Auch Engel essen Fleisch von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Luise spürte, dass es ihr gut tat, einen Tag mit ihrem Bruder zu verbringen. Er hatte sie zum Essen eingeladen, nachdem er schon keinen Bissen von der Torte abbekommen hatte. „Und? Wie findest du sie?“, fragte Luise unvermittelt und ihr Bruder wusste sofort auf wen sie sich bezog. „Sie ist ein nettes Mädchen.“, gab er seine Meinung wieder. „Das meine ich nicht!“, sagte Luise scharf. „Na gut, wenn sie hetero wäre, würde ich sie anbaggern!“, versuchte er es anders. „Ich will wissen ob du sie akzeptierst! Als meine Freundin!“, formulierte es seine Schwester so konkret es ging. Jonas holte tief Luft. „Ihr beide wirkt auf mich sehr unterschiedlich. Du eher bodenständig und ernst…. und sie…“ „Ein Otaku.“, übernahm sie für ihren Bruder. Jonas nickte, obwohl er denn Sinn davon immer noch nicht ganz kapierte. „Ich liebe sie und sie liebt mich. Ich hatte unendliches Glück mit ihr und könnte mir nichts besseres Vorstellen.“, verdeutlichtes sie es in einer Art und Weise, die ihr vor ihrem eigenen Bruder sonst peinlich gewesen wäre. „Du hast dich verändert. Ich glaube… sie hat dich verändert.“, wagte es Jonas zu sagen. Luise nickte. Das war ihr natürlich nicht entgangen, besonders als es sich in ihren schulischen Leistungen widerspiegelte. Aber spielten Erfolg und Glück nicht normalerweise zusammen? Wieso musste sie eines vernachlässigen um alles unter einen Hut zu bekommen? „Aber tu mir einen Gefallen, ja?“, meinte Jonas nun. Luise blickte ihn erwartend an. „Bitte ladet mich nicht zu eurer Hochzeit ein.“ „Was?“, fragte seine Schwester ungläubig. „Naja es werden sicher nur Lesben herum laufen und ich werde keine abschleppen können. Verstehst du mein Problem?“ Luise brach in Gelächter aus und schlug Jonas leicht auf die Schulter. „Du kannst mich hier rauslassen.“, sagte sie, als sie in die Straße einbogen, in der ihr Haus stand. Jonas setzte sie ab und nannte ihr die Adresse und die Nummer seines Freundes wo er übernachtete. Luise fand es immer noch albern, dass er nicht zu Hause schlief wo er doch sein eigenes Zimmer hatte. Doch ihr Bruder wollte für seinen Freund da sein, der kürzlich verlassen worden war, und diesbezüglich wohl zarter besaitet war als Jonas selbst. Luise winkte ihm noch zu, dann schlenderte sie in Richtung Einfahrt. Es wurde gerade dunkel als sie nach ihrem Schlüssel kramte und die Tür aufschloss. Drinnen war es hell, ihre Mutter musste scheinbar nicht länger arbeiten. Ob das Essen schon bereit stand? Sarah würde wahrscheinlich ebenfalls gerade etwas für ihren Vater zaubern, dachte sie. Dann entsann sie sich allerdings, dass die Heidenreichs Besuch hatten und sich wohl gerade angeregt am Küchentisch unterhielten. In Luises Küche stand niemand. Essen roch sie auch keines, die Herdplatte war unberührt. Im Wohnzimmer herrschte ebenfalls gähnende Leere, es blieb nur noch der erste Stock. Der Honda ihrer Mutter stand draußen, wo sollte sie sich sonst befinden, wenn nicht im Haus? Doch im Schlafzimmer war sie nicht und auch nicht im Badezimmer. Es blieb nur Luises eigenes übrig. Gleich als sie ihr Zimmer betrat, spürte sie, dass etwas nicht stimmte. Stumm saß ihre Mutter auf dem Bett ihrer Tochter und hielt etwas in den Händen. „Mama?“, fragte Luise unsicher und trat näher. Juliane Fahlbusch hatte sie bemerkt, sah sie aber nicht an. „Wie lange schon?“, fragte sie stattdessen. Verwirrt wollte das Mädchen nachfragen, doch dann fiel ihr die Kamera auf. Sie hätte sich das Display gar nicht genauer ansehen müssen, die Situation war eindeutig. „Sarah ist keine gewöhnlicher Freundin, nicht wahr?“, klang der Ton der Frau nun schärfer. Luise hielt sich die Hände vor den Mund. „Mama, es tut mir leid. Ja, wir sind zusammen.“ Der Blick ihrer Mutter konnte in diesem Moment nur als eisig beschrieben werden. „Und du liebst Frauen.“, fuhr sie fort. Luise sammelte allen Mut den sie aufbringen konnte. „Ja, das tue ich. Und im Moment liebe ich Sarah! Nein, das werde ich sogar immer tun. Ich bin lesbisch! Zufrieden?“ Juliane Fahlbusch schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. „Was habe ich nur falsch gemacht?“, sagte sie mehr zu sich selbst. „Nichts! Ich bin so, niemand kann etwas dafür. Und es ist auch nichts Schlimmes. Du hast selbst gesagt, dass du Sarah magst und dass sie ein guter Umgang für mich ist.“, erinnerte sie die Frau. Diese lachte nun gekünstelt. „Bis jetzt vielleicht. Du wirst Sarah nie wieder sehen, hast du verstanden?“ In diesem Moment zerbrach etwas in Luise, sie konnte aber nicht genau sagen was es war. „Das… das kannst du mir gar nicht verbieten!“, kreischte sie und drehte sich um. Ohne groß nachzudenken lief sie davon, erst auf den Flur, dann die Treppe hinunter. Ihre Mutter versuchte ihr zu folgen, gab es nach einer Zeit aber auf. Luise selbst hatte langsam Tränen in den Augen, doch sie kannte nur ein Ziel. Es war egal wenn ihre Mutter ihr dorthin folgen sollte, die Bombe war geplatzt. Ständig hatte sie sich vor der Reaktion gefürchtet, aber erst jetzt war ihr klar warum. Keuchend rannte sie über den Rasen des Nachbargrundstücks und hämmerte richtig gehend an die Tür. Ängstlich sah sie nach hinten, doch ihre Mutter schien ihr nicht zu folgen. Sarah aufgeben? Nur weil ihre Mutter es von ihr verlangte? Nein, das konnte sie nicht. Es würde die erste Bitte sein, die Luise ihr abschlug. Wer zwang jemanden bitte sich zwischen seiner Mutter und der Person zu entscheiden, die man über alles liebte? Sowas konnte Luise gar nicht. Aber… hatte sie das nicht bereits, als sie in Richtung von Sarahs Armen lief. Die Tür sprang auf, vor ihr stand eine Frau die sie nicht kannte. Es war peinlich diese Person mit tränenreichem Gesicht um Einlass zu bitten, doch Luise wollte jetzt einfach nur zu Sarah. Sarah, Sarah, Sarah und nochmals Sarah. „Ähm… Joachim?“, rief die Frau nach hinten, doch Luise konnte nicht solange warten. Sie drängte sich ins Haus ohne einen Ton von sich zu geben und rannte die Treppe hinauf, wo sich Sarahs Zimmer befand. „Was ist los?“, kamen Sarah und Herr Heidenreich aus der Küche gesprintet. „Irgendwie… ist gerade ein heulendes Mädchen an mir vorbei gerannt, direkt nach oben.“, war Christiane sichtlich mit der Situation überfordert. „Das… wird wohl Luise von nebenan gewesen sein.“, schloss Herr Heidenreich schnell. Sarah wartete keine Sekunde mehr, sondern lief so schnell wie sie ihre Beine trugen. Beinahe stolperte sie über einen Treppenabsatz, doch das beeindruckte sie nicht. Luise schien sie zu brauchen, daran bestand kein Zweifel mehr. In ihrem Zimmer angekommen fand sie Luise zusammen gekauert auf ihrem Bett vor. Schluchzend schlug sie auf ihr Dakimakura ein. „Das solltest du lieber lassen, Tsurara kann ganz schön sauer werden.“, redete sie besänftigend auf sie ein. „Sarah!“, jammerte Luise und das Mädchen schritt sofort zu ihr um sie in den Arm zu nehmen. „Ist ja schon gut, ich bin bei dir Schatz!“, versicherte sie und streichelte ihr übers Haar. „Ich will dich nicht verlieren, das will ich einfach nicht!“, krächzte ihre Freundin nur. „Das wirst du auch nicht! Wie kommst du auf diesen Unsinn?“ Langsam und stockend begann Luise von ihrem Erlebnis zu berichten und bald übertrug sich ihre Niedergeschlagenheit auch auf Sarah. „Scheisse.“, stöhnte sie. „Hundescheisse.“, korrigierte Luise. Beide Mädchen hatten natürlich Angst, dass Frau Fahlbusch jeden Moment an ihrer Tür klingelte und ihre lesbische Tochter nach Hause holen wollte. Auch Sarahs Vater würde davon erfahren, dann besaßen sie gar keinen Zufluchtsort mehr. „Sarah, ich kann nicht mehr nach Hause!“, jammerte Luise weiter, doch auch ihrer Freundin fiel kein passender Rat ein. Was sollte sie tun? Ihren Vater bitten ihre Freundin zu adoptieren? Sie in ihrem geheimen Yuri-Schrank verstecken? „Ich… sehe mal ob unten die Lage rein ist, ok?“, löste sie sich von Luise, doch diese klammerte sich an ihr fest. „Nein! Bitte bleib bei mir.“, wollte sie im Moment keineswegs verlassen werden. „Nur einen Moment, ok? Ich beeile mich, weil mein Vater und Christiane sonst deine Mutter anrufen, das wäre nicht gut, schätze ich.“ Das wirkte. Luise ließ Sarah gehen und diese verwies auf ihr Dakimakura. „Nimm Tsurara als Ersatz solange ich weg bin. Mir hat sie auch durch einsame Nächte geholfen, aber jetzt habe ich ja dich.“, küsste sie das Mädchen auf die Stirn und verließ dann das Zimmer. Sie hastete die Treppe hinab und fand ihren Vater vor, der sich seine Jacke überzog und nach draußen wollte. „Warte! Du willst doch nicht zu Frau Fahlbusch, oder?“, versuchte sie ihn daran zu hintern. „Ich muss! Mit mir redet ja niemand und es ist eindeutig etwas vorgefallen. Juliane ist sehr nett, mit ihr kann man sich wenigstens normal unterhalten.“ Sarah hätte am liebsten losgelacht bei dem Gedanken. Diese Frau konnte sich doch nicht einmal konstruktiv mit der sexuellen Orientierung ihrer Tochter auseinandersetzen. „Luise und ihre Mutter hatten einen Streit, also bleib bitte.“ Doch dies schien Herr Heidenreich nicht als Argument anzusehen. „Ein Grund mehr die Sache schleunigst zu klären!“, war seine Hand schon am Türgriff. Sarah sah hilfesuchend zu Christiane und diese hielt den Mann an der Schulter zurück. „Jetzt warte doch, Joachim! Bei einem Streit ist es das Beste, dass sich beide Parteien erstmal beruhigen. Lass mich zuerst mit dem Mädchen reden, einverstanden?“ Herr Heidenreich dachte einen Moment über die Option nach und willigte ein, auch wenn er nicht vollends überzeugt war. Aber selbst er ging die Dinge meistens nie direkt an, was man an seiner geheimen Beziehung feststellen konnte. Er nickte und wollte solange in der Küche warten und sich weiter um das vernachlässigte Essen kümmern. „Moment, ich werde Luise holen.“, sagte Sarah und hastete wieder die Treppe nach oben. Als sie ihr Zimmer betrat, erschrak sie zuerst. Luise war nicht mehr da. War sie vor Panik aus dem Fenster gesprungen? Nein, eher unwahrscheinlich. Schließlich nahm das Mädchen wahr, dass die Kammer offen stand, in der sie ihr sämtliches Yuri-Zeug aufbewahrte. Luise hockte darin und starrte auf die Poster und CD-Hüllen. „Ist das… wirklich falsch?“, fragte sie als Sarah in Sichtweite war. Diese stockte. Stand ihre Freundin auf einmal nicht mehr zu sich? Oder zu ihnen beiden? Dachte sie ernsthaft über das Gesagte ihrer Mutter nach? Wollte sie Ärger vermeiden indem sie Sarah… „Sag sowas nicht Liebes! Was wir haben ist wunderbar und niemand wird uns das wegnehmen!“, stürzte sie zu dem Mädchen und hielt es liebevoll im Arm. Zusammen legten sie sich wieder auf das Bett und Luise legte ihren Kopf auf Sarahs Brust, welche diesen liebevoll hielt und streichelte. „Ich weiß einfach nicht weiter!“, beschwerte sich die Ausgestoßene, doch Sarah fuhr einfach weiter über ihren Kopf und wischte ihr hin und wieder eine Träne aus dem Gesicht. „Ich bin ja bei dir.“, flüsterte sie, wurde aber von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Christiane stand vor dem Zimmer und beobachtete die zärtlichen Gesten der beiden. Luise wirkte gleich noch verzweifelter, doch Sarah redete ihr gut zu. „Einen Moment, ja Schatz?“ Sie erhob sich und Luise igelte sich ein. „Können wir draußen…?“, begann Sarah, doch scheinbar war das nicht nötig. Christiane begleitete sie auf den Gang und sah sie erwartend an. Sarah fuhr sich immer wieder nervös über die Oberarme. „Wirst du… es Paps sagen?“, schien ihr diese Frage im Moment am wichtigsten zu sein. Christiane holte tief Luft. „Eines nach dem anderen. Du und diese Luise liebt euch, nicht wahr?“, schien sie das Offensichtliche erkannt zu haben. Sarah nickte bedächtig. „Ihre Mutter hat es herausgefunden und war nicht sehr erfreut. Kannst du Paps überreden… dass sie heute hier bleiben kann?“, startete sie einen Versuch. Christiane dachte erst darüber nach, schüttelte dann aber den Kopf. „Vor so einer Situation weg zu laufen bringt niemanden weiter. Ich schlage vor, ihr beide sprecht noch heute mit der Frau. Ich begleite euch als Vermittlerin. Nach dem was mir Joachim von ihr erzählt hat, ist sie eine freundliche Person. Wahrscheinlich ist sie nur mit der Situation überfordert und weiß selbst nicht was richtig und falsch ist.“, schlug sie vor. Sarah hatte sichtlich Probleme diesem Vorschlag zuzustimmen. Gemeinsam begaben sie sich ins Zimmer zurück und Luise sah sie erwartend an. „Wir müssen… zu Mama, oder?“ Sarah wusste nicht, ob sie das Gespräch belauscht hatte, es von ihren Gesichtern ablas, oder selbst darauf schloss. „Ich denke… das ist das Beste.“, erwiderte Christiane kühl und sachlich. Luise nickte und zog ihr Handy aus der Hosentasche. „Gut, aber lasst mich vorher noch jemanden anrufen.“, bat sie um den Gefallen. Es dauerte nicht lange, bis sich ihr Gesprächspartner meldete. „Hallo? Ich bin es, hast du Zeit? Ich… ich brauche dich jetzt.“ Sarah spürte förmlich wie fest Luise ihre Hand hielt, wollte die Umklammerung aber keinesfalls lösen. Bei ihrem Tempo hätte sie sogar die berühmte Schildkröte aus der Fabel überholen können, ohne sich erst mieser Tricks zu bedienen. Doch der Grund war nicht Luises Ängstlichkeit, zumindest nicht vordergründig. Die beiden Mädchen vertrauten Christiane, aber sie war eine Fremde. Sie hatte Frau Fahlbusch zuvor noch nie zu Gesicht bekommen und diese würde vielleicht nicht auf sie hören. Dabei spielte es keine Rolle, ob Christiane selbst Mutter war, oder die Lebensgefährtin ihres Nachbarn. Wahrscheinlich würde sie sogar erbost darüber sein, dass sich jemand in ihre Familienangelegenheiten einmischt. Das Warten schien sich Schluss endlich doch gelohnt zu haben. Ein blauer Wagen parkte am Straßenrand, der ohne das laute Geräusch des Motors leicht in der Nacht untergegangen wäre. Jonas Fahlbusch trat heraus und schritt bestimmt auf die Gruppe zu. Nur ungern riss sich Luise los, als ihr Bruder das etwas verstörte Mädchen in die Arme nehmen wollte. „Lasst mich nur machen, ich rede mit Mama.“, sagte er entschieden, bis ihm dann auch die Anwesenheit Christianes auffiel. Sporadisch schüttelten sie sich die Hände und beratschlagten wie sie vorgehen sollten. Luise hielt weiterhin Sarahs Hand, während Jonas die Klingel betätigte. Er besaß zwar einen Schlüssel, aber so ganz unangemeldet wollte er nicht eindringen. Erstaunlicherweise war die Tür aber noch einen spaltbreit offen, sicher daher rührend, als seine Schwester Hals über Kopf geflüchtet war. Er schluckte und bat seine Anhängsel einzutreten. Drinnen brannte Licht, Jonas führte die Gruppe in Richtung Wohnzimmer, da der Fernseher offensichtlich lief. Juliane Fahlbusch hockte auf der Couch und zappte sich durch die Kanäle. Erst musterte sie Jonas, dann Luise und war schließlich bei Sarah angelangt. „Du! Du kleine…“, sprang sie auf und stolzierte erbost in die Richtung des Mädchens. Jetzt war es Sarah, die sich am liebsten hinter ihrer Freundin versteckt hätte. Jonas Fahlbusch blieb aber souverän und ging dazwischen. „Mama, jetzt beruhige dich! Was ist überhaupt mit dir los, so kenne ich dich gar nicht.“, redete er auf die Krankenschwester ein. Diese wollte sich aus dem Griff ihres Sohns lösen, doch vergebens. „Ich frage mich eher wie du so ruhig bleiben kannst! Warst du nicht auch geschockt, als du es erfahren hast?“, verlangte sie zu erfahren. Jonas schüttelte zu ihrer Überraschung aber nur den Kopf. „In gewisser Weise kam es aus dem Nichts, ja. Aber das hat für mich nichts geändert, im Gegenteil. Seitdem unterstütze ich sie so gut ich kann.“, stand er für Luise ein. Doch damit erreichte er nur, dass sich der Zorn der Frau auch gegen ihn richtete. „Das war mir natürlich klar, dass du es schon länger wusstest. Wahrscheinlich auch von dieser Göre, die Luise zu diesen Dingen verführt hat.“ Das ließ die Beschuldigte sich aber nicht gefallen. „Moment mal, ich bin kaum die Verursacherin, dass Luise sich für Frauen interessiert. Sie ist nun einmal so, und ich bin verdammt froh deshalb, da wir sonst nicht zusammen wären. Und Sie sollten es auch sein, haben Sie denn nicht mitbekommen wie gut es Ihrer Tochter in letzter Zeit ging?“, wand sie ein. Frau Fahlbusch musterte das Mädchen missbilligend. „Hören Sie, ich wäre im ersten Moment auch geschockt, wenn ich Sie wäre.“, sagte Christiane nun mit leiser Stimme. „Wir wollen nur das Beste für unsere Kinder, doch wer sagt uns was das ist? Viele Eltern glauben das zu wissen und geben ihnen deshalb einen Weg vor, von dem sie verlangen, dass er beschritten wird. Ich weiß, Sie kennen mich nicht, aber ich konnte beobachten wie die beiden Mädchen miteinander umgehen, sie bedeuten einander wirklich alles. Und sie sind auch alt genug um für sich selbst zu entscheiden, niemand hat das Recht sie auseinander zu reißen.“, gab sie der Frau einen Rat unter Gleichgesinnten. Frau Fahlbuschs Blick wirkte nun nachdenklicher, wenn auch genauso aufgewühlt. Luise löste sich nun von Sarah und trat vor ihre Mutter. Liebevoll nahm sie diese in den Arm und schluchzte weiter. „Bitte Mama! Ich liebe Sarah und will sie nicht verlieren. Tu mir sowas Schreckliches nicht an.“, flehte sie verzweifelt. Es brauchte eine Weile, bis ihre Mutter die Umarmung erwiderte und das Mädchen fest an sich drückte. „Aber… ich will dir doch nicht schaden, verstehst du? Auf diese Art wirst du es nur schwerer haben und vielleicht irgendwann unglücklich werden. Du bist nach wie vor meine Tochter, jetzt kann ich noch Einfluss auf dich ausüben.“, erklärte sie sich. Luise schüttelte eisern den Kopf. „Mama, ich weiß doch was ich tue! Ich habe es mir zwar nicht ausgesucht lesbisch zu sein, aber jetzt bin ich heilfroh deswegen! Ich habe Sarah kennen gelernt und ich liebe sie über alles. Mir ist es egal ob ich es schwer haben werde, oder nicht. Ich will mit ihr zusammen bleiben, das ist alles worum ich dich bitte!“, sprudelte es aus ihr heraus. „Mama, wollen wir ihr nicht alle dabei beistehen? Als Familie?“, schlug Jonas vor und Juliane Fahlbusch schien gerade nachzudenken, ob sie dies mit sich vereinbaren konnte. Schließlich ließ sie von Luise ab und schritt zu Sarah. Diese wich kurz zurück, doch was würde ihr die Frau schon antun? „Luise ist meine Tochter. Sie ist das Wichtigste für mich.“, sprach sie dann. Sarah nickte zustimmend. „Für mich auch. Ich schwöre Ihnen, dass ich alles tue, damit sie glücklich ist.“, versicherte sie ihr nochmals. Juliane Fahlbusch nickte bedächtig und trat dann auf den Gang hinaus. „Jonas, ich habe nicht erwartet dich heute zu sehen, aber die Zutaten müssten ausreichen. Das Zubereiten geht schnell, wenn du und Luise mir helft.“, wand sie sich an ihren Sohn und blickte dann zu Christiane. „Sie müssen uns nicht auch einladen, ich, Sarah und Joachim haben selbst gekocht und unser Essen wird bald kalt werden, wenn wir uns nicht sputen.“, entgegnete diese. Frau Fahlbusch nickte und entschuldigte sich für den Aufruf den sie verursacht hatte. Wenig später verabschiedete sich Sarah von Luise, wenn auch nur mit einer zarten Umarmung. Ein Kuss hätte die besorgte Mutter im Moment wohl etwas überfordert. Sarah versprach ihre Freundin morgen anzurufen, dann verließ sie mit Christiane das Haus. Draußen atmete sie tief durch, beinahe hätte sie ihren ganzen Frust in die Nacht geschrieen. „Sie brauchen im Moment einfach etwas Zeit für sich, alle drei. Luises Mutter muss sich mit diesem Gedanken erst anfreunden und Jonas ist ein sehr guter Vermittler. Glaub mir, wenn etwas Zeit vergeht, wird sie dich wieder mit offenen Armen in ihrem Haus begrüßen.“, unternahm Christiane einen Versuch ihren Schützling aufzumuntern. Sarah musste unwillkürlich schmunzeln. Sie zweifelte daran, ob es wirklich so einfach war, konnte aber nur abwarten wie die Dinge verlaufen würden. Am liebsten hätte sie Luise heute nicht mehr alleine gelassen, doch eine Aussprache innerhalb der Familie war wohl unvermeidlich. Dann viel ihr aber noch etwas Elementareres ein. „Müssen wir… jetzt etwa auch noch mit Paps über alles reden?“, kamen schon die schlimmsten Befürchtungen in ihr hoch. Christiane fing ihren bittenden Blick auf und schüttelte dann zu ihrer Erleichterung den Kopf. „Irgendwann wirst du diesen Schritt hinter dich bringen müssen. Aber für heute… habe ich erst einmal genug von heiklen Coming-Outs. Lass uns jetzt etwas essen.“, schlug sie vor und kehrte mit Sarah zurück ins Haus, wo deren Vater schon ungeduldig und außen vor gelassen wartete. 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