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The Guilty Sky and the Flower from Hell

Danzai no Sora to Naraku no Hana
von

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Day One: Suspicions

The Guilty Sky and the Flower from Hell
 

Day One
 

Langsam und vorsichtig ging sie auf den Elfen zu, der alleine am Rande des Lagers stand.
 

Der schwarzhaarige junge Mann hat sie nicht bemerkt bis sie genau neben ihm war. „Phirona…“, flüsterte er. „Wie geht es ihm?“
 

„Es geht ihm jetzt zumindest besser als vor ein paar Stunden. Nikkai kümmert sich gerade um ihn.“
 

Ihr Blick wanderte zu dem zwölf Jahre alten Jungen hinter ihr, der sich um einen braunhaarigen Jungen kümmerte.
 

„…Seine Magie hat sich immens verbessert seit damals.“, murmelte Phirona mit einem Lächeln.
 

Der junge Mann, Sin, bemerkte wie liebevoll sie von dem kleinen Magier sprach. „Wie seid ihr euch eigentlich begegnet?“, fragte er sie.
 

Phirona seufzte und setzte sich ins Gras, immer noch Nikkai und Aki beobachtend. Sin tat es ihr gleich. „Damals war es so plötzlich…“, fing sie an. „Ich habe mich da bei einem Lager der Schergen umgeschaut, als ich plötzlich Lachen von mindestens einem Dutzend Schergen gehört habe, gemischt mit Geräuschen, die sich als Tritte und Schläge herausstellten.“
 

Wenn Nikkai mitbekam, dass Phirona über ihre Begegnung mit ihm sprach, lies er sich nichts anmerken.
 

„Eine Gruppe von ungefähr 15 Schergen haben sich um einen kleinen Jungen gesammelt und ihn getreten und geschlagen…“
 

„Das passiert mit Leuten wie dir, Kleiner! Leuten, die ihre Kräfte nicht in die Dienste der Könige stellen!“
 

„Wo ist deine Magie jetzt, Diener des Bösen?“ Den Titel sprach er wie Gift aus. „Sag schon!“
 

„…meine Magie wird niemals auf Seiten der Könige stehen…“, flüsterte der Junge.
 

„Wie war das? Ich habe dich nicht verstanden!“ Ein weiterer Schlag ins Gesicht. Weiteres Gelächter. Weiterhin keine Geräusche vom Jungen.
 

„Lasst ihn in Ruhe!“, rief die Halbelfin, als sie einen mit Windmana gespeisten Pfeil auf einen der Schergen abließ.
 

Ein Kampf entbrannte zwischen den Schergen und der Elfin. Schließlich gewann sie, nahm allerdings ein paar sehr schwere Verletzungen auf sich.
 

„…Warum hast du mich gerettet…?“, kam eine leise Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um und konnte sich endlich den Jungen genau anschauen. Seine Stimme klang schwach, und seine Kleidung sprach Bände. Eine zerrissene braune Hose, ein ebenso mitgenommen aussehendes schwarzes Shirt und zerzauste silber-graue Haare. Sein Gesicht war blutverschmiert und seine Augen fast leblose grüne Kristalle.
 

„…Weil du es nicht verdient hast, so behandelt zu werden.“, sagte sie. Eigentlich wusste sie selber nicht, warum sie das getan hat, aber einfach wegsehen und ‚Aus den Augen, aus dem Sinn‘ konnte sie auch nicht.
 

„…Danke.“ Dem Tonfall nach zu urteilen benutzte der Junge das Wort nicht wirklich häufig.
 

„Ich habe nur das Richtige getan. Du musst mir nicht danken.“ Mit den Worten stand sie auf und versuchte weiterzugehen, brach unter den Verletzungen aber wieder zusammen.
 

Der Junge war in weniger als einer Sekunde bei ihr, und kniete sich neben sie. Er schloss die Augen und legte seine beiden Hände über sie, welche nun ein einladendes, warmes ausstrahlten.
 

In wenigen Momenten waren ihre schlimmsten Verletzungen geheilt und sie rappelte sich wieder auf. Jedoch brach nun der Junge unter Erschöpfung zusammen und sie fing ihn gerade noch auf, bevor er auf dem Boden aufschlug. Sein Atem ging rasselnd und zittrig und sein Herz schlug rasend in seiner Brust.
 

„Du hättest dich selbst heilen sollen…“, meinte sie, bevor die Halbelfin den Jungen auf ihre Schultern nahm und ihn mit sich trug. Seine Fähigkeiten über Magie schob sie erst mal vor. „Wie heißt du, Kleiner?“
 

„…Nikkaidou.“, gab er schwach zurück. „Nikkaidou Phillen…“
 

Nikkaidou, hm?, dachte das Mädchen bei sich. Dann lächelte sie und machte sich auf zum Ausgang des Lagers. „Nett dich kennen zu lernen, Nikkai!“
 

„…seitdem reisen wir zusammen. Das ist jetzt beinahe ein halbes Jahr her.“
 

Sin folgte Phironas Blick und sah zu den zwei Jungen am Lagerfeuer. „Verstehe, so war das also… Wie kommt es eigentlich, dass Nikkaidou Magie beherrscht? Er ist ein Mensch.“
 

Nach einer kurzen Pause drehte er sich wieder zu Phirona. „…er ist doch ein Mensch, oder? Deine Auravision müsste dir doch die Möglichkeit erweisen, die Rasse einer Person zu erkennen, oder nicht?“
 

Kaum merkbar nickte Phirona. „Ja, das tut sie. Aber Nikkai ist definitiv ein Mensch, daran gibt es keinen Zweifel. Das Einzige, was ich bei seiner Aura nicht verstehe ist ihre Farbe… Du weißt, dass die Farbe einer Aura das primäre Element einer Person darstellt?“
 

Sin nickte.
 

„Das ist es gerade. Seine Aura ist ein flammendes, majestätisches Rot, aber ich habe ihn noch nie Feuermagie benutzen sehen… Aber, um ehrlich zu sein, glaube ich, dass ich das wahrscheinlich auch nicht will, wenn man bedenkt wie gut er die anderen Elemente beherrscht…“
 

Abermals nickte Sin. Er schaute den Kleinen wieder verwirrt an. Angst hatte er vor dem Jungen nicht im Geringsten, und sauer auf ihn war er auch nicht. Im Gegenteil, auch wenn er es sich nicht eingestehen will, spürt Sin eine Art Respekt und Bewunderung gegenüber dem Jungen.
 

„Obwohl ich mich immer noch frage, wie er es geschafft hat, alleine Minikui so gegenüber zu treten, und ihn sogar noch fast besiegte.“ …oder was er mit ‚Vorgesetzten‘ meinte…
 

Phirona lächelte. „Er ist eine Klasse für sich, das ist sicher. Weißt du, ich glaube, wenn Aki nicht im Prinzip der Prinz der Elfen ist, dürfte Nikkai in der Lage sein, den König in wenigen Sek…“ sie brach abrupt ab, als sie sich an das Massaker in der Festung erinnerte.
 

Sie spürte eine wie eine Hand sanft ihre Schulter drückte, wenn auch kurz.
 

„Hey, was geschehen ist, ist geschehen.“, sagte Sin und schaute weg. Ob aus Ärger, Peinlichkeit oder etwas anderem vermag Phirona nicht zu sagen. „Mach dir keinen Kopf um etwas, was du sowieso nicht hättest verhindern können.“
 

Nach kurzem Nachdenken nickte sie. „…Du hast Recht. Danke.“
 

„Wofür? Ich habe dir nicht geholfen, ich habe nur meine Meinung gesagt.“
 

Phirona kicherte. „Richtig. Und ich bin ein Baum.“
 

„Du bist aus einem Baum gefallen, als wir uns begegnet sind.“, gab er zurück, den Hauch von Vergnügen in seinen Augen.
 

„Hey! Tut mir leid, dass ich zu der Zeit einen Kettenzauber auf mir hatte!“
 

„Es war der Situation trotzdem nicht wirklich gerecht.“
 

„Ach, halt die Klappe. Du hast mich ja sowieso nicht bemerkt, du bist nur auf dem Boden herumgerollt.“
 

„…Einen Fluch auf einem zu haben ist nicht wirklich ein Schulausflug.“
 

In Sekunden änderte sich die Atmosphäre. Phirona biss sich auf die Lippe und schaute zu Boden. „…Tut mir leid, ich habe nicht nachgedacht…“
 

Kurze Stille, dann seufzte Sin und schüttelte den Kopf. „Schon gut, es war ja nicht deine Schuld. Außerdem hat Nikkaidou den Fluch schon von mir genommen, nicht wahr? Ist schon okay.“
 

„Aber—!“
 

„Phirona.“
 

Die Halbelfin zuckte zusammen und sah zu dem Silber-grauhaarigen Jungen herüber. Dieser zeigte nur auf das Feuer, sein Blick fest auf Aki haftend. Dieses flackerte fast schon lebendig auf, dank der starken Brise die wie aus dem Nichts aufkam. „Denk an deine Umgebung. Lass deine Magie nicht außer Kontrolle geraten.“
 

Phirona starrte ihn einen Moment an, dann befand sich ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen. „…Und da hab ich noch gedacht, ich wäre deine Lehrmeisterin. Scheint, als hätte ich mich fast meinen Emotionen ergeben.“
 

„…Neben ihm sehen wir ja wie sechs Jährige aus.“, kommentierte Sin.
 

Phirona nickte. „Stimmt. Manchmal frage ich, wie stark und wie alt seine Seele sein muss…“
 

Sin hob bei der Aussage fragend eine Augenbraue, beließ es aber dabei.
 

„…er wäre ein wundervoller Auserwählter gewesen…“
 

…bitte was?
 

„…vielleicht hätte er es geschafft, Lord Yggdrasill wieder zur Vernunft gebracht…“
 

Okay, was ging hier vor?
 

„…Ach, Auserwählter. Er wäre auf gleichem Level wie Lord Aurion, Lord Ka-fai oder sogar Lady Martel, wäre sie noch am leben…“
 

Wovon zum Teufel redete Phirona da?
 

Seine Augen verengt starrte Sin das Mädchen an, wie es anscheinend die Welt um sich herum nicht wahrnahm und Sins Anwesenheit vergessen hatte.
 

„…ich könnte ihm meinen Cruxis Kristall geben…“
 

„Phirona…“, flüsterte Sin.
 

„Allerdings wäre ich dann kraftlos, oder er müsste sich mit der Toxikose rumschlagen…“
 

„Phirona.“, sagte er abermals, diesmal einen Tacken lauter.
 

„…das wäre ihm gegenüber nicht fair…“
 

„Phirona!“
 

Die Halbelfin zuckte wieder zusammen und drehte langsam den Kopf zu Sin, so als würde sie ihn jetzt erst bemerken.
 

„Wovon zur Hölle redest du da? Auserwählte? Cruxis Kristalle? Yggdrasill? Soweit ich weiß, ist Yggdrasill der Name des Weltenbaumes.“ Seine Augen verengten sich gefährlich. „Was genau hast du uns noch verschwiegen?“
 

Phirona fühlte sich wie ein Kind, das dabei erwischt wurde Kekse aus der Keksdose zu stibitzen. Sie sah weg. „Ich… kann es dir nicht sagen… Es tut mir leid, Sin…“
 

„Du kannst es nicht oder du willst nicht?“
 

Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Beides.“
 

„Phirona, wir haben es gerade so geschafft, lebend einem Massaker zu entkommen, die Elfen wurden fast komplett ausgelöscht, der König ist tot, sein Sohn liegt da vorne, ohnmächtig, und unser einziger Heiler steht kurz vorm Zusammenbruch. Wir können uns weitere Überraschungen oder Geheimnisse nicht mehr leisten. Also raus mit der Sprache.“
 

Phirona schaute beschämt zu Boden. „Sin bitte. Ich kann wirklich nicht.“
 

„Warum nicht?“
 

„Weil ich dann die Regeln brechen würde.“
 

„Was für Regeln? Das hier ist kein Spiel!“
 

„Meinst du, das weiß ich nicht?“, knurrte sie abrupt. „Glaubst du, mir macht das hier Spaß? Ich möchte es dir ja sagen, aber ich kann es nicht, okay?“
 

„Wenn du es mir nicht erzählen willst, dann sag mir wenigstens von welchen Regeln du sprichst.“
 

Sie sah abermals weg. „Sin, ich—“
 

„Du kommst aus einer anderen Welt, nicht wahr?“
 

Phirona erstarrte, während Sin Nikkaidou ansah, als wäre diesem ein zweiter Kopf gewachsen. „Was genau willst du damit sagen? Sie ist offensichtlicher weise von hier! Sie ist hier mit ihrer Schwester aufgewachsen—“
 

„Wie lange wusstest du es schon?“
 

Sin drehte sich innerhalb Augenblicken wieder zu Phirona um, welche zu Boden schaute und ihre Haare ihr Gesicht verdeckten.
 

„Phirona, das ist nicht dein Ernst? Willst du damit sagen, er hat recht?“
 

„Wie lange schon?“, wiederholte sie nur und schaute Nikkai nun mit traurigen Augen an.
 

„…Seit zwei Wochen nachdem wir uns zusammengetan haben. Du hast oft komische Worte von dir gegeben, die keinen Sinn ergaben. Sachen über ein Tethe’alla Etwas, eine Stadt genannt Welgaia und so. Ich wurde neugierig, da hab ich…“ Er sah beschämt zur Seite. „…da habe ich dein Tagebuch durchgegangen.“
 

„Bitte WAS HAST DU?!“, schrie Phirona. „Nikkaidou Phillen, du hast einen gewaltigen Fehl—“
 

„Wie geht dieser Judgment-Zauber?“, ging Nikkai dazwischen. „Wer ist dieser Yuan Ka-Fai, den du so bewunderst? Was ist ein Cruxis Kristall?“
 

Und als Phirona mit Fragen bombardiert wurde — Sin war immer noch geschockt — nannte Nikkai einen Titel, der das Fass zum Überlaufen brachte.
 

„Du solltest es wissen, oder nicht? Phirona Noxis, ehemalige Auserwählte Tethe’allas, Leiterin der Erzengel von Cruxis.“
 

Day One: Suspicions — Chapter Closed

Day Two: Memories - Part I

Day Two
 

Das Erste was sie sah, nachdem sie wieder aufwachte, war ein sternklarer Himmel, die Wärme eines Feuers und das Geräusch von Messer auf Gemüse.
 

Nachdem sie sich aufgesetzt hat, sah sie, dass Nikkai gerade dabei war, Essen vorzubereiten. Nach weiterem Umschauen bemerkte sie, dass Aki neben ihr beim Feuer lag, noch immer bewusstlos.
 

Als er Phirona sich aufsetzen hörte, sah er auf.
 

„Du bist wach…“
 

Sie sah nur weg. Nachdem, was vorhin rauskam, konnte sie dem Jungen einfach nicht in die Augen sehen.
 

„Du bist zusammengebrochen, nachdem ich deinen Titel erwähnt habe… Hätte ich es nicht sagen dürften…?“, fragte er leise. Sie schüttelte den Kopf.
 

„Nein… Ich habe nur nicht gerechnet, dass es jemand rausfindet. Ich… Ich dachte, ich hätte Symphonia hinter mir gelassen…“
 

„Symphonia…“, wiederholte Nikkai. Das Wort klang ihm fremd. „War das der Name deiner Welt? Also, bevor sie in zwei gespalten wurde?“
 

Phirona lächelte leicht. „Du scheinst ja echt deine Hausaufgaben gemacht zu haben…“
 

Er zuckte zurück. „Tut mir leid…“
 

Sie schüttelte den Kopf. „Braucht es nicht. Ja, war es.“ Dann schaute sie mit einem leicht abwesenden Blick gen Himmel, und fragte sich welches der vielen Lichter im Sternenmeer wohl Tethe’alla war.
 

„Symphonia… Sylvarant und Tethe’alla in Harmonie zusammen lebend… Wie gerne ich das gesehen hätte…“
 

Nikkaidou sah das Mädchen nur traurig an, bevor er vorsichtig seine Frage stellte.
 

„Ich habe gelesen, dass ein Cruxis Kristall die innere Uhr stoppt… Wie alt… Wie alt bist du wirklich…?“, fragte er leise.
 

Zu seiner Überraschung und Erleichterung, lachte Phirona laut auf.
 

„Vom Aussehen her bin ich 17. …Technisch gesehen, jedoch, bin ich schon 200 Jahre alt.“
 

Und zu Zeiten wie diesen wünschte sie sich, sie hätte ihren Fotoapparat nicht auf Tethe’alla vergessen. Nikkai’s Gesicht war Gold wert.
 

„Zwei… Zwei… 200 Jahre?!“, rief er erstaunt.
 

Phirona musste kichern. „Haha. Ja, ich bin 200 Jahre alt.“
 

„Bitte was?“
 

Phirona erstarrte und Nikkai sah auf, um zu sehen wer sprach.
 

Sin stand schockiert da, das gesammelte Feuerholz immer noch unter den Armen.
 

„S-Sin…“, keuchte die Halbelfe.
 

„Du bist 200 Jahre alt? Du bist ein Engel in einer Organisation, die über zwei Welten wacht, du könntest wahrscheinlich Magie einsetzten, die stärker ist als Nikkaidous und meine zusammen, und jetzt willst du mir weiß machen, dass du 200 Jahre alt bist. Was kommt als Nächstes, dass du Flügel hast?“
 

Fast wie abgesprochen, sprangen blassgrüne Flügel hinter ihr ins Leben. Sin zuckte bei der plötzlichen Explosion an reinem Mana schwer zusammen.
 

Ein paar Sekunden vergingen, in denen Sin nur geschockt und ein bisschen bewundernd die Flügel anstarrte. Dann lies er das Holz fallen, drehte sich um und ging mit großen Schritten wieder zurück in den Wald.
 

„Sin!“ rief Nikkai dem Jungen hinterher. „Hey! Sin, warte!“ Damit rannte er dem Elfen hinterher, Phirona alleine zurücklassend…
 


 

„Sin! Hey, jetzt warte doch mal!“
 

Frustriert knurrend drehte sich Sin zu Nikkaidou um.
 

„Was willst du?“
 

Nach ein paar Sekunden in denen der Junge seinen Atem wiederfand, sprach er: „Es ist… nicht ihre Schuld—“
 

Sin wandte sich ab. „Ich möchte jetzt nicht über sie sprechen—“
 

„Gib mir wenigstens die Chance ihre Gründe zu erklä—“
 

„Ich will sie aber nicht hören—“
 

Keiner hatte für den anderen ein Ohr.
 

„Glaubst du etwa, wir haben uns aus Spaß dazu entschieden, nichts zu sagen—?!“
 

„Wir?! Ach richtig, du wusstest es ja auch, und hast es uns verschwie—“
 

„Ich war mir noch nicht einmal sicher, ob ich Recht hatte—!“
 

„Du hättest uns wenigstens deinen Verdacht mitteilen könne—“
 

„Hör mir doch mal für eine Sekunde zu!!“
 

Und das nächste, was Sin mitbekam, war eine Schockwelle und ein brennender Schmerz im Rücken, als er mit Wucht in einen Baum knallte, an welchen er auch prompt von dem Jungen angekettet wurde.
 

„Ni—! Was hat das zu bedeuten?!“
 

„Ich will nur, dass du mir zuhörst! Dass du mir eine Chance gibst, unsere Entscheidung verdammt nochmal zu erklären!“
 

Damit wusste Sin, dass er keine Wahl hatte. Seitdem sie nun zusammen gereist sind, hat er den Kleinen niemals fluchen hören, egal, wie aussichtslos die Lage, egal, wie sehr er erschöpft war, nicht ein Mal. Noch nicht einmal in seinem Kampf gegen Minikui. Für Sin war Nikkaidou immer ruhig und gefasst.
 

Naja, die meiste Zeit zumindest.
 

Nun sah er eben diesen Jungen vor Rage zittern, nur noch mit Mühe die Haltung bewahrend.
 

„Ich möchte nur, dass du mir zuhörst…“ wiederholte Nikkaidou zischend. „Dass du mir zuhörst und zumindest versuchst, unsere — nein, Phironas — Lage zu verstehen…“
 

Sin dachte über die Worte scharf nach. Er hatte Recht. Er gab ihnen nicht mal eine Chance. Wollte nicht zuhören. Aber so war er nun mal. Er hasste es angelogen zu werden. Fast schon genau so viel, wie er die Schergen der Könige hasste.
 

Aber diese Zwei waren seine Freunde und ihnen gegenüber die kalte Schulter zu zeigen wäre nicht richtig. Sin würde genauso versuchen, seinen Standpunkt zu vertreten, wenn er in ihrer Lage wäre.
 

Aber das würde er nie sein. Er kam nicht aus einer anderen Welt. Er wusste nicht, wie es war, sich auf der Welt nicht zurechtzufinden, niemanden zu kennen.
 

Er war nicht in einem Heim aufgewachsen, wo ihn jeder entweder gehasst oder gefürchtet hatte, egal, wie sehr er versucht hatte, sich mit den anderen anzufreunden. Er war nie für zwei Jahre von den Schergen gefoltert worden.
 

Er selbst wusste von der Welt. Wie sie aufgebaut war, welche Rechte man hatte, wer Macht hatte und wer gestürzt werden musste.
 

Er selbst hatte eine ihn liebende Familie. Seine Mutter und seine Schwester, die er über alles schätzte. Sein Heimatdorf war ihm freundlich gesinnt und er hatte Freunde dort.
 

Und auch wenn er es nicht zugeben würde, waren ihm seine Freunde hier ebenso wichtig, wie die, mit denen er aufgewachsen ist.
 

Namiki, welche ihm so sehr geholfen hatte, sich nicht selbst zu verlieren nachdem seine Schwester gestorben ist. Sein Anker in dieser Welt.
 

Aki, der ihm so willentlich geholfen hatte, Namiki aus den Klauen der Schergen zu befreien, der Prinz der Elfen.
 

Phirona, jene Halbelfe, mit der er so viel gemeinsam hatte. Ihre Hintergründe, ihre Persönlichkeiten, ihr Hass auf die Schergen… Und vielleicht sogar… auch Gefühle…
 

Nikkaidou, der Menschenjunge, der ihm sogar das Leben gerettet hatte. Der kleine Magier, der ihn und Phirona mit aller Kraft vor Minikui beschützt hatte.
 

Und nun, was Sin mit großem Bedauern feststellen musste, war er dabei genau diese zwei von sich abzuspalten. Abzuweisen. Zu verstoßen. Und das alles wegen einer Lüge?
 

Nein, es war noch nicht einmal eine Lüge. Sie hatten schon immer die Wahrheit gesagt, nur nicht alles. Und Phirona hatte sich noch nicht einmal getraut Nikkaidou alles zu erzählen. Selbst nachdem sie schon ein halbes Jahr zusammen reisen, hat sie es dem Jungen nicht anvertraut.
 

Wie konnte er da erwarten, dass sie ihm, wen sie erst seit ein paar Tagen kennt — war das alles wirklich in nur ein paar Tagen geschehen? — die ganze Wahrheit, all ihre Geheimnisse verrät?
 

Sin lies den Kopf hängen. Ich bin ein Idiot…, dachte er beschämt.
 

„…Du hast Recht…“
 

Das riss den Jungen aus seinem Stupor. „Eh? Dann… wirst du mir zuhören?“
 

Der Elf hob den Kopf und sah Nikkaidou direkt in die Augen. „Ja, das werde ich. Und…“ er sah wieder fort. „…es tut mir leid…“
 

Kurz stockte Nikkaidou. Dann lächelte er leicht und löste die Fesseln um Sin, welcher leichtfüßig wieder auf dem Boden aufkam. „Du… solltest dich aber vielleicht setzen…“
 

Fragend die Brauen hochgezogen setzte sich Sin nun mit dem Rücken an eben jenen Baum, an den er gerade noch gekettet war.
 

Nikkaidou tat es ihm nach. „Sie hatte… nicht wirklich ein leichtes Leben gehabt…“
 

„Richtig. Ein Engel hat es ja auch so schwer.“
 

Der Magier schüttelte den Kopf. „Sie war ja nicht immer ein Engel. In ihrer Welt ist es eher ein Status, ein Titel. Sie war ein Halbelf — und wird es auch immer sein. Und Halbelfen werden nun mal verfolgt und unterdrückt, hier wie auch in Tethe’alla—“
 

„Wo?“
 

„Ihrer Heimatwelt. Weißt du, sie wurde in Sybac geboren…“
 


 

Phirona seufzte nur kurz, als nun auch Nikkai im Wald verschwand. Dann legte sie sich wieder auf den Boden und floh in ihre Gedanken.
 

Sie wollte mit ihrem Geheimnis Sin doch nicht schaden. Im Gegenteil, es hätte ihn geschützt. Denn Yggdrasill würde alles, was in seine Macht stand — was sehr, sehr viel bedeutete — tun, um Phirona wieder in seine Finger zu bekommen. Immerhin kommt man nicht ungeschoren davon, wenn man Cruxis verrät.
 

Und was aus Lord Aurion geworden war, wollte sie sich gar nicht erst ausmalen. Immerhin war er es, der es ihr ermöglicht hatte, zu fliehen.
 

„Hör mir doch mal für eine Sekunde zu!!“
 

Eine Schockwelle riss durch die Luft und Vögel flogen erschrocken davon.
 

Phirona setzte sich abrupt wieder auf. Das war doch Nikkai, oder nicht? Was war denn da los?
 

Sie konzentrierte sich und hörte genau hin. Wenn die beiden anfangen würden sich zu streiten, wäre es ja immerhin ihre Schuld.
 

„Ich will nur, dass du mir zuhörst! Dass du mir eine Chance gibst, unsere Entscheidung verdammt nochmal zu erklären!“
 

Phirona schreckte schon fast sichtbar zusammen. Sie hatte Nikkai schon einmal schreien gehört, aber nie, als sie ihr Engelsgehör aktiviert hatte.
 

„…Du hast Recht…“, hörte sie Sin leise sagen. War das Bedauern, das sie aus seiner Stimme vernahm?
 

„Eh? Dann… wirst du mir zuhören?“
 

„Ja, das werde ich. Und… es tut mir leid…“ Jap, definitiv Bedauern. Aber warum?
 

„Du… solltest dich aber lieber setzen…“
 

Die Halbelfe hob verwirrt eine Augenbraue. Setzen? Worüber wollen die denn da jetzt auf einmal reden?
 

„Sie hatte… nie ein einfaches Leben gehabt…“ Oh nein…
 

„Richtig. Ein Engel hat es ja auch so schwer.“
 

Sins Sarkasmus war gerade das letzte was sie brauchte. Sie hörte noch weiter hin, aber mit ihren Gedanken war sie woanders. Hin und wieder schnappte sie jedoch ein Wort auf, das sie an ihre eigentliche Heimat erinnerte.
 

Sybac war eines davon…



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von: abgemeldet
2012-02-08T17:05:23+00:00 08.02.2012 18:05
Richtig cool deine ff lässt sich richtig gut lesen
Von: abgemeldet
2012-02-08T16:50:56+00:00 08.02.2012 17:50
Habe dir ja schon auf deviantArt gesagt wie ichs finde *__*

どうもありがとうござい! ~ ♥

Hab dich gaanz dolle lieb! ~ ♥
schreib schnell weiter


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