Loving You Is Killing Me von Shunya (Liebe auf den letzten Blick) ================================================================================ Kapitel 5: E_Enttäuschung ------------------------- Ähm, wie ist das mit dem Schlauer geworden noch gleich? Neuer Tag, neues Glück. Heißt das nicht so? Wo ist dann bitte mein Glück? Es ist nämlich noch rein gar nichts passiert! Pete ignoriert mich nach wie vor und nicht mal meine harte Arbeit an seiner Geschichte ist heute das Gesprächsthema. Irgendetwas läuft hier gewaltig schief! Unschlüssig stehe ich nun vor dem Eingang der Schule und warte auf Pete. Diesmal weiß ich nämlich ganz genau, dass er noch in der Schule ist. Der Lehrer hat ihm aufgetragen, noch einige Bücher aus der letzten Stunde wegzubringen. Ich hoffe nur, Pete verschanzt sich nicht noch stundenlang in der Bibliothek. Der graue Himmel wacht bedrohlich über mir und irgendwie habe ich ein mulmiges Gefühl. Ich nehme mein Handy aus meiner Hosentasche und wähle Sarah's Nummer. Es tutet. Während ich warte, dass sie endlich abnimmt, laufen Loana und Selena an mir vorbei. Sie werfen mir musternde Blicke zu und ich fühle mich nur noch nervöser als sowieso schon. „Na, Ewan? Was gibt’s?, fragt Sarah mich fröhlich und ich stelle erleichtert fest, dass sie inzwischen schon wieder ganz die Alte ist. „Pete kommt gleich aus der Schule raus. Ich glaube, dass stehe ich nicht durch!“, jammere ich sie auch gleich voll. Wie soll ich mich auch sonst von meiner Nervosität ablenken? Genau in dem Moment kommt auch noch mein Bus angefahren. Was soll ich denn jetzt machen? Ich würde ja noch länger warten, wäre das nicht der letzte Bus, der heute fährt. So etwas Dummes aber auch! „Mein Bus ist da!“, sage ich laut und sehe nervös zwischen Schule und Bus hin und her. Dann muss ich das wohl doch morgen klären. „Wie jetzt? Willst du es ständig vor dir herschieben?“, fragt Sarah mich entgeistert. Ich schüttele mit dem Kopf, auch wenn sie das nicht sehen kann. „Was soll ich denn sonst machen? Dann muss ich den ganzen Weg heim laufen!“ „Nimm es in hin wie ein Mann!“, meckert sie und hat kein Verständnis dafür, dass ich mal wieder einem Problem aus dem Weg gehen will. Ich kann es ja auch verstehen. Das ist einfach nur erbärmlich, aber so bin ich nun mal. „Ich kläre das morgen!“ Ich lege auf und drehe mich um, um zum Bus zu laufen. Allerdings komme ich nicht weit, denn irgendjemand packt mich unsanft von hinten und hindert mich daran, voranzukommen. „Hey! Was soll das?“; meckere ich wütend und reiße mich los. Ich drehe mich um und erstarre. Vor mir steht Pete. Wo kommt der denn auf einmal her? Eben war er doch noch gar nicht zu sehen? „Schrei doch nicht gleich, als würdest du abgestochen werden!“, erwidert Pete mit zusammengezogenen Augenbrauen und leicht aus der Puste. Ich sehe ihn entgeistert an. Dass er mich gleich anmotzt, damit habe ich nun gar nicht gerechnet. Einfach, weil er nun mal nicht so wirkt, als würde er auch mal den Mund aufmachen. Schon erstaunlich, dass er es damit sogar schafft, das ich mal meinen Mund halte. Ich sehe ihn an wie ein Auto und bekomme kein Wort heraus. Ich brauche auch gar nichts zu sagen, denn er lässt mich nicht einmal zu Wort kommen. Stattdessen packt Pete mich an meiner Hand und zieht mich unsanft hinter sich her. Hat nun mein letztes Stündlein geschlagen? Sein Bruder wird ihm zur Hand gehen. Sie machen es bestimmt wie in diesen Mafia Filmen, damit auch niemals eine Menschenseele von meinem Aufenthaltsort erfährt. Vor meinem inneren Auge spielen sich allerlei skurrile Fantasien ab, eine schlimmer als die Andere. Zunächst spricht keiner von uns beiden auch nur ein Wort. Gerade das finde ich ziemlich unheimlich und innerlich bin ich zum Zerreißen angespannt. Mein Blick fällt auf Pete's Hand, die meine fest umgriffen hält. Seine Hand ist warm, im Gegensatz zu meiner. Wenn ich nervös bin, kriege ich eiskalte schwitzige Hände. „Das hättest du nicht machen müssen!“, murrt Pete auf einmal in die Stille hinein. Na ja, mal abgesehen von dem Motorenlärm, den lauten Schulkindern und den tratschenden Müttern, die an uns vorbeilaufen. „Was?“, frage ich Pete verwirrt. So richtig habe ich nicht aufgepasst. Hat er vorher schon irgendetwas gesagt? Ich sehe auf seinen Rücken, denn er läuft vor mir und zerrt mich beinahe schon hinter sich her. Ich habe auch keinen blassen Schimmer, wohin wir gehen. „Meine Geschichte, meine ich!“, meckert Pete und schiebt sich seine Brille zurecht. Oh, wie ich diese Brille hasse! Am liebsten würde ich sie mir schnappen und in den nächsten Fluss werfen! Gut, dass heißt dann ja wohl, Pete hat meine nett gemeinte Geste nicht gefallen. Dann war die ganze Arbeit auch noch umsonst. Das ist doch alles zum Haareraufen! Was soll ich denn jetzt noch bitte machen? „Es tut mir Leid!“, sage ich und scheinbar bin ich lauter als ich es wollte, denn einige Passanten drehen sich zu uns um und auch Pete hält an und sieht zu mir. „Na, endlich! Ich dachte schon, du würdest es nie sagen!“, meint er und mustert mich. Was soll das denn bitte heißen? Schmollend sehe ich ihn an. Als ob ich gar nicht vorgehabt hätte, mich bei ihm zu entschuldigen! Ich wollte es doch schon die ganze Zeit, aber er hat es mir ja nicht gerade sehr einfach gemacht. Ganz so unschuldig ist er also auch nicht. „Sieh' mich nicht so an! Du hast mich beleidigt und bist über mich hergefallen und bisher hast du dich für nichts entschuldigt!“, klärt er mich auf. Ich sehe ihn verlegen an. Er hat ja Recht, aber muss er dabei gleich so schroff klingen? Außerdem ist es ja nicht so, als würde ich mich nie rechtfertigen. Überhaupt ist es ein Wunder, dass er mit mir spricht. Ich habe die Hoffnung ja schon beinahe aufgegeben. Mal ehrlich, die letzte Zeit hat er nicht mit mir geredet und mich sogar ignoriert. Wie soll ich ihm da nahe kommen, um mit ihm ein ernstes Gespräch zu führen? Das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit! „Danke, also, trotzdem für deine Mühe.“ Pete sieht mich etwas weniger ungehalten an. Ich nicke schief lächelnd und weiß so gar nicht, wie ich jetzt reagieren soll. Ich kann ja schlecht sagen, er soll sich mal nicht so anstellen. „Wohin entführst du mich eigentlich?“, frage ich ihn neugierig, aber auch etwas skeptisch. Pete zieht eine Augenbraue in die Höhe. „Das solltest du eigentlich wissen. Schau doch mal wohin wir gerade laufen!“, meint er und zeigt mit seiner Hand in einer fahrigen Bewegung die Straße herunter. Ich folge seiner Bewegung und sehe an der Kreuzung die Buchhandlung. Klar, ich hätte es mir denken können. Ein wenig unwohl ist mir ja doch irgendwie, auch wenn ich wohl nichts mehr zu befürchten habe. Immerhin habe ich mit beiden Brüdern geredet. Mehr oder weniger. Sie wissen zumindest was Sache ist. Fast! Josef weiß es, sein Bruder hingegen hat noch keine Ahnung. Ich weiß noch nicht einmal, ob es überhaupt noch wichtig ist, ihm davon zu erzählen. Eigentlich ist es doch unwichtig, oder nicht? Immerhin empfinde ich nichts für ihn. Vielleicht ein winzig kleines bisschen? Aber das reicht doch nicht aus! Das ist ein Witz! Zumindest habe ich bisher keine großartigen Gefühle für ihn empfunden. Ich habe mir die ganze Zeit nur Gedanken über meinen Alptraum gemacht, wie soll ich da noch nebenbei über meine Gefühle nachdenken? Ist vielleicht keine schlechte Idee, nur bringt mir all das Kopfzerbrechen noch etwas? Während ich ernsthaft überlege mehr über meine Gefühle nachzudenken, zieht Pete mich weiterhin geschäftig hinter sich her. Ich seufze leise. Das bringt doch im Grunde genommen gar nichts mehr. Ich stehe nicht auf Männer und auch nicht auf Pete. Worüber soll ich mir da noch den Kopf zermartern? Wir betreten den Laden und sofort prescht etwas Schwarzes an mir vorbei und springt auf einen Bücherstapel, nur um die dicken Wälzer völlig durcheinander zu bringen. Erstaunt sehen Pete und ich zu Mahabba, die wohl scheinbar unter die Fliegenfänger gegangen ist. Zumindest versucht sie es, denn nebenbei demoliert sie gerade den halben Laden. Josef steht schnaufend in einer Ecke des Geschäfts und hat es wahrscheinlich aufgegeben die Katze heute noch unter Kontrolle zu bringen. Er beginnt damit die Bücher zu sortieren, auch wenn die wohl gleich wieder kreuz und quer in der Buchhandlung herumliegen werden. Pete lässt seine Tasche fallen, lässt meine Hand los und versucht die Katze einzufangen. Kann er sich ja eigentlich sparen, denn die sieht gar nicht ein, wieso sie aufhören soll. Geschickt weicht sie ihm aus und obwohl Pete sich relativ gut anstellt, bekommt er sie nicht zu fassen. „Lass es, die kriegst du nicht!“, rufe ich ihm zu und als er mich eingeschnappt ansieht, muss ich lächeln. Was das angeht, ist er scheinbar genauso ein Sturkopf wie ich. Er lässt es auch tatsächlich bleiben und sieht tatenlos zu, wie Mahabba der Fliege hinterher wetzt. Wenigstens eine hat ihren Spaß. Pete kommt auf mich zu und packt mich wieder an der Hand. Erstaunt sehe ich auf unsere Hände. Er zieht mich hinter sich her in das angrenzende Nebenzimmer und verschließt die Tür hinter uns. So ein bisschen mulmig wird mir ja jetzt doch. Was hat er denn jetzt vor? Unschlüssig stehe ich im Raum und sehe zu ihm. Ehrlich gesagt, habe ich auch keine allzu guten Erinnerungen an dieses Zimmer und wünsche mir, dass wir einfach im Vorzimmer geblieben wären. Pete kommt auf mich zu und bleibt nur kurz vor mir stehen. Uns trennen gerade mal einige Zentimeter. Okay, es ist etwa ein Meter. Muss man ja nicht alles so penibel nehmen! Wir sehen uns an. Ich verziehe meinen Mund. Die Stille ist einfach nur unangenehm. „Josef hat mit mir geredet, weil er der Meinung ist, dass du es wohl nicht gebacken kriegst.“ Erstaunt sehe ich Pete an. Josef, du Verräter! Was hast du Klein-Pete erzählt?! „Ich weiß also von deinem Dilemma, dass du irgendwie auf mich stehst. Aber du bist nicht verliebt, oder?“, fragt Pete mich direkt ohne Umschweife. Was soll ich denn darauf antworten? Sprachlos stehe ich vor ihm und sehe ihm in die Augen. Ich schlucke und sehe zur Seite. „Ist doch alles nur ein Traum gewesen. Die Anderen versuchen mir die ganze Zeit einzureden, ich würde etwas für dich empfinden. Weißt du, da sind höhere Mächte im Spiel!“, antworte ich ihm und könnte meinen Kopf gegen die nächste Wand donnern. Was denn bitte für höhere Mächte? Der glaubt mir doch kein Wort! „Ich glaube, du willst es nur nicht zugeben. Du hast Angst davor, anders zu sein, als die Mehrheit!“, stellt Pete fest. Oho, jetzt wird meine Psyche auseinander genommen. Muss ich mich jetzt auf das Sofa legen und von meiner schrecklichen Kindheit erzählen? Nicht zu vergessen, die Scheidung meiner Eltern? Nein, welch ein Skandal! „Ich bin nicht in dich verliebt! Raff das mal!“, murre ich nur. Hui, das habe ich ja wirklich schön ausgedrückt. „Ich habe deine Blicke gesehen. Du siehst mich ständig an. Es hätte dir egal sein können, was ich denke, aber trotzdem hast du meine Geschichte korrigiert. Du hast dich sogar bei mir entschuldigt, auch wenn ich kaum noch darauf gehofft habe.“ So langsam macht Pete mir Angst. Kann er seine Thesen nicht für sich behalten? Nach dem Gespräch mit Josef habe ich mich schon viel besser gefühlt und Pete macht gerade alles zunichte! Ich presse meine Lippen aufeinander. Soll er doch denken, was er will. Ich liebe ihn nicht! Basta! „Ich hätte es beinahe aufgegeben, weißt du?“, klärt er mich auf. Was meint er damit? Ich verstehe gerade nur Bahnhof. Pete sieht zu mir auf und öffnet seinen Mund. Ich zucke zusammen, noch bevor er etwas sagt. Was auch immer es ist, ich will es nicht wissen! „Ich mag dich auch! Schon lange!“, sagt er eindringlich. Überrumpelt sehe ich ihn an. Okay, damit habe ich nicht gerechnet. Moment! Das heißt dann ja, dass Klein-Pete schwul ist?! Wieso ist er denn ausgerechnet in mich verknallt? Seit wann? Wieso? Pete sieht mich ernst an und kommt mir etwas näher. Zu nahe für meinen Geschmack! „Du Idiot! Das mit meiner dämlichen Geschichte, war doch alles nur ein Vorwand, um mit dir ins Gespräch zu kommen. Was glaubst du, wieso ich dich überhaupt angesprochen habe? Du hast es nur nie bemerkt, weil du immer an dich denkst. Du glaubst gar nicht, wie aufgeregt ich war, sobald wir miteinander geredet haben, oder du mich einfach nur angesehen hast! Als du mich dann geküsst hast, dachte ich, du erlaubst dir einfach nur einen fiesen Scherz, weil du bemerkt hast, was ich für dich empfinde. Ich war eben verwirrt und wusste nicht, was ich davon halten sollte!“, erklärt Pete und irgendwie wird mir immer mulmiger. Was soll das alles? Macht er das jetzt mit Absicht? Ich bin doch gerade zu dem Ergebnis gekommen, dass ich nicht auf ihn stehe. Wie kann er mir da nur sagen, dass er mich mag? Das ist unfair! „Du bist nicht schwul!“ Mehr bringe ich einfach nicht heraus. Viel zu geschockt fühle ich mich gerade. Das ist bestimmt alles nur wieder ein Traum! Ja, ein böser Alptraum! Gleich wache ich auf und dann stellt sich heraus, dass das alles nicht real ist! „Ich habe mich bis jetzt auch nur vor meinen Freunden geoutet. Meine Familie weiß es noch nicht!“, erklärt Pete mir und darauf kann ich irgendwie nicht antworten. Was soll ich denn jetzt sagen? Die Brillenschlange steht auf mich. Nervös lasse ich meinen Blick durch den Raum schweifen, weil ich einfach nicht weiß, was ich tun soll. Die Entscheidung nimmt Pete mir ab. Er kommt näher auf mich zu und greift nach meinem Kinn, zieht mein Gesicht zu sich, damit ich ihm in die Augen sehen muss. Wer hätte das gedacht, der kleine Pete kann ganz schön forsch sein. Ich schlucke und lasse es zu, dass er mir meine Sonnenbrille abnimmt. Irgendwie fühle ich mich gerade ziemlich ausgeliefert. „Ich bin nicht in dich verliebt!“, bringe ich mühsam hervor. Leider tut mir nicht einmal Josef den Gefallen und stürmt mal wieder ungefragt ins Zimmer. „Aber der Kuss hat dir gefallen, du konntest ja nicht mal deine Finger von mir lassen!“, stellt Pete fest und kommt noch dichter zu mir. Kann er nicht da stehen bleiben, wo er eben noch war? Was ist aus dem kleinen unsicheren Pete geworden? Ist der etwa immer so und macht in der Schule einen auf schutzbedürftig? Pete's Hand streicht über meine Wange und so sehr ich diese Geste auch genieße, genauso sehr will ich es mir nicht eingestehen! „Müsstest du mich nicht hassen?“, frage ich ihn und suche nach einem Anker, an dem ich mich festhalten kann. Irgendwie muss ich ihn mir doch vom Leib halten können? „Ich denke mit meiner Ignoranz habe ich dich schon genug bestraft. Nur, mach es nicht noch einmal! Jedenfalls nicht ohne meine Erlaubnis!“, stellt Pete klar. Ich kann daraufhin lediglich nicken. Genau da fällt mir ein, dass ich ja eigentlich das Gegenteil bezwecken will. Jetzt hat er mir auch noch einen Freifahrtschein gegeben. Das läuft alles in die falsche Richtung! Ich schüttele vehement mit meinem Kopf. „Als ob ich das will!“, brause ich auf. Pete lächelt. Ich sehe ihm an, dass er mich durchschaut hat. Er drängt sich noch dichter an mich und jetzt spüre ich seinen Körper an meinem. Das gefällt mir so gar nicht! Ich spüre seine Hände an meinen Seiten und sofort überkommt mich eine Gänsehaut. Das sind nur die Hormone, mehr nicht! Ich versuche zwar, es mir einzureden, aber so richtig gelingen will es mir dann doch nicht. Pete's Gesicht kommt meinem näher und ich ziehe scharf die Luft ein. Meinen Kopf drücke ich gegen die Tür und versuche ihm auszuweichen, aber so leicht gibt er sich nicht geschlagen. Irgendwie habe ich mich wohl komplett in dem Jungen geirrt. Ich weiß so gar nichts über ihn. Gerade das macht mir jetzt auch ein wenig Angst. „Gestehe es dir endlich mal ein! Du willst mich noch mal küssen!“, fordert Pete mich auf. Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen? Was soll das alles? Trotzdem will ich es mir nicht eingestehen! Wie hört sich das denn an, wenn ich sage, dass ich drauf stehe einen Kerl zu küssen? Das kommt doch überhaupt nicht cool rüber! Ich bleibe stur und sehe Pete unwirsch an. „Einbildung ist ja bekanntlich auch eine Bildung!“, murre ich und sehe ihn feindselig an. Pete grinst und nähert sich meinem Ohr. „Du bist so ein sturer Bock!“, flüstert er mir amüsiert zu. Ich ziehe meinen Kopf zur Seite. Mich überkommt wieder eine Gänsehaut, als ich seinen Atem an meinem Ohr spüre. Sein Atem streift langsam meinen Hals entlang und mehr als meine Augen zusammen zu kneifen schaffe ich einfach nicht. Ich spüre Pete's Blick auf mir, wage es aber nicht, ihn anzusehen. Den Gefallen tue ich ihm ganz sicher nicht1 Und ich werde mir auch nichts eingestehen, nur weil er es so sagt! Ich kann bestimmen, was mein Körper fühlt und was nicht, auch wenn er mich gerade ganz dreist hintergeht! „Ich will nicht so sein!“, presse ich mühsam zwischen meinen Zähnen hervor. Pete hält inne und sieht mich forschend an. Er streichelt mir sanft über den Hals und vergräbt seine Finger in meinen schwarzen Haaren. „Sieh mich an, Ewan!“, verlangt er ruhig und zieht mein Gesicht mal wieder zu sich. Ich öffne langsam meine Augen und starre direkt in seine blauen Augen. Ich habe das Gefühl, dass er damit direkt in mich hineinsehen kann. „Das ist falsch! Ich hab mich nie für einen Jungen interessiert! Ich bin hetero!“, erwidere ich verzweifelt. So langsam bröckelt meine Fassade und das gefällt mir so ganz und gar nicht. „Ich müsste mich in ein Mädchen verlieben! Nicht in einen Jungen!“ Pete zieht frech an einer Haarsträhne von mir. „Es ist aber passiert und du kannst daran nichts mehr ändern. Was ist so schlimm daran? Dadurch bist kein anderer Mensch! Du bist immer noch derselbe. Ein sturer Esel, der sich einfach nicht eingestehen kann, dass er in mich verliebt ist!“ Ich knabbere auf meiner Unterlippe und mein Blick verfinstert sich. Ein sturer Esel? Ich kann mir nichts eingestehen? Wie kann er so etwas über mich sagen? Er kennt mich doch gar nicht richtig! „Jetzt bist du wütend, weil du es nicht wahrhaben willst.“ Pete sieht mich prüfend an. Von wegen! Der soll mich endlich mit seinen Theorien in Ruhe lassen! Mir ist es egal, was er über mich denkt, ich will einfach nur meine Ruhe haben! Ich atme aus und fahre mit der rechten Hand durch meine Haare. „Du nervst echt!“ Pete grinst. „Du auch.“ Ich sehe zu ihm herunter und mein Magen zieht sich unweigerlich zusammen. Ich sehe zur Seite und weiche seinem Blick aus. Würde es nach mir gehen, würde es sich noch stundenlang hinziehen. Allerdings scheint Pete nicht so eine geduldige Person zu sein wie ich. Zumindest in dieser Hinsicht. Abwartend sieht er zu mir auf und wartet auf eine Reaktion von mir. „Wie lange?“, fragt er mich auf einmal. Ich sehe verdutzt zu Pete. „Was?“, hake ich nach und sehe ihn verwirrt an. Pete zieht die Stirn kraus. „Wie lange muss ich auf dich warten? Ein paar Tage, einige Wochen? Wie lange muss ich warten, bis du es dir eingestehen kannst?“, will er wissen. Irgendwie fühle ich mich gerade ziemlich bedrängt. „Woher soll ich das wissen? Vielleicht verliebe ich mich ja schon morgen in irgendein Mädchen?“, meckere ich ungehalten. „Okay, dann werde ich auch nicht warten!“, meint Pete plötzlich und hält mich fest gegen die Tür gepresst. Was ist denn nun auf einmal in ihn gefahren? Mit klopfendem Herzen sehe ich auf den Blondschopf herunter. Heißt das etwa, dass er gar nichts mehr von mir wissen will? Oder meint er gerade das, an was ich denken muss? Unsicher bleibe ich stocksteif stehen. Pete beugt sich zu mir herüber und presst seine Lippen auf meine. Irgendwie ist es schon ein komisches Gefühl, geküsst zu werden, statt jemanden zu küssen. Pete hat seine Augen geschlossen, während ich ihn noch erschrocken ansehe. Etwas übertrieben, ich habe es ja bereits geahnt. Was soll's, wenn es wirklich eintrifft ist man nun mal geschockt. Oder eben nur ich. Ich spüre, wie er seine Lippen fester auf meine drückt und schließe automatisch meine Augen. Unwillkürlich öffne ich meinen Mund ein Stück und Pete lässt sich nicht zweimal auffordern. Sofort gleitet seine Zunge in meinen Mund und ich ziehe meine zurück, gebe ihm somit mehr Freiraum und die Mühe, mich ein wenig in Stimmung zu bringen. Pete grummelt kaum merklich. Es hört sich zum Teil auch wie ein genervtes Seufzen an. Immer wieder stupst er meine Zunge an, aber so leicht mache ich es ihm nicht. Ich weiche ihm aus oder drücke seine Zunge unnachgiebig zurück in seine Mundhöhle, nur damit er wieder zu mir angekrochen kommt. Dass Pete langsam die Geduld verliert merke ich und genieße es in vollen Zügen. Da kann er lange drauf warten, dass ich mir etwas sagen lasse! Soweit kommt's noch! Als er aber mit seiner Hand über meinen Schritt streift und leicht zudrückt, muss ich unbewusst stöhnen und da ich abgelenkt bin, hat er ein leichtes Spiel mit mir. So ein heuchlerischer Kerl! Da kämpft er auch noch mit unlauteren Mitteln! Ich lasse mich also mit Widerwillen auf den Kuss ein. Zuerst wird aber mal klar gemacht, wer hier den Ton angibt, also drücke ich Pete's Zunge zurück in seinen Mund und komme mit meiner gleich hinterher. Daran scheint Pete sich nicht zu stören, vielmehr scheint er erleichtert zu sein, dass von meiner Seite aus auch mal etwas kommt. Er schlingt seine Arme um meinen Rücken und da ich es von ihm nicht gewohnt bin angefasst zu werden, verspanne ich mich etwas. Da ich mich aber viel zu sehr auf unseren Kuss konzentriere habe ich es schnell vergessen und entspanne mich wieder. Ich massiere seine Zunge hingebungsvoll mit meiner und lege meine Hände auf seiner Hüfte ab. So kann ich ihn gleich noch etwas näher an mich heranziehen. Nach einiger Zeit habe ich dann aber doch erst mal die Nase voll und beende unseren Kuss. Pete ist knallrot im Gesicht und scheint es mehr als genossen zu haben. Er leckt sich über seine feuchten Lippen und sieht zu mir auf. „Trotzdem bin ich nicht schwul!“, kläre ich ihn auf. Pete sieht mich grimmig an und zieht mit seinen Fingern an meiner Nase. „Du kannst aber auch jeden Moment ruinieren!“, murrt er genervt. Ich zucke nur mit den Schultern. Damit muss er sich eben abfinden. Er seufzt. „Wenigstens muss ich dich dann mit keinem anderen Kerl teilen und da du zurzeit bei den Mädchen eh keine guten Karten hast, habe ich dich ganz für mich allein!“ Mit großen Augen sehe ich ihn an. Er scheint ja schon alles mögliche zu planen. Fehlt nur noch, dass ich in ein paar Jahren wirklich mit ihm vor dem Traualtar stehe. Oh Gott, nein! Pete scheint mit irgendetwas zu hadern. Ich verstehe es nicht ganz, was gibt es denn jetzt noch für Probleme? Scheinbar habe ich sowieso kein Recht mehr, mich über irgendetwas aufzuregen. Abwartend sehe zu ihm, aber er weicht meinem Blick aus. „Weißt du eigentlich...ähm...wie der Sex bei Jungs abläuft?“, fragt er mich stammelnd. „Höh?“, ich sehe Pete entgeistert an. Sex. Moment mal Sex? Sex?! „Du bist doch der Schwule von uns beiden!“, brumme ich gereizt. Pete sieht mich ebenfalls ungnädig an. „Nur weil ich schwul bin, heißt das noch lange nicht, dass ich auch schon Erfahrungen gesammelt habe!“, schnauzt er mich an. Ich lege den Kopf schief und grübele einen Moment. „Das heißt doch, du bist praktisch noch...“ Damit ich mir nicht mal wieder eine Ohrfeige einhandele wage ich es gar nicht erst den Satz zu beenden. Pete zuckt mit den Schultern und spielt an meinem Hemd herum. „Na und? Du doch auch...“ „Du wohnst aber schon so gut wie in der Buchhandlung. Hier sind überall Bücher. Wieso hast du dich nicht informiert?“, erwiderte ich pampig. „Als ob das jetzt meine Schuld ist! Woher soll ich das denn auf einmal wissen? Ich musste doch erst mal sicher sein, dass du dich überhaupt auch nur im Entferntesten auf mich einlässt!“, schimpft Pete und wird mit jedem Wort lauter. Ich grummele nur und packe ihn an seinem Handgelenk. Ich öffne die Tür und zerre den Jungen hinter mir her. Ich durchkämme den Raum mit meinem Blick und finde die gesuchte Person. Zielstrebig laufe ich auf Josef zu. „Josef! Wo habt ihr Sexratgeber für Schwule?!“, rufe ich ihm quer durch den Laden zu. Im ersten Moment bemerke ich gar nicht, wie voll das Geschäft inzwischen ist und so sehen mich von allen Seiten potenzielle Käufer an. Die beiden Brüder Harmon laufen augenblicklich knallrot an und ich setze mir für diesen coolen Moment schnell die Sonnenbrille auf, um mich peinlich berührt dahinter zu verstecken. „Äh...also...Se...Sexratgeber...?“, stammelt Josef und sieht sich kopflos in dem kleinen Laden um. Überrumpelt sieht er uns beide an und kriegt den Mund nicht mehr zu. „Also nicht für mich, ich bin ja nicht schwul! Ist für deinen Bruder!“, kläre ich ihn hastig auf. „Peter? D-du...bist schwul?“ Ach ja, da war ja noch was... Ich sehe zu Pete, der mich mit seinem Blick erdolcht und lächele verkrampft. „Sieh es positiv, jetzt musst du es nur noch deinen Eltern beichten!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)