Details in the fabric von usaki-chan ================================================================================ Kapitel 1: 1. Life design ------------------------- 1. Life design In den frühen Morgenstunden war nicht viel auf dem Platz neben dem Millennium Centre von Wales los. Nur wenige Menschen liefen in der Morgendämmerung über den Roald Dahl Plass. Vermutlich waren sie auf dem Weg zur Arbeit und mit sich selbst zu beschäftigt, um das merkwürdige Geräusch zu hören, welches so gar nicht in die friedliche Atmosphäre der Bucht von Cardiff passen wollte. Mitten auf dem Platz materialisierte sich eine alte blaue Polizeibox, welche in den 50er Jahren an jeder Straßenecke Englands zu finden gewesen war. Inzwischen wurden diese Boxen aber aufgrund der sich weiterentwickelnden Telekommunikationstechnik nicht mehr benötigt. Allein durch ihr unvermitteltes Auftauchen hätten die vorbeieilenden Menschen auf sie aufmerksam werden müssen, doch niemand schien sich im geringsten dafür zu interessieren. Wie immer, wenn sich die Tardis auf einem öffentlichen Platz ankam, war er unendlich dankbar für den Wahrnehmungsfilter, der dafür sorgte, dass Unwissende seine blaue Zeitmaschine gar nicht wirklich bemerkten. „Zoe!“, rief der Doktor, während er sich seinen Mantel über die Schultern warf. Als er keine Reaktion erhielt, rief er die junge Frau noch einmal. „Zoe!“ „Doktor?“, antwortete Zoe in derselben Lautstärke wie der Timelord, als den Kontrollraum betrat. „Oh.... Oh, da bist du ja.“ Der Doktor blinzelte verwirrt. „Wo ist-“ „Er hat sich etwas hingelegt. Meinte, er bräuchte Ruhe. Nach allem, was passiert ist.“ „Natürlich.“ Der Doktor wandte sich zur Tür um und zog sich dabei seinen Mantel ordentlich an. „Da draußen ist zwar nur Cardiff, aber ich denke, wir alle haben uns nach dem Theater in London eine kleine Pause verdient.“ Außerdem musste er die Tardis auftanken und nirgendwo ging das besser, als über einem Raum-Zeit-Riss. „Oh ja.“ Zoe seufzte. Hoffentlich würden sie niemals wieder auch nur einem Cyberman über den Weg laufen. Sie hatte ganz offiziell genug von diesen Blechsoldaten. „Aber zieh dich warm an. Es ist Dezember.“ Mit einem breiten Lächeln im Gesicht öffnete der Doktor die Tür und trat nach draußen. Warme Luft empfing ihn, obwohl die Sonne gerade eben erst aufgegangen war. „Hm...“ Mit einer Gelassenheit, die man nur haben konnte, wenn einen die Tardis schon oft an Orte und Zeitpunkte gebracht hatte, die man nicht erwartete, zog er seinen Mantel wieder aus und warf ihn zurück in die Tardis. „Vergiss es. Es sieht so aus, als wäre Sommer.“ „Hat sie wieder einmal ihren eigenen Kopf durchgesetzt?“, fragte Zoe mit einem leicht spöttischen Unterton in der Stimme und folgte dem Doktor nach draußen. Tief sog sie die frische Luft ein und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. „Nun ja...“ Mit einem prüfenden Blick betrachtete der Doktor ihre Umgebung und schüttelte schließlich den Kopf. „Wir sind anscheinend auch im falschen Jahr gelandet. Sie haben umdekoriert... nicht schön. Früher sah es hier besser aus.“ „Also mir gefällt es.“ Irritiert von der unbekannten Stimme sah sich der Doktor noch einmal um und entdeckte nicht weit von ihnen eine junge Frau, die sie fröhlich anlächelte. Nun, sie befanden sich nicht mehr innerhalb der Tardis, natürlich konnte sie jeder sehen. Trotzdem war an der jungen Frau irgendetwas merkwürdig. Er hatte das Gefühl, sie schon einmal irgendwo gesehen zu haben, konnte sie allerdings beim besten Willen nicht einordnen. Außerdem war das unmöglich. Die Baustruktur der sie umgebenden Häuser sagte ihm, in welcher Zeit er sich ungefähr aufhielt und das hier war sein erster Besuch in dieser Epoche in Cardiff. Sollte sie ihm nicht an einem anderen Ort begegnet sein, konnte er sie gar nicht kennen. Er nahm die junge Frau etwas genauer in Augenschein, um sie möglicherweise doch noch einordnen zu können. Allerdings war nichts an ihr, was sonderlich auffällig gewesen wäre. Unzählige Menschen auf diesem kleinen Planeten hatten braune Locken und auch ihre Gesichtszüge ließen sie nicht unbedingt aus der Menge hervorstechen. Das Lächeln der jungen Frau wurde noch breiter, während sie beobachtete, wie der Doktor nachdachte. „Hey Doc.“, sagte sie schließlich lachend. Der Timelord wusste nicht, was ihn mehr irritierte. Die Tatsache, dass sie ihn kannte, oder aber, dass er nicht wusste, wer sie war. „Pass auf dich auf.“ Für einen kurzen Augenblick wurde ihr Blick wehmütig, allerdings hatte sie sich im nächsten Moment wieder unter Kontrolle, so dass der Doktor sich nicht sicher war, ob er den traurigen Ausdruck in ihren Augen tatsächlich gesehen, oder sich nur eingebildet hatte. Sie wandte sich von den Zeitreisenden ab und ging mit schnellen Schritten in Richtung des Millennium Centre davon. „Wer war das?“ Zoe fand zuerst ihre Stimme wieder. „Ist sie vielleicht auch mit Ihnen gereist?“ Langsam schüttelte der Doktor den Kopf. „Nein. Ich habe keine Ahnung, wer das war.“ *** Genervt folgte Jamie seiner Cousine in Richtung des Bahnhofes King’s Cross. Er verstand nicht, wieso sie ihn um diese Uhrzeit aus dem Bett geworfen hatte, noch weniger, warum er sie unbedingt begleiten musste. Eigentlich hatte er heute einen Termin mit seiner Lieblingsdokumentationsreihe im Internet gehabt – nun würden ihm wohl all die interessanten Informationen über die faszinierende Welt der Tiefseefische entgehen, denn das war leider eine der Livestreamserien, deren Episoden man online nicht finden konnte. Zumindest noch nicht. „Du musst auch mal das Haus verlassen.“ Mit einem kurzen Blick auf ihren Cousin hatte Samantha festgestellt, dass dieser alles andere als glücklich war. „Du kannst nicht immer nur den ganzen Tag vorm Computer verbringen.“ Gequält verzog Jamie das Gesicht. „Das mache ich doch gar nicht.“ Immerhin spielte er auch Gitarre oder las in Büchern. Er hatte alle Bücher im Appartement seiner Cousine gelesen und die Regale waren voll davon. Und überhaupt, was war schlecht daran, die Wohnung nicht zu verlassen? Das Risiko für Hautkrebs war drinnen wesentlich geringer. Außerdem fühlte er sich dort sehr viel wohler als hier draußen. „Aber du hockst den ganzen Tag nur in meiner Wohnung.“ Seufzend schüttelte Samantha den Kopf. „Und richtest ein unbeschreibliches Chaos an. Das kann so nicht mehr weitergehen. Du weißt, was du brauchst.“ „Ein Zimmermädchen?“ Jamie blieb neben seiner Cousine an der Ampel stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn um diese Zeit zumindest weniger Leute die Straßen unsicher machen würden, wäre der dieser schreckliche Ausflug möglicherweise erträglich, aber hier hätte man die Menschen meterhoch am Straßenrand stapeln können und es wäre immer noch zu voll gewesen. Zu allem Überfluss wollten die meisten von ihnen ebenfalls die Straße überqueren. Samantha hob eine Augenbraue und bedachte den Jungen neben sich mit einem vielsagenden Blick. „Nein, kein Zimmermädchen. Einen Job, mein Lieber.“ Die Ampel schaltete auf grün und im nächsten Moment schoben sich die Leute über die Straße und die Beiden mit ihnen. „Du hast keinen Schulabschluss und keine Ausbildung. Es gibt nicht viele Dinge, die du tun kannst, aber wenn du nicht unbedingt wählerisch bist, dann kannst du zumindest etwas tun, um dir dein eigenes Geld zu verdienen.“ Nun wählerisch war er nicht. Er wollte nur ganz einfach keinen Job. „Du kannst nicht ewig bei mir wohnen.“ Samantha hielt ihrem Cousin die Tür auf und ließ ihn in das Bahnhofsgebäude eintreten. „Irgendwann musst du ausziehen und dann brauchst du dein eigenes Geld.“ Soweit wollte Jamie noch gar nicht denken. Im Moment hatte er schon genug Probleme damit, jeden Tag einzeln zu leben. Für die Zukunft vorauszuplanen war einfach nicht drin. „Also... Ich habe gestern mit Jennifer gesprochen, sie ist die Leiterin der McDonalds Filiale und-“ „Das ist doch hoffentlich nicht dein Ernst!“, fiel Jamie ihr ins Wort und blieb mitten im Weg stehen, so dass ihm die anderen Passanten ausweichen mussten, wofür sie ihn mit genervten Blicken bedachten. Er störte sich nicht daran. „Ich soll bei McDonalds arbeiten?“ Samantha blieb ebenfalls stehen. „Du kannst es dir nicht leisten, wählerisch zu sein.“, erinnerte sie ihn mit Nachdruck. „Aber Sam...“ Der Junge schob die Unterlippe vor und hob die Augenbrauen, so dass sie seine Stirn in Falten legte. „McDonalds?“ Einen Augenblick lang schaffte sie es noch ihren Cousin ernst anzusehen. Bei seinem flehenden Gesichtsausdruck musste sie aber schließlich doch lachen. „Okay, nicht McDonalds. Dann darfst du aber zu meinem zweiten Vorschlag nicht nein sagen.“ Diese Idee würde ihm ganz sicher noch weniger gefallen, als die erste. Samantha war kein Mensch für Überraschungen, sie überließ nichts dem Zufall, plante immer zehn Jahre im Voraus. Vermutlich hatte sie bereits genau gewusst, wie seine Reaktion auf ihren ersten Vorschlag aussehen würde. Samantha hob beschwichtigend die Hände, ein weiteres Zeichen dafür, dass auch die zweite Option alles andere als großartig sein würde. „Bob Hetkins, mein Boss falls du dich erinnerst, könnte dich beim Reinigungspersonal unterbringen.“ Er hatte es geahnt. Unglücklich verzog Jamie das Gesicht. „Züge putzen?“ „Ich weiß, ich weiß. Aufräumen liegt dir nicht. Aber der Job wird anständig bezahlt; du hast gute Arbeitszeiten und wirst nicht mit den Zügen herumfahren.“ Na super! Doch andererseits, was hatte er für eine Wahl? Sie hatte sich für ihn bei ihrem Chef eingesetzt, wenn er den Job nicht annehmen und seine Arbeit passabel machen würde, bekam Samantha möglicherweise Schwierigkeiten. Natürlich wäre es freundlicher gewesen, sie hätte ihn erst gefragt, ob er diesen Job überhaupt machen wollte, aber nun war es zu spät. „Von mir aus.“, sagte er schließlich seufzend. Sollte er für den Rest seines Lebens hinter ihren Fahrgästen herräumen müssen und diese ihm das Leben unnötig schwer machen, würde er möglicherweise irgendwann das Handtuch werfen und den Mülleimer gleich hinterher. Aber solange er nicht gezwungen war, allzu viel Kontakt mit anderen Menschen zu haben, würde es schon irgendwie gehen. Zumindest für den Moment. „Ich verspreche nichts, aber ich werde es versuchen.“ „Großartig.“ Samantha klatschte in die Hände. „Okay, dann bring ich dich schnell noch zu Bob. Mein Zug fährt in einer halben Stunde, so viel Zeit habe ich wohl noch.“ Sie hatte es tatsächlich alles vorhergeplant. Was wäre wohl gewesen, wenn er zu ihrem ersten Vorschlag ‚ja’ gesagt hätte? Würde sie ihn dann jetzt zu McDonalds bringen? Er wollte lieber gar nicht darüber nachdenken. „Entschuldigung, lasst mich kurz mal durch ja?“ Irritiert sahen Jamie und seine Cousine auf, da es ausreichend Platz gab, an ihnen vorbeizugehen, um nach draußen zu gelangen. Mit dem geübten Blick einer Zugbegleiterin, die auf den ersten Blick einzuschätzen wusste, ob ihr nächtlicher Fahrgast betrunken war oder nicht, betrachtete Samantha den Fremden. Sie war sich ziemlich sicher, dass er ihr überhaupt nicht aufgefallen wäre, hätte er sie nicht angesprochen. Vermutlich würde sie ihn auch schnell wieder vergessen. Er trug eine unauffällige schwarze Lederjacke und hatte leichte Segelohren. Diese und das strahlende Lächeln, mit dem er sie und ihren Cousin betrachtete, waren allerdings das einzig Merkenswerte an ihm. „Sicher.“, sagte sie schließlich und trat zur Seite. Der Mann ging an ihnen vorbei zu den großen Ausgangstüren. „Komm Jamie.“ Sam schüttelte den Kopf, um das merkwürdige irritierte Gefühl zu verdrängen, welches der Mann in ihr ausgelöst hatte. „Lass uns gehen.“ Ihr Cousin sah nicht wirklich begeistert aus, als er ihr folgte, aber da sie entschieden hatte, dass der Junge etwas mit seinem Leben anfangen musste – was für sie hieß, dass er arbeiten gehen würde – ignorierte sie gekonnt, dass er sich nach Hause wünschte. Und da sie mehr mit dem Gedanken beschäftigt war, wie sie Jamie davon überzeugen konnte, dass arbeiten besser für ihn wäre, als zu Hause herumzusitzen, bemerkte Samantha nicht, dass sich der Mann noch einmal umwandte und ihr und ihrem Cousin mit demselben strahlenden Lächeln hinterher sah, mit dem er sie gerade angesehen hatte, bevor er durch die Türen nach draußen trat. „Fantastisch.“ Ende Kapitel 1 Kapitel 2: 2. Odd encounter --------------------------- So, nach einem Monat Pause und nachdem auch meine Betaleserin wohlbehalten von ihrem Wandertrip zurückgekehrt ist, geht es endlich weiter. 2. Odd encounter Die Räume der Bahnangestellten waren leer. Natürlich hielten sich hier um diese Uhrzeit nie besonders viele Leute auf, aber ein paar ihrer Kollegen hatte Samantha eigentlich erwartet. Einige von ihnen sollten mit den ersten Zügen fahren. Sie bedeutete ihrem Cousin ihr zum Büro des Chefs zu folgen, wo sie vor der angelehnten Tür stehen blieb. „Bob?“ Ohne zu Klopfen schob Samantha die Tür auf und trat in den dahinter liegenden Raum. „Ich bringe meinen Co-“ Der Rest des Satzes ging auf dem Weg zu ihrem Mund verloren, als ihr Blick auf das Chaos fiel, welches in dem Büro herrschte. Schmale Falten der Verwirrung legten sich auf ihre Stirn, als sie das Durcheinander betrachtete. Samantha kannte Bob als die Ordnung in Person. Jeder Zettel, jedes noch so kleine Papierschnipselchen hatte seinen festen Platz auf dem Schreibtisch dieses Mannes, die Stifte waren nach Farbe in verschiedene Becher sortiert und für Klebeband, Pinnnadeln sowie Büro- und Heftklammern hatte er in den großen Schubladen viele kleine Behälter versteckt, um sie nach Größe geordnet aufbewahren zu können. „Wow...“ Jamie musste sich etwas verrenken, um an Samantha vorbeisehen zu können, wofür er sich am Türrahmen abstützte. „Und du meinst, ich wäre unordentlich.“ Samantha schüttelte den Kopf. „Irgendwas stimmt hier nicht.“ Sie sah sich nach einer weiteren Tür um, die zu einer separaten Toilette oder in eine kleine Teeküche führen könnte, entdeckte jedoch keine. Es hätte sie auch überrascht, wenn sie diese jedes vorherige Mal übersehen hätte. „Bob?“, rief sie erneut. Während seiner Arbeitszeit verließ ihr Chef sein Büro so gut wie nie. Er schien nicht einmal die Toilette aufzusuchen, so dass die Vorstellung eines eigenen WCs in seinen Büroräumen eigentlich gar nicht so unwahrscheinlich war. „Habt ihr... einen Aufenthaltsraum oder so was?“, fragte Jamie. Samantha nickte, winkte aber ab. „Da geht er aber nie hin.“ „Wir könnten trotzdem nachschauen.“, schlug Jamie vor, verschränkte aber die Arme vor der Brust und betrachtete das Chaos. „Ich kann natürlich auch wieder nach Hause gehen, wenn er heute nicht hier ist.“ Samantha seufzte frustriert. „Nichts da... Na schön, schauen wir im Aufenthaltsraum nach.“ Sie ging wieder voraus und führte ihren Cousin durch einen grauen Flur, von dem in regelmäßigen Abständen blaue Türen in weitere Büros abgingen. Am Ende der Ganges stand eine große rote Flügeltür offen, durch welche gedämpfte Stimmen in den Korridor drangen. Keine davon kam ihr bekannt vor und während Samantha noch versuchte, sie ihren Kollegen zuzuordnen, war sie unfähig zu bestimmen, ob in dem Raum Männer oder Frauen miteinander sprachen. Auch wenn es nur ein unbestimmtes Gefühl war, näherte Samantha sich dem Aufenthaltsraum mit leisen und langsamen Schritten, wobei sie Jamie ein Zeichen gab, hinter ihr zu bleiben. „Sam.“, hauchte Jamie leise. „Was ist denn?“ Die Situation schien einen leisen Ton zu erfordern, also hatte auch Samantha ihre Stimme gesenkt, als sie ihrem Cousin antwortete. „Wir sollten hier verschwinden.“ Jamie blieb schweratmend stehen und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, während er die andere vorsichtig auf seinen Bauch legte. Samantha wandte sich mit einem verächtlich klingenden Schnauben zu ihm um. „Jamie.“ Zischte sie scharf, um deutlich zu machen, dass sie nichts von dieser Idee hielt. Der Junge verzog schmerzvoll das Gesicht und schloss für einen Moment die Augen, bevor er seine Cousine wieder ansah. „Wirklich Sam, hier stimmt irgendetwas nicht.“ Ihr prüfender Blick wanderte über den Jungen, während sie versuchte, seine Verfassung einzuschätzen. Jamie war bleich, alle Farbe war aus seinem Gesicht verschwunden und er hielt sich den Bauch, als hätte er etwas Falsches gegessen. Möglicherwiese ging wieder ein Magen-Darm-Virus um, aber sie würde nicht zulassen, dass eine Krankheit Jamie davon abhielt, einen Job zu finden. Er musste ja nicht sofort anfangen, aber er würde hier und jetzt eine Anstellung bekommen. „Wir werden nicht wieder nach Hause gehen.“, sagte Samantha schließlich bestimmt, wandte sich um und öffnete die Tür. Im nächsten Moment wünschte sie sich, es nicht getan zu haben. Ihre Kollegen knieten alle vor einem der im Raum verteilten Sofas auf dem Boden, die Hände hinter dem Rücken gefesselt und einen Streifen dicken Packklebebandes auf dem Mund. Sie wusste, dass noch jemand im Raum sein musste. Zuvor auf dem Flur hatte sie Stimmen gehört und offensichtlich war keiner der Bahnangestellten in der Lage zu sprechen. Ein leises Klicken neben ihrem Ohr bestätigte ihre Vermutung und auch der panische Ausdruck in den Gesichtern ihrer Kollegen ließen keinen Zweifel daran, dass sie wohl geradewegs in einen Überfall hineingelaufen war. Sie spürte etwas Kaltes an ihrer Schläfe, wagte es aber nicht, den Kopf zu drehen und herauszufinden, worum es sich dabei handelte. Eine ungefähre Ahnung darüber, ließ sie vollkommen erstarren. „Wer bist du?“ Die Stimme war tief, vermutlich männlich, aber in einer Art und Weise in den hohen Frequenzbereich verzerrt, die bei Samantha nicht nur Verwirrung, sondern auch Kopfschmerzen hervorrief. „Sam... Samantha Darnell. Ich arbeite hier.“, stammelte sie eine Antwort. Sie hoffte, dass ihre Stimme nicht so unsicher klang, wie sie sich fühlte. Grobe Hände packten sie und stießen sie zu den anderen, wo sie stolpernd zu Boden fiel. Das hier konnte doch nicht wahr sein. Warum überfiel jemand die Büroräume der Bahnangestellten? Außer geplanten Fahrplanänderungen gab es hier nichts zu holen. „Mit wem hast du gerade gesprochen?“, fragte die seltsame Stimme. „Mit niemandem... ich habe telefo-“ Erschrocken unterbrach sich Samantha selbst. Während sie sprach, hatte sie den Kopf gehoben, um zu sehen, wer sie überfiel und sofort wünschte sie sich, das nicht getan zu haben. Was da vor ihr stand, war eindeutig kein Mann. Nun, möglicherweise war es männlich, aber definitiv nicht menschlich. Es war gut zwei Meter groß und hatte grünliche schuppige Haut. Seine Augen hatten eine grelle gelbe Farbe, vertikale Pupillen und erinnerten somit an die einer Schlange. Die Form des Wesens war zwar humanoid, aber abgesehen von dem Vorhandensein je zweier Arme und Beine und eines Kopfes hatte dieses Ding mehr Ähnlichkeit mit einem aufrecht gehenden, schwanzlosen Reptil, als mit einem Menschen. In seinen dreifingrigen Händen lag ein klobiges silberglänzendes Gerät, welches eindeutig als Waffe zu identifizieren war. Samantha betrachtete kurz den kleinen grauen Kasten, der sich vor dem Mund des Wesens befand, wurde jedoch aus ihren Überlegungen gerissen, bevor sie sich entscheiden konnte, welchen Nutzen die Box wohl erfüllte. Ein erschrockener Schrei drang vom Korridor her in den Raum und ließ alle sich darin befindenden Personen zusammenzucken. ‚Jamie.‘, schoss es Samantha durch den Kopf, da sie die Stimme ihres Cousins sofort erkannte. Kurz darauf wurde der Junge von einem ebenfalls grünlich schuppigen Wesen am Kragen seiner Jacke durch die Tür geschleift. „Mit niemandem also?“, fragte das Reptil mit der Waffe den Neuankömmling. „Fessel die Beiden und schicke deinen Bruder als Wache zum Eingang. Wir brauchen nicht noch mehr ungebetenen Besuch.“ Jamie wurde neben Samantha grob zu Boden gedrückt, dann riss ihm das merkwürdige reptilienähnliche Wesen die Arme hinter den Rücken und band ihm die Handgelenke zusammen. Samantha erging es ebenso. Als sie spürte, wie ihre Hände mit etwas kühlem, glitschig algenartigem zusammengebunden wurden, tat sie ihr Unbehagen laut hörbar kund. Ignoriert von den Wesen schimpfte sie vor sich hin, während sie angewidert das Gesicht verzog. „Wir sollten uns beeilen.“, sagte ein drittes Wesen, welches sich an einer der Wände zu schaffen gemacht hatte und Samantha zuvor noch nicht aufgefallen war. Die anderen beiden nickten und kehrten zu dem zurück, was sie wohl vor der Störung getan hatten: sie untersuchten die Wände aufmerksam und keiner von ihnen wirkte mit den bisherigen Resultaten auch nur annähernd zufrieden. Als Samantha sich sicher war, dass die Eindringlinge sie nicht mehr beachteten, lehnte sie sich ein Stück zu ihrem Cousin, der schweigend die Wesen beobachtete. „Wieso bist du nicht abgehauen?“, zischte sie ihm zu. Unglücklich verzog Jamie das Gesicht, ohne sie jedoch anzusehen. „Ich... konnte mich nicht bewegen. Und dann... tauchte dieses Wesen auf.“ Er schluckte, als die Kreaturen begannen, energisch und mit wachsender Frustration die Wände abzuklopfen. „Als ich weglaufen wollte, hat es mich zu Boden geworfen.“ Samantha seufzte, entschied sich aber dazu, das Thema dabei bewenden zu lassen. „Was suchen die eigentlich?“ „Ich habe keine Ahnung.“, antwortete Jamie flüsternd. „Aber... ich glaube nicht, dass wir warten sollten, bis sie es gefunden haben.“ „Wieso?“ Während sie mit dem Jungen sprach, behielt Samantha die Wesen argwöhnisch im Auge. „Ich bezweifle, dass ihnen irgendetwas daran liegt, uns am Leben zu lassen.“, antwortete Jamie so leise wie möglich. Bevor Samantha darauf eingehen konnte, stieß der Kleinste der Reptilartigen unvermittelt einen derartig hohen Schrei aus, dass es Samantha in den Ohren dröhnte und ein unangenehmes Klingeln hinterließ. Sofort waren seine Kameraden bei ihm und begannen damit, die Wand aufzuhacken. „Wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Vorsichtig bewegte Jamie seine Hände, um zu sehen, ob er die Fesseln lockern konnte, doch Samantha konnte sehen, wie sie sich nur noch enger um seine Handgelenke schnürten. „Mist... das bringt nichts.“ Angespannt beobachtete Samantha wieder, wie die drei Wesen mit bloßen Händen ein Loch in die Wand gruben. Jamie konnte durchaus Recht haben. Was wussten sie schon über diese Wesen? Normale menschliche Moralvorstellungen konnte man bei ihnen sicher nicht als Maßstab für ihr mögliches Verhalten nutzen. „Hör zu.“, flüsterte sie schließlich. „Sie scheinen ziemlich abgelenkt zu sein. Du solltest versuchen, Hilfe zu holen.“ „Warum ich?“, fragte Jamie flehend. Es war eindeutig, dass er nicht gehen wollte. „Und wen sollte ich überhaupt holen? Einen Zoowärter?“ Samantha verdrehte die Augen und atmete tief durch, um ihren Cousin nicht anzuschreien. Natürlich gefiel auch ihr die Idee nicht, im Angesicht grüner bewaffneter Wesen einen Fluchtversuch zu starten, von denen sie sich nicht einmal sicher, was sie eigentlich waren. Entweder handelte es sich bei den Reptilien um das Ergebnis eines missglückten Genexperimentes oder sie waren Außerirdische und Samantha war sich nicht sicher, welche der beiden Möglichkeiten ihr in diesem Augenblick unsinniger erschien. „Weil du von uns allen am unauffälligsten bist.“, erklärte Samantha. „Komm schon... du handelst doch sonst immer nach deiner Intuition. Was sagt sie dir, wer von uns beiden wohl größere Chancen hat, unbemerkt zu fliehen und Hilfe zu holen?“ Jamie sah tatsächlich so aus, als würde er über diese Frage nachdenken, doch sie sollte nie eine Antwort darauf erhalten. „Fliehen?“ Ertappt fuhr Samantha zusammen. Sie hatte die Wesen die ganze Zeit beobachtet und da es keine Anzeichen dafür gegeben hatte, dass diese der Unterhaltung folgten, hatte sie angenommen, dass sie sicher waren. „Keiner von euch wird von hier entkommen.“ Alle drei hörten auf, die Wand aufzubrechen und wandten sich ihren Geiseln zu. Zwei von ihnen richteten ihre Waffen auf die Bahnangestellten, aus denen vermutlich Laserstrahlen oder etwas Ähnliches abgefeuert werden konnten. Doch es waren nicht diese seltsamen Waffen, welche die Aufmerksamkeit von Samantha und Jamie auf sich zogen, während die anderen laut schrien. Das dritte und kleinste Wesen hielt ein grünlichgraues Ei schützend in seinen Armen und bedachte es mit einem geradezu liebevollen Blick, soweit man das bei diesen Kreaturen beurteilen konnte, während die anderen beiden sich anschickten, die Bahnangestellten zu eliminieren. „Sam...“ Nachdenklich runzelte Jamie die Stirn. Die Art, wie der Außerirdische das Ei betrachtete, löste in im zwiespältige Gefühle aus. „Ich weiß.“ Samantha konnte es kaum fassen. „Das ist ihr Nachwuchs.“ „Sehr richtig, gar nicht mal schlecht.“, verkündete eine fröhliche Stimme, die alle Anwesenden dazu veranlasste, zur Tür zu schauen. Dort stand ein Mann an die Wand gelehnt und beobachtete die Situation mit vor der Brust verschränkten Armen und einem breiten, völlig unpassenden Grinsen im Gesicht. Ihr erster Eindruck hatte ihr vermittelt, dass sie ihn nicht wiedererkennen würde, sollte sie ihn jemals wiedersehen. Doch anscheinend hatte sie sich geirrt, denn sie erkannte den Mann sofort als den, der sie und Jamie am Eingang des Bahnhofgebäudes angesprochen hatte. „Wer bist du?“, fragte eines der Wesen mit seiner verzerrten Stimme. „Ich?“ Der Mann stieß sich von der Wand ab und trat auf seinen Gesprächspartner zu. „Ich bin der Doktor, aber viel wichtiger ist doch, wer ihr seid. Lasst mich mal sehen: Ihr seid grün, ihr habt Schuppen, vertragt keinen Sauerstoff und allem Anschein nach schlüpft ihr aus Eiern und... eure Stimmen klingen, als hättet ihr zuviel Stickstoff inhaliert... Ich würde fast sagen, ihr seid Eridani. Aber das ist ja unmöglich.“ Er lachte kurz in einem eigenartigen Anfall von Humor, den außer ihm niemand nachvollziehen konnte. Plötzlich wurde sein Gesichtsausdruck ernst und mit ihm änderte sich die ganze Haltung des Mannes. „Ihr seid schon vor einer ganzen Weile ausgestorben, nicht wahr?“ Dann lächelte er wieder. „Also was macht ihr hier?“ Wie auf ein vorher abgesprochenes Signal hin begannen die Eridani zu knurren. Die beiden Größeren traten vor und stellten sich schützend vor den Dritten. „Na, wer wird denn gleich so feindselig sein?“, fragte der Doktor fröhlich. Samantha zweifelte ein wenig an seiner geistigen Gesundheit. Er wurde von zwei grünen und nach seinen Angaben angeblich ausgestorbenen Wesen mit seltsam anmutenden Waffen bedroht und trotzdem schien er es darauf anzulegen, die Eridani noch weiter zu provozieren. „Also... dieses Ei. Wie kommt das hier her? Habt ihr es selber hier versteckt, oder hat es jemand entführt?“, fragte der Mann weiter und beantwortete seine Frage sofort selber. „Ja natürlich. Das seid ihr gewesen 1851.“ Weder für Samantha, noch für Jamie war dies tatsächlich eine Antwort. Der Junge runzelte die Stirn. „Was war 1851?“ „1851 begann der Bau dieses Gebäudes.“, erklärte Samantha schnell. „Ich weiß, dass das Datum damit zu tun haben muss, nur warum?“ Der Doktor bedachte sie mit einem Blick, der deutlich zeigte, dass er an ihrem logischen Denkvermögen zweifelte. „1851 stürzte ein kleines Raumschiff hier ganz in der Nähe ab.“, erklärte er dennoch geduldig. „Wir haben uns immer gefragt, wer das gewesen ist. Auf die Eridani konnte niemand kommen, sie haben schon damals als ausgestorben gegolten. Aber ich nehme an, dass die abgestürzten Piloten das letzte Ei ihrer Spezies irgendwo vor ihren Feinden verstecken mussten und was bietet sich für Eridani Nachwuchs besser an, als kalte Mauern?“ „Ein warmes Bett?“, fragte Jamie, während Samantha nur mit den Schultern zuckte. Woher sollte sie auch wissen, was so ein Ei brauchte? „Genug jetzt!“, sagte einer der Eridani plötzlich ungeduldig. „Wir müssen uns auf den Weg machen... und wir können es uns nicht leisten, Zeugen zu hinterlassen.“ Der Doktor verzog unglücklich das Gesicht. „Kommt schon. Wenn ihr einmal in euer Raumschiff zurückgekehrt seid, können euch die Menschen auf diesem kleinen Planeten hier nichts mehr anhaben. Ihre Raumfahrt steckt doch noch in den Babyschuhen, sie können euch nicht verfolgen, selbst wenn sie es wollten. Wieso also solltet ihr sie töten müssen?“ Der Eridani schnaubte verächtlich. „Es geht nicht um diese winzigen Wesen. Wichtig ist nur die Sicherheit und das Überleben der Eridani. Sie könnten uns an unsere Feinde verraten.“ „Nicht doch.“ Der Doktor hob beschwichtigend die Hände. „Menschen sind so berechenbar. Sobald ihr hier verschwunden seid, werden sie einfach ihrem normalen Tagesgeschäft nachgehen und wahrscheinlich nie wieder an euch denken. Wenn auf diesem Planeten jemand von einer Begegnung mit Außerirdischen berichtet, glaubt ihm sowieso kein Mensch.“ „Die Gesellschaft würde uns für verrückt erklären und in die Klapse stecken.“, mischte sich Jamie in der Gespräch ein. Es schien, als könnten die Eridani mit dieser Aussage nichts anfangen, dennoch wandten sie sich einander zu und begannen in einer fremdartigen Klicksprache zu tuscheln. „Bitte, nehmt euer Ei und lasst uns alle friedlich und ohne Blutvergießen unserer Wege gehen.“, fügte der Doktor eine Bitte hinzu und wartete dann auf eine Antwort der Reptilienwesen. Samantha kam es wie eine Ewigkeit vor, während sie auf die Entscheidung der Wesen wartete, ob sie nun würde sterben müssen, oder dafür noch etwas mehr Zeit blieb. Schließlich nickte der Sprecher der Eridani dem Doktor zu. „Wir werden gehen und es in deine Verantwortung übergeben, dass diese Menschen niemandem von uns erzählen.“ „In Ordnung.“ Wieder erschien das breite Lächeln in dem Gesicht des Mannes. Das kleinste der grünlichen Wesen streckte einen Arm aus und die anderen beiden hielten sich daran fest. Kurz darauf lösten sie sich mit einem sirrenden Geräusch in Luft auf und mit ihnen verschwanden auch die seltsamen Fesseln von den Handgelenken der Geiseln. „So... mal sehen, ob ich jetzt von hier verschwinden kann.“ Der Mann wandte sich ab, während die Menschen gerade dabei waren, sich wieder aufzurappeln und die Klebebänder von ihren Mündern zu entfernen. „Warten Sie!“ Jamie war als erster wieder auf den Beinen und lief dem Unbekannten hinterher. Samantha seufzte, als sie es sah. Sie wandte sich an Bob und hob verzweifelt die Hände. „Tut mir Leid. Ich muss erst einmal meinen Cousin vor einem Irren retten.“ Ihr Chef nickte, doch diese Reaktion hatte sie schon nicht mehr abgewartet. Mit schnellen Schritten folgte sie Jamie und dem Fremden hinaus auf den Gang und schloss schnell zu ihnen auf. „Waren das wirklich Außerirdische?“, fragte Jamie gerade. Er schien sich wieder einmal in etwas hineingesteigert zu haben, nur diesmal war es keine harmlose Sache, die von Samantha einfach ignoriert werden konnte. „Nein.“, antwortete der Mann bestimmt, ohne das Tempo, mit dem er den Flur entlanglief, zu verringern. „Aber Sie sagten, sie vertragen kein Sauerstoff und inhalieren Stickstoff.“, beharrte Jamie auf seiner Vermutung. „Diese Wesen waren die Ergebnisse eines gescheiterten Genexperimentes.“ Der Doktor blieb so abrupt stehen, dass Jamie mit ihm zusammenstieß. Er öffnete eine der vielen blauen Türen und warf einen Blick in das Büro dahinter. „Nein.“ Er ließ die Tür geöffnet und ging weiter. „Ihr Menschen habt wirklich manchmal ziemlich abwegige Ideen.“ Auch bei der nächsten Tür fand er anscheinen nicht, wonach er suchte. Wieder ließ er sie offen und marschierte weiter. „Ihr Menschen?“, fragte Jamie schnell. „Das klingt als wären sie keiner von uns.“ Samantha legte ihrem Cousin eine Hand auf die Schulter, womit sie ihn zum Stehenbleiben bewegen wollte. „Jamie. Komm schon, lass ihn in Ruhe. Er ist sicher nicht ganz-“ Sie ließ den Satz unvollständig, deutete sich aber mit einer kreisenden Fingerbewegung an den Kopf. „Hab ich gesagt, dass ich einer von euch wäre?“ Wieder stieß der Mann eine Tür auf und diesmal war er wohl fündig geworden. „Ha, da ist sie ja. Das hier aber auch alles gleich aussieht. Also, es war nett mit euch gesprochen zu haben. Bis später dann.“ Samantha und Jamie folgten dem Mann in das leere Büro, in dem sich eigentlich genauso wie in allen anderen Räumlichkeiten der Angestellten nichts weiter als ein Schreibtisch, ein Stuhl und ein Regal befinden sollte. In der Mitte des Zimmers stand jedoch eine große blaue Polizeinotrufbox, deren Tür der Mann gerade aufschloss. „Was ist das denn für ein Ding?“ Staunend trat Jamie an die Telefonbox und berührte sie vorsichtig. „Was?“ Der Mann ließ die Hand sinken und steckte den Schlüssel wieder ein. „Ach das... ja das ist... meine Tardis. Raus jetzt mit euch, ich muss los.“ Er schob Jamie und Samantha mit jeweils einer Hand in ihrem Rücken zur Tür hinaus und warf diese hinter sich zu. „Sie können doch nicht einfach mit irgendwelchen komischen Wörtern um sich werfen und uns dann ohne jede Erklärung rausschmeißen!“, rief Jamie durch die geschlossene Tür. Samantha verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich sagte doch, der Mann ist nicht ganz dicht.“ Ein plötzliches sausendes Geräusch ließ sie und Jamie zusammenzucken. „Was ist das?“, fragte der Junge und presste ein Ohr gegen das blaulackierte Holz der Bürotür. „Ich weiß es nicht.“, antwortete Samantha zögernd. „Aber was auch immer es ist, es hört schon wieder auf.“ Mit einem letzten, sehr leisen hohen Ton verstummte das Geräusch und Samantha war nicht böse darüber, dass der Spuk damit ein Ende hatte. Ende Kapitel 2 Damit ist das 2. Kapitel beendet und der Doktor hat sich wieder verabschiedet. Bye bye Doktor, bis nächste Woche. :) Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr lest weiter. Ich verspreche zumindest so viel, dass es nicht wieder einen Monat dauert. Das 3. Kapitel liegt meiner Betaleserin bereits vor. u-chan Kapitel 3: 3. The Mad Man With a Box ------------------------------------ Liebe Leser, ich weiß gar nicht, wieso es eigentlich immer so lange dauert, bis ich ein neues Kapitel hoch lade, immerhin habe ich schon einige Kapitel fertig. Auf jeden Fall geht es jetzt weiter und ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen des neuen Kapitels. 3. The Mad Man With a Box „Können wir jetzt bitte zu Bob gehen?“ Samantha warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und stöhnte. „Großartig. Mein Zug fährt in zehn Minuten. Wie soll ich das denn schaffen?“ „Ich könnte wieder nach Hause gehen.“, schlug Jamie wie beiläufig vor, ohne jedoch die Andere anzusehen. „Kommt nicht in Frage.“ Samantha wandte sich in Richtung Aufenthaltsraum um und winkte ihrem Cousin, ihr zu folgen. „Ich bring dich zu Bob und dann geh ich zu meinem Zug. Du wirst es ja hoffentlich allein schaffen, mit ihm zu reden. Sieh zu, dass er dich einstellt, verstanden? Es wirft auch ein schlechtes Bild auf mich, wenn du dich daneben benimmst. Immerhin habe ich dich empfohlen.“ Sie wandte sich um, um zu sehen, ob Jamie ihr folgte und musste genervt feststellen, dass er noch immer vor der Tür stand und diese anstarrte. „Jetzt komm schon!“ Der Junge hielt sich einen Zeigefinger an die Lippen und lauschte aufmerksam. „Hör doch.“ Zuerst konnte sie nichts hören und bereitete sich schon innerlich darauf vor, ihren Cousin am Hemdkragen zu ihrem Chef zu zerren, wenn es nötig war. Doch dann nahm auch sie das seltsame Geräusch wahr, das sie soeben zum ersten Mal vernommen und von dem sie gehofft hatte, es nie wieder hören zu müssen. Sie ging die wenigen Schritte zurück, die sie von Jamie bereits trennten und bedachte die Tür mit einem skeptischen Blick. „Komm schon, Jamie, lass uns bitte gehen.“, bat sie ihren Cousin eindringlich, doch sie ahnte, dass er jetzt nicht mehr nachgeben würde. Nicht, bevor er hinter diese Tür geblickt und herausgefunden hatte, was darin vor sich ging. Er öffnete den Mund, um zu antworten, wurde jedoch von dem klickenden Geräusch der sich öffnenden Tür unterbrochen. „Hm...“ Der Doktor stand im Rahmen. Sein verwirrter Blick lag auf den beiden Darnells. Dann wanderten seine Augen schnell über seine Schultern zu seiner Notrufbox. „Merkwürdig.“ „Wollten Sie nicht gehen?“ Herausfordernd verschränkte Samantha die Arme vor der Brust. „Durchaus.“, antwortete der Doktor. „Und ich hatte auch nicht die geringste Absicht, wieder hierher zurück zu kehren.“ Er wandte sich von ihnen ab und ging auf die blaue Box zu, die er zuvor als Tardis bezeichnet hatte. „Wieso sind Sie dann hier?“ Jamie folgte ihm neugierig in das Büro und mit ihm – wenn auch nur widerwillig – Samantha, die ihren Cousin unter keinen Umständen mit einem ihrer Meinung nach eindeutig Verrückten allein lassen würde. „Ich habe keine Ahnung.“ Der Mann hob die Augenbrauen und zuckte mit den Schultern. Behutsam klopfte er gegen das Holz der Notrufzelle. „Ist das nicht fantastisch?“ Mit einem breiten Grinsen im Gesicht strahlte er die beiden Menschen an, während er gleichzeitig seine Tardis tätschelte. Samantha schüttelte stumm und mit ausdruckslosem Gesicht den Kopf, doch Jamie lachte. Der Doktor schien ihm zu gefallen und das beunruhigte Samantha über alle Maßen. „Ich bin übrigens der Doktor.“ Er reichte Jamie zur Vorstellung die Hand und schüttelte sie kräftig. Samantha bedachte er mit einem begrüßenden Nicken. „Das wissen wir bereits.“, antwortete Samantha genervt. „Auch wenn Doktor unmöglich ein Name sein kann.“ „Wieso nicht?“ Bevor Samantha auf diese Frage eingehen konnte, ergriff Jamie das Wort und stellte sie beide vor. „Ich bin Jamie, das ist Sam.“ „Sam.“ Der Doktor richtete einen prüfenden Blick auf Samantha. In Samanthas Magen begann es zu Kribbeln, nicht stark, aber deutlich genug. Mit aller Macht verdrängte sie das Gefühl, während sie versuchte, dem Blick des Doktors ohne erkennbare Regung standzuhalten. Schließlich wandte sich der Doktor von den Menschen ab und seiner Tardis zu. „Und nun zu dir meine Liebe... wieso lässt du mich nicht gehen, hm?“ Samantha legte eine Hand auf ihre Schläfe, als sich ein leichtes Pochen dahinter ausbreitete. „Und… was für ein Doktor sind Sie?“ Was auch immer er für einer war, einen guten Therapeuten brauchte er sicher. „Oh... eigentlich ein Doktor in allem.“ Er schien sich sehr lustig zu finden, denn das Grinsen breitete sich bereits wieder auf seinem Gesicht aus. „Nun gut. Kommt mit, ich zeige euch etwas.“ Mit dem Schlüssel aus seiner Hosentasche öffnete er die Tür seiner blauen Kiste und stieß sie auf. Dann machte er eine einladende Geste ins Innere. „Wir sollen mit Ihnen DA rein?“, fragte Samantha stockend. „In eine kleine blaue Kiste?“ Der Doktor nickte. Seine Hand wies noch immer einladend in Richtung der geöffneten Tür. „Auf keinen Fall.“, bestimmt griff Samantha nach Jamies Hand, um den Jungen mit sich in Richtung Zimmertür zu ziehen. Es war keine eine besonders kluge Idee, sich mit einem Verrückten in einem offensichtlich so beengten Raum aufzuhalten. Vielleicht plante er, sie zu entführen. Eine Polizeibox war sicher gut dafür geeignet, sie eine Weile einzusperren. Jamie jedoch schien ihre Bedenken nicht zu teilen. Seine Neugierde war noch größer als seine Faulheit und in diesem Augenblick siegte sie über den gesunden Menschenverstand. Er wand seine Finger aus dem festen Griff seiner Cousine und verschwand durch die Tür, noch bevor Samantha hatte reagieren können. „Wow!“ Nur einen Augenblick später kam Jamie zur Tür zurück und winkte seiner Cousine aufgeregt, ihm zu folgen. „Komm schon, das musst du dir ansehen!“ Mit einem letzten unsicheren Blick auf den noch immer fröhlich lächelnden Mann an der Tür der blauen Kiste, betrat Samantha einen Ort, den sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorzustellen gewagt hätte. Der Raum war riesig. Eine große Säule, welche am unteren Ende breiter wurde, stand in der Mitte, über und über besetzt mit zahllosen bunten Schaltern, Hebeln und Kurbeln, sowie mit einigen Reglern, die Samantha nicht zuordnen konnte. Offensichtlich handelte es sich dabei um eine Kontrolleinrichtung. Sie leuchtete von Innen und tauchte alles in ein grünliches Licht. Die Wände waren in einem Farbton irgendwo zwischen Gold und Bronze gehalten und die Vertäfelungen mit vielen hellen Kreisen verziert. Außerdem entdeckte Samantha einige Kabel, die scheinbar willkürlich quer durch den Raum verlegt und gespannt worden waren. Der Doktor schloss gerade die Tür hinter sich, als Samanthas Aufmerksamkeit wieder zu der hellleuchtenden Säule in der Mitte des Raumes zurückgekehrt war. „Beeindruckend, nicht wahr?“ Jamie nickte. Er stand unweit der Säule und versuchte noch immer seine Umgebung zu erfassen, indem er sich langsam um die eigene Achse drehte. Samantha blinzelte irritiert. „Es ist von innen... viel größer, als von außen.“ „Jap.“ Der Doktor trat an ihr vorbei an die Hauptkonsole heran und drückte einige Schalter. „Möglicherweise“, gab Jamie zu bedenken, „ist die Tardis aber auch von außen kleiner, als von innen.“ Der Doktor lachte. „So herum habe ich das noch nie gesehen.“ Anerkennung schwang in seiner Stimme mit, die Jamie sicher nicht entging. Mit strahlendem Gesicht trat der Junge ebenfalls an die Konsole heran und versuchte die Funktion der einzelnen Schalter zu ergründen. „Die Tardis“, erklärte der Doktor, „ist dimensional transzendent. Wenn ich versuchen würde, euch zu erklären, was das bedeutet, würden wir in drei Tagen immer noch hier stehen und ihr hättet es trotzdem nicht verstanden. Menschliche Gehirne sind so beschränkt.“ Während Samantha noch immer wie angewurzelt im Eingangsbereich des Kontrollraumes stand und sich ernsthaft fragte, ob der Doktor sie gerade beleidigt hatte, schenkte Jamie dieser Aussage des Doktors keinerlei Beachtung. Zu fasziniert war er noch vom Inneren der merkwürdigen blauen Box. Aufmerksam betrachtete er die einzelnen Amaturenelemente, ließ seine Hand vorsichtig über das Metall streichen und drehte sich dann erneut auf der Stelle, um den Anblick in sich aufzunehmen. „Das... ist so was von cool! Im Grunde existiert also das Innere der Tardis in einer anderen Dimension, als das Äußere, richtig?“ Der Doktor hob fasziniert die Augenbrauen. „Der Junge gefällt mir.“ Dann deutete er auf Samantha, die sich noch immer keinen Millimeter bewegt hatte. „Sie weniger.“, sagte er gedehnt. „Wer ist das?“ „Meine-“, begann Jamie, doch Samantha, die endlich begriffen hatte, dass der Doktor sie gerade unentwegt beleidigte, unterbrach ihn. „Ich bin sein Vormund.“, antwortete sie. Mit wenigen Schritten legte sie die Distanz zwischen sich und dem Doktor zurück und stieß ihm dann wenig rücksichtsvoll den Zeigefinger in die Brust. „Sollten Sie es wagen, ihm irgendetwas anzutun, dann verspreche ich Ihnen, dass ich Sie nicht mehr in Ruhe lassen werde. Wenn nötig folge ich Ihnen bis ans Ende des Universums!“ Bei dem letzten Satz drückte sie dem Doktor mit jedem einzelnen Wort den Finger an die Brust. Sowohl dem Doktor, als auch Jamie, stand ein erschrockener Ausdruck im Gesicht. Schließlich war es der Doktor, der sich zuerst wieder fasste. „Eigentlich habe ich eine Regel, was Eltern angeht... aber ich denke, ich könnte eine Ausnahme machen.“ Wieder trat ein fröhliches Grinsen in sein Gesicht, welches nach Samanthas Auffassung in der momentanen Situation vollkommen unangebracht war. „Auf geht’s! Jamie, du darfst aussuchen, wohin wir reisen.“ „Reisen?“ Samantha wedelte mit beiden Händen vor dem Gesicht des Doktors herum. Zum einem tat sie dies, um dessen Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken, zum anderen, um Jamie von einer Antwort abzuhalten. „Wir werden mit Ihnen ganz sicher nirgendwohin reisen! Mein Zug wartet auf mich und Jamie hat ein Vorstellungsgespräch bei Bob Hetkins. Es ist wichtig, dass er diesen Job bekommt, deshalb werden wir Sie jetzt wieder verlassen!“ Ihr bestimmter Tonfall duldete keine Widerrede. „Das ist genau der Grund, warum ich niemals Eltern mitnehme!“ Der Doktor ließ sich von ihren Worten nicht beeindrucken. „Die Tardis kann ihn an Orte bringen, die er niemals sehen wird, wenn er auf diesem Planeten bleibt. Aber er soll einen Job annehmen, für den er eindeutig überqualifiziert ist. Ich reise seit so vielen Jahren und doch habe ich noch nichts getroffen, was einem mehr den Spaß verderben könnte, als eine Mutter.“ Jamies Augen leuchteten bei den Worten des Doktors, doch in Samantha hatten sie noch mehr Argwohn geweckt. „Sie wollen mir ernsthaft weismachen, dass dieses Ding hier ein Raumschiff ist?“ Die Art, wie sie die Arme vor der Brust verschränkte, ließ keinen Zweifel daran bestehen, dass ihre Geduld zu Ende ging, „So ist es.“ Der Doktor schien nicht zu bemerken, dass er kurz davor stand, sich eine Ohrfeige einzufangen. „Ich reise mit meiner Tardis durch Raum und Zeit.“ Jamie entschied, dass es besser war, dazwischen zu gehen, bevor die Situation noch eskalierte. Auch wenn es ihm schwer fiel, den Blick von der Konsole abzuwenden, blickte er auf. „Das Ding hier ist eine Zeitmaschine?“ Der Doktor sparte sich eine Antwort mit einem vielsagenden Blick. „Also Jimmy, wo soll’s hingehen?“ „Mein Name ist Jamie.“ „Nicht doch. Ich bin ganz sicher es war Jimmy.“, antwortete der Doktor. „Wo möchtest du also hin? Durch die Zeit, oder durch den Raum? Zukunft oder Vergangenheit? Es liegt in deiner Hand.“ Jamie runzelte die Stirn. „Ähm also-“ „Nichts da!“, mischte sich Samantha ein. Sie konnte sehen, wie der Gedanke daran, dass es sich bei der Tardis möglicherweise tatsächlich um eine Zeitmaschine handelte, in Jamie alle Vorsicht auslöschte. „Wir werden jetzt wieder gehen und dann rufen wir die Polizei. Er ist sicher aus irgendeiner Anstalt abgehauen. Wir werden auf gar keinen Fall mit ihm reisen!“ Sie packte Jamies Arm und zog ihn Richtung Tür davon. „Aber Sam, wenn er die Wahrheit sagt, ist das hier eine einmalige Gelegenheit!“ Jamie versuchte sich von Samantha loszureißen, die ihn jedoch so fest hielt, dass er sich vergeblich mühte. „Komm schon, was kann es schaden?“ „Was es schaden kann?“, fragte Samantha zurück, wobei sie wie angewurzelt stehen blieb. „Du kommst hier nur auf dumme Gedanken, dabei musst du endlich lernen, erwachsen zu werden und Verantwortung für dein eigenes Leben zu übernehmen. Wir sollten jetzt-“ Im nächsten Moment war alles, was sie hatte sagen wollen, unwichtig geworden, denn ein starker Ruck hatte die Tardis erzittern lassen. „Niemand will erwachsen werden!“, rief der Doktor über das plötzliche Aufheulen des blauen Raumschiffes hinweg. Mit einem erschrockenen Aufschrei spürte Samantha, wie ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde und sie unweigerlich das Gleichgewicht verlor. Ende Kapitel 3 Das war das 3. Kapitel. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Ich bin mir irgendwie über mein eigenes Geschreibsel gar nicht mehr so sicher. Woran das wohl liegt… Na ja aber die Hauptsache ist, dass ihr die Geschichte hoffentlich gerne lest und mitverfolgen möchtet, was Jamie und Samantha nun gemeinsam mit dem Doktor erleben werden. u-chan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)