Verlobung? Nein, Danke! von Phase (RobertxJohnny) ================================================================================ Zusatzkapitel 1 --------------- Jetzt, da sie wirklich ganz offiziell ein Paar waren, hatte Robert weit weniger Hemmungen einfach so seine Zeit mit Johnny zu verbringen. Damit er dennoch seine Verpflichtungen nicht vergaß, notierte er sich mittlerweile alles ordentlich, denn er hatte schnell feststellen müssen, dass ein schöner gemeinsamer Nachmittag gerne auch mal zu einem schönen gemeinsamen Abend wurde und dann keine Zeit mehr für sinnvolles Arbeiten blieb. Es funktionierte ganz gut und auch im Training machte das Team Fortschritte und Johnny und er lenkten sich gegenseitig weit weniger ab, als befürchtet. Vermutlich lag das schlicht und ergreifend daran, dass sie schon eine ganze Zeit ineinander verliebt gewesen waren und gelernt hatten, auch einmal Abstand von ihren Gefühlen zueinander zu nehmen. Johnny kam jetzt täglich vorbei, um seine Hausaufgaben mit ihm zu erledigen, zu seinem Leidwesen schlossen sich Oliver und Enrico den beiden jedoch an, als sie von der 'Arbeitsgruppe' hörten. Aber nun gut, das ließ sich nicht ändern und war vermutlich für ihre Teamarbeit nicht allzu schlecht, auch wenn sich hierdurch ihre zweisame Zeit wiederum reduzierte. Den Kampf gegen die Stone Killerz brachten sie erfolgreich hinter sich, und mittlerweile hatten sich die Schüler auch einigermaßen an die Vorstellung gewöhnt, dass da etwas zwischen Robert und Johnny lief. Allerdings hatten sie es immer noch nicht geschafft ihren 'Fanclub', nämlich eine Gruppe kreischender Mädchen, loszuwerden. Sie hatten zwar öfters kleinere Auseinandersetzungen – nur weil sie nun wirklich zusammen waren, hieß das noch lange nicht, dass sie sich deshalb anders verhielten als bisher – aber Robert war in ihrer Beziehung sehr glücklich und Johnny wirkte ruhiger, entspannter und manchmal schien er sogar richtig zu strahlen. Was Robert wiederum zeigte, dass die Entscheidung für eine Beziehung die richtige gewesen war. Dennoch überkam ihn nun öfter einmal die Frage: Wann würden sie ihren Jahrestag nun eigentlich feiern? Am Datum ihres Coming Outs? Am Beginn ihrer Scheinbeziehung? Oder an seinem Geburtstag, den sie im Rahmen ihrer Scheinbeziehung als Anfangstermin festgesetzt hatten? Es mochte vielleicht affig wirken, aber das beschäftigte ihn wirklich sehr. Es war Mittwochmorgen und die Schüler saßen in ihren Unterrichtskursen. So auch Robert und Johnny in Französisch. Sie hatten in diesem Klassenraum Einzeltische, aber die Majestics hatten es geschafft, sich zu Beginn des Schuljahres vier nebeneinanderstehende Tische zu sichern. Robert folgte gerade aufmerksam dem Unterricht, als ein Zettelchen auf seinem Tisch landete. Unsicher blickte er nach vorne, um sicher zu gehen, dass der Lehrer es nicht bemerkt hatte, und faltete es dann auf. „Lust heute Abend vorbei zu kommen? Hab' eine neue Blu-Ray gekauft.“ Die Handschrift hätte Robert überall wieder erkannt. Er warf einen Blick zu Johnny, der am Tisch rechts neben ihm saß und verdrehte dann die Augen, ehe er unter den Text säuberlich schrieb: „Kannst du mich das nicht nach dem Unterricht fragen? Ich würde gerne aufpassen.“ Der Zettel wanderte zurück zu seinem Absender, nur um wenige Sekunden zurück zu fliegen. „Vielleicht hast du dann aber schon was vor. >:(“ „Das ist lächerlich.“ „Du bist lächerlich.“ Robert starrte auf das Papier vor ihm und dann zu Johnny, der sich beleidigt zur Seite gedreht hatte. Hastig schrieb er: „Das ist absolut kindisch! Lass uns das Ganze einfach nach dem Unterricht besprechen.“ Als Antwort erhielt er wiederum ein Schreiben und er kam nicht umhin, leicht genervt zu sein. Er öffnete den Zettel, als der Lehrer nicht hinsah: „Du hättest einfach ja oder nein schreiben können! Das wäre außerdem viel kürzer gewesen als das“, auf dem Papier verlief ein Pfeil zu Roberts erster Antwort, „und die Sache wäre geklärt gewesen!“ Robert zögerte nicht lange, schrieb „Ja oder nein. Jetzt zufrieden?“ und wandte sich wieder dem Unterricht zu. Gut, es war vielleicht nicht sonderlich sinnvoll gewesen, Johnny derart zu ärgern, aber ehrlicherweise war ihm das Ganze auch irgendwo zu doof. Und wenn er sich jetzt darauf einließ, dann würde Johnny künftig bestimmt öfter Zettel schreiben und ihn damit nur vom Unterricht ablenken. Die Antwort kam diesmal schneller als erwartet und sie traf Robert grob am Kopf. Der einzige Text darin war ein böse dreinblickender Smiley: „>:(“ Er zerknüllte den Brief und legte ihn zur Seite, um ihn später wegzuwerfen. Johnny würde akzeptieren müssen, dass er jetzt dem Unterricht folgte und die Sache mit dem Filmeabend eben erst später geklärt würde. Konzentriert notierte er ein paar Informationen, die ihnen Herr Hiver über den Lautwandel des Französischen im Verlauf der Sprachentwicklung gab, als er diesmal von links beworfen wurde. Gereizt sah er zu Enrico, der ihn angrinste und beide Daumen nach oben zeigte. Robert ahnte bereits, was in Enricos Zettel stand, dennoch öffnete er und las er ihn: „Worum geht's denn? :D“ „Das geht dich nichts an Enrico. Und jetzt möchte ich bitte wieder dem Unterricht folgen!“, unachtsam kritzelte er die Nachricht auf das Papier und obwohl er gedacht hatte, damit sei die Sache erledigt, kam schon wieder ein Zettel zurück. „Habt ihr Streit...? :D“ „Nein und jetzt pass' lieber auf.“ Keine Sekunde später erreichten ihn gleich zwei Zettel. Einer von Johnny, in dem stand „Ach und mit Enrico ist es in Ordnung zu schreiben?!?!“ und einer von Oliver, dessen Inhalt „Könntet ihr damit bitte mal aufhören? Ihr lenkt die ganze Klasse ab!“ lautete. Robert konnte nicht anders, als gequält aufzuseufzen, dann erhob er sich von seinem Platz. „Monsieur Hiver, est-il possible pour moi de quitter le cours plutôt aujourd'hui? J'ai un rendez-vous important“, ehrlicherweise hatte Robert wenig Lust dazu, sich noch einen Moment länger mit der Situation herumzuschlagen. Und wenn er schon nicht aufpassen konnte, dann würde er die Zeit zumindest anderweitig sinnvoll nutzen. Es war keine Seltenheit, dass Schüler sich aus dem Unterricht abmeldeten und da er ansonsten ein zugegeben ausgezeichneter Schüler war, war es unwahrscheinlich, dass Herr Hiver protestieren würde, wenn er fragte, ob er früher gehen durfte. „Bien sûr, Robert. Je vais donner vos devoirs à quelqu'un“, gab ihm der Lehrer die Erlaubnis und während Robert seine Sachen zusammenpackte und aufstand, meinte er: „Merci beaucoup. Au revoir.“ Damit war er verschwunden. Er machte sich auf den Weg in die Bibliothek, um den Stoff der heutigen Unterrichtsstunde eigenständig aufzuholen und erst als es läutete, beendete er seine Arbeit und schlug den Weg zum nächsten Kurs ein. Wie erwartet, sprach Johnny nicht mit ihm, sondern musterte ihn nur mit böse-vorwurfsvollem Blick. Das war für Robert insofern in Ordnung, dass er wusste, dass Johnny sich auch wieder normalisieren würde. Spätestens am Abend, wenn er vorbeikam, um diesen Film mit ihm anzusehen, war die Angelegenheit mit großer Wahrscheinlichkeit schon wieder vergessen. Zum Mittagessen erschien Johnny gar nicht, was Robert klar machte, dass der Schotte ihm nun ganz bewusst aus dem Weg ging. Er war sich jedoch nach wie vor sicher, dass es mehr ein Machtspiel war und Johnny einfach nicht zugeben wollte, dass er überreagiert hatte, als dass er wirklich verletzt war. Erst als Johnny auch zum Abendessen nicht auftauchte, machte er sich allmählich Sorgen. Enrico hakte mehrfach nach, was nun eigentlich los war und Oliver bedachte ihn mit einem Blick, der wohl ziemlich genau einfach aussagte „Denk' nicht mal daran, dich bei mir auszuheulen. Du hast Mist gebaut, bring' das auch wieder in Ordnung.“, was Robert insofern nervte, dass er sich keiner Schuld bewusst war. Johnny musste ja nicht gleich so empfindlich reagieren, nur weil er eine Diskussion auf später verschob. Aber vielleicht war genau das der Sinn der Sache: er sollte ein schlechtes Gewissen bekommen. Allerdings müsste Johnny sich da etwas Besseres einfallen lassen. Robert beschloss nach dem Essen noch kurz seine Pflichtlektüre für den Deutschunterricht zu beginnen und im Anschluss bei Johnny vorbeizusehen, um ihm zu sagen, dass er sein Verhalten reichlich kindisch fand und er sich doch bitte zusammenreißen sollte. Auch wenn ihm klar war, dass das sicherlich nicht zur Besserung der Situation beitragen würde. Er nahm ein bisschen Essen vom Abendbrot beiseite, damit Johnny zumindest eine Kleinigkeit aß und nicht mit leerem Magen zu Bett gehen musste, obwohl er sich das ja eigentlich selbst eingebrockt hatte. Nachdem Robert sich drei Kapitel von Thomas Manns „Zauberberg“ zur Gemüte geführt und es als durchaus interessante Lektüre eingestuft hatte, warf er einen Blick auf die Uhr, der ihm sagte, dass es bereits acht Uhr war – und er sich schleunigst auf den Weg zu Johnny machen müsste. Er hatte ihn lange genug schmoren lassen. Mit einem gequälten Seufzen legte er das Buch beiseite, stand von seinem Bett auf und schnappte sich den Teller Essen, den er für Johny zurechtgemacht hatte. Keine Minute später stand er auch schon vor Johnnys Zimmertür. Für einen kurzen Augenblick zögerte er, ehe er anklopfte. Keine Reaktion. Er griff nach der Türklinke, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Irritiert runzelte er die Stirn und klopfte nochmals gegen die Tür: „Johnny, bist du da?“ Keine Reaktion. War Johnny immer noch wegen der ganzen Sache eingeschnappt? Tat er deshalb nur so, als wäre er nicht da? Oder war er vielleicht wirklich nicht in seinem Zimmer? Wo sollte er denn sonst sein? Robert war sich ziemlich sicher, dass Johnny die ganze Zeit bewusst gewesen sein musste, dass er am Abend vorbeikommen würde. Also entweder wollte er jetzt einfach prüfen, wie viel Geduld er hatte und wie lange er vor der Tür stehen bleiben würde, oder aber er war ihm ganz bewusst aus dem Weg gegangen, indem er irgendwohin verschwunden war. Oder er wollte ihn wirklich einfach heute nicht mehr sehen. Zielstrebig trat Robert zu dem Zimmer, das neben Johnnys lag, und klopfte an. Wenn jemand wusste, was genau los war, dann war es Enrico. Er hörte Stimmen, die sich unterhielten, dann ein paar Schritte und die Tür öffnete sich einen Spalt, sodass Enrico seinen Kopf hindurch schieben, aber Robert nicht genug vom Zimmer sehen konnte. „Was ist?“, murmelte Enrico und wirkte nicht so, als würde er sich über den Besuch freuen. Seine Haare waren zerzaust und er machte auch keinen sonderlich kommunikativen Eindruck. Es war in Roberts Augen höchst erstaunlich, wie viel Wert Enrico in diesem Fall auf seine Privatsphäre legte, wo er doch für gewöhnlich das Privatleben anderer mit den Füßen trat. Aber ehrlicherweise war das jetzt ganz und gar nicht Roberts Problem. „Hast du Johnny gesehen? Er macht nicht auf. Ist er bei dir?“ Enrico musterte ihn kurz berechnend. „Teodoro kam vorhin vorbei und Johnny ist mit ihm mitgegangen. Frag' mich nicht worum es ging, ich habe nur etwas aufgeschnappt, das so klang, als wolle Teodoro ihre Streitigkeiten begraben. Allerdings weiß ich nichts Genaueres, ich war... beschäftigt.“ Dafür, dass Enrico wohl durch Megan abgelenkt gewesen war, hatte er erstaunlich viel mitbekommen. Robert musste nur zugeben, dass ihn die Geschichte eher beunruhigte, als dass er sich darüber freuen konnte. „Danke, Enrico. Noch einen schönen Abend.“ Der Italiener nickte ihm knapp zu und schloss die Tür wieder. Im Vorbeigehen stellte Robert den Teller auf einem der Tablettwagen ab und versuchte sich daran zu erinnern, wo Teodoros Zimmer war. Auf der anderen Seite war es unwahrscheinlich, dass er Johnny dorthin gebracht hatte, wenn er etwas Dummes vorhatte. 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