten uns gemeinsam mit dem Rest unseres Kurses auf den Weg in das Gebäude. Unser Tutor ließ uns in der Eingangshalle stehen und eilte davon. Kurz darauf kam er wieder zurück und drückte jedem von uns ein Flugticket in die Hand. Ich warf einen kurzen Blick darauf und stutze. Hatte ich mich verlesen oder stand auf dem Ticket wirklich Los Angeles? Ein weiterer Blick verreit mir, dass ich mich nicht geirrt hatte. Ich hatte ja alles Mögliche erwartet, aber, dass wir eine Kursfahrt nach LA machen würden, hatte ich mir nicht träumen lassen. Überall in der Gruppe wurden Freudenschreie laut, als unsere Mitschüler nach und nach feststellten, wohin die Reise gehen würde. Drei Wochen am Strand in LA, besser ging es kaum noch! Nachdem wir alle unser Gepäck abgeben und eingecheckt hatten, standen uns noch etwa zwei Stunden Wartezeit bevor, bis wir in den Flieger steigen konnten. Kato und ich hatten uns in einem Café niedergelassen, wo wir in aller Ruhe etwas aßen, um ein wenig Zeit totzuschlagen. Nach einer kleinen Ewigkeit, wie es mir vorkam, wurde endlich unser Flug aufgerufen und wir konnten uns auf den Weg ins Flugzeug machen. Kato und ich setzten uns auf unsere Plätze. Weder er noch ich bekam wirklich viel von dem langen Fug mit, da wir die meiste Zeit, die wir in der Luft verbrachten, einfach verschliefen. Wir wurden von unseren Klassenkameraden geweckt, als wir uns im Landeanflug auf Los Angeles befanden, da alle ziemlich laut und aufgeregt durcheinander redeten. Ich blinzelte verschlafen und streckte mich erst einmal ausgiebig. Nachdem wir das Flugzeug verlassen und unser Gepäck geholt hatten, fuhren wir mit dem Bus zu unserem Hotel, welches sich direkt am Strand befand. Als nächstes stand die Zimmerverteilung an. Wir hatten uns alle in der Lobby breitgemacht, während unser Lehrer in Richtung Rezeption verschwunden war, um die Schlüssel zu holen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er zurückkam. "Also", begann unser Tutor, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. "Für die Mädchen gibt es drei Viererzimmer, für die Jungen sollte es eigentlich drei Sechserzimmer geben, da ein Praktikant an der Rezeption jedoch einen Fehler gemacht hat, gibt es für die Jungen nur zwei Sechserzimmer, ein Viererzimmer und ein Zimmer für zwei Personen", verkündete er. "Ich gebe euch jetzt fünf Minuten Zeit, um selbst zu entscheiden, wer mit wem in ein Zimmer will, wenn das nicht funktioniert, werde ich die Einteilung selbst vornehmen." Die Mädchen waren sich als erste einig, wie sie sich aufteilten und bekamen ihre Schlüssel ausgehändigt. Bei den Jungen dauerte das wesentlich länger, da man sich nicht einig wurde, wer welches Zimmer beziehen sollte. Unsere Freunde hatten sich recht schnell dazu entschlossen, sich im Viererzimmer einzuquartieren, was dazu führte, dass für Kato und mich nur noch das Zweierzimmer übrig blieb, weil die anderen schnell zusahen, dass sie sich zu sechst zusammenfanden. Also blieben nur noch wir beide übrig und mussten das Zweierzimmer beziehen, was uns jedoch herzlich wenig interessierte, da wir ohnehin nicht viel Zeit in unserem Zimmer verbringen würden. Die Zimmer der Jungen befanden sich alle auf demselben Flur im siebten Stockwerk, die der Mädchen und das unseres Tutors befanden sich in der sechsten Etage. Ich schloss die Zimmertür auf und trat ein, Kato betrat nach mir den Raum und schloss die Tür. "Wir müssen uns ein Bett teilen!?", platzte es ungläubig aus ihm heraus, als er das Doppelbett bemerkte. "Hast du etwa Angst?", fragte ich und setzte dabei diesen selbstgefälligen Blick auf, den er an mir so hasste, um ihn ein wenig zu ärgern. "Träum weiter", entgegnete er und ließ seine Reisetasche auf besagtes Möbelstück fallen. Wir machten uns daran, unsere Sachen auszupacken, bevor es anschließend gleich auf Exkursion ging. Auch, wenn das unsere Abschlussfahrt war, hatte unser Tutor beschlossen, dass wir uns in der ersten Woche mit amerikanischer Geschichte befassen würden und in den verbliebenen zwei Wochen tun und lassen konnten, was wir wollten. Wir hatten uns alle mehr oder weniger damit abgefunden und versuchten wenigstens so zu tun, als ob uns das ganze in irgendeiner Form interessieren würde. Wir hatten bis Freitag kaum Zeit zum ausspannen und faulenzen, weil wir ständig auf Achse waren, um uns irgendwelche Museen oder ähnliches in der Umgebung anzusehen. Wir mussten uns etliche langweilige Vorträge anhören und endlos lange Filme über uns ergehen lassen, was dazu führte, dass wir am Freitag, als das Grauen endlich eine Ende hatte, alle ziemlich fertig waren und den halben Samstag verschliefen. Kato und ich hatten uns recht schnell damit abgefunden, dass wir nur dieses eine Bett zur Verfügung hatten und es uns eben teilen mussten, weswegen die anfänglichen leichten Berührungsängste, welche man nun mal überwinden musste, wenn man sich so nah war, auch nach den ersten zwei Tagen verflogen waren. Erst am frühen Nachmittag verließen Kato und ich unser gemeinsames Zimmer und machten uns auf den Weg zum Strand. Wir waren kaum eine halbe Stunde dort, als auch schon der erste von unseren Freunden auftauchte und sich zu uns gesellte. "Ihr seid doch nicht ganz normal", sagte er. "Wieso?", wollte Kato wissen und band seine widerspenstigen Haare zurück. "Na ja, welcher Kerl schläft schon freiwillig mit einem anderen in einem Bett und das ganze drei Wochen lang?" "Worauf willst du hinaus, wen ich fragen darf?", erkundigte ich mich und blickte ihn über den Rand meiner Sonnenbrille hinweg skeptisch an. Natürlich konnte ich mir vorstellen, worauf er anspielte - ich war ja schließlich auch nicht blöd - , aber ich wollte aus seinem Mund hören, was er und wahrscheinlich auch der Rest der Jungs, wenn nicht sogar des ganzen Kurses dachten. "Nun ja... -" "Sprich's nicht aus, ich kann's mir denken", unterbrach ihn Kato. "Und mit der Vermutung liegst du falsch, das kannst du mir glauben." "Na Gott sei Dank", sagte Rei erleichtert. "Ich dachte schon..." "Denk lieber nicht. Da scheint ja  nur Müll bei rauszukommen, also lass es lieber", meinte Kato und zündete sich eine Zigarette an. "Ansonsten muss ich dir wohl der übel eine verpassen." "Ach ja?", fragte Rei herausfordernd. Das konnte ja nur in einer 'kleinen' Schlägerei enden... aber er war ja selbst schuld, wenn er so mit Kato redete. Schließlich kannte Rei ihn schon lange genug, um zu wissen, dass man sich besser nicht mit Kato anlegte. "Verlass dich drauf." "Oh Mann...", murmelte ich, zog mein T-Shirt aus und streckte mich auf meinem Handtuch aus, um mich ein wenig zu sonnen. Sollten die beiden das in Ruhe austragen, solange sie mich da raus ließen. Ich hatte nämlich keineswegs vor, mich einzumischen. Nein, mitnichten. Ich sah lieber zu, dass ich ein wenig Farbe bekam. "Du hast gegen mich sowieso keine Chance", grinste Rei. Ganz böser Fehler. Das hätte er lieber lassen sollen, denn Kato, der so etwas natürlich nicht auf sich sitzen lassen konnte, stürzte sich kurzerhand auf Rei. Die Rangelei hatte also begonnen... es war nur noch eine Frage der Zeit, bis daraus eine ordentliche Prügelei wurde. Ich nahm meine Sonnenbrille ab, linste kurz zu den beiden hinüber und schloss anschließend die Augen. Sollten die sich mal in Ruhe abreagieren. Ich würde sie einfach machen lassen und wie üblich nur dann eingreifen, wenn das Ganze zu sehr ausartete. Nur am Rande nahm ich nach einer ganzen Weile ein schmerzerfülltes Keuchen wahr. Erst, als Kato anstatt des Keuchens einen leisen Schrei von sich gab, horchte ich auf und beschloss, die beiden voneinander zu trennen. Ich sah zu, dass ich auf die Beine kam und näherte mich ihnen langsam. Kato lag mit dem Rücken im Sand, Rei saß auf seinen Hüften und stützte sich mit den Händen auf Katos Schultern ab. "Lass ihn", sagte ich, griff nach Reis Oberarm und zog ihn auf die Füße. "Ich hab dir doch gesagt, ich mach dich alle!", lachte Rei und half anschließend Kato wieder auf die Beine. "Du hast nur Glück gehabt", brummelte Kato schlecht gelaunt und hielt sich seine verletzte Schulter. "Lass mich mal sehen", forderte ich, packte Kato am Unterarm und zog ihn ein Stück weit zu mir. "Ich komm schon klar, lass mich einfach", entgegnete Kato und entwand sich meines Griffs. "So schlimm ist es nicht..." Kapitel 7: ----------- Katos PoV   Zum Glück hatte Kira mich sofort losgelassen, als ich versucht hatte mich aus seinem Griff zu befreien. Mehr Kraft hätte ich beim besten Willen nicht aufbringen können, um mich von ihm loszumachen. Dafür schmerzte meine Schulter viel zu sehr, aber nicht nur die tat höllisch weh. Die Blutergüsse auf meinem Bauch waren im Moment nicht weniger schmerzhaft. Ich konnte nur hoffen, dass Kira mir das "So schlimm ist es nicht" abgekauft hatte, was natürlich dreist gelogen war, da es in Wirklichkeit noch viel schlimmer war, als ich ursprünglich befürchtet hatte. Dieses Mal hatte mein Alter sich selbst übertroffen, so stark hatte er noch nie zugeschlagen. Und die Prügelei mit Rei hatte nicht gerade dazu beigetragen, dass meine Wunden zu verheilen begannen oder es mir einigermaßen gut ging. Im Gegenteil, jetzt ging es mir erst so richtig dreckig. Wie war ich nur auf die hirnverbrannte Idee gekommen, mich mit Rei zu prügeln? Ich seufzte. Es war wie üblich nur so weit gekommen, weil ich so extrem leicht reizbar war, wahrscheinlich meine schlechteste Eigenschaft. Warum konnte ich mich nicht wenigstens dieses eine Mal zusammenreißen? Das einzige, was mir dieser bescheuerte Machtkampf eingebracht hatte, waren eine Menge unerträglicher Schmerzen und wahrscheinlich noch mehr Blutergüsse. Aber die würden jetzt neben den ganzen anderen auch nicht mehr auffallen, also konnte mir das ziemlich egal sein, da sich auch von den Schmerzen her nicht unbedingt viel verändern würde. Sie würden vielleicht ein wenig stärker werden, aber im Verhältnis zu dem, was ich sowieso schon ertragen musste, würde sich das kaum bemerkbar machen. Es war wahrscheinlich das Beste für mich, wenn ich jetzt erst mal eine lange kalte Dusche nahm, anschließend eine Schmerztablette einwarf und mich ein wenig hinlegte. Schlaf würde mir bestimmt gut tun... also machte ich mich auf den Weg in das Zimmer, das ich mir mit Kira teilte. "Ist alles in Ordnung?", wollte Kira wissen. "Sicher, ich will mich nur ein bisschen ausruhen", rief ich ihm über die Schulter zu. Er musste mir wohl geglaubt haben, da er keine Anstalten machte, mir zu folgen oder noch mal genauer nachzuhaken, ob mir meine Schulter nicht doch doller zu schaffen machte, als ich zugeben wollte. Konnte gut sein, dass er davon ausging, es wäre dieses Mal wirklich nicht so schlimm - er hatte ja meinen Oberkörper auch noch nicht gesehen - oder es war ihm schlichtweg egal, was ich allerdings eher nicht glaubte, da er doch immer recht besorgt war, wenn mein Alter mich mal wieder verprügelt hatte. Nicht, dass er das jemals zugeben würde, aber ich kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass er sich sehr wohl um mich sorgte. Ich ließ die Zimmertür hinter mir ins Schloss fallen, kramte im Kleiderschrank kurz nach T-Shirt und Boxershorts und verschwand im Badezimmer. Die Tür schloss ich vorsorglich hinter mir ab. Nicht, dass Kira noch ins Bad stolziert kam und meinen verunstalteten Oberkörper doch noch zu Gesicht bekam. Apropos, wie sahen die Wunden eigentlich aus? Ich hatte sie mir schon eine ganze Weile nicht mehr wirklich angesehen, das sollte ich vielleicht mal nachholen... Vorsichtig zog ich mir unter leisem schmerzerfülltem Keuchen mein Shirt über den Kopf und ließ es achtlos zu Boden gleiten. Ich zögerte einen Moment, bevor ich einen raschen Blick in den Spiegel riskierte. Die Blutergüsse zogen sich von unterhalb des Brustkorbs bis hinab zu den Beckenknochen, dazwischen gab es kaum eine Stelle, die nicht grün und blau war. Selbst mein Rücken hatte einiges abbekommen. Es sah schlimmer aus, als ich befürchtet hatte und heilte auch wesentlich langsamer als gedacht. Wenigstens meiner Schulter ging es schon wieder besser. Die Prellung war schon so gut wie verheilt und der Bluterguss zeichnete sich auch nur noch ganz leicht bis runter zum Schulterblatt ab. Gut, dass mein Alter mich da nicht allzu stark erwischt hatte. Aber dafür sah der Rest meines Oberkörpers ziemlich katastrophal aus und tat auch dementsprechend weh. Seufzend pellte ich mich aus meinen Shorts, pfefferte sie in die nächstbeste Ecke und stieg in die Dusche. Das kalte Wasser, welches auf mich niederprasselte linderte den zum Glück nicht allzu starken Schmerz, den die Blutergüsse und Prellungen verursachten. Wegen der kleinen Rangelei mit Rei würde es wahrscheinlich nur noch länger dauern, bis ich mich wieder schmerzfrei bewegen konnte... Wieder ein Seufzen. Aber ich war ja auch selbst schuld. Was ließ ich mich von diesem Idioten auch so leicht Provozieren? Tja, Dummheit musste eben bestraft werden, das hatte ich nun also davon. Aber ich würde mir auch eher die Zunge abbeißen, bevor ich zugab, dass ich mich nicht prügeln konnte, weil mein Alter mir so zugesetzt hatte. Als mir zu kalt wurde stieg ich aus der Dusche und trocknete mich gründlich ab, bevor ich mir die Haare föhnte und mir T-Shirt und Boxer überzog. Ich sammelte meine übrigen Sachen auf und ging zurück ins Zimmer, wo ich mich erst mal aufs Bett schmiss und eine Zeit lang Löcher in die Luft starrte. Da mir irgendwann die Lust daran verging, sinnlos in der Gegend rumzuliegen, ging ich auf den Balkon, setzte mich auf das Geländer und sah mich draußen ein wenig um. Von hier oben konnte man nicht wirklich viel von dem erkennen, was unten auf den Straßen vor sich ging, was auch der Grund dafür war, dass ich bald lieber den Vögeln nachsah, anstatt irgendwelche Menschen zu beobachten, die von hier oben aus sowieso nicht viel größer als Ameisen aussahen. Aus der Ferne konnte ich Möwen kreischen und das Meer leise rauschen hören. Wie sehr ich mir doch wünschte einer dieser Vögel zu sein. Frei zu sein, einfach frei. Ich wollte einfach nur weg. Weg von zu Hause, meinen Eltern, der ganzen Gewalt, den Schmerzen. Aber nicht weg von Kira. Er war das einzige, was mich an diesem Ort hielt. Mich davon abhielt, fortzulaufen, auszureißen, mich vor einen Zug zu schmeißen, mir die Pulsadern aufzuschneiden, den Sprung von einem Dach in die Tiefe zu wagen, nie wieder zu kommen... Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Wie konnte es eine einzige Person nur schaffen, mich am Leben zu erhalten, wo ich doch mehr als genug Gründe hatte, dieser Hölle entfliehen zu wollen, die ohnehin nur aus Hass und Schmerz bestand? Wie stellte er es nur an, mir meinen Lebenswillen wiederzugeben, wo ich doch eigentlich kein bisschen an meinem Leben hing? Wie schaffte er es, mich an diesem einen Ort zu halten, dem ich immer wieder entfliehen versucht hatte? Mein Lächeln wurde noch eine Spur breiter. Er schaffte das alles, indem er mir Halt und Hoffnung gab, wenn ich völlig am Ende war. Indem er mir die Wärme gab, die ich sonst von keiner anderen Person erfuhr. Er verkörperte all das, was ich brauchte und das genügte, um mich an ihn zu binden, mich abhängig von ihm machen, was ich zweifelsfrei war, auch, wenn ich es nicht gerne zugab und schon gar nicht vor ihm tun würde. Aber es war so, ohne ihn konnte ich nicht existieren. Ich brauchte ihn, wie die Luft zum atmen, da ich sonst in dieser grausamen Welt zu ersticken drohte. "Ach Kira...", murmelte ich gedankenverloren und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die mir aufgrund des doch recht starken Windes sofort wieder im Gesicht hing. "Was kann ich für dich tun?", erklang eine, mir nur allzu bekannte, Stimme direkt hinter mir. Ich konnte seinen warmen Atem in meinem Nacken spüren, so dicht stand er hinter mir. Ich war so schnell auf den Beinen, dass ich beinahe über meine eigenen Füße gestolpert wäre, so sehr hatte er mich überrumpelt, jedoch konnte ich mich gerade noch abfangen und ruderte kurz mit den Armen, bevor ich mein Gleichgewicht endgültig wiederfand. Kira musterte mich amüsiert und mal wieder überkam mich das Bedürfnis, ihm eine zu scheuern. Da ich das aber für keine besonders gute Idee hielt, beließ ich es dabei, ihm einen giftigen Blick zu zuwerfen und stolzierte hoch erhobenen Hauptes an ihm vorbei nach drinnen. Dumm nur, dass ich somit die Stufe an der Balkontür nicht sah und mich direkt neben ihm der Länge nach auf die Fresse packte. Kira, der das natürlich überaus lustig fand, fing an zu lachen und bekam sich gar nicht wieder ein. Wütend auf mich selbst, weil ich so dämlich gewesen war und auf ihn, weil er mich auslachte, rappelte ich mich wieder auf und funkelte ihn finster an. Er musste schon eine ganze Weile im Zimmer gewesen sein, da er sich umgezogen hatte. "Halt's Maul, Kira!", fauchte ich und strich mein Shirt glatt. Doch er dachte keineswegs daran, ruhig zu sein, was auch der Grund dafür war, dass ich ihm wenig später die Balkontür vor der Nase zuknallte und die Vorhänge zuzog, sodass ich seine hämisch grinsende Visage nicht mehr sehen musste. Da er noch nicht realisiert zu haben schien, dass ich ihn soeben ausgesperrt hatte, lachte er einfach munter weiter, was mich beinahe auf die Palme brachte. Ich konnte mich aber noch einigermaßen zusammenreißen und einem Wutanfall vorbeugen, indem ich mich darauf besann eine Flasche Wodka und eine Flasche Rum in meiner Tasche mitgeschmuggelt zu haben. Kurzentschlossen kramte ich meine Reisetasche unter dem Bett hervor, auf welchem ich es mir bequem gemacht hatte und krallte mir die Flasche Wodka. Nachdem ich mir den einen oder anderen ordentlichen Schluck genehmigt hatte, beruhigte ich mich so langsam wieder und ließ die Flasche in der Tasche verschwinden, damit ich sie nicht noch komplett austrank und nachher stockbesoffen zum Abendessen in den Speisesaal torkeln musste. Nun wieder die Ruhe in Person streckte ich mich auf der weißen Bettdecke aus und schloss die Augen. Ich lauschte dem leisen Rauschen der Klimaanlage, bis mir nach wenigen Minuten auffiel, wie still es geworden war. Kira hatte seinen Lachanfall wahrscheinlich überwunden und wartete darauf, dass ich ihn wieder reinließ. Aber, wenn er dachte, ich würde ihn einfach so wieder ins Zimmer lassen, dann hatte er sich gewaltig geschnitten. Der sollte mich schon anbetteln, wenn er nicht die nächsten Tage draußen verbringen wollte. Ich wusste zwar, dass er sich eher vom Balkon stürzen würde, als mich um irgendetwas anzubetteln, weil er sich diese Blöße einfach nicht geben wollte, dafür war sein Ego viel zu groß. Aber da ich davon ausging, dass er immer noch mehr an seinem Leben hing, als ich an meinem, würde er sich schon früher oder später dazu herablassen und mich anbetteln, die Tür wieder aufzumachen. "Kato?", erklang es leise von draußen. Ein selbstgefälliges Grinsen stahl sich auf mein Gesicht. Das ging ja schneller, als ich gedacht hatte. Ganz gemütlich, um ihn noch ein wenig zappeln zu lassen, ging ich auf die Balkontür zu und zog die Vorhänge quälend langsam auf. Kira stand auf der anderen Seite der Scheibe und sah mir durchdringend in die Augen. "Was willst du?", fragte ich gespielt gelangweilt, das Grinsen hatte ich von meinen Lippen verbannt. "Mach die Tür auf", forderte er, der leicht befehlende Unterton in seiner Stimme war dabei keinesfalls zu überhören. "Oh nein, Freundchen, das kannst du schön vergessen. Wenn du wieder rein willst, wirst du mich anbetteln müssen, diese Tür zu öffnen. Und das möglichst überzeugend, ansonsten hab ich nämlich kein Problem damit, dich den Rest der Kursfahrt über da draußen stehen zu lassen", entgegnete ich und schaute ihn tadelnd an, fast so, als würde ich einem ungezogenen Kind erklären, wie es sich zu benehmen hatte. Kira schien das nicht sonderlich zu gefallen. "Tz, das hättest du wohl gerne, was?", fragte er und verschränkte, wie ein trotziges Kind, das sich nichts vorschreiben lassen wollte, die Arme vor der Brust. "Außerdem, überlebe ich nicht lange hier draußen. Und was wird wohl unser Tutor sagen, wenn er eine Leiche auf dem Balkon findet?" Als ob ich so blöd wäre und nicht wüsste, dass er da draußen früher oder später verhungern oder verdursten würde... tzz... "Keine Panik, ich sorg schon dafür, dass du was zu essen und zu trinken bekommst. Aber diese Tür öffne ich erst, wenn du mich anflehst, dich reinzulassen." Kapitel 8: ----------- Kiras PoV   Wie gern ich ihm in diesem Moment den Hals umgedreht hätte. Befände sich diese vermaledeite Glastür nicht zwischen uns hätte ich es höchstwahrscheinlich getan. Kato konnte wirklich von Glück reden, dass es für mich im Moment unmöglich war, ihn zu fassen zu bekommen. Erwartete der ernsthaft, dass ich ihn anbettelte, mich reinzulassen!? Tzz... das konnte der sich aber so was von abschminken... Als ob ich, Kira Sakuya, mich dazu herablassen würde, diesen hirnverbrannten Junkie, der sich als mein - nun ex-bester - Freund bezeichnen durfte, anzuflehen, diese Tür zu öffnen. Der konnte noch was erleben. Sobald ich von diesem Balkon runter war, würde der schon noch sein Fett weg bekommen, selbst, wenn ich darauf noch so lange warten musste, bis wir in knapp zwei Wochen wieder abreisen würden. "Na? Warum so schweigsam?", fragte Kato und grinste mich an. Wie gern ich ihm dieses Grinsen mit einer anständigen Ohrfeige aus dem Gesicht gewischt hätte. "Hat es dir die Sprache verschlagen?" Ich lächelte süffisant. "Aber nicht im geringsten. Ich überlege mir nur gerade, wie ich dir die Hölle heißmachen soll, wenn ich wieder drinnen bin." "Oh, jetzt hab ich aber Angst", entgegnete er, seine Stimme troff nur so vor Sarkasmus. Nun gut, wenn er dieses kleine Spielchen spielen wollte, würde ich mir schon etwas einfallen lassen, wie ich als Sieger aus diesem Duell hervorgehen würde, auch, wenn meine Chancen zu gewinnen momentan mehr als schlecht standen, da er mich, dadurch, dass ich hier draußen festsaß und mir so ziemlich die Hände gebunden waren, völlig in der Hand hatte. Insgeheim wusste ich, auch, wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, dass ich früher oder später nachgeben würde, wenn mir nicht irgendetwas einfiel. Ich würde fast zwei Wochen auf einem kleinen Balkon von gerade einmal zwei Quadratmetern Größe nicht durchstehen, ohne völlig wahnsinnig zu werden. Ich sah erst mal zu, mich wieder zu beruhigen. Die Pläne für meine Rache konnte ich auch später noch schmieden, spätestens dann, wenn ich wieder von diesem Balkon runter war. Jetzt hieß es vor allem: einen kühlen Kopf bewahren und sich eine raffinierte Strategie einfallen lassen, um die Nacht nicht draußen verbringen zu müssen. Ich konnte schließlich nicht hier draußen im Stehen schlafen, das wäre definitiv unter meinem Niveau. Außerdem hatte Kato wohl vergessen, dass ich ziemlich ehrgeizig war. Zwar konnte man dies in bestimmten Situationen zu einer meiner Schwäche zählen, doch vom jetzigen Standpunkt aus betrachtet, war mein Ehrgeiz wohl meine größte Stärke, da ich nicht eher Ruhe geben würde, bis er mich wieder reinließ. Auch, wenn das bedeutete, dass ich in dieser Nacht wenig Schlaf bekommen würde, um Kato auf die Nerven zu gehen und ihn wachzuhalten. Wenn ich ihm lange genug auf den Keks ging, standen meine Chancen bestimmt nicht schlecht, wieder reingelassen zu werden. Ich wusste, wie er drauf sein konnte, wenn er keinen Schlaf bekam... Aber nun gut, ich sollte mir lieber noch etwas Anderes überlegen und diese Idee nur als Notfallplan im Hinterkopf behalten. Schließlich wollte ich nicht allzu viel Zeit hier draußen verbringen. Aber vor ihm auf die Knie zu fallen und ihn anzuflehen, ließ mein Stolz nicht zu, obwohl das hundertprozentig die schnellste und einfachste Methode gewesen wäre, wieder reingelassen zu werden. Ich schüttelte den Kopf. Nein, diese Blöße würde ich mir nicht geben, darauf konnte er Gift nehmen! "Hast du vor, mich noch vor dem Abendessen anzuflehen oder soll ich später wiederkommen?", meldete sich Kato wieder zu Wort und sah mich fragend an. Er musste mich die ganze Zeit über beobachtet und bemerkt haben, dass mir noch keine plausible Lösung für mein Problem eingefallen war. "Glaub ja nicht, dass ich so schnell aufgebe", erwiderte ich und blickte ihn herausfordernd an. "Nein, das hätte ich nicht erwartet", gab er zu. "Das würde so ganz und gar nicht zu dir passen." "Eben..." "Also, ich geh dann mal essen. So langsam krieg ich nämlich Hunger", meinte er und wie auf Kommando gab sein Magen ein Knurren von sich. "Wir sehen uns dann später. Lauf mir ja nicht weg", ermahnte er mich noch und verließ lachend das Zimmer. Ich ließ mich auf einen der Stühle fallen und starrte ausdruckslos in den Himmel. Irgendetwas musste mir doch einfallen, verdammt! Ich verschränkte die Arme vor der Brust und begann fieberhaft zu überlegen. Irgendwie musste ich ihn doch austricksen können. Er hatte genug Schwachstellen, die ich mir zu meinem Leidwesen allerdings nicht zu nutze machen konnte, wenn ich hier draußen festsaß. Provozieren konnte ich ihn nicht, da mir klar war, dass er nicht so blöd sein würde, die Tür zu öffnen und hier rauszustürmen, nur, um sich mit mir zu prügeln oder ähnliches. Ich konnte ihm nicht durch ständiges Klopfen an der Scheibe oder Beleidigungen auf den Geist gehen, da er sich einfach nur seinen oder meinen MP3-Player schnappen musste, um die Geräusche zu übertönen und Grimassenschneiden und anderes Rumgehample würde mir auch nicht großartig viel nützen, da er bloß die Vorhänge zu zuziehen brauchte, wenn ich ihn nervte. Es schien fast so, als würde mir wirklich nichts anderes übrig bleiben, als zu tun, was er von mir verlangte. Ich hatte mich schon fast mit dieser überaus niederschmetternden Erkenntnis abgefunden, als mir plötzlich eine neue Idee kam. Was, wenn ich so tat, als würde ich hier draußen halb verrecken? Er würde sich bestimmt Sorgen um mich machen und nach mir sehen wollen. Denn auch, wenn er so tat, als würde er mich nur in seiner Nähe dulden, damit er Beschäftigung hatte, wusste ich, dass ihm eine ganze Menge mehr an mir lag und ich ihm ziemlich wichtig war. Aber selbst, wenn die Idee nicht funktionierte, konnte ich immer noch so laut rumschreien, dass früher oder später einfach irgendjemand die Polizei rufen musste, wenn Kato keinen Grund sah, mich doch reinzulassen. Ich erlaubte mir ein kleines triumphierendes Grinsen. Jetzt hatte ich ihn, er würde sich noch wünschen, den Tag nie erlebt zu haben, an dem er sich mit mir angelegt hatte... Ich ließ mich gemütlich in den Stuhl zurücksinken. Ein kurzer Blick auf die Uhr, die drinnen über der Zimmertür hing, durch welche Kato nach draußen verschwunden war, verreit mir, dass es viertel vor neun war. Ich lehnte mich zurück und wartete, es konnte nicht mehr lange dauern, bis Kato zurückkam. Der konnte sich ja auch nicht ewig unten aufhalten, dazu interessierte es ihn viel zu sehr, zu erfahren, wie ich vorgehen würde, um wieder reingelassen zu werden. Dass ich ihn keinesfalls anbetteln würde, war ihm sicherlich klar, deswegen brannte er mit großer Wahrscheinlichkeit nur so darauf, herauszufinden, was ich mir hatte einfallen lassen. Mir kam ein plötzlicher Geistesblitz. Natürlich! Mein Grinsen wurde noch breiter. Ich wusste, wie ich ihn drankriegen würde. Diebisch freute ich mich auf seine Rückkehr, während ich den vorbeiziehenden Wolken nachsah. Eine Weile später warf ich einen erneuten Blick auf die Uhr. Halb zehn. Der Sonnenuntergang war angebrochen. Ich richtete mich auf und stellte mich ans Balkongeländer. Der Himmel erstrahlte in einem hellen Rosa, dass in ein warmes Orange und schließlich langsam in ein dunkles Rot überging. "Und? Was gedenkst du zu tun?", fragte Kato - ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er zurück gekommen war. "Ich denke nicht, dass du die Nacht draußen verbringen willst. Also bin ich gespannt, wie du mich dazu bringen willst, dich doch wieder reinzulassen." Ich drehte mich zu ihm um und ging ein Stück weit auf die Glastür zu. Er saß auf dem Bett und sah mich abwartend an. Kapitel 9: ----------- Katos PoV   Ich konnte mir nicht helfen, aber die Art, wie er da draußen stand und mich anblickte, der Sonnenuntergang hinter ihm, ließ mich erschaudern. Gott sei Dank war es hier drinnen so dunkel, dass er mir meine Verunsicherung nicht ansehen konnte. Hoffte ich zumindest. "Was soll das werden wenn's fertig ist?", fragte ich, da mich sein durchdringender, irgendwie fordernder Blick nervös machte. Er sagte nichts, keine Silbe. Gab keinen einzigen Laut von sich. Lächelte nur lasziv. Dann trat er einen kleinen Schritt von der Tür zurück. Allein die Art, wie er sich dabei bewegte, reichte aus, um mich noch nervöser und unruhiger werden zu lassen. Kira fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, bevor er sie langsam seinen Oberkörper hinabgleiten ließ. Als er am Saum des T-Shirts angekommen war, begann er damit, sich besagtes Kleidungsstück in aller Ruhe über den Kopf zu ziehen, bevor er es neben sich auf den Boden fallen ließ. Das wenige Licht, das von hinten auf ihn fiel, betonte seine schlanke Gestalt perfekt und ließ ihn in diesem schwachen dämmerigen Licht nur noch verführerischer aussehen. Am liebsten hätte ich mir für diesen Gedanken selbst den Kopf abgerissen, aber es war nun mal eine Tatsache, dass Kira schon fast verboten gut aussah. Jegliches Denken wurde jedoch sowieso im nächsten Moment ausgeschaltet, als er sich daran machte, sich seiner Hose zu entledigen. Nachdem er den Knopf geöffnet hatte, begann er damit, quälend langsam den Reißverschluss zu öffnen. Allein der Blick, mit dem er mich dabei bedachte, brachte mich beinahe um den Verstand. Ich riss mich zusammen und versuchte einen kühlen Kopf zu behalten, was mir angesichts der Tatsache, dass Kira da draußen eine Striptease-Nummer abzog, bei der jeder Stripper oder Pornodarsteller vor Neid erblasst wäre, doch recht schwer fiel. Als er schließlich auch noch damit anfing, sich die Hose auszuziehen, konnte ich nicht mehr und erhob mich. Wenn ich mir das schon nicht länger ansehen konnte, ohne durchzudrehen, würde ich eben die Vorhänge zuziehen. So leicht würde ich mich nämlich nicht geschlagen geben, so viel stand fest. Entschlossen griff ich nach den Vorhängen, zögerte jedoch, sie zu schließlich, als ich Kiras Stimme hörte. "Kato... bitte..." Die Art, wie er diese Worte aussprach, jagten mir einen Schauer über den Rücken und bescherten mir eine Gänsehaut. Er war wieder dichter an die Scheibe herangetreten, stand nur noch mit Boxershorts bekleidet vor mir. Ich blickte ihn leicht skeptisch an und setzte erneut dazu an, die Vorhänge zu zuziehen. Er schaute fast sehnsüchtig zurück. Als er bemerkte, dass ich wieder zögerte, setzte er noch einen drauf. Er leckte sich über die Lippen und blickte mich auch lustverschleierten Augen heraus an. Das gab mir endgültig den Rest. Ich gab mich geschlagen und öffnete die Tür. Er sammelte seine Klamotten wieder ein, während ich ein Stück von der Tür zurücktrat. Er betrat unser gemeinsames Zimmer, schoss die Balkontür hinter sich und kam dicht vor mir zum Stehen. "Was?", fragte ich genervt und schaute ihn wütend an. Es gefiel mir ganz und gar nicht, dass er es geschafft hatte, mich dazu zu bringen, ihn wieder reinzulassen. Er beugte sich ein Stück weit zu mir vor. "Danke", flüsterte er mir ins Ohr. Ich konnte ihn gerade noch rechtzeitig von mir wegschieben, bevor er es schaffte, mir einen Kuss auf die Wange zu drücken. Er schien einen mörderischen Spaß daran zu haben, mich zu Ärgern. "Arschloch", lachte ich. "Lassen wir's für heute gut sein, ja?" "Vergiss es", entgegnete er und ich fand mich im nächsten Moment auf dem Bett wieder, unter ihm, während er damit begann, mich ordentlich durchzukitzeln. Meine Verletzungen schmerzten dabei weniger, als ich befürchtet hatte. Trotzdem sah ich zu, dass ich mich schnellstmöglich aus seinem Griff wand und ihn nun meinerseits durchkitzelte. Irgendwann gab er sich schließlich geschlagen, was wohl daran lag, dass ihm die Luft ausging. Also beschloss ich, es gut sein zu lassen und ließ ihn in Ruhe. Ich wollte ihn ja schließlich nicht umbringen. Kapitel 10: ------------ Kiras PoV   Am nächsten Morgen wurde ich gegen acht Uhr wach, was ausschließlich daran lag, dass mir die Sonne direkt ins Gesicht schien. Dumm wie ich war, öffnete ich die Augen und blickte natürlich direkt ins gleißende Sonnenlicht, was wohl auch der Grund dafür war, dass ich zwischenzeitlich fast blind war. Als ich wieder anständig gucken konnte, wollte ich eigentlich aufstehen, allerdings stellte oder besser gesagt, legte sich mir auch schon das nächste Problem in den Weg: Kato. Ich hatte keine Ahnung, wie und warum es passiert war, aber er hatte es, aus mir unerfindlichen Gründen, wohl für recht angenehm empfunden, mich als Kuscheltier zu missbrauchen. Vielleicht hatte er ein wenig Zuwendung oder Streicheleinheiten gebraucht oder was weiß ich. Der springende Punkt jedenfalls war die Tatsache, dass er sich so an mich geklammert hatte, dass ich fürchtete, mich niemals aus seiner 'Umarmung' befreien zu können. Wie auch immer... Vorsichtig versuchte ich, seinen Griff zu lockern, was mir überraschend gut gelang. Dumm nur, dass er nur noch fester zupackte, kaum, dass ich seine Arme von meinen Hüften gelöst hatte. Ich startete einen weiteren Versuch, der ebenfalls kläglich scheiterte. Wie es aussah, würde ich wohl oder übel warten müssen, bis er irgendwann wach wurde. Seufzend ließ ich mich in mein Kissen zurücksinken. Sollte ich das Ganze ein wenig beschleunigen und ihn wecken? Nein, lieber nicht, er hatte immer so furchtbar schlechte Laune, wenn man ihn weckte. Ich lag regungslos da und starrte Löcher in die Luft, bis sich Kato irgendwann langsam etwas zu regen begann. Erwartungsvoll schaute ich zu ihm hinab, musste aber enttäuscht feststellen, dass er lediglich die Liegeposition gewechselt hatte und seelenruhig weiterschlief. Nun gut, dann würde ich wohl noch eine Weile warten müssen... Irgendwie sah er ungewohnt friedlich und ja... auf eine merkwürdige Art und Weise schutzbedürftig aus, wie er so dalag, seine Arme um mich geschlungen und den Kopf auf meinem Bauch. Ich konnte mir ein kurzes Lächeln nicht verkneifen und strich ihm sanft ein paar Haarsträhnen hinters Ohr, die sein Gesicht verdeckten. Er gab ein undefinierbares Brummeln von sich und öffnete die Augen. Endlich. Kato sah sich kurz etwas orientierungslos im Zimmer um, bevor sein Blick schließlich mich fixierte. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken", sagte ich leise und ein wenig schuldbewusst. Ich hatte ihn wirklich nicht wecken wollen. Er rieb sich verschlafen die Augen. "Macht nichts, ich -", er hielt plötzlich inne und saß im nächsten Moment kerzengerade im Bett. Wahrscheinlich, weil ihm aufgefallen war, dass er auf mir drauf gelegen hatte. "Sorry, kommt nicht wieder vor", versicherte er mir rasch. "Bist du dir da sicher?", fragte ich und richtete mich auf. Ich verschwand im Bad und ließ ihn, wie es schien, ziemlich verwirrt allein im Bett sitzen. Nachdem auch Kato sich irgendwann fertig gemacht hatte, gingen wir runter zum Frühstück. Unsere Kumpels aus dem Zimmer nebenan saßen schon an einem der Tische und hatten uns zwei Plätze frei gehalten, also setzten wir uns zu ihnen. "Ey Kira! Wo warst du gestern Abend?", wurde ich von einem der Jungen begrüßt. "Wir haben dich beim Essen vermisst." "Du hast ihnen nicht erzählt, wo ich war?", fragte ich an Kato gewandt, der sich neben mir niedergelassen hatte, ohne von meinem Essen aufzusehen. "Nö, hab ich nicht. Ich dachte mir, wenn, dann kannst du's ihnen auch selbst sagen", meinte Kato und goss sich Kaffee ein. Ich sah ihn einen Moment lang ziemlich verwirrt von der Seite an. Er hatte nichts gesagt? Wow, das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Normalerweise hätte er so etwas mit Freuden vor den anderen verkündet, um sich wichtig zu machen, aber da dem nicht so gewesen war, war ich ehrlich gesagt angenehm überrascht. "Und was ist jetzt?", hakte Rei nach und riss mich somit aus meinen Gedanken. "Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit und Kato hat mich auf dem Balkon sitzen lassen, um mir eins auszuwischen", erklärte ich und machte mich über mein Frühstück her. Ich hatte ziemlichen Hunger, da ich gestern das Abendessen zwangsweise hatte ausfallen lassen müssen. "Er hat dich ausgesperrt? Nicht ernsthaft, oder Kira?" "Doch." "Und das lässt du dir so einfach von ihm bieten?" "Er hat seine Quittung bekommen, verlass dich drauf", antwortete ich und warf Kato einen knappen Blick zu, der sich prompt an seinem Kaffee verschluckte. "Ach echt? Wie hast du's ihm denn heimgezahlt?" Ich grinste. "Wage es ja nicht, das zu erzählen", zischte er mir zu, die Anderen hörten es nicht. "Na los, jetzt sag schon", forderten unsere Kumpels. "Er hat mir eins ausgewischt und ich hab mich dafür bei ihm revanchiert, lassen wir's dabei bewenden", meinte ich und ließ mich auch den Rest des Tages über auf keine Diskussion bezüglich dieses Themas ein. Kato und ich hatten das auf unsere Art geklärt, wie, das ging keinen etwas an. Allein schon deswegen nicht, weil es Kato überaus unangenehm gewesen wäre und ich ihn vor den anderen unter keinen Umständen so bloßstellen würde. Irgendwann gaben die Jungs schließlich doch auf, was wahrscheinlich größtenteils daran lag, dass ich mich einfach auf mein Zimmer verzogen hatte, um endlich meine Ruhe zu haben. Kato fragten sie gar nicht erst, da sie wussten, dass er ihnen womöglich den Kopf abreißen würde, wenn sie ihm auf die Nerven gingen. Er war also weiterhin mit den Anderen in einer der Bars unten am Strand, während ich mich in unserem Zimmer verbarrikadiert hatte. Aber es war besser so, jetzt konnte ich wenigstens mal in Ruhe ausspannen, ohne die ganzen Anderen um mich herum. Ich genoss die Ruhe und driftete immer weiter ins Reich der Träume ab. Das erste, was ich sah, als ich nach einer Weile meine Augen wieder öffnete, war Kato, der sich gegen die geschlossene Tür gelehnt hatte und mich irgendwie irritiert bis entgeistert ansah. "Was machst du denn hier?", fragte ich völlig verpennt, die Tatsache, wie er mich ansah ignorierend und rieb mir über die Augen. Ich rollte mich auf den Bauch, stützte mich mit den Unterarmen auf der Matratze ab und blickte zu ihm hinüber. Er senkte rasch den Blick. "Die anderen gingen mir irgendwie auf den Keks und da wollte ich nur mal sehen, was du so treibst", antwortete er. "Tut mir leid, falls ich dich geweckt haben sollte." "Hast du nicht." "Na dann ist ja gut... wollen wir vielleicht was essen gehen?" "Ja, gerne. Ich zieh mir nur schnell was an", meinte ich, erhob mich und wankte noch ein wenig benommen zum Kleiderschrank hinüber. Ich wühlte einen Moment lang in meinen Sachen herum und zog mich anschließend an, ich konnte ja schlecht in Boxershorts durchs Hotel rennen. Als ich zu Kato hinüber sah, wandte er den Blick hastig ab und betrachtete überaus interessiert den Fußboden. Hatte er mich etwa die ganze Zeit über beobachtet? Konnte gut sein, aber das interessierte mich im Moment herzlich wenig, da mein Magen mit einem lauten Knurren auf sich aufmerksam machte. Also beeilten wir uns, das nächste Restaurant zu stürmen und uns erst mal ordentlich den Bauch voll zu schlagen. Kapitel 11: ------------ Katos PoV   Meine so genannten Kumpels gingen mir, seit sich Kira - dreist, wie er war - einfach verzogen hatte, dauernd mit irgendwelchen Vermutungen darüber, wie er's mir gestern Abend heimgezahlt hatte, auf die Nerven. Das ging die ja sowas von überhaupt nichts an! Wenn Kira schon so gnädig war, nicht auszuplaudern, dass er mich dadurch rumgekriegt hatte, dass er auf dem Balkon Striptease gemacht hatte, dann würde ich den Teufel tun und das den Anderen freiwillig erzählen. Allein schon beim Gedanken daran, wie Kira gestern vor der Glastür gestanden und sich langsam immer weiter ausgezogen hatte, spürte ich, wie ich errötete. Er hatte so verdammt heiß ausgesehen, in diesem dämmrigen Licht, dass seinen Körper so sanft umspielt und seine schlanke, aber trotzdem muskulöse Gestalt nachgezeichnet hatte. Ich konnte beim besten Willen wirklich nicht leugnen, dass mich diese kleine Showeinlage alles andere als kalt gelassen hatte. So ungern ich es auch zugab: Er hatte mich in diesem Moment verdammt angemacht. Gott sei Dank, hatte er, da ich drinnen im Dunkeln gesessen hatte, nicht sehen können, wie ich mich nach ihm verzehrt hatte. Wie sehr ich ihn gewollt hatte. Stopp! Moment mal. Was hatte ich da gerade gedacht? Ich war wohl nicht mehr ganz bei Trost... die letzten paar Sätze konnte ich getrost wieder aus meinem Kopf streichen. Zugegeben, das hatte mich gestern schon irgendwie ein bisschen angemacht, aber ich war definitiv nicht schwul oder scharf drauf, was mit meinem besten Freund anzufangen! Lag wahrscheinlich an der Hitze hier, dass ich so einen Blödsinn daher laberte und dachte. Die Temperaturen schienen mir mein ohnehin ziemlich zerstörtes Hirn vernebelt zu haben. Ja, das war's. Diese abartige Wärme war schuld. "Überlegt doch mal, was könnte Kira gemacht haben, dass er uns nicht erzählen will, wie er's Kato heimgezahlt hat?", meinte Rei an unsere übrigen Kumpels gewandt, die allesamt im Kreis im Sand saßen. "Mann Leute! Jetzt hört doch mal auf mit dem Mist! Ihr geht mir derbst auf den Sack, mit dem Scheiß!" "Sag uns doch einfach, wie er sich an dir gerächt hat, dann lassen wir dich in Ruhe", entgegnete Katsura. "Dann würdet ihr erst richtig anfangen", murmelte ich. "Zum tausendsten Mal: Vergesst es!", gab ich genervt zurück und stand auf. "Ich geh mal gucken, wohin sich Kira abgesetzt hat..." "Mach mal und sag ihm, er soll endlich mit der Sprache rausrücken!", rief mir Takeshi nach. "Das kannste knicken. Wenn er's euch bis jetzt nicht erzählt hat, wird er das auch nicht mehr nachholen", erwiderte ich und ging zurück ins Hotel. Ich beschloss, zuerst in unserem Zimmer nachzusehen. Vielleicht hatte ich ja Glück und er hatte sich einfach nur im Zimmer verkrochen? Ich hoffte fast, er würde dort sein. Und meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht, als ich die Tür öffnete. Er lag im Bett und schlief, der Faulpelz! Ich hatte ihn gerade wecken wollen, als er plötzlich irgendetwas vor sich hin nuschelte. So leise wie möglich schloss ich die Tür hinter mir und lehnte mich lässig dagegen. Ich wartete darauf, dass er endlich etwas verständliches sagte, doch er blieb stumm. Ein wenig enttäuscht wollte ich mich auf den Balkon verziehen, als er doch endlich wieder einen Laut von sich gab. Hatte ich mich verhört oder war das ein Stöhnen gewesen? Erst der Klang meines Namens ließ mich aufsehen. Kira wand sich unter der Bettdecke. Ich beobachtete ihn gespannt und wartete auf weitere Informationen. Vielleicht plauderte er ja irgendetwas interessantes aus? Wieder ein Stöhnen, dieses mal lauter. "Kato...", murmelte er und keuchte leise auf. Ich guckte ziemlich dämlich aus der Wäsche. Was war das denn gerade gewesen? "Aahh... Kato...", stöhnte er und wand sich wieder unter der dünnen Decke. Ich konnte nicht anders als knallrot anzulaufen und völlig entgeistert dreinzublicken. Ich konnte mir zwar genau denken, was er gerade träumte - dazu brauchte man ja nun nicht wirklich viel Phantasie - , aber wahrhaben wollte ich es nicht. Und darüber nachdenken wollte ich schon gar nicht. Während ich mich dazu zwang, nicht über Kira und das, was er träumte nachzudenken, stöhnte und keuchte er immer lauter. Ich hörte noch ein letztes Mal meinen Namen aus seinem Mund, bevor er verstummte, wieder seelenruhig schlief und dalag, wie die Unschuld in Person. Ich konnte immer noch nicht anders, als ihn total verpeilt und irritiert anzuglotzen und mich wieder haltsuchend gegen die Tür sinken zu lassen. Kurz darauf schlug er seine Augen auf und blickte mich an. "Was machst du denn hier?", fragte er verschlafen. Ich sah so schnell wie möglich weg. "Die anderen gingen mir irgendwie auf den Keks und da wollte ich nur mal sehen, was du so treibst", sagte ich. "Tut mir leid, falls ich dich geweckt haben sollte." "Hast du nicht", entgegnete er. "Na dann ist ja gut... wollen wir vielleicht was essen gehen?" "Ja, gerne. Ich zieh mir nur schnell was an", meinte er, stand auf und tapste noch etwas  verpennt zum Kleiderschrank rüber. Er kramte ein Shirt und Shorts hervor und zog sich schließlich an. Ich ließ ihn keine Sekunde aus den Augen, mein Blick glitt über jeden Zentimeter seines makellosen Körpers. Selbst, wenn er gerade erst aufgestanden war, sah er absolut umwerfen aus. Jetzt ging das schon wieder los... was dachte ich da eigentlich für einen Mist? Das war doch nicht mehr normal! Bevor ich mich weiter zurechtweisen konnte, war er fertig umgezogen und blickte zu mir hinüber, woraufhin ich schnellstmöglich weg sah. Ob er mitbekommen hatte, dass ich ihn beobachtet hatte? Ich hoffte inständig, er hatte es nicht. Sein knurrender Magen schien ihn zum Glück davon abzuhalten, Spekulationen darüber anzustellen, ob und wieso ich ihn beobachtet hatte, weshalb er auch kein Wort darüber verlor und wir ins nächste Restaurant gingen, um etwas zu essen. Ich stocherte ein wenig lustlos in meinem Essen herum, während er selbst sich hungrig über seine  Portion hermachte. "Alles in Ordnung?", fragte er und blickte mich ein wenig besorgt und skeptisch an. Ich nickte. "Ja, sicher." Er schien mir nicht ganz zu glauben, da er nachdenklich die Stirn runzelte. Allerdings fragte er mich nicht weiter aus, sondern zuckte nur ratlos mit den Schultern und aß in aller Ruhe weiter. Wahrscheinlich ahnte er mal wieder, dass ich ihm im Moment sowieso nichts erzählen würde. Bestimmt würde er später noch einmal darauf zu sprechen kommen, weshalb ich mir besser eine gute Ausrede einfallen lassen sollte, denn ich konnte ihm ja schlecht die Wahrheit erzählen. Nun ja, theoretisch konnte ich das schon, aber es wäre mir ziemlich unangenehm, meinem besten Freund erklären zu müssen, dass er im Schlaf immer wieder meinen Namen gestöhnt hatte, zumal ich keine Ahnung hatte, wie er so etwas aufnehmen würde. Nein, ich ließ es besser bleiben und sagte ihm nichts davon.   Nach dem Essen gingen wir zurück auf unser Zimmer. Es war mittlerweile später Nachmittag. Die Ruhe, die bis jetzt auf dieser Etage geherrscht hatte, wurde von unseren Klassenkameraden zunichte gemacht, die nach und nach alle auf ihre Zimmer gingen und auf das Abendessen warteten. Die meisten unterhielten sich lautstark, wie man durch die eigentlich gar nicht so dünnen Wände problemlos hören konnte. Ich seufzte und fläzte mich auf das Doppelbett, während Kira im Bad war und duschte. Gelangweilt lauschte ich den Gesprächsfetzen, die aus den Nebenzimmern zu mir hinüber drangen. Da ich jedoch wenig Zusammenhängendes verstand, gab ich es nach einer Weile auf und starrte an die weiße Decke. Doch auch diese konnte meine Aufmerksamkeit nicht für lange auf sich ziehen, sodass ich kurz darauf wieder einmal leicht frustriert seufzte und mich auf die Seite rollte. Ich fischte meine Zigaretten aus der Hosentasche. Als ich die Schachtel jedoch öffnete, musste ich feststellen, dass sie leer war. Geringfügig genervt versuchte ich, sie vom Bett aus in den Mülleimer zu befördern, welchen ich allerdings weit verfehlte. Na klasse, heute funktionierte aber auch gar nichts! Ich vergrub mein Gesicht in Kiras Kopfkissen und blieb ein paar Minuten so auf dem Bauch liegen, bis mir ein Licht aufging: Mein Zimmergenosse hatte ja auch noch Kippen. Stellte sich nur die Frage, wo? Ich überlegte einen Moment. Konnte gut sein, dass die Schachtel in seiner Hose war, also im Bad und damit für mich momentan unerreichbar. Ich entschied mich, allein schon aus Faulheit, dafür, mal in der Schublade seines Nachttischs nachzusehen. Wider erwarten fand ich seine Zigaretten tatsächlich dort. Womit hatte ich dieses Glück nur verdient? Ich hatte mir die Schachtel einfach gekrallt und wollte mir gerade eine der Kippen klauen, als ich plötzlich eine nur allzu bekannte Stimme hinter mir hörte: "Hey!" Es war natürlich Kira, wer sonst? Ertappt rollte ich mich wieder auf den Rücken und grinste ihn unschuldig an. "Du brauchst gar nicht so zu grinsen. Das sind meine Kippen, also gib sie wieder her!", forderte er. Ich schüttelte grinsend den Kopf. Böser Fehler. Kira, der seine Kippen wiederhaben wollte, stürzte sich auf mich und kitzelte mich zur Strafe erst einmal durch. Ich dachte allerdings trotzdem nicht daran, ihm seine Zigaretten wiederzugeben, weshalb er zu anderen Methoden greifen musste. Dreist wie er war, setzte er sich einfach auf meine Hüften, damit ich nicht weglaufen konnte und versuchte, mir die Schachtel wieder zu klauen. Ich war jedoch ein wenig schneller als er, sodass er sie nicht zu fassen bekam. Vergebens versuchte ich, ihn von mir herunter zu schieben. Natürlich wäre es das Einfachste gewesen, ihm die Kippen zu geben, aber warum einfach, wenn's auch kompliziert ging? Nun ja, wie schon gesagt, versuchte ich Kira loszuwerden und gleichzeitig seine Kippen zu behalten, was sich jedoch als wesentlich schwieriger herausstellte als ursprünglich angenommen. Kira, dem allmählich der Geduldsfaden zu reißen schein, rutschte einfach noch ein Stück weiter hoch, sodass er meine Arme besser zu fassen bekommen konnte. Ich stöhnte vor Schmerz auf, als er schließlich auf meinem Bauch und somit auf meinen Blutergüssen saß, doch das schien ihm nicht im Geringsten zu stören. Es tat wirklich verdammt weh, aber ich konnte ihm keine Schuld geben, da er ja nichts von den Verletzungen wusste und auch nichts davon erfahren sollte. "Aahh, Kira!", stöhnte ich, als er sein Gewicht verlagerte und somit auf einer extrem empfindlichen Stelle saß. "Stell dich nicht so an", gab er leicht amüsiert zurück und griff nach meinem rechten Arm, welchen er auch zu fassen bekam. Sofort versuchte er, sich meinen zweiten Arm auch noch zu schnappen, wobei er wieder sein Gewicht verlagerte. "Aahh!" Ich keuchte und wand mich unter ihm. Er hatte mittlerweile meine Arme auf der Matratze festgenagelt und beugte sich zu mir hinunter. Mein Atem ging Stoßweise, wieder entkam meiner Kehle ein Keuchen. Er musste endlich von mir runter, was ich ihm auch prompt sagen wollte. Allerdings brachte ich nicht mehr als ein Gestöhntes 'Kira' heraus, da die Blutergüsse mit Hilfe eines ziemlich intensiven Schmerzes auf sich aufmerksam machten. "Warum denn so empfindlich?", hauchte er mir ins Ohr. Ich musste schlucken, brachte kein Wort über meine Lippen. Eine Gänsehaut zog sich über meinen Körper. Er war so nah, zu nah. Mit einem leicht hinterhältigen und schadenfrohen Grinsen nahm er zur Kenntnis, was diese Aktion für eine Wirkung auf mich gehabt hatte. Heißer Atem streifte meine Haut, bevor er schließlich begann, sich meinen Hals hinab zu küssen. Mir entkam ein leises Keuchen. Ich bäumte mich ein Stück weit unter ihm auf, wurde jedoch erbarmungslos zurück auf die Matratze gedrückt. Ich war völlig durcheinander, was wohl auch der einzige Grund dafür war, dass ich nicht die Kraft dazu aufbrachte, mich Kiras zu entledigen und das hier zu beenden. Aber... wollte ich das überhaupt? Es beenden?  Ich schüttelte leicht den Kopf. Was war nur los, dass ich in letzter Zeit so viel wirres Zeug dachte? Was passierte hier mit mir? Ich konnte ein lautes Stöhnen nicht unterdrücken, als Kiras Lippen von seiner Zunge abgelöst wurden. Mein Atem ging unregelmäßig und ich musste mich extrem zusammenreißen, um auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können. "Was... tust du?", fragte ich mit zittriger Stimme, sie drohte mir jeden Moment den Dienst zu versagen. "Dich ärgern", grinste er und richtete sich schließlich wieder auf. "Sehr witzig", giftete ich. Wie gern ich ihm dieses selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht gewischt hätte. Wie sehr ich ihn in diesem Moment hasste! Oder hasste ich mich selbst, weil... ja, warum eigentlich? Kapitel 12: ------------ Kiras PoV   So leid es mir auch tat, ich konnte mir mein selbstgefälliges Grinsen einfach nicht verkneifen. Kato schien wohl doch nicht so hetero zu sein, wie er es gern wäre. Ich meine, jeder andere Kerl hätte sowas gar nicht erst zugelassen, mir gar keine Zeit gegeben, so etwas zu tun und schon gar nicht gestöhnt. Okay, zugegeben: Ich fand es ziemlich amüsant, dass Kato wegen so einer Kleinigkeit, die eigentlich nicht das Geringste zu bedeuten hatte, scheinbar so durch den Wind war, aber eigentlich war es gemein von mir, ihn mit so einer Situation zu überfordern. Wahrscheinlich hatte er nur deswegen so reagiert, weil ich ihn schlichtweg überrumpelt hatte und ich brauchte mir gar nichts darauf einzubilden, aber wer wusste das schon. "Kannst du von mir runter gehen... bitte", erklang Katos, auf einmal extrem leise und zerbrechliche Stimme unter mir. "Was? Achso, sicher", entgegnete ich und beeilte mich, aufzustehen. Er senkte rasch den Blick, als ich ihn ansah. Ich stutzte. Hatte ich da eben in seinen blauen Augen Trauer sehen können? Enttäuschung? Er wirkte auf einmal so schwach, verletzt. Sollte ich ihn mit meinem kleinen Spielchen, was wirklich nur als Spaß gemeint gewesen war, um ihn ein bisschen zu provozieren, verletzt haben? Auf einmal plagte mich ein furchtbar schlechtes Gewissen. Sollte ich es tatsächlich übertrieben haben? Ein schmerzerfülltes Keuchen neben mir riss mich aus meinen Gedanken. Kato hatte versucht sich aufzusetzen, was ihm scheinbar Schmerzen zu bereiten schien, weshalb er sich den Bauch hielt und sich wieder zurück auf die Matratze sinken ließ. Okay, jetzt machte ich mir erst recht Sorgen. "Alles in Ordnung?", fragte ich und musterte ihn besorgt. "Das wird schon wieder", erwiderte er, was ich ihm jedoch nicht wirklich glaubte. "Lass mich mal sehen." Ich beugte mich zu ihm hinüber. Er verschränkte die Arme vor dem Bauch und wandte sein Gesicht von mir ab. "Nein", sagte er kaum hörbar. Es klang nicht so, als würde er mich ernsthaft von dem abhalten wollen, was ich vorhatte. "Du weißt, dass ich dir nicht weh tun will. Ich will dir nur helfen, okay? Und... wenn ich dich mit der Aktion eben irgendwie verletzt haben sollte, tut mir das leid", sagte ich, da ich mich immer noch irgendwie schuldig fühlte. "Schon okay", entgegnete er leise. Vorsichtig legte ich eine Hand auf seinen Arm. Kato zögerte einen Sekundenbruchteil, bevor er ihn schließlich selbst beiseite nahm. Es schien so, als würde er mich doch gewähren lassen. Nachdem er auch den zweiten Arm weggenommen hatte, rückte ich näher an ihn heran und streckte langsam eine Hand nach ihm aus. Ich ließ sie einen Moment über seinem Hosenbund verweilen und da er nicht protestierte, schob ich vorsichtig sein T-Shirt hoch und erschrak. Sein kompletter Oberkörper war mit Blutergüssen übersät. Mir blieb sprichwörtlich die Luft weg bei diesem Anblick. "War das... dein Vater?" Ich versuchte meine Stimme ruhig klingen zu lassen, was mir jedoch nicht so recht gelingen wollte. Er nickte. "Mein Alter hatte extrem schlechte Laune..." "Aber warum hast du denn nichts gesagt? Jetzt hab ich dir nur unnötig weh getan und alles nur noch schlimmer gemacht." Ich wusste selbst nicht warum, aber ich war plötzlich total verzweifelt. Ich fühlte mich so furchtbar elend, fast, als wäre ich an diesen Wunden schuld. "Hey, ist doch nicht deine Schuld", sagte er, als hätte er meine Gedanken gelesen und legte mir eine Hand auf die Schulter. "Jetzt guck doch nicht so traurig. ich hab dir nur nichts gesagt, weil ich genau vor dieser Reaktion Angst hatte. Ich wollte nicht, dass du dir unnötig Sorgen um mich machst. Es sieht alles schlimmer aus als es in Wirklichkeit ist, glaub mir." "Aber du konntest dich eben nicht mal hinsetzen!", protestierte ich. Er seufzte. "Okay, vielleicht ist es doch etwas schlimmer als ich zugeben möchte, aber ich werd's überleben." Ich sah ihn mit einer Mischung aus Zweifel und Verunsicherung an. Eigentlich völlig untypisch für mich, da das Wort Verunsicherung nicht zu meinem Wortschatz gehörte, aber irgendwie konnte ich im Moment nicht anders. Kato sah mich nicht an, worüber ich in diesem Moment wirklich froh war. In meinem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander, dessen Ursache ich mir nicht erklären konnte. Ich schüttelte den Kopf, um diese wirren Gedanken zu vertreiben. Noch immer etwas durcheinander ließ ich meinen Blick einmal durchs Zimmer und wieder zu ihm zurück schweifen. Mein Herz schien einen Schlag auszusetzen, als sich unsere Blicke trafen. Ich brachte keinen Ton heraus, konnte mich nicht von ihm abwenden. Er sah mich stumm an. Ob es ihm genauso ging wie mir? Die Tür flog auf. "Hey Leute - ", Rei brach mitten im Satz ab, als er uns sah. Ich zuckte erschrocken zusammen und wollte schnellstmöglich etwas Abstand zwischen Kato und mich bringen, was mir auch gelang. Allerdings anders als geplant. Ich hatte mich so ruckartig von ihm weg bewegt, dass ich vom Bett gefallen war und nun vor Rei auf dem Boden saß, welcher mich sehr skeptisch musterte. "Ähhm...", begann ich. Sehr geistreiche Aussage, ganz toll Kira. "Das ist jetzt nicht das, wonach es aussieht." Autsch, jetzt hatte ich richtigen Mist rausgehauen. "Aha", sagte Rei gedehnt. "Ich lass euch dann mal wieder allein..." "Das musste jetzt sein, oder?", giftete Kato, kaum, dass die Tür hinter unserem Kumpel ins Schloss gefallen war. "Weißt du, was die jetzt alle denken, wenn der denen das erzählt?" Ich schwieg. Das hatte ich ja mal wieder toll hingekriegt... "Ich... ach, vergiss es!", fauchte er und stürmte aus dem Zimmer. Ich blieb allein zurück und zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich das wieder hinbiegen sollte. Da ich zu keinem Ergebnis kam, beschloss ich, zu den Anderen rüber zu gehen und ihnen die Angelegenheit zu erklären, damit sie nichts Falsches dachten. Ich klopfte an und trat ein. Die Vier schauten mich teils überrascht, teils skeptisch an, widersprachen aber nicht, als ich mich auf dem freien Stuhl am Tisch zwischen Takeshi und Katsura niederließ. Stille. Niemand traute sich, etwas zu sagen. Rei hatte ihnen mit Sicherheit erzählt, was er gesehen hatte und wenn ich je wieder ein Wort mit Kato wechseln wollte, musste ich klarstellen, dass sie mit ihren Vermutungen falsch lagen. "Ich weiß, was ihr denkt", begann ich und schob mir eine Zigarette zwischen die Lippen. "Kira, jetzt mal ganz ehrlich: Du bist nicht ganz hetero, oder?", schaltete sich nun Rei ein. "Nein, bin ich nicht, da hast du recht", entgegnete ich und zündete die Zigarette an. Ich nahm einen tiefen Zug und ließ den Rauch langsam aus meinen Lungen entweichen. "Aber Kato schon. Ich hab keine Ahnung, was Rei euch erzählt hat, aber es ist gut Möglich, dass sein erster Eindruck von der Situation falsch war." "Dem zufolge, was er uns erzählt hat - ", begann Takeshi, wurde aber von Katsura unterbrochen: "Ist doch egal jetzt... klär uns einfach mal auf, Kira." "In Ordnung. Ich glaube Kato killt mich, wenn ich das nicht richtig stelle..." Ich hielt einen Moment lang inne, bevor ich schließlich zu erzählen begann. Die anderen hörten schweigend zu, unterbrachen mich kein einziges Mal. Katsura war der Erste, der das Wort erhob, als ich geendet hatte. "Na seht ihr, das war alles nur ein Missverständnis." "Hätte man bei dem Gestöhne aber nicht gedacht", grinste Rei. "Wenn du nächstes Mal sowas abziehst denk dran, wie dünn die Wände sind", lachte Takeshi. Ich atmete erleichtert auf. Mir fiel förmlich ein Stein vom Herzen, weil sie mir glaubten. Ich hoffte nur, dass Kato mir verzeihen konnte, jetzt, da sichergestellt war, dass niemand dachte, er wäre schwul. Aber ich würde jetzt ganz sicher nicht losrennen und ihn suchen. Ich hatte sowieso keinen blassen Schimmer, wo ich suchen sollte. Ich würde einfach warten, bis er von sich aus wieder ankam, ihm hinterherzurennen hatte keinen Zweck, damit würde ich ihn nur verschrecken. Kapitel 13: ------------ Katos PoV   Kira hatte sich gerade über mich gebeugt, wobei seine Hand an meinem Hosenbund ruhte und sah mir in die Augen, als plötzlich die Tür aufflog und Rei ins Zimmer kam. Na klasse. Der musste auch echt zum unpassendsten Zeitpunkt reingestürmt kommen. Er hatte den begonnen Satz sofort abgebrochen. Kira, der zuerst seine Sprach wiederfand, erhob das Wort: "Das ist jetzt nicht das, wonach es aussieht..." Ich konnte nicht anders als ziemlich dämlich aus der Wäsche zu gucken. Was hatte er gerade rausgehauen!? Rei gab noch etwas von sich, was ich allerdings nicht bekam, weil ich gerade zu sehr mit meinen amoklaufenden Gedanken beschäftigt war, die sich nur so überschlugen und durcheinander purzelten. "Das musste jetzt sein, oder?", giftete ich, als unser Kumpel verschwunden war. "Weißt du, was die jetzt alle denken, wenn der denen das erzählt?" Kira hüllte sich in Schweigen. "Ich... ach, vergiss es!", fauchte ich, rappelte mich auf und stürmte aus dem Zimmer, meinen schmerzenden Bauch dabei gekonnt ignorierend. Ich musste unbedingt hier weg. Schnellstmöglich verließ ich das Hotel und steuerte den Strand an. Wahrscheinlich hatte das halbe Hotel mitbekommen, wie ich gestöhnt hatte, als Kira mich 'gefoltert' hatte. Frustriert ließ ich mich in den Sand fallen und starrte aufs Meer hinaus. Ich musste unbedingt Dampf ablassen sonst würde ich womöglich noch explodieren. Allerdings war es, wie ich feststellen musste, nicht wirklich Kira auf den ich sauer war, sondern ich selbst. Ein Teil von mir hatte längst begriffen, dass ich für Kira doch mehr als nur Freundschaft empfand und dementsprechend also alles andere als hetero war, ein anderer Teil jedoch weigerte sich noch immer strickt, diesen Tatsachen ins Augen zu blicken. Es war doch schließlich offensichtlich, dass ich was von meinem besten Freund wollte. Ich meine, welcher Kerl springt schon darauf an, wenn sich ein anderer vor ihm auszieht? Richtig, keiner. Da hätten wir also schon mal ein Anzeichen dafür, dass ich wohl doch - und ich hasste mich dafür, es mir tatsächlich einzugestehen, es auszusprechen - schwul war. Ohne es wirklich zu merken, ließ ich eine Hand an meinen Hals wandern. Sie verweilte geraume Zeit an der Stelle, die Kira mit Lippen und Zunge liebkost hatte, bevor ich mir dessen wirklich bewusst wurde. Ich seufzte leicht frustriert auf. Vielleicht sollte ich erst einmal eine Runde schwimmen gehen, um den Kopf frei zu bekommen, bevor ich Kira wieder unter die Augen treten und mich für mein Verhalten entschuldigen konnte. Gesagt, getan. Ich stand kurzerhand auf, entledigte mich meiner Kleidung - nein, nicht meiner gesamten Kleidung, nur meines T-Shirts und meines kurzen Hose, ich hatte immer noch Boxershorts an -  und machte mich auf den Weg ins Meer. Ich blieb stehen, als das doch recht kalte Wasser meine Beine umspülte. Einen kurzen Moment lang zögerte ich, bevor ich Anlauf nahm und wenig später kopfüber in das kühle Nass sprang. Kurz darauf tauchte ich wieder auf und strich mir ein paar nasse Haarsträhnen aus der Stirn. Als ich weit genug raus geschwommen war, begann ich meine Bahnen in der Nähe der Absperrung zu ziehen. Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ich dieser sportlichen Betätigung geschenkt hatte, als ich mich irgendwann dazu entschloss wieder an Land zu gehen. Aber es musste doch eine ganze Weile gewesen sein, da mittlerweile der Sonnenuntergang angebrochen war. Ich hatte mich kaum zwei Schritte vom Wasser entfernt, als ich auch schon Kira in die Arme lief. Hatte er nach mir gesucht? War gut möglich, immerhin war ich vor einer ganzen Weile einfach so abgehauen. Normalerweise ließ ich nicht so lange auf mich warten, wenn ich sauer war. Nun ja, wenn man es genau nahm, war ich ja nicht einmal sauer. Nicht mehr zumindest. Natürlich war ich wütend gewesen, weil er vor Rei diesen einen Satz hatte raushauen müssen, aber das war im Endeffekt kaum mehr der Rede wert. Wenigstens war ich - man könnte beinahe endlich sagen - zu dem Schluss gekommen, dass meine Gefühle und Gedanken nur deshalb so ein Chaos waren, weil ich mich in meinen besten Freund verguckt hatte. So gesehen hatte die Situation also sogar etwas Gutes gehabt. Aber genug davon. Wie schon erwähnt, war Kira am Strand aufgetaucht und stand nun vor mir. Wie es schien, ein wenig unschlüssig, was er sagen sollte. Er hatte sich bestimmt lange überlegt, was er mir hatte sagen wollen, aber wie das in solchen Situationen nun einmal war, vergaß man sofort, was man jemandem hatte sagen wollen, sobald man besagter Person gegenüber stand, befand die zurechtgelegten Sätze für reinen Schwachsinn und sah deshalb leicht beschämt zu Boden und schwieg beharrlich, so wie mein bester Freund es in diesem Moment tat. Allerdings ging es mir kein Stück besser. Ich wusste genauso wenig, was ich sagen sollte. Aber wir konnten auch nicht ewig hier stehen, uns anschweigen und darauf warten, dass der jeweils Andere endlich zu sprechen begann. "Was machst du hier?", fragte ich in dem Versuch das Eis zu brechen. Er schien es jedoch anders aufzunehmen, als ich es hatte ausdrücken wollen, da er leicht verletzt drein blickte. "Du warst so lange weg, da hab ich angefangen mir Sorgen zu machen und hab nach dir gesucht. Ich sollte wohl besser wieder gehen..." Er wandte sich zu gehen. Ich griff nach seinem Arm und hinderte ihn somit daran, sich zu weit von mir zu entfernen. "Nein, bleib hier", entgegnete ich leise und sah zu Boden. Ich wollte auf keinen Fall, dass er ging, jetzt, da ich mir endlich eingestanden hatte, was ich für ihn empfand. Er blickte mich schweigend an. Wahrscheinlich wusste er nicht, wie er mit mir umgehen sollte, nachdem ich vorhin so wütend davon gestürmt war. "Es tut mir leid", begann ich schließlich. "Ich hab vorhin überreagiert, das war gar nicht so gemeint. Ich bin nicht sauer auf dich, falls du das denkst." "Du hättest aber allen Grund dazu..." "Du redest zu viel dummes Zeug", murmelte ich, zog ihn näher zu mir und küsste ihn. Sofort schlangen sich seine Arme um meine Taille, drückten mich eng an ihn. Er erwiderte meinen zaghaften Kuss. Ich legte eine Hand in seinen Nacken und strich mit der Zunge über seine Lippen. Ich musste nicht lange darauf warten, dass mir Einlass gewährt wurde. Unsere Zungen fochten ein leidenschaftliches Duell aus, während ich mich haltsuchend mit einer Hand in sein Shirt krallte. Das hier war so viel besser als alles andere. Noch nie hatte ich mich nach einem Menschen so sehr verzehrt, es brachte mich beinahe um den Verstand. Atemlos lösten wir uns schließlich wieder voneinander. Ich fuhr mir mit der Hand durch das nasse Haar und versuchte meinen unregelmäßigen Atem und mein rasendes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen. "Und ich hab vorhin noch eine geschlagene Stunde damit verbracht, den Anderen zu erklären, dass du nicht schwul bist", grinste Kira. Ich konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen. "Tja, das hättest du dir wohl sparen können." Ein kalter Windstoß ließ mich frösteln. "Lass uns rein gehen", beschloss ich und griff nach meinen Klamotten, die immer noch im Sand lagen. "Ist gut", meinte er. Ihm schien ebenfalls kalt zu sein. War ja auch nicht sonderlich verwunderlich nach dem engen Körperkontakt. Ich war immerhin komplett nass gewesen, was zur Folge gehabt hatte, dass seine Kleidung ebenfalls durchnässt worden war.   Die Zimmertür war kaum hinter uns ins Schloss gefallen, als Kira mich auch schon gegen ebenjene drückte und mich in einen atemlosen Kuss verwickelte, den ich nur zu gern erwiderte. Ich schob meine Hände unter sein Shirt und strich über die leicht feuchte Haut, zeichnete die Konturen, der sich abzeichnenden Muskeln nach. Kira seinerseits ließ seine Hände über meinen Rücken gleiten und intensivierte den Kuss. Als wir uns kurz voneinander lösten, musste sein Shirt weichen, sodass ich nun auch seine Brust mit meinen Fingern liebkosen konnte. Seine Hände ruhten mittlerweile auf meinem Hintern. Ich stöhnte in den Kuss hinein, als er fest zupackte und mich enger an sich zog. Ich konnte seine Erregung durch den Stoff seiner Hose spüren, was meine Lust nur noch zusätzlich entfachte. Sofort machte ich mich an seiner Hose zu schaffen, sodass auch sie ihren Weg auf den Boden fand. Kira, der nun wohl ernst machen wollte, hob mich kurzerhand hoch und trug mich zum Bett. Ich kam unter ihm zum Liegen, allerdings wollte ich es ihm nicht so leicht machen und drehte den Spieß einfach um, sodass ich nun Kira unter mir hatte. Dieser gab sich jedoch nicht geschlagen, was dazu führte, dass wir uns noch eine Weile spielerisch kabbelten, bevor er auf meinen Hüften saß, sich langsam meinen Hals hinab küsste und ich mich schließlich geschlagen gab. Ein Keuchen entkam meiner Kehle, als er mir in den Hals biss. Entschuldigend leckte er über die Stelle, bevor er sich an ebenjener festsaugte. "Ist mein Körper nicht schon mit genügend Flecken verunstaltet?", fragte ich, als er von meinem Hals abließ. "Ich wollte mich eben auch noch verewigen", entgegnete er und verschloss meine Lippen mit den seinen, damit ich nicht widersprechen konnte. Da ich weiterhin unten lag, musste ich mich damit begnügen, seinen Körper mit meinen Händen zu liebkosen, während unsere Küsse immer fordernder wurden. Nachdem wir unseren Kuss aus Sauerstoffmangel unterbrochen hatten, machte er sich daran, meinen geschundenen Oberkörper mit Lippen und Zunge zu liebkosen, was mir immer wieder ein Keuchen oder leises Stöhnen entlockte. Er hielt sich nicht lange mit meinen Boxershorts auf, als er am Hosenbund angekommen war, sondern zog sie einfach kurzentschlossen herunter und warf das unnütze Kleidungsstück beiseite. Er küsste sich an den Innenseiten meiner Schenkel entlang, ließ sich Zeit, bevor er sich schließlich meiner Erregung widmete und sie mit den Lippen umschloss, sodass ich laut aufstöhnen musste. Ich bäumte mich unter ihm auf, wurde jedoch sanft wieder auf die Matratze zurück gedrückt, als er nun damit begann, mit einem Finger in mich einzudringen. Er entließ mein Glied aus seiner heißen Mundhöhle, was mir einen leisen, enttäuschten Laut entlockte. "Versuch dich zu entspannen, okay?", sagte er und verwickelte mich zur Ablenkung in einen leidenschaftlichen Kuss, während er damit fortfuhr, mich vorsichtig zu weiten. Da ich mich vollends auf das Spiel unserer Zungen konzentrierte, entspannte ich mich schnell, sodass dem ersten Finger kurz darauf ein zweiter und schließlich ein dritter folgen konnte. Er unterbrach den Kuss einen Moment lang, als er mir seine Finger wieder entzogen hatte und sah mir in die Augen. "Bereit?", fragte er. Ich nickte. Erneut küsste er mich, bevor er mein Becken etwas anhob und langsam in mich eindrang. Er gab mir Zeit, mich an das unbekannte Gefühl zu gewöhnen. Als ich mich wieder entspannt hatte, begann er einen langsamen Rhythmus aufzubauen, der jedoch immer mehr an Geschwindigkeit und Kraft zunahm, je näher wir dem Höhepunkt kamen. Ich ergoss mich laut stöhnend auf seinen Bauch. Als ich mich um ihn herum zusammenzog, kam auch er mit meinem Namen auf den Lippen.   Er zog sich aus mir zurück und ließ sich erschöpft neben mir auf die Matratze sinken. Ich schmiegte mich an ihn, er legte einen Arm um mich und hauchte mir einen Kuss aufs Haar. Ein geflüstertes "Ich liebe dich" war das letzte, was ich hörte, bevor ich an ihn gekuschelt einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)