Always Remember Me von Aoiyuki (Chazz/Jaden | Jesse/Jaden) ================================================================================ Prolog: -------- Die Sonne ging unter. Sie hüllte den Himmel in orangene Farbtöne, die in blaue übergingen. Das Meer funkelte, und man konnte die Vögel am Horizont beobachten. Es war ein harmonisches Bild, was einem geboten wurde. Zufrieden schloss ich meine Augen und verschränkte meine Arme hinter den Kopf. Ich genoss diese Ruhe. Man wurde aus dem Alltagstrott herausgeholt. Man konnte endlich den Druck vergessen, jedes Duell zu gewinnen. Vor allem hatte man keine Lehrer, die einen im Nacken saßen. Ein kleiner Seufzer entfuhr meiner Kehle. Es war Freitagabend. „Na, bist du schon da?!“ Abrupt schreckte ich auf, konnte gerade noch einen Schrei unterdrücken. Hastig drehte ich mich um und wurde direkt ausgelacht. „Halt die Klappe, du Niete!“ Jaden Yuki grinste. „Ist klar, Chazzie.“ Ich verdrehte die Augen. Aber innerlich lächelte ich. Jaden Yuki (wer hätte das gedacht) war mein bester Freund. Wir freundeten uns langsam nach dem Duell der Schulen an. Zuerst wollte ich es mir immer noch nicht eingestehen, dass ich mit einer „Niete“ so viel zutun hatte, besonders, da Jaden damals mein Rivale war (oder auch noch ist, wie man sieht). Doch als er der Einzige war, der mich gegen das Duell gegen Slade aufgebaut hatte, begann ich langsam, die positiven Dinge an ihm zu bemerken. Dass er oft lachte, andere aufmuntern konnte und man ihm vertrauen konnte. Er gab mir Halt, als meine Brüder mir den Rücken zukehrten. Ich durfte sogar in den Sommerferien zu ihm kommen anstatt zu unserem Anwesen. Und als wir einmal zu mir mussten, um noch ein paar Sachen zu holen … Ich konnte mich jetzt immer noch an dieses Chaos, was Jaden angerichtet hatte, erinnern. Ich glaube, meine Brüder wollen ihn am liebsten in der Hölle schmoren sehen, wobei ich bei Jaden eher das Gegenteil glaube. Manchmal war Jaden für mich sogar wie ein Engel, obwohl ich das nie im Leben zugeben würde. Denn das klang selbstverständlich überhaupt nicht wie der coole Chazz… Und niemand durfte auch Teil an diesen Gedanken haben. Und Jaden würde ich das auch nie erzählen.. schon allein der Gedanke war total peinlich. „… Und dann meinte ich zu Syrus, dass ich sein Sandwich gegessen hab!“ Ich wurde aus meinen Gedanken geholt und blickte zu Jaden, der sich neben mir niedergelassen hatte. Ich lächelte ihn kurz an und schaute dann zum Meer. „Alles klar bei dir?“, fragte Jaden mich. Ich nickte. „Ja, die Woche war nur ein wenig anstrengend.. vor allem“, fügte ich hinzu „wenn Jesse immer an uns klebt.. das nervt echt!“ Jadens Blick war verwirrt. „Wieso stört dich das denn? Jesse ist doch voll nett!“ Ich schüttelte energisch den Kopf. „Nein, der nervt nur.. Immer, wenn wir miteinander reden, kommt der dazwischen.. ist dir das nicht aufgefallen? Mich wundert es, dass er uns nicht bis hierhin folgt..“ Jaden lachte auf. „Ach was! Warum sollte er auch? Du machst aus ’ner Mücke einen Elefanten!“ Ich seufzte. Es hatte keinen Zweck… Eine Weile herrschte Stille zwischen uns. Dann begann Jaden wieder zu sprechen: „Du, Chazz!“ „Hm?“ „Wollen wir mal wieder zu diesem Ort?“ Ich drehte mich zu ihm um. „Was? Sicher?“, entgegnete ich. „Klar, warum nicht? Das hatten wir schon lange nicht mehr gemacht, oder?“ „Schon, aber wieso gerade heute?“ Der Brünette lächelte. „Darum!“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht..“ „Wieso denn nicht?“ „Es wird aber langsam dunkel.“ „Dann beeilen wir uns eben! Und jetzt komm!“ Ehe ich noch in irgendeiner Weise Einspruch erheben konnte, nahm Jaden meine Hand und zog mich hoch. Dann gingen wir gemeinsam die Klippen entlang, bis wir das Ende erreichten. In der Nähe befand sich ein Wasserfall, wo eine kleine Höhle war. Aber nein, es war nicht irgendeine Höhle. Wenn man sie durchquerte, gelangte man zu einer kleinen Bucht. Jaden hatte diesen Ort einmal auf einer kleinen Entdeckungstour gefunden und ihn mir direkt gezeigt. Ich hatte mich gefreut, dass er es nur mir erzählt hatte und niemand anderem sonst, auch nicht Jesse. Es war unser geheimer Ort. Und genau dort wollten wir hin. Dazu mussten wir die Klippe ein Stück hinabsteigen, was aber eigentlich kein Problem war. Nur hoffte ich, dass das Licht ausreichte.. schließlich ging langsam die Sonne unter und ich hatte Bedenken, wie wir zurück finden sollten. Doch ich hatte gelernt zu vertrauen und Jaden wusste sicher, was er tat. Vorsichtig hielt ich mich an der Seite fest und setzte meinen Fuß nach unten. Als ich Halt hatte, stieg ich auch mit dem anderen nach unten. Jaden war bereits ein paar Meter vor mir und kletterte den kleinen Weg an der Klippe entlang. Ich folgte ihm vorsichtig. Wie ich das Klettern hasste! Zum Glück hatte ich keine Höhenangst oder so – aber ich war ja auch ein Princeton. Unter mir hörte ich das Meer rauschen. Ich beobachtete, wie die Wellen gegen die Felsen preschten. Dann wanderten meine Augen gen Himmel. Erst jetzt bemerkte ich, wie dunkel es auf einmal war.. Ich blickte über meine Schulter. Von da, wo wir herkamen, war nichts mehr zu sehen. Allerdings befanden wir uns in der Nähe des Strandes. Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich nicht mehr achtete, wo ich drauf trat. Plötzlich merkte ich, wie ich mein Gleichgewicht verlor. „Oh Gott, Chazz!“ Ich spürte, wie ich halb in der Luft hing und am Handgelenk gepackt wurde. Dann zog mich Jaden zu ihm hin und hielt mich fest. Meine Hände zitterten und mein Herz klopfte. Mir wurde schwindelig. „A-Alles okay?“, fragte er mich besorgt. Ich nickte und atmete tief durch. Doch seine Nähe beruhigte mich. Aber als ich nach unten sah, wurde mir beinahe schlecht. Schwärze. Nichts als Schwärze. „Komm“, sagte Jaden leise. „Wir sind gleich da. Morgen gehen wir dann zurück.“ Ich sagte nichts. Ich wollte am liebsten hier stehen bleiben… vor allem wollte ich Jaden nicht loslassen. Aber dann bemerkte ich, wie er sich langsam weiter bewegte. Man konnte das Rauschen des Wasserfalls hören.. Wasserfall.. Plötzlich blieb ich stehen, meine Augen waren vor Schreck geweitet. „JADEN, BLEIB STEHEN!“, schrie ich laut. Er stand direkt vor mir, drehte sich verwirrt zu mir um. „Hä, wieso…“ Dann passierte es. Jaden rutschte aus. Ich hatte keine Zeit mehr zu reagieren. Ich krallte meine Hand in sein Shirt. Dann wurde alles Schwarz und ich spürte nur noch Schmerz. Es war wirklich ein Fehler… Kapitel 1: Das Erwachen ----------------------- 1. Kapitel: Das Erwachen Dunkelheit umfing mich. Ich konnte nichts sehen. Wo war ich nur? Was war passiert? Was sind das für Stimmen?? Meine Augenlider flatterten . Grelles Licht blendete meine Augen. Ich blinzelte mehrmals, um mich an die Lichtintensität zu gewöhnen. Ich war wohl in irgendeinem Raum, in dem es nach Medikamenten roch. „Uh..“, murmelte ich leise. Vorsichtig versuchte ich mich aufzusetzen. Mein Arm schmerzte ein wenig, aber ansonsten konnte ich mich ganz gut bewegen. Nur als meine Hand über mein Gesicht fuhr, zuckte ich etwas zusammen. „Ah, Sie sind aufgewacht!“ Verwirrt schaute ich mich um, bis mein Blick an einer Krankenschwester hängen blieb. „Sekunde, ich hole Miss Fontaine!“ Schon verschwand die Krankenschwester hinter der Türe und ließ mich verwirrt zurück. Was war passiert? Was machte ich hier? Ich blickte auf meine Bettdecke… Jaden. Abrupt sprang ich auf, wobei ich direkt das Gleichgewicht verlor und mich noch rechtzeitig auf meinem Bett abstützte. „Scheiße!“ Die Erinnerungen strömten auf mich ein. Der Sonnenuntergang, die Höhle, der Wasserfall und dann… Ja, was war nur passiert? Wie bin ich überhaupt hierher gekommen? Und viel wichtiger: Was war mit Jaden? Wie ging es ihm? „Wie ich sehe, bist du wieder wach, Chazz.“ Ich zuckte leicht zusammen, als ich sah, wie die Schulärztin eintrat. „Miss Fontaine!“ Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. „Miss Fontaine, was ist passiert? Was ist mit Jaden?“, fragte ich sie ungeduldig. Ich hielt es einfach nicht mehr aus, im Schwarzen tappen zu müssen. Sie hob ihre Hände. „Immer mit der Ruhe, Chazz. Jaden geht es… nun..“ „Was ist mit ihm? Und was ist überhaupt passiert??“ Sie atmete tief durch. „Ihr hattet Glück, dass ihr gefunden wurdet.“ „W-wie meinen Sie das?“ „Erinnerst du dich nicht mehr?“ Ich schüttelte leicht den Kopf. „Nein.. nicht mehr genau.. Wobei…“ Bilder tauchten vor meinen Augen auf. „JADEN, BLEIB STEHEN!“, schrie ich laut. Ich presste meine Hände auf den Kopf. „Die Klippe… si-sind wir…?“ Sie musterte mich besorgt. „Wir… wir sind die Klippe runter gestürzt, oder?“ Die Ärztin nickte. „Ja. Du hattest einen Schutzengel gehabt. Dein Arm war lediglich verstaut und du hattest nur einige Blessuren. Jaden hingegen…“ Als ich seinen Namen hörte, verkrampfte sich mein Magen. „Was ist mit Jaden?? Nun sagen Sie schon!“ „Er war ebenfalls nur leicht verletzt. Allerdings…“ Ihr Gesichtsausdruck war traurig. „Nun sagen Sie schon!! Was ist mit ihm passiert?!“ „Chazz, du solltest dich lieber noch ausruhen.“ „Nicht, wenn Sie mir erst gesagt haben, was mit ihm passiert ist!“ Die rothaarige Lehrerin seufzte. „Nun gut.. kannst du aufstehen?“ Ich nickte. Mit einer Geste forderte sie mich auf, ihr zu folgen. Mit wackeligen Beinen versuchte ich aufzustehen, was glücklicherweise funktionierte. Gemeinsam gingen wir aus dem Raum hinaus und erreichten einen leeren Gang. Überall war alles in weißen Farben, außer ein paar Pflanzen, die hier und da aufgestellt waren. „Jaden befindet sich außer Lebensgefahr“, erklärte sie mir auf dem Weg. „Allerdings.. erlitt er eine Kopfverletzung.“ Ich hielt inne. Eine Kopfverletzung? „Hier ist sein Raum.“ Wir standen vor einer Tür mit einem kleinen, durchsichtigen Fenster. „Jaden!“ Ich sah ihn, wie er in seinem Zimmer auf dem Bett lag. Müde und erschöpft. Seine braunen Augen waren stumpf und sein Gesicht ganz blass. Sie ging einige Schritte zurück und winkte mich zu ihr heran. „Was ist mit ihm passiert? Kann ich ihn sehen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nun.. wegen seiner Kopfverletzung.. hat er einen Gedächtnisverlust erlitten.“ Ich brauchte einige Sekunden, um den Satz aufzunehmen. „Was? E-e-ein Gedächtnisverlust?“ Sie nickte betrübt. „Ja, auch Amnesie genannt. Er kann sich zwar an vieles noch erinnern, doch an die letzten Jahre der Duellakademie… nicht.“ An die letzten Jahre der Duellakademie.. Geschockt sah ich sie an. „Heißt das.. er weiß nicht, wer ich bin?“ „Leider ja. An den Namen Chazz Princeton und an die seiner anderen Freunde konnte er sich nicht erinnern.“ Ich atmete tief ein und aus und versuchte, mich zu beruhigen. Mir wurde leicht schwindelig. Jaden weiß nicht, wer ich bin.. „Nun, Chazz. Ich weiß, dass es für dich schwer ist, aber lass ihm bitte noch ein wenig Ruhe. Jaden ist erst heute Morgen aufgewacht und braucht noch etwas Ruhe. Aber ich denke, dass du ihn morgen besuchen kannst.“ Ich nickte automatisch. Es schmerzte, dass ich nicht zu ihm dufte, aber auf der anderen Seite konnte ich es natürlich verstehen. „Sagen Sie.. welchen Tag haben wir?“ „Samstag.“ „S-Samstag also?“ Ich schaute aus dem Fenster. Es wurde langsam dunkel. „Hör mal, Chazz.“ Sie legte mir eine Hand auf die Schulter. „Wenn du irgendetwas wissen willst, komm in mein Büro. Aber jetzt solltest du dich ausruhen.“ Wieder nickte ich automatisch. Wie in Trance ging sie mit mir in mein Zimmer zurück. Ich legte mich erschöpft in das Bett rein. Sie lächelte mir noch kurz zu und schloss dann die Tür. Ich wurde alleine zurückgelassen. Ich wartete, bis ihre Schritte nicht mehr zu hören waren. Dann brach ich in Tränen aus. Kapitel 2: Böse Überraschung ---------------------------- Hier ist wieder ein neues Kapitel. Vielen lieben Dank auch an meine Reviewer! Würde mich aber jederzeit über weitere Reviews freuen.^^ ---------------------------------------------------- Als ich aufwachte, war es bereits Mittag. Ich fühlte mich vollkommen ausgelaugt. Ich wusste nicht mehr, wann ich eingeschlafen war. Aber die Tatsache, dass Jaden sich nicht mehr an mich erinnern konnte, war einfach schrecklich. Er wusste nicht mehr, dass ich sein bester Freund war. Er wusste nicht mehr, was wir alles gemeinsam durchgestanden hatten. Für ihn war ich nur noch ein Fremder. Traurig sah ich auf meine weiße Bettdecke. Wieso mussten wir auch zu dieser bescheuerten Höhle gehen? War es denn das wert gewesen? War es wirklich das wert gewesen? Und wieso, verdammt noch mal, habe ich ihn nicht aufgehalten? Wieso wollte Jaden unbedingt an unseren Lieblingsort gehen? Um mich aufzuheitern? Toller Versuch. Es wurde zum genauen Gegenteil. Denn ich habe meinen besten Freund verloren… Und ich wusste nicht, ob Jaden sich jemals wieder an mich erinnern würde. Vielleicht würde er mich auch vergessen… Tränen stiegen wieder in meinen Augen auf, doch ich wischte sie hastig weg. Du verdammtes Weichei, Chazz. Ich atmete tief durch. Ich durfte jetzt keine Schwächen zeigen.. Vor niemandem. Nur Jaden durfte hinter meine Fassade schauen, kein anderer. Nur lag dieser jetzt im Bett mit Amnesie.. Ich schüttelte den Kopf. In diesem Moment klopfte es an meiner Tür. „Herein“, sagte ich mit rauer Stimme, worüber ich mich selbst etwas erschrak. „Guten Morgen“, sagte eine Krankenschwester. Sie kam mit einem Tablett herein. Auf diesem befand sich ein heißer Tee, eine Misosuppe und Reis. „Wie geht es dir?“ „Gut“, sagte ich knapp. Es war offensichtlich, dass es eine Lüge war. Es ging mir dreckig. „Hier ist dein essen. Wenn du fertig bist, komm bitte noch zur Untersuchung. Wenn alles in Ordnung ist, dann sind bist du entlassen.“ Ich nickte, daraufhin verließ sie auch schon wieder den Raum. Betrübt starrte ich auf das Essen. Hunger hatte ich nicht wirklich, außerdem war ich sicher, dass es schrecklich schmecken würde. Trotzdem versuchte ich wenigstens, meinen Tee zu trinken und etwas Reis zu essen. Meinen Arm konnte ich inzwischen ganz gut wieder bewegen. Ich schloss meine Hände um die warme Tasse und trank einen kleinen Schluck. Durch meinen Körper floss wohlige Wärme. Ich seufzte leise. Zwar nicht der beste Tee, aber seine Aufgabe erfüllte er. Schnell aß ich etwas Reis und stellte dann das Tablett ab. Danach ging ich ins Badezimmer, um meine Sachen anzuziehen. Ich schaltete das Licht an. Es war recht klein, beinhaltete aber eine Dusche, eine Toilette und ein Waschbecken mit Spiegel. Langsam trat ich ans Waschbecken und starrte in mein Spiegelbild. Ich schluckte. Überall waren ein paar Schrammen. Aber das war nicht das Schlimmste.. Ich war blasser als sonst und unter meinen Augen zeichneten sich tiefe Augenringe ab. Durch meine schwarzen Haare, die tief ins Gesicht hingen, sah ich fast wie eine Leiche aus. Deprimiert senkte ich meinen Kopf. Mein Aussehen zeigte meinen Seelenzustand an.. Mir ging es total scheiße. Ich seufzte, dann schaltete ich den Wasserhahn an und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Dann sprang ich unter die Dusche und zog mich hinterher an. Als ich fertig war, begab ich mich zur Untersuchung. Miss Fontaine begrüßte mich freundlich, als ich eintrat. „Hallo, Chazz. Wie geht es dir?“ „Danke, ganz gut“, sagte ich leise. Ich hatte keine Lust auf Mitleid.. Sie sah mich kurz mitfühlend an, dann kam sie auf den Grund, wieso ich hier war. „Gut, dann werde ich dich eben untersuchen.“ Ich nickte und ließ alles über mich ergehen. Ich wollte hier nur so schnell wie möglich raus.. und Jaden besuchen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich sagte: „Alles im grünen Bereich. Ich gebe dir noch eine Salbe für deine Schrammen und deinem Arm mit. Du bist entlassen.“ „Danke.“ „Nur noch eins: Gehst du am Montag wieder zur Akademie?“ Ohne zu zögern nickte ich. „Ja, kein Problem.“ Ich war doch kein Schwächling.. „In Ordnung. Und wenn irgendetwas ist, bin ich zu jeder Zeit erreichbar.“ „Okay“, antwortete ich knapp. Ich verbeugte mich noch mal kurz vor ihr und ging dann in den Gang hinaus. Mit schnellen Schritten bewegte ich mich durch den Flur. Als ich zu Jadens Tür gelangte, atmete ich tief durch. Durch das Fenster sah ich, dass er wach war. Ich klopfte vorsichtig und trat dann durch die Tür. Sofort war Jadens Aufmerksamkeit auf mich gerichtet. Verwundert sah er mich an, doch seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Seine Augen strahlten Neugier aus. „Hallo“, begrüßte ich ihn. „Hey!“ Ich trat ein wenig näher und setzte mich auf einen Stuhl, der neben dem Bett stand. „Wie geht’s dir?“ „Gut, danke, und dir?“, sagte er höflich. „Auch soweit. Wie ist das Essen hier so?“ „Naja, könnte besser sein. Ist aber trotzdem gut. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt so gut kochen kann.“ Doch, konnte er. Als ich bei ihm war, hatte das Essen gut geschmeckt. Doch da er zu faul, um immer zu kochen, hatten wir uns häufig Fertigessen bestellt. Es war einen kurzen Moment still. Dann begann Jaden zu sprechen. „Sag mal, ich…“ Ich sah auf. „Ja?“ „Ich habe mich gefragt…“ Seine Augen sahen mich an. „Wer bist du?“ Es war eine ganz normale Frage, in einem normalen, freundlichen Ton gestellt. Doch trotzdem schmerzte es. Ich setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Nun, ich…“ „Hey, Schatz!“ Perplex hielt ich inne und drehte mich um. Am Türrahmen stand niemand anderes als Jesse. Jesse Anderson. Kapitel 3: Verzweiflung ----------------------- Hier ein neues Kapitel :) Viel Spaß beim Lesen und danke an mor und Jackie20 für die Reviews ------------------------------------------------------------------ 3. Kapitel: Verzweiflung Der Blauhaarige musterte mich abfällig. „Was machst du denn hier, Princeton?!“ Ich war immer noch sprachlos und erwiderte nichts. „Ich..was…“, stotterte ich. Kein brauchbares Wort kam aus mir heraus. Was normalerweise mir noch nie passiert war.. Immer hatte ich einen Spruch parat, aber jetzt war ich einfach zu sehr geschockt. „Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was du hier willst. Immerhin warst du es gewesen, der an Jadens Zustand schuld ist.“ „Bitte was??“ Jesse schüttelte den Kopf und trat näher an Jaden heran. Dann legte er plötzlich einen Arm um ihn und drückte ihn einen Kuss auf die Wange. Ich riss meine Augen auf. Moment. WAS SOLLTE DAS? Der Blauhaarige musterte mich. „Was? Noch nie zwei Jungs zusammen gesehen? Reiche Leute sind wohl ziemlich prüde.“ „Wa..“ Ließ der mich überhaupt mal zu Wort kommen? Und vor allem.. was bedeutete das alles? „Jesse.. wer ist das denn?“ Jaden schenkte ihm einen liebevollen Blick. Einen liebevollen Blick?? Was zur Hölle ging hier ab? „Nun.. das ist Chazz Princeton. Er ist auch in Slifer Red. Vorher war er in Obelisk Blue. Ihr habt euch sehr oft duelliert. Man kann euch Rivalen nennen.“ „Bravo, du hast fehlerfrei meinen Lebenslauf geschildert“, sagte ich sarkastisch. Langsam hatte ich meine Stimme wiedergefunden. Jesse zuckte nur mit den Schultern. „Ich darf das doch wohl als Jadens Freund.“ Geschockt starrte ich ihn an. Ich wäre beinahe vor Schreck vom Stuhl gefallen. „Freund?!“ Er nickte. „Ja, bevor er sich so sehr wegen dir verletzt hat, waren wir seit Längerem ein Paar.“ „E-ein Paar?? Das glaubst du doch wohl selbst nicht!“ Ich drehte mich zu Jaden. „Hör mal, und du willst ihm das einfach so glauben??“ Der Brünette runzelte die Stirn. „Wieso sollte ich es nicht? Jesse war derjenige, der mich gefunden hatte. Er ist wirklich sehr fürsorglich. Er hat mir alles erklärt, wieso ich hier bin und was alles passiert ist. Ich kann mich auch noch an all meine Karten erinnern, außer ein paar Ausnahmen.“ Ich war sprachlos. Und vor allem.. wie konnte Jesse ihm das alles in so kurzer Zeit erklären? Es war Mittag.. Außer…! „Du warst gestern schon bei ihm, oder??“, stieß ich aus mir wütend heraus. Jesse sah mich auf einmal unschuldig an. „Was ist denn daran so schlimm? Ich bin schließlich sein Freund, ich habe mir echt Sorgen um Jaden gemacht!!“ Ich knirschte mit den Zähnen. Ich sprang schlagartig auf. „Du mieser….!!!“ Ich holte mit meinem Arm aus, um diesem hinterhältigen Insekt eine reinzuhauen. Aus dem Augenwinkel sah ich Jadens entsetzten Gesichtsausdruck. „Jesse!“ Aber es war mir egal. Ich hatte einfach eine zu große Wut auf diesen Arsch. Gerade als ich ausholen wollte, öffnete sich die Tür. „Hey, Jaden, wa—Chazz, was machst du da?!“ Plötzlich ging Alexis dazwischen. Ich war zu überrascht um jetzt noch zuzuschlagen. Ich starrte das blonde Mädchen vor mir an. „A-Alexis?“ Doch statt ihrem freundlichen Lächeln traf mich ein böse funkelnde Augen. „Was fällt dir ein, Jesse zu schlagen?“ Mein Gesicht verfinsterte sich. „Was fällt IHM ein, sich als Jadens Freund auszugeben?! Der lügt doch!!“ Sie schüttelte den Kopf. „Das stimmt doch gar nicht. Jesse und Jaden waren schon seit ein paar Monaten zusammen!“ „Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Woher willst du das wissen?“ „Weil die beiden oft zusammen zu sehen waren! Jesse und Jaden haben es nur niemandem erzählt! Außerdem glaube ich Jesse!“ „Als ob mündliche Lippenbekenntnisse ein Beweis wären!!“ „Das sagst gerade du! Ich vertraue Jesse mehr als dir, nachdem, was du getan hast!“ Jetzt war ich verwirrt. „Bitte? Was soll ICH denn getan haben?“ „Als ob DU das nicht wüsstest!“ „Wa-was soll das? Wovon redest du?“ „Wovon ich rede? Das solltest du wohl am besten wissen!“ „Hallo?!! Ich…“ „LEUTE!!!“, schrie Jaden verzweifelt. Ihm liefen Tränen über das Gesicht. Er atmete unregelmäßig. „Hört auf… Hört auf, euch zu streiten!!“ Wir beide hielten sofort inne. Jesse sprang sofort auf. „Verdammt, er braucht einen Arzt!“ Er rannte kurz raus, kam aber in wenigen Sekunden mit einer Krankenschwester zurück. Sie gab Jaden eine Beruhigungsspritze. Dieser fiel sofort in den Schlaf. Es dauerte nicht lange, bis er regelmäßig atmete und seelenruhig schlief. „So. Und Sie alle verlassen jetzt sofort das Zimmer.“ Beide warfen mir einen vernichtenden Blick zu. Dann gingen wir gemeinsam raus. „Sehr toll gemacht, Princeton. Ich werde hier warten, bis Jaden wieder wach ist.“ „Hey, wieso gibst du mir die Schuld?“ Statt mir zu antworten, sah er mich kühl an. Alexis schüttelte nur den Kopf. „Hör mal, es ist besser.. wenn du jetzt gehst.“ Was? Ich sollte gehen? „Ihr sollt mir nicht vorschreiben, was ich zutun habe, klar? Immerhin ist Jaden mein bester Freund!“ „Nein, wohl eher war.“ „Was?“, erwiderte ich ungläubig. „Ich dachte wirklich, dass du ein guter Mensch wärst, Chazz. Aber was Jesse erzählt hat…“ „Was hat er erzählt??“ Der Blauhaarige trat neben die Duellantin. „Dass es deine Schuld war, dass Jaden jetzt sein Gedächtnis verloren hat. Denn ich habe alles genau gesehen. Du kannst uns nicht täuschen, Princeton.“ „Du solltest Jesse eigentlich dankbar sein, Chazz.“ Ich starrte sie wütend an. „Und ich hätte eigentlich mehr von dir erwartet, Alexis.“ Damit wandte ich mich ab und verließ das Gebäude. Der Wind wehte mir ins Gesicht. Ich hörte das Rauschen des Meeres. Plötzlich stieg Frustration in mir auf. Verzweifelt und zornig trat ich gegen einen Baum. Mir war zum Heulen zumute. Ich fühlte mich total hintergangen. Und was faselten die beiden nur die ganze Zeit? Dass ich Schuld war? Klar, ich hätte Jaden wirklich daran hindern sollen.. das weiß ich doch selbst, verdammt noch mal! Aber wieso wurden sie so feindselig? Vor allem Alexis! Ich hätte nie gedacht, dass sie so auf Jesse reinfallen würde! „Ja, bevor er sich so sehr wegen dir verletzt hat, waren wir seit Längerem ein Paar.“ Ein Paar… so’n Scheiß. Ich wusste es am besten.. Seit Jesse neu an die Akademie kam, als Austausch-Schüler, klebte er an Jaden. Dieser war so naiv und sah ihn als Freund an.. Dabei wusste ich, dass er ein Auge auf Jaden geworfen hatte. Der hatte sich extrem an ihn rangemacht.. Und nun hatte er die Tatsache, dass Jaden sein Gedächtnis verloren hat, voll ausgenutzt. Sein Freund..Paar.. „Scheiße…“, flüsterte ich. Jesse hatte alles ruiniert. Wenn Jaden sich nun wirklich in ihn verliebte.. Dann wird er nur noch auf ihn hören. Und die Erinnerung an mich.. wird er dann wohl nie mehr wieder finden. Und dann.. hätte ich meinen besten Freund verloren. Wir würden nicht mehr zusammen den Sonnenuntergang beobachten. Wir würden nicht mehr zusammen in der Kantine sitzen und lachen. Wir würden auch nicht mehr in den Sommerferien durch die Stadt laufen. Nichts davon.. „Verfickte Scheiße, was soll ich tun???“ Kapitel 4: Auf einmal alle gegen einen -------------------------------------- Hallöchen :) ich hab mal wieder ein neues Kapitel zum neuen Jahr geschrieben. Viel Spaß beim Lesen :D ----------------------------------------------------------------------------------------- 4. Kapitel: Auf einmal alle gegen einen Bedrückt und entmutig begann ich meinen Weg zu Slifer-Unterkunft. Ich glaubte, was ich nun brauchte, war Ruhe. Wenn ich in meinen eigenen vier Wänden war, dann konnte ich über alles nachdenken. Jetzt war ich noch viel zu sehr aufgewühlt. Ich lief an den vielen Bäumen vorbei. Es roch nach frischem Holz. Ich hörte, wie die Vögel fröhlich zwitscherten. Ich blickte zum Himmel hinauf. Er war in einem hellen blau gefärbt, allerdings waren ein paar Wolken zu sehen. Ich hatte wirklich nichts dagegen, wenn es regnen würde. Nein, es würde sogar zu meiner Laune passen. Endlich erreichte ich die Unterkunft. Es war ein komisches Gefühl zu wissen, dass Jaden die nächste Woche nicht hier war. Irgendwie ließ diese Tatsache die Unterkunft viel schäbiger wirken. Ich stieg die Treppen hinauf und ging mit schnellen Schritten in mein Zimmer. Sofort warf ich mich auf mein großes Bett. Frustriert vergrub ich meinen Kopf in mein Kopfkissen. Jesse .. Wie sehr ich ihn hasste. Ich mochte ihn schon vorher nicht, aber jetzt war es nur noch Hass, was ich ihm gegenüber fühlte. Er hatte Jadens Situation dreist ausgenutzt.. und mir glaubte niemand! Aber wieso? Was hatte Jesse den anderen erzählt? Und wieso war plötzlich Alexis gegen mich? Ich hatte ehrlich gesagt mehr von ihr erwartet. Warum war sie nur auf Jesses Seite? Und vor allem: Was hatte er ihr erzählt? Ich musste es unbedingt herausfinden.. Ich seufzte. Außerdem lag es diesmal an mir, ob Jaden seine Erinnerungen wieder finden wird oder nicht. Seine richtigen Erinnerungen.. Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass Jesse sie einfach so manipulierte! Ich konnte es einfach nicht fassen! Wütend schlug ich gegen mein Kissen. Dieses miese Insekt .. der Schlag wäre verdient gewesen. Wie konnte er Jaden nur so verarschen?!! Ich musste unbedingt etwas tun! Aber was? Erst mal musste ich die richtige Zeit finden, wo ich Jaden besuchen konnte.. Natürlich am besten während des Unterrichts. Allerdings konnte ich schlecht jedes Mal den Unterricht schwänzen, das würde auffallen. Vielleicht einmal oder zweimal. Aber ansonsten.. Es musste doch irgendeinen Tag geben, wo Jesse noch irgendwas zutun hatte.. Spielte er nicht immer dienstags Baseball nach der Schule? Ich konnte nur hoffen, dass er das auch wirklich tat und nicht zu Jaden rannte. Und.. was wäre, wenn er Nachsitzen hätte? Nur Jesse hatte noch nie Nachsitzen. Und ich hatte auch keine Ahnung, wie ich es ihm einbrocken könnte. Jaden hätte sicher Ideen gehabt… Jedenfalls fiel das schon mal weg. Am besten war es wohl, dass ich direkt nach der Schule zu Jaden gehen würde.. Erschöpft schloss ich meine Augen. Fragen über Fragen, aber keine Antwort. Und da war immer noch dieser Schmerz, dass ich für Jaden nun unwichtig war. Jesse, sein „Freund“ war auf einmal der Mittelpunkt in seinem neuen Leben. Ich wurde einfach weggedrängt. Zerstampft, wie eine kleine, lästige Made. Am liebsten würde ich einschlafen und dann aus diesem Albtraum aufwachen. Jaden wäre dann der, welcher mich aufwecken würde. Danach würden wir uns wieder den Sonnenuntergang anschauen und über alle möglichen Dinge quatschen. Und kein Jesse. Und niemand anderes, der Jaden irgendwie duellieren wollte. Nur wir beide.. Langsam wurde ich immer müder und müder, dann schlief ich, ohne es zu merken, ein. Als ich aufwachte, schien rosa Licht durch mein offenes Fenster. Es ließ meine Möbel, die ein dunkler Schatten waren, in einem rötlichen Licht erscheinen. Schlaftrunken richtete ich mich auf und sah auf die Uhr. Sechs Uhr. In zwei Stunden begann also der Unterricht. Ich hatte noch ein wenig Zeit. Ich gähnte und erhob mich dann langsam. Bevor ich jedoch duschen ging, öffnete ich leise meine Türe und schritt nach draußen. Ich hielt mir meine Hand schützend vor mein Gesicht. Ich wartete einen Moment und senkte sie wieder. Dann erbot sich vor meinen Augen ein atemberaubendes Bild. Das Meer funkelte rosa, was sich am Horizont aber mit einem dunklen Blau vermischte. Der Himmel war orange und mit purpurnen Wolken bedeckt. Dahinter lugte eine rote Feuerkugel hervor, die hoch am Himmel stand. Ein Ausblick, den ich schon so lange nicht mehr gesehen hatte. Es faszinierte mich, dieses Farbenspiel beobachten zu dürfen. Wie dieses dunkle Blau und das Rosa ein gesamtes Bild ergaben, sich miteinander vermischten und ineinander übergingen. Dieses Spektrum an Farben, die unterschiedlichen Zusammensetzungen. Doch diese Faszination wurde plötzlich von einem Gedanken getrübt: Das, was ich in diesen Moment erlebte, war real. Es war kein Traum. Es war der Beginn eines Tages. Und sogleich der Beginn einer Veränderung. Auf einmal erschien mir der Anblick dieses mir dargebotenen Bildes falsch. So künstlich und aufgesetzt. Denn ich wusste, dass es nicht für immer anhalten würde. Dass sich dahinter etwas Bedrohliches verbarg und nicht entdeckt werden wollte. Rasch wandte ich meinen Blick ab. Ich wollte diesen Sonnenaufgang nicht mehr sehen. Denn was brachte er mir? Genau, nichts außer Zeitverschwendung. Bald würde es hell werden, das Farbenspiel würde verschwinden und der Tag anbrechen. Was brachten einen also diese paar Minuten? Wenn man doch wusste, dass der Tag nichts Gutes verhieß, war es sinnlos. Ich wollte nicht davon geblendet, abgelenkt werden, von diesem heuchlerischen Ausblick. Man verschwendete nur seine Zeit. Ich drehte mich um und knallte wütend die Tür hinter mir zu, gleichgültig, ob die anderen davon wach wurden oder nicht. Ich spürte eine Wut in mir. Ich war wütend, dass Jesse sich als Jadens Freund ausgab. Wütend auf Alexis, die ihm glaubte. Wütend auf mich, dass ich Jaden nicht davon abhielt, zu dieser scheiß Höhle zu gehen. Wütend darauf, dass wir keine Zeit mehr miteinander verbringen konnten. Nicht mehr in aller Ruhe und ungestört. Jetzt war nur noch Jesse bei ihm. Und ich war vor allem darauf wütend, dass das alles kein Traum war. Dass es real war, was passierte. Dass Jaden seine Erinnerungen verloren hatte… an mich. Verdammt, wieso mussten diese Gedanken immer in meinem Kopf herum spuken? Es war so. Und ich konnte es nicht verhindern. Wahrscheinlich konnte ich es einfach nur nicht wahr haben. Doch gleichzeitig wusste ich es. Ich stand mit ausdruckslosen Augen in meinem Zimmer und fixierte die weiße Wand. Starr, wie eine Statue. Bewegungsunfähig. Meine Arme hingen schlaff nach unten. Meine Zehen krallten sich am Fußboden fest. Ich hörte, wie der Zeiger meines Weckers schlug. Tick. Tack. Tick. Tack. Tick. Tack. Doch in mir drin schrie ich laut. Das durfte nicht wahr sein. Es durfte einfach nicht!! Ich ließ mich kraftlos auf den Boden sinken. Wieso musste die Welt nur so grausam sein? Und wieso traf es immer nur mich? Wieso nur? Die Tür öffnete sich. Ich zuckte zusammen. Verwirrt drehte ich mich um. „J-Jaden?“, riss ich ungläubig meine Augen auf. Doch dann sah ich beschämt zur Seite. Ich bot keinen guten Anblick, wie ich da auf dem Boden hockte.. „Chazz, was tust du da?“ „Nichts, verschwinde“, sagte ich kalt. Er lächelte. „Kein Grund, hier auf dem Boden zu hocken.“ „Lass mich.“ „Nein, ich warte so lange, bis du aufstehst.“ „Geh doch zu den anderen. Und lass mich verdammt noch mal in Ruhe!“ „Nein, werde ich nicht. Schließlich bist du mein Freund, oder?“ „Ach, sei still..“ Ich spürte, wie er näher kam. „Wa…?“ Dann wurde ich hochgezogen.. Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Was war das für eine Erinnerung? Sie wirkte.. so real? Ich drehte mich verwundert um und lauschte. Nichts. Nur Stille. Du wirst schon verrückt.. Aber so musste ich mir eingestehen, dass ich Jaden extrem vermisste.. Ich wollte meinen besten Freund zurück, verdammt! Und wieso durfte Jesse mit ihm nur so viel Zeit verbringen? Das war so ungerecht, dass diese Pferdefresse das durfte! Ungerecht! Mühsam erhob ich mich. Ich glaubte, was ich jetzt brauchte, war eine warme Dusche. Ich ging in mein kleines Badezimmer, das ich mir hatte einbauen lassen, legte mein Schlaf-Shirt und meine Boxershorts ab und drehte den Wasserhahn auf. Sofort prasselte das heiße Wasser auf mich nieder. Nach einiger Zeit entspannten sich meine Muskeln. Ich legte den Kopf in den Nacken und schloss meine Augen. Wenigstens jetzt wollte ich an nichts denken. Ich genoss einfach das warme Wasser. Irgendwann drehte ich das Wasser aus, trocknete mich ab und schnappte mir meinen schwarzen Mantel. Er war mein Markenzeichen, denn kein anderer an unserer Schule lief damit rum. Sie trugen alle diese einheitlichen Schuluniformen. Ich liebte es, aus dieser Masse hervorzustechen. Es zeigte mir, dass ich einzigartig war. Aber ich war auch anfangs zu stolz gewesen, diese rote Slifer Red Uniform anzuziehen. Naja, sie würde mir auch sicherlich nicht stehen.. Mein Blick wanderte zu meiner Uhr. Gleichzeitig hörte ich draußen mehrere Schritte. Es gab also jetzt Frühstück.. Ein wenig Hunger hatte ich schon, obwohl das Essen hier wirklich scheußlich war. Aber was konnte man schon tun? Bestellen konnte man sich hier ja auch schlecht was. Ich atmete noch einmal tief durch, streckte meine Schultern durch und nahm meine übliche Haltung an. Dann öffnete ich meine Tür und trat nach draußen. Inzwischen war der Himmel hellblau, von der rosa Tönung sah man gar nichts mehr. Irgendwie war ich ein wenig froh darüber, wusste aber auch nicht genau, wieso. Ich ging die Treppe hinunter zur Cafeteria. Man konnte bereits viele Stimmen hören, die durcheinander redeten. Ich öffnete die Tür. Es waren so gut wie alle Slifers wach und aßen fröhlich ihr Essen. Man hörte das Geschirr klappern. Doch als ich eintrat, verstummten sie schlagartig. Eine ungemütliche Stille lag im Raum. Verdutzt starrte ich sie an. Okaaaay… was war jetzt los? Sicher, das mit Jaden hatte sich rumgesprochen, aber.. wieso waren sie bei meiner Anwesenheit plötzlich verstummt?? Konnte mir das jemand man erklären? Innerlich schüttelte ich den Kopf. Vorne holte ich mir eine Schüssel Reis mit Sashimi, Misosuppe und eine Tasse dampfenden Tee. Meine Augen sahen sich suchend um, bis sie an Syrus, der trotz Ra Yellow-Uniform hier war, und zwei anderen Slifer Reds hängen blieben. Ich schritt auf den Tisch zu und ließ mich neben ihm nieder. „Morgen“, sagte ich in meinem üblichen Ton. Danach trank ich einen Schluck Tee und widmete mich meinem Reis. Als ich aber keine Antwort bekam, hob ich meinen Kopf. „Ich sagte: Morgen.“ Doch der Blauhaarige sah zur Seite. Die anderen beiden Slifers fanden ihr Essen wohl tausendmal interessanter als mich. Ich hob eine Augenbraue. „Hallo?? Jemand Zuhause?? Truesdale!“ „…“ Wieder keine Antwort. Ich schüttelte den Kopf und stupste ihn leicht an. „Sag mal, ignorierst du mich oder was??“ Der Slifer starrte nur auf sein Essen. „Was…“ „Lass ihn in Ruhe, Princeton!“, sagte einer, der gegenüber von mir saß. „Hä, was mischst du dich denn da ein?“ „Lass ihn einfach, klar?? Dass du dich überhaupt noch hierhin traust!“ „Wie?“ Auf einmal merkte ich, wie alle Blicke auf mich gerichtet waren. Auf einmal war mir der Hunger vergangen. „Sagt mal, könnt ihr mich mal aufklären??“, fragte ich barsch. „Das solltest DU doch am besten wissen!“, sagte einer hinter mir. Ich drehte mich verwirrt um. Es war Ryouta Katou. Weder seine Duellfähigkeiten, noch seine Schulnoten waren gut. Ich hatte nie wirklich was mit ihm zutun gehabt. „Aha, und wieso sagst gerade du das mir?“, gab ich giftig zurück. „Dass du so einen Ton noch erlaubst, Princeton!“, sagte ein anderer. Völlig perplex sah ich die anderen an. „Wenn ihr mir nicht sagt, was los ist, kann ich doch nichts für!!“ „Hör auf, so scheinheilig zu tun!“ „Genau, du solltest dich schämen! Der arme Jaden!“ „Wenigstens hat er Jesse!“ Mir fehlten die Worte. Was zum Teufel ging hier ab? Ich hob meine Hände. „Eh, Leute, beruhigt euch mal! Was habt ihr plötzlich gegen mich? Ich kann doch überhaupt nichts für Jaden!!“ Ich wandte mich an Syrus. „Na los, sag ihnen die Wahrheit, Syrus!“ Ich wartete ungeduldig auf eine Antwort. Doch der Blauhaarige stocherte lediglich in seinem Reis herum. „Hey, hörst du mich nicht?? Sag ihnen die Wahrheit!!“, sagte ich nun was lauter. Aber ich erhielt immer noch keine Antwort. Dann plötzlich sprang Syrus auf. Sein Stuhl fiel auf den Boden. Ich erschrak, als ich direkt in sein Gesicht schaute. Unter seinen geröteten Augen waren tiefe Augenringe. Er hatte Tränen in den Augen. „Syrus, wa-“ „DU!! WAS HAST DU JADEN NUR ANGETAN!!!“, brüllte er laut. Ich zuckte unmerklich zusammen. Ich hatte ihn noch nie schreien gehört. „DU BIST DER MIESESTE MENSCH, DEM ICH JE BEGEGNET BIN!! WIE KONNEST DU NUR?!! SCHÄM DICH!!“ Dann schluchzte er. Ich starrte ihn lediglich mit großen Augen an. Ich konnte keine Worte finden. Ich schluckte. Mein Hals fühlte sich rau an und meine Hände zitterten. „Verstehe“, sagte ich leise. Dann stand ich auf, ließ mein Essen stehen und rannte aus dem Raum heraus. Ich sah nicht mehr zurück, sondern ließ alles hinter mir. Die Steine knirschten laut unter meinen Schuhen. Die Umgebung verschwamm, vor mir lag nur noch der Weg zur Akademie. Ich wollte nur noch weg von der Slifer Unterkunft. Und je weiter ich weg kam, umso langsamer wurde ich. Keuchend blieb ich stehen, rang nach Luft. Mir war vom vielen Rennen leicht schwindelig. Mit meiner rechten Hand fuhr ich über meine Stirn. Erschöpft lehnte ich mich an einen Baum und starrte gen Himmel. Ich fühlte mich elend. Was war nur mit den ganzen Slifer-Leuten los? Warum waren sie so feindselig? Ich ballte meine Hände zu einer Faust. Und dann noch Syrus.. diese miese Ratte! Wütend schlug ich gegen den Baumstamm. Ich ignorierte den Schmerz. Ich spürte nur Zorn in mir. Ich dachte, dass sie mich akzeptiert hätten! Und jetzt waren sie gegen mich.. „Als ob ich Jaden jemals etwas antun würde…“, murmelte ich lautlos in den Wind hinein. Verzweifelt fuhr ich mir durch meine schwarzen Haare, die völlig zerzaust waren. Ich verweilte einige Zeit in dieser Position. Dann atmete ich tief durch. Ich musste mich jetzt wirklich beruhigen. Denn Schwäche wollte ich vor den anderen auf keinen Fall zeigen. Ich musste stark bleiben. Schließlich war ich Chazz Princeton und kein Syrus Truesdale, der alles glaubte, was man ihm sagte. Entschlossen wandte ich mich zum Schulgebäude und setzte den restlichen Weg fort. Dabei versuchte ich, mein mulmiges Gefühl zu verdrängen. Ich ging in meinem Kopf den Stundenplan durch. In den ersten beiden Stunden hatte ich Crowler.. In Thema Duelltheorie und Kartenlehre. Vielleicht würde er heute abfragen. Das tat er eigentlich immer montags. „Genau deswegen verschlafe ich lieber! Außerdem, wieso sollte ich das lernen, was Crowler mir vorschreibt? Der erzählt doch sowieso nur dummes Zeug! Aber nein, du willst ja unbedingt, dass ich mitkomme!“ Ich vermisste diese Stimme. Es war so ungewohnt. Normalerweise würde Jaden herum meckern, dass ich ihn mit zum Unterricht genommen habe, besonders zu Crowler Stunde. Doch jetzt hörte ich keine anderen Schritte außer meine eigenen. Ich hörte keine Stimme, die sich beschwerte. Ich hörte lediglich das Rauschen des Meeres. Ich verzog mein Gesicht zu einem grimmigen Gesichtsausdruck. Ich konnte das Gebäude nun direkt vor mir sehen. Als ich vom Weiten ein paar Ra Yellows sah und diese kurz musterte, drehten sie sich abrupt weg. Einige gingen auch schnellen Schrittes ins Schulgebäude. Ich runzelte verwirrt die Stirn. Was war denn jetzt los? Erst die Slifers, dann auch noch die Ra Yellows? Der Knoten in meinem Magen zog sich fester und fester. Ich ahnte nichts Gutes.. Missmutig stiefelte ich den gepflasterten Weg zum Eingang entlang. Täuschte ich mich oder war hier auf einmal eine angespannte Atmosphäre? Nur woher? Ich konnte mir einfach nicht erklären, wieso ich so fühlte. Doch überall, wo ich entlang ging, hatte ich das Gefühl, dass die anderen mich mieden. Betretene Blicke, schnelles Weitergehen oder Wegdrehen wiesen darauf hin. Ich verstand die Welt nicht mehr. Und dann stand ich vor der Tür des Klassenraumes. Am liebsten wollte ich einfach wieder gehen. Allerdings wusste ich, dass das nur feige wäre. Sich vor sowas zu drücken… also echt. Ich schüttelte innerlich den Kopf über mein Verhalten. Ich sollte das jetzt einfach durchziehen und fertig. Ich drückte vorher noch meine Schultern durch, um eine selbstbewusste Haltung zu haben. Dann öffnete ich die Türe… ….Und sofort verstummten alle. Schüler, die sich vorher noch glücklich unterhalten hatten, schwiegen schlagartig. Auf einmal lagen all ihre Blicke auf mir. Ich schritt die Treppen hinunter, um zu meinem Platz zu gehen. Ein paar Plätze weiter sah ich dann auch schon Jesse.. zufrieden saß er da, entspannt zurück gelehnt. Diese falsche Schlange! Bereits bei seinem Anblick wird mir übel! Und neben ihm waren auch noch Alexis, Misawa, Hassleberry und natürlich Syrus (wie auch immer er es so schnell hierher geschafft hat, dies sei ein Rätsel). Ich beschloss, lieber zwei Plätze weiter weg zu sitzen. Aber als ich gerade in die Reihe reingehen wollte, versperrte mir ein Slifer den Weg. Ich starrte ihn perplex an. „Mach den Weg frei“, zischte ich. Er schüttelte den Kopf. „Hier ist kein Platz mehr!“ „Natürlich ist hier noch Platz und jetzt hau ab!“ Langsam reichte es mir wirklich, was bildeten die sich alle ein? Tanzten die jetzt alle nach Jesses Pfeife? Der konnte mir doch nicht verbieten, wo ich zu sitzen hatte! Hallo?! „Geht’s noch?!“ Und wieso sagte zum Beispiel Misawa nichts? War der nicht immer das super-rational denkende Hirn? Bei Alexis und Syrus hatte ich dagegen schon längst aufgegeben.. Bevor ich noch etwas sagen konnte, schaltete sich plötzlich eine mir allzu bekannte und nervige Stimme ein: „Chazz, wenn hier kein Platz frei ist, dann ist auch keiner frei. Und ich finde, wenn ich du wäre, würde ich mich nicht so affektiert verhalten!“ Wütend drehte ich mich zu Jesses Richtung. „Ach ja?? An deiner Stelle würde ich ein übest schlechtes Gewissen haben! Außerdem heißt es Princeton, du mieses Schwein!“ Am liebsten würde ich sofort auf ihn losgehen! Nur blöderweise war der Abstand zwischen uns zu groß. „Wie hast du gerade Jesse genannt??“, schaltete sich ein Ra Yellow ein. Ich verdrehte die Augen. „Mieses Schwein. Ich kann dir auch gerne verraten, wieso. Denn er-“ „Chazz, bitte. Mach es nicht nur noch schlimmer“, wurde ich unterbrochen. Es war Alexis. „Aber er..“ Dann sah ich aus dem Augenwinkel, wie Crowler reinkam. Ich biss mir auf die Lippe. Na toll, einen besseren Zeitpunkt hättest du dir gar nicht aussehen können, Crowler. Seeehr gutes Timing, echt. Schnaufend wandte ich mich ab und ging auf die andere Seite, zu den Obelisk Blues. Allerdings, wie auch anders zu erwarten, hatte ich das Pech, genau neben Mototani und Torimaki zu sitzen. Das Schicksal meinte es heute wirklich nicht gut mit mir. Das waren nämlich gerade die, welche mir auf Schritt und Tritt gefolgt waren, als ich noch in Obelisk Blue war. Solche Schleimer waren das… Und als sie merkten, dass ich was schlechter wurde, hatten sie den Schwanz eingezogen. „Tag, Princeton. Schon reife Leistung, was du mit dem Slifer gemacht hast. Hätten wir dir nicht zugetraut“, meinte einer belustigt. Ich verschränkte meine Arme und starrte stur geradeaus. Mir würde eh niemand glauben. „Du bist wohl doch ein wahrer Obelisk Blue“, sagte jemand anderes hinter mir. Verdammt, Leute!! Ich war immer noch ein Slifer Red und mit Jesse bescheuertem Märchen hatte ich rein gar nichts zutun! Was immer der sich ausgedacht hatte. Nur scheinbar wurden davon sowohl die Slifers als auch die Ra Yellows eingehüllt. Die Obelisk Blues.. schon, aber die nahmen mir das wohl offenbar nicht „übel“. Eher war wohl der größte Teil darüber.. erfreut? Aber das war klar, in Obelisk Blue waren eh die ganzen miesen Schweine. Ich wusste von Anfang an, dass sie Jaden nur oberflächlich akzeptierten. Würde sich je eine Gelegenheit geben, dass sie ihn übertrumpfen oder überholen konnten, dann würden sie diese auch nutzen. So wie jetzt … Nur das Tollste daran war, dass das alles nur ein bescheuerter Unfall war. Dennoch hat Jesse es so gedreht, dass ich wohl irgendwie daran Schuld war.. Und der Einzige, der die Wahrheit wusste, lag mit Amnesie im Krankenhaus… Kapitel 5: Der Besuch --------------------- 5. Kapitel: Der Besuch Okay, gab es nicht den Ausdruck „Schlimmer kann es gar nicht mehr werden“? Nun.. anscheinend wohl doch. Denn zuallererst wurde ich ständig von Torimaki und Mototani beobachtet. Gut, das konnte ich noch leicht ausblenden. Aber dass dann auch noch die anderen gewissen Schüler in roten und gelben Uniformen die ganze Zeit tuschelten und manche mir Blicke zuwarfen, konnte ich nicht so einfach ignorieren. Nein, es machte mich sogar noch wütender als ich bereits war. Und da ich heute eh viel zu früh aufgewacht war, daher nicht genug Schlaf hatte, und ohnehin miese Laune hatte, hatte es wirklich nicht mehr viel gereicht, bis ich ausgerastet wäre. Glaubt mir, ein wütender Princeton war.. nicht gerade angenehm. Allerdings trug Crowler indirekt dazu bei, dies zu verhindern, indem er uns alle abfragte. So lag die Aufmerksamkeit der ganzen Idioten erst mal auf ihm. Beruhigt atmete ich durch und lehnte mich etwas entspannter zurück. Ich kam mir unter den ganzen Leuten hier fast schon wie ein Tier im Zoo vor. Die hatten wirklich kein Leben. Was war denn so an dieser Aussage von Jesse interessant? Vor allem, dass die ihm das auch abnahmen. Konnten die sich doch gleich alle auf den Boden werfen und ihn wie einen Gott huldigen. Ja, so krank war das schon fast. Nur, was mich noch störte.. wieso war Jesse so beliebt? Er hatte sich doch als Jadens „Freund“ ausgegeben, aber damit auch gleichzeitig geoutet, dass er schwul ist. Und normalerweise gab es immer Leute, die Homosexuelle nicht akzeptierten. Denn so liberal war unsere Gesellschaft noch nicht. Doch trotz dieser Umstände hatte ich das Gefühl, dass Jesse sogar noch.. viel beliebter war als vorher? Besonders auch bei den Mädchen.. Was sollte das nur? Was hatte dieser Vollpfosten den anderen nur erzählt? Ich musste es irgendwie herausfinden, aber die Slifer Reds und Ra Yellows konnte ich schlecht fragen. Und irgendwelche Obelisk Blues konnte ich auch nicht bestechen, immerhin waren das die Einzigen, die auf meiner Seite waren. Wenn also herauskommen würde, dass ich mit Geld irgendetwas bezwecken wollte, würde ich einmal bei den Obelisk Blues unten durch sein und die anderen wären noch wütender auf mich. Und die ganze Akademie gegen einen war nicht so toll.. Ein mulmiges Gefühl machte sich in meinem Magen breit. So hatte ich doch schon einmal gefühlt.. als ich noch in Obelisk Blue war, im ersten Schuljahr. Alle waren auch gegen mich gewesen, sodass ich zur Nordakademie gegangen war. Doch dann kehrte ich hierhin zurück. Ich seufzte. Am liebsten würde ich gerne noch einmal abhauen und alles hinter mir lassen. Ich würde gerne noch mal neu anfangen. Aber das ging nicht.. Denn Jaden war ja da. Nur durch meine Hilfe kann er sich wieder an das, was vor unserem Sturz passiert war, erinnern. Durch Jesse würden die Erinnerungen garantiert nicht kommen. Nein, der würde sogar alles tun, um gerade das zu verhindern. Die anderen würden ihn dabei sicher nur unterstützen… „…Chazz, kannst du mir diese Frage beantworten?“ Erschrocken zuckte ich zusammen. Wie, was, wo? Hä?? Oh, Crowler.. Und er erwartete eine Antwort von mir. Aber was sollte ich sagen? Ich hatte nicht zugehört! Nur wieso nahm er ausgerechnet mich dran? Sonst hatte er mich doch stets verschont! Dreckskerl! „Ehm, nun..“, begann ich langsam. Crowler schüttelte den Kopf, während die Schüler nach und nach anfingen zu kichern. Verdammt, langsam reichte es mir! „Mir geht’s nicht gut“, sagte ich knapp. Ich erhob mich schleunigst, nahm meine Sachen und ging so schnell wie möglich aus dem Klassenraum raus. Mir war jetzt völlig egal, was Crowler oder auch andere darüber dachten, doch ich hatte keine Lust mehr, länger mit diesen Idioten in einem Raum zu sein. Das war kaum auszuhalten! Ich atmete erleichtert auf, als ich mich auf dem Flur wieder fand. Da Unterricht stattfand, war hier alles wie ausgestorben. Mit Händen in meinen Hosentaschen beschloss ich, nach draußen zu gehen. Dann kam mir plötzlich ein Gedanke: Wieso nutzte ich jetzt nicht diese Gelegenheit, um Jaden zu besuchen? Der Idiot von Jesse war im Unterricht, also hatte ich freie Bahn! Mit einem leichten Grinsen machte ich mich auf den Weg zur Krankenstation. Das Problem war nur, dass sie ziemlich weit vom Hauptgebäude entfernt war. Also begann ich, als das Hauptgebäude außer Reichweite war, dorthin zu laufen. Es war die beste und schnellste Möglichkeit, obwohl ich mir lieber ein Boot oder ein Motorrad wie das von Banner genommen hätte. Da es aber solche Dinge hier nicht gab, musste ich eben laufen. Echt ein Saftladen hier..Naja, wenigstens gab es hier einigermaßen geebnete Wege. Wär ja noch schöner gewesen, wenn man sich durch den Wald noch schlagen müsste. Während des Wegs dorthin machte ich kleine Gehpausen, um nicht ganz außer Atem zu sein. Dann erreichte ich endlich die Station. Erschöpft ging ich durch den Haupteingang. Dann machte ich mich zu Jadens Zimmer auf. Je näher ich kam, umso aufgeregter wurde ich. Hoffentlich würden wir in ein vernünftiges Gespräch kommen, ohne unterbrochen zu werden. Vorausgesetzt, Jaden war wach.. Er verschlief zu gerne an Schultagen, wobei er an Wochenenden oft frühzeitig zum Essen aufstand. Sehr merkwürdig, fand ich. Ich schüttelte leicht den Kopf. Dann befand ich mich auf einmal vor seiner Zimmertür. Durch das Glasfenster sah ich, dass er glücklicherweise wach war… Ich atmete noch einmal kurz durch und klopfte an. Mit einem leisen Quietschen öffnete ich die Tür. Jaden sah abrupt auf. Sein Blick ließ sich nicht eindeutig definieren. Seine Augen waren immer noch leer. Seine rehbrauen Augen leuchteten neugierig, aber auch etwas… misstrauisch? „Hey“, sagte ich mit einem kleinen Lächeln. „…Hallo.“ „Darf ich…?“, ich deutete auf den Holzstuhl. Der Brünette wandte sich zum Fenster. „Wenn du willst.“ Es versetzte mir einen kleinen Stich in den Magen. Seine Freundlichkeit von gestern war verschwunden. „Wie… wie geht es dir so?“ Er zuckte mit den Schultern. „Geht.“ „Langweilig, oder? Ich meine, hier gibt’s ja nicht wirklich was zu sehen.“ Jadens Mundwinkel verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. „Stimmt. Mir ist wirklich extrem langweilig. Aber bald kommt Jesse.“ Soso… „Wenn das so ist, hast du Lust, ein kleines Duell zu machen?“ Er runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht…“ Ich hielt in meiner Bewegung inne. Moment. Jaden Yuki zögert vor.. vor einem Duell?? „Weißt du, ich fühle mich immer noch nicht so gut. Und außerdem weiß ich immer noch nicht, wer du bist! Ich weiß nur, dass du Chazz heißt und nicht gerade nett zu Jesse warst.“ Das traf mich ziemlich. Ich musste einen Kloß in meinem Hals hinunterschlucken. „Nun.. wir sind… Erzrivalen, weißt du? Und weil ich dein Rivale bin, ist es doch meine Pflicht, dich besuchen zu gehen.“ Ich glaubte mir selbst kaum, als ich diese Worte aussprach. Rivalen?? Hallo?? Klar, wie hatten uns immer noch duelliert und wir waren auch Konkurrenten, oder auch eben Rivalen, aber auch beste Freunde! Nur musste ich mir eingestehen, wenn ich jetzt sagen würde, dass wir beste Freunde gewesen wären, hätte mir Jaden das nie im Leben geglaubt. Dazu wurde er schon viel zu sehr von Jesse beeinflusst worden. „Aber wieso hast du dann meinen Freund angegriffen?? Das war echt nicht nett!!“ Ich hatte verdrängt, dass Jaden danach fragen würde. Doch nun musste ich ihm eine halbwegs realistische Antwort geben.. „Das wegen letztem Mal, das tut mir auch echt leid.. Nur war ich eben auf Jesse wütend. Ich meine, klar, er ist dein….. Freund, aber dass er dir keine Ruhe gegönnt hat, konnte ich nicht verstehen. Du warst ja gerade erst aufgewacht..“ Jaden lauschte aufmerksam meinen Worten. Dann wiegte er den Kopf leicht zur Seite. „Aber er ist doch mein Freund! Ist es nicht verständlich, dass man sich um die Person kümmert, die man über alles liebt?“ Liebst DU ihn denn?, schoss es mir durch den Kopf. Jaden riss seine Augen auf. Sofort schlug ich meine Hand vor den Mund. Ich war wirklich ein Idiot. Ich hatte die Frage laut ausgesprochen. Noch immer starrte mich Jaden an. „Ob ich Jesse liebe?? Wieso fragst du sowas!!“ „I-ich.. tut mir wirklich leid, ehrlich! Ich weiß, es geht mich nichts an! Sorry!“ Um meine Worte zu betonen, sah ich berührt zu Boden. Jaden schien sich langsam wieder zu beruhigen. Ich hatte echt Schiss gehabt, dass er ausrasten könnte. Zwischen uns herrschte auf einmal eine unangenehme Stille. Nervös kratzte ich mit meinem Fuß auf dem Boden herum. Sehr toll gemacht, Chazz. Wirklich hervorragend. Jaden hasst dich nun. Wie konnte ich nur so eine Frage stellen.. Aber es ist so falsch, dass Jesse sein Freund ist. Und ich kann und will das nicht akzeptieren. Nur um Jaden langsam wieder näher zu kommen, muss ich wohl so tun, als ob sie ein Paar wären. Das ist aber verdammt schwer. Ich will das doch gar nicht! Vor allem: Was hat Jesse noch über mich erzählt? Hat er ihm auch erzählt, was ich „getan“ habe? Wenn ja, dann habe ich direkt verloren.. „Kannst du das bitte lassen?“ Verwirrt blickte ich auf. „Hä?“ „Kannst du es bitte lassen, mit deinen Füßen auf dem Boden herum zu scharren?“ Mein Mund öffnete sich leicht. „Oh.“ Mit leicht roten Wangen setzte ich mich gerader hin und ließ meine Füße fest auf dem Boden stehen. „Sorry.“ Der Brünette zuckte mit den Achseln. „Schon okay, aber es hat mich nur ein wenig gestört.“ „Klar, kein Problem natürlich.“ Komm schon, sag noch irgendwas… „Aber.. stimmt es eigentlich, dass du dich an all die Jahre auf der Duellakademie nicht erinnern kannst?“ Jaden nickte. „Ja. Ich kann mich eigentlich nur noch an die Schule erinnern, auf die ich in meiner Heimatstadt gegangen bin.“ „Achso, verstehe. Naja, das wird sicher schon werden.“ Ich lehnte mich mit verschränkten Armen im Stuhl zurück. „Ich bin mir sicher, dass du dich erinnern wirst. Aber du warst echt hartnäckig. Ich hab bisher immer gegen dich verloren.“ Der Slifer Red sah mich neugierig an. „Ehrlich?“ Ich nickte, froh darüber, endlich ein Gesprächsthema gefunden zu haben. „Ja, egal wie sehr ich mich angestrengt habe. Ich bin sogar mal auf die Nordakademie, die so ähnlich wie die Duellakademie ist, gegangen, um dich zu besiegen. Und dann, als dann das entscheidende Duell kam, habe ich verloren.“ Er runzelte leicht die Stirn. „Wieso erzählst du mir das?“ Uh. Na toll.. schon wieder keinen Erfolg gehabt. Ich glaube, ich machte alles nur noch schlimmer. „Tss! Na weil ich.. dein.. dein Rivale bin, deshalb!“ Was war das für eine Begründung… ich machte mich hier wirklich zum Affen. „Außerdem.. ah, warte mal“, ich versuchte, das Thema zu wechseln, indem ich mein Deck herausholte. „Schau mal, erinnerst du dich an diese Karte hier?“ Ich hielt ihm den Bewaffneten Drachen Lv 10 hin. Ich hatte ihn damals beim Duell der Schulen ausgespielt. „Mit dieser Karte hätte ich dich fast geschlagen!“ Jaden beugte sich etwas nach vorne, um einen genaueren Blick darauf zu werfen. „Hmmm…“ Seine Stirn legte sich in Falten. „Nein, ich kann mich nicht daran erinnern.. Aber ich mag das Bild! Wohl ‘ne sehr starke Karte, was?“ Ich versuchte, leicht zu lächeln. „J-Ja.. Ich meine, natürlich ist sie das!“ Ich grinste nun leicht überheblich. „Sie ist viel besser, als deine Elementarhelden!“ „Bestimmt nicht. Wenn du doch sagst, dass du gegen mich verloren hast, mit dieser Karte...“ Ich wurde leicht rot und fuchtelte wild mit meinen Armen in der Luft herum. „I-ist doch trotzdem egal, klar?!“ Dabei fiel eine Karte auf den Boden. Jaden beugte sich leicht über das Bett und hob sie auf. „Du hast auch solche Karten in deinem Deck?“ Ich hielt inne. „Jaaa.. schon“, sagte ich langsam. Der Blick vom Brünetten haftetet immer noch auf der Karte. „Hm.. Irgendwie.. kommt sie mir bekannt vor.. Gelber… Ojama…“ Einen Moment lang war es ruhig im Zimmer. Dann lächelte Jaden auf einmal. „Klar, natürlich!! Gelber Ojama!!“ Mein Blick hellte sich auf. „Du… du erinnerst dich?“ Er nickte. „Ja! Gelber Ojama, den habe ich mal im Brunnen gefunden! Nur frage ich mich, wie er in dein Deck kommt.“ Sofort wurde mein Blick wieder etwas trauriger. Er erinnert sich nur an den Brunnen.. aber nicht, wieso und warum er dort war. Trotzdem, es war immerhin schon mal ein Anfang. „Du… hast sie mir gegeben.“ „Ach so! Na denn!“ Er reichte sie mir zurück. „Hätte nicht gedacht, dass du so eine Karte hast.“ Ich blickte zur Seite. „Tss! Duellmonsters lebt von Vielfältigkeit, oder etwa nicht?“ „Stimmt, da hast du wohl recht.“ Ich sah auf die Uhr. Es war schon halb elf. Wie schnell die Zeit verging! Aber am liebsten würde ich hier bei Jaden bleiben und nicht weggehen. Aber ich wusste, dass er seine Ruhe brauchte.. Ich erhob mich. „Ich gehe dann mal, ich muss wieder zurück.“ Er nickte mir geistesabwesend zu. „Okay.“ Diese Unbefangenheit zwischen uns war wie weggeblasen. Es herrschte nun wieder Spannung. Ich atmete tief durch. „Du solltest dich ausruhen ….Niete.“ Damit öffnete ich die Tür und trat aus dem Zimmer heraus. Ich ging einige Schritte durch den Flur und lehnte mich dann völlig erledigt gegen die Wand. Wie ich es hasste. Diese Fassade aufrecht zu erhalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)