Fireflies II von Vinanti (Encore) ================================================================================ Kapitel 8: unstoppable ---------------------- .ılıll unstoppable llılı. Erst als der Applaus geendet hatte, hatte Cameron begriffen, dass es nun vorbei war. Der Tanz hatte ein befreiendes Gefühl mit sich gebracht. Es war unglaublich gewesen. Die ganze Show war unglaublich gewesen. Wenn er an die Visitenkarten in seinem Gepäck dachte, musste er unweigerlich schmunzeln. Tyler hatte ihm viel Erfolg gewünscht… Den hatte er gehabt. Nun saß er im Flieger zurück nach Hause. Abby war eingeschlafen und ihr Kopf auf seine Schulter gesunken. In seinem Inneren kribbelte es, wenn er daran dachte, dass er Tyler bald wieder im Arm halten konnte und seine Freunde sah. Cameron hatte Eli von den Fireflies erzählt. Sein Kumpel war hin und weg gewesen. Er hatte gemeint, dass er sie besuchen würde, dass er sie alle, insbesondere Tyler, kennen lernen wollte… Seth-Eli war ein Mensch für sich. Cam war froh, ihn kennen gelernt zu haben. Er würde gut zu ihnen passen, wenn er es sich recht überlegte. Sie würden ihn willkommenheißen. Mal schauen, wann er bei ihnen reinplatzte… Vieles von dem, was er erreicht hatte, hatte er Tyler zu verdanken. Sein Freund hatte ihm das Selbstbewusstsein gegeben, welches er lange Zeit gesucht hat. Es mag vielleicht seltsam klingen, aber in London hatte Cameron für das Leben gelernt. Seine Mutter hat immer Recht gehabt mit dem, was sie zu sagen pflegte. Erkenntnis und Einsicht war der erste Schritt zur Besserung. Er konnte sich durchaus mehr zutrauen. Cameron wusste gar nicht zu sagen, warum er sich in vergangen Zeiten immer selbst in eine selbstzweiflerische Opferrolle gespielt hatte. Es war ihm nicht unbemerkt geblieben, aber er hatte nie etwas dagegen unternommen. Er war kein Held, das würde er nie sein, aber er hat in London die Bestätigung seiner Fähigkeit bekommen, nach der er immer verlangt hatte. Tyler, seine Freunde und seine Mutter versicherten ihm stets auf Neue, wie viel er ihnen bedeutete. Komisch, dass er dies alles nicht zuvor erkannt hatte, aber Cameron würde mit gutem Gefühl seinen neuen Lebensabschnitt gemeinsam mit Tyler beginnen können. „Irgendetwas an dir hat sich verändert.“ „Hat es das, ja?“ Cameron lächelte. „Ich hoffe zum Positiven.“ „Als ich dich das erste Mal wirklich tanzen gesehen hatte… Du hast so verletzlich, still, zurückgezogen gewirkt… Begleitet von Anmut und Kraft, purer Schönheit. Aber…“ „Aber was?“ Er liebte es, wenn Tyler begann zu schwärmen. Jedes einzelne Wort war für ihn eine reine Liebesbekundung, die gut tat, gehört zu werden. „Tyler, ich war verliebt und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.“ „Du warst verliebt?“ „Ich bin es immer noch, Blödmann.“ „Stolz. Ja, ich glaube, stolz ist das richtige Wort, dass dich jetzt beschreiben würde.“ „Tyler, ich bin enttäuscht.“ Nein, war er nicht. Aber Cam wusste, dass er seinen Freund damit auf die Palme bringen konnte, was ab und an sehr amüsant sein konnte. „Und eingebildet.“ „Bin ich nicht.“ „Doch, ein wenig. Aber du hast Grund dazu.“ Tyler zog ihn in seine Arme. „Gemein.“ Gut, würde er ihm diesen einen Sieg überlassen. Er revanchierte sich ein anderes Mal… „Eigentlich hatte ich diese verletzliche Seite echt gern…“ „Die gibt es auch noch, also pass besser auf, was du sagst.“ Die Drohung war nicht wirklich ernst gemeint, er sagte dies mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Tyler erwiderte es. „Du bist stark, Cameron. Man schaut dir mit Ehrfurcht zu.“ „Du hast wieder deine Kitschphase, richtig?“ Von Zeit zu Zeit überkam es Tyler und Cam fand sich in einer Lovestory wie aus Hollywood wieder. In Situationen wie diesen konnte er einfach nur noch darüber lachen. „Du verleitest dazu!“ Die Rechtfertigung war eher halbherzig. Tyler wusste, dass er Recht hatte. „Ach ja?“ „Immer. So majestätisch wie du bist. Perfekt.“ „Perfekt ist nicht gut. Das habe ich mit der Zeit auch gelernt. Perfekt wirkt zu künstlich…“ Lange Zeit hatte er danach gestrebt, dass man ihn „perfekt“ nannte. Er hatte erkannt, dass das die falsche Einstellung war, um etwas zu erreichen. Beim Tanzen und im Leben galt es er selbst zu sein und er war nun einmal nicht perfekt. Wie es niemand war. „Du hast 14 Jahre lang Ballett gemacht, Cameron. Ich glaube, da ist man nahe dran an Perfektion.“ „Ich habe es nie professionell betrieben. Immer nur, weil es mir Spaß gemacht hat.“ „Du hattest schon immer eine Tanzausbildung im Blick…“ Cameron hatte das Gefühl, dass sich ihre Unterhaltung in eine sehr unangenehme Richtung entwickelte. „Ja, da kam mir das Ballett gelegen, ich habe es einfach gern gemacht. Ausbildung hin oder her.“ „Du hättest bestimmt bei irgendwelchen nationalen Ballettakademien die Aufnahmeprüfungen bestanden.“ „Ich hätte kein Geld gehabt.“ Warum konnte Tyler nicht aufhören nachzufragen? „Stipendium.“ „Leicht gesagt. Außerdem wollte ich nicht mein Leben lang klassisches Ballett machen.“ „Sondern?“ „Showtanz. Ich brauch die Abwechslung. Ballett ist großartig, ich mach es gerne, aber…“ „Hm?“ Cam gab sich geschlagen. Hatte keinen Zweck. Tyler würde nicht aufgeben, ehe er seine Fragen nicht beantwortet hatte. „Einige der Ausbilder am Theater meinen, dass ich das Zeug dazu hätte bei großen, internationalen Musicalproduktionen mitzumachen. Hinter vorgehaltener Hand gesprochen, wohlgemerkt.“ „Das ist doch mal was.“ „Ja, man kann von leben.“ „Die Liebe zum Tanzen, Cameron.“ „Was willst du damit sagen?“ „Eine Leidenschaft auszuleben, bedeutet Kompromisse einzugehen.“ Tyler hatte Recht damit. Ihn überkam ein schlechtes Gewissen. Er tanzte, weil er es wollte, weil er es liebte. Nicht aber, um damit reich zu werden… Dann hätte er sich auch einen anderen Job suchen können. „Ich wirke so geldgierig.“ „Nein, das ist normal. Von irgendetwas muss der Mensch schließlich leben können.“ Das half ihm jetzt auch nicht weiter. Er bettete seinen Kopf auf Tylers Schulter. „Eigentlich reizt mich es, als Choreograph zu arbeiten. Der Kreativität freien Lauf und alle Tänzer nach meiner Pfeife tanzen zu lassen.“ Cameron grinste in sich hinein. Manchmal ließ er auch Tyler nach seiner Pfeife tanzen. „Aber dafür brauch ich einige Jahre Bühnenerfahrung, sonst hat man gar keine Chance.“ „Choreograph, sagst du? Klingt super, kann ich mir bei dir gut vorstellen. Dann kannst du dich gleich an mir versuchen und mir bei meiner Choreo für das Battle helfen.“ Die Alarmglocken schrillten. „Battle? Was für ein Battle?“ „Ich wollte dich damit nicht überrumpeln, kurz nachdem du wiedergekommen bist.“ „Wahnsinn, dafür ist es jetzt wie ein Tritt ins kalte Wasser. Was für ein Battle, Tyler?“ Sie waren wieder am selben Problem angekommen, wie sonst auch… Die Kommunikation. Was nütze alles, wenn sie nicht vernünftig miteinander redeten? Cam wurde wütend. Entweder verheimlichte Tyler ihm etwas oder aber er selbst sagte etwas grundsätzlich dann, wenn es hätte längst gesagt werden müssen… So konnte es nicht weitergehen. Aber sie würden es ein anderes Mal klären müssen. „Gegen wen?“ Tyler schwieg, als würde er die besten Worte suchen für das, was er zu sagen hat. Cameron kannte die Antwort bereits mit welcher Crew sich Tyler angelegt hatte. Das war offensichtlich. „Underdogs.“ Deswegen kam es nicht sonderlich überraschend für ihn. „Gegen wen?“ Er stellte seine Frage mit mehr Nachdruck. Cam hatte jetzt keine Lust auf Heimlichtuerei. „Aaron.“ „Das ist nicht dein Ernst.“ Es war zwar eine Frage der Zeit gewesen, wann es soweit war. Dennoch brachte die Gewissheit einen unangenehmen Druck mit sich. Aaron war ein spezieller Fall, das wusste Cam. „Und Nicky…“ Nein… Das bedeutete, dass das ganze als Doppel ablaufen würde… Cameron würde gerne wissen, wie Tyler es geschafft hatte, sich ein Battle mit seiner Ex-Freundin und Aaron einzuhandeln. Aber das musste warten. „Mit wem wirst du tanzen?“ Tyler Gesichtsausdruck sprach Bände. Er war mehr als verdutzt. „Wie… Was meinst du? Ich dachte-“ „Gar nichts dachtest du! Das ist vollkommen hirnrissig. Ich will gar nicht wissen, wie du dir das eingebrockt hast, aber lass dir gesagt sein: Ich werde nicht tanzen.“ Er war vollkommen überfallen worden. Was sollte er davon halten? Hatte Tyler auch mal eine Sekunde an ihn gedacht und nicht nur an sich? „Mach mal halblang, Schatz…“ „Steck dir dein ‚Schatz’ sonst wohin. Dich kann man keine zwei Stunden alleine lassen, ohne, dass du dich in Schwierigkeiten bringst.“ „Es waren sechs Wochen…“ „Tyler!“ Cameron fehlten die Worte. „Du willst dir ja nicht einmal anhören, worum es geht. Ich werde Liz fragen. Ist sowie so besser, wenn ich mit einer Frau antreten werde.“ Die Bemerkung war verletzend gewesen. „Ach, damit das Publikum was zum Glotzen hat. Der Sexappeal ist größer, stimmt.“ „So war das nicht gemeint und das weißt du.“ Erstaunlicherweise ging Tyler nicht auf seine Sticheleien ein. Aber das war ihm völlig egal. Cameron war hintergangen worden und wurde dann auch noch als derjenige dargestellt, der den Fehler gemacht hatte. „Mach ruhig. Mach ruhig mit ihr auf der Bühne rum. Das Battle wird schließlich öffentlich sein, da bin ich als Mann an deiner Seite fehl am Platze. Bin ja nur ein Kerl.“ Er machte kehrt und wollte gehen, doch Tyler hielt ihn in der Bewegung auf und packte ihn bei den Schultern. „Cameron, verdammt, jetzt warte! Du bist mein Kerl, verstanden?“ Tylers Blick war eisern. Er meinte es ernst. Anscheinend hatte Cam es mal wieder zu weit getrieben… Verdammt, wie er solche Situationen hasste. Warum, warum musste es immer wieder zu so etwas kommen? „Du verdrehst gerade die Tatsachen. Ich wollte mit dir tanzen und wenn du es nicht tun wirst, werde ich es auch nicht. So einfach ist das.“ Er wollte jetzt nicht nachgeben. Tyler hatte ihn stolz genannt und damit vollkommen Recht gehabt. Wie konnte er die Auseinandersetzung wieder richten? „Du wirst tanzen. Nur ohne mich.“ „Keine Chance?“ „Keine Chance, Tyler.“ „Dann akzeptiere ich das. Trotzdem danke.“ „Idiot…“ Sie hatten nicht mehr über das anstehende Battle gesprochen. Cameron war froh. Ihm tat es Leid, dass er Tyler so angegriffen hatte. Dennoch war er nicht bereit nachzugeben. Aber irgendetwas in ihm rief, dass dies die falsche Entscheidung sein würde. Cam zweifelte. Diese elende Diskussion stand noch immer ungeklärt zwischen ihnen. Das bemerkten auch ihre Freunde. Chloe hatte sich mehrmals erkundigt. Gemeinsam hatten sie seine Erfolge in London gefeiert. Seine Erfolge, die durch die Unterstützung Tylers möglich geworden waren. Es war ungerecht… „Du solltest eine Pause machen und dich etwas entspannen.“ Er stand angelehnt am Türrahmen und beobachtete seinen Freund. „Kann ich nicht, dazu ist keine Zeit.“ Was für ein Dickkopf… Cameron seufzte. „Du erinnerst mich gerade stark an mich selbst.“ Danny hatte ihm erzählt, dass Tyler mit der Choreo antreten wollen würde, mit der er bei ihrer zweiten Meisterschaft die Underdogs geschlagen hatte. Cameron bezweifelte, dass sein Freund die Schritte eins zu eins übernehmen würde, also hatte er entschieden, sich das ganze einmal anzusehen und falls möglich zu helfen. „Zeigst du mir, wie’s bis jetzt aussieht?“ Tyler hatte innegehalten. Er wirkte genervt. „Warum? Du wirst es auch Samstag sehen können.“ Diese abweisende, kalte Art tat weh. Sie benahmen sich beide wie Teenager, dabei waren sie erwachsene Männer, die auch trotz Unstimmigkeiten vernünftig miteinander umgehen sollten. „Samstag ist es selbst für mich zu spät, das alles zu lernen.“ Tyler wirkte verwirrt. Cam sah regelrecht, wie der Dunkelblonde versuchte die Worte und Gedanken zu sortieren. Als sich ein leichtes Lächeln auf dessen Gesicht legte, fiel Cameron ein Stein vom Herzen und alle Zweifel waren verflogen. Er konnte Tyler Aaron nicht alleine gegenübertreten lassen. Das würden sie gemeinsam erledigen oder gar nicht. Tyler kam auf ihn zu und zerrte ihn ungeduldig in seine Arme. „Wie konnte ich an dir zweifeln…?“ „Daran liegt es nicht. Ich hätte dich nicht enttäuschen dürfen.“ Sie waren beide sehr exzentrisch, aber genau diese Eigenschaft würde sie zu einem unaufhaltsamen Team machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)