C'est la vie von Black_Melody (Manchmal geht das Leben seltsame Wege) ================================================================================ Kapitel 1: Welcome to your personal hell ---------------------------------------- Auch ein Weg von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt. – Koreanisches Sprichwort „Wenn du das wirklich durchziehst, rede ich nie wieder auch nur ein einziges Wort mit dir!“ Das war der letzte Satz, den meine Mutter von mir zu hören bekommen hatte. Vor vier Tagen. An der Tatsache, dass ich seitdem nicht mehr mit ihr gesprochen hatte, ließ sich wohl erkennen, wie wirksam die Drohung gewesen war. Es hätte ja funktionieren können. Aber wäre es so gewesen, hätte ich wohl kaum in dem Flugzeug gesessen, das uns nach Seoul brachte. Ich hatte ja prinzipiell nichts dagegen, dass meine Mutter sich nach vier Jahren des Alleinseins wieder verliebt hatte. Nein, absolut nicht, ich gönnte es ihr, auch wenn ich Liebe für unnötig hielt. Es störte mich auch nicht, dass sie, wie in modernen Zeiten nicht unüblich, das Internet zur Hilfe genommen hatte. Das war für mich völlig in Ordnung. Was mir aber gewaltig gegen den Strich ging, war die Tatsache, dass sie nach acht Monaten Fernbeziehung beschlossen hatte, dass wir zu ihrem neuen Lover nach Südkorea ziehen sollten. Aber ich wurde ja nur vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich hatte nicht mal mehr die Zeit gehabt, mich von meinen Freunden zu verabschieden, aber ich musste diesem Miststück, das mich auf die Welt gebracht hatte, lassen, dass sie das geschickt eingefädelt hatte. Sonst wäre ich wahrscheinlich über Nacht einfach verschwunden. Das war ihr wahrscheinlich auch bewusst gewesen. Verdammter Mist. Wieso hatte ich etwas gegen einen Spontanumzug? Mal überlegen, vielleicht war es die Tatsache, dass ich noch nicht volljährig war, aber immerhin alt genug, um zu wissen, was ich wollte und was nicht. 9000 Kilometer, sieben Stunden Zeitverschiebung. Ich wechselte mal eben den Kontinent! Und zu allem Überfluss beherrschten weder mein jüngerer Bruder noch ich die Landessprache auch nur annähernd, von meiner Mutter wollte ich gar nicht anfangen. Und dabei ging es eigentlich nicht darum, dass wir nach Seoul zogen. Tokyo, Jakarta, Bangkok – das alles wäre mir gleich schrecklich vorgekommen. Weil in diesen Ländern nicht jeder fließend englisch beherrschte und ich mit einer Kultur konfrontiert wurde, die ich nicht kannte. Wobei mir die Kultur wesentlich harmloser vorkam als die sprachlichen Barrieren. Zu allem Überfluss war ich schon an einer Schule angemeldet. Na super. Zwar eine Schule für Ausländer, aber ich wusste jetzt schon, dass das absolut daneben gehen würde. Weil ich nicht war wie sie. Ich war einfach nicht wie die anderen Mädchen in meinem Alter, und mit Jungen kam ich auch nicht wirklich aus. Weil ich nicht darauf aus war, mich zu besaufen. Weil ich mich absichtlich anders stylte. Weil ich andere Dinge schätzte als andere Jugendliche. Und doch war ich irgendwie wie sie, aber das hatte nie jemand außerhalb der Szene versucht zu sehen. Faktisch war ich einfach gegen alles und jeden. Und das würde zumindest für die nächsten neun langen Monate so bleiben. In neun Monaten würde ich 18 Jahre alt werden und zusehen, dass ich meinen Hintern schleunigst wieder nach Deutschland bekam. Ich könnte sicherlich bei meiner besten Freundin unterkommen, das wäre ja auch nur eine Zwischenlösung. Und dafür würde ich direkt mal anfangen, meine Kohle zusammenzukratzen. So viel war sicher. Nichts würde mich länger in Korea halten als unbedingt notwendig. Seufzend lehnte ich mich zurück und schloss die Augen, konzentrierte mich auf die Musik, die mich umgab, indem ich meinen MP3-Player einfach lauter stellte. Wenigstens gab es in Südkorea anständige Musik, und nach Japan hatte ich es auch nicht so weit. Immerhin würden die Menschen in meiner Umgebung nichts an meinem Musikgeschmack auszusetzen haben. Ich war mir sicher, auch so alle schnell gegen mich aufzubringen mit dem Sprich-mich-an-und-du-stirbst-Blick und der Anti-Einstellung. Yeah. Das würden lustige Monate werden. „Jia. Hey. Du sollst aufhören, so missmutig zu gucken“, sprach mein Bruder mich an, nachdem er mir einfach einen Kopfhörer geklaut hatte. Ausgerechnet der, der mein einziger Verbündeter sein sollte und es meistens auch war, versuchte, zwischen meiner Mutter und mir zu vermitteln. Was er auch musste. Immerhin sprach ich nicht mehr mit meiner Mutter und ignorierte, was sie sagte. „Lass mich, Josh“, knurrte ich und versuchte, meinen Kopfhörer zurückzuerobern. Er sollte mich einfach nur in Ruhe sterben lassen. Ob ich mich kindisch verhielt? Vielleicht ein wenig, aber jeder, der so urteilte, sollte mal bitte versuchen, sich in meine Lage zu versetzen. Es konnte ja nicht jeder wie mein Bruder sein und das alles einfach so hinnehmen. „Du weißt, dass ich genauso viel Bock auf den Umzug habe wie du, aber was können wir machen? Wir haben doch schon alles durch, Eltern sitzen leider am längeren Hebel.“ Ja, da hatte er recht, was mich aber nicht daran hinderte, ihm einen finsteren Blick zuzuwerfen. Wir hatten gebettelt, geschrien, Sachen kaputt geschlagen, versucht, ruhig zu argumentieren und es hatte nichts gebracht. Wobei ich mich tatsächlich noch mehr angestrengt hatte als mein Bruder. Ich hatte sehen können, dass meine Mutter förmlich geplatzt war, zumindest teilweise, aber trotzdem war sie hart geblieben. Die Frau hatte ein Herz aus Diamant. Zu hart, um auch nur einen Splitter abzubekommen. Ich seufzte, als verkündet wurde, dass wir in wenigen Minuten landen würden. Ich war nach 18 Stunden Flug müde, durchgeschwitzt und immer noch schlecht gelaunt. Und demnächst würde ich den neuen Freund meiner Mutter kennenlernen. Und sie ihn auch das erste Mal persönlich treffen. Wehe, ich würde in den nächsten Monaten noch einen neuen Stiefvater kriegen. Dem würde ich das Leben zur Hölle machen, ein endloser Albtraum aus Schmerz und Verzweiflung. Wenn er sich mit der Hochzeit immerhin noch zurückhielt, bis ich ganz weit weg war, würde ich ihn nur meinen Hass spüren lassen, aber er würde überleben. Ich hatte nicht viel Bock auf einen koreanischen Nachnamen. Erst recht nicht Kim. Jia Kim. Wie dumm würde das denn klingen. Und selbst wenn er ganz in Ordnung wäre, er hatte keine Chance, mit mir auszukommen. Weil ich unausstehlich war. Die letzten Minuten verbrachte ich damit, grimmig in der Gegend umher zu starren, was ich vorher eigentlich auch schon getan hatte. Ich musste die Musik leider ausschalten, also hatte ich nichts anderes zu tun. Na wunderbar. Ich war noch nicht mal angekommen und mir war langweilig. Wenn mein zukünftiger Stiefpapi schon leiden würde, würde ich in der Zwischenzeit sterben. Nach der Landung ging eigentlich alles für meinen Geschmack viel zu schnell. Ich wollte diesen Typen nicht sehen, aber er holte uns ja schon vom Flughafen ab. Mein erster Eindruck war eigentlich gar keiner. Der Typ war mir egal. Ich wusste, dass er Daniel Kim hieß, in den Staaten geboren war, einen amerikanischen Vater und eine koreanische Mutter hatte und ehrlich gesagt reichte das völlig. Er sah nicht so übel aus, wie ich erwartet hatte, aber sonst sagte ich kein Wort, ignorierte ihn und verkündete nur lautstark, dass ich duschen und schlafen wollte, und das am besten gleichzeitig, worauf mein Bruder nur genervt seufzte, aber das war mir egal. Er ging mir auch so manches Mal auf die Nerven, wenn er stundenlang das Bad besetzte, weil er seine Haare noch machen musste. Dann konnte er auch eine halbe Stunde warten, während ich duschte. „Jia, sei ein wenig netter“, sprach meine Mutter mich dann doch mal direkt an, obwohl sie eigentlich darauf hätte kommen können, dass ich sicherlich nicht auf sie hörte. Von allen verhassten Menschen der Welt würde ich auf sie gerade am Wenigsten hören. Aber das würde ich ihr sicher nicht sagen. Spätestens in einer Woche, wenn die Schule nach den Ferien wieder beginnen würde, würde es eh einen neuen Konflikt geben. Ich hatte nicht vor, zur Schule zu gehen, nein, dann doch lieber ausschlafen, Musik hören und in Selbstmitleid baden. Aber meine liebste Frau Mutter würde das natürlich nicht so leicht zulassen. Diskussionen vorprogrammiert. Die Zeit der Autofahrt verbrachte ich im Halbschlaf. Ich war einfach nur noch fertig, der Flug war die eine Sache, der Stress der letzten Tage der andere. Und ich wollte nicht unter der Dusche einschlafen. Obwohl das durchaus dem Möglichen entsprach. Ich wollte aber im Auto auch nicht völlig einschlafen, das würde böse enden. Aber ich war so müde und ein paar Minuten würden niemandem schaden. Sicherlich nicht. Und mein Brüderchen würde mich schon wecken… Dachte ich zumindest, denn ich wachte in einem Bett auf. Mein eigentliches Bett war es nicht, also konnte das ganze Ding mit Auswandern kein Albtraum gewesen sein. Na dann. Hätte ja klappen können. Aber auch mein an der Wand stehender Koffer widersprach dem. Oh, wie ich nur hoffte, dass Joshua mich hochgetragen hatte, wäre ja noch schöner, wäre das dieser Bastard gewesen. Geduscht hatte ich aber immer noch nicht, und das war das nächste, was ich tun würde. Aber ganz sicher. Deswegen stand ich auf und lief einfach in den Flur. Eine Wanduhr verriet mir, dass es früher Nachmittag war. Änderte nun leider nichts daran, dass der Tag nicht mehr besser werden würde. Im Gegenteil, mit dem Essen konnte es nur noch schlimmer werden, aber daran wollte ich gar nicht denken. Genauso wenig wie an meine Zwangsdiät. Wasser. Duschen. Badezimmer finden. Das war erst mal die Mission. Mir fiel erst jetzt auf, dass das Haus nicht allzu klein zu sein schien. Es erinnerte mich an diese modernen Architektenhäuser mit Glaswänden zur Gartenseite und ging über mindestens zwei Etagen, sonst wäre die Treppe im Flur relativ unnötig. Da ich keine Ahnung hatte, wo ich hin sollte, ging ich einfach nach unten und stand in einem riesigen Wohnzimmer, in welchem ich gleich mein Hassobjekt entdeckte. Und einen riesigen Fernseher, von der Anlage mal ganz zu schweigen. Mit dem Haus konnte ich mich sicher ganz leicht anfreunden. Okay, jetzt musste ich mit dem da Kontakt aufnehmen. Weil ich das Bad sonst nie finden würde. Der Typ schien Kohle wie Heu zu haben. Immerhin war tatsächlich die Wand hinter dem Fernseher verglast und ein schöner Garten erstreckte sich draußen. Das einzige, was ich an dem Haus hätte kritisieren können, wäre gewesen, dass es zu krass war. Aber das war kein Kritikpunkt. Nicht in dem Sinne. Und das wurmte mich irgendwie. „Hey, Daniel. Wo ist denn das Bad?“, fragte ich direkt und schon fast ein wenig beiläufig. Er sollte ja nicht auf die Idee kommen, dass ich ihn brauchte. Ich würde das Bad zur Not auch allein finden, es würde nur ein wenig länger dauern. „Oben am Ende des Flurs“, antwortete er lächelnd. Na super. Ich schaffte es gerade noch so, mir ein „Danke“ herauszuwürgen, bevor ich die Treppe wieder hinaufging und schleunigst zum Bad lief. Gott, der versuchte aber auch, sich gut mit mir zu stellen, der Art und dem Tonfall nach zu urteilen. Dass das eventuell gar nicht in meinem Interesse lag, schien für ihn gar nicht so auf der Hand zu liegen wie für mich. Ich wollte von dem Mann, seiner Familie und seinem Job nicht viel wissen. Aber gut, wenn er mir genügend Freiheiten und eine Kreditkarte ohne Limit überließ, könnten wir miteinander auskommen. Notgedrungen. Und auch nur so lange, wie es unbedingt notwendig war. Eilig schnappte ich mir meinen Bademantel und frische Kleidung aus meinem Koffer, den ich einfach offen auf meinem Bett liegen ließ, und lief zielstrebig auf die Tür zu. Als ich das Bad jedoch betrat, wäre mir fast alles aus der Hand gefallen. Überall sah ich Marmor. Hallo? Wie viel verdiente der Typ denn bitte? Vielleicht sollte ich mal versuchen, Taschengeld zu beantragen, auch wenn ich eigentlich alt genug war, selber mein Geld zu verdienen. Schaden konnte das ja nicht. Aber immer noch war ich der Meinung, dass eine gepflegte Dusche im Moment wichtig war. Wäre da nicht die Badewanne gewesen, hätte ich wahrscheinlich sogar geduscht, aber ich erlag der Versuchung und ließ mir einfach das Wasser einlaufen. Wofür war so etwas denn bitte da, wenn nicht, um auch mal ein Bad zu nehmen? Duftende Badezusätze waren immerhin auch genug vorhanden, wie ich feststellte, als ich einen Schrank öffnete. Ich wusste nicht, wie lange ich in dem duftenden Nass lag, aber irgendwann merkte ich, dass das Wasser abkühlte, und das deutlich. Folglich sollte ich wohl zusehen, dass ich aus dem Wasser kam, wenn ich nicht krank werden wollte, weswegen ich mir noch schnell die Haare wusch und mich dann gründlich abtrocknete. Ich überlegte, ob ich mir einfach eine der Bodylotions schnappen sollte, die hier standen, aber wofür hatte ich denn dann meine eigene mitgebracht? Also schied die Möglichkeit aus. Lustlos tapste ich also durch den Flur und warf dabei einen Blick auf die Uhr. Hey, ich wusste nicht wie, aber ich hatte es irgendwie geschafft, so lange zu brauchen, dass es in zweieinhalb Stunden menschlich wäre, ins Bett zu gehen. Und bis dahin musste ich auch noch meine Haare föhnen, mich eincremen und ins Internet. Irgendwie würde ich den Rest dieses grauenhaften Tages auch noch überstehen, immerhin war ich jetzt wieder sauber und halbwegs ausgeruht. Das Abendessen würde für mich eh ausfallen, solange ich nicht alleine in meinem Zimmer essen durfte. Sicherlich würde sich das auf Dauer bemerkbar machen, wenn ich jegliche Nahrungsaufnahme in Gegenwart meines ‚Stiefvaters‘ verweigerte, aber hey, schaden konnte es nicht, auch wenn ich schon ziemlich schlank war und meine Mutter gern etwas mehr auf meinen Rippen gesehen hätte. Außerdem… misstraute ich dem koreanischen Essen. Ich musste in den nächsten Tagen dringend einen Supermarkt finden, in dem ich Tiefkühlpizza und ähnliches bekam, was immerhin vertrauenserweckend aussah. Fertignudelsuppen wären auch annehmbar, und sonst blieb abzuwarten, welche Fertiggerichte ich zur Auswahl hatte. Denn, mein Problem war da auch noch ein ganz anderes: Ich konnte nicht kochen, zumindest nicht richtig. Sonst hätte ich mir selber irgendetwas zusammenschustern können, aber bei meinen Kochkünsten würde ich entweder die Küche in Brand setzen oder mich vergiften. Beides nicht sonderlich reizvoll. Seufzend zupfte ich an meinen Shorts und ließ mich auf das Bett fallen, nachdem ich meine Haare trocken geföhnt hatte. Ich hätte auspacken sollen, aber ich hatte immer noch die Hoffnung, dass das hier nur ein einwöchiger Trip war. Wenn man jedoch bedachte, dass unsere restlichen Sachen in einem Container auf dem Weg hierher waren, war das leider sehr unwahrscheinlich. Natürlich konnte ich es nicht ändern. Natürlich wusste ich das auch. Und ich wurde von allein älter. Aber bis ich dieses Land wieder als freier Mensch verlassen durfte, würde ich hier wahrscheinlich nur rumgammeln. Bei der Hitze, die mir für den Hochsommer prophezeit worden war, was Anfang März noch nicht abzusehen war, würde ich mich nicht einen Millimeter mehr bewegen als notwendig. So viel stand fest. Und Sonne gefährdete meine edle, europäische Blässe, das konnte ich ja mal gar nicht durchgehen lassen. Alles in allem saß ich tatsächlich in meiner persönlichen Hölle. _________________________________________________________________________________ Ach Gott, wie gesagt, etwas ganz Neues von mir. K-Pop und Hetero. o.o Wer hätte das einmal für möglich gehalten. Um welche Band es geht, wird hier noch nicht bekannt, aber das erzähle ich euch schon bei Zeiten. ;D Natürlich ein ganz liebes 'Hallo!' an alle, die mich schon literarisch kennen, und an die, die mich hier noch nicht kennen - keine Sorge, ihr werdet mich schon noch gut genug kennenlernen. ^.~ Ich beiße niemanden und vertrage begründete Kritik. Ich antworte in der Regel nicht auf Kommentare, vielleicht in meinem Vorwort, aber sonst nur, wenn Fragen da sind. Weil ich teilweise echt nicht weiß, was ich darauf antworten soll. :'D Autorin und manchmal so... unkreativ. Oo Über Favos und Kommentare würde ich mich freuen, auch wenn ich weiß, dass K-Ffs hier nicht so viel gelesen werden. Bis zum nächsten Mal! ^____^ Hosted by Animexx e.V. 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